Midsummernight-Princess von RhapsodosGenesis (Eine Dunkelheit im Herzen) ================================================================================ Kapitel 20: Ungestellt ---------------------- Zuletzt kommt es immer am gefährlichsten. Dem Ende nahend, erkennt man, was man geleistet hat. Und was man noch bis zum letztlichen Schluss leisten muss. Link blinzelte als er erwachte. Er blickte genau in die Sonne, weshalb er die Augen wieder kurz schloss. Sein Kopf hämmerte wie wild und die Erinnerung meldete ihre Anwesenheit noch immer. Doch es war aushaltbar. Er versuchte, sich daran zu erinnern, wie er in sein Bett gekommen war … und was er zuvor getan hatte. Doch er schaffte es nicht. Seine Gedanken waren wirr, er musste sie erst ordnen … Diese Erinnerung brachte alles durcheinander. Er seufzte leise, richtete sich auf und stützte seinen Kopf mit einer Hand. Dann schüttelte er diesen - noch immer der Meinung, dass dies irgendetwas nützen würde. Aber es erfüllte seinen Zweck einfach nicht. Die Schmerzen blieben … An Midna denken. Das musste er jetzt. Sie half ihm immer wieder gegen diese Pein. Dafür musste er sich irgendwann bei ihr bedanken … Vermutlich würde sie deshalb verwirrt sein, schließlich wusste nicht, was sie für ihn tat, einfach indem sie ihm Erinnerungen bereitet hatte … Ein weiteres Seufzen entfuhr ihm. Er fragte sich, ob diese Erinnerung, die nicht erreichbar war, auch mit Midna zu tun hatte … „Bist du irgendwie deprimiert? Traurig? Verzweifelt?“, ertönte eine Stimme neben seinem Ruheort. Er wandte Shan den Kopf zu. „Guten Morgen, Sonnenschein!“, begrüßte sie ihn, „Was soll das lange Gesicht? Machst du jetzt schon Epona nach?“ Er lächelte. „Nein, keine Sorge“, antwortete er. Er ließ seinen Kopf los. Shan drehte sich von ihm weg und ging zu einem Stuhl. Dort hob sie etwas auf, was sie gleich zu ihm brachte. Eine Flasche Wasser. „Oh“, machte er überrascht und nahm das Wasser entgegen. Er öffnete das Gefäß und legte den Deckel neben sich. Er nahm einen Schluck daraus. Er hatte wirklich Durst … Das kühle Nass rann seine Kehle hinab und schenkte ihm ein wenig Kraft. „Vielen Dank …“ „Keine Ursache, Siebenschläfer“, gab Shan zurück. Link entledigte sich der Flasche, indem er sie neben sich stellte, und sah Shan interessiert an. „Siebenschläfer? Wie lange …?“ „Sorge dich nicht, Link“, beruhigte sie ihn, „Es war nur … ein halber Tag … In etwa.“ „Was ist passiert …? Ich kann mich an kaum etwas erinnern … Es ist … dunkel …“ Sie deutete zum Fenster, durch welches man die Sonne noch immer fröhlich scheinen sehen hatte können. „Plötzlich erblindet? … Nein, keine Sorge, ich verstehe, was du meinst“, erklärte sie, „Also … wir waren in Ordon und dort war dieser kleine Junge, der sich mit dir um seine Freundin streiten will.“ Daraufhin blinzelte Link verwirrt. „Ach ja? Welcher- …“ Ein Bild zuckte vor seinen Augen auf. Taro. Plötzlich kehrte ein Schwall von Erlebnissen zurück. Taro, der Link eine Kampfansage machte, diese aber alsbald zurückzog, um … Um was? Ein Grabstein. „Genau, wir waren am Friedhof!“, erkannte er, „Und Taro hilft uns, herauszufinden, wer … wer Boro ist. Und … dann?“ „Dann sind wir in das ‚Geisterhaus’ gegangen. Und dort bist du umgekippt. Ich habe dich hergebracht. Seither hast du geschlafen. Eigentlich entspricht das nicht der Abmachung Taro gegenüber.“ „Stimmt, ich hätte das Dorf verlassen sollen …“, stellte Link nachdenklich fest. „Dazu haben wir jetzt noch Zeit“, wies Shan ihn hin, „Hast du … eigentlich irgendetwas über dieses Haus herausgefunden? Über Boro? Oder die Goronen?“ Link dachte kurz nach. Er starrte an die Decke. Hatte er etwas herausgefunden? War eine Erinnerung hochgekommen? War in dieser Bewusstlosigkeit etwas passiert …? Wenn ja … dann konnte er sich nicht entsinnen. „Nicht, dass ich wüsste …“ „… Also ist unser einziger Anhaltspunkt der Gorone?“, stellte Shan fest. Link nickte. „Dann sollte unser nächstes Ziel wohl Kakariko sein. Also fast den ganzen Weg zurück.“ Shan seufzte. „Meine Güte, hättest du dich nicht früher erinnern können?“, beschwerte sie sich lächelnd. Er lächelte zurück. „Nein, leider“, sagte er dann und stand auf. Er sprang gelenkig von seinem Bett. „Wenigstens bin ich jetzt ausgeschlafen. Du auch?“ „So gut wie“, antwortete sie. Link drehte sich noch einmal zu seinem Schlaflager um und nahm die Flasche. Er verschloss sie wieder und steckte sie in seinen Beutel, den Shan ihm wohl nicht abgenommen hatte. Im Gegensatz zu seiner Mütze. Er schaute sich um. „Wo ist sie?“ Nun lag es an Shan, konfus dreinzuschauen. „Wer?“ Er deutete auf seinen Kopf. „Meine Mütze.“ Sie antwortete nicht sofort. Sie schien nachzudenken. „Hattest du die auf als du umgefallen bist?“ „… Vermutlich?“ „Dann wird sie wahrscheinlich noch im Haus liegen. … Brauchst du sie unbedingt?“ … Brauchte er sie unbedingt? Die Kappe verlieh ihm keine Kraft. Das Einzige, was sie gab, war Schutz vor der Witterung und Wärme. Also war sie nicht „unbedingt“ nötig. Aber er hätte sie trotzdem gerne wieder gehabt … „Keine Antwort ist auch eine Antwort“, klärte sie ihn auf, „Ich hole sie schnell.“ „… Danke“, meinte er aufrichtig lächelnd. Sie lächelte zurück. Ein schwarzes Etwas bildete sich für einen kurzen Moment um Shan und verschluckte sie. Dann war sie fort. Was war …? Dann fiel ihm ein, dass sie diesen Ring besaß. Er sah auf seinen Finger. … Vorgestern hatte er ihn noch getragen. Dieser Ring hatte sich sehr mächtig angefühlt ... eine eigene, kleine Quelle der Macht ... Wieso hatte er nicht bemerkt, dass er ihn nicht mehr trug? Wann hatte Shan ihn überhaupt zurückgenommen? Er dachte kurz darüber nach. Hatte er ihn bei ihrem Weg nach Ordon überhaupt noch an? Dann fiel ihm etwas ein. Vermutlich hatte sie ihn damals gleich zurückgenommen, als er gegen den Baum geschleudert wurde. Von der Fee namens … Yurai. Er fragte sich, ob sie noch in den Hyrule-Feldern war. Er würde wieder an ihr vorbeikommen. Dann musste er ihr klar machen, dass sie auf der gleichen Seite fochten. Er würde ihr helfen. Aus irgendeinem Grund musste sie von Mirai getrennt worden sein. Er würde sie zu dieser zurückbringen. Denn er war sich sicher, dass dies irgendwie gegen Ganondorf helfen würde. Es war konnte kein Zufall sein, dass diese Fee verzweifelt nach ihrem Gegenstück suchte, und das in einer Zeit, in der erneut Gefahr drohte. Sie musste damit zu tun haben. Und falls nicht … hatte er zumindest einer Fee geholfen. Und Feen waren für gewöhnlich weise. Also konnte sie ihm bestimmt weiterhelfen. Außerdem lag ihr Standort auf dem Weg nach Kakariko – zumindest auf einem der Wege zu diesem Ort. Wenn er sie überzeugt hatte, würde er sie mitnehmen. Dann konnte er mehr über sie und Mirai herausfinden … Es war seltsam, dass er sich ihr gegenüber so verpflichtet fühlte, zu helfen. Er konnte sich einreden, dass es daran lag, dass sie ihm vielleicht helfen konnte. Aber das war es nicht. Bei Terra war es schließlich auch nicht so, dass er sich viel davon erhofft hatte. Natürlich, dadurch hatte er außerhalb von Hyrule nach Ganondorf suchen können, er hatte Marine inspiziert … und er hatte Yurai getroffen – ja, er war weiterhin der Meinung, dass es sich bei Yurai um diesen Schwan handelte. Eine komplett weiße, verzweifelte Fee, die ihn angegriffen hatte, und ein ebenso weißer verzweifelter Schwan, den sie verfolgt hatten. Es musste Schicksal sein. Zum Glück hatte er Terra getroffen. … Er fragte sich, wie es ihr ging. Was sie erlebte. Ob sie sich ihren Traum erfüllen konnte … Nein, noch nicht. Schließlich wollte sie bei Vollmond losreisen. Aber das hatte sie ja verpasst … Leider … „Du stehst allen Ernstes noch an derselben Stelle?“, erklang eine amüsierte Stimme, „Und ich hatte schon Angst, dass du ohne mich abgereist wärst!“ Er drehte sich zu Shan um, die hinter ihm erschienen war. Sie hielt seine grüne Kappe in der Hand, welche sie ihm gleich darauf zuwarf. Er fing sie problemlos auf und fühlte den angenehmen Stoff, aus dem sie gemacht worden war, an seinen Fingern. Er mochte diese Mütze gerne … Und darum fand sie auch gleich ihren Weg auf seinen Kopf. „Gehen wir?“ „Ich hole Proviant“, bot sich Link an und setzte bereits zum Losgehen an, als Shan den Kopf schüttelte. „Schon erledigt. Ich habe deinen Essensvorrat etwas in die Mangel genommen. Und den Wald … Betonung auf Wald. Dein Essen kannst du selber essen.“ „… Vermutlich ist es nicht mehr das Frischeste, da hast du wohl recht …“, gab er widerwillig zu, „Aber es gereicht mir zur Ehre.“ Sie schmunzelte. „Bereits alles auf unserem mobilen Ross verladen“, fügte sie hinzu. „Na dann … auf geht’s!“, posaunte er übermotiviert. Er durchquerte sein Haus im Eiltempo und schritt nach draußen. Das gleißende Sonnenlicht der Mittagssonne schien ihm entgegen. Shan trat problemlos nach draußen. Sie sah zu Boden. „… Als wir uns kennen gelernt haben, konntest du kaum in die Abendsonne blicken und jetzt gehst du stur durch die Mittagssonne“, stellte er erfreut fest, „Ziemlich beeindruckend.“ Sie blieb stehen und schaute ihn überrascht an. Dann legte sie den Kopf leicht schief und lächelte. Lächelte aufrichtig und dankbar. Ohne jeglichen Spott oder Hohn … Dann drehte sie sich weg und marschierte auf Epona zu. „Danke“, zeigte sie sich erkenntlich und verschwand im selben Moment im Schatten. Sie würde wohl wieder herauskommen, wenn die Gefahr, auf Menschen zu treffen, abgenommen hatte. Shan war noch immer sehr darauf bedacht, nicht gesehen zu werden. Aber wenn sie vor hatten, ihre Welt und die seine auf ewig getrennt zu halten … war es wohl wirklich besser, wenn du die wenigsten Menschen von Wesen wie ihr erfuhren. … Aus seinem „Danke“ an Midna wurde wohl doch nichts … Außer er richtete es Shan aus, bevor das Abenteuer mit ihr vorbei war … oder noch früher? Wenn er Ganondorf aufgehalten hatte ... alles wieder seinen normalen Lauf nahm … Dann würde er sich von Shan trennen müssen. Wie er es auch schon bei Midna hatte durchstehen müssen. „Ob sie noch eine dritte Schwester haben?“, murmelte er trocken. Er wollte nicht wieder einen Abschied durchmachen. Abschiede … waren traurig. Wenigstens einmal wollte er die beiden nebeneinander sehen. Schließlich waren sie Schwestern. Und Geschwister gehörten zusammen. „Shan … Wenn wir nach Kakariko gehen und die Fee noch immer in den Hyrule-Feldern ist … nehmen wir sie dann mit?“ Er erhielt keine Antwort vom Schatten, der hier sein sollte. Vermutlich hatte sie nichts dagegen. Sie hatte kaum einmal irgendetwas einzuwenden. Das war schön. „Na dann, Epona, gehen wir, Kleine“, befahl er dem Pferd, als er direkt davor stand. Er strich ihm durch die Mähne und kletterte danach in den Sattel. Als er bequem saß, gab er das Zeichen zum Losritt. Und das Pferd startete durch. Er nahm den direkten Weg durch den Wald von Phirone. Das bot sich schließlich an. Shan überlegte sich, dass sie jetzt langsam hinaus kommen konnte. Sie musste zugeben, dass sie nicht völlig davon abgeneigt war, ihre Zeit eher mit Link draußen in der Sonne zu verbringen, als im dunklen Schatten eines Pferdes. Und schon stand sie seitlich neben dem Pferd. Sie sah Link an. Sein entschlossener, aber auch nachdenklicher Gesichtsausdruck ließ sie vermuten, dass er sich über irgendetwas Sorgen machte. Aber es war nicht seine seltsame Erinnerung. Denn sonst hätte er gequälter dreingeschaut. Vielleicht dachte er über diese Fee nach, die ihn gegen einen Baum geschlagen hatte. Wieso nur war er sich so sicher, dass diese Fee kein Feind wäre? Was hatte sie ihm damals für eine Erinnerung geschickt, dass er so überzeugt davon sein konnte? … Egal. Sie würde nicht fragen. Sie würde es herausfinden. „Hey, darf ich aufsteigen?“, fragte Shan ziemlich höflich, als Epona an ihr vorbeidonnerte. Das Pferd ignorierte sie eiskalt. Vermutlich war es besser so. Nutztiere taten am besten so, als seien sie die Einzigen, die einen bestimmten Zweck erfüllten. „Huh?!“, gab Link von sich, brachte Epona zum Stillstand und sah zurück. „Shan! Natürlich.“ Sie ging die wenigen Schritte, die das Pferd bereits überbrückt hatte, und begab sich dann schwebend auf den Sattel. Wie immer hielt sie sich dabei an Link fest, indem sie seine Hüfte mit den Armen umschloss. Sonst würde sie fallen. Und das war nicht Sinn und Zweck des „Reitens“. „Hast du mich vorhin gehört?“, fragte Link und gab dem Pferd den Befehl, loszulaufen. „Natürlich“, antwortete sie, „Für mich ist das kein Problem. Geh den Weg, den zu beschreiten du für richtig hältst.“ „Weise gesagt“, gab er scherzend zurück. Sie lächelte. „Nicht frech werden, Freundchen.“ Dann schwieg er für eine Weile. Shan sagte auch nichts. Was sollte sie auch groß sagen? Sie wusste, was sie im Moment wissen wollte. Und zwar Links nächstes Ziel. Ihr Blick streifte die Umgebung. Bäume, Bäume und noch mehr Bäume. Aber diese gaben einen erwünschten Schatten, der die Hitze der Sonne aufzuhalten vermochte. Aber … sie empfand die Sonne keinesfalls als unangenehm. Schon in dem Moment, in dem die Sonnenstrahlen sie zum allerersten Mal erreicht hatten, fühlte sie sich … wohl. Obwohl es sehr, sehr schmerzhaft für ihren an Schatten gebundenen Körper war. Jetzt war sie resistent gegen die Schmerzen, die das Licht verursachen sollte. Mal sehen, wie viel Licht sie ertragen konnte, bevor ihr Körper wieder Schwäche zeigte. „Shan …“, unterbrach Link ihre Gedanken. „Ich lebe noch“, antwortete sie überzeugt. „Hm“, machte er, „Keine Sorge, das ist mir bewusst … Du erdrückst mich ja fast!“ Diese Phrase ließ sie kurz die Augen aufreißen. „Oh, tut mir leid“, meinte sie und lockerte ihre Umarmung. Ihr war gar nicht aufgefallen, dass sie so fest zudrückte. Es war schön, dass Link es einfach so unverfroren sagen konnte. „Aber das war es nicht, was ich dir mitteilen wollte“, fügte er hinzu, „… Ich habe eigentlich eine Bitte an dich …“ „Eine Bitte?“, wiederholte sie, „Immer raus damit, mein Bittsteller.“ Jetzt war sie gespannt. „Könntest du … Also … sobald wir Ganondorf gemeinsam aufgehalten haben … Und wenn ich meine Erinnerungen wieder erlangt habe … Möchtest du mir dann einen Gefallen tun?“ Dieser Satz entlockte ihr ein Lächeln. Sobald? War er sich sicher, dass es ihm gelingen würde? … Gut, es war ihm bereits einmal gelungen. Und sie hatte ihn kennen gelernt. Er war nicht nur die Gestalt aus den Geschichten – unter anderem auch Midnas Geschichten. Er war ein wahrhaftiger Held. Er würde vielleicht sogar erneut eine Chance gegen Ganondorf haben. Also war seine Annahme berechtigt, dass er es schaffen könnte. „Kommt drauf an“, wich sie einer direkten Antwort aus. „Willst du dich dann für mich bei Midna bedanken?“ „Warum machst … Ach ja …“, unterbrach sich Shan selbst. Er würde nicht in ihre Welt kommen. Denn er hatte den Ring nicht, den sie selbst am Finger trug. Und zu zweit konnten sie nicht gehen. Was für eine niedliche Bitte … Sie lächelte erneut. „Natürlich“, stimmte sie leichtfertig zu, „Wieso auch nicht?“ „Danke, Shan …“ Plötzlich hatte sie das seltsame Bedürfnis … das ihr fremde Bedürfnis … sich an Link zu lehnen. Vermutlich hatte es etwas damit zu tun, dass ihr Rücken auf diesem Ross noch steif wurde. Sie hätte schwören können, dass sie hier oben immer um ein paar Jahre alterte – zumindest ihr Körper. Also legte sie ihren Kopf an Links Schulter ab. Ihr Gesicht war jetzt in etwa neben Links Kopf. Es war immer praktisch, größer als der Rest zu sein. Danach schloss sie die Augen. „Bist du eingeschlafen?“, fragte Link. Seine Stimme war ganz nah … Sie öffnete ihre Augen wieder und sah Link aus dem Augenwinkel an. Er tat dasselbe. Beide lächelten. „Nein, keine Sorge. Aber du bist trotzdem eine bessere Kopfablage als mein Hals … Der hält das nicht lange aus … Wie lange reitest du das Pferd im Durchschnitt, wenn du die Welt gerade nicht rettest?“ „… Na ja, für meine Arbeit als Ziegenhirte sitze ich schon eine Zeit lang auf ihr … Aber das tue ich schon so lange, dass es mir nichts mehr tut. Ich beneide dich ja, dass du noch nicht zerfallen bist … Ich erinnere mich noch daran, wie Betty gejammert hat, als ich ihr vor ein paar Jahren das Reiten beibringen wollte …“ „Weißt du … es wundert mich nicht ein bisschen, dass sie übertrieben gejammert hat“, murmelte sie. Er lachte leise in sich hinein. „Komm schon, so schlimm ist sie nicht …“ „Sagst du das jetzt, weil du nett bist, weil du naiv bist oder weil sie in dich verliebt ist?“ Daraufhin schwieg er erneut. „Ist sie das wirklich …?“, fragte er leise. Er hatte den Blick von ihr abgewandt und sah auf Eponas Hinterkopf. Er wirkte plötzlich deprimiert. „Wie gesagt, es bleiben noch zwei andere Möglichkeiten, weshalb du es glauben könntest …“, meinte Shan, „Du ziehst wirklich viele Mädchen an …“, stellte sie danach fest. „Ach ja?“, fragte er überrascht und wandte sich wieder Shan zu. „Deine Mütze muss das ausschlaggebende sein“, erwiderte sie trocken. Sie entfernte sich wieder von Links Schulter. Am liebsten hätte sie sich jetzt gestreckt. Aber dann wäre sie gefallen. Sie betrachtete das Kleid, das sie noch immer trug. Irgendwann sollte sie sich wieder umziehen … Dieses Prachtstück würde sie vermutlich noch brauchen. Es gefiel ihr wirklich sehr gut. Es wäre zu schade, es zu verschwenden, indem sie es auf ihrer Reise durch Berg und Tal an hatte ... „Meine Mütze …? Du ärgerst mich gerade, oder?“, fragte er ein wenig verloren. „Natürlich“, gab sie unverfroren zu. „Wen meinst du eigentlich mit … ‚viele’?“, wollte er leise wissen. … War er ein wenig … rot im Gesicht? „Ach was, schüchtern und zurückhaltend?“, kommentierte sie es, „Du bist ja zuckersüß.“ „Komm schon, wen meinst du?“ „Betty, Terra, die blonde Krankenschwester … die blonde Schneiderin … wie hieß sie? Miralle oder so ...“ „Wie bitte? Du fantasierst!“, behauptete er. „Hey, die Liste ist fortzuführen!“, begehrte sie gegen die Unterbrechung auf – lächelnd. „Wieso? Wer denn noch?“ „Jedes andere Mädchen, dem du so begegnest“, schloss die Aufzählung, „Du bist wirklich für alle ein Held!“, meinte sie teils scherzend, teils ernsthaft. „… Shan …“, begann er. Er benutzte ihren Namen ziemlich häufig, wenn ihn etwas bedrückte. „Meinst du … damit … dass …“, er brach ab und sah komplett auf die andere Seite. „Dass?“, fragte sie interessiert. „Nichts“, murmelte er und beendete damit das Thema. Wie gemein von ihm. Jetzt hatte er es geschafft, sie ernsthaft neugierig zu machen. Aber wenn er schon nicht darüber reden wollte … Irgendwann würde er die Frage fertig stellen. Dessen war sie sich sicher. Schließlich interessierte es ihn wirklich. Ansonsten hätte er wohl nicht mitten im Satz beschämt abgebrochen. Aber vielleicht fand er die Antwort auch selbst heraus… Sie würde es wohl hoffentlich merken. Und vielleicht sogar noch miterleben? Die Nachmittagssonne beendete ihre Schicht und versank am Horizont. Der Abend dämmerte. Die Dämmerung … Link mochte die Dämmerung. Aber er mochte die Sonne genauso. Und eigentlich jede Wetterlage. Und jede Tageszeit. Und jede Helligkeit. Alles … bis auf die völlige Dunkelheit. Also jene Dunkelheit, die Ganondorf zu ihnen zu bringen gedachte. Die Dunkelheit, die keinen Stern durchscheinen ließ. Sie hatten den Wald von Phirone bereits verlassen. Der Ölverkäufer hatte Shan nicht bemerkt. Also verlief alles ohne Probleme und ohne irgendwelche sinnlosen Einschübe. Während des Ritts unterhielten sie sich über ein paar willkürliche, aber irgendwie inhaltsleere Themen und verbrachten somit ihre Zeit. Mittlerweile war Shan still. Hätte er nicht ihre Arme um sich gespürt, hätte er sich versichern müssen, ob sie überhaupt noch da war oder schon in den Schatten eingetreten war. Die Felder, die sie bereits erreicht hatten, waren weit und etwas hügelig. Schloss Hyrule vermochte man noch nicht zu erkennen. Aber man sah in die Ferne, ohne von Bäumen oder Felsen gestört zu werden. Allerdings gab es etwas anderes … Monster. Hier waren sie wieder. Abgezogen von Hyrule. „Was bedeutet das?“, fragte er, „Wieso greifen sie nicht mehr das Schloss an …?“ „Hm …?“, machte Shan, realisierte dann scheinbar selbst, was er meinte und antwortete: „Ah … Ich würde sagen, es gäbe zwei Möglichkeiten: Möglichkeit eins: Ihnen ist es zu langweilig geworden, ständig gegen die Mauern zu laufen … oder die zweite: Ihnen ist es gelungen, die Mauern zu durchbrechen und Hyrule gibt es vermutlich nicht mehr im Stadt-Format.“ Er hielt Epona schockiert an. „Was?“, fragte er, obwohl er ihre Worte genau vernommen hatte. Er drehte sich bestmöglich zu ihr um. „Was?!“ „Ich würde sagen, es gäbe zwei …“, begann sie, wurde aber barsch von Link unterbrochen. „Ich weiß, was du gesagt hast! Aber … wir müssen zum Schloss! Ich muss wissen, was passiert ist!“ „Link. Wenn du mir keine dritte Möglichkeit nennen kannst, dann ist es sinnlos. Bei Theorie eins sind alle froh. Bei Theorie zwei alle tot. Unsere Anwesenheit wäre also in beiden Fällen überflüssig.“ „Ich muss aber zusehen, wie es den Schneidern geht! Und der Prinzessin!“, hielt er entgegen. Egal, was die Prinzessin von ihm hielt. „… Denkst du nicht, es wäre vernünftiger, erst nach den Goronen zu suchen, um deiner- …“ Er missachtete erneut, dass sie noch nicht fertig gesprochen hatte, und fuhr sie an: „Nein! Hierbei geht es um Menschenleben! Meine Erinnerung wird vielleicht die Zukunft retten können – vielleicht -, aber wenn ich jetzt handle, kann ich vielleicht vielen Menschen, die sterbend am Boden liegen, helfen! Wir sind unverletzt! Wir können …“ „… Wir können was , Link? Ich wusste nicht, dass du Mediziner bist“, fügte sie trocken hinzu. „Anstatt hier herumzuzanken, sollten wir los reiten!“, schlug er vor. „Ich werde dich nicht aufhalten … Aber ich denke, wir sollten uns wirklich eher auf Ganondorf konzentrieren … Und damit auf deine Erinnerung – also sollten wir nach Kakariko.“ Plötzlich ertönte ein Schrei. Ein Hilferuf folgte. Link schaute schockiert drein. Er musste in die Stadt und den Leuten helfen! Aber er musste auch zu den Goronen, sie waren schließlich sein Anhaltspunkt …! Allerdings … war es am nächsten und vermutlich sinnvollsten, der schreienden Person zu helfen …! „Argh!“, machte er unwillkürlich und gab Epona die Sporen. Er lenkte sein treues Tier in die Richtung des Schreis. Was ist das für ein Gefühl, wenn ich in seiner Nähe bin? Stolz? Glück? Freude? Ich mag es, wenn er da ist. Dann fühle ich mich … nützlich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)