Beyblade Metal Masters von _Nira_ (Rebirthing of Fighting Spirit) ================================================================================ Kapitel 13: Konfrontation mit der Vergangenheit ----------------------------------------------- Kapitel 13: Konfrontation mit der Vergangenheit Als Ashley am nächsten Morgen aufwachte, lag sie wieder alleine in ihrem Bett. Draußen war es schon hell und ein Blick auf ihre Uhr verriet ihr, dass es viertel nach Acht war. Die Blonde kuschelte sich wieder in ihre Decke. Ihr Wecker würde sowieso gleich losgehen und damit auch Kayla wecken. Ashley hörte die Bettdecke von Kayla rascheln und die Blonde drehte sich zu ihr um. Kayla streckte sich genüsslich. „Morgen“ sagte Ashley. Kayla sah sie an und gähnte herzhaft. „Morgen“ erwiderte die Teamchefin und setzte sich auf, nur um sich kurz darauf wieder in ihr Kissen zu werfen. „Ich will nicht aufstehen“ grummelte Ashley daraufhin. „Denkst du, mir geht es besser? Durch diese verdammte Zeitumstellung, hab ich viel zu wenig geschlafen. Wir machen heute ein oder zwei Stunden Training und dann hau ich mich wieder aufs Ohr“ maulte Kayla und vergrub ihr Gesicht in ihrem Kissen. Ashley lächelte. „Die Idee ist gar nicht so schlecht. Jayden wird wohl auch dafür sein“ meinte sie schließlich. „Bestimmt“ seufzte Kayla zurück. Eine Weile blieben die beiden noch liegen, dann schwang Kayla sich widerwillig aus dem warmen Bett und stand auf. Sie ging zu dem großen Fenster und blieb davor stehen. Über Nacht hatte es wohl geschneit. Die Dächer waren ganz weiß und die Schneemenge, die auf ihnen lag, zeugte von einem recht heftigen Schneeschauer. Auch Ashley stand nun auf und stellte sich neben Kayla. „Wow“ sagte die Blonde perplex. „Ich hab noch nie richtigen Schnee gesehen!“ Kayla sah sie erstaunt an. „Wirklich nicht?“ „Nein. Ich hab mit meiner Mutter in einer recht warmen Region gewohnt und da, wo wir jetzt sind, sind die Winter auch meistens nur verregnet oder von Temperaturen her kalt. Aber, Schnee hab ich so noch nie zuvor gesehen!“ erklärte Ashley. „Früher haben wir auf der Straße oder im Garten Schneemänner gebaut oder Schneeballschlachten gemacht. Die russischen Winter sind kalt und lang. Da bleibt genug Gelegenheit für so was“ erzählte Kayla. „Wir? Meinst du damit dich und deine Familie?“ wollte Ashley wissen. Kayla nickte leicht. „Ja, meistens ich und mein Papa. Mama wollte nie so wirklich.“ Nachdenklich sah die Teamchefin aus dem Fenster und ließ ihren Blick über die verschneiten Dächer schweifen. Ashley nickte verstehend. „Wirst du dein altes Zuhause noch einmal besuchen?“ fragte sie vorsichtig. Kayla seufzte schwer. „Ich weiß es nicht. Insgeheim hab ich Angst davor“ gab sie ehrlich zu. „Aber, du wurdest hier geboren und hast die ersten zehn Jahre deines Lebens hier verbracht. Da wird es dir schon keiner übel nehmen, wenn du wieder nach Hause kommst“ sagte Ashley gut gelaunt. Sie drehte sich um und suchte sich ihre Sachen aus ihrem Schrank zusammen. Kayla sah ihr kurz nach, bevor Ashley im Bad verschwand. Mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck wandte Kayla sich wieder zum Fenster und sah hinaus auf die weiße Stadt. Ein schweres Seufzen entwich ihr. >Ashley hat vielleicht gut reden< dachte sie frustriert, beschloss aber dann auch sich anzuziehen. Nach dem Frühstück traf sich das Team mit Arina im Park. Es war bitterkalt, aber Jayden und Kayla trotzten der Kälte in ihren dicken Winterjacken nahezu mühelos. Nur Ashley hatte Probleme, ihr unkontrolliertes Zittern in den Griff zu bekommen. „Man, warum muss es denn hier so klirrend kalt sein?!“ fragte sie schlotternd. „Ist für den Juni auch recht ungewöhnlich. Eigentlich fällt im Mai der letzte Schnee. Es ist das erste Mal, dass es im Juni noch mal schneit. Die letzten Tage waren nämlich ziemlich warm“ erklärte Arina. „Morgen sieht das Wetter bestimmt wieder anders aus“ meinte Jayden aufmunternd. „Na, ich hoffe es“ schnaubte Ashley. Kayla unterbrach die Konversation. „Also, so wie es aussieht, werden Ashley und Arina ihre Fähigkeiten aufeinander abstimmen müssen. Jayden und ich sind ja schon ein eingespieltes Team und da Rafael fehlt, wird Arina seinen Platz vorerst einnehmen“ sagte sie sachlich. „Und wie wollen wir das anstellen?“ fragte Arina verwirrt. „Ich hatte noch nie solche Tag-Team-Kämpfe.“ >Na super< war Ashleys gedankliches Kommentar dazu. >Kayla schleppt uns hier die totale Anfängerin an. Da können wir auch gleich das Handtuch werfen.< Sie wusste nicht, ob es an der Kälte lag, dass sie so schlecht drauf war, oder wirklich wegen Arina. Dass Ashley sie als Tag-Partnerin bekommen sollte, behagte ihr nicht wirklich. Auch wenn Ashley es ungern zugab – jetzt wäre ihr Rafael wesentlich lieber. „Ach, keine Sorge. Das kriegen wir schon hin“ grinste Jayden optimistisch. „Er hat recht. Auch wenn das Turnier schon morgen losgeht – es ist immer noch genug Zeit, um dich einzuweisen“ schloss Kayla sich an. „Ich schlage vor, dass wir einfach mal einen Zwei-Gegen-Zwei-Kampf machen. Ashley, du kämpfst mit Arina und Jayden du mit mir. Alles klar?“ Die anderen drei nickten. Zu viert stellten sie sich nun an die Arena und machten ihre Beys startklar. Zusammen zählten sie runter: „3… 2… 1… Let it rip!“ Die Beys kamen gekonnt in der Arena an und zogen ihre Runden. Ashley war sofort erstaunt darüber, dass Arinas Bey mit ihrem vom Tempo her mithalten konnte. Nach der Aussage der Russin, handelte es sich doch um einen Ausdauertypen. „Cygnus, los!“ rief Arina motiviert und griff Rock Canine an. Jayden erschrak über die Angriffskraft, ließ seinen Bey aber sofort kontern. Kayla bekam das mit und wollte Jayden aus der Patsche helfen, aber Ashley verhinderte das. „Dolphin, jetzt!“ befahl Ashley. Es krachte, als Dolphin Falcon rammte. Kayla grinste. „Nicht schlecht“ lobte sie schließlich. „Ich fang doch gerade erst an“ erwiderte Ashley. Dolphin stemmte sich immer weiter gegen Falcon. Kayla lächelte vielsagend. Falcon machte einen Schlenker und attackierte Dolphin immer wieder mit heftigen Schlägen, die den kleineren Angriffstyp zurückdrängten. „Cygnus!“ rief Arina plötzlich. Ihr Bey knallte gegen Falcon und schickte ihn ein Stück weit in die Luft. Knapp kam der Bey von Kayla wieder in der Arena auf. Wieder sah Ashley erstaunt auf Cygnus. „Sag mal, Arina? Ist dein Bey wirklich ein Ausdauertyp? Die Angriffskraft lässt nicht unbedingt darauf schließen“ meinte sie zweifelnd. Arina sah sie an und grinste. „Ja, das denken alle. Der starke Angriff kommt durch die Eternal Sharp Bladespitze. Durch die Stabilität ist er in der Lage so heftig anzugreifen“ erklärte sie. „Aber, das ist noch nicht alles, was er kann.“ „Halt dich nicht zurück. Ich will sehen, was du kannst, damit ich sichergehen kann, dass du dich für die Kämpfe morgen auch wirklich eignest“ sagte Kayla entschieden. „Na gut, wie du willst“ meinte Arina daraufhin. Cygnus griff Falcon heftig an. Kayla merkte, dass eine Menge Power hinter den Angriffen steckte und das hatte sie nicht anders erwartet. „Canine, Tornado Fang!“ rief Jayden plötzlich. Sein Bey entfachte einen gewaltigen Sturm. „Gute Idee! Falcon, los!“ rief Kayla enthusiastisch. Ihr Bey schoss furchtlos in den Sturm hinein und ließ sich auf der Pfote, die durch den Wind im Inneren entstanden war, nach oben tragen. Ashley zog erschrocken die Luft ein. „Das ist ihre Kombinationsattacke! Pass auf!“ warnte Ashley ihre vorübergehende Partnerin. Arina nickte verstehend. „Falcon, Thunder Dive!“ befahl Kayla sofort. Dolphin schoss auf den Arenarand zu und sprang in die Luft. „Storm Wave!“ rief Ashley. „Cygnus, Special Move: Blizzard Crash!“ rief Arina daraufhin. Die Spezialattacken krachten zusammen. Dolphin knallte auf Canine, der dadurch zum Stehen kam, aber durch den Sturm, wurde auch Ashley mit ins Aus geschickt. Falcon und Cygnus knallten in einer spektakulären Kollision aufeinander. Schwan und Falke bekämpften sich noch einen Moment, dann wurde Arinas Bey im hohen Bogen aus der Arena geschossen. Falcon kreiselte als Einziger noch in der Arena. Gekonnt fing Kayla ihren Beyblade auf und grinste. „Wie immer. Ich hab dich damals schon kaum besiegt. Es gibt wohl Dinge, die sich nie ändern“ meinte Arina und hob Cygnus auf. „Kayla ist die Beste in unserem Team. Ohne sie wären wir verloren“ sagte Jayden lachend und klopfte der Teamchefin auf die Schulter. „Ja, vielleicht“ lachte Kayla zurück. „Und was machen wir jetzt?“ fragte Ashley in die Runde. „Weiteres Training ist eigentlich unnötig, da ihr beiden ganz gut miteinander harmoniert. Ich schlage einfach mal vor, dass wir uns den Rest des Tages freinehmen“ erwiderte Kayla daraufhin. „Eine gute Idee“ freute Jayden sich. „Ja, finde ich auch“ stimmte Arina zu. Ashley gähnte laut. „Die Zeit werde ich sinnvoll nutzen und mich noch ein paar Stunden aufs Ohr hauen“ meinte sie müde. „Arina, hättest du Lust mir die Stadt zu zeigen?“ fragte Jayden interessiert. Die Blonde sah ihn erst etwas verblüfft an, dann nickte sie aber. „Gerne doch. Und was machst du, Kayla?“ fragte sie nach. Kayla atmete tief durch. „Mal schauen, was sich in meinem alten Zuhause so verändert hat“ gab sie ehrlich zu. Ashley nickte mitfühlend. „Willst du dich jetzt noch vor dem Turnier damit belasten? Übermorgen ist auch noch ein Tag“ meinte sie skeptisch. „Nein. Den Tag nach dem Turnier brauchen wir zum Koffer packen und außerdem ist es mir dann zu stressig. Jetzt hab ich die Zeit, also werde ich es auch nutzen“ erwiderte Kayla entschieden. „Wie du meinst“ sagte Jayden daraufhin. „Also, dann. Bis nachher“ verabschiedete sich Kayla, drehte sich um und ging. Nachdem sie außer Sichtweite war, wandte Jayden sich an Ashley. „Was ist denn damals vorgefallen?“ wollte er wissen. Ashley seufzte, doch bevor sie etwas sagen konnte, nahm Arina ihr die Erklärung ab. „Ihre Eltern haben sich, als sie gerade einmal zehn war, im Streit getrennt. Ein Jahr später ist sie mit ihrer Mutter nach Japan gezogen und hat ihren Vater seitdem nicht mehr gesehen. Sie weiß nicht, was sie von ihm denken oder halten soll und ist deshalb ziemlich verwirrt. Sie will endlich Gewissheit. Ich kann das gut verstehen“ erklärte Arina. „Ja, so hat sie es mir auch damals erzählt. Ich war die Einzige von uns vieren, die wusste, dass sie aus Russland kommt und das mit ihren Eltern“ nickte Ashley betroffen. „Warum hat sie denn nie etwas erzählt?“ fragte Jayden verständnislos. „Das weiß ich auch nicht so genau. Vermutlich wollte sie kein Mitleid und dass wir uns Sorgen um sie machen“ meinte Ashley nachdenklich. „Das ist typisch für Kayla. So war sie schon immer. Keine Schwäche zeigen und immer durchhalten“ bestätigte Arina. „Ja. Ohne diese Einstellung hätte sie es nie zur-“ fing Jayden an, doch Ashley unterbrach ihn. „Jayden“ sagte sie einfach nur eindringlich. Er verstand den Wink und sagte nichts weiter. Es war nicht allgemein bekannt, dass Kayla bei Dark Nebula gewesen war. Nur die Leute, mit denen sie engeren Kontakt hatte, wussten davon. Es war nie an die Öffentlichkeit gekommen, da Kayla noch vor dem Turnier ausgestiegen war und vorher durch ihre Nachdrücklichkeit – auch wegen Ashley – nichts bekannt gemacht wurde. „Muss ich das jetzt verstehen?“ fragte Arina verständnislos. „Nein“ kam es im Chor zurück. „Sie soll es dir selbst erzählen“ meinte Jayden daraufhin. Arina nickte verstehend. „So, ich geh jetzt. Viel Spaß bei eurem Stadtrundgang“ sagte Ashley und setzte zum Gehen an. „Ja, bis später“ verabschiedete Jayden sich. Als sie außer Sichtweite war, begannen er und Arina ihren Stadtrundgang. Kayla sah sich in einer so vertrauten Umgebung um. Hier war sie damals jeden Tag nach der Schule entlang gelaufen. Ein sanftes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. Es war schön mal wieder hier zu sein. Nach all den Jahren hatte sie vergessen, wie es sich anfühlt, nach Hause zu kommen. Und dabei war das irgendwann mal selbstverständlich gewesen. Unbeirrt setzte Kayla ihren Weg fort. In eine ganz bestimmte Richtung. Zu einem ganz besonderen Ort. Es vergingen noch ein paar Minuten, bis sie ihr Ziel erreichte. Sie verlangsamte ihren Schritt, als sie durch das Villenviertel lief und stoppte vor einem Haus, das in einer langgezogenen Kurve lag. Kayla schluckte schwer. Sie trat an den Zaun und sah sich im Vorgarten um. Er war hübsch bepflanzt, doch ein Teil der Blumen lag noch unter dem bereits wieder schmelzenden Schnee. Verschiedene Szenen spielten sich vor ihrem geistigen Auge ab. Gedankenverloren ließ sie ihren Blick über jeden Winkel des großen Hauses schweifen, bis sie plötzlich aus ihren Gedanken gerissen wurde. „Was machst du da?“ fragte eine weibliche Stimme neben ihr. Kayla zuckte zusammen und zog erschrocken die Luft ein. „Sie haben mich erschreckt“ sagte Kayla ein wenig atemlos. Die Frau, die neben ihr stand, hatte schwarze Haare und braune Augen. Argwöhnisch und misstrauisch wurde die junge Bladerin von diesen gemustert. „Was machst du da?“ wiederholte die Frau abermals. Dieses mal nachdrücklicher und schon fast drohend. Kayla ließ sich davon nicht einschüchtern. „Ich hab früher hier gewohnt“ erwiderte sie deshalb einfach. „Das kann jeder sagen. Verschwinde hier!“ fauchte die Frau wütend. Kayla verstand die Welt nicht mehr. Wer war sie? Und was fiel ihr ein, so mit ihr zu reden?! „Nein, das werde ich nicht“ widersprach Kayla ruhig. „Erst möchte ich etwas wissen.“ „Und was?“ fragte ihre Gegenüber nach. „Wohnt Alexander Hiwatari noch hier?“ fragte Kayla und schien damit die junge Frau vor ihr aus dem Konzept zu reißen. Einen Moment herrschte ein angespanntes Schweigen. „Ja, er wohnt noch hier in diesem Haus“ erwiderte sie. „Wer bist du, wenn ich fragen darf?“ „Ich bin seine Tochter“ antwortete sie fest. Plötzlich wurde der Gesichtsaudruck der Frau vor ihr weich und sie lächelte. „Dann musst du Kayla sein, nicht wahr? Ich bin Anja, seine Verlobte“ erklärte sie. Kayla schluckte schwer. „Ich… Ich wusste nicht, dass er wieder verlobt ist. Nach der Sache mit Mama…“ Sie brach ab. Anja sah sie mitfühlend an. „Komm doch erst mal mit rein. Hier draußen ist es ziemlich kalt. Alex kommt bestimmt bald von der Arbeit“ schlug sie vor. Kayla willigte mit einem Nicken ein. Sie folgte Anja zu dem Haus, in dem sie einst selbst gewohnt hatte. Eine seltsame Anspannung machte sich in ihr breit, als Anja die Haustür öffnete und sie hereinbat. Kayla schluckte schwer und trat ein. Es hatte sich viel verändert, das erkannte sie auf den ersten Blick. Die Treppe war neu, die Bilder an der Wand waren auch nicht mehr dieselben, selbst der Boden war anders. Kayla brauchte einen Moment um sich aus ihrer Starre zu lösen. „Es hat sich eine Menge verändert, oder?“ fragte Anja lächelnd. „Ja, stimmt“ nickte Kayla etwas abwesend. „Komm mit in die Küche. Da können wir uns zusammensetzen“ schlug Anja vor. Kayla nickte nur. Langsam bewegte sie sich durch den Flur in die Küche. Jeder Winkel war hier noch so vertraut für sie. Ein magischer Moment, den sie nicht mehr missen wollte. „Wie lange sind Sie schon mit ihm verlobt?“ fragte Kayla nach und lehnte sich gegen den Türrahmen. „Sag du. Ich bin Anja. Schon seit zwei Jahren“ erzählte die Schwarzhaarige verträumt. Kayla nahm sich die Zeit, die Frau vor ihr etwas genauer zu mustern. Ihre langen schwarzen Haare fielen ihr über die Schultern. Sie war schlank und auch ziemlich groß. Kayla schätzte sie ungefähr Mitte dreißig. Älter war Anja auf keinen Fall. „Doch schon so lange. Ich war schon seit sechs Jahren nicht mehr hier. Aber, wenn ich mich so umsehe kommt es mir vor, als ich wäre ich das Doppelte oder dreifache der Zeit weggewesen“ meinte Kayla. „Du warst damals ja auch noch ziemlich jung. Vielleicht sind einige Erinnerungen nicht mehr ganz so klar, wie damals“ vermutete Anja und bot Kayla mit einer einfachen Geste an, sich zu setzen. Die Braunhaarige nahm das Angebot dankend an und ließ sich auf den Stuhl sinken. Eine Weile herrschte Schweigen zwischen den beiden. Als Anja etwas sagen wollte, unterbrach sie das Klacken der Haustür. „Ich bin wieder zuhause!“ rief jemand. Kaylas Augen wurden groß, als sie die Stimme erkannte. Anja sprang auf und begrüßte ihren Verlobten im Flur. „Alex, du wirst nicht glauben, wer da ist“ meinte sie lächelnd. „Wieso, wer ist denn gekommen?“ fragte Alex verdutzt. In dem Moment kam Kayla aus der Küche und sah ihren Vater erstaunt an. Es war ewig her, dass sie ihn gesehen hatte. „Papa…“ hauchte sie monoton. „Kayla? Bist du das?“ fragte er verwirrt. „Ja, sie war vorhin hier und ich hab sie hereingebeten. Ich hoffe, das war in Ordnung“ meinte Anja. Irgendein unangenehmer Stachel piekste in Kaylas Herz, als sie ihren Vater mit dieser Frau sah. Sie war zwar nett und alles, aber es zerstörte das Bild der glücklichen Familie, welches die Braunhaarige immer noch vor Augen hatte. Alex ging auf seine Tochter zu und umarmte sie. Kayla konnte die liebevolle Geste nicht erwidern. Sie musste erst einmal den stechenden Schmerz in ihrem Brustkorb unter Kontrolle bekommen. „Wie geht es dir?“ fragte Alex lächelnd. Als er sich von ihr löste, sahen sie sich eine Weile in die Augen und plötzlich spürte Kayla heiße Tränen in ihren blauen Seelenspiegeln brennen. Bevor sie etwas dagegen tun konnte, schwappten alle Emotionen über und sie fing an zu weinen. „Papa!“ schluchzte sie und umarmte ihn stürmisch. Alex war völlig überrumpelt von diesem plötzlichen Gefühlsausbruch. Er schloss seine Tochter in die Arme und ließ die Laptoptasche, welche er über der linken Schulter trug, einfach achtlos auf den Boden fallen. Es dauerte ein paar Minuten, bis Kayla sich wieder beruhigt hatte. „Hey, was ist denn los?“ fragte er vorsichtig. „Du… du weißt gar nicht, wie sehr ich dich in den letzten Jahren gebraucht hätte! Wo warst du verdammt?! Mama ist so durchgedreht, nachdem du Schluss gemacht hast! Ich hatte nichts von dir. Keine Nummer, keine Möglichkeit dich irgendwie zu erreichen. Selbst unsere alte Adresse wollte Mama mir nicht verraten!“ weinte Kayla und wischte sich die Tränen weg. Anja sah Kayla mitfühlend an und holte dann ein Taschentuch aus der Küche. „Was ist denn passiert?“ wollte Alex wissen. „Ich hab so viel durchgemacht. Ich hätte dich gebraucht und du warst nicht da!“ schluchzte Kayla abermals. Alex nahm sie tröstend in den Arm. Er verstand die Verzweiflung seiner Tochter durchaus. Er hätte sich allein um ihretwillen darum kümmern sollen, wenigstens ein paar Mal im Jahr nach Japan zu fliegen, um sie zu besuchen. „Bist du von Zuhause abgehauen oder wohnst du immer noch bei deiner Mutter?“ fragte Alex schließlich. „Ich hab schon mit 13 von Zuhause Reißaus genommen“ erklärte Kayla und schluckte schwer. Alex nickte verstehend. „Hat sie sich so sehr nach der Trennung verändert?“ „Ja, verdammt. Ich hab es nicht mehr ausgehalten. Sie hat danach alles in den Sand gesetzt. Um mich hat sie sich auch kaum noch gekümmert. Irgendwann war es mir dann zu bunt. Ich bin abgehauen. Auch wegen meines ehemaligen besten Freundes“ erwiderte Kayla und atmete tief durch. „Was hat er denn damit zu tun?“ fragte Alex verwirrt. Kayla winkte ab. „Lange Geschichte. Ich will auch ehrlich gesagt nicht darüber reden“ erwiderte sie wahrheitsgemäß. Alex nickte daraufhin. „Und bist du wegen des Turniers jetzt hier?“ wollte er wissen. „Ja. Ich und mein Team treten morgen an“ antwortete Kayla. Sie hatte sich endlich wieder beruhigt. Warum es eben so übergekommen war, wusste sie selbst nicht. Vermutlich war sie einfach nur überglücklich ihren Vater nach so langer Zeit wiederzusehen. Verübeln konnte man ihr das nicht. „Weißt du was?“ sagte Alex plötzlich. „Hm?“ Kayla hob den Kopf und blickte ihn erwartungsvoll an. „Wir sollten das zukünftig ändern. Ich würde auch gern wieder Kontakt mit dir haben. Ich weiß ja so gut wie nichts über dich – und dabei bist du meine eigene Tochter“ meinte Alex. Kayla lächelte und nickte. „Ja, dafür wäre ich auch. Aber, kannst du es dir denn leisten, ein oder zweimal im Jahr nach Japan zu kommen?“ fragte sie nach. „Ich hab im Übrigen auch Kunden in Japan. Von daher komme ich da so oder so mal hin“ erwiderte Alex. „Ich würde mich freuen, wenn es klappen würde“ lächelte Kayla zurück. Alex umarmte sie. „Ich mich auch. Danke“ erwiderte die Braunhaarige und atmete tief durch. Eine Weile herrschte Schweigen. Die beiden lagen sich einfach nur in den Armen und genossen die Nähe des jeweils anderen. Anja, die dabei stand, hatte ebenfalls kleine Tränen in die Augen. Die Szene war einfach schön. Noch nie hatte sie so einen bewegenden Moment miterleben dürfen. Nach einer Weile lösten sich Vater und Tochter wieder voneinander. „Versprichst du mir, dass du dich bei mir meldest?“ fragte Kayla. „Natürlich. Und du versprich mir, dass du auf dich aufpasst“ erwiderte Alex. Kayla nickte zuversichtlich. „Na klar.“ Dann stand sie auf. „Ich muss auch so langsam wieder gehen. Die anderen sollen sich keine Sorgen machen“ sagte Kayla schließlich. „Kann ich verstehen. Ich werde mich auf jeden Fall bei dir melden und dich auch besuchen kommen“ meinte Alex. Nun mischte sich auch Anja wieder ein. „Ich würde mich auch freuen, dich wieder zu sehen.“ „Garantiert. Man sieht sich immer zweimal im Leben“ grinste Kayla zurück. Die beiden begleiteten die Jüngere noch zur Tür und verabschiedeten sich dort. Kayla machte sich ohne Umschweife auf den Rückweg zum Hotel. Ein leichtes Lächeln zierte ihre Lippen, auch wenn sie sich eigentlich für ihren übertriebenen Gefühlsausbruch schämte. Abrupt blieb sie stehen. >So etwas sollte ich ganz schnell wieder vergessen. Ich muss meine Gefühle nicht mehr unterdrücken. Außerdem ist so was besser, als es in einer Tour in sich reinzufressen< dachte sie energisch und schnaubte, bevor sie ihren Weg fortsetzte. Eine viertel Stunde später war sie endlich wieder im Hotel. Sie machte sich auf den Weg in das Zimmer, dass sie sich mit Ashley teilte. Beherzt klopfte Kayla an die Tür. Kurz darauf wurde diese geöffnet und Ashley stand darin. Sie grinste. „Hi“ begrüßte sie ihre beste Freundin. „Hey“ meinte Kayla nur lächelnd und betrat das Hotelzimmer. Die Braunhaarige zog ihre dicke Jacke und ihre Schuhe aus und schmiss sich auf ihr Bett. Ashley war verwundert über diese Euphorie. So kannte sie Kayla nicht. „Was ist denn los? So gut drauf?“ wollte die Blonde interessiert wissen. „Ich war wieder zuhause“ erzählte Kayla stolz und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. „Und? Wie ist es gelaufen?“ fragte Ashley interessiert und setzte sich auf ihr Bett. Kayla sah sie an und erzählte ihr alles. Nachdem sie geendet hatte, lag ein warmes Lächeln auf Ashleys Lippen. „Ich freu mich für dich.“ „Und ich mich erst! Ich hätte mir nicht mal mehr im Traum denken können, dass ich Papa noch mal eines Tages wiedersehen werde. Wäre er damals von dort weggezogen, hätte ich ihn nicht getroffen. Das war ein absolut perfekter Zufall“ sagte Kayla grinsend. „Jayden und Arina sind wohl auch ein ‚absolut perfekter Zufall’“ meinte Ashley plötzlich. Kayla richtete sich auf und sah ihre beste Freundin verwundert an. „Wie meinst du das?“ wollte die Teamchefin verwirrt wissen. „Sie scheinen sich echt gut zu verstehen. Jayden hat mir vorhin eine SMS geschrieben, dass er noch eine Weile bei Arina ist und erst heute Abend zurück kommt“ grinste Ashley. Kayla machte einen Schneidersitz und sah Ashley immer noch perplex an. „Ach was“ war Kayla einziges Kommentar dazu. „Ja. Aber ich freu mich für Jayden. Die beiden würden gut zusammenpassen. Wer weiß… Wir sind ja noch ein paar Tage hier. Vielleicht ergibt sich etwas“ meinte Ashley nur. „Ich würde mich auch für ihn freuen“ sagte Kayla schließlich. „Arina ist wirklich nicht verkehrt.“ Einen Moment herrschte Schweigen. „Hast du eigentlich irgendwas von Rafael gehört?“ fragte Kayla schließlich. Ashley nickte eifrig. „Ja, hab ich“ bestätigte sie und holte ihr Handy vom Nachttisch. „Er hat mir vorhin eine SMS geschrieben.“ Kayla stand auf und setzte sich neben ihre beste Freundin, die nun auf ihrem Handy die SMS aufrief. Kayla las sich die Kurzmitteilung durch. Hey Leute! Ich hatte in Japan noch einige Probleme. Sorry, dass ich mich nicht gemeldet hab. Bis zum Turnier in Frankreich bin ich da. Macht euch keine Sorgen. Gruß, Raff „Gut, dann müssen wir uns keine Gedanken machen, wenn wir diese Runde hier gewonnen haben“ meinte Kayla schließlich. „Was er wohl mit ‚einigen Schwierigkeiten’ meint?“ fragte Ashley sich. „Das wird er uns erzählen, wenn er wieder da ist“ erwiderte Kayla überzeugt. „Und was machen wir, wenn er nicht in Frankreich auftaucht?“ wollte Ashley wissen. „Locker bleiben. Noch ist es nicht so weit. Rafael war zwar ziemlich frustriert nach dem Turnier, aber wenn er sagt, dass er bis zum nächsten Turnier wieder da ist, dann wird das auch so sein“ widersprach Kayla fest. „Du hast einen Optimismus…“ schnaubte die Blonde. „Nach allem, was passiert ist, ist das eigentlich ein Wunder“ grinste Kayla. Ashley fing an zu lachen. Warum, wusste sie nicht so ganz. Ihr war einfach danach. Unwillkürlich lachte Kayla mit. Es war das erste Mal seit Wochen, dass sie wieder so ausgelassen war. Nachdem sie sich wieder von ihrem Lachkrampf erholt hatten, sahen sie sich an. „Und jetzt?“ fragte Ashley ratlos. Kayla legte sich wieder auf ihr Bett. „Faulenzen. Morgen haben wir einen harten Kampf vor uns“ erwiderte sie. „Das kriegen wir hin, oder?“ fragte Ashley grinsend. „Na klar“ stimmte Kayla optimistisch zu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)