Regen von Undine (Tropfen auf erhitzter Haut) ================================================================================ Kapitel 3: Turbulenzen & Veränderung ------------------------------------ Es war nun gegen 16.30 Uhr und ich spielte mit meinem Schokoladeneis herum, zog den kleinen Löffel am Rand des Glases entlang und vergrub mich in Gedanken. Neben mir grübelte Anna, selbst in Gedanken und kaute auf dem Stift des Cafés herum. Vor ihr lag ein kleiner Block, auf dem sie konzentriert Notizen schrieb. „Was soll ich jetzt machen?“, fragte ich vorsichtig an. Anna warf mir ein müdes Lächeln zu, ich hatte übersehen das sie heute nur 3 Stunden geschlafen hatte und den ganzen Tag im Laden war. Ein leichtes Gähnen war zu hören, als sie sich streckte und die Hand vor den Mund hielt. „Vielleicht sollten wir das später machen, ich möchte nicht das du wegen mir so fertig bist.“, besorgt sah ich sie an, doch sie blickte mich nur herausfordernder an. „Machen wir es jetzt, dann haben wir es hinter uns, außerdem kann ich hier genug Kaffee trinken.“ Bei diesen Worten musste ich zusammenzucken. „Alles ok?“, sie hatte es bemerkt, doch ich nickte leicht und wand meinen Kopf ab. Anna musterte mich, aber widmete sich dann wieder ihren Notizen. „Gut.“, kam es nach einer Minute von ihr. „Ich hätte einige Fragen an dich, wenn, müssen wir das genauestens Planen.“ Ich nickte nur, dann mal ran, endlich wurde es ernst. „Wie sieht es mit deinem Abschluss aus? Du hast doch bestimmt bald Prüfung?“ Anne setzte sich so, das sie mich genau ins Visier nehmen konnte. Ich schluckte und setzte dann zur Antwort an. „Wir haben diesen Monat Prüfung, aber ich brauche nicht mehr viel lernen, ich hab den meisten Stoff im Kopf.“ So war es auch, ich konnte fast alles auswendig. „Was heißt 'der meiste Stoff'?“ „Nun ja, außer Kunst, kann ich fast alles auswendig, ich würde sagen so 98%.“, dabei musste ich lächeln. „Wie ist dein Notendurchschnitt Natha?“ Nun grinste ich sie breit an. „1,2 aber ich kann mich noch auf 1,0 verbessern, sollte ich in den Prüfungen volle Punktzahl erlangen.“, ich war ziemlich stolz auf meine schulischen Leistungen und auch Anna lächelte mich an. „Dann weißt du also was du nach deinem Abitur machen möchtest?“ Oh, mein lächeln verschwand, denn erst seid kurzem wollte ich das herausfinden. Ich drehte meinen Kopf beiseite und verneinte. Doch es kam keine Rüge ihrerseits, eher ein Seufzen und das verletzte mich ungemein, auch wenn sie dafür gar nichts konnte. Ich schämte mich so sehr, mir bisher kaum Gedanken gemacht zu haben. Erst seid meine Mutter mit Cambridge kam, hatte ich angefangen selbst über mein Leben nachzudenken und es bestimmen zu wollen. Immer wurden mir die Entscheidungen abgenommen, immer musste ich ein artiges Kind sein, genauso perfekt wie meine Mutter es haben wollte. Was mein Vater wollte, wusste ich nicht genau, aber der arbeitete eh nur schwer. Also seid gut zwei Wochen setzte ich meinen eigenen Kopf ein, wollte wirklich Leben und das aus eigener Kraft. Der Vorteil war das ich mich nicht mehr wie eine Puppe fühlte, sondern das Lebendigkeit in mir steckte, aber der Nachteil war auch nicht zu verachten. Ich hatte in meinem ganzen Leben unglaublich viel verpasst und das wurde mir erst nach und nach bewusst, denn bei einigen fühlte ich mich sofort überfordert, die Welt aus Befehlen ausführen und alles auswendig lernen war so schön einfach. Doch so durfte es nicht weiter gehen und ich musste mich dem stellen. „Du bist wirklich ein behütetes Kind aus gutem Hause.“, schreckte mich Anna aus meinen Gedanken hoch. War das jetzt böse gemeint? Würde sie mir jetzt doch nicht helfen? Ich blickte in ihre Richtung, doch sie schaute mitnichten böse, sondern verständnisvoll. „Wie meinst du das jetzt?“, hackte ich unsicher nach. „Hast du dir jemals Gedanken um deine Zukunft gemacht?“ „Nein, aber..“, sie unterbrach mich. „Deine Eltern haben dich eingelullt und so einen goldenen Käfig um dich geschaffen. Du bist sehr geprägt durch deine Eltern, konntest kaum eigene Erfahrungen sammeln. Du bist zwar sehr Intelligent was angehäuftes Wissen anbelangt, doch wenn es um Mentale Intelligenz geht, bist du wie ein Kleinkind.“ Ich war still, so verdammt still und sah sie nur mit großen Augen an. Anna hatte recht. Ich neigte meinen Kopf nach unten, als ich mich so für mich selbst schämte. Sie hatte so verdammt recht und ich würde doch gar nichts mitbringen um sie unterstützen zu können. „Dann sollten wir es lassen.“, murmelte ich, denn gerade hatte ich für mich nur Verachtung übrig. „Natha, sieh mich an.“, doch ich weigerte mich strickt, das war mir alles zu unangenehm, was mir auch das üble Gefühl in meinem Magen sagte. „Natha.“ Nein ich wollte nicht, ich mochte nicht mehr und wieder stahlen sich kleine verräterische Tränen in meine Augen. Mein Kinn wurde fest umfasst und ein leichtes Keuchen entwich sich meinen Lippen, ihre Augen fixierten meine. „Eigentlich wollte ich gerade anfügen, das du einen starken Willen besitzt. Oder habe ich mich da geirrt?“ Ich schüttelte meinen Kopf. Nun lächelte sie mich wieder an, und ich konnte nichts gegen das Herzklopfen in meiner Brust machen. Ihre andere Hand strich meiner Wange entlang. „Weißt du was du machen musst Natha?“, ich schüttelte erneut meinen Kopf und sie ließ mein Kinn los und setzte sich wieder auf ihren Platz. „Da du so eine gute Schülerin bist, möchte ich das du Erfahrungen sammeln gehst. Die Tage vor den Prüfungen lernst du und bist konzentriert, an den anderen Tagen werden wir uns treffen und..“, nun lächelte sie wieder leicht. „Du sollst dich selbst finden. Die ersten Schritte hast du hierzu schon getan. Das wichtigste ist erst einmal das wir deine Schwächen und Stärken kennenlernen, sodass wir wissen welche Ausbildung, beziehungsweise welches Studium du antreten wirst.“ Ich strahlte, das war irgendwie eine wunderbare Idee. Ich strich meine braunen Strähnen aus dem Gesicht und blickte errötend zum Boden. Irgendiwe war das zu schön, um wahr zu sein. „Ok.“, waren ihre entschiedenen Wörter und ich blickte neugierig auf. „Was denn?“, erkundigte ich mich brennend. „Ich denke, du solltest jeden Samstag bei mir Jobben. Da du nun 18 bist, müssen deine Eltern keinen Vertrag unterschreiben und du kannst das alles persönlich in die Hand nehmen. Das wiederum heißt auch das deine Eltern nicht zwangsläufig darüber Bescheid wissen werden und es wird dir zusätzliche Erfahrungen in deiner Selbstständigkeit bringen.“ Ich musste zugeben, ein wenig graute es mir schon davor, denn nie zuvor hatte ich irgendwo gearbeitet und von den Aufgaben konnte ich mir momentan kein Bild machen. Wieder schämte ich mich für meine Unwissenheit, entschloss mich aber sie darauf anzusprechen. „Was muss ich dann machen?“ Ein mildes Lächeln folgte meiner Frage, denn meine Stimme zitterte ein wenig. „Mich in der Buchhaltung unterstützen. Ich werde dir zuvor natürlich alles erklären und du wirst diese dann für mich erledigen.“ Ihr schönes Gesicht neigte sich zur Decke, als sie verstummte und ihren eigenen Gedanken nachging. Ich konnte nicht umhin, die zarten und dennoch ausgeprägten Gesichtszüge zu mustern, der kleine und dennoch volle Mund, ihre großen, grünen Augen, die wenn man genau hinsah, kleine goldene Punkte die die grüne Farbe ein wenig sprenkelten. Ihre blonden Haare hingen leicht in das Gesicht, kitzelten die Wangen, aber die Länge endete abrupt kurz über ihren Ohren. Alle in allem wirkte ihr Gesicht dadurch scharf geschnitten und wirkte androgyn. Ihre Figur tat ihr übriges, denn sie besaß zwar keine breiten Schultern wie vielleicht ein Mann, doch diese wirkte eher burschikos und die Brüste zeichneten sich kaum unter dem blauen Hemd ab. Aber am meisten faszinierten mich ihre langen Beine, die sie im Gegensatz zu mir hatte. Während ich eher klein und kurvig war, so war sie mein genaues Gegenteil und ich empfand sie als verdammt schön. Besorgte und fragende Augen blickten mich an, denn ich hatte auf ihre Frage nicht reagiert, war wie versteinert gewesen, von ihrem Antlitz, dabei schien ihr Geist noch so viel mehr zu bieten. „Nathalia? Hast du mich verstanden?“ Ich krampfte meine Hände zusammen, denn ich wollte mir keine Blöße geben. „Öh, ja natürlich.“, doch ihr Blick blieb skeptisch. „Und was habe ich dich eben gefragt?“ Ich lief puterrot an, denn so hatte ich mich nun doch blamiert. So senkte ich meinen Kopf und blickte verlegen zur Seite. „Tut mir Leid. Was hattest du eben gesagt?“ Sie seufzte und ein Kichern folgte darauf, welches mir Bienenschwärme durch meinen Magen trieb. „Ich habe dir Vorgeschlagen, das du bis Juli bei deinen Eltern wohnst und dannach zu mir ziehen kannst, sodass du vorübergehend eine Wohnung hast.“ Sofort schnellte mein Kopf nach oben. „Bis Juli noch?“ „Du musst deine Schule beenden. Ich möchte keinen Ärger mit deinem Vater haben.“ Ach ja, mein Vater der Anwalt. Es war vielleicht ein wenig Selbstsüchtig, doch ich konnte nicht vermeiden, das sich eine Lippen schmollend verzogen. Anna hatte recht, ich hatte bisher in einem goldenen Käfig gelebt und auch wenn meine Freiheit sehr eingeschränkt war, so hatte ich auf der anderen Seite sehr ausschweifend gelebt. So langsam sickerte dieses Bewusstsein in mich und der erste Prozess einer gewissen Reife setzte in mir ein. Es war ein komisches Gefühl, sich selbst so gewahr zu werden, doch ich entdeckte mich nun selbst und das zauberte mir ein dankbares Lächeln auf meine Lippen. „Ich danke dir, Anna.“, hauchte ich ihr so entgegen und ich war froh, dass das Schicksal mich irgendwie zu ihr gebracht hatte. Ihr lächeln war nicht minder beeindruckend, denn darauf nahm sie mich in ihre Arme und sie erzählte mir von meinem bevorstehenden Stundenlohn, der in meinen Augen recht wenig betrug, sie mir aber dazu erklärte das ich nun in anderen Dimensionen denken müsse. Als sie von meinem Erspartem erfuhr, entwich ihr ein pfeifender Laut und meine Sparkonten, rissen sie fast vom Stuhl. Irgendwie schienen wir beide wirklich in unterschiedlichen Dimensionen gelebt zu haben, oder wenn ich es mir genau betrachte, so ist es doch auch in der Gesellschaft so. Der Nachmittag verging, eine gewisse Planung wurde angesetzt, natürlich von Anna, denn ich konnte mit mir immer noch nicht viel anfangen. Der Abend begrüßte uns sogleich und alsbald mussten wir uns trennen, auch wenn ich darauf gehofft hatte, mehr als freundschaftliche Umarmungen gab es nicht und ich erwischte mich den Abend dabei, wie ich Gedankenverloren meine Lippen mit meinen Finger entlang strich. Der Spiegel beschlug und erst da hörte ich auf, wischte mit meinen Händen, die Spuren hinterließen, den Spiegel wieder klaren und blickte mich neugierig an. Nervös zog ich an meiner Unterlippe, biss meine Zähne das Fleisch durchbohrt hatten und ich metallischen Geschmack wahrnahm. Mich störte es nicht, als sich die Badezimmertür öffnete und mein Vater mich fragend ansah. „Was?“, ich drehte mich ihm nicht zu, sondern fixierte das Blut, welches ich auf meine Lippen leckte und es durch den Spiegel faszinierend wahrnehmen konnte. Erst war Stille, denn mein Vater schien mit sich zu ringen, ich hatte ihn noch nicht einmal begrüßt. „Ich erwarte von dir morgen benehmen.“ Der gute Ruf also wieder. „Mach dir keine Sorgen, ich werde perfekt sein.“, meinte ich mechanisch. Ich wand mich vom Spiegel ab und meine Augen suchten sofort die Tür, ignorierten meinen Vater vollkommen und so ging ich an ihm vorbei. Leise schloss ich die Tür, denn ich wollte ihn nicht noch mehr reizen, als ich es nicht so schon getan hätte. Ich zuckte zusammen, als ich den dumpfen Laut aus dem Bad entnahm. Etwas zersplitterte und ich ging eiligst in meinen Raum. Dort liefen mir stumme Tränen herab, während ich bedrückt aus meinem Fenster sah. „Ach, es ist ja so schön zu sehen, wie die kleine Nathalia erblüht ist.“ Meine Wangen glühten, als meine Tante mir abermals das schon Wunde Fleisch griff. Ich ließ es widerstandslos über mich ergehen, ich hatte es meiner Mutter, aber auch zuletzt Anna versprochen, damit der Haussegen die letzten Monte nicht so schief hing. „Ja, in der Tat.“, gab meine Mutter mit mir an. Ich konnte mir dazu nur ein müdes Lächeln abringen. Es war zwar April, doch die Sonne hatte uns schönes Wetter beschert, es herrschten um die 25 Grad und ich steckte in einem piekfeinem weißen Kleid. Wir saßen auf der pompösen Terrasse meiner Eltern, auf teuren Gartenmöbeln, umgeben von perfekt geschnittenen Grünflächen, Bäumen und Blumen. Man könnte dies als Himmel bezeichnen, doch es war meine persönliche Hölle. „Ach Nathalia.“, ein lang gezogenes Seufzen ertönte. „Wo sind denn deine Freundinnen? Hast du denn keine eingeladen?“ Ich versteifte mich abrupt, während meine Tante ihren Kaffee trank und mich dabei scharf fixierte. „Sie hat keine.“, antwortete meine Mutter so kühl, als sei es das normalste der Welt. Meine Zähne zermalmten sich gegenseitig, als ich mir jedes Kommentar verkniff. Tante Beatrice, die Zwillingsschwester meiner eben gesprochenen Tante Sara, griff unsere Unterhaltung auf. Im Gegensatz zu Sara, kam ich mit Beatrice besser zurecht, sie war freundlicher und kein so elendes Miststück wie ihre Schwester. „Und dein Freund?“, schmunzelte diese fröhlich, den taxierenden Blick ihrer Schwester übersehend. Wieder antwortet meine Mutter, doch dieses Mal hatte sie die Nase gerümpft. „Ich würde es mir verbieten, sie in diesem Alter mit irgendeinem Straßenjungen ausgehen zu sehen.“ Tante Sara und meine Mutter wieherten vor Lachen, während Beatrice mich besorgt ansah. „Nun lass doch deine Tochter einmal selbst sprechen.“ Ja, sollte diese mich sprechen lassen so würden wüste Beschimpfungen meinen Mund verlassen. Zumindest wünschte ich es mir. „Nein, ich habe keinen Freund.“ Aber... fing ich in Gedanken an. Was? Vielleicht eine Freundin? Irgendwie beunruhigte mich dieser Gedanke, auch wenn ich Anna mehr als mochte. „Wieso hast du keine Freundinnen? In deinem Alter ist es äußerst wichtig, gute Beziehungen zu anderen aufzubauen. Man weiß nie ob diese später benötigt werden könnten.“ Es schüttelte mich innerlich, als sie Freundschaft mit geschäftlichen Beziehungen gleichtat. Waren wir alle so? Wir in der Oberschicht. Meine Laune nahm rapide ab, auch wenn ich heute so schon nicht der Sonnenstrahl war. Ausnahmsweise war ich froh, das meine Mutter wieder das Wort übernahm, denn so musste ich mir meine eigenen Unzulänglichkeit nicht gewahr werden lassen. „Sie geht auf eine staatliche Schule, ich denke das diese Mädchen kaum geeignet für sie wären.“ Zwar verletzten mich ihre Worte und ich schämte mich für diese, aber ich konnte meinen Mund halten. Ich hatte schon Freundinnen gehabt, doch meine Mutter hatte alles unterbunden, da diese aus viel niederen Gesellschaften kamen und mir nicht angemessen seien. Ich schluckte den Kloß, der sich hart in mir anfühlte, herunter und seufzte schwermütig. Davon bekamen beide nichts mit, denn sie unterhielten sich lautstark über die niedere Jugend heutzutage und deren sündhaften Ausschweifungen. Wenn die nur wüssten. Es läutete und meine Mutter begab sich auf den Weg, die Gäste einzulassen, während ich in meinen eigenen Gedanken war, französisch Vokabeln von A bis Z durchging und so nach und nach Prüfungsstoff wiederholte. Das ließ mich die Welt herum ein wenig vergessen und ich lächelte leicht, da ich mich innerlich freute, alles gelernte noch in mir behalten zu haben. Doch dies wurde allerdings falsch aufgefasst, denn meine Mutter kniff mich hart in den Arm, denn ich hatte die Familienfreundin und ihren Sohn nicht begrüßt. Ich blickte auf und sah in saphirblaue Augen. Ich legte mein aufgesetztes Lächeln auf und begrüße Marinka und John herzlich. Heucheln. Alles war so geheuchelt, als wir uns über meinen bevorstehenden Abschluss unterhielten, Johns Kunststudium, welches er zur damaligen Überraschung von uns beiden, von seinen Eltern bewilligt bekommen hatte. Seine braunen Haare wehten sanft im Wind, als er mich neugierig musterte, irgendwie anders. Er war, wenn man es so nennen konnte, der einzig konstante Freund, den ich bis dato besaß. Anna jetzt herausgenommen. „Gold, Gold, Gold.“, nuschelte ich abwesend, während alle anwesenden um mich herum, außer John, Gold trugen. Nun gut, mein Vater mochte auch kein Gold, aber er war nicht anwesend, da er wieder zu einem wichtigen Fall herangezogen wurde. Ich quietschte kurz auf, als ich die scharfen Fingernägel meiner Mutter im Nacken spürte, die mich mahnte, adäquat zu erscheinen. Als niemand hinsah, streckte ich ihr die Zunge aus und verließ die Terrasse um Ruhe in der Küche zu finden. Der Nachmittag ging so langsam vorbei und ich beobachtete das träge untergehen der Sonne und die kühle Brise, welche mir durch das offene Küchenfenster entgegen wehte. „Scheint ja heute nicht gerade nach deinen Wünschen zu gehen.“, hauchte er mir in meinen Nacken hinein. Gänsehaut befiel mich und ein erschauern breitete sich in mir aus. „Du sollst mir nicht so nahe kommen. Wie oft soll ich dir das noch sagen?“, maulte ich. Ein leises Lachen ertönte hinter mir, während sich seine Arme um mich schlangen. „Unseren Müttern würde dies gefallen.“, seufzte er mir entgegen. Er umarmte mich schon immer so, deswegen empfand ich nichts schlechtes dabei. „Bestimmt.“, stimmte ich ihm zu und kuschelte mich an ihn. „Weißt du nun, was du nach deinem Abschluss machen möchtest?“ Ich nickte automatisch. „Ausziehen.“ Und wieder erklang sein helles Lachen. „Weißt du schon wie?“ „Eine Freundin hilft mir. Frag nicht nach, erst wenn alles geklappt hat, werde ich es dir ausführlich erzählen.“ Ich fühlte seine Haare entlang streifen, als er mir nickend bejahte. „Lass uns rein gehen, bevor die feinen Damen sich aufregen.“ Ich grummelte leicht vor mich hin, doch es half nichts und so folgte ich meinem Kinderfreund wieder hinaus auf die Terrasse. Ich war froh, als der Tag langsam vorbei ging und meine Geburtstagsfeier zu ende war. Die Tage flogen dahin, wurden zu Wochen und ich sah Anna kaum noch, außer an jedem Samstag. Anfangs fiel es mir unglaublich schwer, die Arbeit sicher auszuführen, denn auch wenn ich alles auf Anhieb verstand, so war ich mir unsicher und patze bei den ersten Aufgaben. Buchführung war an sich eine ziemlich simple Sache, sehr logisch und war von daher keine schwere Aufgabe. Ich protokollierte Lieferungen, nahm bestand auf und stellte selbst eine Liste zusammen, die das Inventar darstellte. Irgendwann, so nach etwa 3 Wochen fiel es mir leichter, denn eine gewisse Selbstsicherheit schlich sich herein und ließ mich die Aufgaben ohne Fehler ausführen. Vor Kundenkontakt scheute ich noch immer, denn ich war unstet und wusste nicht genau wie ich mit den Kunden umgehen sollte. Anna an sich war eine sehr geduldige Person, korrigierte mich, ohne allerdings verletzend zu sein. So trugen meine ersten Erfahrungen auch zu neuer Selbstsicherheit, die mich von Tag zu Tag strahlender machten. Ich freute mich, nützlich sein zu können, und das Lächeln, welches mir Anna ab und an zuwarf, war fantastisch. In der Schule lief alles glatt, ich konnte mich konzentrieren, denn auch meine Mutter schien Rücksicht auf mich zu nehmen und an jedem Prüfungstag fand ich nun Orangensaft vor, wenn auch an den anderen nicht. Selbst wenn diese Gesten aus reinem Egoismus waren, so freute ich mich dennoch und konnte mich nicht des wärmenden Gefühls in mir erwehren. Schließlich war sie meine Mutter. Ich begrüßte meine Klassenkameraden strahlend, während diese sich Sorgen machten und vorher noch eine Menge Stoff pauken wollten. Doch das würde nicht viel helfen und so saß ich schwitzend im Klassenzimmer, zur letzten schriftlichen Prüfung und ließ die kühle Brise mich erfrischen. Es waren noch etwa 45 Minuten über, doch selbst nach dem dritten lesen, konnte ich keinerlei Fehler entdecken und gab die Prüfung mit einem spannungsgeladenen Gefühl ab. Mein Lehrer lächelte mir zu, denn ich gab meine Blätter immer früher als die anderen ab. In der glühenden Hitze, hielt ich mir meine Hände vor die Augen, denn auch wenn die Prüfungen für mich einfach waren, so fühlte ich mich dennoch ausgelaugt. Ich zuckte zusammen, als ich das Hupen neben mir wahrnahm und so, mit großen Augen, auf dem Schulhof den roten BMW betrachtete. Anna. Ein strahlendes Grinsen schlich sich über meine Züge, als ich zu ihr lief. Ich umrundete den BMW, meine Finger zogen die glatte Oberfläche nach, während ich zur Fahrertür ging und sie durch das offene Fenster anstrahlte. „Guten Tag, Chefin.“, meinte ich gut gelaunt. Sie sah super aus, die dunkle Sonnenbrille gab ihr etwas verwegenes und ihr Mund war zu einem spöttischen Grinsen verzogen. „Schmiere nicht so um mein Auto herum, sondern steig ein.“ Ich salutierte lachend und begab mich zur Beifahrerseite. „Wie lange hast du schon gewartet?“ „Nicht lange, etwas um die 30 Minuten. Du bist sowieso immer früher fertig.“ Ich schmollte gespielt, das letzte mal war ich viel eher fertig gewesen, doch da hatte ich auch weniger zu schreiben gehabt. „Das lag am schreiben! Ich musste viel zu viel aufschreiben!“, regte ich mich gespielt auf. Anna lachte und fuhr an. Es war schön, das sie mich seid der letzten Prüfung abholte. Ein kribbeln breitete sich in mir aus und ich verfolgte den Verkehr nur halbherzig. Außer den Samstagen hatten wir uns eher wenig gesehen, doch nun bekam ich immer mehr von ihr. „Nicht mehr lange und du kannst ausziehen.“ Ich schreckte aus meinen Gedanken auf. „Wie kommst du jetzt darauf?“ „Ich freue mich darauf.“, war ihre pragmatische Antwort und mein Herz schlug heftig auf. Ich schluckte schwer und meine rechte Hand umklammerte die Halterung der Tür. „Ich weiß aber noch nicht was ich studieren soll.“, seufzte ich ergeben. „Du hast ein Jahr zeit dich zu entscheiden. In dieser Zeit werden wir wie es wie abgesprochen haben, Intuitiv Bewerbungen abschicken und dann die Zusagen aussortieren. Dann kannst du dich entscheiden. Erstmal wirst du das Jahr bei mir arbeiten und zur Ruhe.“ Ja, so hatten wir es abgesprochen. Alles bereithalten und dann würde ich mich für das Entscheiden, was mir persönlich zusagte. Ich blickte dem Fenster hinaus, meine Hand hatte ich unter mein Kinn verschränkt. „Aber ich will nicht so weit weg.“, meinte ich beiläufig. Ich bemerkte nicht, wie Annas Körper sich leicht versteifte. „Weshalb? Dich hält hier nicht viel. Deine Familie zumindest nicht.“ Das stimmte an sich schon, auch John wohnte 100 Kilometer weiter weg. „Ich mag die Gegend.“, meinte ich lapidar. Ich war unsensibel, aber wie hätte ich auch bemerken können... Moment. Ich korrigiere mich. Ich hätte es bemerken sollen, die angespannte Körperhaltung von Anna, ihr ernster Blick, doch ich blickte aus dem Fenster und freute mich auf eine rosige Zukunft. Anna wusste ich noch nicht so richtig einzuschätzen. Sie war mir in den letzten Monaten zu einer guten Freundin geworden, doch nie hatte sie etwas ernsthaftes Unternommen, wie mich zu Küssen oder so. „Wo wollen wir hin?“, fragte sie mich nun ruhig, das Thema überging sie nun. „Lass uns Eis essen gehen.“, quietschte ich. Zeit mit Anna zu verbringen, war irgendwie besonders. Ich genoss es sehr. Vielleicht ein wenig zu sehr, denn ich dachte nur an mich. Ich biss meine Zähne zusammen, denn die letzte Antwort wollte mir partout nicht in den Kopf und zur mündlichen Prüfung machte sich das nicht gut. Ich stockte leicht, als meine Erklärung ihr Ende fand und ich das Gefühl hatte, als müsste der Boden sich unter mir auftun und mich verschlingen. Wenn ich jetzt keine 100 % bekam, würde das mir nur eine 2 auf dem Zeugnis bringen. Meine einzige 2, wohlgemerkt. „Äh, ich denke ,das wars.“, wand ich mich, mein Hochdeutsch hatte sich verpufft und zurück kam eine unsichere Schülerin, bei ihrer letzten Prüfung. „Ich danke Ihnen Frau Wagner. Sie können nun das Zimmer verlassen, wir werden Sie dann wieder zu uns rufen.“ Mit klopfenden Herzen stand ich draußen, weder Iphone noch sonst irgendetwas in der Hand, womit ich mich hätte beruhigen können. Eine Klassenkameradin sah mich unsicher an. „War es schwer?“ Denn man sah mich selten so unsicher. „Eigentlich nicht.“, seufzte ich. „Aber ich glaube ich hatte ein Blackout.“ Sie kam mir näher, und legte ihre Hand beruhigend auf meine Schulter. „Als ob Du das nicht schaffen würdest.“ Wir beide kicherten wie aufgedreht. „Ich wünsche dir viel Glück, Sina.“ „Glück ist nur etwas für Looser.“, schmunzelte diese, als sie den anderen Prüfungsraum betrat. Ich lächelte ihr hinterher. Sina war zwar nicht das Ass unserer Schule, aber bekannt für ihre enorme Selbstsicherheit und das zog die Jungs wie Motten an. Zumindest diese, die nach einer Herausforderung suchten. Bei mir war das eher anders, ich war das Mädchen aus gutem Hause, die meisten hatten Respekt vor mir, auch wenn meine Artikulation nicht ganz so gehoben war, wie bei den meisten in den höheren Kreisen, schließlich musste ich mich in der Schule auch anpassen, so waren die meisten Jungen eher zurückhaltende, schüchterne Kerle, oder allgemein die Jungs dachten ich würde jeden Moment zerbrechen. Natürlich gab es auch Contra zu mir, wegen meiner Herkunft, meiner reichen Eltern oder auch weil ich eine Streberin war. Aber wenn ich meine Schulzeit Revue passieren ließ, so war ich doch froh, hier gelernt zu haben, unter ganz normalen Menschen und nicht in irgendeinem Elite Internat. Langsam wurde es echt Sommer, denn ich zupfte an meiner Jeans herum, die sich zu eng an mich schmiegte, da der Schweiß durch die Hitze durch jeder meiner Poren stopfte. Es war unangenehm Schwül und mit dem Handrücken wischte ich den Schweiß von meiner Stirn. Eine Tür wurde geöffnet und ich horchte auf. „Frau Wagner, Sie können nun das Zimmer wieder betreten.“ Mit klopfenden Herzen betrat ich das Zimmer. „Und? Wie ist es gelaufen?“ Anna grinste mich an. Sie trug schwarze Shorts und eine rote Bluse, mit einem tiefen V-Ausschnitt. Ich schmollte wirklich, wahrhaftig und meine Laune war angefressen. Irritiert blickte mich Anna an. „Schief gegangen?“ Und ich nickte bejahend. „Nun dann lass uns gleich ins Auto steigen, wir haben einen Termin.“ Ich horchte auf, denn von einem Termin war mir nichts bekannt. „Wohin fahren wir?“, weg war meine schlechte Laune, denn meine Neugierde siegte. „Zum Tierheim, ich hab dort heute morgen angerufen und wir müssen uns beeilen.“ Meine Augen wurden groß. Wollte Anna sich tatsächlich ein Tier besorgen? Zum knuddeln und liebhaben. Leicht seufzte ich, denn ich mochte Tiere, zumindest ausgewählte. „Weshalb?“, fragte ich grinsend nach, auch wenn meine Frage sinnlos war. „Es ist einsam, so ganz alleine.“ „Aber du hast doch bald mich.“, schmunzelte ich. „Ich denke, Tiere dürften deinen Horizont auch erweitern.“, eröffnete sie mir. Ach ja, Erfahrungen sammeln, aber ich war schon vorher in Zoos gewesen und John hatte mal einen Hund gehabt. „Die Pflege eines Tieres bedarf großer Sorgfalt. Was die Streicheleinheiten anbelangt und-“, sie blickte mir kurz und kühl in die Augen, „deren Erziehung.“ Ihr blick hüllte mich ein, nahm mich gefangen, auch wenn er nur kurz gewesen war. „Du musst dich um sie kümmern, sei es nun Füttern, das Klo säubern oder es mit Liebe überhäufen.“ Ich hing gebannt an ihren Lippen. De Sade viel mir wieder ein. Würde sie auch mich Erziehen wollen? Ich tat den Gedanken als unsinnig ab. „Was möchtest du holen?“ „Eine Katze. Eine hat vor wenigen Wochen Junge bekommen und ich ich werde mir eines aussuchen.“ Ich konnte mir mein Schmunzeln nicht verkneifen. „Ich liebe Katzen.“, grinste ich vor mich hin. „Das weiß ich, deswegen holen wir eine Katze.“ Ich sog die Luft tief und ganz langsam ein. Hatte ich mich eben verhört? Meinte Anna das ernst? Aber weshalb? Mein Herz dröhnte in meiner Brust, warf sich in einem Stakkato hin und her und ließ mich eine kribbelnde Spannung fühlen. Am Tierheim angekommen, wurde wir von einer der Pflegerinnen begrüßt. Sie schien in Eile zu sein und führte uns kurzerhand zu dem Wurf. Die Kätzchen waren gerade so alt, das sie weg gegeben werden konnten und wir waren die ersten, die sich eines aussuchen konnten. Ich streichelte eines ganz besonders, es war sehr still und fiepte leicht während ich es berührte. Sie war eine Trikolore, hatte also 3 verschiedene Farben. Doch Anna lehnte das Kätzchen ab. In der Hand hielt sie ein komplett schwarzes Kätzchen, es wehrte sich, kratze und fauchte und ich blickte sie unsicher an. „Vertrau mir.“, schmunzelte sie mir entgegen und ich legte die Entscheidung in ihre Hände. Anna hatte mich komplett damit überrascht und erst damit, das alles mögliche an Inventar für die Katze im Auto war. „In Ordnung. Wir benötigen nur noch einen Namen für unsere neue Freundin. Um die Untersuchung und den Rest werde ich mich kümmern.“ Ich blickte in ihre grünen Augen, die mich herzlich anstrahlten. Das Kätzchen lag in meiner Hand, ich drückte es sanft an meinen Leib um ihr die fehlende Wärme zu spenden. „Ich bringe dich jetzt zu deinen Eltern und dann kannst du dir in Ruhe einen Namen für sie überlegen.“ Die kleine miaute und ich kicherte. „Mau.“, meinte ich, doch sie schüttelte energisch ihren Kopf. „Sei doch mal kreativ.“ „Wieso? Ist doch ein süßer Name.“, schmunzelte ich. „Gut, dann heißt sie Mau.“ Ich füllte meine Lungen tief mit Luft. „Bitte? Das ist jetzt ein Scherz, oder?“ „Du wolltest sie Mau nennen.“, es klang so kühl, doch ich konnte ihre Mundwinkel zucken sehen. „Du bist so dooooof.“, quängelte ich und die Katze wurde davon angesteckt und maunzte nun ununterbrochen. „Steck Mau bitte in ihr Körbchen, da kann sie sich beruhigen.“ Ich strich noch einmal über das weiche Fell, bevor ich sie vorsichtig in die Decke bettete. „Schlaf gut, Mau.“murmelte ich, während ihr Auto vor meinem Elternhaus parkte. „Sehen wir uns morgen?“, ich wollte Anna und Mau unbedingt wiedersehen. „Erst wenn du mir dein Prüfungsergebnis verrätst.“, ich verzog meinen Mund zu einem schmollen, als sie mich so erpresste. „Nur eine 1 Minus.“, meinte ich kleinlaut. Doch Anna fuhr auf. „Ich dachte du hättest eine 4! Und deswegen machst du so einen aufstand?“ „Psssst.“, machte ich und hielt den Finger vor meine Lippen. „Du verschreckst noch die Katze.“, ich konnte mir mein spöttisches Grinsen nicht verkneifen, während Anna mich streng an sah. „Na warte, du kannst dich noch auf was gefasst machen, wenn wir alleine sind.“, flüsterte sie und ich kicherte sie an. Als ich zuhause ankam, hörte ich da Donnergrollen im Hintergrund und war froh im trockenen zu sein. Es war gegen Einundzwanzig Uhr abends und ich entdeckte 2 weitere paar Schuhe. Meine Mutter rief mich zu sich und ich begab mich in Richtung Küche. Am Küchentisch saß John und seine Mutter Marinka. Während mich die beiden Frauen anstrahlten, blickte John wütend und auch bedrückt. Das alarmierte sofort die Alarmglocken in mir. Ich begrüßte beide und setzte mich neben John. Der nahm sofort meine Hände, in die seinen und blickte mich finster und auch irgendwie entschuldigend an. Marinka begann zu sprechen:. „Da du dich so gegen Cambridge sträubst, haben wir uns etwas besseres für dich einfallen lassen.“ Boshaftes Miststück, schoss es mir durch den Kopf, als sich eine Vorahnung in mir breit machte. John dufte Kunst studieren, doch seine Eltern verabscheuten Brotlose Arbeit, Arbeit unter seiner Würde, die ihm einen zweifelhaftem Ruf einbrachte. Ich, die Tochter die anfing aufzubegehren und wir beide, die sich seid Kindesbeinen kannten und einander sehr gerne hatten. „Ich möchte dir gerne deinen Verlobten vorstellen. John von Liebig.“ Es verlief alles wie in Zeitlupe. Erst der Schock, die Ruhe, das Lächeln der beiden Mütter, welche zu einer außerordentlich guten Einigung gekommen waren. Und dann ich. Ich hatte seine Hände gegen den Küchentisch geschleudert. Er war so überrumpelt gewesen, das er sich nicht gewehrt hatte. Wenn seine Hand gebrochen war, so war es meine Schuld, doch ich konnte nichts dagegen machen. John versuchte mich zu beschwichtigen. „Sie finanzieren mir sonst mein Kunststudium nicht weiter. Bitte. Nathalia, ich benötige dich.“ Ich blickte in seine flehenden Augen. Schwäche, schoss es mir durch den Kopf. „Niemals!“, würgte ich ihm entgegen und wand mich um. Doch meine Mutter stellte sich mir in den Weg. „Solltest du es wagen.“, drohte sie mir, doch meine Hand rutschte aus und landete klatschend in ihrem Gesicht. „Niemals!“, schrie ich ihr entgegen und rannte zur Garderobe. Mein Handy, Geldbeute, alles war noch in meiner leichten Strickjacke und ich packte diese, zog meine Schuhe an und öffnete die Tür. Meiner Vater blickte mich an, er war bis auf die Knochen durchnässt und es sah so aus als wäre er hierher gesprintet. „Ich hasse dich!“, spie ich ihm entgegen und floh hinaus in die Nacht. Tränen flossen meinem Gesicht entlang, doch der Regen spülte diese hinfort, nahmen sie mit und auch mein schluchzen verklang im grollen des Donners. Es war so dunkel, der Wind wehte heftig, während ich meiner alten Spur folgte, und Gedankenverloren diesen lief. Meine Kleidung wurde klamm, die Nässe des Unwetters hüllte mich immer mehr ein. Ich zuckte jedes Mal zusammen, als Blitze den Himmel entlang zogen, denn ich fürchtete mich tierisch im Gewitter. Meine Zähne zerbissen das zarte Fleisch meiner Lippen, als ich mir Selbstvorwürfe machte. Was sollte ich nun tun? Mir war so kalt, so innerlich kalt. Ich schluchzte heftig auf und blieb stehen. Grashalme gaben nach, während ich verzweifelt daran zog und in die Hocke ging. Ich war so traurig, so unglaublich. Ich kam mir verraten und missbraucht vor. Mein Handy klingelte und die Mondscheinsonate erklang, doch ich drückte den Teilnehmer weg und stellte das Gerät aus. Mein innerstes zerbarst, denn nie hätte ich es für möglich gehalten, das meine Mutter einmal so weit gehen würde. Verzweifelt lief ich auf Annas Haus zu und drückte ununterbrochen die Klingel. Ihre Stimmer ertönte aus dem Lautsprecher, leicht genervt vom Klingelsturm, den ich verursacht hatte, doch es war mir egal. Alles war mir egal. Ich war so wütend, so verletzt und ich wusste nicht was ich tun sollte. „Komm runter!“, schrie ich in die Sprechanlage. „Nathalia?“, erklang ihre besorgte Stimme. Sonst nannte sie mich Natha, warum nur jetzt nicht? Es war zum verrückt werden! „Verdammt. - Komm runter!“, spie ich nun meine Freundin an. Kein Ton ertönte mehr von ihr, nur das klackende Geräusch, das sie aufgelegt hatte. Die Tür wurde geöffnet und mir blickten zwei unterkühlte, grüne Augen entgegen. Das ließ das Fass zum überlaufen bringen und ich machte Rückzug, bewegte mich weg von ihr. „Was ist los? Weshalb kommst du nicht her? Und du sollst nicht so schreien.“, er Worte waren ruhig und sehr bedacht gesprochen. „Was ist los?“ Sie zog den Schlüssel ihrer Tür ab und kam mir entgegen. Jeden Schritt, den sie näher kam, ging ich zurück. Ich wusste nicht weshalb, nur das ich es einfach tat. „Was soll das werden? Schau dich an. Du bist komplett durchnässt. Das ist gefährlich, wir haben Gewitter.“ ich konnte die Sorge aus ihrer Stimme heraus hören. Irgendwie stachelte mich das an und meine Lippen verzogen sich zu einem höhnischen Grinsen. „Was mit mir los ist?“, meinte ich in einem sehr ruhigen Tonfall. Zumindest noch. „Du willst wissen was mit mir los ist?“, nun nahm meine Stimme einen höhnischen Tonfall an. „Alles ist los! Meine Mutter hat mich verlobt! Mein Jugendfreund, und wohlgemerkt mein einziger Freund bevor du kamst, bettelt mich dazu an, damit er sein scheiss Studium bezahlt bekommt, nur weil er nicht arbeiten kann! Ich soll dafür herhalten? Kein verdammter Wichser hat mich gern! Was nützt es mir bedeutende Eltern zu haben, wenn ich keine Geborgenheit kenne? Fuck you! Ich will endlich Leben! Ich sein! Und aaaaaah!“, ich schrie meinen Zorn heraus, den ganzen Frust, nur leider ließ ich ihn an Anna aus. An der Person, die mich die ganzen letzten Monate beschützt hat, meine Augen zur Gänze öffnete, die mein Herz erwärmte. Ich zog an meinen Haaren und wollte mich selbst beißen als ich Wärme hinter mir wahrnahm. Kräftige Finger zogen mein Kinn nach oben, während sich die andere Hand schmerzhaft in meinen linken Arm bohrten. „Und musst du deswegen die ganze Nachbarschaft zusammen schreien?“, säuselte sie mir gefährlich ins Ohr. „Sei froh das es Gewittert.“ Während ich sie Anfangs noch mit einem wildem Blick bedachte, verrauchte langsam meine Wut unter ihrer Dominanz. Sie fühlte sich weich an und duftete unglaublich nach Rosenblättern. „Ich..“, wollte ansetzten, doch sie ging mir dazwischen. „Leise.“, zischte sie. „Du wolltest es selbst nicht anders. Bleib hier stehen, bis ich dich hole und wage es dich nur irgendwie zu bewegen. Ich hoffe du nutzt die Zeit zum nachdenken.“ Die Wärme verschwand, eine Tür wurde zugeschlagen und ich stand nun zitternd, wie ein Häufchen Elend auf der Straße. Mein Blick war auf die anderen Gebäude gerichtet, denn ihr Haus befand sich genau hinter mir. Warum sollte ich hier stehen bleiben? Was war so falsch daran sich über die fiese Machenschaften der eigenen Familie aufzuregen? Ich war das Opfer! Zeit verrann und mich fröstelte es, als der Regen nun ruhiger war und die Blitze nicht mehr zuckten. Auch meine innere Aufruhr legte sich, was kam war bedauern und tiefe Scham. Ich hatte Fehler begangen. Ich hatte Anna beleidigt, sie als Filter genommen, meinen eigenen Körper gefährdet, als ich so wutentbrannt durch das Unwetter gestapft war. Meiner Lieder wurden schwer und langsam zitterte ich, denn auch die angenehmen Temperaturen konnten nichts gegen die Nässe machen. Ich zuckte zusammen, als sich eine warme Hand auf mein Schlüsselbein legte und dann eine meine Hüfte umfasste. Ich schluchzte, denn ich konnte den Geruch von Rosen wahrnehmen. „Es tut mir leid.“, hauchte ich und zarte Küsse wurden auf meinen Hals gehaucht. Mein nächstes Erzittern kam nicht von der Nässe, sondern der rechten Hand, die tiefer zu meinem Dekolleté strich. „Besser?“, ertönte ihre ruhige Stimme. Und ich nickte. „Ich hatte dir nicht erlaubt dich zu bewegen.“ Ich zuckte zusammen, als sie so dicht an meinem Ohr sprach und es mir einen Schauer durch den Körper jagte. Regen perlte an meiner Haut ab, zog sich ein Rinnsal in meinen Ausschnitt und dieser Spur folgte nun auch ihre Hand. Es schlüpfte durch die Kleidung hinab und ich konnte ihre warme Hut an meinem Busen fühlen. Sofort sandten heiße Schauer durch meinen Körper. „Anna.“, hauchte ich ihr entgegen. „Ich glaube, ich liebe dich.“ Und die anderen Hand, welche sich um meine Hüfte gepackt hatte, änderte die Region, kam bei dem V zwischen meinen Beinen an und und umfasste es fest, durch den Stoff hindurch. Ich keuchte auf, auch wenn sie nichts tat, der Kontrast ihrer warmen Haut und dem Regen ließen mich verrückt werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)