I Love You von Kikoro ================================================================================ Kapitel 1: Tonight ------------------ Umineko no Naku Koro ni Battler x Beato FM Static – Tonight Eine sanfte Brise wehte über das Meer und bauschte es zu seichten Wellen auf. Battler stand nachdenklich am Bug der kleinen Privatjacht, den Kopf mit seinen Armen auf der Reling abgestützt, während er seufzend auf die tosende See starrte und dabei Marias vergnügtes Glucksen vernahm. „Wir sind bald da!“, entfuhr es ihr erwartungsvoll, während sie Sakutaro eng umschlungen hielt und neben ihren Cousin an die Reling trat und auf das weite Meer starrte, in dessen Ferne sich die Rokkenjima-Insel auftat. Jener lebensverändernde Ort, den Battler, Maria und die restlichen überlebenden Angehörigen der Ushiromiya-Familie vor gut anderthalb Jahren verlassen hatten. Und jeden verfluchten Tag dieser anderthalb Jahre hatte der Rothaarige an sie denken müssen! Natürlich hatte es ihm nicht gefallen, dass er Beatrice zurücklassen musste, denn bei seiner Abreise wurde ihm klar, dass die wunderschöne Hexe ein entscheidendes Geheimnis vor ihm versteckt hatte. Aber er hatte ihre Farce durchschaut und nun lag es an ihm, diesem Spiel endgültig ein Ende zu setzen! Als er vor einer Woche in den Nachrichten hörte, dass auf Rokkenjima merkwürdige Dinge vor sich gingen, rief er unverzüglich bei Kanon und Jessica, die zusammen in dem alten Anwesen der Ushiromiyas lebten, an und ließ sich von ihnen genauer informieren. Doch alles, was das junge Paar zu berichten hatte, waren jene Dinge, die er eh schon wusste. Dass Beatrice hinter diesen seltsamen Dingen stecken musste – daran hatte er in diesem Augenblick kein bisschen gezweifelt. „Das Wetter ist schön, huh?“, fragte Battler etwas teilnahmslos und strich Maria sanft über den Kopf, die daraufhin zustimmend kicherte und sich an das Bein des Rothaarigen schmiegte. „Du, Battler?“ Sie starrte auf die Silhouette der immer näherkommenden Insel. „Werden wir Beato wiedersehen?“ „Das hoffe ich doch“, erwiderte Battler daraufhin und überlegte währenddessen, wie er dieses durchtriebene Weib am Besten bestrafen würde. Aber alles, was er sich ausmalte, erschien ihm in jedem Fall viel zu harmlos. „Uuh, Maria freut sich!“, quiekte es neben ihm und er musste leicht lächeln, ehe er sich zu dem kleinen Mädchen hinunterbeugte und ihr liebevoll den Kopf tätschelte. „Maria, versteh doch…“, setzte er an und machte eine Pause, um nach den richtigen Worten zu suchen. „Beatrice ist eine böse Hexe. Sie hat deine Mutter und meine Eltern getötet. Und George. Sie ist weder deine Freundin, noch jemand, den du bewundern solltest.“ Es war schwer, nicht gleich eine Tirade an Hasswörtern und Beschimpfungen vom Stapel zu lassen, aber Battler rang um Beherrschung. Schließlich redete er hier mit einem Kind und versuchte gerade, dessen ungebrochenen Willen zu beeinflussen. Allerdings ging das reichlich daneben. „Battler ist blöd! Ich hasse Battler“, erwiderte das kleine Mädchen, das plötzlich gen Boden schaute, um ihre Tränen zu verbergen. „Beato ist ein toller Mensch und eine noch tollere Hexe!“ Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. „Psst“ Der Rothaarige ging vor ihr in die Hocke, zog Maria, die sie inzwischen die Tränen mit ihren kleinen Handrücken wegwischte, in die Arme und strich ihr tröstend über das Haar. „Gomen ne, Maria“, flüsterte er und spürte im nächsten Moment einen frischen Windzug. „Du hast recht. Beatrice ist toll“ Er lächelte gequält, war er in Wirklichkeit doch gänzlich anderer Meinung. Aber anders konnte er nicht verhindern, dass seine Cousine nicht gleich wieder in Tränen ausbrechen würde. „Wirklich?“, ertönte eine piepsige Stimme und nach einem letzten lauten Schluchzen sah Maria auf und starrte den Rothaarigen erwartungsvoll an. „Ja, wirklich!“ „Heißt das … du magst sie?“ Battler presste die Lippen fest aufeinander, ehe er sich seufzend ergab. „Ja, ich mag sie. Zufrieden?“ Er tätschelte Marias Haar und im selben Moment gluckste das kleine Mädchen zufrieden und hielt ihren Stofflöwen hoch in die Luft. „Hast du gehört, Sakutaro? Battler mag Beato!“ Battler wollte dem gerade noch etwas hinzufügen, als plötzlich ein heftiger Ruck durch die Yacht ging und es den beiden fast unmöglich machte, sich auf den Beinen zu halten. So passierte es auch, dass Maria hinfiel und sich das Knie an dem schroffen Belag, mit dem das Deck der Jacht ausgekleidet war, aufschlug. Warmes Blut floss aus der fingerlangen Schürfwunde, aber Maria blieb stark und verkniff sich tapfer die Tränen. Indess hatte sich der Rothaarige weit über die Reling gelehnt, um der Ursache dieses Desasters auf den Grund zu gehen. Doch alles, was er sah, als sein Blick nach unten wanderte, war hellbrauner Sandstrand. „Was zum…“, kam es von Battler, der darüber wunderte, dass sie schon angekommen waren, und mit skeptischem Blick wandte er sich ab und eilte zu Maria, die, gebeutelt vom Schmerz, nun doch nicht mehr die Tränen zurückhalten konnte. „Psst! Alles ist gut, Maria!“, beruhigte der Ushiromiya seine Cousine und kniete sich vor sie. Er zog ein Taschentuch aus seiner Jackentasche hervor und verband damit das Knie der Braunhaarigen, die kurz darauf aufhörte zu weinen und sich, Sakutaro eng an Brust gepresst, erhob und Battlers Hand ergriff. „Sind wir da?“, erkundigte sich Maria unsicher und sah sich verwirrt um. Die Gegend hier kam ihr völlig unbekannt vor, obgleich sie den alten Schrein, der weit oben zwischen den Felsen klaffte, sofort erkannte. Für einen kurzen Augenblick glaubte sie sogar, Beatrice zwischen den kantigen Felsen erkannt zu haben, aber sie behielt diese Entdeckung lieber für sich, da sie wusste, wie ihr Cousin darauf reagierte. Er wusste halt immer noch nicht, wie man das Spiel spielte. „Komm mit, Maria. Wir suchen das Ushiromiya-Anwesen!“ Nickend folgte ihm die Braunhaarige und warf noch mal einen kurzen Blick auf die Jacht, die hinter ihnen in der Brandung lag und aussah, als wäre sie einem Unwetter zum Opfer gefallen. Und dann sah Maria sie. Sie saß auf der Reling, an der sie und Battler zuvor noch gestanden hatten, den Blick nachdenklich in die Ferne gerichtet, die Füße baumelnd. Ein kleines wissendes Lächeln schlich sich auf die Lippen des kleinen Mädchens und Battler, der ihre Abwesenheit bemerkte, drehte sich nun ebenfalls um. „Was ist denn da, Maria?“, wollte er wissen und musterte die Yacht. Von Beatrice war weit und breit keine Spur. „Komisch. Es sieht aus, als wären wir gegen irgendeinen Felsen geschrammt, aber bis auf die Felswände, die die Küste umrahmen, ist weit und breit kein Felsen zu sehen“ Seine Finger wanderten unruhig in sein Haar. „Battler, ich muss mal auf Toilette“, versuchte Maria ihn abzulenken und zog an dem Arm des Ushiromiyas. Manchmal war Beato war so naiv! Was wäre passiert, wenn Battler sie gesehen hätte? Innerlich grummelnd verstärkte Maria ihren Griff, woraufhin ihr Cousin ihr seine voller Aufmerksam schenkte. „Ist gut. Komm, wir suchen schnell nach dem Anwesen. Hältst du es so lange noch aus?“ Maria nickte nur und folgte dann Battler, der sich mit eiligen Schritten von der Yacht entfernte. Als Maria noch ein weiteres Mal unauffällig zurückblickte, war Beatrice verschwunden. Es verging eine halbe Stunde, als die beiden endlich das Anwesen erreichten. Auf dem Weg dorthin waren sie durch den Wald gelaufen, vorbei an Stellen, die Battler noch nie zuvor gesehen hatte. In dem Moment wurde ihm schmerzlich bewusst, wie unaufmerksam er doch damals gewesen war und wie wenig er sich für seine Außenwelt interessiert hatte. Kein Wunder, dass die goldene Hexe damals ein leichtes Spiel mit ihm treiben konnte. An der Eingangstür erwartete sie ein Mann, den die beiden zuvor noch nie gesehen hatten. Es war ein großer, kräftig gebauter Mann mittleren Alters, mit braun meliertem Haar und einem Blick, der einem das Blut in den Adern gefrieren ließ. „Battler-kun?“, fragte er misstrauisch und beäugte den Rothaarigen und seine kleine Begleiterin genauestens. Der Angesprochene nickte und drückte Marias Hand, da diese anscheinend Angst vor dem Riesen hatte. „Kanon-san und Jessica-san erwarten euch bereits“ Er ging einen großen Schritt beiseite und öffnete beiläufig mit einer Hand die schwere Flügeltür aus Eisen. Mit einem doch etwas mulmigen Gefühl im Magen betrat Battler zusammen mit Maria das Anwesen und fühlte sich augenblicklich wohler, als ihm der wohl vertraute Duft in die Nase stieg. Es hatte sich kaum verändert nach den Ereignissen von vor einem Jahr, wie er überrascht feststellte. Lediglich das große Wandbild Beatrices, welches zuvor eine der Wände des Foyers geschmückt hatte und Kinzo Ushiromiyas größter Stolz gewesen war, hatte einem großen Gemälde eines alt ehrwürdigen japanischen Malers Platz gemacht. Das beruhigte und befriedigte den Rothaarigen ungemein, als er zusammen mit seiner Cousine den Weg fortsetzte und auf den großen Aufenthaltsraum am Ende der Eingangshalle zusteuerte. „Battler! Maria!“ Jessica sprang von ihrem Stuhl auf und rannte auf die beiden zu, ehe sie sie freudig die Arme schloss. „Wie schön, dass ihr gekommen seid! Aber ich hätte viel später mit euch gerechnet“ Sie warf Battler einen fragenden Blick zu, der sich nachdenklich am Kinn kratzte. „Nun“, erwiderte er und musterte seine Cousine von Kopf bis Fuß. Sie hatte sich kaum verändert. Ihr Haar fiel ihr noch immer in honigfarbenen Wellen über die Schultern und ihre Augen strahlten so hell wie der Verlobungsring an ihrer Hand. Lediglich ihre Figur hatte sich verändert und ihre Rundungen waren um einiges üppiger geworden, wodurch sie um einiges weiblicher wirkte als damals. „Wir konnten es nun mal kaum abwarten, euch wiederzusehen“, scherzte der Rothaarige und strich sich eine Falte aus dem Ärmel seines beigefarbenen Anzugs. „Aber wo ist Kanon?“ „Er wollte noch etwas erledigen, bevor ihr kommt“, erklärte die Blondhaarige und hob Maria auf die Arme, die sich riesig darüber freute, ihre Cousine wiederzusehen. „Und Shannon?“ „Sie ist zu Georges Grab gegangen – wie jeden Tag“ Die Worte kamen geflüstert, sollte Maria sie doch nicht mitbekommen. Seit der Tragödie damals hatte Maria nie wieder ein Wort über einen der Verstorbenen verloren. So, als hätte sie dessen Existenz verdrängt. Nicht einmal ihre Mutter hatte sie in dem Jahr, in dem sie mit Battler zusammenwohnte, vermisst. Keiner wusste, was der Tod ihrer Mutter und ihrer Verwandten in ihr ausgelöst hatte. „Habt ihr Hunger?“, versuchte Jessica die plötzlich entstandene Stille zu durchbrechen und drückte Maria einen kurzen Kuss auf die Stirn, ehe sie die Braunhaarige wieder absetzte, und lächelte ihren Cousin an. „Ja, ziemlich“, erwiderte Battler daraufhin nur und warf beiläufig einen Blick auf den Riesen, der nun hinter ihnen an einer der Wände gelehnt stand, die Arme vor der Brust verschränkt, eine Zigarre im Mundwinkel. „Oh, ich vergaß! Das ist Kinley-san, unser neuer Leibwächter und Koch.“ Jessica lachte, als sie Battlers misstrauischen Blick bemerkte. „Keine Sorge, er beißt nicht. Ob du es glauben magst oder nicht, aber Kinley kann ganz sanft sein. Seine raue Schale birgt einen weichen, liebenswürdigen Kern“ „Jessica-san, Sie schmeicheln mir, dabei bin ich gar nicht …“ „Ich bitte Sie, Sie sind wieder einmal zu bescheiden! Bitte bereiten Sie doch das Mittagessen vor und danach bringen sie das Gepäck unserer Gäste auf ihr Zimmer. Den Rest des Tages können Sie sich dann freinehmen“ „Danke, Ma’am“, entgegnete Kinley und nickte Battler ein letztes Mal zu, ehe er sich Richtung Küche aufmachte. „Da fällt mir ein… Unser Gepäck ist noch auf der Yacht. In dem ganzen Tumult habe ich das völlig vergessen und dann musste Maria noch-„ „Wo ist Maria eigentlich?“, erkundigte sich die Blondhaarige plötzlich und schaute sich suchend um. „Sie musste gerade dringend auf Toilette. Und was die Koffer angeht…“ „Keine Sorge, nach dem Mittagessen wird Kinley eben rausfahren und euer Gepäck holen. Aber jetzt ruht euch erst einmal aus. Die Reise war bestimmt anstrengend gewesen“ Ein gütiges Lächeln zierte Jessicas Lippen und sie setzte sich auf eine der edlen Ledergarnituren des Aufenthaltraums und schlug ihre Beine übereinander. „Setzt dich doch. Ich denke, du weißt, dass es da noch etwas gibt, was ich dich gerne fragen möchte“ Der Rothaarige nickte du nahm Jessica gegenüber Platz. Er entspannte sich, als er das weiche Polster unter sich spürte und lehnte sich für einen kurzen Moment zurück. Wie schön es doch war, hier zu sitzen, die Augen geschlossen, und einmal alle Sorgen und Probleme vergessen zu können. Aber sein innerlicher Frieden sollte nicht lange währen, als Jessicas Stimme ihn zurück in die unbequeme Realität zurückkatapultierte. „Warum seid ihr also hier? Ein Jahr lang lasst ihr nichts von euch hören und plötzlich rufst du an und fragst, ob du mit Maria vorbeikommen könntest. Nichts für ungut, Battler, aber das macht mich schon etwas stutzig“ Na toll. Genau dieser Diskussion hatte Battler versucht aus dem Weg zu gehen. Aber früher oder später hätte sie diese Frage sowieso gestellt, das war unabwendbar. Der Ushiromiya nestelte am Saum seiner Jacke und suchte nach den richtigen Worten. „Nach dem Unfall von vor einem Jahr wollte ich alles vergessen. Ich wollte mit Maria irgendwo abseits der Geschehnisse ein normales Leben führen, ohne stets daran erinnert zu werden, wie der Großteil meiner Familie grausam abgeschlachtet wurde. Ich wollte nichts mehr zu tun haben mit dieser Insel, diesem Anwesen und mit dir, Kanon und Jessica. Ich habe mich in meine Arbeit gestürzt und in die Erziehung Marias und es gelang mir auch, euch und diesen Ort aus meinen Gedanken zu verdrängen. Wer aber nicht aus meinen Gedanken verschwand, war diese verfluchte Hexe. Jessica, ich war so von Rache zerfressen, dass ich es irgendwann nicht mehr aushielt. Ich wollte mich unbedingt an Beatrice rächen für das, was sie mir angetan hat. Deshalb bin ich hier und-„ Der Rothaarige presste die Lippen fest zusammen und starrte hasserfüllt auf die Tasse vor sich auf dem Tisch, die im selben Augenblick mit Tee, so rot wie Blut, angefüllt wurde. „Ich kann deine Gefühle irgendwo nachvollziehen“, erklärte Jessica und plötzlich war all die Freundlichkeit aus ihrer Stimme verschwunden. Sie war plötzlich ganz ernst. „Aber seit der Tragödie letztes Jahr haben wir absolut nichts mehr von Beatrice gehört. Es ist, als wäre sie nach ihrer Gräueltat von damals spurlos verschwunden. Nur deshalb können Kanon, Shannon, Kinley und ich hier in Frieden leben. Ich versichere dir, wenn Beatrice noch leben sollte, dann ist sie nicht mehr auf dieser Insel“ „Quatsch!“, unterbrach der Rothaarige sie und schlug mit der Faust auf den Tisch, dass das Teeservice darauf depperte. „Rokkenjima ist ihre Heimat. Es ist der einzige Ort, an dem sie leben kann!“ Zumindest hatte sie ihm das damals erzählt. Und er hatte das untrügliche Gefühl, dass dies ausnahmsweise keine ihrer Lügen gewesen war. Beziehungsweise, was hieß untrügliches Gefühl? Dieses Biest hatte es ihm in rot gesagt! In diesem verflixten Rot, von dem er nicht einmal wusste, ob es nicht auch eine gottverdammte Lüge war! Es dauerte eine Weile, bis Battler sich beruhigt hatte. In dieser Zeit hatte sich Jessica zurückgelehnt und genüsslich ihren Tee getrunken. Ja, sie verstand ihren Cousin, verstand seine rasende Wut, seine Rachegelüste. Auch sie hatte ihre Eltern durch diese Hexe verloren, wenngleich Natsuhi nicht immer die liebende Mutter gewesen war, die sich gebraucht hätte und Krauss das Geld wichtiger als seine eigene Familie war. Aber es waren immer noch ihre Eltern, die Menschen, die ihr das Leben geschenkt hatten und die sie irgendwo tief in ihrem Inneren geliebt hatte. Doch Beatrice hatte sie ihr weggenommen. Beatrice, von der sie nichts wussten. Was waren ihre Motive, ihre Ziele, ihre Gründe? Hatte sie je Eltern besessen und wusste sie, was der Verlust eines geliebten Menschen bedeutete? Es fühlte sich nicht richtig an, sie so zu verurteilen, ohne etwas über sie zu wissen. Das hatten Kanon und sie schon lange eingesehen. Aber Battler würde davon nicht zu überzeugen sein, war er doch blind vor Wut. Jessica nippte ein letztes Mal an ihrer Tasse und stellte sie dann ab. „Maria braucht aber lange“ „Stimmt“ Der Rothaarige erhob sich aus dem gemütlichen Sessel. „Ich werde mal nach ihr sehen“ Battler verließ den geräumigen Aufenthaltsraum, steuerte die Treppe an, die ins Obergeschoss führte und versuchte das Gefühl zu ignorieren, welches sich plötzlich in ihm ausbreitete. „Maria!“, rief er, als er am Absatz angekommen war und durchsuchte jedes Zimmer nach dem kleinen Mädchen. Er öffnete Türe für Türe, doch seine kleine Cousine blieb unauffindbar. „Na großartig“, seufzte er, als er auch im letzten Zimmer nicht fündig wurde. Mit in den Hosentaschen vergrabenen Händen lief er die Treppe ins Erdgeschoss zurück und traf dort auf Jessica, die ihm mit einem Kopfschütteln zu verstehen gab, dass sie auch nicht im Erdgeschoss war. „Sie ist bestimmt nur draußen und spielt. Du kennst Maria doch“, tröstete Jessica den Rothaarigen und legte ihm beschwichtigend eine Hand auf die Schulter. „Weißt du was? Ich werde Kanon holen, dann warten wir auf Shannon, damit sie auf das Haus aufpassen kann und später suchen wir sie dann alle gemeinsam. Sie kann ja nicht weit sein, das hier ist eine Insel“ „Und wenn sie auf Beatrice trifft?“ „Ich bitte dich, die beiden verstehen sich blendend. Beatrice wird ihr nichts tun, wenn sie überhaupt noch auf dieser Insel lebt“ Jessica hatte Recht. Er hasste es, wenn andere Recht hatten. Ergeben seufzte der Ushiromiya und setzte sich auf eine der Treppenstufen, das Gesicht in den Händen vergraben, während seine Cousin in den Keller ging, um ihren Verlobten zu holen. Als Battler Kanon erblickte, kam es ihm so vor, als stünde ein ganz anderer Mensch vor ihm. Kanon trug ganz normale Kleidung, was ihn irgendwie älter, gleichzeitig aber auch fremder wirken ließ. Sein Haar hatte immer noch dieselbe Länge wie zuvor, er war lediglich gut einen Kopf größer. „Battler. Lange nicht gesehen“ Er hob eine Hand zur Begrüßung und der Angesprochene nickte. „Ich habe gehört, Maria ist verschwunden? Sie hat sich kein bisschen verändert“, stellte der Braunhaarige fest, stemmte eine Hand in die Hüfte und fuhr sich mit der anderen durch das schulterlange Haar. „Kinley. Fahr du schon einmal los und hol Battlers und Marias Gepäck. Es befindet sich in einer Yacht in der …“ Jessica blickte fragend zu Battler. „Westküste“, antwortete dieser abwesend und schaute erst wieder zu den Anwesenden, als er Kanons Stimme vernahm. „Seit wann hat Rokkenjima eine zugängliche Küste im Westen?“ Battler musterte ihn misstrauisch. Also hatte er doch Recht gehabt. Ihm war es gleich komisch vorgekommen, dass sie so schnell da gewesen waren. „Vielleicht...“, wollte er ansetzen, als Kanon ihn unterbrach. „Was soll’s. Vielleicht hat die Polizei die Küste letztes Jahr zugänglich gemacht, um die Ermittlungen zu erleichtern. Wir waren ja schon seit Ewigkeiten nicht mehr im Westen der Insel.“ Er wandte sich an Kinley. „Also, Sie holen das Gepäck unserer Gäste uns behüten bei ihrer Ankunft zusammen mit Shannon das Anwesen, bis wir zurück sind. Jessica und Battler, geht ihr schon einmal los, ich komme nach, sobald Shannon eingetroffen ist.“ Er sah zu seiner Verlobten, die ihn besorgt musterte. „Keine Sorge, wir finden sie schon wieder.“ Er hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn und wies sie dann an, zu gehen. Battler erhob sich derweil von der Treppe, warf einen letzten Blick auf Kanon und Kinley und folgte Jessica dann. Die kalte Seeluft schnitt ihm ins Gesicht und der wolkenverhangene Himmel kündigte einen heftigen Sturm an – wie nicht selten auf dieser Insel. „Wir sollten uns beeilen, es wird bestimmt bald stürmen“, erklärte er und schaute sich um. Ich gehe in den Wald im Norden und du suchst am besten in der Nähe der Küsten“ „Gute Idee. Wenn du sie gefunden hast, gib uns ein Signal.“ Die Blondhaarige öffnete ihre Jacke und zog eine handelsübliche Pistole hervor. „Ein einfacher Schuss und die anderen wissen, dass sie zurück zum Anwesen gehen können“ Battler nickte und nahm das kühle Stück Eisen entgegen. Gar keine schlechte Idee, musste er zugeben, ehe er sich mit einem Nicken abwandte und losrannte. Er musste Maria schnellstmöglich finden! Die Bäume raschelten laut, das morsche Laub knirschte unter seinen Füßen und je tiefer er in den Wald lief, desto dunkler wurde es. Er hatte sich schon immer gefragt, warum sein Großvater so eine Insel für sich allein gekauft hatte. Wahrscheinlich kannte er den Großteil dieser Insel selbst nicht. Battler wusste nicht, wie lange er durch den Wald gelaufen war und Marias Namen gerufen hatte, aber es war inzwischen stockdunkel und bitterkalt geworden. Wie viel Uhr war es? Und wo war er? Hatte wirklich niemand der anderen Maria gefunden? Seine Beine taten ihm weh und Battler wollte sich gerade auf einem der Steine niederlassen, die den Wald durchzogen, als er plötzlich Licht zu seiner Rechten bemerkte. Er schob sich durch das zwielichtige Dickicht und erstarrte, als er plötzlich auf einer sonnenüberfluteten Lichtung stand, auf dessen Mitte ein kleines, morsches Holzhaus prangte. Es schien alles in flüssiges Gold getaucht und ehrfürchtig tastete er sich zu dem Haus vor, Schritt für Schritt, unwissend, was ihn erwarten würde. Er schaute durch die mit zentimeterdicken Staub bedeckten Fenster, konnte aber nichts erkennen. Als er vor der Tür stand, an der sich weder ein Türklopfer noch ein Türgriff befand, schluckte er einmal kräftig, legte eine Hand auf das Holz und warf sie mit einem lauten Knirschen auf. Die Dielen unter seinen Füßen ächzten bedrohlich, als er vorsichtig das Haus betrat und darauf bedacht, keine unnötigen Geräusche zu verursachen, ging er langsam tiefer in das große Zimmer, in dem er sich befand. Rechts in der Ecke befand sich eine eisernschmiedene Kochzeile, die übersät war von Töpfen, Messbehältern und unsäglich vielen Kochutensilien. Über der Küchenzeile hing ein dreistöckiges, meterlanges Regal, das aussah, als würde es gleich von der Wand krachen. Es war über und über gefüllt mit kleinen Fläschchen, Tuben, Gläsern und Flakons, in denen sich allerlei bunte Flüssigkeiten, Gewürze, Kräuter und Pflanzen befanden. Auf dem Herd stand eine zischende Teekanne und auf dem Tisch, der so vollgestellt war, dass Battler kaum die Arbeitsfläche sehen konnte, standen zwei Teeservice, die nur dazu einluden, sich hinzusetzen und sich eine Tasse der wohlschmeckenden Flüssigkeit zu gönnen. Als der Ushiromiya vor dem Tisch stand, ließ ihn ein anderes Geräusch aufhorchen. Der Klang einer Dusche, der im selbem Moment verstummte, drang hinter einer weiteren dicken Holztür an seine Ohren. Hier lebte jemand. Und dieser Jemand würde ihn hier gleich erwischen, wenn er nach seiner Dusche aus dem Bad käme. Und plötzlich ging alles ganz schnell. Plötzlich wurde Battler klar, wer hier wohnen musste. Wer hier komische Tränke und Pulver zusammenbraute. Nur die Ushiromiyas kannten diese Insel und lebten hier. Doch der Großteil der Ushiromiyas war tot. Alle waren sie tot, alle außer Jessica, Kanon, Maria, Shannon, Kinley und er. Und … Er sah sich um. Das große Bett zu seiner linken, ungemacht und dem Anschein nach sehr instabil, die wenigen Bildern an den Wänden, auf denen Blumengärten abgebildet waren. Alles flog an ihm vorbei und dann ging die Tür zum Bad auf. Augenblicklich verengten sich Battlers Augen zu Schlitzen, während sein Gegenüber ihn überrascht musterte. „Du…“, zischte der Rothaarige hasserfüllt und sah, wie sich der Ausdruck auf Beatrices Gesicht von Erstaunen in Wut veränderte. „Was machst du hier?“, fragte sie und klang dabei nur halb so erzürnt, wie sie es beabsichtigt hatte. „Ich bin auf der Suche nach Maria.“, knurrte er und ließ die blondhaarige keine Sekunde aus den Augen, als diese sich das Handtuch, das ihren Körper so spärlich bedeckte, enger um die Schultern schlang und hinter einem Paravent verschwand. „Ich habe sie zurückgeschickt“, ertönte es von der Silhouette hinter dem Paravent und Battler beobachtete, wie sich ebendiese gerade in Unterwäsche hüllte und dann in ein Kleid schlüpfte. Als sie fertig war, trat sie hinter dem Paravent hervor und zog sich im Gehen das Handtuch vom Kopf, welches sie sich nach jeder Dusche und jedem Bad turbanartig um den Kopf wickelte. Ein Schwall goldblonder Haare ergoss sich über Beatrices Körper und reichte ihr immerhin bis zu den Ellenbogen. Für einen Moment verschlug es dem Rothaarigen die Sprache. Nie hatte er geahnt, dass Beatrice so weiblich aussehen konnte, so … normal. „Was stehst du da noch rum? Ich sagte doch, ich habe Maria zurück zum Anwesen geschickt.“ Sie musterte Battler aufmerksam, sah das Misstrauen in seinen Augen. „Du musst mir nicht glauben“, fügte sie hinzu und griff nach einer Bürste, mit der sie sich durchs Haar fuhr. „Vielleicht liegt sie auch ermordet in einer Ecke. Vielleicht habe ich sie vergiftet, zerstückelt und ihre Einzelteile im Wald zerstreut. Das ist es doch, was du denkst, oder ni-„ Doch weiter kam sie nicht. Battler hatte sie am Handgelenk gepackt und übte großen Druck auf dieses aus. „Warum bist du hier?“, brachte er zwischen zusammengekniffenen Zähnen hervor und die Kälte in seinen Augen jagte Beatrice einen Schauer über den Rücken. „Stell dich nicht so dumm!“ Sie entzog sich seinem Griff und stolzierte auf ihr Bett zu, auf dem sie sich niederließ. „Wo soll ich sonst hin? Das hier ist meine Heimat. Du weißt, dass ich nirgendwo anders hin kann“ Ihre Stimme klang so verbittert und traurig, dass es dem Ushiromiya für einen Moment schwerfiel, zu glauben, Beatrice sei kein blutrünstiger Dämon. Sie hatte sich damals schon einmal so gegeben. So nett und freundschaftlich. So verletzt und zerbrochen. Und dann hatte sie ihn hintergegangen. Und zum ersten Mal in seinem Leben fragte Battler sich, ob nicht vielleicht jemand anderes hinter Beatrices Machenschaften steckte. Wenn sie nur eine Spielkarte in einem Deck von Spielkarten wäre, eine von vielen, die man nur benötigte, um mit ihnen zu spielen. War sie in erster Linie vielleicht auch nur ein ganz normaler Mensch, der sich einzig und allein von seinen magischen Fähigkeiten von den anderen unterschied? War sie vielleicht einfach nur eine ganz normale Frau? Er schüttelte den Kopf. An was dachte er? Beatrice war sein Erzfeind, eine geniale Spielerin, die ihre Opfer gnadenlos hinters Licht führte. Eine grausame Mörderin. Eine eiskalte, menschenverachtende, abartige, herablassende, wunderschöne … So wie sie da jetzt saß, in diesem altbekannten Kleid, von dem er bis heute nicht sagen konnte, ob es braun oder lila war, das Haar offen tragend und mit diesem melancholischen Blick – in diesem Moment hatte Battler noch nie ein hübscheres Wesen auf Erden gesehen. „Was ist?“, fragte sie, als sie seinen merkwürdigen Blick bemerkte. Ein Lächeln, dieses gottverdammte Lächeln, das er so an ihr hasste, umspielte ihre Lippen. Nein, es war nicht dasselbe Lächeln. Dieses zeugte von Bitterkeit, von Verzweiflung. Battler beobachtete, wie sich die Blondhaarige erhob und auf eine kleine Kommode neben der Eingangstür zuging. Ihr Kleid schleifte dabei über den staubigen Boden, doch sie schenkte dieser Tatsache keine Beachtung, Langsam verfolgte Battler sie mit seinem Blick und beobachtete überrascht, wie sie eine Pistole aus der obersten Schublade der Kommode hervorholte. Augenblicklich ging er in eine Angriffstellung über, bereit, ebenfalls sofort seine Waffe zu ziehen. Doch Beatrice musterte die Waffe bloß eine Weile lang intensiv, ehe sie sie über den Boden direkt vor Battlers Füße gleiten ließ. „Nimm sie“, meinte sie mit Nachdruck und schloss die Augen. „Dort drin sind Spezialpatronen. Diese Patronen töten selbst mich. Sie entziehen einem magischen Wesen komplett die Energie. Beende dieses Spiel endlich und setze mich Schachmatt.“ Battler hob die Pistole auf und musterte sie. Ein edles Stück. Und sie war tatsächlich geladen. Mit Kugeln, die er so nicht kannte. Er hielt sie in die Höhe. Visierte sein Ziel. Und betätigte den Abzug. Scheppernd und mit einem unglaublich in den Ohren nachhallenden metallischen Geräusch fiel die Pistole zu Boden und Beatrice, die bis dato mit gesenktem Blick ihrem Schicksal entgegengesehen hatte, schaute überrascht auf. Sie sah, wie der Rothaarige dastand, eine Hand krampfhaft zur Faust geballt und mit der anderen ebendiesen Arm festhaltend. „Ich kann nicht“, presste er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. „Ich bin kein…“ Stille. Unerträgliche Stille, die abrupt von einem leisen höhnischen Kichern unterbrochen wurde. „Du bist kein Mörder? Willst du das sagen?“ Die Blondhaarige lachte laut auf. Laut, verbittert und verzweifelt. Sie ging auf den Ushiromiya zu, bis sie nur ein halber Meter voneinander trennte und Battler wunderte sich, wie gut sie roch und wie samtig weich die Haut ihrer nackten Schultern erschien. Sie beugte sich vor seinen Augen hinab, hob die goldene Waffe auf und musterte sie sorgfältig. „Weißt du… Ich verstehe dich nicht. Ich weiß, wie sehr du mich hasst, verabscheust, verachtest. Ich habe dir alles genommen, deine Familie, deine Zukunft. Und du kannst dann nicht mal diesen lächerlichen Abzug betätigen? Wie jämmerlich! Du bist kein Mörder, wenn du mich umbringen würdest. Du wärst ein Held“ „Das ist es nicht“, erwiderte Battler und eine unbändige Wut machte sich plötzlich in ihm breit. Er trat einen Schritt vor und packte Beatrice grob an den Schultern, ergriff dann ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. Zwei leuchtend schimmernde Smaragde sahen ihm entgegen und wieder verstand Battler nicht, was solch ein hübsches Wesen zu solch grausamen Taten verleitete. „Du bist widerlich, abstoßend, blutrünstig… Aber du bist dennoch eine Frau. Und ich töte keine Frauen auf solch brutale Art und Weise“ Er musterte sie lange; sein Arm berührte ihre üppigen Rundungen und Battler war überrascht, wie weich sie waren. Doch wen interessierten jetzt ihre Brüste? Sein Blick galt eher ihren Augen und die Kälte in den seinen ließen Beatrice schaudern. „Dann…“, setzte sie an. „Willst du mich dann vergiften? Ich habe Gifte, die sekundenschnell zum Tode führen.“ Battler musterte sie daraufhin lange und innig und dachte über ihre Worte genauestes nach. Sie hatte Recht. Ein Gift war eigentlich perfekt, um sie umzubringen. Es ging schnell und bei Bedarf musste das Opfer auch nicht allzu sehr leiden. Natürlich hatte er kein gutes Gefühl dabei, sie überhaupt zu töten. Klar, sie hatte sein Leben zerstört, seine Familie auf dem Gewissen, aber genauso wahrheitsgemäß wie diese Fakten war die Tatsache, dass Beatrice nun einmal eine Frau war. Ein menschliches Wesen, aus Fleisch und Blut. Menschlich und genauso unmenschlich, mysteriös und vielschichtig. Er war sich sicher, Beatrice könnte so vieles erreichen mit ihren Kräften, so viel Gutes. Stattdessen beging sie diese Gräueltaten und zog den Hass so vieler Menschen auf sich. Wofür? „Wo sind die Gifte?“, fragte er und seine Stimme zitterte kaum merklich. Das Gesicht seiner Mutter erschien ihm vor seinem inneren Auge. Sein Vater, an seinem elften Geburtstag. Georges fröhliches Gesicht, als sie Kinder waren… Sie hatte es nicht anders verdient! „In dem Regal über der Küchenzeile. Ein grünes Fläschchen, rechts in der ersten Reihe.“, erwiderte sie gedankenlos und ging zu dem großen Holztisch, zog einen Mörser und einen Pestil zu sich und zermalmte ein paar Kräuter in einer Schale. Wollte sie ihren Tod etwa erträglicher machen? Hatte sie ihm überhaupt die richtige Flasche beschrieben? Vielleicht war das ein Hinterhalt und sie lies ihn eine Flasche Wasser suchen. Sein Blick glitt über die vielen Fläschchen und Flakons und die besagte Flasche war auch schnell gefunden. Doch aus einem ungewohnten Bauchgefühl heraus, griff Battler zu einem anderen grünen Flakon derselben Form, daer ganz hinten auf dem verstaubten Regal stand. „Hier“ Er reichte der Blondhaarigen neben ihm die Flüssigkeit und seufzend öffnete Beatrice die kleine Flasche und tropfte ein wenig des Inhalts in die Schale. Das Kaminfeuer knisterte. Battler konnte sich nicht ansehen, wie die blonde Schönheit neben ihm ihr eigenes Todesgebräu zusammenstellte. Wieso hatte sie überhaupt keine Angst? War alles wirklich nur ein Trick? Oder hatte sie vielleicht einfach auf diesen Tag gehofft? Ihren Tod ersehnt? Die lodernden Flammen züngelten den Kamin hinauf und aus den Augenwinkeln heraus konnte Battler erkennen, wie Beatrice die Schale an ihre Lippen führte. Er konnte nicht hinsehen… Ein gellender Schrei hallte von den Wänden wider, gefolgt von einem Aufkeuchen und einem heiseren Stöhnen. Und dann war da noch ein anderes Geräusch und vor allem dieser Geruch. Es roch verbrannt. Schnell fuhr der Rothaarige herum und bemerkte voller Schrecken, wie grüne Flammen an Beatrices Körper hinaufschlängelten und ihr die Kleidung vom Körper brannten. „Was-“ Sie hielt inne, stand plötzlich splitterfasernackt vor ihm, ehe sie aufkeuchte und die Arme um ihren Körper schlang. Dem Ushiromiya indes konnte sie nur erstaunt ansehen. Was war los? Was war das für eine Mixtur? Und diese Flammen… „Beatrice“, flüsterte er leise, als er bemerkte, wie die Blondhaarige vor ihm plötzlich in die Knie ging und fürchterlich zu zittern begann. Ihre Haut lief langsam blau an. „Kälte?“, fragte er und starrte sich hilflos um. „Verdammt… D-du hast…“ Das Zittern ermöglichte ihr es kaum, zu sprechen. „Das falsche F-Fläschchen genommen!“ Sie sah echt grausam aus und Battler wurde schon bei ihrem Anblick kalt. Er wollte sie umbringen, aber nicht so. Sie sollte nicht so leiden. Er sah sich um, suchte was, mit der er sie wärmen könnte. Die Bettdecke! Ohne groß nachzudenken eilte er zu ihrem Bett und ergriff das Stück Stoff, um es ihr umzulegen, als ihm Beatrices Hand plötzlich Einhalt gebot. „N-Nicht“, hauchte sie. „St-Stoff wird meine Haut verbrennen“ „Nani?“, entfuhr es dem Rothaarigen und er lies die Decke augenblicklich fallen. „Aber wie-„ „Bitte g-geh. Es ist mir p-p-peinlich, nackt vor einem M-Mann zu sterben“ Inzwischen war ihre Haut komplett blau und der Ushiromiya wurde sich dem Ernst der Lage bewusst. „Verdammt!“ Er trat gegen den Tisch und das Geschirr darauf klirrte. „Verdammt, verdammt, verdammt!“ Was sollte er tun? So konnte er sie nicht sterben lassen. Nicht so… Er musste… Mit einem ergebenen Seufzen hockte er sich vor sie, ergriff ihr Kinn und sah ich tief in die Augen. „Ich hasse dich. Ich hasse dich mehr als alles andere auf dieser Welt“ Ihr Kinn zitterte so stark, dass seine ganze Hand vibrierte. „Hörst du?“, zischte er und entledigte sich seiner Jacke. „Ich hasse dich.“ Als nächstes folgte sein Hemd. „Du hast meine Familie auf dem Gewissen. Meine Eltern und George“ Das Hemd war schnell aufgeknöpft und als Beatrice ihren Kopf weder sinken ließ, ergriff er erneut ihr Kinn. „Sieh mich an. Sieh den Menschen an, dem du alles genommen hast“ Sieh sah ihn an und plötzlich füllten sich ihre Augen mit Tränen, die ihr Gesicht entlangliefen und auf seine Hand tropften. Ein Knurren entfuhr dem Rothaarigen, als er sich auch seiner Socken entledigte. Seine Hände glitten zu seinem Gürtel und verweilten dort. Was, in Gottes Namen, tat er da? War er noch ganz bei Trost? Da konnte er endlich zusehen, wie dieses verruchte Weib starb und was war mit ihm? Er konnte es nicht zulassen. Tief in seinem Inneren konnte er es nicht. Inzwischen bekam Beatrice kein Wort mehr heraus und durch den Tränenschleier konnte sie nur schwer erkennen, wie sich der Ushiromiya seiner Hose entledigte und plötzlich, nur noch in Boxershorts bekleidet, vor ihr hockte. Sie machte den Mund auf, wollte etwas sagen, doch durch das Zittern gelang es ihr nicht. Dann spürte sie auf einmal starke Arme, die sich um ihren Körper schlangen und ohne, dass Beatrice die Situation verstehen konnte, befand sie sich plötzlich in Battlers Armen und der Druck verstärkte sich immer mehr. Sie keuchte leise, als sie seinen heißen Oberkörper an ihrer Brust spürte. Er glühte ja förmlich. Unwirsch wurde sie mitgezogen, bis vor den Kamin, vor dem sich Battler gänzlich niederließ, mit Beatrice im Arm und penibel darauf bedacht, dass ihr Rücken der knisternden Flamme zugewandt war. Sie verstand die Welt um sich herum nicht mehr, verstand sein Handeln nicht und das bereitete ihr Angst. Die Angst, der Scham – Dinge, die sie zuvor nie gekannt hatte. Sie wollte nicht, dass er sie nackt sah und die Tatsache, dass ihre entblößten Brüste gegen seine nackte Brust drückten, trieben ihr die Schamesröte ins Gesicht. „Warum tust-“ „Sei still!“, unterbrach er sie barsch und presste die Zähne aufeinander. Er musste wirklich nicht mehr ganz bei Sinnen sein. Schließlich war er fast nackt und hielt den Menschen, den er am meisten auf diesem Planeten hasste, in den Armen. „Sei einfach still“, knurrte er und versuchte das Gefühl ihrer eiskalten Brüste zu ignorieren. Er wusste nicht einmal, ob das, was er tat, überhaupt half, aber er hätte sich sein Leben lang Vorwürfe gemacht, hätte er sie jämmerlich erfrieren lassen, ohne zumindest versucht zu haben, ihr zu helfen.. Die nächsten Minuten voller Schweigen genoss er. So konnte er sich sammeln. Sich sagen, dass es richtig war, was er tat. Nach einer kleinen Ewigkeit zwang er sich, den Blick von der gegenüberliegenden Wand, die er ohne Pause angestarrt hatte, abzuwenden und auf die Frau in seinen Armen zu starren. Sie hatte sich schon seit Minuten nicht mehr bewegt und er hatte ein wenig Angst, dass sie nicht mehr atmete. „Beatrice?“ Ihren Namen auszusprechen war plötzlich erschreckend einfach – nicht wie zuvor, als er ihn wie Gift ausspie. Er musterte ihren Haaransatz, hob fragend eine Augenbraue, als er merkte, dass sie zu weinen aufgehört hatte. War sie eingeschlafen? Hatte es funktioniert? Ganz behutsam legte er seine Hände auf ihre Wangen, umfasste ihr Gesicht und hob es langsam an. Die grünen glitzernden Augen waren mit Tränen gefüllt, aber sie war wach und sah ihn mit einem Blick an, den er noch nie gesehen hatte. Kein verachtender, eitler Blick, wie ihn die Hexe sonst aufzusetzen pflegte und auch nicht der liebenswürdige Blick, den er manchmal bei ihr gesehen hatte. Jetzt zeugten ihre Augen von Reue, von Traurigkeit und Bedauern. Die Haut unter ihren Augen und an den Wangen war nass und weich und er wollte, konnte nicht länger mit ansehen, wie sie weinte. Das hatte er schon einmal erlebt… Er fuhr mit den Daumen über ihre Wangen, wischte ihr die Tränen von den Wimpern. „Weinen steht dir nicht“, flüsterte er und knurrte innerlich, als ihm bewusst wurde, was er tat. Aber er wusste nicht, wo er seine Hände ablegen sollte, ohne ihre nackte Haut zu berühren. Beatrice sagte nichts, schien tief in Gedanken versunken und starrte derweilen nur auf seine Brust. Genau dort, wo sie ihm bei ihrem letzten Treffen eine Narbe zugefügt hatte. Dieses Miststück… Das würde er ihr nie verzeihen! Er würde… Sachte, beinahe schüchtern strich plötzlich eine ihrer eiskalten Fingerkuppen über die längst verheilte Stelle. Die Blondhaarige biss sich auf die Lippe, die immer noch leicht zitterte. „Gomen ne“ Es war mehr ein Hauchen und Battler war so betäubt von dem Prickeln, diesem Stromschlag, der durch seinen ganzen Körper fuhr, ausgehend von ihrer Hand, dass er ihre Worte kaum mitbekam. Was passierte bloß mit ihm? Noch immer lagen seine Hände an ihren Wangen, ihre langen Haare kitzelten ihn. Inzwischen hatte sie ihre Hand auf seinen Brustkorb gelegt, den Blick wieder gesenkt und leise schluchzend. So leise, dass selbst das Knistern des Feuers lauter erschien. „Hey“ Seine Stimme brach einfach so aus ihm heraus, völlig ungewollt. „Hör auf zu weinen“ Wieder hob er ihr Gesicht an, wollte ihr in die Augen sehen, doch dieses Mal mied sie seinen Blick. Stattdessen musterte ihre Nase, wie gerade und stupsig wie war, ihre Wangenknochen, ihren vollen und weichen Lippen. Wie rot sie waren. Und wie einladend. Und wieder war sie da, die Frage nach dem großen Wieso. Dieses Geschöpf vor ihm, diese Frau – sie könnte so beliebt und begehrenswert, so freundlich und würdevoll sein. Bedächtig strich er mit dem Daumen seiner rechten Hand über ihre Lippen, spürte die weiche und makellose, eiskalte Haut. Überrascht und erschrocken zuckte die Blondhaarige daraufhin zusammen, nahm ihre Hand von seiner Brust und drehte ihren Kopf weg, wobei sein Finger von ihrer Lippe rutschte. Und Battler verstand. Wie aus einer Art Trance erwacht, hoben sich seine Augenbrauen und er zog seine Hand weg, legte sie auf den weichen Teppich, auf dem sie saßen. „Tut mir Leid“, wisperte er und war peinlich berührt. Er konnte sich sein Verhalten absolut nicht klären und so langsam beschlich ihn das Gefühl, dass sie ihn irgendwie manipulierte. Beatrice sah noch immer weg, musterte die Wand zu ihrer Rechten, den Kamin und die auf dem Sims stehenden Utensilien. „Bitte, b-berühre nie wieder meine Lippen“, hauchte sie und mied noch immer jeglichen Blickkontakt. Der Ushiromiya verstand nicht recht. „Was?“ Er hätte ja mit allen möglichen Reaktionen gerechnet, aber mit so einer… Und der Tonfall, den sie benutzt hatte. Verdammt, sie spielte nicht nur ihre Rolle als Hexe, sondern auch ihre Rolle als Frau überaus perfekt. Sie schwieg, öffnete den Mund, schloss ihn wieder. Diese Prozedur wiederholte sie ein paar Mal, bis es Battler zu bunt wurde. Etwas gröber als beabsichtigt ergriff er ihre Handgelenke, zog sie näher an seinen Körper, bis sie wieder auf Augenhöhe miteinander waren. „Jetzt rück schon raus mit der Sprache. Ich hasse es, wenn man nicht Klartext spricht, vor allem wenn es solche verlogenen Weibsstücke wie du sind“ Anscheinend hatte er einen wunden Punkt gefunden und getroffen, denn plötzlich flackerte Wut in ihren Augen auf und sie riss sich aus seiner Umklammerung und stieß ihn von sich. Sie war wütend! So, wie es ein normaler Mensch war. Nicht böse, nicht teuflisch, einfach nur wütend und verletzt. Und nackt … Er hatte diese Tatsache völlig vergessen, doch jetzt, wo sie knapp einen Meter von ihm entfernt saß, wieder zitternd vor Kälte, wurde ihm dies jäh bewusst. „Meine Lippen. Du sollst sie nicht berühren, nie wieder. Ich möchte dort nur von demjenigen berührt werden, der mich mit allem liebt was er hat, aus ganzer Kraft und ohne irgendwelche Vorurteile“ Ihre Stimme war trotz des Zitterns klar und deutlich, ihr Gesicht rot. Ob vor Wut oder Scham, konnte er nicht sagen. Langsam, zeitgleich mit dem Ticken der Uhr über ihrem Bett, sickerten ihre Worte in sein Gehirn – und er musste drauf losprusten. „Na, da kannst du ja lange suchen, als würde jemand dich Teufelsweib haben wollen!“ Die ganze Stimmung, die zuvor geherrscht hatte, war mit einem Male verschwunden und die blonde Schönheit vor ihm wirkte wieder kühl und abwesend. „Du bist so ein widerlicher Idiot“, knurrte sie und griff nach einem Kissen, das neben ihr auf dem Boden lag. Die kurze Berührung mit dem Stoff schien schmerzhaft. „Verschwinde! Hau ab und lass dich hier nie wieder blicken! Lass mich endlich erfrieren, dann bin ich dich los und du mich! Das Kissen flog schnurstracks auf ihn zu und traf ihn hart im Gesicht, worauf Battler hintenüberkippte und unsanft mit dem Rücken auf den morschen Dielen aufschlug. „Hey, sag mal, spinnst du?!, entfuhr es dem Rothaarigen daraufhin, ehe er sich langsam mit den Ellenbogen aufrichtete. „Was ist denn in dich gefa-„ Sein einziger Gesprächpartner war ihr Rücken. Ein Rücken, gezeichnet von Leid. Und plötzlich wurde Battler bewusst, dass er nicht der Einzige war, der all die Zeit lang gelitten hatte. Nie hatte er sich um irgendwelche Gründe geschert, war immer nur auf Rache aus gewesen. Doch nun, als er diesen zermaterten Rücken betrachtete, diese unendliche Qual und den Schmerz, ihre Schultern, die durch das plötzlich von ihr ausgehende laute Schluchzen stark zitterten, da fühlte er sich schlecht. Er hatte das Gefühl, ihr Unrecht getan zu haben. Das erste Mal in seinem Leben verspürte er solch ein Gefühl und es zermaterte ihn innerlich. Er wollte sich entschuldigen. „Beatrice“ Er erhob sich langsam, ging mit vorsichtigen Schritten auf sie zu, bis er kurz vor ihrem Rücken zum Halten kam. „Es tut mir Leid. Hörst du? Ich wollte so etwas nicht sagen“ Vorsichtig ging er in die Hocke, dachte kurz nach. Dann legte er vorsichtig eine Hand auf ihre Schulter und das Zittern begann aufzuhören, machte einem gequälten Seufzen Platz. „Kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen?“ Ihr verzweifelter, verletzter, gekränkter Tonfall bereitete ihm Brustschmerzen. So wollte er das alles nicht beenden. Er hatte nie vorgehabt, sie allein in diesem schäbigen Haus zu lassen, wo sie bitterlich weinend und zutiefst verletzt erfrieren würde. Das wäre zu grausam – selbst für sie. „Gut, ich werde gehen und in dich in Ruhe lassen, wenn du meine Entschuldigung annimmst!“ „Angenommen“, quiekte es und Battler nahm seine Hand von ihrer Schulter und ballte sie zur Faust. „Sieh mich gefälligst an, wenn ich mich schon entschuldige!“ Doch Beatrice tat nix. Sie drehte sich weder um, noch erwiderte sie etwas. Sie zitterte einfach nur. Der Ushiromiya wusste sich nicht mehr zu helfen. Er sah sich seufzend um, rang mit sich selbst, bis er schließlich zu der Entscheidung kam, dass er aufgeben musste. „Na gut“, murmelte er. „Dann eben so“ Er beugte sich zu ihren Schultern, seine Haare kitzelten sie, und federleichte Lippen legten sich auf ihre samtene Haut. Erschrocken quiekte Beatrice auf und fuhr herum. „Was zum-“ Der Rothaarige nutze die Gelegenheit und umfasste nun wieder ihr Gesicht mit seinen Händen. Er sah ihr fest in die Augen. „Hör zu, den ich werde es nur ein einziges Mal sagen, verstanden?“ Sie nickte, ein überheblicher und wütender Blick in ihren Augen. „Es tut mir Leid, das alles. Dass ich absichtlich das falsche Fläschchen genommen habe“ Seine Daumen streichelten wie automatisch ihre Wangen. „…dass ich dir misstraut habe“ Er strich ihr eine goldblonde Strähne aus dem Gesicht. „…dass ich so etwas Fieses gesagt habe“ Sie schloss vorsichtig die Augen, schluchzte einmal tief. „…das ich mir nie einen Gedanken darum gemacht habe, wer du bist und wieso du so bist, wie du bist“ Sein Daumen strich über ihre Lippen. Beatrice öffnete die Augen, ergriff mit beiden Händen seinen Arm, zog ihn weg. Battler starrte sie an, sah in dieses Gesicht, das so voller Emotionen war, dass es ihm den Atem raubte. Wieder umfasste er ihr Gesicht mit beiden Händen, beugte sich zu ihr hinunter, küsste die letzten Tränenspuren von ihren Wimpern. „Hey…“ Beatrices Protest kam nur noch als ein leises Keuchen. Sie war wie gelähmt, als sie seine brennend heißen Lippen auf ihrer kalten Haut wahrnahm. Augenblicklich war ihr wärmer. Sie wollte sich wehren, doch sie fühlte sich zu schwach. Seine Nase streifte ihre Wange, seine Lippen küssten ihr Kinn und die ankam. Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte Battler, wie sie sich langsam wieder entspannte und vorsichtig löste er sich von ihr und musterte ihr Gesicht. Überrascht von dem abrupten Stopp, öffnete die Blondhaarige ihre Augen und sah zum ersten Mal in die eines anderen Battler. Diesmal waren seine Augen nicht kalt, nicht verachtend, nicht Gift speiend. Diesmal lag in seinem Blick Wärme. Und eine andere Emotion, die seine Augen aufleuchten ließen, die sie aber nicht zu deuten wusste. Flach atmend bemerkte sie plötzlich, wie Battlers Gesicht bis auf wenige Zentimeter dem ihren näherkamen. Seine Nase berührte ihre und sie konnte seinen heißen Atem spüren. Und wie aus einen Reflex heraus schloss sie die Augen, genau im richtigen Moment, denn keine Sekunde später spürte sie ein nie gekanntes Gewicht auf ihren Lippen. Battler wusste nicht, was ihn dazu trieb. Er war eh nicht mehr ganz bei Sinnen. Aber wie sollte er auch, wenn diese Frau ihre Reize so gekonnt und gleichzeitig so unbewusste einsetzte? Sein ganzes Leben lang hatte er von so einer Person geträumt, einem Menschen, dem er blind vertrauen, den er lieben und ehre würde. Wieso also tat er das hier?! Beatrice war ganz gewiss nicht diese Person, man konnte ihr nicht vertrauen. Aber sein Verlangen nach diesen Lippen, dieser Haut, war einfach zu groß geworden. Es war sein erster Kuss und er wusste nicht genau, wie man küsste, er tat es einfach aus einem Instinkt heraus. Ihre Lippen waren so unglaublich weich und warm und sie schmeckten fruchtig. Langsam begann er, seine Lippen zu bewegen, nahm ihre Unterlippe zwischen die Zähne – und sie ließ es zu. Auch seine Hände blieben nicht untätig, fuhren in ihre Haare, ließen die Seide zwischen seinen Fingern hindurchgleiten. Er küsste sie nun etwas fordernder, presste seine Lippen fester auf die ihren. Und Beatrice ließ es geschehen. Nach einer Weile ließ er von ihr ab, schnappte nach Luft und sah wieder zu Beatrice, dessen Gesicht ein leichter Rotschimmer zierte. Und irgendwie fand er es niedlich. „Ist dir immer noch kalt?“ Sie schüttelte kaum merklich den Kopf, wich seinem Blick aus und schloss erwartungsvoll die Augen, als sie seine tiefe Stimme plötzlich an ihrem Ohr vernahm und er ihr leise ins Ohr kicherte. Dann wurden ihre Lippen wieder in Beschlag genommen und diesmal war es ein leidenschaftlicher, drängender Kuss, den sie in ganzen Zügen genoss. Seine großen Hände fuhren ihre Schultern hinab, ihre Arme, er streichelte ihre Handgelenke und umfasste schließlich ihre Hüften, um sie näher an sich zu ziehen. Die Blondhaarige wusste nicht, wie ihr geschah und legte ihre Hände auf seinen Brustkorb, wanderte weiter, zog seine Bauchmuskeln nach. Dann spürte sie plötzlich seine Zunge auf ihren Lippen, die um Einlass baten und mit einem kleinen Seufzen gewährte sie ihr Einlass. Die Blondhaarige wusste nicht, was um sie herum geschah. Dieses Gefühl war so neu für sie, so absolut fremd und so absolut schön. Es schmerzte sie, zu wissen, dass sie es nie wieder spüren würde, aber sie schob den Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf den Kuss. In der Zwischenzeit hatte Battler wieder ihr Gesicht umfasst, streichelte ihre Wangen, was das Gefühl verstärkte und den Kuss vertiefte. Aus einem Reflex, ohne es eigentlich zu wollen, schlang die Blondhaarige ihre Arme um seinen Hals und drückte sich näher an ihn. Seine Zunge tippte ihre an, strich darüber und Beatrice tat es ihm gleich, einfach, weil sie nicht wusste, was sie sonst tun sollte. Nach gefühlten Stunden löste sich der Rothaarige wieder von ihr, schnappte nach Luft und legte seine Lippen dann an ihren Hals, was Beatrice ein leises Seufzen entlockte. Es fühlte sich alles so unwirklich und gleichzeitig so real an, dass sie alles um sich herum nur noch unwesentlich wahrnahm. Nur der weiche Teppich, auf den sie plötzlich gedrückt wurde, seine kitzelnden Haarsträhnen und sein Geruch waren in diesem Moment präsent. „Gibt es ein Gegenmittel für dieses Kältemittelzeugs?“, flüsterte er an ihren Hals und Beatrice öffnete die Augen und starrte nachdenklich gen Decke. „Naja“ War das Holz der Decke immer schon so hell gewesen? „Eigentlich nicht. Ich benutze das Mittel zum Einfrieren von Lebensmitteln, deshalb habe ich mir nie Gedanken um ein Gegengift gemacht“ Er hielt inne, hob den Kopf an. „Kannst du denn eines herstellen?“ „An sich schon. Ich habe alles hier. Aber es braucht Zeit“ „Wie lange?“ „2-3 Tage, vielleicht auch 4. Der Trank muss mehrere Tage gären, ehe man ihn zu sich nehmen kann“ „Hmmm“ Battler legte seinen Kopf an ihren Hals und grübelte. „Das bedeutet, du darfst die nächsten Tage möglichst nicht erfrieren“ Sie nickte, sofern es mit seinem Kopf an ihrem Hals ging. Sie fühlte sich so schutzlos, splitterfasernackt unter ihm auf dem Teppich zu liegen, aber da war auch eine Geborgenheit, die sie noch nie verspürt hatte. „Hast du ein Telefon?“ Seine Stimme riss sie jäh aus ihren Gedanken. „Ähm… Ja. Wieso?“ „Ich werde gleich im Anwesen anrufen und Bescheid geben, dass ich die nächsten Tage nicht heim kommen werd-„ Sie riss die Augen auf, stieß ihn von sich, setzte sich auf. „Was meinst du?!“ Battler, völlig verdutzt von dieser Aktion, sah sie verständnislos an. „Ich werde dich bestimmt nicht erfrieren lassen, also werde ich so lange hierbleiben, bist du diesen Trank feriggestellt hast und er wirkt“ „Aber … Nein, das … geht nicht“ „Wieso?“ „Was willst du ihnen erzählen? Dass du hier bist? Dass du diese verfluchte Hexe gerade vor dem Tod rettest, anstatt ihr den Hals umzudrehen? Kanon hegt ebenfalls einen Groll gegen mich, er wird nicht einfach zulassen, dass du das tust und …“ „Hey.. Hey“ Battler bewegte sich zögernd auf sie zu. „Wer sagt, dass ich das tue? Dass Kanon das tut? Ich werde ihnen irgendeine Geschichte erzählen, du brauchst keine Angst zu haben“ Er ergriff ihre Schultern, hauchte ihr kleine Küsse auf Nacken und Rücken. Sie legte den Kopf zur Seite, war froh, dass er ihr rotes Gesicht nicht sehen konnte. „Warum tust du das? Woher dieser Sinneswandel?“, wollte sie wissen. Sein Arm schlang sich um ihre Taille, er zog sie in eine Umarmung und legte seinen Kopf auf ihre Schulter. Das war doch im Moment egal… „Warum hast du all diese Gräueltaten begangen, so viele Menschen getötet?“ „…“ „Wieso?“ „Ich kann es dir nicht erzählen. Nicht jetzt, nicht in diesem Moment. Aber ich habe es nicht getan, weil es mir gefallen oder gar Spaß bereitet hat“ Ihre Stimme war leise und traurig und als sie spürte, wie er seinen Kopf von ihren Schultern nahm, schloss sie innerlich seufzend die Lider. Er glaubte ihr nicht. Sie hatte es aber nicht anders verdient. Doch statt von ihr abzulassen, bettete der Rothaarige seinen Kopf nun auf dem ihren und musterte die gegenüberliegende Wand, während er seine Arme um ihren Bauch schlang und sie dort zusammenfaltete. „Das, was ich dir jetzt erzählen werde, mag wahrscheinlich unwahrscheinlich und unglaublich klingen, aber es ist die Wahrheit. Ich weiß nicht, wer du bist, ich kenne deine Motive und Absichten nicht und obwohl es absolut überstürzt ist, glaube ich dir. Ich glaube an den Menschen in dir, den ich schon einmal getroffen habe, in diesem Garten damals. Ich glaube an die liebenswürdige Beatrice, die lächelnde und süße Beatrice, die mein Herz mit ihrem Lächeln erreicht. Ich möchte diese Beatrice aufrechterhalten und irgendwann, wenn die Zeit gekommen ist, werde ich mir das anhören, was du mir jetzt nicht erzählen kannst. Bis dahin will ich bei dir sein, dich unterstützen und besser kennenlernen. Ich will und werde daran glauben, dass du ein Mensch bist, den ich nicht mehr missen möchte. Du bist mir wichtig“ Etwas Feuchtes tropfte auf seine Hand. Sie weinte wieder. „Ich bin kein guter Mensch“, schluchzte sie leise und kaum verständlich. „Schlag dir das aus dem Kopf. Ich habe deine Eltern getötet und das ist etwas, was nie wieder rückgängig gemacht werden kann. Ich habe so viele dir wichtige Leute auf dem Gewissen. Du wirst mir das nie verzeihen können und du hast allen Grund dazu. Ich bin kein guter Mensch“ Stille. Nur das Ticken der Uhr, das Knistern des Feuers, der Wind, der gegen die Fensterscheibe peitscht. Es zieht durch. Battler seufzte. Zog seine Hände zurück, erhob sich langsam. Das Rascheln von Kleidung war zu hören und ohne sich umzudrehen, wusste Beatrice, dass er nun gehen würde. Seine Schritte schmerzten in ihrer Seele, das Zuschlagen der Tür war die größte Qual ihres Lebens. Mit einem Schlag wurde ihr wieder kalt, kälter noch als vorher. Er war gegangen, für immer. Aber es war besser so. Sie würde eh bald sterben, da war es letztendlich eh egal. Alles war egal… Die Tür wurde wieder aufgeschlagen und ein schnaufender Battler stand im Türrahmen und zusammen mit einem eisigen Schwall kalter Luft trat er ein. Die Tür ging quietschend wieder zu. Er trug einen riesigen Haufen voller Holz, ging zum Kamin, warf es in den Dafür vorgesehenen Korb und legte ein Holzscheit nach dem anderen in die Flammen. Dann zog er wieder bis auf die Boxershorts aus, ignorierte ihren fragenden Blick. „Ich habe einen Menschen noch nie so viel Unsinn reden gehört“ Er war wirklich wütend. Warum? Mit großen Schritten ging er auf sie zu, packte ihre Schultern und zog sie auf die Beine. Er umarmte sie von hinten. „Was brauchst du für das Gegenmittel?“ „…“ Genervt rollte der Rothaarige mit den Augen und kniff Beatrice in die Seite. „Au!“ „Also, was?“ „Brennende Kohle, Rosmarin, Schwefelsäure und etwas Wasser“ Klang ja widerlich. Vorsichtig setzte Battler sich in Bewegung, schob Beatrice sanft zum Regal mit den vielen Fläschchen. „Such alles zusammen, ich erhitze eben ein Stück Kohle im Kamin“ Er ließ von ihr ab und beeilte sich, griff nach dem Schürhaken und erhitzte das Stück Kohle, das Beatrice ihm wortlos gab. In der Zwischenzeit versuchte diese, sich tapfer auf den Beinen zu halten, was jede Sekunde schwerer wurde. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam der Rothaarige zurück, schloss sie sofort wieder in die Arme, und gab das brennende Stück Kohle in den Mörser, wo Beatrice es zu einer Art Brei verarbeite. Während sie rumwerkelte, vergrub Battler seine Nase in ihrem Haar, nahm ihren Geruch auf, küsste ihre Schultern. „Fertig“ Beatrice stellte die Schüssel mit dem Gegenmittel auf die Fensterbank. „Jetzt heißt es warten“ Sie drehte sich in seiner Umarmung. „Du solltest wirklich lieber gehen“ „Du redest schon wieder Unsinn“ „Aber …“ „Herrje, du redest wirklich zu viel“ Er beugte sich zu ihr hinunter und verschloss ihre Lippen mit den seinen. Dann zog er sie mit sich Richtung Kamin und ließ sich, den Kuss nicht unterbrechend, auf dem unbequemen Boden nieder. „Ich bin müde. Lass uns den Rest morgen besprechen!“ Er legte sich auf die Seite, zog die Blondhaarige in seine Arme und streichelte mit einer Hand ihre Wange. „Schlaf gut“, hauchte er ihr zu und küsste sie. Beatrice ergab sich. Es hatte einfach keinen Sinn. Sie wurde ihn wohl nicht mehr los. Seufzend kuschelte sie sich an seine Brust. „Sicher, dass du sooo müde bist?“, wollte sie wissen und benutzte seinen Arm als Kopfkissen. Battler öffnete fragend eines seiner Augen. „Wieso?“ „Naja…“ Sie malte mit dem Finger kleine Herzen auf seine Brust. „Es gibt da noch andere Möglichkeiten, die Nacht rumzukriegen“ Ein leises Kichern und Beatrice wurde rot wie eine Tomate, als sie sich ihrer Worte bewusst wurde. „Also, so meinte ich das nicht, ich…“ „Du kleine unersättliche Hexe!“ Er legte seine Hände auf ihre Wangen und zog sie zu sich, um sie zu küssen. Und in dem Moment fragten sich beide, wie sie es jemals ohne den anderen ausgehalten haben. Es war wie ein wunderbarer Traum und hoffentlich würden sie nie wieder daraus erwachen. Er war sich in diesem Moment absolut sicher: Er würde sie zu keiner Tages- und Nachtzeit mehr missen wollen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)