London Brigde is falling down von abgemeldet (...my fair Lady) ================================================================================ Kapitel 7: Dieser Butler… Verschollene Erinnerungen --------------------------------------------------- Dieser Butler… Verschollene Erinnerungen Kapitel 7: Dieser Butler… Verschollene Erinnerungen Es war wie ein Wink des Himmels gewesen. Am nächsten Tag, an dem Rita in ihrem neuen Heim wach wurde, erkannte sie das Haus, in dem sie war, wieder. Wie ein alter Traum, den sie als Kind geträumt hatte, jedoch nie verwirklicht hatte. Eilig lief sie zu dem Schlafgemach ihrer neuen Herrin. Sie war so aufgeregt, dass sie Cecilia gerade beim Ankleiden antraf. Albert bat sie, solange draußen zu warten und versicherte ihr, dass sie mit der jungen Baronin unterhalten dürfe, wenn sie fertig angezogen war. Kaum hatte Albert das Zimmer verlassen um seiner Herrin das Frühstück vorzubereiten, da betrat Rita schon das Gemach. Ganz aufgeregt erklärte sie was sie erkannt hatte. Ihre Mutter hatte zu der Zeit von Cecilias Eltern hier gearbeitet und sie gelegentlich mitgebracht. Die kleine Rita hatte dann immer mit der jungen Cecilia gespielt. Seitdem sich das offenbart hatte, wollte die junge Baronesse alles wissen, was auch Rita wusste. Wie ein trockener Schwamm sog sie alles in sich auf. Ab und an einmal kamen die lange vergessenen und verdrängten Erinnerungen wieder ans Tageslicht. Sie saßen den ganzen Tag in der Bibliothek und Cecilias neue Zofe erzählte von ihren Erlebnissen hier. Doch die erste Frage war: „Wie sahen meine Mutter und mein Vater aus?“ „Eure Mutter… war wunderschön gewesen. Sie hatte wie ihr blondes langes Haar. Immer ein Lächeln auf den Lippen. Strahlend veilchenfarbende Augen. Sie hat euch wirklich bis zum Ende geliebt.“ Wie mechanisch umklammerte sie ihre Kette. Cecilia hatte also das Aussehen ihrer Mutter geerbt. Es war tröstlich, dass sie geliebt worden war. „Und mein Vater?“ fragte sie vorsichtig. „Er hatte euch und eure jüngeren Geschwister vergöttert. Er hatte haselnussbraunes Haar, kluge Augen und wenn ihr einmal geweint hattet, dann kam er gleich um euch zu trösten.“ Wieder etwas, was Cecilia vergessen hatte. Geschwister. Sie hatte Brüder oder Schwestern gehabt. Rita bemerkte die Reaktion über das Thema Geschwister. „Ihr hattet einen Bruder und eine Schwester gehabt. Zwillinge. Sie waren fünf Jahre alt gewesen, als sie starben. Ihre Überreste fand man wenige Kilometer vom Herrenhaus entfernt.“ Ihre Zofe sah traurig zu Boden. „Und wie kam es dass ich im Waisenhaus landete?“ hackte sie nach. „Ich glaube, das sollte euch meine Mutter erzählen. Sie floh damals als eure Eltern umkamen. Sie wollte euch noch retten, doch verlor sie euch im nahen Wald. Meine Mutter wird euch alles erzählen können. Wollt ihr sie treffen?“ Cecilia stimmte sofort zu. „Albert.“ Rief sie. Ihr Butler kam ins Zimmer herein, verneigte sich. „Was wünscht ihr My Lady?“ „Mach die Kutsche fertig. Ich will zu Ritas Eltern gebracht werden.“ „Yes, my Lady.“ Die Kutsche fuhr ruckelnd durch die vereinsamte Natur. Sie fuhren nach London. Ritas Eltern hatten sich nach dem Rozenheim- Mord in London niedergelassen. Dort lebten sie ein ärmliches Leben, nahe an der Existenzgrenze. Darum hatte Rita die Stelle bei Elisabeth Báthory angenommen. Um wenigstens etwas Geld zu verdienen. „Ich habe sie seit Tagen nicht mehr gesehen.“ Seufzte Rita sehnsüchtig. Cecilia war ganz weit fort mit ihren Gedanken. Ihr schwirrten aberhunderte Fragen im Kopf. Aber bald würden diese endlich beantwortet werden. Sie hielten vor einem ärmlichen Gebäude. Die Fassade war grau, überhaupt nicht lebhaft. Der Brand in London vor vielen Jahren hatte hier sehr stark gewütet und alle Häuser in der Umgebung waren in Mitleidenschaft gezogen. Hier lebten wohl viele Familien gemeinsam auf engsten Raum. Albert half beiden aus der Kutsche. Schnell eilte Rita zur Tür und öffnete sie. Sie rief einen Namen und es dauerte eine Weile, bis sie wieder zurückkehrte. Mit ihr kam eine alte Frau mit unzähligen Falten und grauen Haaren. Ihre vorige Haarfarbe war wohl schwarz gewesen, die ihrer Tochter wohl nicht ganz unähnlich doch war nicht mehr viel davon zu erkennen. Die alte Frau sah zu der jungen Baronesse, die dort vor einer prächtigen Kutsche mit einem Butler stand. Ein altes, lange vergessenes Bild einer edlen Dame mit einem blond gelockten Mädchen auf dem Arm kam ihr in den Sinn. Tränen stiegen ihr in die Augen und sie hielt sich den Mund mit beiden Händen zu. „Junge Herrin Cecilia, ihr seid es wirklich.“ Ihre Stimme zitterte, vor allem vor Aufregung. Langsam kam sie auf Cecilia zu, immer noch flossen ihr die Tränen über die Wangen. Die Baronesse musste schlucken. Diese Frau erkannte sie tatsächlich. „Oh, wie habe ich euch vermisst. All die Jahre habe ich gebetet, dass ihr noch am Leben seid und ich euch noch ein einziges Mal sehen kann bevor mich der Herrgott zu sich holt. Ich bin so glücklich.“ Ihr versagte die Stimme und Rita musste ihr wieder aufhelfen. Immer wieder flüsterte sie wie dankbar sie war und wie glücklich dass sie noch lebte. „Kommt mit rein, My Lady.“ Sagte Rita leise zu ihr und führte ihre Mutter zurück in ihre kleine Wohnung. Cecilia folgte ihr. Erschrocken in welch einem Zustand das alte Hausmädchen der Rozenheims lebte. Die Wände waren eingerissen. Schimmel in den Ecken und der Wind von draußen zog durchs gesamte Haus. Die alte Frau konnte ihnen leider nichts anbieten, doch Cecilia wollte sowieso so schnell wie möglich alles über den Vorfall vor acht Jahren erfahren. „Ich erinnere mich an diesen schrecklichen Tag als wäre es erst gestern geschehen. Es wurde Abend und Ihr wart an diesem Tag krank und lagt den ganzen Tag im Bett. Eure Mutter hatte mir aufgetragen dass ich mich um euch zu kümmern sollte. Ihr hattet hohes Fieber und immer wieder musste ich eure Umschläge wechseln. Als das Wasser schon zu warm war, wollte ich es wechseln gehen. Ihr hattet so geweint und wolltet eure Geschwister sehen. Doch die durften nicht zu euch. Sie sollten sich nicht auch noch erkälten. Als ich gerade in den Diensträumen war und das Wasser wechselte, hörte ich plötzlich einen entsetzlichen Schrei und Schüsse von oben. Panisch lief ich zurück und erreichte das Erdgeschoss. Sofort sah ich eure Eltern vor mir liegen. Erschossen. Ich hoffte noch dass sie lebten und versuchte sie zu wecken, doch sie waren schon tot. Dann hörte ich Schritte ein Stockwerk über mir. Dort war das Zimmer eurer jüngeren Schwester, Angelina. Sie weinte. Ich eilte nach oben doch dann erklang ein Schuss und das weinen hatte aufgehört. Ich blieb stehen und lauschte. Die Eindringlinge liefen zum nächsten Zimmer. Das eures Bruders, Harold. Es mussten drei Männer gewesen sein. Sie unterhielten sich schnell miteinander. ´Jetzt nur noch den mickrigen Bengel um die Ecke bringen und die älteste werden wir mitnehmen, ´ sagte der eine die anderen beiden lachten laut und stießen die Tür auf. Euer Bruder hatte den Tumult mitbekommen und schrie. Ich folgte den Mördern und konnte an ihnen zum Glück vorbei schleichen und in euer Zimmer fliehen. Ihr wart hellwach und ängstlich. Schnell hob ich euch aus eurem Bett. Da hörte ich den vierten Schuss. Ich biss die Zähne zusammen. Diese Leute wollten euch mitnehmen. Ich hatte keine Ahnung warum, doch musste ich wenigstens euch beschützen. Ich lief mit euch auf dem Arm in einen Dienstbotentrakt, der in eurem Zimmer war. Ich lief so schnell ich konnte die Treppe hinunter und hinaus in den Garten. Ich hatte keine Ahnung ob die Männer mich verfolgten oder nicht. Als ich im angrenzenden Wald ankam, hoffte ich, dass wir in Sicherheit waren, doch dann hörte ich die Stimmen der Mörder. `Da ist sie. Schnappt sie euch. Sie hat die Baronentochter! ´“ Cecilia sah Ritas Mutter entsetzt an. „Was passierte dann?“ „Ich habe keine Ahnung. Ich lief so schnell ich konnte, doch holten sie mich ein. Dann spürte ich nur noch einen Schlag auf den Hinterkopf und fiel in Ohnmacht. Erst als der Morgen dämmerte wurde ich wieder wach. Und ihr wart fort. Ich rief euren Namen, doch ich wusste, dass ihr entführt worden ward. Wenn nicht sogar tot. Und jetzt… es ist so lange her. Ihr lebt und steht vor mir…“ wieder brach sie in Tränen aus. Cecilia ging zu ihr und tätschelte ihre Schulter. „Es tut mir so leid, MyLady.“ Schluchzte sie. „Ihr könnt nichts dafür. Ihr habt mich vor den Leuten retten wollen. Ich bin euch sehr dankbar dafür.“ Sagte sie ruhig. Dann wurde es ruhig. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Cecilia konnte sich an diesen Tag immer noch nicht erinnern. Und es war ihr Schleierhaft warum sie sich nicht an ihre Eltern und ihre Geschwister erinnern konnte. Die Mörder ihrer Familie mussten sie entweder verloren haben oder sie vor ihnen gerettet worden und vor dem Waisenhaus abgesetzt haben. Denn erst als der nächste Tag graute war sie wieder wach geworden. Mit keiner Erinnerung an ihr voriges Leben. Die Betreiber des Waisenhauses hatten ihr gesagt, dass sie einen Schlag auf den Kopf bekommen hatte. Vielleicht war das der Auslöser für ihren Gedächtnisschwund gewesen. „Habt ihr vielleicht ein Bild meiner Eltern?“ fragte Cecilia und sah die Haushälterin an. „Ja, natürlich.“ Sie stand auf und holte ein altes Foto aus einer Schublade hervor. „Dies habe ich aus dem Herrenhaus geholt, einen Tag nach eurer Entführung.“ Cecilia nahm sich das gemalte Bild und sah es sich genau an. Es war sehr klein und in sepia gehalten. Ihr fiel sofort eine junge Frau auf, die ihr so sehr glich. Ihre Mutter. Eine wunderschöne Frau strahlte sie in einem weißen Sommerkleid an. Goldene lockige Haare umrahmten das schöne Gesicht. Die gleichen veilchenfarbenden Augen wie sie sie hatte. Ihre Mutter hatte einen kleinen Jungen auf dem Arm. Ihren kleinen Bruder. Doch erst zu ihrem Vater. Er hatte kurzgeschnittenes braunes Haar, eine Brille auf der Nase hinter der zwei strahlend blaue Augen saßen, ein gütiges Gesicht. auch er hatte ein Kind auf dem Arm. Ihre Schwester. Die sah sie sich jetzt an. Angelina hatte das Aussehen ihres Vaters geerbt. Nur die Haare waren eine Nuance heller. Aber auch ihre Augen strahlten wie das Meer. Ihr Bruder war ebenfalls braunhaarig wie der Vater, jedoch mit den Augen ihrer Mutter. Und dann war da noch ein aufgewecktes junges Mädchen mit blonden Haaren und den Veilchenaugen. Das war sie. Cecilia hatte auf dem Bild ein sonnengelbes Kleid mit vielen Rüschen an. Sie lachte und stand genau zwischen ihren Eltern. Ihre Mutter hatte einen Arm auf ihre Schulter gelegt. Das Bild war im Garten gemalt worden. Cecilia musste schlucken. Zum ersten Mal hatte sie ihre Eltern gesehen. „Das Bild wurde gemacht als ihr sieben Jahre alt wart. Eure Mutter, Lady Karoline, hatte darauf bestanden dieses Foto zu machen. Ihr dürft es gern behalten wenn ihr es wollt.“ Die junge Baronesse sah sie dankend an. „Habt vielen Dank. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie sehr ihr mir geholfen habt. Wenn ihr wollt, würde ich euch zum Dank für all das gerne in meinem Haushalt wieder einstellen. Ihr kennt sicherlich noch einige der alten Geschichten meiner Familie. Und es würde mich sehr freuen, wenn ihr mit mir kommen würdet. Ich würde euch auch nicht mit schweren Dingen beauftragen. Dafür habe ich junge Angestellte. Doch liegt es mir nahe, dass ihr aus diesem baufälligen Haus herauskommt. Ich hätte Angst um eure Gesundheit, wenn ich wüsste dass ihr hier lebt.“ Die alte Frau sah Cecilia freundlich an. „Zu gerne würde ich noch einmal das alte Herrenhaus sehen. Doch würde es mich mit Schrecken erfüllen, wenn ich dorthin zurückkehre. Verzeiht wenn ich euer Angebot ausschlagen muss.“ Cecilia nickte. „Nun gut. Doch werde ich euch monatlich einen kleinen Betrag zuschicken. Für all das was ihr für mich getan habt.“ Sie nahm die Hände der alten Frau in ihre und drückte sie leicht. Die haut fühlte sich an wie weiches Leder. Sie fuhren zurück und Cecilia sah sich immer noch das Bild ihrer Familie an. Wie glücklich sie damals noch waren. Sie alle strahlten und wussten nicht was für schreckliche Dinge noch auf sie zukommen würden. „Ihr habt heute einen großen Schritt auf eure verstobenen Eltern zugetan. Ihr könnt das geschehene nicht ungeschehen machen. Und was ihr verloren habt, könnt ihr nicht wieder zurückbekommen.“ Albert saß ihr gegenüber und wusste, dass sie ihrer Vergangenheit nachtrauerte. „Das weiß ich, Albert.“ Antwortete sie verhalten. Diese Worte hatte sie einst schon einmal gehört. Es war einfach nur erlösend, weil sie endlich den Hintergrund für ihre verlorene Kindheit hatte. Und endlich konnte sie Rache nehmen. Endlich… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)