Melting Snow von Carameldream (HitsuHina) ================================================================================ Kapitel 5: Switch I ------------------- . . . . Mein Leben war trist. Ich verlor meine Eltern bereits mit jungen Jahren, hatte nie Freunde wegen meines Aussehens gehabt und dann fiel ich noch meiner Großmutter zur Last. Seit dem Tod meiner Eltern bei einem Autounfall, lebte ich bei der Mutter meines Vaters. Sie kümmerte sich immer liebevoll und fürsorglich um mich. Ich glaubte ihr das, was sie mir erzählte. Ich glaubte ihr, dass es ihr gut ging, aber dann sah ich die Rechnungen. Sie zahlte ein Haufen Geld, nur um mich am Leben zu erhalten. Dabei war sie selber schwer krank. Ich habe immer wieder versucht, mit ihr darüber zu reden. Ich wollte arbeiten gehen, um sie zu entlasten. Schließlich hatte sie nur ein geringes Einkommen. Sie bekam Geld vom Staat. Genauer gesagt sie erhielt ihre Rente, aber diese war kaum etwas Wert. Eines Tages kam ich von der Schule und fand einen Krankenwagen vor dem Apartmentkomplex vor. Mit eiligen Schritten war ich die Treppen hochgestürmt und die Flure entlang gelaufen bis ich bei unserer offenen Tür zum Stehen kam. Dort wurde sie gerade von Ärzten rausgetragen. Sie hatte einen Herzinfarkt erlitten, lebte aber noch. Aber für wie lange? Aus diesem Grund zog ich aus. Ich beantragte mein Erbe. Das Haus und alle anderen Habseligkeiten wie das Auto wurden verkauft. Mit diesem Geld zog ich nach Tokyo. In Hokkaido hielt mich nichts mehr. Meine Oma sollte ein sorgenfreies Leben führen können. Ich war 16, somit durfte ich bereits alleine leben. Meine Entscheidung traf Großmutter schwer, aber sie verstand, dass ich es für nötig hielt. Sie ließ mich gehen. Ich zog in ein normales Viertel Tokyos. Die Preise dort waren in Ordnung. Ich mietete mir dort eine kleine Wohnung in einem größeren Wohngebäude. Mehr benötigte ich nicht. Die wichtigsten Möbel hatte ich aus dem alten Haus mitgebracht. Das Geld, das ich erhalten habe, würde für die Miete meiner restlichen zwei Jahre Schule reichen und dann könnte ich endlich arbeiten gehen. Jetzt müsste ich mich wohl auf die Schule konzentrieren. Ich würde monatlich auch Geld an meine Oma entsenden. Sie benötigte sicherlich ab und zu medizinische Hilfe. Sie auch noch zu verlieren, wäre das Schlimmste für mich. Sie schrieb mich da für eine High-School ein und wünschte mir viel Glück. Ich würde die zwei Jahre packen. Da war ich mir sicher. Nicht umsonst wurde ich ein Genie an meiner alten Schule genannt. Ob die Leute deshalb nichts mit mir zu tun haben wollten? Wer wusste dass schon… An meinem ersten Schultag nahm ich mir genügend Zeit, um ausgewogen zu frühstücken. Ich wusste bereits, wie diese zwei Jahre ablaufen würden. Ich kannte mich mit den Gedanken der Menschen aus. Ich war darin gut, Menschen zu analysieren und ihr Verhalten zu deuten. Ich würde wie immer alleine im Klassenraum sitzen. Die Pausen würde ich alleine irgendwo verbringen, wo es ruhig wäre. Und als ich in den Bus stieg, welcher mich zur Schule bringen sollte, kassierte ich die bereits erwarteten Blicke. Sie fürchteten meine weißen Haare und meine hervorstechenden grünen Augen, welche ihnen kühl entgegen blickten. Es war nicht meine Absicht, sie so anzusehen, aber ich wollte nicht versuchen, etwas vorzugeben, was ich nicht war. Denn ehrlich gesagt, ich war ein emotionales Wrack. Ein elternloser Teenager, welcher vor ein paar Tagen seine Oma verlassen hatte, die mich eigentlich brauchte, und ich war jemand, der keine sozialen Kontakte knüpfen konnte. Ich war einfach nie in der Lage gewesen, mich Leuten gegenüber zu öffnen. Besonders seit dem Tod meiner Eltern hatte ich mich immer mehr verschlossen. Nur bei meiner Oma hatte ich ab und zu gelächelt. Das Weinen hatte ich aber verlernt. Ich setzte mich an einen freien Platz ans Fenster. Nicht, weil ich hoffte, dass jemand sich neben mich setzten würde. Ich wusste bereits, dass es keiner wagen würde, selbst wenn das der einzig freie Platz wäre. Ich betrachtete gerne die Geschehnisse am Fenster und wich möglichen Blicken somit gekonnt aus. So auch am heutigen Tag. Nach einem weiteren Halt wurde ich plötzlich aus meinen Gedanken gerissen. Eigentlich ignorierte ich die Gespräche um mich herum, aber diese Worte waren so nah und das hieß, dass mich gerade jemand ansprach. „Darf ich mich setzen?“, fragte eine Mädchenstimme und ich drehte meinen Kopf nach ihr um. Mir fiel auf, dass sie von meinem Blick anscheinend auch beeinflusst wurde. Sie würde sich einen neuen Platz suchen. Ich wandte meinen Kopf ab. Ich konnte, ihr weder verbieten sich neben mir niederzulassen, noch sich einen neuen Platz zu suchen. Sie hatte auf mich wie ein nettes Mädchen gewirkt, aber das waren sie ja alle eigentlich und das machte am Ende keinen Unterschied mir gegenüber. Zu meiner Überraschung setzte sie sich doch neben mich und mir fiel durchaus auf, dass sie ein paar Male neugierig zu mir sah. Ich konnte es ihr nicht verübeln. Mein Aussehen wirkte alles andere als normal. Es waren nicht nur meine Haare und Augen. Nein, ich war auch für mein Alter von der Größe her klein. Doch sie lächelte vor sich hin, als stelle sie sich gerade etwas Schönes vor. So ein Gesichtsausdruck trug eigentlich niemand außer meiner Oma in meiner Anwesenheit. Deshalb fing ich an zu überlegen. Also die Möglichkeiten wären: ihre Gedanken waren so schön, dass sie meine Anwesenheit anscheinend vergessen hatte. Sie fand mich nicht so schlimm. Oder…sie reagierte meinetwegen so. Ich tippte eher aufs Erstere. Aber sicher konnte ich mir nichts ein. Ich hatte es anscheinend mit dem naiven und sensiblen Typ Mädchen zu tun. Auf jeden Fall verfiel sie in einen Zustand, wo man sie kaum wieder herausholen konnte. Eine Träumerin also. Der Bus hielt und ich wollte so schnell wie möglich aussteigen. Ich sah nach rechts, aber das schwarzhaarige Mädchen rührte sich nicht. Sie starrte mit offenen Augen nach vorne. Sie waren von einem warmen braun, aber das spielte keine Rolle. Sie versperrte mir den Weg. „Würdest du bitte aufstehen?“, gab ich etwas gereizt von mir. Sie war nicht wirklich Schuld daran, dass ich absolut keine Lust verspürte in diese Schule zu gehen, aber sie erleichterte die Situation auch nicht wirklich für mich. Auf jeden Fall sprang sie plötzlich auf und entschuldigte sich hastig bei mir, ohne mich wirklich dabei anzusehen. Mit diesen letzten Worten verließ sie im Sturm den Bus. Verwirrt sah ich ihr kurz nach. Was für ein eigenartiges Mädchen. Nach weiteren zehn Minuten saß ich im Klassenzimmer, in welches ich zugeteilt wurde. Alle Schüler redeten fröhlich miteinander und erzählten von Erlebnissen aus ihren Ferien. Unsere Klassenlehrerin kam auch bald rein. Ich verdrehte meine Augen, als ich die ganzen Jungs sah, die sie sabbernd ansahen. Erbärmlich. Das Beste war ja noch, dass die liebe Lehrerin es aus eigenem Wille provozierte. Das war mal ein tolles Vorbild! Die zwei Jahre würden hoffentlich wie im Flug vergehen, denn länger wollte ich diese Lehrerin nicht ertragen. Das konnte ich jetzt schon sagen. Ich hörte ihr nur mit halbem Ohr zu. Ich bekam gerade noch mit, dass Tische rücken angesagt war. Die Lehrerin, die sich als Rangiku Matsumoto vorgestellt hatte, hatte meine jeglichen Respekt verloren. Ich sollte einen Lernpartner bekommen? Ich hörte meinen und den Namen eines Mädchens und unsere Plätze. Ich seufzte. Ich stand auf und begab mich dahin. Das Mädchen saß bereits da. Das erinnerte mich stark an das Mädchen, das heute im Bus gesessen hatte. Als sie sich vorstellte, erkannte ich sie. Sie war es tatsächlich. Langsam kam mir die Situation komisch vor. Sie musste sich auch erinnert haben, denn sie sah mich kurz wortlos an und unterbrach somit ihre Vorstellung. „Shiro-chan…“ Meine Augenbraue fing an zu zucken. ‚Ganz ruhig…‘ Natürlich war ich sauer, dass sie mich so nannte. Ich war nicht stolz auf meine recht kleine Größe, aber das Schlimmste an der Sache war, dass nur meine Mutter das Recht gehabt hatte, mich so zu nennen. Keine andere Person durfte es wagen. Absolut niemand! Sie schien nicht, zu der dummen Sorte zu gehören, sie entschuldigte sich. Zwar hatte sie nur rumgestottert, aber es klang in meinen Ohren ehrlich und reuevoll. Ich würde es ihr wohl verzeihen müssen, ich war ja immerhin kein Unmensch. Ihr schien es schwer zu fallen, mit mir zu reden. Das hatte ich bereits bemerkt. Schüchtern war sie also auch noch. Das würde kompliziert werden mit ihr. Ich seufzte. „Hitsugaya, bitte. Von mir aus auch ‚Hitsugaya-kun‘. Aber um alles auf der Welt nicht ‚Shiro-chan‘. Alles klar?“ Auf meine Worte hin nickte sie und lächelte mich anscheinend dankbar an. Ich wandte meinen Blick ab. Sie war verwirrend. Ich verstand nicht, wie sie sich darauf freuen konnte, dass ich ihr verziehen hatte. Wieso bedeutete ihr das so viel? Ich war nur ihr Klassenkamerad. Nichts mehr. In den darauf folgenden Tagen bestätigte sich mein Verdacht. Ihr Verhalten offenbarte mir ihre Persönlichkeit, nicht dass es mich besonders interessierte, mir war während des Unterrichts nur langweilig. Die Lehrer erzählten mir keine neuen Neuigkeiten. Aus diesem Grund analysierte ich eben ihr Verhalten gegenüber mir, den verschiedenen Lehrern, den anderen Schülern und natürlich ihrer Freunde. Sie hatte schwarze Haare, die sie immer zu einem Dutt hoch steckte oder zu einem Hochzopf band. Er hatte sie nie mit offenen Haaren gesehen. Ihre braunen Augen strahlten Wärme und Zuversicht aus. Sie wirkte schüchtern ihm gegenüber, aber so war es eigentlich bei jedem männlichen Wesen. Nur gegenüber Kurosaki und Ishida schien sie offener zu sein. Sofort war mir auch klar geworden, dass ihr viel an unserem Englischlehrer Aizen-sensei lag. Wirklich, dieses Mädchen war einfach zu offensichtlich. Außerdem träumte sie gerne vor sich hin. Sie starrte mal nach vorne an die Wand oder nach draußen. Meistens aber lag ihr Kopf einfach auf dem Tisch. Aus diesem Grund wurde sie auch von Kurotsuchi-sensei rausgeschickt. Ich hatte geahnt, dass diese Träumerei ihr noch zum Verhängnis werden würde. Seltsamerweise empfand ich die Stunde als noch langweiliger als sonst. Mir fehlte eben eine Beschäftigung. Aus diesem Grund widmete ich mich ihren Freunden. Eine war eine weitere schwarzhaarige, Kuchiki Rukia, sie war ziemlich laut und nervig meiner Meinung nach. Sie gab die ganze Zeit Kommentare von sich, die überhaupt keinen Sinn ergaben. Manchmal war sie aber so ernst, dass man daran zweifelte, ob sie wirklich so ihre Persönlichkeit verändern konnte. Neben ihr saß Kurosaki Ichigo, mit dem ich Fußball spielte. Ich war dem Verein beigetreten, um etwas Bewegung in mein Leben zu bringen. Er besaß orangene Haare. Zuerst dachte ich ja, er sei vom Charakter mir ähnlich, aber er war irgendwie doch anders. Alleine schon deswegen, dass er Kuchiki immer so ansah, als wäre sie sein Licht. Ich konnte das nicht wirklich nachvollziehen. Sie waren viel zu verschieden. Inoue und Ishida hingegen waren bisher ein Rätsel für mich. Das Mädchen versteckte eindeutig etwas hinter ihrem stets fröhlichen Gesicht und was den Jungen betraf. Ich glaube, auf ihn traf dasselbe zu, nur lächelte er nicht, um dies zu verdecken. „Hitsugaya, hole Hinamori bitte wieder rein, wir kommen zum Ende der Stunde.“ Ich stand ohne wiederrede auf. Um ehrlich zu sein, fand ich es sogar interessant zu sehen, wie sie reagieren würde, wenn ich aus der Tür treten würde. Bestimmt war sie in ihren Gedanken und träumte wieder vor sich hin. ‚Hoffentlich ist sie nicht eingeschlafen…‘ „Du sollst wieder reinkommen“, meinte ich, als ich zu ihr in den Flur trat. Ich sah sie an, um ihre Reaktion einzuschätzen. Sie starrte zurück und schien tatsächlich verwundert. Ihr Gesicht wirkte etwas blass. Sie antwortete mir nicht. Vielleicht ging es ihr nicht gut? „Geht es dir nicht gut?“, fragte ich noch einmal nach und legte meinen Kopf schief. Das machte ich immer, wenn ich meine Neugier ausdrückte. Das hatte ich mir angewöhnt, da meine Oma nie wusste, ob mich etwas interessierte, da meine Stimme ziemlich monoton klang. Dumme Angewohnheit! Sie lief rot an. War sie krank oder machte ich sie nervös? Letzteres konnte ich mir auch vorstellen. Sicherlich war es ihr aufgefallen, dass ich ab und zu ihr Verhalten analysierte. „N-nein…es g-geht schon“, stotterte sie mit entgegen und wirkte noch verlegener. Das verwirrte mich, ehrlich gesagt. Wir sollten besser wieder rein. Wortlos ließ ich sie dann dort stehen und begab mich wieder auf meinen Platz. Als sie sich setzte warf ich ihr kurz einen Seitenblick zu. Erneut war sie in Gedanken. Dann ließ sie ihren Kopf auf den Tisch krachen. Ich sah verdattert weg. Was ging bitte in ihrem Schädel ab? Hoffentlich war sie bei bester psychischer Gesundheit, ansonsten hätte ich wohl ein Problem. Am nächsten Tag verbat Kurotsuchi-sensei es ihr in die Pause zu gehen, da sie während seiner Physikstunde wieder einmal nicht aufgepasst hatte. Mir konnte es egal sein, dass hatte sie davon, wenn sie ihre Umgebung nicht ernst nahm. Ich fischte mir ein Buch aus meiner Schultasche und verließ mit den anderen das Klassenzimmer. Draußen angekommen setzte ich mich unter einen großen Baum. Er spendete Schatten und verbarg mich vor den meisten Blicken. Ich hasste es. Diese misstrauischen Blicke. Überall war es dasselbe Spektakel. Niemand wollte mich bei sich haben. Nur in meinem Fußballteam wurde ich einigermaßen geschätzt, da ich ein guter Stürmer war. Man sagte mir, ich sei begabt. Leider brachte mir mein sogenanntes Talent nicht viel. Ich wurde gemieden und dem Anschein nach gefürchtet. Absolut jeder schien dieser Meinung an dieser Schule zu sein. Das dachte ich zu mindestens bis ich einen anderen Blick spürte. Ich ließ meine Augen über den Schulhof gleiten. Nein, Fehlanzeige. Ich muss mich wohl geirrt haben. Seufzend lehnte ich mich an den Baumstamm und starrte nach oben in den Himmel. Erst dann fiel mir auf, dass man unser Klassenzimmer von hier aus sehen konnte. Wie ich darauf kam? Ich wurde von meiner Tischnachbarin beobachtet. Sie wirkte so nachdenklich wie immer. Ich musste mir ein leichtes Lächeln unterdrücken und wandte mich wieder meinem Buch zu. Dieses Mädchen…Nein, sie hieß Hinamori Momo. Ich sollte mir, dass auch so merken. Ich sah auf meine Uhr und richtete mich auf. Die Pause würde bald zu Ende gehen, ich sollte mich schon mal auf den Weg machen. Ich mochte dieses ganze Gedrängel nicht an den Eingängen. Ich trat als Erster in das Klassenzimmer ein und es klingelte. Ich sah wie Hinamori sich von meinem Stuhl aufrichtete und suchend aus dem Fenster sah. Suchte sie tatsächlich nach mir? Seufzend gab sie es auf und setzte sich erneut auf meinen Stuhl. Dann schien sie erneut nachdenklich, aber nur für einen kleinen Moment. Sie kicherte. Ich konnte mir nicht verkneifen ein Kommentar abzugeben, als ich dann bei unserem Tisch ankam. „Ich wusste ja gar nicht, wie lustig es ist, auf meinem Platz zu sitzen und Leute aus dem Fenster zu beobachten.“ Sie fuhr herum und ihre Augen bohrten sich plötzlich in meine. Ich musste sie wirklich überrascht haben. Ihr Ausdruck wechselte binnen von Sekunden. Zuerst wirkte sie fröhlich, dann zutiefst überrascht, dann erschrocken und dann beschämt. Letzteres erkannte ich daran, dass ihr Gesicht sich in ein herrliches Rot wandelte. Amüsiert betrachtete ich dies. Wie schnell sie doch aus dem Konzept zu bringen war. Ich konnte ihre nächsten Handlungen bereits vorhersehen. Sie würde versuchen sich zu entschuldigen. „Ich…also…“, fing sie an, schien es aber dann aufgeben zu wollen. Ohne weitere Worte zu verlieren, wechselte sie die Stühle und wich meinem Blick aus. Ich setzte mich darauf auf meinen Platz und sah kurz zu ihr rüber. Ich verstand kurz nicht, warum es ihr so peinlich gewesen war. Ich an ihrer Stelle hätte den Vorfall schnell vergessen. So begann die Stunde. Matsumoto-sensei trat hinein und fing an ihr Gift zu sprühen. Sie war mit äußerst unsympathisch, denn sie nahm ihren Job einfach nicht ernst. Wie sollte ich bloß meinen Respekt gegenüber solchen Personen bewahren? Zum Ende der Stunde beschloss ich, ihr doch meine Aufmerksamkeit zu schenken. Immerhin schien es doch an Wichtigkeit zu haben. Also blickte ich nach vorne. „Nun…ich habe eine wunderbare Idee…! Hört zu!“, fing sie an und blickte erwartungsvoll in die Runde. Ich sah schon eine Katastrophe auf uns alle zukommen. Ich hoffte nur, ich würde davon verschont werden. Ich wollte nicht darin verwickelt werden. Sie fuhr leider fort: „Wie ihr sicherlich wisst, ist kurz vor den Winterferien immer ein Schulfest. Jede Klasse hat einen Stand zu eröffnen, der für Unterhaltung oder Verpflegung sorgt. Aber da ich jetzt eure Klassenlehrerin bin, habe ich mir etwas Wunderschönes ausgedacht.“ Und erneut legte sie eine Pause ein, um die Reaktion der Klasse sich anzusehen. Ich konnte es in einem Wort bereits beschreiben: Unbehagen. Keiner kannte diese Frau und ahnte aus diesem Grund nicht, was sie mit ihren Worten wohl meinte. Ich wusste nur, dass mir die Situation bereits nicht gefiel. Konnten wir nicht einfach einen Sandwichstand machen? Das war einfach und alles andere als stressig. „Nun ich habe mir überlegt, dass wir ein Theaterstück aufführen werden!!“ Wie bitte? Was war in ihrem Kopf nur falsch? Womit ich nicht rechnete, war jetzt jedoch die darauf folgende die Reaktion von Kuchiki. Diese sprang voller Elan von ihrem Platz und stellte sich zu Matsumoto-sensei. Ich sah wie ihr Nachbar, Kurosaki, Kopf schüttelnd ihr nachsah. Was hatte sie ausgeheckt? Dort fingen die beiden an zu diskutieren und von den Gesichtern beider zu urteilen, musste Kuchiki eine wirklich gute Idee haben. Natürlich galt das nur aus der Sicht unserer guten Lehrerin. Wieso grinsten die Beiden um die Wette? „Wundervoll, Kuchiki-chan!! Das machen wir auf jeden Fall. Und perfekter Rollenvorschlag noch dazu.“ „Ich weiß.“ Sie warf dabei einen Blick in die Richtung von Hinamori. Das war mir sofort klar. Die Haltung von ihr versteifte sich innerhalb von Sekunden. Wenn sie schon mit dem Schlimmsten rechnete, musste dieses auch eintreten. Sie tat mir irgendwie Leid. Ihre angebliche beste Freundin schmiedete Pläne und diese betrafen sie eindeutig. „Kuchiki-chan hat mir eine wundervolle Idee vorgeschlagen, meine lieben Freunde. Wir werden ‚Romeo und Julia‘ vorführen!! Das ist zwar ein Klassiker, aber davon kann man gleichzeitig auch nie genug kriegen, nicht wahr?“ Sie wirkte zufrieden und zwinkerte auch in Hinamoris Richtung. Diese wurde augenblicklich rot und fing an auf den Tisch zu starren. Sie tat mir wirklich leid. „Nun Kuchiki-chan hat mir eine recht gute Besetzung vorgeschlagen und ich glaube, dass würde wirklich passend werden.“ Pause. „Nun sperrt eure Lauschen auf.“ Erneute Pause. „In ‚Romeo und Julia‘ wird die Rolle der Julia von Hinamori Momo übernommen. Die Rolles des Romeos hat Kuchiki-chan Hitsugaya Toshiro zugewiesen. Ich finde es passend.“ Super. Sie war Julia und ich sollte Romeo sein. Was soll das bitte werden? Ich blickte unsere Lehrerin an, die weiterhin fröhlich die restlichen Rollen verkündete. War sie noch ganz von Sinnen? Hatte sie überhaupt eine Ahnung, was sie mir mit ihrem Egoismus antat? Sie verlangte von mir, in die Rolle eines schnulzigen Typen zu springen, der um seine Liebe kämpfte? Ich hatte doch überhaupt keine Ahnung von so etwas! Und schon gar nicht hatte ich Interesse daran, mich auf der Bühne lächerlich zu machen. Ich sah kurz zu Hinamori, welche sich total paralysiert an die Lippen fasste, als würde sie an…Verdammt. Das kam ja auch noch dazu. Ich würde sie küssen müssen. Und das würde sicherlich vorher noch geübt werden müssen. Dann geschah es plötzlich. Völlig unerwartet wurden meine Wangen ziemlich warm. Nicht doch! Nein, ich wurde jetzt nicht rot. Da musste ein großer Irrtum vorliegen! Hitsugaya Toshiro wurde wegen so banalen Dingen wie Küssen nicht rot und schon gar nicht in der Öffentlichkeit. Ich musste etwas unternehmen, ich hatte mein Image zu bewahren. „Wieso fragen Sie uns eigentlich nicht, was wir darüber denken, sensei?“ Es klang wie ein Vorwurf. Eigentlich sollte es auch einer sein. Musste man sich bei so etwas nicht eigentlich freiwillig beteiligen? Wieso wurden ich und sie dazu einfach gezwungen? Man sah es mir vielleicht nicht an, aber alleine die Dunkelhaarige zeigte, wie unangenehm ihr die Situation war und mit mir als ihren Partner hatte sie eben kein Glück gehabt. Musste man das weiterhin so strapazieren? Auch wenn sie mich anscheinend nicht wirklich fürchtete. „Aber Hitsugaya-kun...ich finde euch beide ziemlich passend für diese Rolle und ihr wollt doch nicht einen Vermerk im euren Zeugnissen bekommen, oder??“ Sie fügte bei diesen Worten schon fast ein sadistisches Grinsen hinzu. Diese Frau wollte eindeutig mein Ende. Denn sie besaß tatsächlich den Nerv, mich zu erpressen! Ich ließ mir kurz noch übrige Möglichkeiten durch den Kopf gehen, nur um festzustellen, dass es keine weiteren gab. Ich war ihr ausgeliefert, also gab ich seufzend auf. In jenem Moment fiel mir auf, dass meine Nachbarin mich intensiv musterte. „Was ist?“ Es klang ziemlich unfreundlich aus meinem Mund, dass wusste ich, aber ich hatte wirklich nicht die Laune, auf gute Laune zu mimen, wenn dem nicht so war. „Ich wollte mich für Rukia-chans Verhalten entschuldigen. Sie handelt immer sehr nach ihrem eigenen Willen.“ Ihr Blick wollte mich einfach nicht freigeben. Wieso entschuldigte sie sich immer wieder für Dinge, mit welchen sie eigentlich nichts zu tun hatte? Sie musste wohl eines dieser überhöflichen Mädchen sein, die sich für alles verantwortlich fühlen mussten. Es war keine schlechte Eigenschaft, aber momentan etwas nervig. Es war ihr nämlich anzumerken, dass sie sich schwer tat, den Augenkontakt zu halten. Die ganze Situation schien sie immer noch ziemlich nervös zu machen. Es geschahen noch andere Dinge, die ich nicht mehr nennen möchte, da sie äußerst peinlich und für mich ziemlich unangenehm waren, aber eines behielt ich in Erinnerung. „Ich zeig dir gleich ‚süß‘. Noch einmal und du lernst mich kennen….“ „Das will ich doch auch.“ Dieses Mädchen war einfach unglaublich... Hinamori Momo überraschte mich doch immer wieder und ich glaubte inzwischen zu wissen warum, auch wenn es ziemlich unglaubwürdig klang. Ich war ja immerhin nicht dumm oder so. Ich konnte Dinge zusammen zählen und daraus sinnvolle Schlüsse ziehen. Mir selbst war der Gedanke plötzlich unangenehm. Aus diesem Grund weiß ich auch nicht, wie ich darauf kam, während des Sportunterrichts Kurosaki eine Zusage darauf zu geben, mit ihm, Kuchiki und Hinamori in den Freizeitpark zu gehen. Ich hatte nichts gegen Attraktionen oder so, selbst ich empfand so etwas wie Spaß bei solchen Dingen, aber ich hatte seinen bzw. den Plan seiner Freundin sofort durchschaut. Also warum hatte ich mich überreden lassen? Obwohl ich wusste, dass die Beiden planten mich mit Hinamori zu verkuppeln? Inzwischen war ich mir nämlich sicher, dass Hinamori nur aus einem Grund sich die ganze Zeit so verhielt. Sie wollte mir gefallen. Sie mochte mich. Und nach ihrem Verhalten zu urteilen, empfand sie doch etwas mehr als Freundschaft mir gegenüber. Wieso ich das ahnte? Nun die ersten Anzeichen dafür hatte mir mal die eine Musikstunde geliefert. Als sie sich neben mich niedergelassen hatte, war zunächst alles wie immer. Doch plötzlich hatte ich ihren musternden Blick auf mir gespürt. Ich hatte es zunächst abgetan. Es war ja kein Verbot Leute anzusehen, aber als dieses Starren die normale Zeitgrenze überschritt, wurde ich doch etwas skeptisch. Ich drehte meinen Kopf in ihre Richtung und wollte eigentlich fragen, ob etwas an mir nicht in Ordnung war. Hätte ja sein können, dass mein Hemd knittrig war oder so. So etwas fiel Mädchen ja meist schneller auf. Ihr Gesicht verfärbte sich rot, als unsere Blicke sich trafen. Sie schien leicht zu hyperventilieren und bekam Atemnot. Darauf kippte sie um. Völlig verdattert hatte ich ihr dabei zugesehen, bevor Kurosaki sich zu Wort meldete, um sie ins Krankenzimmer zu bringen. Er konnte sich dabei das Lachen nicht unterdrücken und hatte mich so angesehen, als wäre das ganze meine Schuld gewesen. Natürlich war ich stutzig geworden. Deshalb hatte ich sie auch den restlichen Tag und die Tage danach vorerst ignoriert, aber dann fiel mir noch ein, dass wir uns bald zu den sogenannten Lerntreffen zusammenfinden mussten. Ich hätte es verschoben, aber mir war keine kluge Ausrede eingefallen. Am dem Tag, wo wir uns nun treffen sollten, hatte sie mich darum gebeten, am Schultor auf sie zu warten. Sie wollte nur noch kurz mit ihrer besten Freundin reden. Es schien wichtig zu sein, also hatte ich nichts dagegen eingewendet. Warum auch? Es war ihre Sache. Nach einer Weile kam sie auch schon angerannt. Sie hatte sich auch entschuldigt. Wie immer eben. Der restliche Weg zu ihrem Haus verlief relativ still. Wir saßen im Bus und schwiegen einfach. Ich wusste, dass Hinamori etwas weiter weg wohnen musste. Immerhin fuhr sie jeden Tag mit dem Bus zur Schule, auch wenn sie den vorherigen nahm und nicht den nächsten, in den ich immer einstieg. Das war eine kluge Entscheidung von ihr, denn der Bus war dann immer voller als sonst. Das musste sie auch wissen. Nun die Fahrt war doch nicht so ruhig. „Es ist schön warm, oder? Schade, dass es jetzt schon Herbst ist.“ „Ich mag den Winter lieber.“ Dass sie ein Sommerkind war, hätte ich mir denken können. Sie schien aber auf meine Antwort kurz zu erstarren. Entweder hatte sie keine Antwort von mir darauf erwartet oder sie war davon enttäuscht, dass ich nicht mehr gesagt hatte oder zu mindestens versuchte das Gespräch weiterzuführen. Ich wollte nicht reden. Es hatte nichts mit ihr zu tun. Ich wusste, dass sie einer dieser Menschen war, die nichts weitersagen würden, wenn man sie darum bat, aber trotzdem wollte ich, keine unnötigen Informationen von mir geben. Sie versuchte es aber weiter. „Meine Eltern sind arbeiten, also sind wir dann zu zweit alleine. Ich hoffe es macht dir nichts aus.“ Ich erwiderte darauf nichts. Musste sie ihre Familie ansprechen? Sie hatte natürlich keine Ahnung, was für Erinnerungen in mir plötzlich aufkamen. Sie waren tot. Hinamori wartete sicherlich jeden Abend auf ihre Ankunft und begrüßte sie herzlich. Ich hatte niemanden mehr, den ich so begrüßen konnte und meine Oma hatte ich alleine gelassen. Es war fies, dass wusste ich, aber ich musste sie davon abhalten weitere Fragen zu stellen. Ich kannte sie gut genug, um zu wissen, wie ich es anstellen musste. „Ich lebe alleine.“ Die gewünschte Wirkung trat ein. Sie blickte schuldbewusst auf ihre Hände, welche sie verkrampft auf ihren Schoss gelegt hatte. Sie rechnete sicherlich mit dem schlimmsten. Zu Recht – aber das würde ihr nicht noch zusätzlich auf die Nase binden. „Danke, dass du heute gekommen bist, Hitsugaya-kun.“ „Sicher. Ich bin froh, dass ich mit dir meine Zeit nicht verschwendet habe. Du bist nicht so verblödet wie manch anderer, obwohl ich das von dir erwartet hätte. Ich meine, bei deiner ganzen Träumerei kann man auch nichts Anderes erwarten.“ Eines musste man ihr immerhin lassen. Sie war ein intelligentes Mädchen. Deshalb verwunderte es mich auch umso mehr, dass sie so ein unsicherer Mensch war und ihre Zeit mit Träumen vergeudete. Sie machte so einen völlig anderen Eindruck auf ihre Mitmenschen. „Hitsugaya-kun…wegen meines Ver-…“, fing sie auf einmal an und sah mich dabei leicht verlegen an. Jedoch schien sie etwas realisiert zu haben, denn sie fuhr ihren Satz nicht fort. Ein völlig verwirrter Gesichtsausdruck besetzte ihr vorher noch fröhliches Gesicht. Träumte sie schon wieder? Wahrscheinlich. „Es wäre nett, wenn du deinen Träumereien nicht einfach so mal verfallen würdest, Hinamori.“, meinte ich etwas lächelnd und verließ darauf ihr Haus. Sie hatte etwas sagen wollen. Ich hatte keine Ahnung, was es war, aber es würde wohl nicht so wichtig gewesen sein. Am nächsten Tag war sie noch seltsamer drauf wie sonst. Sie schien irgendwelchen Gedanken nachzuhängen. Wenn sie ihren Träumen nachhing, hatte sie meist diesen zufriedenen Ausdruck auf ihrem Gesicht und schien kurz davor zu sein vollends glücklich zu sein. Aber ihr momentaner Gesichtsausdruck schien völlig anders zu sein. Sie blickte fast schon verzweifelt. Ihre Augen zeigten einen Schmerz, der mir nur allzu bekannt war. Verlust. Wieso dachte sie schon wieder an so etwas? Sie sollte nicht über solche Dinge nachdenken, die sie traurig machten. Sie musste lächeln, denn das konnte sie am besten. Ohne weiter nachzudenken, nahm ich mein Skript und schlug ihr damit leicht auf den Kopf. „Oi…“, stieß ich bereits aus. Ich war genervt darüber, dass sie anscheinend meine Handlungen kontrolliert hatte. Soweit durfte ich es nicht kommen lassen. „Was ist denn, Hitsugaya-kun?“ „Ich wollte dich nur daran erinnern, dass wir im Unterricht sind und du nicht zu träumen hast.“ „A-a-achso…d-danke…äh…Hitsu-…Hitsugaya-kun.“ Schon wieder war sie so rot. Sie wandte sich ab. Wenn sie so weiter machen würde, würde ich noch auf falsche Gedanken kommen. Denn so wie sie sich verhielt, könnte man meinen, dass sie in mich verknallt war. Ich stutzte über meine eigenen Gedanken. Unsinn. Das konnte nicht wahr sein. Sie war einfach ein ziemlich schüchterner Mensch. Das musste es sein. „Hhm…ist mit dir etwas nicht in Ordnung? Gestern warst du auch schon so…hast du vielleicht Fieber?“, fragte ich sie, um sicher zu gehen. „I-ich…? N-nicht doch!“, sie schien kurz nach Worten zu suchen, „M-mir ist n-nur eingefallen, d-dass…dass du d-deinen Kugelschreiber b-bei m-mir vergessen hast.“ Hastig kramte sie in ihrer Tasche und holte einen blauen Kugelschreiber hervor. Es war tatsächlich meiner. Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte, da sie ganz bewusst, das Thema gewechselt hatte. Wenn sie sich schon die Mühe machte, dann würde ich sie wohl auch in Ruhe lassen müssen. Ich sah erneut aus dem Fenster. Die Wolken waren heute vielleicht schön… „Das ist super. Dann bis morgen, Toshiro.“, verabschiedete sich Kurosaki von mir nach dem Fußballtraining. Ich zischte nur. „Für dich heißt es immer noch Hitsugaya und schon bald Hitsugaya-taichou!“ Kurosaki lächelte nur wissend auf meine Aussage hin und ging dann seines Weges. Wie hatte ich nur zusagen können? Ich seufzte und trat meinen Nachhauseweg an. Morgen würde ich also einen Tag mit Hinamori verbringen. Ein Date. Ich war noch nie auf einem Date gewesen. Bis jetzt hatte ich meine Zeit stets in Schule investiert. Das eine oder andere Mädchen hatte manchmal Interesse an mir gezeigt und mich nach einer Verabredung gefragt. Ich hatte alle abgewiesen und jetzt sollte ich einfach so mal auf ein Date gehen? Ich freute mich nicht sonderlich darauf, aber ich verabscheute auch nicht den Gedanken, mit Momo auf ein Date zu gehen. Was sollte das jetzt bitteschön heißen? Am nächsten Tag befand ich mich bereits früh auf dem Weg zu diesem Freizeitpark. Ich wohnte gleich um die Ecke. Ich war also zehn Minuten vor dem eigentlichen Zeitpunkt da. Wieso tat ich mir das an? Sicherlich würde der Tag sowieso nur reine Zeitverschwendung sein und außerdem wollte ich Hinamori keine falschen Hoffnungen machen. Sie war ein nettes Mädchen, sie verdiente meine Abweisung nicht und mich verdiente sie schon gar nicht. Es gab Jungs an unserer Schule, die Interesse an ihr zeigte, sie hatte es natürlich nicht bemerkt, aber ich sah es. Zwar hatten sie Hinamori auch nicht verdient, aber sie waren für sie besser als ich. Ich war eine kalte Person. Sie brauchte jemanden, der sie vor den bösen Seiten der Welt beschützen könnte. Ich war ganz bestimmt nicht der richtige dafür. Ich würde ihr nicht gut tun. Endlich kam auch das Pärchen zum Eingang. Kuchiki winkte mir freudig zu. Das Ganze war ihre Idee. Ich sollte sie ausfragen, aber sie würde mir nicht antworten. Da war ich mir sicher. „Ist Momo-chan noch nicht hier?“, fragte sie scheinheilig in meine Richtung. Das konnte sie doch selbst sehen oder warum fragte sie mich das. Ich musste keine unnötige Luft verschwenden. Sie würde schon selbst darauf kommen. „Hitsugaya-kun, würdest du bitte Momo-chan entgegen kommen? Sie trödelte sicherlich wie immer. Du musst nur diese Straße entlang gehen.“ Jetzt verstellte sie ihre Stimme noch. War ich ihr Hund? Sie würde das noch zurückbekommen. Damit konnte sie rechnen. Mit einem letzten Blick auf die Beiden wandte ich mich ab und ging in die gesagte Richtung. Dabei hielt ich nach dunklen Haaren Ausschau. Das was natürlich schwierig. In Japan hatten nahezu alle Menschen dunkle Haare. Dann war ich bei der Kreuzung angekommen. Gelangweilt stand ich da. Es war rot. Ich sah mich um und fand. Sie stand auf der anderen Seite und lächelte. Mich hatte sie anscheinend noch nicht ausmachen können, denn sie gab kein Zeichen der Erkennung von sich. Als die Ampel auf Grün sprang, fiel mir auf, dass von links ein Auto auf die Kreuzung zuraste. Dieses Auto wurde von einem Polizeiwagen verfolgt. Ich seufzte. Jetzt musste sie wohl doch länger warten. Ich sah nach vorne und bei Nahe verlor ich meine ruhige Fassung. Sie lief über die Straße und bekam von gar nichts mit. Sie musste bei der Mitte der Straße gewesen sein, als ihr das Fahrzeug erst auffiel. Sie blieb wie versteinert stehen und starte in die Richtung, die ihr wahrscheinlich den Tod bringen würde. Wieso bewegte sie sich nicht? Stattdessen streckte sie ihre Arme schützend vor sich. Ihr Gesicht zeigte pure Angst. Verdammt, wieso bewegte sie sich nicht? Wollte sie ihren Tod auf dieser Straße finden? Das Auto verlangsamte nicht. Es würde sie in wenigen Sekunden wahrscheinlich treffen. Sie sollte nicht sterben! Und dann fing ich an zu laufen. Das Auto im Blickfeld. Mein Blick war aber auf das Mädchen vor mir gerichtet. Ich packte ihr linkes Handgelenk und zog sie nach hinten in meine Richtung. In einem gewissen Sicherheitsabstand schloss ich meine Arme um sie, damit ja nicht zurück stolperte. In jenem Moment fuhren beide Autos immer noch mit hohem Tempo an uns vorbei. Ich verstärkte meinen Griff. Ihre Knie schlotterten immer noch wie Wackelpudding. Sie hing schon fast. Ich konnte sogar ihren heftigen Atem spüren. Immer wieder streifte er meine Haut. Das machte mich etwas nervös. Ich bewegte uns zurück zum Bürgersteig. Sie richtete sich auf und schaute mich direkt an. Ihr Blick wirkte überrascht. Und dann wirkte sie plötzlich so unheimlich erleichtert. Das erkannte ich daran, dass ihre Gesichtszüge sich entspannten. „Shiro-chan…“ Ich wollte etwas Bissiges darauf erwidern, doch sie sprang mir in die Arme. Ihr Griff verstärkte sich und ihre Haare fingen an meine Wange zu kitzeln. Auch erreichte ihr Schluchzen meine Ohren und meine Schulter wurde von Sekunde zu Sekunde nässer. Ich konnte nicht anders, als meine Arme erneut um sie zu schließen. Sie musste furchtbare Angst gehabt haben. Natürlich hatte sie sich von dem Schrecken noch nicht erholt. Was hatte ich den erwartet? Dass sie anfangen würde zu lächeln und über diesen Vorfall zu lachen? Das war doch sogar bei ihrem sonstigen Standard unrealistisch. Ich hatte ja geahnt, dass so etwas kommen würde, aber was hatte sie in ihrem letzten Satz gesagt? Natürlich meinte sie es nicht so, wie es für jeden Typen klingen musste, aber trotzdem klang es ziemlich doppeldeutig. Selbst für meine Ohren. Und bei Hinamori könnte ich mir sogar vorstellen, dass sie zum Dank wahrscheinlich alles machen würde. Eine gute Sache war es, dass ich ihr geholfen hatte. „I-ich habe es nicht so gemeint, Hitsugaya-kun! Ich würde nie...ich meine, ich werde natürlich nicht...äh...“ „Ich verstehe.“ Und ich drehte mich um. Immerhin warteten Kuchiki und Kurosaki noch auf uns. Sie folgte aber nicht. Ich seufzte. „Hinamori jetzt komm schon. Kuchiki und Kurosaki warten bereits auf dich eine Weile und haben mich los geschickt, um dir entgegen zu kommen.“ Und plötzlich rauschte sie an mir vorbei, worauf sie dann in Rukias Armen stehen blieb. Hatte ich etwas Falsches gesagt? Ich hatte keine Ahnung, wie sie mich auch noch überreden konnte, in das Riesenrad zu steigen. Vielleicht sorgte ich mich doch ein wenig um ihr Wohlergehen und ließ mich deshalb so leicht überreden, denn sie hätte auch gar nicht mehr leben können. Die Welt wäre sicherlich ein Tick dunkler ohne ihre Anwesenheit. Ich sah zu ihr und begegnete ihrem Blick. Sie lächelte wieder. Es wirkte sogar ziemlich ehrlich. Was war in ihrem Schädel nur nicht in Ordnung? Musste sie nicht losweinen oder so? Sie konnte doch unmöglich den Schock bereits verarbeiten haben! „Sag mal, Shiro-chan…sind wir Freunde?“ „Nenn mich nicht Shiro-chan!“ Wieso wollte sie mit mir befreundet sein? Ich wusste zwar, dass sie mich sehr zu mögen schien, aber man konnte ja nie wissen. Vielleicht versteckte sie eine fiese Persönlichkeit hinter ihrer ach so unschuldigen Fassade. ‚Da man so etwas auch so leicht verstecken kann. Bleib realistisch, Hitsugaya.‘ „Shiro-chan?“ Jetzt reicht es aber! „Hör mal, Hinamori. Ich bin 16 und keine 6 Jahre alt. ‚Shiro-chan‘ ist somit völlig unpassend für mich. Ich weiß ja nicht, wie es bei dir ist, aber dem Anschein nach, machst du jede Nacht auch noch ins Bett. Warum du noch anscheinend in dem Alter von neun stecken geblieben bist, weiß ich nicht. Dafür kann ich auch nichts. Aber ich bin ein erwachsener Mensch und möchte auch als solcher bezeichnet werden.“ Rache war süß. Gut, dass ich eines der Gespräche zwischen Kuchiki und Kuroskai mal belauscht hatte – auch wenn eher unfreiwillig. „D-das stimmt d-doch g-gar nicht!“ Schon wieder wurde sie rot. Sie richtete sich auf und versuchte mich völlig überzeugt anzusehen. Ich musste mir ein Grinsen unterdrücken. Das sah irgendwie…süß aus? Das Riesenrad hielt an und sie kam ins Stolpern. Plötzlich fühlte ich mich an die Sportstunde erinnert. Da war sie auch in mich reingerannt. Diesmal stützte sie ihre Hände aber neben meinem Kopf ab und ihr Gesicht war so nahe, dass ich schon befürchtete von der plötzlichen Nähe einen Schrecken zu kriegen. Fast sah es so aus, als würde sie mich küssen wollen, aber das lag wahrscheinlich daran, dass wir uns so nah waren. Doch da schien noch etwas Anderes zu sein...und ich wusste nicht, was es war, da sie sich von der Glaswand abstieß und nach hinten torkelte. Sie ließ sich auf ihrem Platz nieder. „Hitsugaya-kun…lass uns Freunde sein, okay?“, meinte sie und setzte sich dabei neben mich. Sie gab einfach nicht auf. „Hn…“ Jetzt fing sie schon wieder damit an. Vielleicht sollte ich einfach nachgeben. Ich ließ meinen Blick nicht von dem Fenster los. Ich wollte nicht ihren Augen begegnen, denn sie verunsicherten mich. Es musste eine viertel Runde vergangen sein, als ich ihren Kopf auf meiner Schulter spürte. Gleichzeitig schlossen sich ihre Arme um mich und sie drückte sich an mich. Zusätzlich griff sie noch in meine Haare, wodurch ich gezwungen wurde sie anzusehen. Und als ich sie ansah, bemerkte ich, dass sie schlief. „Baka…“, nuschelte ich und sah weg. Natürlich wurden wir beim Aussteigen von den anderen beiden erwartet. Sie erhofften sicherlich irgendwelche Früchte ihrer Verkupplungsaktion. War das vielleicht nervig. Sie hielten Händchen. Also hatten sie endlich die Wege zueinander gefunden. Ach wie schön. Momentan konnte ich mich nicht wirklich daran erfreuen. „Ichigo und ich sind jetzt zusammen“, fing Kuchiki an. „Ich freue mich so für euch“, erwiderte Hinamori und fügte an Kurosaki gewandt noch hinzu, „Pass auf sie auf, Kurosaki-kun.“ „Keine Sorge, Momo, bald kommst du auch mit deinem Romeo zusammen“, schnitt Kuchiki aus heiterem Himmel an. Aber es ging noch weiter. „Immerhin gibt es einige süße Jungs an unserer Schule. Oder wie wäre es mit Kira-kun. Er ist sicherlich interessiert und er studiert ja auch schon...“ Bei diesen Worten blickte sie an Hinamori vorbei und sah in meine Richtung. Mein Gesicht musste Bände für sprechen, denn sie fing an zu grinsen. „Naja, wir beiden gehen jetzt. Hitsugaya, bringe Momo-chan bitte sicher nach Hause. Bis dann!“ Wir beide starrten dem Pärchen hinterher bis sie hinter die nächste Ecke verschwunden waren. Hinamori schien erneut in Gedanken zu sein. Wie mein eigener Gesichtsausdruck wohl aussah? Ich fühlte mich gerade nämlich seltsam. Denn wieso machte Kuchiki so offensichtliche Anspielungen? Das waren doch nur irgendwelche Worte von ihr gewesen, um mich eifersüchtig zu machen. Eifersüchtig. Nein, dass konnte es auch nicht sein. Ich und eifersüchtig? Da müsste ich ja schon ein gesundes Interesse an Hinamori haben und das hatte ich nicht. Zu mindestens nicht in dem Sinne, in welchem diese Kuchiki es sich vorstellte. „Los gehen wir, Hinamori.“ Sie drehte sich zu mir um. Ihr Gesicht hatte die Farbe einer überreiften Tomate. Hatte sie es tatsächlich in Erwägung gezogen, dass dieser Typ und sie…? Jetzt klang ich wirklich eifersüchtig. Das musste aufhören, bevor ich noch durchdrehen würde. Ich drehte mich um. Dieser Blick, welcher auf meinem Gesicht herrschen musste, war nicht wirklich für ihre Augen bestimmt. Es war für gar keine Augen bestimmt. Wir liefen still nebeneinander her bis wir ein Haus erreichten, wo sie dann stehen blieb. Sie hatte die ganze Zeit versucht, Gespräche anzufangen, ich hatte natürlich alle ihrer Versuche abgewehrt. Zu groß war die Chance, dass sie etwas über mich in Erfahrung bringen konnte. Sie drehte sich lächelnd zu mir. „Ich wollte dir für den heutigen Tag danken, es hat mir ziemlich viel Spaß gemacht. Ich hoffe, wie werden gute Freunde. Wir sehen uns dann am Montag. Gute Nacht!“ Dann küsste sie ich auf meine rechte Wange und drehte sich zu ihrem Haus um. Fröhlich summend betrat sie dann ihr Zuhause. Ich stand wie angewurzelt an dieser Stelle und hielt meine rechte Wange. Verdammt. Was war das bitte für eine Reaktion von meiner Seite? Wurde ich krank? Und als ich in meinem Bett lag, spürte ich immer noch mein Herz wie wild pochen. Sie wollte, dass aus uns gute Freunde werden sollten. Tja, dass das ging jetzt wohl nicht mehr. Wenn das keine Ironie war. Sie bedeutete mir doch mehr. Verdammt. Verdammt. Verdammt! . . . . 6. Switch I Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)