Eine Liebesgeschichte aus Edo von F ================================================================================ Kapitel 3: Herbstgedicht - Teil 3 - ----------------------------------- Es war zu erwarten gewesen, dass der Vorfall, die trägen Vorgänge im Palast aufschrecken würde. Die Auswirkungen waren schon am frühen Morgen, zu sehen, als verdächtig viele Höflinge und Damen durch den Garten flanierten und sich nicht einmal von dem schwülen Wetter abhalten ließen. Die beiden Wachen die vor Yukios Gemach harrten, hatten Befehl erhalten, keinen Gast zu dem Jungen vorgelassen und so, versuchten die Neugierigen, an den Mienen der beiden Diener, Kumiko und Shiro rauszufinden, wie es dem Jüngling wohl ging. Tokugawa hatte natürlich getobt und gezetert. Immerhin hatte er einen anderen Abend für sich und Yukio geplant, doch dieser war ihm verdorben worden. Er verlangte von Saburo, dass er den Fall restlos aufklärte und der Schuldige bestraft wurde, was in diesem besondern Fall, der Tod sein würde. Nur würde es nicht gerade einfach werden den Fall zu lösen, da das Badehaus allgemein zugänglich war und die Schlange dort schon länger deponiert gewesen sein könnte. Ja, es stand nicht einmal fest, ob sie überhaupt für Yukio bestimmt gewesen war, oder für jemand anderen, so dass der Jüngling nur per Zufall, Opfer der Schlange geworden war. Fragen über Fragen, aber Antworten waren nicht in Sicht und das war etwas was auch Minoru Sorgen bereitet. Gegen Morgen war er von einer anderen Wache abgelöst worden und hatte einige Stunden schlafen können, bevor er, wie jeden Morgen an Saburos Frühbesprechung teil nahm. Zwar war er noch ein wenig müde gewesen, doch er hatte sich sehr zusammen gerissen, wie man es von einem Samurai erwartete. Danach hatte Saburo seine Ermittler fort geschickt, während er Minoru bei sich behalten hatte. „Du hast die ganze Nacht gewacht, da solltest du etwas ausruhen“, sagte er und lächelte seinen jungen Schüler an, der ganz begierig jedes Wort seines Lehrers aufsaugte. „Wie geht es eigentlich Matsumoto-san?“ erkundigte er sich und füllte Minoru eine Schale mit Tee, die er ihm freundlich rüber schob. „Er ist in der Nacht einmal aufgewacht, hat aber den Rest der Nacht dann durchgeschlafen. Ich glaube nicht, dass auch nur ahnt, wer ihn töten wollte“, sagte Minoru und griff nach der Teeschale, wobei er sie in den Händen behielt und höflicherweise erst darauf wartete, dass Saburo trank, bevor er sich einen Schluck genehmigte. Saburo lächelte und stellte seine Schale wieder auf den Boden, während seine Augen auf dem Haupt seines Schülers lagen. „Du scheinst ihn nicht sonderlich zu mögen“, sagte er nach einigen Augenblicken des Schweigens und als Minoru rot anlief, lachte er leise. „Warum missfällt er dir so sehr?“ wollte er schließlich wissen und beugte sich ein wenig vor, als würde er die Antwort aus Minoru herauskitzeln wollen. Tatsächlich war es Minoru wirklich ein wenig peinlich, dass Saburo ihn so einfach durchschaut hatte, aber er bemühte sich um Souveränität und räusperte sich, bevor er antwortete: „Er ist nicht im geringsten ein Samurai.“ Es platze einfach aus ihm heraus. „Ich kann einfach nicht verstehen, wie er sich, als ein Mädchen verkleidet dazu hatte hergeben können, nach Edo zu reisen. Jeder andere wäre offen gereist und wäre der Gefahr eines Angriffs mit dem Schwert begegnet.“ Saburo nickte leicht und wie immer hatte Minoru das Gefühl, dass sein Lehrer ihn vollkommen verstand. Es war ein wunderbares Gefühl zu wissen, dass ein Mensch, denn er so sehr bewunderte, ihn so gut nachvollziehen konnte. Minoru war wirklich dankbar dafür. „Du hältst ihn also für schwach“, sagte Saburo und sah Minoru sehr ernst an. „Unterschätz ihn nicht, denn auch wenn er so nicht aussieht, ist große Stärke in ihm. Jemand der über seinen Schatten springen kann, wenn es nötig ist, sollte man keineswegs unterschätzen.“ Dennoch rümpfte Minoru die Nase und konnte sich eines Einwandes nicht erwähren. „Aber er trug ein Mädchengewand, als er hierher gekommen ist.“ „Und der Shogun wünschte, dass er es auch beim Abendessen trug“, erinnerte ihn Saburo daran, bevor sein etwas strenger Ton, wieder etwas weicher wurde. „Und vergiss den großen Ishikda Mitnunari (jap. Herrführer 1560–1600) nicht. Auch er war einst dazu gezwungen, als Frau verkleidet, zu fliehen. Das hat ihn in den Augen seiner Gegner nicht weniger respektabel gemacht.“ Das war natürlich ein Einwand, aber Minoru bezweifelte dennoch, dass Yukio sich, wie in einen großen Herrführer verwandeln würde. Viel mehr hatte er das Gefühl, dass der Jüngling, am Hofe untergehen und zum Spielball seiner Konkurrenten werden würde. All diese Gedanken sprach er vor Saburo jedoch nicht aus. Es stand ihm nicht zu sich so zu äußern und darum schwieg er. „Ich habe entscheiden, dass du ab heute nur noch für Matsumoto-san zuständig sein wirst“, wechselte Saburo schließlich das Thema, was Minoru aufblicken ließ. „Ich? Aber warum?“ Es entschlüpfte Minoru einfach so und er schämte sich augenblicklich, so impulsiv gesprochen zu haben. „Kamaguchi-san wird bald einen Lehrer bekomme, der sich seiner annehmen wird und Ikomo-san genießt mittlerweile schon so viele Freiheiten, dass er keine Wächter mehr braucht.“ Bei diesem Punkt verdüsterte sich Saburos Miene ein wenig. Er hielt nicht sonderlich viel von Ryo, wenn gleich er es niemals offen gezeigt hätte. „Matsumoto-san dagegen ist noch neu. Ihm sind die Regelnd es Hofes noch fremd und nach dem Vorfall des letzten Abends, würde ich ihn gerne im Auge behalten lassen. Du hast dich bis jetzt hervorragend und die Belange der Gäste gekümmert, daher finde ich, dass du das auch weiterhin tun solltest.“ Minoru verneigte sich tief und höflich. „Es ehrt mich, dass Ihr soviel Vertrauen in mich setzt, aber all das verdanke ich der Weißheit von Ito-san“, erwiderte Minoru und hatte durchaus angenehme Gedanken an den alten Samurai, der mit Minoru zusammen sich um den Gästetrakt kümmerte. Oder besser gekümmert hatte. In letzter Zeit war er viel krank gewesen, so dass Minoru immer mehr und mehr Pflichten hatte übernehmen müssen, bis schließlich alle Verantwortung auf seinen Schultern geruht hatte. „Ich weiß sehr wohl, wie es um Ito-san steht und auch, dass er dir schon vor Wochen alle Aufgaben übertraten hat, die du Monatelang schon ohnehin ausgeführt hattest.“ Saburos Lächeln machte Minoru ein wenig verlegen, den er hatte seine Aufgaben so stillschweigend wie möglich verrichtet und nie ein Wort darüber verloren, dass Ito-san langsam in die Zeit kam, in welcher man lieber beten, statt bewachen sollte. „Du sollest nicht zu bescheiden sein, Yoshida-kun. Ich habe deine Entscheidungen sehr genau verfolgt und ich sehe keinen Grund warum ich Ito-san nicht von seinen Aufgaben endgültig entbinden und sie dir dafür übertragen sollte.“ Nun war Minoru wirklich sprachlos. Er rückte vom Tisch fort und verneigt sich so tief, dass er mit der Stirn den Boden berührte. „Ich danke Euch, für euer Vertrauen, Herr“, sprach er gegen die Tatamimatten, während ihm das Herz bis zum Halse schlug. Es hatte ihn nicht gedrängt die Pflichten von Ito-san zu übernehmen, aber es ehrte ihn ungemein, dass Saburo sie ihm vertrauensvoll übergab. „Ich werde Euch nicht enttäuschen“, wisperte er noch, bevor er sich endlich aufsetzte. Saburos mildes Lächeln war noch immer auf seinen Lippen. „Ich weiß und darum werde ich dir auch Suzuki-san, sowie Tanaka-san zur Seite stellen.“ Das freute Minoru fast noch mehr, denn sowohl Suzuki Shouta, als auch Tanaka Osamu, waren zwei junge Samurai, die er sehr mochte. Sie waren zwar etwas rau, dafür aber pflichtbewusst und gewissenhaft, wenn es um ihnen übertrage Aufgaben ging. Mit zwei solchen Samurai, würde seine Pflicht Yukio im Auge zu behalten, ein Kinderspiel werden. Der ganze Vormittag bestand für Yukio aus dämmrigem, durch einen bemalten Seidenparavent fallendes Sonnendlicht. Die Farben ließen sein Zimmer wie eine Traumwelt erschienen, wenn da nicht die schreckliche Erschöpfung gewesen wäre, gegen die er nicht ankämpfen konnte. Schon am Morgen war der Arzt gekommen, hatte ihn untersucht, sein Bein neu verbunden und war verschwunden, nachdem er neue Medizin hinterlassen hatte. Kumiko kümmerte sich wirklich rührend um ihn, während Shiro das Schlafgemach kaum zu betreten wagte. Ab und zu brachte er etwas, wenn ihn Kumiko anwies, aber ansonsten hielt er sich im Hintergrund. Yukio war es eigentlich egal, denn er verfiel immer wieder in Momente, wo er kurz die Augen schloss und als er sie wieder öffnete, wusste er, dass viel Zeit vergangen sein musste. Es war schon später Nachmittag, als er endlich der Meinung war etwas essen zu können. Eigentlich hatte Yukio keinen wirklichen Hunger, doch Kumiko hatte ihn diesbezüglich so lange überredet, dass Yukio einfach hatte nachgeben müssen. Als er hörte, wie die Shojitür aufgezogen wurde, glaubte er, dass es Shiro mit seinem Essen sein müsste, weswegen er sich auch von Kumiko aufhelfen ließ. Doch es war nicht Shiro, sondern Minoru, der seinen Raum mit zwei weiteren Männern betrat, die sich hinter ihm hinknieten, um sich vor Yukio zu verneigen. Die beiden Männer waren sicher nur wenig älter als Minoru selbst, wirkten aber ein wenig wilder als er. „Ich hoffe Ihr seid nicht gekommen, mich zu verhaften“, sagte Yukio halb im Scherz und lehnte sich gegen Kumikos Körper die hinter ihm saß und verhinderte, dass er einfach auf den Futon sank. Minoru hob den Kopf und fand Yukios Kommentar offenbar nicht komisch, da er auf ihn nicht einging. „Ich bin gekommen, um Euch mitzuteilen, dass Fukurwar-san angeordnet, dass Ihr ab sofort bewacht werden sollt. Die Ehre dieser Aufgabe ist mir, sowie Suzuki-san und Tanaka-san zugefallen.“ Die beiden Samurai verzogen keine Miene, deuteten aber nochmals eine Verbeugung an. „Ich soll bewacht werden? Wozu das alles? Sollt Ihr nun jedes Mal das Bad überprüfen, ob sich dort auch wirklich keine Schlange verbirgt, wenn ich es benutzen möchte?“ fragte er mit leichter Ironie und merkte wie ihm langsam wieder schwindelig wurde. Kumikos besorgter Blick streifte ihn, aber er hob die Hand, dass er sich nicht hinzulegen wünschte. „Bitte macht Euch nicht über diesen Vorfall lustig. Ihr hattet Glück, dass Euch nicht noch mehr geschehen ist“, ermahnte Minoru Yukio. „Wärt Ihr in den Zuber gefallen, hättet Ihr ertrinken können.“ Gut, darüber hatte Yukio nicht nachgedacht, aber er hatte sich allgemein keine Gedanken zu dem ganzen Vorfall gemacht, was jedoch nicht am mangelndem Interesse gelegen hätte, sondern daran, dass er viel zu erschöpft war, um sich darüber Gedanken zu machen. Yukio sah Minorus ernste Miene und rückte von Kumiko fort, was seinen Schwindel etwas stärker werden ließ. Doch da er sich mit einer Hand abstütze, ging es wieder etwas. „Ich würde gerne mit Yoshida-san alleine sprechen“, sagte er zu der Dienerin, die sich daraufhin verneigte und unwillig zurück zog. Minoru nickt den beiden anderen Samurai zu, die sich erhoben und nach draußen gingen, während er selbst sich erhob und das kleine Schlafzimmer betrat, in welchem Yukio auf dem Futon saß. Kumiko schob die Shojitür hinter ihm zu. Die beiden jungen Männer saßen nun gerade mal eine Armlänge voneinander entfernt und sahen sich angespannt an, bis Yukio als erster den Blick senkte. „Ihr und Fukuwara-san seid der Meinung, dass diese Schlage für mich bestimmt gewesen ist, nicht wahr?“, fragte er offen heraus und hob seinen dunklen Blick, um zu Minoru blicken zu können, der daraufhin nickte. „Und wer, glaubt Ihr, hätte etwas davon, wenn ich schon jetzt mein Leben beenden würde?“ wollte er weiter wissen und spürte wie sein Arm langsam taub wurde und einzuknicken drohte. „Das weiß ich nicht. Noch ist nicht offen ersichtlich, wem euer Tod gelegen kommen würde, aber vielleicht war diese Tat auch nur dazu da, um gleich von Anfang an zu verhindern, dass Ihr einen Status im Palast erlangen könnt.“ Minorus Stimme war nicht laut, aber dennoch durchdringend. Sie hielt Yukios Augen offen, der leicht nickte. „Welchen Status sollte ich schon im Palast ergattern können? Tokugawa-san hat mich schon am ersten Abend gedemütigt“, wisperte er und erinnerte sich nur zu gut an den Mädchenkimono den man ihn gebracht hatte. „Mir scheint fast, dass sowohl der Mörder, als auch Ihr, eure Zeit für mich verschwendet.“ Kaum hatte er zu Ende gesprochen spürte er auch schon wie sein Arm ruckartig einknickte. Wahrscheinlich wäre er auf den Futon zurück gefallen, wenn Minoru nicht nach ihm gegriffen hätte. Er war zu ihm gerückt und hielt Yukio fest, um ihn dann ganz behutsam auf den Futon zurück zu legen. Yukio war ihm wirklich dankbar dafür, wenngleich ihm klar war, dass Minoru ihn nicht mochte. „Ich danke Euch“, murmelte er, als er wieder bequem lag und das Schwindelgefühl langsam zu verschwinden begann. Minoru rückte wieder ein kleines bisschen fort, wie es sich gehörte. „Ihr irrt Euch, wenn Ihr annehmt, dass Ihr keinen Status am Hof erlangen könntet. Tatsächlich stehen eure Chancen dafür sogar sehr gut, denn der Shogun ist bereit Euch seine Gunst zu schenken“, sagte Minoru mit einem ein wenig verkniffenem Gesicht. „Wenn ich vorher nicht sterbe“, flüsterte Yukio und beobachtete das Gesicht des jungen Samurais, der auf ihn herab blickte. Minrous Züge vereinigten Jugendlichkeit und Ernsthaftigkeit, was ihm eine reizvolle Attraktivität verlieh. Ob er wohl einen Liebhaber hatte, fragte sich Yukio unpassender weise. „Der Arzt meinte, dass Ihr überleben werdet und dann wird Tokugawa-sama Euch gewiss zu sich rufen. Ihr solltet es als Ehre ansehen“, sagte er zwar, meinte es aber nicht. Yukio konnte es an seinem Gesicht sehen und an der Art wie er dabei die Augen senkte, um Yukio nicht ansehen zu müssen. „Eine Ehre auf die ich gerne verzichten würde, wenn ich könnte“, sagte Yukio und dachte an seine Eltern, die ihm immer wieder gesagt hatten, dass Yukio alles tun müsste, um die Gunst des Shoguns zu erlangen. Die Worte klangen ihm noch in den Ohren, nur wusste Yukio nun wie der Shogun aussah. Er war alt und alle Schönheit die er einst besessen haben mochte, war schon vor Jahren verwelkt. Ihn schauderte es, wenn er an den Abend zurück dachte, wo der Shogun seine Hand berührt hatte. Sein Handrücken war faltig und von Altersflecken übersäht gewesen, dass es Yukio seine ganze Selbstbeherrschung gekostet hatte, die eigene Hand nicht augenblicklich fort zu ziehen. „Mir scheint, dass Euch noch immer nicht ganz klar ist, in was für einer Situation Ihr euch befindet. Ob Ihr wollt oder nicht, Ihr seid im Fokus unseres Herrn“, erklärte Minoru, schon fast ein wenig ungeduldig. „Alleine das hat Euch zu einer Zielscheibe am Hof gemacht und je mehr Tokugawa-sam sich Euch zuwenden wird, desto mehr Feinde werdet Ihr haben.“ Yukio konnte sehen, wie Minorus Hand sich fest um den Griff seines Schwerts legte, da er wohl der Meinung war, dass Yukio nicht verstand. Aber Yukio verstand, wenn auch nicht alles und nicht bis zum letzten Bisschen. Nur beunruhigte es ihn nicht. Zumindest nicht jetzt wo er das Gefühl hatte dem Tod näher als den Lebenden zu sein. „Ihr meint also schon zu wissen, wem ich diese Bettlägerigkeit zu verdanken habe?“ fragte Yukio und betrachtete durch halbgesenkte Wimpern, wie Minoru die Lippen aufeinander presste. „Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen“, antwortete er ausweichend. Zögerte dann einen Moment, bevor er sich entschied, doch weiter zu sprechen. „Aber Ihr tätet gut dran, Ikomo-san von Euch fern zu halten.“ „Warum sollte ich das tun? Ob ich nun krank bin oder nicht. Irgendwann wird er mir einen Höflichkeitsbesuch abstatten wollen, genau wie Kamaguchi-chan und ich werde ihn kaum fortschicken können.“ Nun hatte der keine Masachiro sich das Recht einfach genommen einfach zu Yukio zu gehen, aber früher oder später würde, auch Ryo bei ihm auftauchen und wenn Yukio dann nicht unhöflich sein wollte, würde er gezwungenermaßen ihn empfangen müssen. Von Minoru kam ein Kopfschütteln, dass Yukio fast schmunzeln gelassen hätte, wenn er sich nicht so müde gefühlt hätte. „Ikomo-san ist der Momentane Favorit unseres Herrn und Ihr könnt versichert sein, dass er seine Position mit allem verteidigen wird, was er nur in die Finger kriegen kann.“ Minorus Bemerkung genügte um Yukio sich hochstemmen zu lassen. Natürlich war er nicht blind, aber die Vorstellung, dass Ryo soweit ging, war in Yukios Augen nahezu abstoßend! Er schloss die Augen und versuchte sich zu sammeln, was ihm jedoch kaum gelingen wollte. Gerne hätte er Minoru gefragt, was er nun tun sollte, der das Gesicht des jungen Samurais war so verkniffen, dass er es nicht wagte. Vor der Tür räusperte sich Kumiko. „Matsumoto-san, euer Essen ist da“, rief sie leise durch die geschlossene Tür, was Minoru augenblicklich dazu brachte, ein wenig weiter von Yukio fort zu rücken, während sich die Tür leise öffnete und die Dienerin mit einem Tablett eintrat. „Wer hat das Essen gebracht?“ erkundigte er sich ziemlich barsch, ohne den grimmigen Gesichtsausdruck zu verlieren, wie Yukio ein wenig belustigt feststellen musste. „Shiro-chan hat es gebracht und er hat auch die ganze Zeit neben dem Koch gestanden, als es dieser zubereitet hat.“ Kumiko antwortet höflich, aber ihre Worte verrieten, dass sie schon ein wenig entrüstet darüber war, dass Minoru ihr mit dieser Frage unterstellte, sie würde die Sicherheit ihres Herrn vielleicht vernachlässigen. Minorus Augenbraue hob sich leicht, ehe er sich zu Yukio umwandte um sich zu verabschiedet. „Wartet noch einen Augenblick, Yoshida-san“, hielt Yukio ihn noch einmal auf und spürte, wie ihm das Herz zu klopfen begann. „Ihr sagtet vorhin, dass ich nun drei Wachen haben werde…Ließe es sich einrichten, dass Ihr morgenfrüh diese Wache übernehmt?“ fragte er und betrachtete Minorus Gesicht, welches sich hinter einer unbeweglichen Maske verstecken wollte, es aber nicht so recht konnte. Eine kleine Ader hüpfte auf seiner Schläfe, bis er schließlich nickte. „Wie Ihr wünscht“, erwiderte er. Dann verabschiedete er sich und ließ Yukio mit Kumiko allein. Doch Yukios Hunger war vergangen und er ließ sich mit einem Seufzer zurück in die Kissen gleiten. Er hoffte das Minoru nicht recht hatte und zwar nicht nur, weil Yukio nichts an einem Streit mit Ryo lag, sondern auch, weil er sich unter diesen Umständen, vor dem nächsten Besuch bei Tokugawa fürchten musste. Nach dem Besuch bei Yukio war Minoru ärgerlich, jedoch nicht auf den kranken Jüngling, der seine Situation nicht zu verstehen schien, sondern auf sich selbst, da er so offen gesprochen hat. Bis jetzt hatte er sich in die intriganten Belange des Hofes nicht eingebunden, aber Yukios Unbekümmertheit hatte ihn die Nerven verlieren und eine sehr deutliche Warnung aussprechen lassen. Es hätte ihm nicht zugestanden soweit zu gehen und dennoch war es ihm über die Lippen gekommen. Nur schien Yukio davon nicht beeindruckt gewesen zu sein. Viel mehr schien er zu glauben, dass Ryo sich einfach damit zufrieden geben würde zu wissen, dass Yukios Bestreben Tokugawas neuer Liebling zu werden, gering war. Konnte man noch naiver sein? In Minorus Augen kaum. Die erste Wache hatte er Tanaka übergeben und sich selbst am Abend zu Saburo begeben, um ihn von seinem Gespräch mit Yukio zu berichten, wobei er peinlichst genau darauf achtete nicht zu erwähnen, was er genau von Yukio hielt. „Zumindest hat er nichts gegen die Wachen“, sagte Saburo nachdem Minoru geendet hatte und rieb sich das Kinn. Er wirkte ein wenig müde, wie es Minoru erschien, was nur bedeuten konnte, dass er eine längere Zeit bei Tokugawa verbracht hatte. Der Shogun verstand sich ausgezeichnet darin anderen Menschen die Kraft zu rauben, während sie sein Toben über sich ergehen ließen. „Ist schon klar, wer die Schlange ins Badehaus gebracht hat?“ fragte Minoru, machte sich jedoch nicht sonderlich viele Hoffnungen, dass jemand etwas gesehen haben musste. Als Saburo den Kopf schüttelte, fielen auch Minorus Schultern etwas zusammen. „Nein. Es gibt keinen Hinweis, weder der Bademeister, noch die Bademädchen wollen etwas gesehen haben. Außerdem wäre es für niemanden schwer gewesen das Badehaus zu betreten und die Schlange dort zu deponieren. In den tiefen Gittern de Bodens hätte sie sich lange verstecken können. Ich befürchte, dass wir auf diese Weise nicht rauskriegen werden, wer Matsumoto-san entschlafen lassen wollte.“ Auch Minoru war Saburos Meinung, dass der Vorfall im Badehaus nicht im Gegrinsten Zufall gewesen war. „Ich denke, dass es Zeit ist, Ikomo-san zu befragen. Er müsste noch in seinen Gemächern sein“, entschied Saburo, was Minoru irritiert den Kopf heben ließ. Soweit er sich erinnerte, hatte Saburo Ryo noch nie besucht und es auch sonst vermieden in näheren Kontakt zu dem jungen Mann zu treten, der wild entschlossen war Karriere am Hof zu machen. „Wird er um diese Zeit, nicht zu Tokugawa-sama gegangen sein?“ wandte Minoru vorsichtig ein, der die Zeiten, in welchen der Shogun nicht allein zu sein wünschte, nur zu gut kannte. Doch Saburo schüttelte den Kopf. „Nein, Tokugawa-sama war sehr verärgert. Ihm wird in den nächsten Tagen, eher der Sinn nach Blut stehen, als nach Bettgeflüster.“ Die Vorstellung, wie Ryo sich an Tokugawas Körper schmiegte, hatte eine geradezu ernüchternde Wirkung auf Minoru. Es lief ihm eiskalt den Rücken runter und er dankte den Göttern, dass Saburo niemals auf die Idee gekommen war, ihn zum Schlafzimmerdienst zu zuteilen. Zwar betrat man bei diesem Dienst das Schlafgemach des Shoguns nicht, blieb jedoch hinter so dünnen Wänden stehen, dass jedes Wort, jedes Geräusch und jedes noch so leises Rascheln zu einem drang. Nun mochte dieser Dienst recht erträglich sein, wenn einmal wöchentlich eine Konkubine das Schlafgemach des Shoguns betrat, damit er seine Pflicht tun konnte, einen Erben zu zeugen. Nicht so angenehm wurde es dagegen, wenn Ryo ihn besuchte. Zumindest soweit es Minoru von den anderen Samurai gehört hatte, die ihn gerne damit neckten, dass er für diesen Dienst noch zu jung sei. „Seid Ihr wirklich der Meinung, dass es in Ordnung ist, Ikomo-san aufzusuchen? Er könnte es als eine direkte Verdächtigung seiner Person ansehen“, gab Minoru zu bedenken. Ryo galt nämlich als jemand, der schnell alles gegen zu sich nehmen pflegte. „Ihn nicht aufzusuchen würde bedeuten, dass wir die Ermittlungen nicht gründlich führen. Außerdem würde es ein falsches Signal für ihn“, erklärte Saburo klar, woraufhin Minoru den Kopf senkte und seinem Herrn zustimmte. Saburo hatte recht damit gehabt, dass Ryo an diesem Abend nicht bei Tokugawa war. Er war in seinem übermäßig prachtvoll möblierten Gemach und wirkte verstimmt, als Saburo und Minoru eintrafen. Er begrüßte sie zwar höflich und bot ihnen auch Erfrischungen an, doch zeigte er auch deutlich, dass er sich über ihren Besuch nicht freute. „Was hat Euch zu mir geführt, Fukuwara-san?“ erkundigte er sich und bedachte Minoru lediglich mit einem kurzen Blick, wenn auch nicht Wort. „Gewiss habt Ihr davon gehört, was Matsumoto-san widerfahren ist“, begann Saburo zu sprechen, während Minoru Ryos Gesichtszüge betrachtete, die sich leicht verdüsterten. „Ja, ich hörte davon“, antwortet der junge Mann knapp. „Es war wirklich ein sehr bedauerlicher Unfall. Ich nehme an, dass es ihm schon besser geht?“ Die Frage hatte eine Spitze tief in sich versteckt und Minoru ahnte nur zu gut, dass Ryo auf eine negative Antwort hoffte. Doch er wurde von Saburo enttäuscht. „Ja, zum Glück, hat die Schlange nur wenig Gift gehabt und es sieht so aus, als würde sich Matsumoto-san wieder vollständig erholen. Dennoch bleibt die Frage, wie eine Habu, ins Badehaus gekommen ist. Ihr habt das Badehaus nicht zufällig aufgesucht?“ Ryo, der gerade von seinem Tee hatte kosten wollen stellte die zierliche Schale auf den Tisch zurück. Seine Augen waren schmal geworden und für einen Augenblick meinte Minoru darin sogar Hass aufflammen zu sehen. „Ich muss Euch enttäuschen, Hauptmann. Ich habe gestern das Badehaus erst nach dem Vorfall besucht und wurde von euren Männer wieder fortgeschickt, die es durchsuchten“, antwortete er sehr kühl und lächelte überheblich. „Ganz davon abgesehen, dass ich keinen Grund hätte, Matsumoto-san etwas schlechtes zu wünschen. Warum auch? Er ist doch gerade erst am Hof angekommen.“ Ryo girff abermals nach seinem Tee und nahm einen Schluck davon, doch so leicht wollte Saburo es ihm nicht machen, denn er tat etwas, was Minoru sehr erstaunte. „Es mag sein, dass er nur kurz am Hofe ist, aber er hat es schon am ersten Abend geschafft, Tokuawa-samas Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.“ Er sagte es ganz nebenbei, aber Minoru entging nicht wie sich Ryos Gesichtsfarbe von blass zu puterrot änderte. Der Ärger stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Es wäre auch ein Wunder gewesen, wenn er in diesem Aufzug keine Aufmerksamkeit auf sich zogen hätte“, zischte Ryo unbeherrscht und beugte sich etwas vor, als wollte er Saburo mit seinen Augen, gegen den Boden pinnen. „Wollt Ihr mir etwa unterstellen, dass ich es war, der die Schlange im Badehaus hat deponieren lassen, weil ich mir Sorgen machte, dass dieses Kind mir den Platz streitig machen könnte?“ Ryo trug das alles so aggressiv vor, dass Minorus Hand unwillkürlich sich auf den Griff seines Schwertes legte, obwohl doch keine unmittelbare Gefahr bestand. „Nein, das wollte ich nicht“, erwiderte Saburo und verneigte sich leicht. „Verzeiht, wenn es so geklungen haben sollte. Wir möchten Eure Zeit nun nicht weiter in Anspruch nehmen.“ Minoru war vollsten verwirrt, als sie Ryos Gemächer verließen und von der Veranda auf den Kiesweg des Gartens traten. „Warum habt Ihr ihn durch diese Frage bewusst verärgert, Fukuwara-san?“ Minoru musste es einfach fragen, denn er verstand es nicht. Doch Saburo antwortete nicht sofort, sondern barg seine Hände in den weiten Ärmel seines Kimonos. „Weil ich wissen wollte, wie viel ihm daran liegt, dass Matumoto-san nicht der neue Favorit unseres Herrn wird“, antwortet er leise und schlenderte mit Minoru durch den Garten, der nicht ganz verstand. „Aber wir wussten doch schon vorher, dass er seinen Platz auf gar keinen Fall verlieren will“, wandte Minoru ein. „Wirklich?“ Saburo sah Minoru an und blickte dann zu den Tanaka, der als Wache vor Yukios Tür wachte. „Meinst du nicht auch, dass es viel klüger gewesen wäre erst abzuwarten, um zu sehen, ob echte Gefahr von Matsumoto-san ausgeht, anstatt vorsorglich einen Anschlag auf ihn zu verüben? Du hast Ikomo-san doch gerade gesehen. Er scheint sich sehr sicher zu sein, dass ihn nichts von seinem Platz vertreiben könnte.“ Saburo nickte Tanaka leicht zu, ehe er mit Minoru den Weg einschlug den Garten zu verlassen. „Vielleicht wollte er vorsorglich das Problem lösen, bevor es zu einem ernsten wird“, überlegte Minoru und versuchte Saburos Gedankengängen zu folgen, was ihm nicht sehr leicht fallen wollte. Manchmal waren Saburos Ideen einfach zu kompliziert, um ihnen in einem so frühern Stadium schon folgen zu können. „Oder jemand anderes wollte verhindern, dass es zu dem Treffen zwischen Tokugawa-sama und Matsumoto-san kam. Jemand dem daran lag es nur ein wenig hinaus zu zögern oder aber jemand…“ Er brach ab und seine Miene wurde düsterer. Minoru wartete und hoffte, dass Saburo weiter sprechen würde. Doch er wurde enttäuscht werden. „Du darfst Matsumoto-san nicht aus den Augen lassen, denn ich befürchte, dass dies nicht der letzte Vorfall dieser Art gewesen ist.“ Das war alles was Saburo noch zu Minoru sagte, bevor er sich von ihm verabschiedete. Viel klüger war Minoru nach diesem Gespräch nicht geworden, aber er wollte Saburos Warnung sehr ernst nehmen, denn der Hauptmann neigte nicht dazu sich zu irren. Da es Yukio am nächsten Tag schon wesendlich besser ging, durfte er nach dem frühstück etwas auf der Veranda sitzen blieben. Die Untersuchung des Arztes war sehr positiv verlaufen, weswegen er von den guten gesundheitlichen Fortschritten, auch dem Shogun berichten wollte. Nach seinem Abschied hatte Yukio sich Tee bringen lassen und auch Tanaka ein Schälchen eingießen lassen, wenngleich dieser höflich ablehnte. „Bitte trinkt doch ebenfalls ein. Nur damit ich sicher sein kann, dass es nicht wieder etwas enthält, das mir schaden könnte.“ Zwar glaubte Yukio das nicht, aber es genügte, um Tanaka das Schälchen austrinken zu lassen. Yukio war klar, dass der Mann die ganze Nacht vor seinem Gemach gewacht hatte und dementsprechend müde sein musste. Trotzdem verwickelte er ihn in ein oberflächliches Gespräch, fragte ab und an, wer das sei, der gerade durch den Garten spazierte und lauschte den Namen, die er sich unmöglich würde alle merken können. Er wollte Tanaka gerade eine weitere Portion Tee eingießen lassen, als Minoru über den Kieselweg zu ihnen marschiert kam. Im Sonnenlicht wirkte sein Haar, wie schwarzes, glänzendes Gefieder, das einen reizvollen Kontrast zu seiner hellen Haut aufbaute. Seine Schritte waren kraftvoll und geschmeidig. Er erreichte die Veranda und verneigte sich leicht vor Yukio zum Gruße, ehe er aus seinen Zori schlüpfte und die Veranda betrat. Tanaka verabschiedete sich daraufhin und ließ die Yukio mit Minoru allein. „Guten Morgen, Matsumoto-san. Es freut mich zu sehen, dass es Euch heute besser zu gehen scheint.“ Seine Augen huschten über Yukios blasse Gestalt, die in einem hellen Kimono steckte. Yukio war klar, dass er ein bescheidenes Bild abgeben musste, denn weder seine Haut, noch seine Augen hatten den Glanz der Lebendigkeit vollkommen wiedererlangt. „Guten Morgen“, erwiderte er daher den Gruß ließ Shiro ein neues Schälchen für den Samurai bringen. „Es geht mir wirklich besser, auch wenn der Arzt noch geraten hat mich zu schonen.“ Dass der Arzt ihm auch gesagt hatte, dass er bei solchen Fortschritten noch vor Ende der Woche Tokugawa wieder Gesellschaft würde leisten könnten ließ er lieber aus. Es entstand eine Stille zwischen Ihnen die einzig von Shiro unterbrochen wurde, der Minorus Teeschale füllte. „Ich…“, begannen beide gleichzeitig und schwiegen dann. „Bitte sprecht zuerst, Yoshida-san“, sagte Yukio und hob die vom Kimonoärmel bedeckte Hand an die Brust, da es ihm unangenehm war, dass sei beide zur gleichen Zeit hatten sprechen wollten. „Verzeiht, ich wollte nur sagen, dass…“ Minoru brach ab und seine Miene verdüsterte sich augenblicklich. Yukio, der nicht verstand was geschehen war, drehte den Kopf, um in die gleiche Richtung zu sehen, in welche Minoru starrte. Es war Ikomo Ryo, der sich ihnen langsam mit seinem Diener näherte und Mionru durch diesen Auftritt zum schweigen gebracht hatte. Denn obwohl Yukio zu dem jungen Samurai blickte und, hoffte dass dieser weiter sprechen würde, sagte er nichts mehr. Stattdessen rückte er etwas ab und überließ seinen Platz dem ankommenden Ryo, der mit einem dezenten lächeln beide grüßte und sich dann setzte. Er trug einen schwarzen Kimono, mit goldenen Chrysanthemen, die eher zum Spätsommer gepasst hätten, als zum beginnenden Herbst. „Verzeiht, dass ich Euch ohne Ankündigung aufsuche, Matsumoto-san. Aber ich wollte mich selbst davon überzeugen, wie es Euch nach diesem fürchterlichen Vorfall geht. Ich hoffe doch besser?“ Obwohl Ryos Worte freundlich waren, schwang in ihnen ein Ton mit, der Yukio beunruhigte. „Vielen Dank, es geht mir schon um einiges besser. Ich werde wohl schon gegen der Ende der Woche in der Lage sein, am Palastleben teilzunehmen“, erwiderte er höflich, während Shiro aufstand, um eine weitere Teeschale zu holen. „Bleib hier, ich will nichts trinken“, sagte Ryo streng zu ihm, was den Jungen augenblicklich verharren und sich wieder hinknien ließ. Weder der Ton, noch die Art wie Ryo abgelehnt hatte waren angenehm, doch bevor Yukio etwas dazu sagen konnte, wechselte Ryo wieder in den weichen Singsang. „Wie schön. Wir werden uns alle freuen, wenn Ihr wieder gesund sein werdet. Wisst Ihr denn schon, wie die Schlange ins Badehaus gekommen sein könnte?“ Die Frage klang beiläufig, doch Yukio spürte regelrecht wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Unsicher warf er einen Blick zu Minoru, der andeutungsweise den Kopf schüttelte, bevor er Ryo antworten konnte. „Nein. Leider ist noch nichts diesbezüglich in Erfahrung gebracht worden“, antwortete er und spürte, wie die Stimmung zu kippen drohte. Ryos Anstandsbesuch verwandelte sich in etwas, was Yukio nicht ganz erfassen konnte. „Es wird angenommen, dass die Schlange jemandem entkommen ist und sich im warmen Badehaus einfach versteckt hat“, kam ihm Minoru zur Hilfe, was Yukio dankbar aufatmen ließ. „Ach?“ Ryo wandte sich zu Minoru um, der eine höfliche Miene aufgesetzt hatte und nicht zeigte, ob das nun das war was er wirklich glaubte, oder lediglich eine Ausrede. „Indem Fall sollten wir alle hoffen, dass Matsumoto-san von solchen weiteren unglücklichen Zufällen, verschont bleiben sollte“, sagte Ryo mehr zu Minoru, als zu Yukio selbst, ehe seine Aufmerksamkeit auf den nun wirklich verunsicherten Jungen zurückkehrte. „Bitte erholt Euch gut“, sprach er fast vertraulich zu Minoru. „Denn ich würde Euch sehr gerne näher kennen lernen.“ Das dünne Lächeln, dass er Yukio beim Abschied zuwarf, beruhigte Yukio keineswegs, so dass er sehr dankbar war, als Ryo mit seinem Diener wieder von dannen zog. Ihm klopfte das Herz und er musste blass geworden sein, denn plötzlich war Minoru neben ihm und sah ihn aus besorgten Augen an. „Ist alles in Ordnung mit Euch?“ fragte er und berührte Yukio leicht an der Schulter, der sich ganz und gar nicht in Ordnung fühlte. „Warum habt Ihr ihm gesagt, dass die Schlange im Badehaus nur ein Zufall wäre. Gestern sagtet Ihr mir doch noch, dass es wahrscheinlich ein Anschlag auf mein Leben war“, verlange er zu wissen und stieß Minorus Hand etwas gereizt fort. Hatte Minoru ihm am Tag zuvor nur Angst machen wollen, oder warum hatte er seine Meinung zu der ganzen Angelegenheit so sehr geändert? Doch Minoru blieb ihm diese Antwort schuldig. „Ihr solltet Euch nun besser wieder hinlegen und ausruhen“, war die ausweichende Antwort, die Yukio nur noch mehr ärgerte. „Beantwortet bitte meine Frage, Yoshida-san!“ forderte er energisch, obwohl ihm das gar nicht gut zu tun schien. Endlich seufzte Minoru und ließ sich doch zu einer Antwort herab. „Weil die Wahrscheinlichkeit durchaus besteht, dass Ikomo-san für die Schlange im Badehaus verantwortlich.“ Die Antwort war erschreckend ruhig vorgetragen und ließ Yukio Schweiß auf die Stirn treten. „Das ist es was Ihr glaubt?“, fragte er und versuchte das flaue Gefühl in seinem Magen zu ignorieren, dass sich in seinem ganzen Körper auszubreiten versuchte. „Nein. Aber es ist besser, wenn er glaubt, dass Ihr dieser Meinung seid und nun begebt Ihr euch am besten wieder zu Bett.“ Minoru reichte Yukio die Hand, die ohne Widerworte ergriffen wurde. Yukio ließ sich in sein Zimmer führen, wo Kumiko sich seiner annahm. Nachdem er im Bett lag, dachte er an Ryo, der ihm sicherlich etwas arrogant vorgekommen war, aber nicht wie jemand, der ihm schlechtes wollte. Nur auf was sollte er sich nun verlassen? Lieber auf seinen eigenen Instinkt, der ihm sagte, dass Minoru alles viel zu panisch sah, oder auf Minorus Worte, die von Erfahrung im Leben am Hof geprägt waren? Yukio wusste es nicht und das war es, was ihn am meisten besorgte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)