Ich hab dich gefunden mein Glück von jennalynn (Nie wieder lasse ich dich gehen) ================================================================================ Kapitel 24: Taubheit -------------------- So Leute da bin ich wieder. Einige Wochen sind nun nach dem Krankenhaus Aufenthalt von Bella vergangen. Was sie in dieser Zeit gemacht hat erfahrt ihr jetzt. Speedy hat wieder wunderbare Arbeit geleistet. Viel Spaß!!! *********** Bella POV Weihnachten zog an mir vorbei. Neujahr zog an mir vorbei. Der Unibeginn zog an mir vorbei. Dads Geburtstag zog an mir vorbei. MEIN LEBEN zieht an mir vorbei und es liegt nur in meiner Macht dem ein Ende zu setzen. Eine Macht die ich besitze, aber dennoch nicht benutze. Warum auch? Es geht mir gut. Keine lästigen Gedanken. Gut, hin und wieder, nein eigentlich dauernd. IMMER! Gedanken die schrecklich sind und Erinnerungen die mich Tag und Nacht begleiten und doch können sie mir nichts anhaben. Denn diese Starre in der ich mich nun schon Wochen befinde, hält sie davon ab mir den Verstand zu rauben. Sie schmerzen unerträglich und machen mich kaputt, aber dennoch ermöglicht mir diese Starre so gut es geht damit zu leben. Sie lässt mich nicht hysterisch schreien, lässt mich nicht weinend zusammenbrechen. Sie lässt mich nicht zittern, wenn einer meiner Freunde oder Eltern mich berührt. Sie hilft mir es auszuhalten, ohne dabei vor den Augen meiner liebsten in den Abgrund zu springen. Damit sich mein inneres schon längst im Abgrund befindet, kann niemand sehen. Und sie half mir bei der Abschlussuntersuchung im Krankenhaus, bei der ich ausgeliefert vor dem Gynäkologen saß. Ich tu das nicht für mich. Vielleicht ein bisschen, aber am meisten tu ich es für meine Familie. Sie sollen nicht mit ansehen, wie kaputt ich wirklich bin. Sie sehen mich jetzt LEBLOS. Doch bin ich mir sicher, dass sie diesen Zustand besser verkraften, als eine völlig aufgelöste, panische, weinende Frau, die bei der kleinsten Berührung Schweißausbrüche und hysterische Anfälle bekommt. Diese Taubheit bewahrt mich vielleicht nicht vor meinen Gedanken, aber sie bewahrt mich vor allem anderen. Vor Blicken, vor Fragen, vor Berührungen, vor Tränen, vor Sorgen, vor Ängsten und vor Verzweiflung alles Dinge, die nicht von mir ausgehen. Die Leute in meiner Umgebung, grob gesagt meine Familie und Freunde, leiden sehr unter MIR. Ich spüre es, kann es aber nicht ändern. Oder besser, ich will es nicht ändern. Denn ich weiß, sobald ich dieses schützende Schild das mich umgibt einreiße, dann reißt auch alles andere ein. Dann kommt all das, was ich wochenlang zurückgehalten habe raus und das will ich mir und schon gar nicht Personen die mich lieben antun. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie ich dann zu leiden habe. An meinem eigenen Schmerz und den der anderen. Den von Edward! Ja Edward, er ist so wunderbar. Ich weiß noch immer nicht, womit ich ihn verdient habe. Jeden Tag spüre ich seine Präsenz und jeden Tag spüre ich seine Liebe und jeden Tag hilf mir seine Anwesenheit durch den Tag zu kommen. Auch wenn er es nicht spürt, ich bin froh, dass er bei mir ist. Gern würde ich es ihm zeigen, doch dann müsste ich mich aus dieser Taubheit begeben und was dann kommt, daran möchte ich nicht einmal denken. Mein Tagesablauf sieht wie folgt aus. Am Morgen werde ich schweißgebadet und weinend wach. Da mich SEIN Gesicht auch im Schlaf heimsucht. Der Morgen kurz nach dem Alptraum ist eine Zeit ohne Schutz. Das heißt ich weine, ich wimmere, ich zittere bis ich es überwunden habe und erleichtert in die Taubheit flüchten kann. Mit den Tagen habe ich gelernt, die morgendliche Attacke so leise wie möglich über mich ergehen zu lassen. Denn seit ich aus dem Krankenhaus raus bin, verbringe ich keinen Tag mehr allein. Jemand ist immer in der Villa. Meistens meine Mutter, denn sie ging seit diesem Vorfall nicht mehr arbeiten. Und Edward, aber der kommt erst später. Sobald die Taubheit mich aufgenommen hat, gehe ich leblos ins Bad, ohne darauf zu achten wo ich hintrete und wer mich sehen könnte. Es ist mir einfach egal. Ein Toilettengang und eine Dusche später, gehe ich wieder zurück. Ziehe mir irgendetwas Bequemes an, obwohl ich nicht einmal spüre ob es bequem ist. Und dann mache ich mein Bett, setze mich darauf und so verbringe ich meinen Tag. Auf meiner linken Bettseite, die Knie an den Körper gezogen, die Beine mit den Armen umschlungen und den Blick starr an die Wand gerichtet. Wenn mir jemand etwas zum Essen und zum Trinken bringt, dann esse und trinke ich. Wenn ich aufs Klo muss, dann gehe ich. Aber am Ende sitze ich doch wieder auf meinem Bett und gebe mich meinen Gedanken hin. Und doch bin ich nicht allein. Edward kommt jeden Tag um 10 Uhr und geht um 20 Uhr. Ich freue mich immer wenn er kommt, doch zeigen tue ich es nicht. Warum er auch in der Woche immer da ist? Tja so viel ich mitbekommen habe, hat er sein Studium unterbrochen. FÜR MICH! Ich wollte ihm sagen wie blöd er doch ist, dass er seine Zeit nicht mit MIR einem Wrack vergeuden soll. Dass er an seine Zukunft denken und verdammt noch mal zur Uni gehen soll. Aber ich konnte nicht reden. Seit Seths Besuch im Krankenhaus hatte ich nicht ein Wort mehr gesagt. Ich spürte wie verletzt er durch diese Tatsache ist, aber dennoch ist er bei mir. Und obwohl er es nicht bräuchte und an sich denken soll, bin ich unglaublich froh darüber, dass er da ist. Dass er für mich alles aufgibt. Es zeigt mir wie viel ich ihm bedeute und wie sehr er mich liebt. Es ist ein schönes Gefühl, zu wissen dass man geliebt wird, es hilft mir sehr in dieser schwierigen Zeit die nie enden will. Auch kommen alle anderen täglich vorbei. Meine Mutter ist immer da. Mein Vater kommt immer früh von der Arbeit. Meine Freunde kommen nach der Uni und bleiben zwei Stunden. Wenn ich sagen würde, ich freue mich über ihre Anwesenheit, würde ich lügen. Es ist toll zu wissen, dass sie für mich da sein wollen, aber sie verängstigen mich, obwohl ich es nicht zeige. Sie kommen in mein Zimmer. Begrüßen Edward und dann…dann MICH. Jeder umarmt mich einmal und bei jeder Umarmung würde ich am liebsten panisch zurückweichen. Ihre Berührungen lösen das in mir aus, was ich einfach vergessen möchte. Nämlich SEINE Berührungen. Und doch lass ich es über mich ergehen und reagiere nicht, obwohl mein inneres damit zu kämpfen hat und mich am liebsten zum weg laufen drängen möchte. Doch ich halte still. Sobald dieses geschehen ist, fangen sie an zu reden. Über alles… das Wetter, die Uni, das LEBEN. Ich höre es, reagiere aber nicht darauf und versuche die Tränen die ihre Stimmen in mir hervorrufen zu blockieren. Tag für Tag werde ich besser darin. Wenn sie dann endlich gehen, kann ich nur schwer einen erleichterten Seufzer vermeiden. Doch auch das gelingt mir. Meine Mutter ist noch ein ganzes Stück schärfer. Wenn sie zu mir kommt, dann umarmt sie mich nicht nur, nein dann hält sie mich solange im Arm bis sie wieder geht. Was manchmal endlose Minuten dauern kann. Ich halte Still. Und doch kann ich nicht verhindern, dass meine Hände sich in meine Hose krallen und verkrampfen. Die einzige Regung, die ich trotz Starre zustande bringe. Doch nur bei meiner Mutter und diese spürt davon nichts. Nein, sie spürt es nicht aber Edward. Ja ich bin mir sicher, dass Edward es spürt. Denn ich spüre wie er sich verkrampft, wenn wieder jemand ins Zimmer kommt und ich spüre wie er mit sich kämpft sie nicht wieder alle raus zu schmeißen. Ich spüre wie sein Blick auf meinen Händen liegt, wenn meine Mutter mal wieder kuscheln will. Ja all das spüre ich und bin selbst erstaunt, dass ich es spüre. Denn außer Edward spüre ich nichts. Ich höre alles, aber versteh nicht was gesagt wird. Ich sehe alles, aber nehme es doch nicht wahr. Nur wenn mich jemand berührt, dann bin ich klar bei Verstand und das ist kein schönes Gefühl, es ist erschreckend, denn ich möchte einfach nicht berührt werden. Aber Edward, ja Edward den registriere ich. Ich spüre seine Anwesenheit, die Ruhe die er ausstrahlt. Ich spüre seine Körperhaltung. Verstehe seine Worte, auch wenn er am Tag nur 4 von sich gibt. Ich spüre seine Blicke auf mir, die er mir hin und wieder zuwirft. Ich spüre seine Anspannung, wenn jemand das Zimmer betritt und ich spüre seine Trauer, wenn er wieder gehen muss und mich allein zurücklassen muss. Alles was von Edward ausgestrahlt wird saugt mein Körper und mein Verstand unbewusst auf. Anders wie bei allen anderen, fühle ich mich in Edward Gegenwart wohl. Ich fühl mich beschützt und verstanden, denn er behandelt mich ganz anders. Er kommt mit einem leisen Klopfen in mein Zimmer und begrüßt mich mit einem `Hallo Bella ´ und verabschiedet sich immer mit einem `Bis Morgen ´. Vier Wörter und doch völlig ausreichend. Er ist nicht so wie die anderen, er erwartet keine Antwort. Was man von dem Rest nicht behaupten kann, denn sie starren mich nach ihrer Begrüßung noch eine Zeit lang an, in der Hoffnung ich würde mich regen. Edward nicht, er legt sofort seine Jacke ab und geht langsam auf meine andere Bettseite zu. Ohne zu zögern, wie Jasper und Rosalie es oft tun und ohne sich auf mich zu stürzen, wie es die Angewohnheit von Alice und meiner Mutter ist, setzt er sich zu mir aufs Bett. Darauf bedacht mich nicht zu berühren und genug Platz zwischen und zu lassen, setzt er sich genauso hin wie ich es tue. Die Knie an den Körper gezogen, die Arme um sie und den Blick auf die Wand gerichtet. Natürlich sieht er hin und wieder zu mir. Und natürlich sitz er nicht ganz so regungslos wie ich, würde er es machen, dann würde ich mir ernsthafte Sorgen um ihn machen. Er spricht nicht, er berührt mich nicht und was am schönsten ist, er starrt mich nicht erwartungsvoll an. Er ist einfach nur da. Zeigt mir, dass ich ihm wichtig bin und ich mich auf ihn verlassen kann. Er gibt mir das Gefühl nicht alleine zu sein. Er gibt mir Zeit! Soviel wie ich brauche und ich weiß er würde nie die Geduld verlieren. So wie alle anderen. ER passt sich MIR an. Das Versprechen, das er mir damals im Krankenhaus gab, hatte er noch nicht gebrochen. Und so wie ich ihn einschätze, wird er es auch nicht tun. Er wartet, dass ich den ersten Schritt mache. Und so gern ich auch wollte, so sehr habe ich auch Angst. Ich konnte Edward vertrauen, daran hatte ich keinen Zweifel. Und ich würde, wenn dann nur seine Hilfe annehmen. Denn diese ganze Geschichte hatte nicht nur Auswirkungen auf mich, sondern auch auf ihn. Natürlich auch auf alle anderen, doch sie belastet es nur in der Hinsicht, dass ich ihnen leid tue und dass sie mich wieder glücklich sehen wollen. Edward hatte viel mehr verloren. Nicht seine Seele wie ich, aber seinen Grund zum Leben. Der ohne jeden Zweifel ICH bin. Also wenn, dann hatte er genauso viel zu verarbeiten wie ich. Nicht in den gleichen Punkten, denn uns belasteten unterschiedliche Gründe, aber doch genauso viel. Am schlimmsten nagen die Schuldgefühle an ihm und wie gerne würde ich sie ihm nehmen. Ich hatte mir schon oft vorgestellt seine Hilfe, die er mir damals anbot und die ohne jeden Zweifel noch immer bestand, anzunehmen. Doch die gewaltige Panik in mir verhindert es. Zu groß ist die Angst vor dem was dann kommt. Würde ich es zulassen und meine Mauer für Edward einreißen, dann wüsste ich, dass ich sie nicht wieder aufbauen konnte. Denn er würde es ein weiteres Mal nicht zulassen. Er würde mich nicht bedrängen, aber er würde mir ins Gewissen reden. Womöglich auch Bitten es weiter zu versuchen, bis all der Schmerz verarbeitet ist. Und wie könnte ich ihm eine Bitte abschlagen? Wo er mir doch wichtiger als mein eigenes Leben ist. Ich habe das Verlangen mich ihm anzuvertrauen und doch die Angst ihn, mit dem was ich ihm erzählen würde, abzuschrecken. Ich habe das Verlangen ihm meine Geschichte zu erzählen und doch die Angst sie selbst nicht standhalten zu können. Ich habe das Verlangen zu weinen, meinen Geist rein zu waschen und doch die Angst ihm bei meinem Anblick mehr Leid zuzufügen. Ich habe das Verlangen mich von ihm tröstend in den Arm nehmen zulassen und doch die Angst seine Berührungen nicht aushalten zu können. Ich habe das Verlangen nach seinem Körper, seinem Geruch, seiner Wärme und doch die Angst dabei nicht sein Gesicht vor mir zu sehen. Würde ich ihm gewähren mir zu helfen, müsste ich ihm meine Geschichte erzählen, müsste ich meine Gefühle offenbaren und meine Gedanken mit ihm teilen. Und irgendwann müsste ich seine Berührungen ertragen, um sie eines Tages wieder zulassen und genießen zu können. All das hört sich leicht an. In Wahrheit ist es beängstigend, schrecklich und anstrengend. Meine Nerven werden blank liegen. Meine Anfälle werden sich häufen. Meine Gedanken werden sich überschlagen und mein Körper wird rebellieren. Bin ich bereit das durchzuhalten? Jetzt noch nicht. Ich spüre, dass sich etwas ändern wird, dass ich mich ändern werde. Ich weiß, dass es so nicht mehr weiter geht. Ich muss wieder anfangen zu Leben. Irgendwie, auch wenn es schrecklich sein wird. Doch wenn Edward an meiner Seite ist dann vielleicht, ganz vielleicht ist es nicht so schrecklich wie ich denke. Ich spüre jedenfalls, dass noch etwas kommt. Ich brauche nur noch einen Anstoß. Etwas was mir hilft diese Mauer zu lösen. Edward POV Oh verdammt, drei Stunden Schlaf. Seit zwei Tagen geht das nun schon so. Heute drei, gestern vier und vorgestern nur zwei Stunden. Kann ein gesunder Mensch das auf einem längeren Zeitpunkt aushalten? Vielleicht sollte ich mal Dad fragen? Nein, der würde mir eine Spritze in den Arm rammen und mich damit in einen 20-stündigen Dauerschlaf schicken. Was nicht geht, denn ich kann Bella keinen Tag alleine lassen. Müde stand ich auf und wackelte ins Bad. Eine kalte Dusche und ein starker Kaffee, das muss reichen um mich wach zu bekommen. Die Nacht noch, vielleicht noch die nächste, dann müsste ich es geschafft haben. Das wird schon noch gehen. Seit zwei Tagen sitze ich die halbe Nacht am Klavier und nehme meine Stücke auf. Damit hatte ich die ganze Hale Wohnung leer gefegt. Sie sind vorrübergehend alle in unserer Villa geflüchtet. Sie meinten ich raube ihnen den Schlaf. TZZ! Meine Mutter freut sich endlich mal wieder Trubel im Haus zu haben. Seit dem wir hier wohnen verbringen wir zu Hause kaum noch Zeit. Nun hatte sie wieder 4 Kinder um sich rum, die sie von vorn bis hinten verwöhnen konnte. Aber wie gesagt wahrscheinlich noch zwei Nächte, dann dürfte ich fertig sein. Mittlerweile hatte ich 17 Stücke auf meinem Stick. Davon 5 Eigenkomponierte. Ob Bella sie erkennen wird? Es kommen noch 3 Eigenkomponierte. Zwei davon kennt Bella definitiv nicht. Denn ich habe sie nach diesem ganzen Scheiß geschrieben. Aber ich bin mir sicher sie wird wissen, dass sie von mir sind. Hoffentlich würde ihr das helfen. Bei meinem Klavierspiel ist sie bis jetzt immer eingeknickt und hat ihren Gefühlen freien Lauf gelassen. Es muss einfach funktionieren, so geht das einfach nicht mehr weiter. Sie ist nur noch eine leblose Hülle. Es ist kaum zu ertragen ihr dabei zuzusehen, wie sie sich Tag für Tag mehr von der Wirklichkeit zurückzieht. Ein Schubs, ein kleiner Wink in die richtige Richtung würde mir reichen. Sie muss es nur einmal zulassen und ich wäre da. Da um sie davor zu bewahren wieder in diese komische Leblosigkeit zurückzugleiten. Denn das macht nicht nur sie selbst, sondern auch mich kaputt. Seit über zwei Monaten ist es nun so. Seit dem sie mich an jenem Abend im Krankenhaus nach Hause geschickt hatte. Seit dem lässt sie nichts und niemanden an sich heran. Ihre sichtbaren Verletzungen waren schnell verheilt, doch die seelischen scheinen erst jetzt richtig hervor zu treten. Sie ist verschlossen. Sagt kein Wort und reagiert auf rein gar nichts. Obwohl das nicht ganz richtig ist, sie reagiert auf Kleinigkeiten. Doch niemandem, außer mir, scheint das aufzufallen. Und doch lassen diese Kleinigkeiten nicht auf Besserung hoffen. Dieser eine Tag im Krankenhaus hat alles kaputt gemacht. Ich hatte alle davor gewarnt, hatte ihnen gesagt, dass es nicht klug ist sie so unter Druck zu setzen. Die Ärzte, der Psychologe, der ganze Besuch, am Ende noch die Befragung. Es musste ja so kommen. Es war von vornerein klar, das es zu viel für sie war. Und nun, nun sitz sie da, Tag ein Tag aus auf ihrem Bett und starrt die Wand an. Und ich, ich sitze neben ihr, jeden Gott verdammten Tag und gebe ihr das Gefühl nicht alleine zu sein. Ich kann nicht einmal sagen, dass ich mich während dieser Stunden langweile. Nein das tue ich überhaupt nicht, denn allein ihre Nähe ist alles was ich zum Leben brauche. Und doch zu wenig um es auch genießen zu können. Denn ich will nicht nur in ihrer Nähe sein. Ich will sie richtig spüren. Sie anfassen, küssen und streicheln. Sie in den Arm nehmen und sie nie wieder los lassen. Doch bevor sie diese Barriere, die sie zurück in die Gegenwart befördert, nicht überwindet wird das nie passieren. So viel hat sie verpasst und doch war sie da. Es ist komisch, aber ihre Anwesenheit ist trotz ihrer geistigen Abwesenheit spürbar. Als wäre sie doch nicht so weit weg wie es scheint. Natürlich ist mir bewusst weswegen sie in diese Leere verfallen ist. Es schützt sie wahrscheinlich vor sich selbst oder der Außenwelt. Ich denke eher vor der Außenwelt, denn für einen geistigen Schutz ist sie manchmal zu panisch. Wahrscheinlich bemerkt sie es selbst nicht einmal, aber ich spüre es. Wenn sich gelegentlich ihr Atem beschleunigt, wenn sie unbewusst die Lippen aufeinander presst, als wolle sie einen Schrei ersticken. Wenn ihre Hände sich in den Stoff ihrer Hose vergraben, wenn ihr Körper minimal zusammenzuckt. All das passiert nicht oft, aber doch einige Male am Tag. Alles Zeichen für mich, das sie geistig noch da ist. Dass sie nur alles ausblendet, um sich ohne Hilfe und ohne Trost ihren furchtbaren Gedanken zu stellen. Eine Tatsache die mich kaputt macht. Sie soll doch nicht alleine da durch. Ich bin doch da, ich begleite sie durch diesen Weg. Warum bloß nimmt sie meine Hilfe nicht an? Schreckt sie der Gedanke, dass ich mich vor ihr ekeln könnte so sehr ab, das sie mir nicht vertraut? Nein das glaub ich nicht. Ich weiß, dass sie mir vertraut. Ich bin die einzige Person bei der sie sich nicht anspannt, wenn sie den Raum betritt. Nicht wie bei allen anderen. Ich sehe jeden Tag ihren inneren Kampf. Sehe wie sie versucht alles abzuschalten und doch funktioniert es nicht ganz. Wenn sie in den Arm genommen wird, kann ich den panischen Ausdruck in ihren Augen sehen und doch kann ich es nicht verhindern. Was soll ich auch machen? Allen verbietet Bella zu nahe zu kommen. Ich kann nicht über Bellas Kopf hinweg entscheiden. Auch wenn ich weiß, dass meine Entscheidungen die richtigen wären. Aber ich kann Renee nicht verbieten ihre Tochter in den Arm zu nehmen, auch wenn sie es von allen am meisten übertreibt. Wenn ich sehe wie Bella sich krampfhaft an ihre Hose klammert, um das auszuhalten was die Umarmung in ihr auslöst, dann würde ich Renee am liebsten aus dem Zimmer werfen. Doch ich kann nicht, ich habe kein Recht dazu. Ich trau mich noch nicht einmal etwas zu sagen. Ich möchte niemanden zu nahe treten. Auch sie alle sind mit den Nerven am Ende. Und verlieren allmählich die Geduld, ich kann es ihnen nicht verübeln und doch schaden sie Bella durch ihr aufdringliches Verhalten. Bei mir ist das anders, es kommt mir nicht nur so vor, es ist so da bin ich mir sicher. Sobald jemand in den Raum kommt, auch wenn er sie nicht vollquatscht und sie auch nicht berührt. Wenn er einfach nur dasitzt und genauso ausdruckslos wie sie selbst durch die Gegend starrt, selbst dann ist eine gewisse Anspannung die von ihr ausgeht zu spüren. Wenn dieser jemand das Zimmer dann wieder verlässt, kann man förmlich zusehen wie ihr Körper sich entspannt, obwohl ich noch immer wenige Zentimeter neben ihr sitze. Meine Anwesenheit scheint ihr gut zu tun. Was mich auf der einen Seite erleichtert, doch auf der anderen Seite verzweifeln lässt, da es doch nichts bringt. Ich kann nicht darüber hinwegsehen, dass irgendein Idiot gegen ihren Willen ihren Körper berührt hat. Sie hat Schmerzen und nichts und niemand kann ihr diese Schmerzen jemals wieder nehmen. Wie sollte ich ihr da näher kommen? Wenn sie es nur zulassen würde. Wenn sie sich mir oder meinet wegen auch jemand anderem anvertrauen würde. Alles wäre besser als diese Leblosigkeit, die sie an den Tag legt. Es macht mich so fertig. Das schlimmste an alle dem ist, das ich ihr nicht helfen kann. Ich kann es nur, wenn sie es auch zulässt. Ich hoffe so sehr das die Musik, MEINE Musik etwas in ihr hervorbringt. Was ist mir vollkommen egal. Hauptsache etwas, jede Reaktion von ihr wäre besser als dieses NICHTS was sie ausstrahlt. Es ging nun schon Wochen so, Wochen in denen so viel passiert ist. Von Weihnachten und Neujahr will ich gar nicht sprechen. Noch nie hab ich ein Weihnachtsfest mehr verabscheut wie dieses. Den Tag und den Abend verbrachte ich bei ihr, in der gewohnten Position und der gewohnten bedrückten Stimmung. Ihre Geschenke stehen noch immer unberührt in einer Ecke ihres Zimmers. Silvester war genauso trostlos. Ich konnte das Neujahr nicht mit ihr feiern, da ich um 20 Uhr wieder los musste. Dabei wollte ich so gern auch die Nächte bei ihr verbringen. Aber würde sie das wollen? Ich möchte kein Risiko eingehen. Zwei Tage nachdem sie das Krankenhaus verlassen hatte, gingen wir 5 zur Polizei. Unterzeichneten unsere Aussagen und beantworteten noch einige Fragen. Auch den Brief nahmen wir mit, er wurde kopiert. Wenigstens hielten sie ihr Wort und belästigten Bella nicht weiter. Wie gern hätte ich gewusst was sie ausgesagt hat. Wie gern würde ich Wissen was genau sie alles belastet. Aber ich bin unwissend und nur Bella selbst kann mir die Auskünfte geben die ich und vor allem meine Seele so dringend brauchen. Ich muss einfach wissen was ihr alles passiert ist, um ihr besser helfen zu können. Letzte Woche hatte dieser Mistkerl seine Verhandlung, wie gern wäre ich dabei gewesen. Hätte ihn so gern in sein widerliches Gesicht gesehen. Aber nein, niemand war dabei. Außerdem hätte ich Bella nie allein gelassen. 8 Jahre und 4 Monate hat er bekommen, wegen Vergewaltigung, Freiheitsberaubung, Körperverletzung, Erpressung, Drohung und Waffenbesitz. Einige dieser Punkte waren selbst mir neu. Was hatte das mit den Waffen auf sich? Es macht mich so fertig. Das ich auf all meine Fragen keine Antwort bekomme. Nur Bella kann darauf antworten. Werde ich eines Tages Antworten bekommen? Ich werde die Hoffnung nicht aufgeben. Und ich werde die Hoffnung sie zu rächen auch nicht aufgeben. Ich werde nicht vergessen was ER getan hat. Auch nicht nach über 8 Jahren. Ich hoffe sehr, dass wir uns eines Tages wieder sehen und dann wird er mich kennen lernen. Niemand tut meinem Mädchen so einen Schaden an. Niemand tut einer Frau so etwas an. 8 Jahre! Das ich nicht lache. Man hätte ihn kastrieren müssen, mit einer rostigen Rasierklinge hätte man ihn bearbeiten müssen. Ich fuhr mir seufzend durch die Haare und begab mich in die Küche. Ein kleines Frühstück, Mittag wird Renee mir und Bella wieder aufs Zimmer bringen. Es war kurz nach 7 Uhr. Um 10 werde ich wieder bei Bella sein. Ein Lächeln und ein stöhnen entfuhr mir fast gleichzeitig. Auch heute wird sich nichts ändern. Normalerweise sollte ich mich gerade für die Uni fertig machen. UNI! Als könnte ich zur Uni gehen, während Bella an ihren Qualen zu Grunde geht. Mein Studium habe ich erst einmal aufs Eis gelegt, ein Semester wollte ich aussetzen, wenn bis dahin keine Besserung bei Bella eintritt, wird es wohl noch eins. Meine Zukunft war mir vollkommen egal. Ohne Bella hatte ich keine Zukunft. Meine Eltern waren nicht begeistert, verstanden mich aber. Mein Vater meinte, es wäre gut für Bella, wenn jemand bei ihr wäre dem sie vertraut. Und ich weiß, dass sie es tut, ich kann spüren dass es so ist. Wie sehr würde ich mir wünschen in fünf Monaten zusammen mit Bella zur Uni zugehen. Fünf Monate was für ein Wunschdenken, wenn sie seit zwei Monaten nicht einmal spricht. Doch wenn, wenn sie es endlich täte, dann wären die fünf Monate realistisch. Sie muss es sich erst einmal alles von der Seele reden. Muss ihre Gedanken und ihre Gefühle aussprechen. Ich bin mir sicher es würde ihr dann besser gehen. Wie gern würde ich sie einfach an den Schultern packen und wach schütteln. Ich ließ mein Brötchen fallen, es hatte ja eh keinen Sinn sich über so etwas Gedanken zu machen. Angewidert schob ich meinen Teller beiseite und stand auf. Ich schnappte mir meinen Schlüssel und meine Jacke und fuhr ins Stadtzentrum. Ich brauchte noch leere CDs um meine Musikstücke drauf brennen zu können. Ich hoffe so sehr, dass Bella die Musik gefallen wird. Als ich alles hatte machte ich mich auf zu der Swan Villa. Mittlerweile hatte selbst ich einen Hausschlüssel. Renee stand in der Küche am Fenster und sah in ihren Garten. Sie war so in Gedanken versunken, dass sie mich nicht einmal bemerkte. Die Rühreier in der Pfanne waren kurz davor Feuer zu fangen. Schnell lief ich die letzten Schritte zum Herd und nahm die Pfanne runter. Erschrocken drehte sie sich um. „Gott Edward, erschreck mich nicht so“, sie schüttelte den Kopf und ich lächelte schwach. „Oh Mist die Eier“, sie nahm mir die Pfanne ab und kippte alles in den Müll. Gleich danach haute sie neue in die Pfanne. „Möchtest du auch etwas?“ „Nein danke“, ich goss mir einen Kaffee ein und setzte mich an die Theke. „Du bist früh heute.“ „Ja ich musste noch etwas erledigen. Ging schneller als ich dachte.“ Es war erst halb zehn. Ich sagte mir, dass es okay sei um zu ihr zu gehen und nahm Renee das Tablett für Bella ab. Leise ging ich die Treppen nach oben, klopfte wie immer leise und trat dann ein. „Hallo Bella“, meine übliche Begrüßung. Ohne eine Antwort, die eh nicht kommen würde abzuwarten ging ich zu ihr und stellte das Tablett neben ihr auf die Bettkante. Meine Jacke legte ich über den Stuhl und setzte mich wie jeden Tag neben sie. Es dauerte eine Weile bis sie zu essen begann, aber sie tat es wenigstens. Ich versuchte sie so wenig wie möglich zu beobachten, aber immer konnte ich meinen Blick nicht von ihr lassen. Sie sah so zerbrechlich aus, trotz dass sie regelmäßig aß, hatte sie abgenommen. Auch ihre Haut wirkte eingefallen. Nur ganz leicht, aber ich sah die Veränderung. Sie wirkte wie eine Maschine. Ich war mir sicher, dass sie nicht einmal schmeckt was sie da aß. Man brauchte ihr nur etwas hin stellen und sie aß. Ich glaube sie würde den ganzen Tag essen, wenn wir ihr immer was bringen würden. Sie nahm wahrscheinlich kein Hunger und kein Durst mehr war oder sie tat es, weil wir erwarteten dass sie isst. Ich weiß es nicht, aber dass sie es ohne Proteste tat beruhigte mich. Wie immer hatte sie ein Stoffhose und einen Pulli an. Seit diesem Vorfall hatte ich sie nicht mehr ohne Pulli gesehen. Abgesehen von dem Nachthemd im Krankenhaus. Aber es war, als wollte sie ihren Körper verstecken. Keine T-Shirts, keine Tops nur noch Pullis. Und so verging ein weiterer Tag. Renee holte irgendwann das Tablett ab, dabei streichelte sie Bella über die Schulter was Bellas Atem beschleunigte. Was aber mal wieder nur ich war nahm. Im Laufe des Tages ließen sich auch alle anderen Mal blicken. Die Stimmung wurde wieder angespannt. Renee brachte uns ausreichend zu essen und zu trinken und am Abend verließ ich mit einem: „Bis Morgen“, ihr Zimmer und fuhr zurück zu der Hale Wohnung. Wieder ein Tag ohne Fortschritte, so ging das nicht weiter. Ich setzte mich ans Klavier und begann zu spielen. Zeichnete natürlich alles auf. Beim Spielen konnte ich abschalten und so spielte ich wieder die halbe Nacht. FÜR SIE, MEINE BELLA! ************************* Hoffe es hat euch gefallen? Ich weiß es ist nichts Aufregendes passiert, aber so ein Kapitel muss es ja auch mal geben. Im nächsten wird’s wieder aufregender. Also belohnt meinen Fleiß mit vielen Reviews und lasst es euch gut gehen. *wink* LG jennalynn Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)