Behind the Scenes von Asako ================================================================================ Kapitel 27: Act 3 Scene 8: All that is left ------------------------------------------- Shio saß zusammen mit Mirio und Masao in Asako's Wohnung. Noch immer warteten sie auf den Tsukigumi-Top-Star, aber die junge Frau kam und kam nicht bei. Ob was passiert war? Mirio hatte ihr gesagt, dass Asako sich verspäten würde, aber um so viel? Sonst beeilte sie sich auch immer. Die drei Frauen saßen am Esstisch, das Abendessen darauf und sie unterhielten sich etwas. „Und? Habt ihr eure Rollen schon?", fragte Shio und lehnte sich auf den Unterarmen auf, lächelte etwas. „Ich hörte, dass es noch aussteht wer Lucheni spielt." Masao kicherte etwas. „Ja die Direktoren können sich irgendwie nicht entscheiden. Ich glaube ja, dass Mirio ein viel besserer Lucheni wäre.“ „Wie das?“ „Na sie kann den Durchgeknallten bestimmt viel besser spielen.“ „Masao!“, rief Mirio gespielt entsetzt und schubste ihre Freundin an der Schulter an. „Sei nicht immer so gemein zu mir!“ „Bin ich doch gar nicht. Ich...“ Ein Türknallen lies die drei lachenden Frauen verstummen. Als nächstes sah sie, wie Asako die Tür reinstapfte, dabei leise fluchte. Die junge Frau war triefend nass, die Kleidung klebte an ihrem Körper, ebenso wie ihre Haare. Kurzerhand schmiss sie die Schuhe auf die Seite, ging in die Wohnung. „Asako? Alles okay?“ „Okay?? Seh ich so aus?!“ „Uhm...“ Bevor sie weiter antworten konnte rauschte der Top Star an ihr vorbei, warf dabei ihre Jacke auf die Seite und öffnete ihr Hemd. Shio blinzelte nur verwirrt. Was war ihr denn über die Leber gelaufen? Sie sah zu Mirio und Masao, die beide aber nur mit den Schultern zuckten. Im Schlafzimmer fluchte Asako nur lautstark und der Geräuschkulisse nach zu urteilen warf sie gerade ihr halbes Inventar durch den Raum. Ein besonders lautes Klirren lies sie zusammenfahren. „Sehn wir besser mal nach ihr.“ Nur langsam traten die drei jungen Frauen in das Schlafzimmer ein, fanden es halb verwüstet vor. Die Kristallornamente, die Asako sammelte und die überall in der Wohnung hingen, lagen in Scherben auf dem Boden, ebenso wie eine kleine Holzdose, in der diverser Schmuck war. „Asako was zur Hölle ist passiert?“, fragte Masao ruhig und sie sahen dabei zu, wie Asako sich das nasse Hemd von den Schultern riss und es ihnen entgegen warf. Das noch immer nasse Stück Stoff flog haarscharf an ihnen vorbei. „Was passiert ist?? Ist doch scheißegal!“ Der Top Star rannte hysterisch auf und ab. „Sie werden mir das büsen. Alle miteinander.“ Shio ging zu der Otokoyaku, hielt sie auf der Stelle indem sie die andere an den Schultern packte. Irgendwas an an ihrem Gesichtsausdruck war merkwürdig. Sie war wütend, keine Frage, aber es schwang unterschwellig etwas anderes mit. „Jetzt beruhig dich doch erst einmal.“ „Ich beruhige mich ein andermal! Hol gefälligst Chigi her. Ich hab ein paar Sachen zu sagen.“ Shio stockte etwas, wobei sie im Augenwinkel sah, wie Masao und Mirio sich verwirrt ansahen. „Was... was hat Chigi jetzt damit zu tun?“ „Sie ist in Yukigumi.“ „Bitte?“ „Du hast mich gehört. Jetzt raus. Ich will euch nichtmehr sehen.“ Mirio und Masao sahen sich erneut an, sahen dann zu Shio um sich einen Rat ein zu holen. Shio nickte nur mit dem Kopf zur Tür und die zwei jungen Frauen folgten ihr. Was war nur mit Asako los? Sie war ganz ausser sich, so, wie Mirio sie noch nie vorher erlebt hatte. Sie kannte ihren Top Star nur lächelnd, fröhlich, manchmal etwas gruselig, wenn sie ihren Willen durchsetzte, aber alles in allem immer freundlich. Was konnte nur in sie gefahren sein? „Ich glaube ihr sollte nach Hause gehen“, sagte Shio, als die Tür hinter ihr geschlossen wurde und sie sich im Wohnzimmer wieder fanden. „Aber Asako...“, begann Mirio, aber Masao stoppte sie, indem sie ihr eine Hand auf den Arm legte und den Kopf schüttelte. Dennoch wandt Mirio sich wieder an Shio. „Kann ich noch was machen?“ „Ich denke nicht.“ Ein weiteres Klirren aus dem Schlafzimmer. „Ich glaube sie wird zu euch kommen wenn sie sich beruhigt.“ Mirio seufzte etwas. In letzter Zeit war ihr Top Star wirklich merkwürdig gewesen, doch das sprengte den Rahmen. Besser nicht weiter nachfragen. „Na gut...“ Masao nahm sie an der Hand und die junge Otokoyaku lächelte etwas. Wenigstens schaffte es Masao ihre Laune etwas zu heben. Zusammen verliesen sie die Wohnung des Tsukigumi-Stars, woraufhin Masao neben ihr leise seufzte. „Ich frag mich, was da passiert ist. Ich hab Asako nie so in Rage erlebt.“ Langsam gingen die zwei jungen Frauen die Treppe hinunter, wo Mirio's Wagen stand. Sie rieb sich etwas den Nacken, runzelte die Stirn. „Keine Ahnung.“ Masao verschränkte neben ihr die Arme. „Aber scheint was ziemlich ernstes zu sein wenn sie so drauf ist. Dann kann es nichts gutes sein. Hoffen wir mal, dass sich das nicht aufs Training auswirkt, das fängt morgen an.“ Die zwei Frauen stiegen ins Auto, wobei Mirio den Kopf in den Nacken legte und an die Decke starrte. „Hey Masao?“ Die Frau auf dem Beifahrersitz sah zu ihr. „Wie wärs, wenn wir noch was essen gehen, jetzt da das hier ausgefallen ist? Ich hab mächtigen Kohldampf.“ Masao grinste. „So was wie ein Date? Klar.“ Mirio errötete stark. Ihr war klar, dass Masao das nur als Scherz meinte, wie jedes Mal, aber dennoch war ihr das Verhalten ihrer Freundin jedes Mal furchtbar peinlich. Sie schlug die andere etwas auf den Oberarm. „Jetzt ärger mich nicht immer so...“ Shio blieb in der Wohnung nachdem sie die zwei anderen jungen Frauen herausgeführt hatte. Sie wartete auf der Couch, lehnte sich auf den Oberschenkeln auf und starrte auf den Glastisch. Sie hatte Asako noch nie so... wütend erlebt. Gut, manchmal war sie sauer, besonders, wenn etwas nicht nach ihrem Willen ging. Dennoch, Asako waren ihre Kristallornamente heilig. Sie war immer sehr pingelig was diese anging. Dass sie gerade ihre geliebte Sammlung zerdepperte konnte nichts gutes heißen. Es schien ihr eine Ewigkeit zu dauern bis Asako endlich ihr Zimmer wieder verlies, noch immer mit nassen Haaren, Shio glaubte etwas Chlor zu riechen, aber zumindest in frischen Klamotten. Sie stand auf und sah stumm zu der anderen Otokoyaku. Noch immer wirkte Asako gereizt und als sie Shio erblickte biss sie sichtlich die Zähne aufeinander. „Was willst du noch hier?“ „Was ist passiert, Asako? Du rastest sonst nie so aus.“ „Das geht dich nichts an.“ „Natürlich geht es mich etwas an.“ „Sag mir einen guten Grund wieso ich dir auch nur ein Wort erzählen sollte.“ „Wir sind Partner. Und Freunde.“ Asako sties nur einen dumpfen 'Hmpf'-Laut aus. „Bring mich nicht zum lachen. Wir sind keine Freunde.“ Shio runzelte etwas die Stirn. Gut ihre Beziehung war nie sonderlich tief gegangen, aber nach dem was sie durchgemacht hatten sollten sie doch zumindest auf der Freundschaftsbasis sein. „Natürlich sind wir...“ „Lüg doch nicht Shio. Du bist nur bei mir, weil ich dir geholfen habe Chigi näher zu sein. Ich hab dafür gesorgt, dass sie nach Yukigumi versetzt wird damit du mehr Zeit mit ihr hast. Das wirst du aber wohl in nächster Zeit knicken müssen.“ Für ein paar Sekunden wusste Shio nicht so ganz, was sie dazu sagen sollte. Chigi würde weniger Zeit haben? Sie sah dabei zu, wie Asako zum Tisch ging und sich ein Glas schnappte, mit selbigem zu einem der Schränken ging und diesen öffnete. Sie hatte noch nie gesehen, was sich in eben jenem befand, aber Asako holte eine halbvolle Flasche mit hellgelber Flüssigkeit heraus, dessen Inhalt sie nicht erkennen konnte. „Wieso?“ „Sie wird Mizusu's Rolle übernehmen. Da die Yukigumis kurz vor der Premiere stehen wird sie Extraschichten einplanen müssen.“ Erneut verstand Shio nicht so ganz, was Asako meinte. Extraschichten? Sie wusste, dass Asako wollte, dass Mizusu's Rolle ersetzt werden sollte, aber warum gerade durch Chigi? Immerhin bestand Yukigumi aus so vielen Schauspielerinnen. „Aber du hast versprochen...“ „Jaja. Ich weis. Ich hab versprochen, dass Chigi weniger Arbeit haben wird, aber weist du was? Es ist mir egal. Was willst du dagegen tun?“ „Aber...“ „Ich hab meinen Teil der Abmachung schon lang erfüllt. Ich brauch dich nicht Shio.“ Shio stand etwas verloren in der Wohnung der anderen, starrte den Top Star nur an, wie sie den Inhalt des Glases kippte und sich in den Sessel fallen lies. Sie wurde nichtmehr benötigt? Dann hatte Asako sie tatsächlich nur ausgenutzt. Die ganze Zeit war sie in dem Glauben gewesen, dass sie Sena verstand, aber da lag sie wohl falsch. Die Tsukigumi-Darstellerin hatte von Anfang an nicht vor gehabt Shio an sich heran zu lassen und hatte es mit Glanz und Gloria vermieden, dass sie sich ihr näherte. „Dann ist es also vorbei, ja?“ „Oh bitte. Tu nicht so als ob ich mit dir Schluss machen würde. Ich sage lediglich, dass ich dich nicht als Seelensorger brauche.“ Shio schluckte hart, krallte sich in ihre Handflächen. Dann würde sie Saeko's Ratschlag doch nachgehen. „Fein. Aber es ist schluss für mich. Ich bin raus, Sena.“ „Raus?“ Sena sah herablassend zu ihr, die Flasche noch immer in der Hand. Warum hatte sie das Gefühl, dass entweder die Flasche oder das Glas gleich nach ihr geworfen werden würde? „Du kannst nicht einfach aussteigen, Shio. Dazu sitzt du zu tief drin. Du bist abhängig von mir.“ „Nein Asako. Ich bin nicht abhängig.“ Sie trat einen Schritt zurück. „Ich weis nicht, was da mit dir passiert ist, aber so kann das nicht weitergehen. Du benimmst dich mehr und mehr wie ein Tyrann. Was sollen deine Freunde dazu sagen?!“ „Meine Freunde haben mich hintergangen. Wenn du es wagst mir jetzt auch noch ein Messer in den Rücken zu rammen dann schwöre ich, dass du so bald keinen festen Boden mehr unter den Füßen haben wirst.“ „Es ist immer noch besser als versklavt zu sein von dir.“ Shio drehte sich um, ging in Richtung Tür, wobei es neben ihr an der Wand gehörig schepperte und sie einen Schmerz an ihrem Unterarm spürte. Sie zischte zwischen den Zähnen und besah sich den Schnitt an ihrem Arm, drehte sich erneut zu Sena. Die Otokoyaku hatte mit dem Glas nach ihr geworfen, dass jedoch an der Wand gelandet war und dort einen Fleck mit der restlichen Flüssigkeit hinterlassen hatte. „Wag es nicht mich zu verraten Shio!“ Erneut schluckte die Blonde während die Angst in ihr hochkroch. Sie drehte sich etwas zu dem Top Star, die inzwischen wieder aufgestanden war und sie mit wütend funkelnden Augen ansah. Warum hatte sie das Monster, mit dem sie sich eingelassen hatte, nicht schon vorher gesehen? „Sena...“ „Wage es nicht, mir Steine in den Weg zu legen. Eine Kleinigkeit und ich werde dich vernichten. Du hattest nur Glück, dass du mir so lange so nützlich warst. Wenn du jetzt gehst, wenn du mich jetzt betrügst, dann brauchst du gar nicht wieder zu kommen!“ Unschlüssig stand Shio ein wenig auf der Stelle, sah dann betreten auf den Boden. Benutzt werden und dafür den Einfluss zu behalten, die Chance auf zu steigen gegen die Zeit, die sie mit Chigi verbringen konnte. Macht und Ruhm gegen die Person, die sie liebte. Die Entscheidung fiel ihr leicht. Shio schloss die Augen für einen Augenblick, sah dann Sena mit etwas traurigen Augen an. „Ich hoffe, dass du bald siehst, dass du einen Fehler machst.“ Fast fluchtartig verlies sie die Wohnung, hörte durch die hastig geschlossene Tür nur einen erstickten, frustrierten Schrei und das erneute Klirren von Glas. Wie konnte sie nur? Wie konnte sie es wagen? Sie hatte Shio alles gegeben. Alles. Und dann fiel dieses kleine Miststück ihr einfach so in den Rücken und lies sie sitzen. Nicht so, dass sie unbedingt von ihr abhängig wäre, aber es ging ums Prinzip. Man verlies sie nicht einfach. Sie war zu wichtig, als das man sie einfach hintergehen konnte. Die Tsukigumi-Darstellerin schluckte einmal hart, lief weis Gott wie lange in ihrer Wohnung auf und ab bis sie sich zumindest soweit beruhigt hatte, dass sie normal sprechen konnte ohne, dass ihr Wutanfall zu hören war. Noch immer kochte alles in ihr, aber das musste ja keiner wissen. Sie krallte sich ihr Handy, dass sie auf dem Tisch hatte liegen lassen, durchforstete ihre Anrufliste. An irgendwem musste sie ihren Dampf ablassen und sie überlegte, wer dafür wohl am besten geeignet war. Eigentlich hatte sie die volle Auswahl. In ihrer Liste, wohl eher in ihren Ordnern, befand sich eine ganze Palette aus Tsukigumi, Hanagumi, Hoshigumi, dort allen vorran Shio, die sie sofort aus der Liste löschte, und Soragumi. Von den Senka's hatte sie bissher die Finger gelassen, denn immerhin war das nicht nötig gewesen. Dann allerdings blieb sie bei Osa's Namen hängen. Die einzige Frau, die sie wohl nie verlieren würde, egal wie alleingelassen sie sich fühlte. Sie wusste, dass sie der ehemaligen Hanagumi-Darstellerin immer vertrauen konnte, doch wusste sie nicht, wie stark die Beziehung zwischen ihr und Gaichi war. Gaichi hatte sie schon vor einer ganzen Weile in ihre Schranken gewiesen. Natürlich hätte sie sich einfach Natsuki krallen können, immerhin wartete der Yukigumi-Star geradezu auf sie, aber vielleicht war es an der Zeit mal heraus zu finden wie stark die Gefühle der ehemaligen Hanagumi zu ihrer Freundin wirklich waren. Kurzerhand wählte sie anrufen. Wie sie Osa ansprechen musste damit diese vorbei kam wusste sie genau. „Asako? Was rufst du um diese Zeit noch an?“ Die Tsukigumi-Darstellerin warf einen Blick auf die Uhr. Es war mitten in der Nacht. „Tut mir leid Osa.“ Sie lies ihre Stimme etwas gedämpft, ging noch immer zügigen Schrittes durch die Wohnung. Das würde sie aber nicht hören. „Hör mal könntest du... vielleicht... vorbei kommen?“ „Ist was passiert?“ Sie schwieg. Irgendwann sprach Osa dann doch wieder. „Asako?“ „Ich brauch dich gerade. Bitte...“ Asako hörte eine Stimme im Hintergrund. Vielleicht Gaichi, aber dafür war die Stimme wieder zu tief. Hörte sich eher nach Kiriyan an. War klar, dass die Tsukigumi-Vice wieder zu Gaichi rannte wenn sie Probleme hatte. Dann war Yuuhi sicherlich auch nicht weit. Ihr Blick verfinsterte sich etwas. „Na gut“, sagte Osa dann doch. „Ich fahre gleich los.“ Der Tsukigumi-Star legte auf, lächelte etwas für sich. Sicherlich kam Osa nur um ihr einen Vortrag zu halten. Davon hatte sie aber schon genug gehabt. Um sich ab zu regen bedurfte es für sie keiner Worte. Eigentlich müsste sie noch das kaputte Glas aufheben und den verschütteten Alkohol aufwischen, aber das konnte auch warten. Wenn sie Osa's Beziehung wirklich auf die Probe stellen wollte, dann musste sie sich entsprechend herrichten, wesshalb sie kurzerhand ins Bad verschwand um sich das Chlor aus den Haaren zu waschen. Sie hasste diesen Geruch auf einmal unheimlich. Was musste Yuuhi sie auch einfach in den Pool zerren? Schön sie hatte die Fassung verloren, aber das war kein Grund sie gleich mit zu zerren. Immerhin hatte sie nichts falsch gemacht. Yuuhi war selbst Schuld wenn sie ihr derartiges an den Kopf warf. Von wegen Saeko kam nicht wieder zurück. Sie kam immer. Sie würde sie nie allein lassen, das hatte sie versprochen. „Und was wenn sie Recht hat?“, fragte Asako leise zu sich als sie unter der Dusche stand und sich an dem duftendem Shampoo erfreute. Nein sie konnte einfach nicht Recht haben. Es war alles so ausführlich durchgeplant. Es konnte einfach nicht schief laufen. Kiriyan hatte einen engen Draht zu Asako und wenn Kiriyan sah, wie wundervoll sie als Tod sein würde, dann würde sie sicher zu ihr zurückkommen. Sie wollte doch nur ein Lob von ihrer Freundin, Aufmerksamkeit. Der Gedanke daran, dass Saeko sicher im Publikum sitzen würde nur um sie in dieser Rolle zu sehen lies sie etwas lächeln. Aber egal. Es war noch hin bis zu diesem Tag. Jetzt musste sie sich erst einmal ablenken. Die Tsukigumi-Darstellerin schritt abgetrocknet in ihr Schlafzimmer, in dem noch immer die kaputten Kristallornamente lagen, kickte die Splitter auf die Seite um zu ihrem Schrank zu kommen. Dort kramte sie zwischen ihren Klamotten herum. Sie zog eine enge Hose und ein Hemd heraus, beides weiß. Sie wusste genau, wie sehr Osa auf weiße Kleidung stand, wusste, dass Osa immer jede Gelegenheit genutzt hatte um ihre Hüftknochen ein wenig zu betasten, was bei der vergleichsweise tiefsitzenden Hose einfach werden würde, ebenso wie die Knochen ihres Schlüsselbeins. Asako selbst war nie so begeistert von ihrer Figur gewesen, aber andere schienen sich geradezu danach zu verzehren. Gerade ihre Taille und ihre Beine schienen bei ihren Lieblingen immer besonders beliebt zu sein. Kaum hatte Osa aufgelegt seufzte sie einmal schwer, rieb sich mit den Fingerspitzen ihre Stirn. Asako hatte sie nicht erwartet. Yuuhi war zu ihnen gekommen, triefend nass und mehr oder minder niedergeschlagen, genau wie Kiriyan, die vorher aufgelöst bei ihnen vor der Tür gestanden hatte. Gaichi war noch arbeiten, wesshalb Osa die beiden alleine hatten betreuen müssen. Es war an sich nichts schlimmes gewesen, doch als sie herausgefunden hatte, dass der Zustand ihrer Freunde ganz alleinig Asako's Schuld gewesen war, hatte sie ein wenig die Fassung verloren. „Und? Was hat sie gesagt?“ Yuuhi legte sich das Handtuch, mit dem sie sich die Haare trocken gerubbelt hatte, um die Schultern, sah zu Osa. „Ich fahre hin. Sie wollte mit mir sprechen.“ „Was? Wieso?“ „Keine Ahnung. Aber vielleicht hört sie mir ja zu, wenn sie schon nicht auf dich hört.“ Kiriyan, auf dem Sofa sitzend mit einer Tasse Tee in der Hand, sah auf. „Hätte sie denn auf Yuuhi hören sollen?“ Osa lächelte etwas. Sie sah von Kiriyan zu Yuuhi, die sich neben ihre Freundin setzte. Sie hatte der Soragumi-Vice etwas von sich geliehen, was aus einer weiten Jogginghose und einem Shirt bestand. „Ich weis es wirkt nicht so, aber Asako hat sich deinen Rat immer zu Herzen genommen.“ Sie sprach eher an Yuuhi gewandt. „Ich hoffe nur, dass sie nochmal drüber nachdekt.“ „Das hoff ich auch. Ich mach mir Sorgen, dass das ganze ein übles Ende nimmt.“ „Ich leider auch. Sagt Gaichi bitte, dass ich später komme wenn sie nach Hause kommt.“ „Wo ist sie eigentlich um die Uhrzeit?“ „Sie ist noch bei einem Meeting mit einigen Produzenten. Irgendwas ist wohl ziemlich schief gelaufen.“ Besagte Senka saß tatsächlich noch in ihrem Stuhl im Meetingraum. Schon seit Stunden diskutierte sie über einzelne Rollen, speziel zwei. Eine in Tsukigumi, Franz in der neuen Elisabeth-Produktion, und eine Rolle in der Lady-Oscar-Produktion von Yukigumi. Beide Stücke würden parallel laufen, wesshalb der Stress doppelt war. Die Rolle des Franz war inzwischen unumstößlich. Kiriyan würde, trotz vieler Einwände seitens Gaichi, zu Tsukigumi zurückkehren müssen um Franz zu spielen. Asako hatte da wirklich ganze Arbeit geleistet. Natsuki schien jedoch auch nicht ganz untätig gewesen zu sein, denn nicht nur hatte sie Mizusu in der aktuellen Produktion von Sagiri Saina ersetzen lassen, sie wollte auch die zukünftigen, größeren Rollen von ihr ersetzen lassen. Eigentlich war das undenkbar. Mizusu hatte es schon lange verdient größere Rollen zu bekommen und jetzt wollten sie ihr das streichen? „Gut. Es ist schon sehr spät. Verschieben wir diese Diskussion auf morgen.“ Erleichterung machte sich in der Senka breit. Dass der Job so stressig werden würde hatte ihr damals niemand gesagt. Nur noch Saeko anrufen und dann endlich nach Hause, wo hoffendlich Osa schon auf sie wartete. Schnell packte die ehemalige Otokoyaku ihre Sachen, verlies den Raum und zog ihr Handy aus der Tasche. Inzwischen hatte sie Saeko's Nummer so oft gewählt, dass es länger dauerte sie im Verzeichnis nach zu sehen anstatt sie einfach so ein zu tippen. „Guten Abend, Saeko“, sagte sie als ihre Freundin endlich ans Telefon ging. „Hallo Gaichi. Und? Was ist rausgekommen?“ „Ich konnte nicht verhindern, dass Kiriyan doch Franz spielen muss. Leider. Die Rolle, die Natsuki kritisiert hat, steht noch aus. Wo bist du?“ „Noch bei Hiromi...“ Gaichi fiel ihr ins Wort. „Immer noch? Saeko. Willst du nicht mal wieder in deine eigene Wohnung?“ Schweigen am anderen Ende und Gaichi seufzte. „Wie auch immer. Hast du noch was von Yuuhi gehört?“ „Nein ich hab sie noch nicht erreicht. Ihr Handy ist aus.“ Gaichi hatte einen sehr herzzerreisenden Anruf von Kiriyan bekommen, dass Yuuhi sich Sena endlich mal vorknöpfen wollte, jedoch kam niemand zu ihr durch um zu kontrollieren, dass alles in Ordnung war. Die Senka hoffte inständig, dass eine von Sena's besten freunden endlich mal etwas bei ihr erreichte. Inzwischen hatte sie Osa auch immer zurückgehalten zu dem Tsukigumi-Star zu fahren, denn sie hatte das Gefühl, dass Sena etwas Dummes anstellen würde. Keiner wusste so genau, was im Kopf der Tsukigumi-Darstellerin vor sich ging und sie hatte Angst dadurch auch Osa zu verlieren. „Hoffen wir, dass da nichts passiert ist. Hast du schon mit Shio geredet?“ „Schon vor einer Weile, aber sie wollte nicht zuhören. Ich...“ „...Saeko? Was ist?“ „Hör mal. Da ruft noch jemand an. Können wir uns später nochmal sprechen?“ Gaichi runzelte etwas die Stirn. „Natürlich. Ruf aber nicht allzu spät an.“ „Ja schon klar. Bis dann.“ „Bis dann.“ Wer da wohl angerufen hatte? Osa brauchte eine Weile bis sie schließlich bei Asako angekommen war, fand die Tür einen Spalt geöffnet vor. Asako hatte sie ganz offensichtlich erwartet, denn sonst hätte sie die Tür nie auf gelassen. Kaum drinnen knirschten ihre Absätze und nach einem Blick unter ihre Schuhe stellte sie fest, dass es Glas war. Da die Wohnung verdammt dunkel war mussten sich ihre Augen erst einmal daran gewöhnen, stellte dann aber fest, dass in der ganzen Wohnung, zumindest das, was sie davon sah, zersplittertes Glas war. Was zur Hölle war hier passiert? „Asako?“, rief sie in die Stille, sah dann erst, dass ihre Freundin in ihrem Sessel saß, gänzlich in weiß gekleidet und das Hemd ein Stück weit geöffnet. „Was ist hier los? Was ist mit dem ganzen Glas?“ „Ist doch egal, oder?“ Die Tsukigumi-Darstellerin sah zu ihr und lächelte bevor sie aufstand. „Ich mach das morgen weg. Danke, dass du da bist.“ „Konnte ja schlecht nein sagen. Also was ist los?“ Asako kam durch die Glassplitter zu ihr, wobei Osa inständig hoffte, dass Asako nicht in die Scherben trat, und blieb vor ihr stehen, legte ihr die Hände auf die Schultern. „Mein Tag war echt scheiße und ich... ich brauchte einfach jemanden.“ Sanft legte Osa die Arme um ihre Freundin. Sie schien anders als Yuuhi sie vor ein paar Stunden beschrieben hatte, nicht aufgebracht oder wütend, eher lieblich. „Was ist denn los?“ „Sei einfach da okay?“ Osa schwieg daraufhin, drückte Asako etwas näher an sich als diese sich an sie kuschelte und die Arme um ihren Nacken legte. Sie hatte diese Momente vermisst, die Momente, in denen sie ihrer Freundin einfach nahe sein konnte. Irgendwann löste sich die jüngere doch von ihr und sie gingen zum Sofa, wobei Osa mehr als Asako darauf achtete nicht in die Scherben zu treten. Es roch leicht nach Alkohol. Hatte Asako getrunken? Sie wirkte gar nicht so. „Wie läuft es denn mit dir und Gaichi?“, fragte sie bevor sie an der Couch angekommen waren und drehte sich erneut zu Osa. „Ihr wohnt zusammen oder?“ „Uhm ja. Es läuft echt gut. Wieso fragst du?“ „...Ich bin manchmal etwas neidisch.“ Osa seufzte etwas. „Du weist dass du Saeko...“ Asako fiel ihr ins Wort. „Ich bin neidisch darauf, dass Gaichi dich hat. Dabei hättest du mein sein sollen.“ „...Was? Was meinst du?“ Asako lächelte etwas, trat an Osa heran und zupfte etwas an ihrem Oberteil, sah von unten her in ihre Augen. „Ich glaube du verstehst mich genau.“ „...Asako was erzählst du für einen Mist? Du liebst Saeko.“ „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun oder?“ Der Tsukigumi-Star lies eine Hand über ihre Haare gleiten und Osa erwischte sich dabei, wie sie diese kurze Berührung genoss. Es war eine ganze Weile her, seit sie Asako so nahe gekommen war. Ihre Freundin war besonders in den letzten zwei Jahren fast unerreichbar für sie gewesen. „Ich vermisse es manchmal. Die Art und Weise wie du mich ansiehst und anfasst. Ich bin eifersüchtig, dass Midori das alles jetzt hat.“ Osa hob eine Hand, lies diese über die Hüfte der anderen gleiten und schluckte leicht. Eigentlich hatte sie geglaubt über Asako hinweg zu sein, aber diese Frau hatte eine unglaubliche Anziehungskraft. Obendrein war ihre ehemalige Vice ja ihre erste große Liebe gewesen und sowas vergaß man nicht. Osa schloss die Augen als Asako ihre Hand über ihre Wange gleiten lies und ehe sie es sich versah lagen die Lippen der Otokoyaku auf den ihren. Wie hatte sie dieses Gefühl vermisst und dass Asako dieses Mal auf sie zukam machte es nur so viel besser. Auch wenn es nur für den Moment war, es fühlte sich gut an mal wieder etwas näher bei ihrer Freundin zu sein. Osa's Gedanken schweiften ab zu den Zeiten, in denen sie sich ihren Kuss noch von Asako hatte stehlen müssen wenn diese zu viel Alkohol intus hatte. Etwas, was sie in ihrer jetzigen Beziehung mit Gaichi... Osa's Gedanken klappten um und sie drückte Asako von sich, die sie etwas verwirrt ansah. „Asako lass das. Du weist, dass ich mit Gaichi...“ Die Tsukigumi-Darstellerin stöhnte einmal genervt auf, warf die Arme in die Luft und drehte sich von Osa weg. „Gaichi hier, Gaichi da. Von dir höre ich nichts anderes mehr.“ Sie drehte sich wieder zu ihr. „Ich bin jetzt da, Osa!“ Osa runzelte die Stirn. Warum fuhr die andere mit einem mal so aus der Haut? Vielleicht hatte Yuuhi doch Recht behalten und sie spielte ihre Rolle nur. Asako seufzte einmal und fuhr sich durch die Haare, sah auf den Boden. „Tut mir leid. Ich... ich will einfach nichts von den anderen hören.“ „... Weil sie dir wehgetan haben?“ „Nein. Das ist es nicht.“ „Sondern? Was ist es dann? Was ist los mit dir Asako?“ „Gar nichts ist los mit mir. Mir geht es gut. Aber die anderen... sie verstehen einfach nichts.“ „Warum erklärst dus ihnen dan nicht?“ „Weil es sie nichts angeht, desshalb. Ich schaff das schon ganz gut alleine.“ Osa lächelte nur schief. „Ja... das sehe ich.“ „Pardon?“ „Sieh dich doch um.“ Osa warf einen Blick auf die Seite auf eines der zerdepperten Gläser. „Du räumst nicht mal die Scherben weg obwohl du reintreten könntest. Glaubst du es würde irgendwem etwas bringen, wenn du dich verletzt?“ „Ich pass schon auf.“ „Aber wohl nicht genug.“ Osa wurde ernst und sah ihre Freundin erneut an. „Ich bin zwar nicht mehr in Takarazuka, aber ich sehe trotzdem, wie du mit dem Feuer spielst. Warum hast du dich auf Natsuki eingelassen? Du weist, dass sie ein hinterhältiges Miststück ist.“ „Ich hatte einen Vorteil daraus.“ „Nur desshalb?“ „Desshalb und nicht mehr.“ Die ehemalige Hanagumi-Schauspielerin schüttelte nur den Kopf. „Was? Was ist?“ „Du bist so anders geworden...“ „Und? Hab ich mich halt verändert. Was solls. Ich bin unabhängiger geworden.“ „Unabhängig würde ich das nicht nennen.“ Asako knurrte. „So? Wie nennst du es dann?“ „...Manipulativ. Und ich kenne da noch jemanden, der so ist.“ „Und diese Person wäre?“, schnaubte die junge Frau, deren ganze Mimik mit einem mal umgekippt war. „Die Person, von denen du deine 'Vorteile' ziehst.“ Der Tsukigumi-Star knirschte einmal sichtlich mit den Zähnen, verschränkte die Arme und schwieg ein paar Sekunden. „Natsuki? Und wie kommst du auf die absurde Idee?“ „Ich habe mit ihr gesprochen. Ich wollte, dass sie aufhört sich mit Saeko zu treffen. Um deinetwillen. Weist du was sie mir sagte? 'Für mich hat es nur Vorteile'...“ „Lass es Osa.“ Osa schwieg ein paar Sekunden, sah Asako nur an. Sie konnte nur raten, was gerade im Kopf der anderen vorging. Sie wurde noch nie gerne mit anderen Leuten verglichen, aber gerade weil sie so eine heftige Reaktion auf Natsuki hatte, gerade weil sie die Yukigumi-Darstellerin so offensichtlich hasste, vielleicht würde sie dann endlich reagieren. Sie nahm die Hand ihrer Freundin, drückte sie leicht. „Asako bitte. Du wirst immer mehr wie sie.“ Ihre Freundin entriss ihr die Hand. „Stell mich nicht auf eine Stufe mit diesem Miststück! Ich bin besser als sie!“ „Indem du dir alles krallst was nicht bei drei auf den Bäumen ist? Indem du den Einfluss, den du bei den Leuten hast, schamlos ausnutzt? Sieh doch zu was du geworden bist! Du bist wie eine Kopie von ihr.“ Osa konnte gar nicht auf Asako's plötzlichen Schlag reagieren, taumelte nur mit schmerzender Wange ein wenig zurück. Sie hob die Hand an ihr Gesicht, fühlte das Brennen, dass Asako's Handfläche darauf hinterlassen hatte. „Osa...“, stammelte Asako, sah sie mit leicht aufgerissenen Augen an. Nur langsam hob Osa den Blick, sah in die Rehaugen der anderen. „Ich... es tut mir leid...“ Der ehemalige Hanagumi-Star konnte nicht anders als sich zwei mal zu überlegen, ob diese Reaktion nicht auch wieder gespielt war, genau wie die zuvor. Sie schüttelte den Kopf. Das war nichtmehr Asako. „Wer zur Hölle bist du?“ Osa schluckte etwas als sie sah, wie der Frau ihr gegenüber die Tränen runterliefen. „Ich... ich...“ „Ich verstehe nicht, was du aus meiner Freundin gemacht hast. Wo ist die Frau hin, die ich damals so geliebt habe?“ Erneut schüttelte sie den Kopf, ging langsam an der anderen vorbei richtung Tür. Die Jüngere hielt sie am Arm fest. „Osa nein geh nicht. Bitte...“ „Nein. Diesmal hast du es zu weit getrieben.“ Sie sah zu der jüngeren, merkte dabei, wie deren Finger kraftlos ihren Arm verliesen und sie loskam. „Du wolltest das alleine hinkriegen ja? Früher wolltest du nie einsam sein. Es tut mir weh zu sehen, dass du die Einsamkeit jetzt vor zu ziehen scheinst.“ Osa kostete es einiges an Überwindungskraft der anderen den Rücken zu kehren, hörte, wie sie zwischen den Scherben auf die Knie fiel und anfing zu Schluchzen. Ohne sich weiter um zu drehen ging sie aus der Wohnung, doch kaum fiel die Tür hinter ihr ins Schloss rannen auch ihr die Tränen über die Wangen. Sie hatte ihr nachrufen wollen, sie festhalten, aber ihr Körper gehorchte ihr nicht. Sie saß nur zwischen den zerstörten Glasscherben, hatte den Alkoholgeruch in der Nase und fühlte, wie die Tränen ihr übers Gesicht liefen. Sie hatte die einzige Person, die sie nie geglaubt hatte zu verlieren, geschlagen und damit vergrault. Wie hatte das passieren können? Sie hatte nie die Hand gegen ihre Freundin erheben wollen. Osa hatte ihr klar gemacht, dass sie nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte, sie hatte Kiriyan verjagt, Yuuhi und Shio. Man hatte ihr Kimu weggenommen, Gaichi wollte sowieso nichts mit ihr zu tun habe wenn sie nicht musste und bei Natsuki war sie nur für den Sex gut. Sie hatte nur noch ihren Plan, alles das, was schon vorbereitet war, die Rolle als Tod... ... Diese Rolle hatte sie noch... Nur der Tod war ihr noch geblieben. Das einzige, was sie sich selbst erarbeitet hatte. Sie lachte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)