Rolling Star von Chizuru94 (I can't go further without "All my Loving") ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Es ist alles nicht immer, wie es anfangs von äußerer Hülle erscheinen mag... Sicher ist einem dieser Satz mindestens einmal im Leben bereits begegnet oder hat sich sogar schon irgendwann zuvor bewahrheitet. Meistens nehmen wir vieles in unserer Umgebung kaum so wirklich wahr, selbst wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf das jeweilige Objekt oder Geräusch lenken. Einige Dinge entgehen uns immer irgendwie, sei es ein Vöglein auf einem dünnen Ast, ein scheues Kaninchen, dass in der Nähe still im hohen, taufrischen Gras hockt oder eben das Deuten der momentanen Stimmung unseres Gegenüber. Die meisten dieser Einzelheiten lernt man dann doch irgendwann mal zu entdecken oder genau zu beachten, aber es gibt auch Dinge, die so unglaubwürdig sind, dass man sie niemals erwarten würde. Hast du zum Beispiel schon mal darüber nachgedacht, ob es Geister oder dergleichen gibt? Die Gesellschaft selbst teilt viele verschiedene Meinungen und Ansichten gegenüber solchen Themen und alle unterscheiden sich von Person zu Person. Die einen glauben an die jeweilige Existenz, andere wiederum verurteilen es ohne irgendwelche Einsicht als kompletten Humbug. Ich selbst war vor all den Geschehnissen auch noch von gleicher Art von Gedanken erfüllt, die sich gegen Übernatürliches richteten, wurde aber nach mehreren Jahren vom Gegenteil überzeugt. Na ja, es brach aus heiterem Himmel über mich herein, ohne das ich irgendwelche Kontrolle über die Vorgänge erlangen konnte und nach kurzer Zeit war es dann zu spät, als ich erstmals erkannt hatte, was im Begriff gewesen war, sich da im Stillen großes anzubahnen. Es schien wohl wirklich bloß die berühmte Ruhe vor dem Sturm gewesen zu sein, die man ab und an mal erlebt. Zuerst läuft alles im eigenen Leben ideal, nur damit die gefundene Perfektion darauf erneut wieder von irgendetwas erschüttert werden kann. Nach und nach verliert man wieder nur den Mut, nimmt alte Gewohnheiten und Ängste wieder unausweichlich an. Mein ehemaliges, normales Leben wäre vielleicht noch einigermaßen erträglich gewesen, wenn es nicht solch einen Lauf genommen hätte. Ich weiß nicht mal ob es überhaupt Schicksal war oder meine Bestimmung oder solch ein Kram, aber auf jeden Fall hat es mein Leben und das vieler andere äußerst geprägt. Ich... ich hatte Angst damals, muss ich ehrlich zugeben. Es ist ja auch gerade mal ein halbes Jahr her, verdammt! Wenigstens aber kann ich endlich wieder von mir behaupten, nun auch selbst wieder mit meinem Leben klarzukommen, obwohl das vorher nach Allem doch noch so unglaublich schwierig für mich war. Aber ich bezweifle, dass es noch etwas bringt, weiter darüber zu grübeln, ob es nun unausweichlich war oder hätte verhindert werden können. Vom ganzen Nachdenken dröhnt mir bald eh noch der Kopf und das erspare ich mir dann doch lieber, bevor es noch schlimmer wird. Es ist Vergangenheit, aber auch wenn ich mir dies immer und immer wieder einrede, zweifle ich irgendwie ungewollt daran, dass alles nur eine Lüge meiner selbst sein könnte. Vielleicht könnte es sich wiederholen, vielleicht war das noch nicht alles und vielleicht gibt es doch noch irgendjemanden auf dieser Welt, der den Frieden wieder gefährden würde und ich wüsste nichts davon. Ich möchte ja persönlich eigentlich nichts mehr mit Allem zutun haben, weil ich vorher noch ein ganz normales Mädchen war. Ein normales, noch junges Mädchen in der Blüte seiner Jahre. Ich hatte Schulstress, einen guten Freund, regte mich darüber auf, alles nicht immer so hinzubekommen wie ich es wollte und ja, ich schluckte sogar des Öfteren, weil meine Regel sich um ein paar Tage verzögerte. Ich war eben ganz normal und unschuldig, glaube ich. Aber eigentlich ist dies alles nicht das, was ich euch eigentlich erzählen wollte. Viel mehr geht es um meine verrückten, unfassbaren Erlebnisse, von denen ich schon die ganze Zeit fasle und einfach nicht auf den Punkt dabei komme. Gut, es sei euch nun erspart, mein weiteres, sinnloses Geschwätz mitanzuhören. Dann beginne ich jetzt einfach mal Stück für Stück zu erzählen... Kapitel 1: Kapitel 1 ~ Gemischte Gefühle ---------------------------------------- Genervt begann ich leise zu stöhnen, während ich den Blick stumm genau auf das schlicht beschriftete Blatt Papier vor meiner Nase geheftet hatte. Wie so oft, wenn wieder einmal eine Klassenarbeit anstand, die leider auch zur Qualifikation des Abschlusses geschrieben werden musste und die, wie das Schicksal es zu dem Punkt bereits auserkoren hat, mir womöglich erneut das Leben schwer machen würde. Ich kann und konnte mich einfach nicht mit Mathe anfreunden, egal was ich versuchte oder wie oft ich auch übte und ich konnte es weder damals zu Beginn meiner Schullaufbahn, noch kann ich es heute und zudem bin ich schon in der neunten Klasse. Als besonders störend an diesem schönen, sonnigen Tag empfand ich dies aber nicht so sehr, denn unsere derzeitige Klassenlehrerin, Frau Farber, bereitet mir mehr Magenschmerzen. Als ich wieder von dem nicht ganz so erfreulichen Schriftstück auf meinem schmalen Tisch aufsah, konnte ich die jüngere Frau - geschätzt ist sie Mitte zwanzig – genau ausmachen. Zu dem Zeitpunkt stand sie an der Tafel und erklärte, wie wir bestimmte Aufgaben in der Arbeit zu lösen hatten oder deren korrekte Schreibweise, wenn es um die Formeln und dergleichen ging. Ach ja, wir nahmen in dieser vergangenen Stunde übrigens irgendwelche „Linearen Gleichungen“ durch. Zumindest aber fand ich dieses Thema noch interessanter und einfacher als das, was mir zuvor schon alles unter die Augen gekommen war, wenn es sich dabei um irgendetwas Mathematisches handelte. Nun aber wieder zur Personenbeschreibung unserer aller Lieblingslehrerin – natürlich in sarkastischem Sinne. Wie ich bereits sagte, schätzte ich sie so um die fünfundzwanzig Jahre jung, was dennoch nichts daran änderte, dass sie eine ungerechte, blöde Pute ist. Verständnis brauchte man sich von ihr nicht einmal überhaupt zu erhoffen, so frech wie die schon mal einige Schüler für Kleinigkeiten, welche diese womöglich ausversehen verbrochen hatten, angebrüllte. Außerdem ist sie noch blond und hat kürzere Haare bis zu den Schultern, die sie sich auch mal öfters zu einem Knoten am Hinterkopf zusammenband! Ich teile zwar nur selten Vorurteile, aber mir wäre es bei ihr wirklich lieber gewesen, wenn beim berühmten Sprichwort über Blondinen auch etwas Wahrheit dahinter stecken würde. Dann wäre sie vielleicht nicht mal Lehrerin oder so geworden und hätte jemand anderes mit Unhöflichkeit und Intoleranz gestraft. Ich jedenfalls hasse sie wie die Pest und bezweifle dabei noch, dass sich meine Meinung diesbezüglich je ändern wird. Aber jetzt wieder zum Wesentlichen, beziehungsweise der Mathematikarbeit, welche in diesem in Moment bevorstand. Das Fräulein Blondine hatte es auf jeden Fall nun gebacken bekommen, den ganzen wichtigen Mist an der Tafel zu notieren, der beachtet werden musste. Und fast schon komplett im Einklang begannen alle meine Klassenkameraden, wie auch ich, mal eben zu nicken. Ich hatte das Thema schon so oft zuhause nochmal durchgekaut, dass ich es langsam total Leid war. Aber ändern hatte sich daran wohl nichts lassen. Deshalb wollte ich es denn anderen dann einfach gleichtun, nahm den vor ein paar Minuten frisch nachgefüllten Füller in die Hand und widmete mich erneut dem verhassten Ziffernblatt direkt vor mir. Einigermaßen erleichtert legte ich den Stift vor mein Blatt mit der kleinen Zeichnung nieder, als ich die kleine Glocke vom Pult ertönen hörte. Frau Farber kündigt damit immer an, das alle die Klassenarbeiten abgegeben hatten, wie auch in diesem Fall. Umso mehr freute ich mich in diesem Moment aber auf das kommende Wochenende, denn in fünf, zehn Minuten war ich endlich erlöst und sollte diesen schrecklichen Raum dort verlassen dürfen. Um nicht ganz pessimistisch zu klingen zu müssen, ich mochte Schule einmal, sogar sehr gerne, doch zu dieser Zeit, genau vor zwei Wochen hatte sich das leider gründlich ändern müssen. Genau, Fräulein Blondine ist einer der Gründe, die mir das Leben jetzt so schwer machten, denn als Herrn Starlitz noch unsere Klasse unterrichtete und nicht diese junge, unreife Schrulle, lief alles um Einiges besser. Ich war auch viel motivierter, wenn es um Mathematik ging. Schlussendlich musste seine geliebte Klasse dann aber eines Tages zu hören bekommen, dass dieser erst einmal eine Zeit nicht kommen könnte, hatte er sich doch unglücklicherweise beim Sporttraining einer Mannschaft nachmittags ein Bein gebrochen und dazu noch einen Sehnenriss erlitten. In Gedanken schüttelte ich entsetzt den Kopf. Nächstes Mal wollte ich ihn bitten, dass er auch nach der Schulzeit wenigstens auf sich aufpassen sollte und ich wusste, er würde es dann sicher mit Humor nehmen und nach einer Zusage beginnen, peinlich berührt zu lächeln. Ja, genau das ist ein Lehrer, wie er im Buche steht; höflich, verständnisvoll und hat das Herz genau am rechten Fleck. Ich jedenfalls habe mich noch nie über ihn beklagen können und es ebenso nicht einmal von meinen Klassenkameraden aufgeschnappt, dass er irgendetwas mit dem falsch macht, was er tut. Die Zeit war während meinen ganzen Gedankengängen, in welche ich dort noch vertieft gewesen war, ziemlich schnell vorüber geflogen, so scheint es mir, denn danach erklang der angenehme Klingelton der Schulglocke, der immer wieder erleichternd signalisiert, dass man den Tag doch wieder irgendwie überlebt hat. Ich fühlte mich sogar noch erleichterter in diesem Moment, als ich wie ich vorher noch angenommen hatte, dass es vom Gefühl her sein würde. Fix war die Schultasche geschultert und ich schlenderte mehr oder weniger entspannt aus dem mittelgroßen, kühlen Klassenraum. Draußen, außerhalb des Schulgebäudes angekommen, schnupperte ich die frische Brise des angenehmen Windes ein und atmete befriedigt, sowie innerlich beruhigt wieder aus. Vogelgezwitscher drang an mein Ohr, während ich im selben Moment noch einen Blick zum großen Baum zu meiner rechten, nahe des Schulhofes warf. Ich mag diesen knorrigen, alten Baum, das luftig leichte Vogelnest nahe den blühenden Zweigen seiner Äste und auch das beruhigende Zwitschern der kleinen Vögelchen auf eben diesem. Ein ganz anderes Gefühl als das, welches die verhasste Farber einem schon bei bloßer Anwesenheit vermittelt. Ich schmunzelte noch einmal kurz, dabei entschloss ich mich aber dazu, mich jetzt doch schnell auf den Rückweg zu machen. Zuhause wartete immerhin das schmackhafte, warme Mittagessen und natürlich meine liebevolle, oft besorgte Mutter auf mich. Stumm ließ ich mir das Sahne-Geschnetzelte mit der Rahmsoße und den Kartoffelpüree schmecken, den meine Mutter selbst zubereitet hatte. Ich liebe ihr Essen einfach! Zu dem Zeitpunk saß sie jedoch im Wohnzimmer und las still die aktuelle Zeitung. Aber gut, sie lässt mich normalerweise nicht so alleine am Küchentisch im Regen stehen und hatte sicher einen guten Grund dafür. Nachdem ich fertig mit dem Essen war, verfrachtete ich dann das Besteck und Geschirr ordentlich in unsere halbleere Spülmaschine und wusch nochmal den Küchentisch ab. Dabei fiel mein Blick auf das Fenster gegenüber vom Tisch. Das es angefangen hatte zu regnen, hatte ich noch gar nicht bemerkt. Wie auch immer, was hätte es mich scheren sollen, wo ich doch an diesem Tag eh nirgendwo mehr hin gemusst hatte? Nächste Woche Dienstag hätte ich erst wieder eine meiner Klavierstunden gehabt, weshalb es mich nicht sonderlich interessieren hatte müssen, wie viel es in dem Moment wohl noch aus Eimern schütten konnte. Während ich meine Gedanken so schweifen ließ, vernahm ich plötzlich die Klingel unserer Haustür. Wer konnte das bloß sein? „Schon gut, Mum, ich mache auf!“, rief ich, als ich gerade am Wohnzimmer vorbeikam und auf besagte Türe zulief. Kurz wartete ich ab, zögernd, ehe ich die Tür dann doch ein wenig öffnete. „Zelos?“, kam es fragend, aber auch überrascht von meiner Seite, als ich meinen blonden, gleichaltrigen Kindheitsfreund vor mir erblickte. Sogleich öffnete ich die Tür noch ein bisschen mehr vor ihm. Ich konnte aber nicht anders, als ihm ein nettes Schmunzeln entgegen zu werfen, als er mich dabei ein wenig verlegen angrinste. „Hast du heute noch etwas vor? Mir ist nämlich verdammt langweilig und draußen spazieren zu gehen kommt selbst für mich bei solch einem miesen Wetter nicht in Frage!“ Als ich einen sachten Blick hinter Zelos in die Straße wagte, bemerkte ich, was er meinte. Es hatte inzwischen sogar begonnen, etwas zu donnern. In Gedanken seufzte ich. Das musste nun auch nicht wirklich sein, Freizeit hin oder her. Ich mag Donner nämlich nicht allzu besonders. „Ja, hab ich, und jetzt komm rein, Zelos. Du wirst ja noch pitschnass!“, mahnte ich und trat schließlich vom Eingangsbereich weg, damit er eintreten konnte. „Danke“, erwiderte er noch grinsend, bevor ich die Tür hinter ihm wieder schloss. Zelos und ich sind schon seit unserer frühen Kindheit im Alter von sechs, sieben Jahren miteinander befreundet. Auch unsere Eltern, beziehungsweise meine Mutter und seine beiden Elternteile, kennen sich untereinander sehr gut und nicht selten laden wir sie sogar zum Kaffee und Kuchen ein oder umgekehrt. Ich verdrängte die Gedanken an meinen Vater, die kurz in meinem Kopf auftauchten, indem ich diesen leicht schüttelte. „Lass uns in mein Zimmer hoch gehen, Zelos. Dort können wir ein bisschen miteinander plauschen“, schlug ich vor und er nickte einverstanden. Kurz gab ich noch meiner Mutter Bescheid und dann waren wir auch schon über die stabile Holztreppe ins Obergeschoss verschwunden. Sie selbst hatte jedenfalls keine bestimmten Einwände gehabt. Oben angekommen begaben wir uns schnurstracks in mein Zimmer und setzten uns auf mein Bett. Kurz ein wenig trübselig sah ich zum kleinen Fenster in meinem Zimmer, dass immer noch den trostlosen Regen preisgab, doch Zelos ließ mich den Blick sofort wieder abwenden, als ich den seinen länger auf mir ruhen spürte. Schnell hatte ich mich ihm wieder zugewandt. „Entschuldige mich, ich habe nur nochmal überprüft ob die Lage draußen immer noch derart schlimm ist und wurde dem Anblick nach zu urteilen wieder davon überzeugt, dass heute wirklich kein guter Tag für einen Spaziergang wäre.“ Zelos aber schmunzelte mich nur leicht an. „Ist doch nicht schlimm. Ich habe gerade eher gesagt dasselbe gedacht“, gestand er sich jetzt ein und lachte kurz. Tja, nun saßen wir hier ohne zu wissen, was genau wir eigentlich machen konnten, außer miteinander zu reden und... Musik zu hören! Ich erhob mich von meinem Bett und begann im CD-Schrank nicht weit entfernt von diesem nach einer passenden CD zu suchen. Es dauerte weniger als eine halbe Minute, bis ich ein Album der japanischen Pop-Sängerin YUI herausgenommen hatte und die CD sogleich in meine kleine, aber feine CD-Anlage einlegte. Danach setzte ich mich wieder neben Zelos. „Gut, nun können wir aber reden.“ Er nickte und lächelte schon wieder. „Wie geht’s dir so, Tsukino?“ Die plötzliche Frage von sanftem Klang stammte natürlich von meinem Gegenüber und trotzdem war ich etwas überrascht, dass er den Anfang bei dem Gespräch machte. „Ganz gut, was auch sonst, nicht?“, gab ich gelassen zurück und nicke leicht. Er jedoch bemerkte scheinbar, dass mich womöglich doch etwas bedrückte, was ich in seinem leicht misstrauischen Gesichtsausdruck ablesen konnte. Vielleicht hatte er es ja eben schon bemerkt, als ich kurz so abwesend gewesen war. Er hackte aber nicht weiter nach, setzte wieder die normale, von ihm sonst gewohnte, fröhliche Miene auf und begann zu erzählen, wie es ihm so ging. „Bei mir ist ebenfalls alles okay, nur vermisse ich das Fußballtraining seit geschlagenen zwei Wochen. Ich war dabei, als dem armen Herrn Starlitz dieses Unglück widerfahren ist.“ Ich seufzte leicht, weil ich daran nicht schon wieder erinnert werden wollte, aber Zelos wusste bereits, dass es mich sehr bedrückte und ich Frau Farber nicht sehr leiden kann, weshalb er sofort das Thema wechselte. „Aber ich beschäftige mich momentan sowieso anderweitig. Derzeit lese ich mehr und spiele öfters als sonst mit meinem Hund Flip. Immerhin habe ich in letzter Zeit so viel Schulkram um die Ohren gehabt, dass ich nun endlich wieder mal durchatmen kann.“ Ich persönlich konnte dem natürlich nur zustimmen. „Geht mir genauso“, erwiderte ich und erzählte dann auch, was ich derzeit so trieb. „Also, momentan spanne ich auch lieber aus. Bin gerade mehr nur Musik am Hören und schreibe Kurzgeschichten, um mich abzulenken. Bei meinem neuesten Buch fehlt auch nicht mehr viel und ich habe es wieder durch.“ Wohl angemerkt, ich liebe Lesen übrigens! Und es ist schön zu wissen, dass Zelos diese Gemeinsamkeit mit mir teilt, auch wenn er wohl nicht eine ganz so große Leseratte zu sein scheint, wie ich es bin. Aber mal echt, wie viele Jungen lesen denn überhaupt intensiv Buchreihen durch? Ich kenne jedenfalls kaum welche dieser Art und erfreue mich dann doch lieber daran. „Schön“, antwortete Zelos nun und warf danach einen Blick auf meine Musikanlage. Ich wusste schon, weshalb. „Rolling Star“, murmelte ich etwas leiser, aber deutlich zu hören. Er nickte. „Ich habe dieses Lied schon seit ein paar Tagen nicht mehr gehört, aber trotzdem finde ich es noch total cool.“ Ich musste schmunzeln und freute mich darüber, dass er meine Musik in gewisser Weise vermisst hatte. „Ich liebe den Sound des Songs und YUI's Gesang“, erwähnte ich jetzt. „Aber am meisten gefällt mir der makellose, gefühlvolle Text!“ Erneut stimmte mir Zelos nur zu. Dann ertönte auch schon meine Lieblingsstelle im Lied: Lyrics: „Kitto uso nante sou Imi wo motanai no All my loving! Sou ja nakya yatterannai“ Übersetzung: „Du würdest niemals lügen, nein, niemals. All meine Liebe, ohne sie kann ich nicht weitermachen.“ Ich schmunzelte kurzfristig wieder und musste erneut an meinen Vater denken. Nein, warum wollten mich diese Gedanken nicht einfach in Ruhe lassen! Ich musste mich zusammenreißen, nicht irgendwie die Fassung zu verlieren, aber als ich dann Zelos' Hand sanft an meiner eigenen rechten spürte, beruhige ich mich irgendwie von ganz alleine wieder etwas. „Nun sag es mir schon“, meinte er jetzt auf einmal, nachdem ich den Blick wieder ihm zugewandt hatte. Gerade wollte ich fragen, was genau er von mir wissen möchte, dann aber beantwortete er mir diese Frage schon im Voraus. „Was bedrückt dich so, dass du dich dauernd so leicht ablenken lässt, Tsukino? Was macht es möglich, dass du so dermaßen aus der Fassung gerätst, kaum mehr reagierst und plötzlich leicht zu zittern beginnst? Ich mache mir Sorgen um dich, weil du sonst nie so bist. Bitte, sag es mir.“ Er hauchte den letzten Satz fast nur, aber doch kam es sehr aussagekräftig bei mir an. Der CD-Spieler kam gar nicht dazu, die Ladepause nach dem Lied noch zu beenden und ein neues anzufangen, als ich schon auf der Fernbedienung des Geräts auf Pause gedrückt hatte, um dies zu verhindern. Stumm wandte ich den Blick wieder von Zelos ab, dessen Hand immer noch an der meinen ruhte und schluckte leicht. Er hatte es bemerkt, von Anfang an gewusst, dass etwas mit mir nicht stimmte. „Ich... ich weiß nicht“, gab ich eine dieser billigen Antworten ab, die sinnlos sind und man sowieso nicht glaubt. Na gut, ich würde ebenfalls nachhaken, wenn es ihm denn genauso ergehen würde und ihn mit allen Mitteln zum Reden bewegen wollen. Dann setzte ich aber endlich wieder zu einem Satz an, den Blick immer noch von ihm abgewandt. „Ich möchte nicht darüber sprechen, Zelos. Nicht jetzt und nicht hier in diesem Zimmer. Es tut mir Leid, wirklich.“ Meine Stimme klang ganz anders als eben, fast monoton und ein wenig kraftlos. Zelos Mimik wandelte sich zu einem hoffnungslosen Ausdruck, wie ich leicht bemerkte. Er wusste, dass ich es in diesem Moment ernst meinte und ihm nicht preisgeben würde und gerade das machte ihn so unruhig, weil er mir ja helfen wollte. Als ich nochmals aus dem Fenster schaute, hatte der Regen schon aufgehört und ich spielte mit dem trübsinnigen Gedanken, Zelos wieder nach Hause oder aus dem Haus zu schicken. Leicht brachte ich es aber nicht übers Herz. Es herrscht schon ein großes Maß an Vertrauen zwischen uns beiden und auch eine gute, freundschaftliche Bindung. Ich mochte nicht, dass er sich so viele Sorgen machte, aber ich spürte, wie mein Körper nach etwas Ruhe und Schlaf verlangte. Und womöglich war in dieser Situation auch nur eben solches wirklich wirksam, um meinen Zustand wieder zu stabilisieren. „Ich denke, du gehst nun besser erst mal, Zelos. Es tut mir wirklich Leid“, murmelte ich ihm noch zu, die Augen leicht feucht, aber man sah es hoffentlich nicht so stark. Zelos Kopf war ein wenig gesenkt, sein Blick nach unten gerichtet. Langsam nahm er seine Hand von meiner und richtete sich in ebenso zögerlichem Tempo auf. Er wollte nicht gehen, nicht jetzt, aber er wollte mir auch nicht zu nahe treten, wusste ich bereits. Es machte ihn fertig, nicht zu wissen, was gerade in mir geschah. Dem war ich mir ebenfalls bewusst, aber trotzdem würde ich ihm nichts erzählen. Ich wollte einfach nicht, dass er sich in irgendeiner Weise für mich aufopferte oder sich dadurch runter ziehen ließ. Noch als ich flüchtig aufsah, trafen sich unsere Blicke und er schloss die Zimmertür langsam hinter sich. Ich hörte, wie er die Treppen hinab stieg, unsicher, meiner Mutter irgendetwas ausrichtete und danach, wie er das Haus verließ. Nur noch mehr hatte ich nun das Gefühl, als würde die Stimmung, die nun plötzlich herrschte, mich jetzt mehr und mehr, Stück für Stück, erdrücken und wusste, dass ich nun einfach nur noch Schlaf brauchte. Ich zögerte kurz eine Zeit, bis ich mich erhob und die Musikanlage ausschaltete, nur um mich danach auf mein Bett zu legen und meinen Kopf ins Kissen zu kuscheln. Längere Zeit war mein Blick an die Zimmerdecke gerichtet und meine Arme hatte ich hinter dem Kopf verschränkt. Ich wollte nicht, dass Zelos von meiner derzeit instabilen Psyche etwas erfährt. Ich wollte nicht, dass sich Mum irgendwie Sorgen um mich machen würde. Und ich wollte endlich alles verarbeiten, mit meiner Vergangenheit endgültig abschließen! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)