Behind the Scenes von Asako ================================================================================ Kapitel 3: Act 1 Scene 3: A short Interruption ---------------------------------------------- Asako war ganz froh, dass Osa die Nacht über bei ihr blieb, auch wenn ihr die Sache mit Saeko nicht wirklich aus dem Kopf ging. Was hatte sie sich dabei nur gedacht? Beziehungen innerhalb Takarazukas waren strickt verboten, sei es nun die Beziehung zu einem Mann oder einer Frau. Es hieß, Beziehungen behinderten das Arbeitsvermögen und würden die Show beeinflussen, aber ein wirklicher Schauspieler sollte darüber hinwegsehen können, oder? Asako wusste, dass sie es nicht konnte. Nicht, wenn sie nicht auf der Bühne stand. Es war ihr zuwider mit Menschen zusammen arbeiten zu müssen, die sie wie ein Stück Dreck behandelten. Sie waren immerhin keine Puppen an der Schnur, die auf Befehl tanzten. Beziehungen waren wichtig und selbst sie in ihrer Naivität, die sie sich im Laufe der Jahre eingestanden hatte, bekam mit, dass sich die ein oder anderne Pärchen innerhalb der Truppen gebildet hatten. Meistens endete es aber damit, dass diese bewusst auseinandergerissen wurden. Jetzt wo sie so darüber nachdachte... wesshalb war sie überhaupt in eine andere Gruppe versetzt worden? Die junge Schauspielerin kam nicht wirklich dazu sich darüber Sorgen zu machen, denn der kleine gelbe Wecker in ihrer Küche fing hysterisch an zu Piepen, sodass Osa einen Satz machte. Sie hatten es sich auf dem Sofa bequem gemacht, das mitgebrachte Essen verzehrt und sich eine alte Vorstellung angesehen. "Himmel. Du hast dieses blöde Ding immer noch?", fragte Osa und trabte geradewegs zur Kochecke um den Wecker endlich aus zu stellen. Asako blieb auf ihrem Platz. Mal sehen ob sie es dieses Mal hinbekam. "Was denn? Den hast du mir doch erst geschenkt." Amüsiert sah Asako dabei zu wie Osa erneut daran scheiterte den kleinen Wecker endlich aus zu stellen. Sie wusste, dass Osa diesen Ton des Weckers verabscheute, aber noch mehr hasste sie es immer noch nicht den Kniff mit dem Knopf heraus gefunden zu haben. Um den Wecker aus zu machen musste man hinten am Uhrenhaus einen Knopf drehen, der Trick dabei war aber ihn vorher ein Stück hinein zu drücken, damit dieser sich erst drehen lies. Osa scheiterte jedes mal daran, denn der gelbe Nervtöter war empfindlich. Drückte man den Knopf zu fest lies er sich gar nicht mehr drehen und die Ältere tendierte dazu ziemlich in Rage zu gerade wenn etwas nicht nach ihrem Kopf ging. Besonders nicht nach dem ersten Versuch. Trotzdem versuchte sie es immer wieder. "Nicht, damit er mich in den Wahnsinn treibt." Asako lachte leicht, stand gemächlich auf und schlenderte in Seelenruhe zu der anderen. Das Piepen war inzwischen so laut, dass es in den Ohren wehtat und sie konnte geradezu sehen wie Osa eine Ader auf der Stirn stand. Mal wieder versuchte sie zu verbissen etwas zu tun und scheiterte letztenendes daran. "Ich finde ihn süß. Ausserdem ist er der einzige, der mich wach bekommt nach einer langen Nacht." Vorsichtig entfernte sie den Wecker aus Osa's Hand, betätigte den Knopf und das Piepen verstummte. Fast gleichzeitig konnte sie sehen, wie Osa erleichtert die Schultern fallen lies, was Asako wieder zum Kichern brachte. "Na endlich." "Ach komm. So schlimm ist es nicht." Osa wuschelte ihr durch die sowieso schon zerzausten Haare, grinste schief. "Geh du dich lieber fertig machen. Sonst kommst du zu spät zur Premiere. Und wir wollen doch nicht, dass der zukünftige Star ärger bekommt." Jetzt fing sie mit diesem Thema schon wieder an. Asako seufzte. "Osa wie oft muss ich dir noch sagen...." "...ich werde nie ein Top Star, ich habe nicht die Fähigkeiten dafür. Jaja schon klar. Sag das deinen Fans. Und jetzt widersprich mir nicht. Husch husch ins Bad. Ich mach Kaffee und wenn du wieder drausen bist geh ich zum Training." "Ich dachte du hast frei?" "Du weist genauso gut wie ich dass es so etwas wie Freizeit bei uns nicht gibt." "Und warum bist du dann vorbei gekommen? Du hättest genausogut ein wenig schlafen können." "Und dich vor der Premiere hier versauern lassen? Wofür hällst du mich? Wir sind Freunde." Es zauberte der jüngeren ein Lächeln auf die Lippen. "Danke Osa", sagte sie noch bevor sie sich auf den Weg ins Badezimmer machte. Dort angekommen entledigte sie sich ihres Shirts und der Hose, warf zunächst einmal einen Blick in den Spiegel. Augenringe hatte sie keine, aber etwas anderes machte ihr einen Klos im Hals. Sie hatte am Hals und an den Schultern Bissspuren, die inzwischen zart blau-lila angelaufen waren, mal ganz abgesehen von dem mehr als überdeutlichem Fleck an der ihr unangenehmsten stelle kurz unter der Brust. Sie sah aus als hätte man sie vergewaltigt. "Verdammt", fluchte sie leise, ging nochmals durch, welche Kleidung sie beim Auftritt zu tragen hatte. Der Fleck unter ihrer Brust wurde leicht von der Abbinde überdeckt, die anderen jedoch... Ob Osa sie bemerkt hatte? Wenn ja, dann hatte sie diese offensichtlich ignoriert. Allerdings hoffte die junge Schauspielerin, dass Osa nichts dergleichen gemerkt hatte. Nicht nur, dass es ihr unangenehm war, Saeko hatte es so ausgesehen lassen als wäre sie zufällig da gewesen als Osa schlieslich geklingelt hatte. Demnach hätte sie ihre beste Freundin nach Strich und Faden angelogen und sowas nahm die ältere sehr übel. Zuerst entschied sie sich aber eine kalte Dusche zu nehmen um die doch langsam einsetzende Müdigkeit zumindest etwas ab zu schütteln. Kaum war Asako im Bad verschwunden verschwand auch das Lächeln der älteren von ihren Lippen und sie sah etwas verbissen auf den gelben Wecker, der jetzt wieder brav auf der Küchenzeile auf seinen nächsten Einsatz wartete. Schon den ganzen Abend beschäftigte sie sich damit, wieso Saeko so dumm war sich an ihre Freundin ran zu schmeißen. Auch noch so offensichtlich. Osa kam sich etwas vor wie ein Ehemann, der zu früh von der Arbeit nach Hause gekommen war und seine Frau mit einem anderen erwischt hatte. Nunja Asako war nicht ihre Geliebte, sie waren Freunde, aber das hinderte Osa nicht wirklich daran besitzergreifend zu werden. Dass man Asako aus der Truppe genommen und in eine andere gesteckt hatte hing ihr noch immer nach. Damals war sie ausgerastet, hatte sich bei ihrem Vorgesetzten beschwert, aber es war nicht mehr zu ändern gewesen. Aber egal in welcher Truppe Asako sich befand, sie war ihr Vice und ihre Freundin. Niemand hatte ihr dieses Recht weg zu nehmen, nicht einmal wenn sie Ayaki Nao hieß. Vielleicht sollte sie sich mal mit ihr unterhalten. Gut. Saeko hatte mehr Erfahrung und war ein wenig älter als sie, aber nur dessalb hatte sie nicht das Vorrecht auf Asako. Die Kaffeemaschiene riss sie aus den Gedanken. Noch ein Gerät von Asako, dass einen furchtbar nervigen Ton machte, wenn es Aufmerksamkeit brauchte. In diesem Fall war das Wasser für den Kaffee durchgelaufen. Wenigstens wusste sie, wie man diese Maschiene ausstellte, ohne daran gefrustet zu werden. Osa schenkte sich und Asako jeweils eine Tasse ein, stellte sie auf den Tisch und warf ein paar Blicke in die Schränke. Mal wieder hatte die jüngere kein Brot oder ähnliches, geschweigedenn etwas anderes Essbares in der Wohnung. Gesund konnte das nicht sein. Fertig geduscht, mehr oder minder geschminkt huschte Asako aus dem Bad in ihr Schlafzimmer, allerdings nur im Bademantel bekleidet. Nochmalerweise würde sie sich einfach so an den Tisch setzen und sich nach dem Kaffee letztlich anziehen, aber der Bademantel versteckte nicht wirklich den Biss an ihrem Hals. Wenn Osa ihn tatsächlich noch nicht gesehen hatte, dann musste sie ihr jetzt keinen Grund zum Fragen geben. Sie durchwühlte ihren Schrank um zumindest etwas mit hohem Kragen zu finden zwischen den ganzen Männerhemden. Wieso hatte sie nochmal so viele von den Dingern? Wahrscheinlich weil man ihr das Männerverhalten von Anfang an eingetrichtert hatte.Wenigstens hatte sie in dem ganzen Durcheinander einen roten Schal gefunden, den sie sich eng um den Hals wickelte bevor sie wieder aus dem Schlafzimmer trat und sich zu Osa an den kleinen runden Tisch nahe der Kochecke setzte. "Ist dir kalt?", fragte Osa, die gegenüber von ihr Platz nahm. "Nein aber ich glaube ich hab einen kleinen Zug bekommen. Drauf ankommen lassen will ich es nicht." Ihr gegenüber lächelte, fuhr sich etwas durch die kurzen Haare um sie zu entwirren. "Na wenn du das sagst. Aber gut, wenn du es nicht darauf ankommen lässt. Es wäre fatal wenn du jetzt ausfallen würdest. Grade bei dem ersten Auftritt in deiner neuen Truppe." Asako konnte nicht so genau sagen wieso, aber Osa's Stimme triefte gerade nur so als wäre sie giftig. Ging es ihr gegen den Strich, dass sie in der anderen Truppe war? Wieso auf einmal? "Naja. Vielleicht hilft der Kaffee ja. Warmes soll ja bekanntlich helfen." Osa schwieg. Wahrscheinlich war das auch besser so. Asako war sich nicht ganz sicher, wieso, aber sie hielt es für besser die Unterhaltung auf das Minimum zu reduzieren. Ihr Blick fiel abermals auf die kleine Uhr. "Musst du nicht los?", fragte sie und Osa sah ein wenig irritiert zur Uhr. Es musste so wirken, als ob sie die andere endlich los haben wollte, was auch nicht ganz falsch war bedachte man, dass sie recht unschöne Flecken am Hals hatte, die sie wenn möglich versteckte. "Stimmt." Osa erhob sich und ging um den Tisch herum zu Asako. Wieder fiel ihr auf, dass sie die Selbe Eleganz hatte wie Saeko. Sie bewegte sich als wäre der Boden eine Bühne, das Licht ihr Publikum und die Luft ihre Inspiration. Die ältere beugte sich zu ihr, hauchte ihr einen leichten Kuss auf die Schläfe. "Gut. Wenn ich die Zeit finde sehe ich mir einen Auftritt an. Ich bin mir sicher du bist wundervoll." Ihr Stimme klang sanft, und unterstützend, gab ihr Kraft und hob ihre Stimmung ein wenig. Jetzt wo ihr wieder klar wurde, dass ihre Premiere nur noch einige Stunden entfernt war, wurde sie wieder nervös und dieses unruhige Gefühl schlich sich in ihre Glieder. "Danke. Und versprich mir, dass du heute abend etwas schläfst. Du wirst immer so schnell sauer wenn du müde bist." Osa lachte etwas, strich Asako nochmals kurz über die Haare. "Gut. Föhn dir aber die Haare bevor du raus gehst. Sonst wirst du wirklich krank." "Ja Mama", raunte die jüngere und lehnte sich zurück. Sie hatte bewusst das 'Mama' aus dem Elisabeth Stück verwendet, denn Osa hatte sich während der Proben immer sehr darüber lustig gemacht. "Tu einfach, was man dir sagt, Lucheni." "Elisabeth", platzte es geradezu aus Asako heraus. Gerade als die Worte ihren Mund verliesen hätte sie sich am liebsten geschlagen. Eigentlich hatte sie es gar nicht sagen wollen, geschweigedenn stand noch gar nicht fest, dass sie Elisabeth spielen würde oder gar wollte. Das schlimmste war aber, dass Osa für eine Sekunde alle Gesichtszüge entglitten. "...Elisabeth?" "A-ach... uhm...vergiss es...Ich denke nur Unsinn." "Unsinn?", Osa würde tatsächlich etwas lauter. "Unsinn?? Was redest du denn da, Asako? Du hast nie Elisabeth gespielt und du wolltest es auch nie tun. Wie kommst du also darauf? Du bist ein Otokoyaku!" "Es war nur ein dummer Gedanke, Haruno! Jetzt reg dich mal nicht so auf!" Asako stand auf, hätte dabei fast ihre Tasse vom Tisch gefegt und ging ein paar Schritte von Osa weg als würde sie fürchten sich jeden Moment eine Ohrfeige zu fangen. "Geh!" Osa sah die andere für ein paar Sekunden lang schweigend an. Diese Szene, diese oh so vertraute Szene, und das einfach nur weil sie die Beherrschung verloren hatte. Es passierte leicht, wenn sie zu müde war, was mehr als der Fall war. Schon bei ihrer Produktion von Elisabeth, bei der sie selbst den Tod und Asako Lucheni übernommen hatte, hatte sie sich oft vorgestellt wie es wohl wäre Asako als Elisabeth an der Seite zu wissen. Wahrscheinlich....nein mit Sicherheit würde sie ihren nächsten Schritt zutiefst bereuen, aber es würde Asako hoffendlich klar machen wo ihr Platz war. Erhobenen Hauptes ging sie in Richtung Tür, drehte sich im letzten Moment zu der anderen um und verbeugte sich ein wenig. Genau wie sie es als Tod gelernt hatte und verlies anschliesend, ihre Schuhe in der Hand, nach drausen. Asako kannte diese Szene nur zu gut. Sie hatte sie einige hundert Male gesehen, aber es so deutlich zu machen war überflüssig. Die jüngere schlug einmal wütend auf den Tisch, sodass die Tassen wackelte, die Tränen in den Augen. Erst das mit Saeko und jetzt das. Langsam kam sie sich vor wie ein Spielball zwischen den beiden Giganten. Die jüngere lehnte sich auf dem Tisch auf und begann langsam durch zu atmen. Jetzt nicht durchdrehen. Sie hatte einen wichtigen Auftritt vor sich und durfte sich dadurch nicht aus der Bahn werfen lassen. "Verflixt", murmelte sie, fing an wie ein unruhiges Tier durch die Wohnung zu laufen. Sie hatte noch ein paar Minuten bevor ihr Wecker erneut klingelte und sie sich auf den Weg machen musste. Aufgrund der Zahl der Leute, die geschminkt werden mussten, die Kostümverteilung, letzte Vorbereitungen und und und mussten sie schon immer einige Stunden vor dem Auftritt da sein. Noch immer war ihr Sichtfeld verschwommen und sie versuchte mit allen Kräften nicht los zu weinen. Momentan lief doch alles einfach nur schief. Asako flüchtete sich ins Badezimmer, zog sich frustriert den Schal vom Hals und betrachtete abermals die Überreste, die Saeko bei ihr hinterlassen hatte. Es war nicht so, als ob es sie sonderlich stören würde, das was sie störte waren alle anderen. Was dachten sie nur von ihr falls sie herausfanden wie die Male zustande gekommen waren? Man würde sie auslachen dass sie so schwach gewesen war. Seufzend griff sie nach ihrem Make-up und öffnete ihr Hemd um ein paar Knöpfe bis die Ansätze ihrer Abbinde zu sehen waren und zog das Oberteil etwas über die Schultern um auch diese Flecken so gut es ging zu überschminken. Leichter gesagt als getan. Es kam ihr so vor als ob die Bisse nur noch weiter angelaufen waren seit sie diese das erste mal wirklich gesehen hatte. Inzwischen hatten sie eine hübsch lila dunkle Farbe. "DRRRRR." Vor Schreck fiel Asakos Schminkpinsel ins Waschbecken. Irgendwann musste sie diese Türklingel auswechseln lassen. Was war denn jetzt schon wieder? Hatte Osa etwa etwas vergessen? Das letzte was sie jetzt brauchte waren weitere Vorwürfe. Noch immer war sie während der vorrangegangen Aktion sauer und traurig zugleich. Leise in sich hineinfluchend wickelte sie sich den Schal lose um den Hals um den noch nicht überschminkten Fleck zu verdecken. Statt aber das Hemd zu zu knöpfen zog sie es nur etwas enger zu und über die Schulter. Wenn es wirklich Osa war würde sie sie einfach wieder wegschicken. Das letzte was sie jetzt brauchte war noch mehr Streit. "Willst du nicht lieber zu deinem Training gehen als mir auf die nerven?", rief sie noch auf dem Weg zur Tür, riss sie mehr oder minder auf nur um kurz darauf mit leicht entsetztem Gesichtsausdruck in der Tür zu stehen. Saeko, nicht gerade das, was man einen strahlenden Sonnenschein nannte so wie sie aussah, stand an den Türrahmen gelehnt da. Ihre Haare waren ungemacht, ihren offensichtlich schweren Augen nach zu urteilen hatte sie kein Stück geschlafen und obendrein sah sie aus als hätte sie einmal willkürlich in den Schrank gegriffen und einfach alles angezogen was sie in der Hand gehalten hatte. Über den Arm hing das Shirt, was sie am Vorabend hatte mitgehen lassen um Osa ab zu wimmeln. "Dir auch guten Morgen", murmelte Saeko in den nicht vorhandenen Bart. "Ich wollte dir dein Hemd wieder bringen bevor ich mich auf den Weg ins Theater mache." Sie hielt ihr das Shirt entgegen, welches Asako mit verwirrtem Blick entgegen nahm. Saeko sties sich vom Rahmen ab, setzte zum gehen an. Unschlüssig trat die jüngere auf der Stelle, blickte zuerst aufs Hemd und seufzte schlieslich. Sie trat einen Schritt auf den Gang. "Saeko warte. Willst du nicht wenigstens noch eine Tasse Kaffee trinken? Die anderen werden nur böse wenn du komplett müde dort antanzt." Schon zwei Türen weiter blieb Saeko auf der Stelle stehen. Zuerst hatte sie überlegt so zu tun als hätte sie Asako nicht gehört, drehte sich dann aber doch nochmal um und sah in Asakos lächelndes Gesicht. Sie... lächelte? Also war sie nicht böse? Sie hatte die Jüngere in der Wohnung fluchen gehört, auch wenn sie nicht so ganz verstanden hatte was, aber es klang definitiv sauer. "Gern", meinte sie, noch immer recht gedämpft. Sie fühlte sich ganz und gar nicht wohl, hatte Kopfschmerzen und ihre Glieder waren schwer. eigentlich keine gute Ausgangssituation für eine gute Premiere, aber sie würde sich zusammenreisen sobald die Türen des Theaters hinter ihr zuschlugen. Es war fast wie ein Schalter, den man umlegte wenn man dieses Gebäude betrat. Ab diesem Moment war man nur noch funktional, machte eine Show, lächelte, tanzte und sang als wäre das das Leben. Was drumrum passierte, wie die Personen sich fühlten, die da im Rampenlicht standen, das interessierte das Publikum nicht. Saeko machte auf dem Absatz kehrt, ging zurück zu Asako und trat ein nachdem diese ein Stück auf die Seite gegangen war. "Geht es dir gut? Du wirkst fertig." "Ich bin... ich hab heute nicht wirklich gut geschlafen", sagte sie im noch etwas gedrücktem Ton bevor sie sich ihrer Stiefel entledigte, diese sorgfältig auf die Seite stellte und in die Wohnung eintrat. Auf dem Tisch standen zwei Tassen, aber Osa war nirgendwo zu sehen oder zu hören. "Ist Haruno schon weg?" "Ja. Sie ist vor ein paar Minuten gegangen." Sonderlich glücklich klang die andere nicht. Ob etwas vorgefallen war? Zumindest etwas anderes als das, was sie die ganze Nacht schon nicht hatte schlafen lassen. Saeko machte sich furchtbare Vorwürfe einfach so über Asako hergefallen zu sein, dabei hatte sie es langsam angehen wollen. Manchmal hasste sie ihr Temperament und dass ihr Kopf sich in solchen Situationen einfach abstellte. Sonst war sie doch sonst nicht so unbeherrscht. Statt sich allerdings zu setzen drehte sie sich zu Asako um, hob die Arme etwas vor dem Körper als wollte sie sich erklären. Dabei merkte sie wie sich jeder Muskel in ihrem Körper anspannte, nervös was jetzt passieren würde. "Hör mal Asako... Das mit gestern..." "Willst du Milch oder Zucker?" "Nein. Jetzt hör doch mal..." "Ich hoffe es macht dir nichts aus wenn es hier noch etwas stickig ist. Osa hatte gebratene Nudeln mitgebracht und jetzt riecht die Wohnung danach." Saeko schwieg darauf. Sie hatte den Hinweis verstanden. Sie wollte nicht darüber reden und wahrscheinlich am liebsten so tun als wäre derartiges nie vorgefallen. Dann hatte sie sich wohl die ganze Nacht umsonst den Kopf zerbrochen. Das konnte aber nicht einfach sein. Sie konnte nicht einfach vergessen wie sehr die andere sie um den Verstand gebracht hatte. Langsamen Schrittes ging sie zu der anderen, die gerade noch den Kaffee in eine Tasse goss und die nun leere Kanne zurück in die Kaffeemaschiene stellte. Obwohl der Schal die bläuliche Stelle ein wenig verdeckte sah sie die Überreste von der vergangenen Nacht. Mit zwei Fingern und schneller als Asako hätte reagieren können, wahrscheinlich hatte sie nicht einmal gemekert, dass sie hinter sie getreten war, war der Schal von ihrem Hals und auf dem Boden, der mehr oder minder gut überschminkte Abdruck dadurch zu gut sichtbar. Asako erschrack, erwischte mit dem Ärmel die Tasse und schob sie schlagartig einige Zentimeter auf die Seite, wobei etwas von dem Kaffee aus der Tasse spritzte und sowohl auf dem Tisch als auch auf dem Boden landete. Wenigstens konnte sie ihr so direkt in die Augen sehen, auch wenn es nur für ein paar Momente waren ehe ihr Blick wieder von dem Fleck eingefangen wurde. Kaum dass der Blickkontakt unterbrochen wurde legte Asako ihre Hand über den Fleck um diesen zu verdecken. Eigentlich hatte sie gehofft dem aus dem Weg gehen zu können, aber egal wie sie es angestellt hätte, früher oder später hätte sie sich dem Stellen müssen. Der Grund, wieso sie Saeko zurückgerufen hatte, war ihr noch immer schleierhaft. Vielleicht nur aus Mitleid, weil die Ältere doch recht mitgenommen aussah oder auch eventuell nur, damit sie wusste, wo sie bei ihr stand. Inzwischen bereute sie es. Am liebsten hätte sie Saeko wohl aus der Wohnung geworfen, die Tasse mit dem noch immer heißem Kaffee hinterher. Stattdessen stand sie an die Küchenzeile gedrückt wie ein Reh im Scheinwerfer vor ihr und war unfähig sich weiter zu bewegen während ihr Herz bis hoch zum Hals schlug und sie fühlte wie ihre Hand zitterte. Es wurde nur schlimmer als Saeko die Hand hob, ihre eigene vorsichtig beiseite schob und sich den Fleck genauer ansah. Wieso sie die Hand tatsächlich wegnahm wusste sie selbst nicht, aber dieses Kribbeln war schon wieder in ihren Fingerspitzen. Saekos schlanke und doch so kräftige Finger schoben ihr noch immer geöffnetes Oberteil auf die Seite nur um ein weiteres Mal frei zu legen. Inzwischen konnte Asako dem Blick der anderen auch nicht mehr standhalten, starrte unentwegt auf ihre Füße und hoffte, dass Saeko bald das gesehen hatte was sie wollte. "Bist du böse auf mich?", fragte Saeko mit ihrer leicht rauchigen Stimme, in der sich ein wenig Trauer wiederspiegelte. Ein paar Sekunden wusste sie darauf keine Antwort. "Nein..." "Wieso kannst du mir dann nicht in die Augen sehen?" Nur scheu hob Asako den Kopf, aber so wirklich in die Augen sehen konnte sie der anderen nicht. "Saeko... ich will nicht mehr darüber reden ja?" Mit den Fingerspitzen zog sie ihr Hemd wieder etwas zu. "Ich hab dich gern und... nunja... das ganze ging mir einfach zu schnell." Leise seufzte die Ältere und lies die Hand sinken, seufzte leise. So etwas hatte sie schon erwartet. "Wenn es dir dann besser geht. Aber Asako? Darf ich dich um etwas bitten?" Ein schüchternes Nicken. "Lass das nichts beeinflussen. Ich will nicht, dass du Angst vor mir hast oder mir aus dem Weg gehst." "Das tue ich doch gar nicht." "Du scheust." "Du hast versucht mich flach zu legen. Was hätte ich denn deiner Meinung nach tun sollen?" "Es hat nicht danach ausgesehen als ob es dir nicht gefallen würde." "Das hab ich auch nie gesagt!" Asako war tatsächlich etwas lauter geworden, zog ihr Oberteil weiter zu und krallte sich inzwischen regelrecht hinein sodass der Kragen des Hemds nach oben klappte. "Aber..." Ein schrilles Piepen hinter ihr unterbrach die weitere Unterhaltung. Saeko sprang geradezu auf der Stelle und sah über die Schulter zum Verursacher des Krachs: dem gelben Wecker, den sie schon vorher entdeckt hatte. "Was zum..." "Ich hab ihn mir gestellt damit ich weis wann ich gehen muss. Wir sollten los. Sonst sind wir zu spät." Saeko ging zum noch immer rappelnden Wecker, nahm diesen in die Hand und warf einen argwöhnischen Blick auf eben diesen. Irgendwie erinnerte sie der Wecker an Osa. Kurzerhand drehte sie den Wecker um und betrachtete ihn einige Sekunden bevor sie den kleinen Knopf entdeckte, diesen etwas reindrückte und drehte. Das Piepen verstummte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)