The Libertine von Coventina (Sex [Drugs] & Rococo) ================================================================================ Kapitel 2: Gute Nachbarschaft ----------------------------- Es war totenstill im Raum. Absolute Grabesstille. Niemand sagte ein Wort. Niemand lachte, niemand kommentierte diese offensichtliche Unverschämtheit, es wirkte gar als habe die Welt aufgehört zu atmen. Gareth war stehen geblieben, gegenüber von Lord McDomhnall und starrte ihn an. Zum Glück hatte er es geschafft den Mund zu schließen und sah nun verbissen in das Gesicht des Mannes, dessen erste Worte die er aus seinem Munde gehört hatte schon zu 100% ins Schwarze trafen. Das Gefühl das der arrogante Blick in ihm auslöste war Faszination und dafür hasste Gareth den Lord tatsächlich, auch wenn er ihn nach wie vor nicht kannte. Hinter ihm fiel eine Frau seufzend in Ohnmacht und ein einzelnes Klatschen erklang von der Tür her. Es war Ed der in der Tür stand, breit grinsend, die Kleidung gespickt mit Heu. „Lord Domhnall.. schön euch wiederzusehen.“ Gareth klappte die Kinnlade nach unten und jede Schimpftirade die den Männern im Raum auf der Zunge lag wurde hinuntergeschluckt. Wenn der Cousin des Königs und damit der 2. Thronfolger so positiv und freundlich auf diese Beleidigung reagierte, dann hatten sie alle kein Recht Thumay anzuklagen. Ed durchschritt den Raum während sich 2 Diener um die ohnmächtige Lady kümmerten und begrüßte Thumay herzlich mit einer Umarmung. Gareth schüttelte den Kopf und raffte sich dann zusammen um zu den beiden hinüber zu gehen, während sich der Raum langsam leerte. Man hatte genug gesehen vom Duke of Bedfordshire und es war spät geworden. Auf Gareth wartete jedoch niemand und immerhin war dieser schottische Bastard sein Nachbar.. also würde er bleiben und ein ernstes Wort mit ihm reden. Es kam anders. Als Gareth sich zu Ed und Thumay gesellte klopfte Ed ihm auf die Schulter. „Nichts für ungut Gareth, aber du hast ihm einfach die beste Steilvorlage gegeben die man sich nur wünschen kann.“ „Wie bitte?“ Gareth sah keineswegs so aus als würde er Eds Meinung teilen. „Nun Mylord, Ihr habt mich aufgefordert etwas zu sagen und das habe ich, oder?“ Thumays Englisch war formvollendet gut und man hörte nicht, dass er aus Schottland kam. Sicher hatte er die Aussprache in den letzten Tagen und Wochen perfektioniert. „Ihr seid Lord Carleon, nicht wahr? Man hat mir viel von euch erzählt.“ Thumay wandte sich Gareth ganz zu und mit einem Erschaudern musste Gareth feststellen, dass der Lord größer und breiter als er selbst wirkte. Gareth war nicht dünn und schmal, doch dieser Mann vor ihm sah aus, als habe er sein Leben lang harte Arbeit verrichtet. Thumay hatte Muskeln wie Ed und sie beide wirkten wie vom selben Schlag. Sicher verstanden sie sich deswegen so gut. Erst als er sich der Stille bewusst wurde merkte er, dass er noch immer keine Antwort gegeben hatte auf die wohl beide Männer warteten. „Nun, das bin ich. Lord Gareth of Carleon, ganz recht.“ Er räusperte sich und Thumays Grinsen wurde noch eine Spur breiter. „Er ist euer Nachbar Mylord. Wisst ihr Gareth, Lord Domhnall züchtet Renn und Arbeitspferde. Ich werdet sicher interessante Zuchtprogramme in die Wege leiten können.“ Bei dem Wort „Zucht“ wurde Gareth unwillkürlich an Thumays Einleitung eben erinnert und er war kurz davor entsetzt den Kopf zu schütteln ehe er sich besann. „Nun, gegen einen Austausch der Blutlinien wird sicher nichts einzuwenden sein. Lord Domhnall hat mich bisher auch noch nicht auf seinen Hof eingeladen, ich nehme an er wird das um der guten Nachbarschaft willen noch tun, oder?“ Seine Augenbraue rutschte in die Höhe und er musterte Thumay erneut, doch dessen Gesicht hatte sich wieder mehr verschlossen und wirkte so unnahbar wie zum Zeitpunkt ihrer ersten Begegnung. „Natürlich werde ich meine Nachbarn zu einer Führung einladen. Ich habe gehört ihr habt euch gut um meinen Onkel gekümmert. Das soll letztlich nicht unbelohnt bleiben.“ Gareth verschluckte sich beinahe. Was sollte das nun wieder? Er kam sich vor wie ein kleiner Junge, den man fürs Milchholen belohnen sollte. Die saftige Erwiderung die ihm auf der Zunge lag herunter zu schlucken fiel schwer, doch er schaffte es. „Nun, dann warte ich auf eure Einladung.. Ed.“ Er verbeugte sich vor Edward und Thumay, dann machte er auf dem Absatz kehrt und verließ schnellen Schrittes den Saal und den Palast. Jetzt hätte er gern ein Pferd gehabt um den Frust abzureagieren während er im Galopp hinaus aufs Land fegte, doch er war mit der Kutsche gekommen und so musste er auch die Kutsche nehmen um nach Hause zu kommen. Im Saal waren Thumay und Ed inwzischen allein und Lord Domhnalls eben noch so akkurate Haltung fiel in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Stöhnend sank er im Stuhl nach hinten und fegte seinen Hut quer durch den Raum. „Ed, sag mir warum verdammt nochmal ich hierher nach England gekommen bin und auch noch meinen muss, den Platz meines Onkels einzunehmen?“ Ed stieß ihn mit dem Stiefel an. „Weil du weggelaufen bist vor Schottland und deinem Herzblatt, dass sich anderweitig Vergnügung gesucht hat. Also dachtest du dir, komm ich doch mal nach England zu meinen guten Freunden im Königshaus und spiele ein wenig mit dem Thronfolger Ringelpiez mit Anfassen.“ Thumay grunzte. „Du bist einfach nur zu prüde um mitzumachen.“ Ed stieß ein trockenes Lachen aus. „Zu prüde? Ich würde es nur darauf anlegen dich unter mich zu bringen Mylord und das würde dir wohl kaum gefallen.“ Thumay grunzte erneut und versetzte Ed einen tritt in die Kniekehlen, der den Stallmeister straucheln ließ. „Also? Stattest du ihm heute keinen Besuch mehr ab?“ Thumay schüttelte den Kopf und raffte sich auf. „Nein. Er hat zu tun und ich sollte auch besser zu tun haben. Ich habe die Dienerschaft meines alten Herrn übernommen und einen neuen Stallburschen angeheuert. Sie arbeiten gut aber ich habe noch einiges zu erledigen bevor es so läuft wie ich es mir vorstelle. Außerdem muss ich meinen bezaubernden Herrn Nachbar noch einladen, richtig?“ Er hob seinen Hut auf, der weit in das Zimmer hinein geflogen war und setzte ihn wieder auf. „Also bis bald Ed. Und bring mir die beiden Hengste für meine Stuten. Ich glaube sie machen sich ganz gut in der Blutlinie.“ Ed nickte und Thumay verließ den Raum gemessenen Schrittes. Er hatte heute einen Erfolg nach dem nächsten verbuchen können und sich nach seinen Vorstellungen in diese Gesellschaft eingebracht. Denn seine Vorstellung sah vor, so wenig wie möglich mit den anderen zu tun zu haben. Gareth war ein Übel, dass er noch aus dem Weg räumen musste, doch dessen Courage hatte Thumay beeindruckt und vielleicht konnte man damit noch arbeiten. Er wollte Spaß haben und das ging sicher nicht immer mit Henry. Gareth hatte ihm gefallen und er würde den Lord einladen um zu sehen, was für ein Mensch er war. Mit sich und der Welt zufrieden ritt Thumay nach Hause, die Kutsche des Lords zeichnete sich vor ihm in der Ferne ab. Es wäre ein leichtes gewesen ihn einzuholen und direkt mit ihm zu sprechen, doch Thumay hatte beschlossen, sich Zeit zu lassen. Von den Vorbereitungen die Thumay traf um Gareth einzuladen und dieses Treffen unvergesslich zu machen, bekam der nichts mit. Gareth hatte in den nächsten Tagen einiges zu erledigen gehabt und so hatte er sich kaum weitere Gedanken zu Thumay und dessen Verhalten gemacht. Erst als eines Abends eine schriftliche Einladung von einem Boten bei ihm eintraf erinnerte sich Gareth daran, dass er ja noch eine Rechnung mit Lord Domhnall offen hatte. Die Einladung war, wie er feststellte, noch für den gleichen Abend. Es war noch nicht besonders spät, doch Gareth hatte sich schon umgekleidet. Ein weiterer Affront und eine Beleidigung, doch die Einladung auszuschlagen wäre genauso beleidigend gewesen und so zog sich Gareth ein weiteres Mal um, ließ sich ein Pferd satteln und ritt hinüber zu Lord Domhnall, machte gute Miene zu bösem Spiel. Es wirkte ja schon beinahe so als sei er ein Schoßhund den Thumay herbei pfeifen konnte.. und als ihn der Hausherr grinsend auf dem Hof erwartete, wusste Gareth dass Thumay auch genau das von ihm dachte. Seine Hand verkrampfte sich um die Zügel und das Pferd schlug unwillig den Kopf nach oben weil es die plötzliche harte Zügelführung nicht verstand. Gareth ließ langsam wieder lockerer und zügelte das Pferd schließlich neben dem Lord um abzusteigen. Am liebsten hätte er umgedreht und wäre wieder davongeritten, weg von diesem Blick und der arroganten Art, doch es half nicht. Er war hier und würde diesen Abend durchstehen, irgendwie. Immerhin bestand ein große Unterschied zwischen den großen Tönen die der Lord so spuckte und das in die Tat umzusetzen. Er drückte einem wartenden Mann die Zügel in die Hand, der daraufhin mit seinem Pferd in Richtung der Stallungen verschwand, dann zog Gareth seine Reithandschuhe aus um Thumay mit Handschlag zu begrüßen. Seine Hände fühlten sich rau und schwielig an, wie jemand der es gewohnt war im Stall zu arbeiten. Es war nicht so, dass Gareth diese Arbeit nicht gern verrichtete, doch er fand neben seinen gesellschaftlichen Verpflichtungen nicht noch die Zeit dafür. Thumay anscheinend schon, doch es war nicht höflich danach zu fragen und so tat Gareth es nicht. „Ich denke, die Etikette verlangt nun, dass ich euch das Anwesen zeige und damit prahle welche wundervollen Errungenschaften in meinen Ställen zu finden sind“, sinnierte Lord Domhnall und Gareth begriff langsam, dass es reine Unwilligkeit war sich einem Protokoll zu unterwerfen, die Thumay dazu brachte, sich so zu verhalten. Es musste so sein, denn ein solches Verhalten wie der Duke es an den Tag legte zeugte von dem Willen andere absichtlich vor den Kopf zu stoßen. Thumay wusste wie er sich in der Gesellschaft zu bewegen hatte und er wusste auch, wie er die Menschen die sich ebenfalls in dieser Gesellschaft bewegten, treffen konnte. „Nun, das wäre wohl angebracht“, antwortete er etwas steif und folgte Thumay dann, der in den Stall vorging. Was er dort sah hatte er nicht im mindesten erwartet und mit offenem Mund starrte er staunend durch die lange einladende warme Stallgasse. Thumay heizte seine Ställe offensichtlich und man sah ihnen an das sie neu und sehr gepflegt waren. Das Metall der Boxenscharniere war sauber, auf der Stallgasse lag nicht ein Strohhalm, an den Boxen hingen die Namen der Pferde zusammen mit einer Abstammungsplatte bis in die 2. Generation. Außerdem hatte jedes Pferd ein Halfter an einem Haken neben der Boxentür hängen. Es war so, wie es sich wohl jeder Züchter erträumte, doch die Pferde die in den Boxen standen waren keinesfalls feine Vollblüter, es waren Arbeitstiere. Kaltblüter mit dickem, teilweise zotteligem Fell und großrahmige Kutschpferde, die ausdauernd für längere Transportfahrten geeignet waren. In diesem wohl unglaublich teuren Stall standen Tiere, die jeder andere Züchter als notwendiges Übel erachtete und die er meistens in Verschlägen irgendwo halb wild hielt. Nicht Lord Domhnall. Er hatte diesen Tieren ein Paradies geschaffen und Gareth konnte nicht ohne eine Spur Neid anerkennen, dass diese Tiere weitaus gesünder und kräftiger aussahen als die, die er sonst so auf den Feldern arbeiten sah. Er selbst hielt seine Arbeitstiere auch in einem normalen Stall, doch den Luxus den er seinen Zuchtpferden zukommen ließ, den sahen die Ackergäule nicht. Es gab ihm zu denken, dass er vielleicht weniger Ausfälle bei den Tieren hatte, wenn er sie besser unterstellte und pflegte, denn Lord Domhnall hatte sichtlich Erfolg damit. Sein Führer sagte nichts weiter sondern ging einfach voran, ließ Gareth staunen und sich umsehen. Sie verließen den Stall in die kühle der Nacht und wandten sich dem nächsten Gebäude zu, ungleich größer als das erste. Hier standen nun Thumays kostbare Rennpferde und seine Züchtungen. Die Boxen waren so geräumig und groß, dass andere sicher 2 Pferde dort untergebracht hätten, doch Domhnall schien in diesen Dingen verschwenderisch mit dem Platz umzugehen. Gareth war erschlagen von dem Überfluss der darauf schließen ließ, wie reich der Lord war. Er hatte noch nie, außer in seinem eigenen Stall, so gut versorgte Tiere und so wundervolle Pferde gesehen. Thumays Begrüßung bekam einen noch herberen Beigeschmack, denn es waren wundervolle Errungenschaften die der Duke of Bedfordshire sein eigen nannte und wenn er darauf schon spöttisch herab sah, was war dann gut genug für ihn? Wenn es ihm nicht schon vorher klar gewesen war, so war er sich jetzt absolut sicher: Dieser Lord hatte verdammt großen Einfluss auf das Königshaus und konnte sich das Verhalten herausnehmen. Was auch immer er für Henry tat, was er wusste oder was er bewirken konnte, es musste in eine Größenordnung stattfinden, die Gareth ihm nicht zugetraut hatte. So von einer Ecke in die nächste starrend, bemerkte Gareth nicht, dass Thumay ihn fixierte. Erst als er dessen Blick überdeutlich spürte drehte er sich herum und sah ihn halb fragend, halb irritiert an. „Und, gefällt euch was ihr seht?“ Gareth blinzelte, dann auf einmal realisierte er, dass Thumay den Wintermantel abgelegt hatte. Darunter trug er nur ein Hemd mit weiten Ärmeln und eine Hose aus weichem Rauleder. Die Stiefel die man im Licht der Öllampen deutlich sah waren schlicht und wirkten mehr wie Arbeitsschuhe. Dieses Auftreten war unkonventionell und Gareth, der es jetzt erst durchschaute, war nicht in der Lage zu antworten sondern starrte Thumay nur an. „Ich nehme das einfach mal als ja. Und wie es zu diesem Treffen gehört werde ich euch auch von meinen gastgeberischen Fähigkeiten überzeugen. Zum Glück schreibt das Protokoll nicht vor wo das sein muss, richtig?“ Gareth blinzelte als Thumay sich einfach umdrehte und weiterging und er musste sich beeilen ihm zu folgen. Er musste verdammt noch mal auch etwas sagen, dieser Mann führte ihn vor wie einen kleinen dämlichen Schoßhund! „Ihr scheint viel Arbeit und Geld in diese Ställe gesteckt zu haben Lord Domhnall. Wie habt ihr das in so kurzer Zeit bewerkstelligen können?“ Thumay bremste seinen Schritt und drehte sich um, offensichtlich verwundert doch noch etwas von seinem erschlagenen Gast zu hören. „Nun, es ist alles eine Frage der richtigen Arbeiter. Um ehrlich zu sein habe ich nichts mit diesem Ausbau zu tun. Ich habe mir einen Stallmeister eingestellt und ihm gesagt, dass ich nur das Beste will, das man in kurzer Zeit schaffen kann. Ich habe ihm gesagt er soll mir sagen was er dafür braucht und ich habe es ihm besorgt. Alles andere habe ich in die Hand meiner Leute gelegt und sie haben es zu meiner vollsten Zufriedenheit erledigt. Aber ich weiß, dass es ungewöhnlich ist hier in England seinen Bediensteten so viel Macht zu geben, richtig? Nun, vielleicht solltet ihr daran etwas ändern wenn euch diese Arbeit so gut gefällt.“ Gareth war jetzt gleichauf mit ihm und er war fest entschlossen, sich nicht mehr so mundtot machen zu lassen. „Nun, dann haben eure Arbeiter bereits gute Ställe anderswo gesehen, denn ihr könnt mir nicht erzählen, dass unausgebildete Männer in diesen wenigen Wochen diese Ställe so zusammenzimmern. Verkauft mich nicht für dumm Mylord, diese Ställe sind nach einer Vorlage errichtet.“ Thumay blieb stehen und sah Gareth durchdringend an. „Ihr bezichtigt mich also der Lüge? Wie kühn von euch..“ Er kam näher, blieb knapp vor ihm stehen und Gareth konnte riechen, dass der Lord kein Parfum benutzte. Thumay roch nach diesem Stall. Nach dem Lack, nach dem Heu, nach dem Stroh, nach dem Talg im Fell der Tiere und nach der abgestandenen Luft in den Heuböden. Er war so, wie sich Autoren in ihren Romanen ihre Helden ausmalten. Abseits jeder Konvention und jeder gesellschaftlichen Bande, frei zu tun was immer er wollte und in der Lage körperlich zu arbeiten; und dabei noch gutaussehend und bei den Frauen beliebt. Und Gareth war sich absolut sicher, dass Thumay das ganz genau wusste. Er setzte an etwas zu erwidern, doch er kam nicht mehr dazu, denn Thumay war schon zurückgetreten und hatte den einen Mundwinkel zu einem halben Lächeln verzogen. „Das gefällt mir. Ich wusste, hinter euch steckt mehr als hinter all den anderen Windbeuteln. Wenn ihr mir nun folgen würdet, das Wasser wird kalt.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)