Days von Chizuru ================================================================================ Kapitel 2: tag 2 ---------------- Don't go, I can't do this on my own. Ich weiß nicht mehr was passiert war, nachdem uns die Nachricht überbracht wurde. Ich weiß nur noch, dass ich Kai zum ersten Mal, seit ich ihn kenne, habe weinen sehen, danach wurde alles dunkel. Als ich wieder erwachte, lag ich in meinem Bett, doch ich war nicht alleine. In einem verzweifelten Gedanken hoffte ich, dass du es warst, der neben mir lag, doch ich wurde bitter enttäuscht. Das alles war doch kein Traum gewesen, es war so real wie die Tatsache, dass es Reita war, der unruhig neben mir schlief. Auf seinen blassen Wangen zeichneten sich deutlich Tränenspuren ab. Tränen, die ich nicht weinen konnte. Meine Augen brannten, meine Kehle fühlte sich ungewohnt trocken an, und doch konnte ich einfach nicht weinen. Ich wollte es nicht glauben. Ich wollte nicht glauben, dass die Leere in mir fortan mein Begleiter sein würde, so wie du es gewesen warst. Das Leben war so schrecklich kurz und in einer Sekunde konnte einem alles genommen werden, wofür man gelebt hatte. Und egal wie sehr man den Gott verfluchte, den es doch nicht gab, es änderte nichts. Ich setzte mich auf, strich mir die Haare aus dem Gesicht und sah aus dem Fenster. In einem Film würde es jetzt regnen, aber soviel Dramatik war selbst mir nicht vergönnt. Stattdessen passten sich die Wolken der Farbe meiner kleinen, kaputten Welt an – sie waren grau. Nach ein paar Augenblicken, fing es an neben mir zu rascheln. „Ruha?“ Reitas Stimme klang zittrig und als ich mich ihm zuwendete, sah er so aus, als würde er gleich wieder anfangen zu weinen. „Ist alles okay?“, fragte er mich dann. Ich zuckte mit den Schultern und wandte mich wieder ab, um nicht in sein trauriges Gesicht blicken zu müssen. Ich fühlte... nichts. All das, was ich in seinem Gesicht ablesen konnte wie in einem Buch, all den Schmerz – er war nicht da. Nur diese erschreckende Leere, die sich unaufhaltsam durch meinen Körper fraß wie Gift. Sanft schlangen sich Arme um meinen Bauch und ich spürte Reitas Atem an meinem Hals. „Es ist okay zu weinen, Ruha“, flüsterte er. „Ich kann nicht...“, gab ich genauso leise zurück und ließ den Kopf hängen. „Was soll ich nur mit dir machen?“, sagtest du leise, während du mich im Arm hieltst, um mich vor mir selbst zu retten. „Du kannst doch nicht immer alle Probleme in dich rein fressen oder verdrängen. Irgendwann explodierst du, weil sich alles in deinem Herzen anstaut – und dann? Willst du, dass es bricht und du in den Fluten untergehst? Bitte, Ruha, ich liebe dich, ich will nicht dass du dich selbst so kaputt machst.“ Ich wusste, dass du Recht hattest, aber ich hatte doch nie gelernt Schmerz zu verarbeiten und über meine Probleme zu reden. Es zu ignorieren hatte immer geholfen, so tat es wenigstens nicht weh, wenn man enttäuscht wurde. Und das wurde ich oft. Viel zu oft. Irgendwann hatte ich den Punkt erreicht, an dem ich den Schmerz einfach ausgeblendet hatte, um mein zerbrechliches Herz zu schützen. „Ich weiß wie du dich fühlst“, fing Reita dann an und verstärkte seine Umarmung. Er und du, ihr hattet fast eine genauso starke Bindung wie wir gehabt, denn Reita war dein bester Freund gewesen. Ihr kanntet euch von allen am Längsten und euch verband etwas, was man nicht in Worte fassen konnte. Manchmal war ich auf Reita eifersüchtig gewesen, weil ich Angst gehabt hatte, dass aus eurer einzigartigen Freundschaft mehr werden könnte, aber diesen Gedanken hattest du mir immer wieder erfolgreich ausgetrieben. „Rede mit uns. Versuch es zu verarbeiten, auch wenn das unmöglich erscheint.“ Reitas Stimme klang sicherer als er war, denn ich spürte seine Tränen auf meiner Haut, die mir zeigten, dass es ihm schwer fiel, seinen eigenen Rat zu befolgen um irgendwann endgültig mit dir abzuschließen. Noch immer realisierte ich die Wahrheit nicht. Mein Herz sträubte sich dagegen die Fakten als wahr anzusehen. Es wollte mich schützen. Vor dem, was passieren würde, wenn ich vollkommen die Kontrolle verlieren würde. „Ruha?“, fragte Reita zögerlich nach, da ich ihm noch immer keine Antwort gegeben hatte. Auch jetzt wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Beinahe fühlte es sich an wie ein Deja-vu, nur dass nicht du es warst, mit dem ich redete. „Wir haben Angst dich auch noch zu verlieren, bitte, Ruha. Deswegen bin ich auch hier. Wir wollten nicht... wir wollten dich nicht alleine lassen.“ Ein Hauch Verlegenheit schwang in Reitas Stimme mit, aber ich war viel zu teilnahmslos, um ihn darauf anzusprechen. War doch ohnehin ohne Belang, denn ich wusste woran Reita dachte. Ich wusste, dass sie mir zutrauten, dass ich mir etwas antat und wenn ich ehrlich war, tat ich das auch. „Macht euch keine Sorgen“, brachte ich dann fast flüsternd hervor. Noch immer hoffte ich, dass das alles nur ein Albtraum war, aus dem ich schon bald erwachen würde. Es wäre ja nicht das erste Mal gewesen, dass ich so etwas geträumt hatte. Bis jetzt war ich immer wieder erwacht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)