Das Wolfsmädchen von Silk_Raven (Wie Jacob doch noch die Liebe findet) ================================================================================ Kapitel 5: Fünf --------------- „Ich muss los. Tut mir Leid, Schatz.“ Unendlich sanft küsste Sam seine Verlobte. Diese seufzte tief. „Ist es wieder wegen diesen Wilderern?“ Er zuckte hilflos die Schultern zur Antwort. „Na gut. Aber sei vorsichtig.“ Der Werwolf lachte. „War ich jemals unvorsichtig?“ Grinsend streichelte er mit den Fingerknöcheln über Emilys Wange und erntete ein Lächeln voller Zärtlichkeit. Noch ein Kuss folgte, bis er sich dazu aufraffen konnte, hinauszugehen. Im Türrahmen zog er sich noch das Hemd aus, sich durchaus bewusst, dass Emily zusah und explodierte dann. Jacob rannte so schnell, wie er noch nie gerannt war in seinem Leben. Das Klicken der Gewehre schien direkt neben ihm zu ertönen, so laut nahm er es wahr. Seine riesigen Pfoten trommelten rhythmisch auf den Boden, wie ein einziger, dumpfer Ton. Da waren sie. Gleich würde er bei ihnen sein. Gleich... Mit einem Brüllen schoss das rostbraune Monster auf ihn zu. Vor Entsetzen ließ der Jäger seine Waffe fallen. Sekundenbruchteile später wurde er mit einer Wucht gerammt, dass er dachte, es würde ihn zerreißen. Es gab ein widerliches Knacken und der Mann war von seiner Furcht erlöst. Speichel flog durch die Luft, als das beinahe 2 Meter große Ungetüm wendete und auf den Nächsten ansetzte, da war es aber auch schon zu spät. Der Schuss hatte sich schon gelöst. Man hörte das Heulen eines weiblichen Wolfes, das sofort wieder verstummte. Der rostbraune Wolf bekam winzig kleine Pupillen, sodass seine Augen weit aufgerissen wirkten. Er legte die Ohren an und bewegte sich ganz langsam auf den zweiten Jäger zu. Sein Knurren hallte durch den Wald wie Donner. Mörder, hallte es in seinem Kopf. Immer wieder. Mörder Mörder Mörder Der Mensch versuchte verzweifelt, aus der Schreckensstarre zu erwachen, die ihn gefangen hielt. Das Monster kam immer näher geschlichen. Und näher. Und näher! Er tat das Erste, was ihm einfiel. Fliehen! Weg von diesem Ungetüm! Bloß weg! Ohne jegliche Mühe spurtete der Wolf ihm hinterher. Den Schmerz, als es dem Wilderer förmlich die Hand abriss, bemerkte dieser vor Adrenalin gar nicht. Endlich kam er an seinem Auto an und stürzte sich hinein. Die Maschine röhrte auf. Nach dem Lenkrad greifend, spürte der Mann die Erschütterung, als der Monsterwolf eine riesige Tatze auf die Motorhaube niederfahren ließ. Mit einem schmatzenden Geräusch soff der Motor ab. Der Wilderer schwor sich, nie wieder ein Gewehr anzufassen und merkte im selben Moment, dass es ihm auch gar nicht mehr möglich wäre. Seine linke Hand hing nur noch an einigen Sehnen. Er schrie panisch auf, hörte es aber kaum, da das Blut ihm in den Ohren rauschte. Sein Herz raste ihm in der Brust und schmerzte unerträglich. Dann versagten ihm eben jene Herzmuskeln. Blase und Darm hatten sich vor Angst längst entleert. Er schnappte vergeblich nach Luft. Sein Gesicht lief blau an und er kippte zur Seite. Dann erschlaffte sein Körper. Jacob starrte ihn noch eine Weile hasserfüllt an, bevor er von der Leiche abließ. Traurig stupste er die tote Wölfin an und rieb den Kopf am grau-braunen Fell. Ihr Körper roch noch warm nach Kiefernnadeln und dem typischen Geruch von Fleischfressern. Sorgfältig 0verscharrte er sie und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Seine Ohren zuckten, als er ein Geräusch wahrnahm und gleich darauf Sams Stimme in seinem Kopf hörte. Jacob! Ich wollte sie nicht umbringen und das weißt du Natürlich wolltest du sie umbringen!, schrie der zweite Werwolf. Dann hatte ich eben nicht die Absicht, es auszuführen, knurrte der Rostrote zurück. Hast du eigentlich eine Ahnung, was du angerichtet hast?, das Brüllen wurde immer lauter, Jetzt werden die Wilderer erst recht versuchen, die wenigen Rudel in diesen Wäldern hier auszurotten! Sie hatten es verdient! SEI NICHT SO EIN HIRNLOSER IDIOT, JACOB! Sam sprang zwischen ein paar Bäumen hervor, schnappte nach Jacobs Kehle und drückte ihn zu Boden. Wutentbrannt starrten beide sich an. Und das alles nur, weil Jacob seine Seelenverwandte, seine echte Liebe, unter so miserablen Umständen gefunden hatte. Verwundert erleichterte der schieferschwarze Wolf den Druck seines Körpers auf Jacobs. Das ist nicht dein Ernst Ich wünschte, es wäre so, aber da ich dich gerade nicht anlügen kann, musst du es wohl glauben, erklärte der Kleinere missmutig. Und diese Werwölfin... ausgerechnet SIE ist es!?!? Willst du es noch einmal hören? Bedrohlich knurrte Jake, als Sam in solchem Ton über die Schwarze sprach. Du hast ein riesengroßes Problem, du armes Schwein, stellte der Rudelführer fest. Danke, meinte Jake ironisch und stand auf. Wenn du mich dann in Ruhe lassen würdest, ich habe noch zu tun. Auch, wenn deine Art von Futterbeschaffung mir nicht gefällt, vor Allem, da es hier sowieso kaum noch Wild gibt, du glaubst doch nicht wirklich, dass ich dich alleine losziehen lasse, damit du noch mehr Mist baust. Der rote Wolf knurrte genervt, wehrte sich aber nicht dagegen. Die Schwarze roch Jacob, lange bevor sie ihn sah. Er und der Schwarze brachen durch die Baumreihen, einen riesigen Ochsen hinter sich herziehen. Es war ein altersschwaches Tier gewesen, das sie ausgesucht hatten. Der Rostbraune versuchte, den intensiven Blutgeruch, der ihm an der Schnauze klebte zu ignorieren und grollte angewidert durch den Geschmack auf seiner Zunge. Vor seiner Beobachterin ließ er die Beute fallen. Diese wandte den Kopf ab, legte ihn auf die Vorderpfoten und ignorierte Jacob. Sam wartete etwas abseits. Der lästige Buhler, als den die Werwölfin ihn sah, versuchte ihre Aufmerksamkeit zu erregen und jaulte bittend. Als er sich ihr näherte, trat sie ihm aber nur mitten ins Gesicht. Der Rostrote knurrte warnend. Mit der Pfote kratzte er sie zwischen den Ohren. Den Kopf schüttelnd, wehrte sie ihn ab. In Ungnade gefallen, bei deiner Liebsten? Verzieh dich Sam Schon geschehen Das Rudeloberhaupt verschwand schnell. Jacob versuchte, die Schwarze in Richtung des Kadavers zu schieben. Sie schloss die Augen und gähnte herzhaft. Langsam wurde er wütend. Der Werwolf knurrte sie an und wurde einfach übergangen, während sie müde schmatzte. Grollend verbiss er sich in das Seil und zog daran. Sie machte sich schwer und ließ sich über den Waldboden schleifen. Jacob bellte sie wütend an. Sie öffnete die dunkelblauen Augen und guckte missbilligend. Wenn er ihr die Freiheit nahm und sie sich schon nicht gegen ihn behaupten konnte, würde sie eben Hungerstreik führen. Zutiefst bestürzt über diesen Entschluss, ließ Jacob das Seil fallen. Das hätte nicht passieren dürfen. Er hatte ja schon eine Menge falsch gemacht, aber nichts von dem hatte solche Auswirkungen gehabt. In einem letzten Anlauf rieb er den Kopf an ihrer Schulter und leckte der Schwarzen die Ohren. Einen Moment lang sah es so aus, als würde ihr das gefallen, dann sah sie ihn an und drehte sich auf die andere Seite. Vollkommen gescheitert zog er ab. Bei untergehender Sonne saß er am Fenster und schaute zu, wie seine Werwölfin aus der großen Wanne trank, die Jared ihr hingestellt und gefüllt hatte. Er würde Billy sagen müssen, dass er, zumindest für eine Weile, hier bleiben musste. Tief seufzend sah er auf den Wecker auf Embrys Nachttisch. Es war schon fast 10. Und er hatte überhaupt keine Hausaufgaben übers Wochenende gemacht. Als er wieder durch das Glas sah, schaute die Werwölfin ertappt schnell weg. Sie hatte ihn also beobachtet. Vielleicht sollte er sich im Moment damit zufrieden geben, dass er ihr ja nicht vollkommen egal sein konnte, wenn sie ihn beobachtete. Die Tür ging auf und der schwarzhaarige Embry warf Jake dessen Schulsachen und frische Kleidung zu. „Hey Jake.“ „Hey.“ „Hausaufgaben sind schon gemacht“, meinte der Werwolf und nickte in Richtung Rucksack. „Von dir?“ Noch ein Nicken. „Danke, Mann.“ Freundschaftlich wurde er angerempelt. „Passt schon... Irgendwelche Fortschritte?“ Embry sah nun auch aus dem Fenster, wo ein großes, schwarzes, blauschimmerndes Fellknäuel im Schatten lag, direkt neben der Leiche eines Ochsens. Jake schüttelte traurig den Kopf. „Und was ist das da?“ „Ein Ochse.“ Verächtliches Schnauben. „Ein Ochse? Und warum frisst sie nicht?“ „Sie ist der Meinung, wenn sie keine Chance gegen uns hat und nun auch noch gefangen ist, dann tritt sie eben in den Hungerstreik.“ „Oha.“ „Früher oder später wird sie fressen müssen, wenn der Hunger zu groß wird.“ „Ich hoffe, du hast nicht Unrecht.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)