A simple Job von Desty_Nova ================================================================================ Kapitel 2: Precocial -------------------- „Ich kann nicht fassen, dass du’s nicht wahrhaben willst!“ „Wenn du dich zumindest etwas reifer verhalten würdest wäre es überhaupt kein Thema!“ „Welche Fehler hab‘ ich denn überhaupt gemacht, die du auf mein unreifes Verhalten zurückführen kannst?“ „Es sind nicht deine Taten, sondern deine Einstellung und Lebensweise. Bei deiner momentanen Faul- und Trägheit bräuchte es einen Wunder, dir solch eine Freiheit zuzumuten.“ „Merkst du etwas. Die ganze Zeit benutzt du nur Konjunktive! Du hast doch keinen blassen Schimmer, welch ein wichtiger Lebensabschnitt mir bevorsteht.“ „Wenn du mich beim Fahren noch weiter reizt, bauen wir einen Unfall! Ich sag nun zum allerletzten Mal als deine Mutter: Du wirst nicht ausziehen!“ „Und ich sage dir als Tochter: Eine volljährige junge Frau, die ich einfach bin, kann tun und lassen, was sie will, solange ihr die Chance auf eine Wohngemeinschaft mit ihren Freundinnen in Aussicht steht!“ „Yvette, du warst nicht einmal fähig auf ein kleines Kätzchen aufzupassen. Wie willst du dann selbst zurechtkommen!“ Touché. Mit diesem Satz landete ihre Mutter einen Volltreffer. Sie konnte nicht antworten, da das Gefühl aus Schuld und Verlegenheit ihre Zunge erlahmte, die ihr wie ein Kloß im Hals steckenblieb. Ein Knäuel, das sie wie eine Katze gerne herauswürgen würde, aber nicht schaffte. Schon war sie in tiefen Gedanken versunken. Die trotzige, streitlustige und rasierscharfe Entschlossenheit wich aus ihrem Inneren und verlor sich in einem tiefen Seufzer. Irgendwo hatte Mama ja recht. Für ein 19-jähriges Mädchen wirkte sie immer noch nicht erwachsen genug. „Diese blöde Katze. Einen Augenblick habe ich nicht aufgepasst und schon war sie weg. Vor ein paar Wochen konnte sie kaum auf ihren Beinen stehen. Wer weiß. Vielleicht wollte sie nur ihre Mutter suchen gehen, die bei ihrem Wurf gestorben ist. Während dieser Trauerphase läuft ausgerechnet die einzige davon, die mir Trost hätte spenden können. Mag sein, dass es etwas egoistisch ist, aber schließlich hatte mich ihre Mutter all die Jahre begleitet. Stundenlang lagen wir manchmal auf dem Sofa. Kraulend und schnurrend. Ich mochte es auch, wenn sie sich an meinen Füßen schlängelte, um zu sagen, dass sie hungrig war. Ob ich meine Mutter auch vermissen würde, falls ich jemals ausziehen kann? Jetzt spreche ich selbst schon hypothetisch! Ich wage es kaum sie anzuschauen, denn ich befürchte, dass unsere Blicke sich treffen können. Im Moment will ich jeglichen Blickkontakt lieber meiden. Was wenn dem Winzling etwas angestoßen ist? Nein, nein, nein. Diesen Gedanken darf ich nicht fortsetzen. Ablenkung. Ich brauche eine Ablenkung, die mich auf andere Gedanken bringt. O.K. sie lebt noch und hat sich hoffentlich nur verlaufen. Möglicherweise ist sie instinktiv einem anderen Tierchen gefolgt. Vielleicht einer Heuschrecke, einer Maus oder einer anderen Katze. Hm. Also…“ „Da vorne ist eine Bäckerei und wir sind schon seit Stunden ohne Frühstück unterwegs. Wollen wir eine kurze Stärkungspause einlegen?“ Aus ihrer Vertiefung zurückschreckend: „Was? Wie?“ - „Wir wär’s mit einer Unterbrechung? Ich könnte einen Kaffee gut vertragen.“ Sie nickte zustimmend. Nachdem sie das Auto geparkt hatten, kamen sie zur Bäckerei. Als sich Yve, wie sie von ihren Freundinnen genannt wurde, an einem freien Tisch hinsetzen wollte, fragte ihre Mutter: „Was möchtest du zum Essen?“ - „Mir ist gar nicht nach Essen zumute. Ein Cappuccino dürfte reichen.“ Letztendlich brachte ihre Mutter zusätzlich zu den Getränken zwei Croissants mit: „Etwas musst du ja essen. Sonst fehlt dir die Energie für die weitere Suche.“ Ihre Augenbrauen hebend und tief einatmend musste Yve einwilligen und versuchte ein paar Stücke herunterzubekommen. Das Essen fiel ihr einfacher als erwartet. Sie dachte sich, dass die paar Bissen wohl auch gut für ihren Kummer sein würden. Fast unbemerkt hatte ein anderer mit Tüten beladener Passant die Bäckerei betreten und stellte sich an den Tresen: „Für mich ein Espresso und für meine Freundin ein Schüssel Milch, bitte.“ – „Entschuldigen sie, aber Haustiere sind aus Hygiene-Gründen hier nicht erlaubt.“ entgegnete ihm die Angestellte an der Kasse. Yve wunderte sich wie jemand nur auf die Idee kommen konnte, sein Haustier in eine Bäckerei mitzunehmen. Damit sie sich ein genaueres Bild von diesem Einfaltspinsel machen konnte, drehte sie sich, das Butterhörnchen in den Mund führend, langsam um. Das Gebäck fiel ihr aus der Hand und mit offenem Mund starrte sie völlig überrascht in die Richtung des Mannes mit einer kleinen schwarzen Katze auf der Schulter. Sie konnte nur ein einziges Wort herausbringen: „Nana!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)