Smooth Criminal (ALTE VERSION) von NaokoHara (Projekt N-A-O ' s geschichte) ================================================================================ Kapitel 2: Neues Heim = Neue Probleme ------------------------------------- „He! …. He!... Aufstehen!.... Komm schon, das ist kein geeigneter Ort zum schlafen!“ Wer war das? Wer sprach dort? Sie öffnete langsam die Augen und sah in das schwarze Gesicht eines Labradormischlings. „Wer… bist du?“ fragte sie. „Mein Name ist Benjamin…. Komm schon, steh auf.“ Er packte sie an der Hüfte und zog sie hoch. „Weißt du deinen Namen?“ fragte er sie. „Namen? Ich habe einen Namen?“ – „Okay… das war eine klare Antwort…“ er zog sie einen Hügel hinauf. Hinter seiner Schulter konnte sie ein brennendes Gebäude entdecken. „Was ist hier passiert?“ er setzte sie ab. „Nun… das kannst du nicht wissen… aber … in gewisser Weise bist du dafür verantwortlich.“ Sie stutzte. „Lass mich das erklären… du … bist ein Experiment… Projekt-“- „N-A-O… nicht wahr?“ unterbrach sie ihn. „Du weißt es also?“ – „Ich hörte sie reden… ich erinnere mich an deine Stimme… Benjamin… du warst immer sehr nett.“ Benjamin lachte. „Danke für die Blumen.“ Grinste er. „Also… Nao… so nanntest du dich in deiner anderen Gestalt… was weißt du alles?“ – „Nao… das find ich irgendwie komisch… sagen wir der Vollständigkeit lieber Naoko. Das klingt für mich besser. So kannst du mich auch von meinem zweiten Ich besser unterscheiden. Ich weiß, warum ihr mich erschaffen habt, ich weiß, dass ich eine zweigespaltete Persönlichkeit bin… hm… mehr weiß ich nicht…“ Benjamin seufzte erleichtert. „Das spart uns eine Menge Zeit… hör mir zu… du kannst nicht hier bleiben. Sie werden kommen und wenn sie dich hier finden bist du so gut wie tot. Ein derart ‚misslungenes‘ Experiment darf nicht frei laufen gelassen werden. Sie wissen noch nichts von dir, wenn sie dich hier nicht finden, bist du sicher.“ Naoko sah zu Boden. „Und… wo soll ich hin?“ – „Wo willst du gerne hin? Ich kann dir jedes Flugzeug, jedes Schiff besorgen… ich will nicht, dass sie dich töten.“ Naoko lachte kurz. „Weil du dein Experiment nicht verlieren willst, verstehe…“ „Nein… weil keiner je das Recht hatet dir das an zu tun… also… in welchem Land wolltest du schon immer sein? Denk mal nach!“ „Welches Land… ich fand Japan immer schon sehr ansprechend…“ Benjamin lächelte. „Japan also… nun dann brauchen wir zu deinem sowieso schon japanischen Vornamen nur noch einen Nachnamen… was hältst du von… Naoko Hara?“ Naoko grinste. „Ja das finde ich schön.“ Benjamin richtete sich auf und kramte etwas aus seinem Kittel hervor. Es war die Mappe, in die Iwan alle Informationen über sein Projekt-N-A-O geschrieben hatte. „Hier, nimm‘ das an dich, studiere es… Eines muss ich dir sagen: Deine andere Persönlichkeit ist nicht in der Lage das zu lesen… und du solltest ihr auch nicht die Möglichkeit geben heraus zu finden, dass sie zwei Persönlichkeiten hat… das könnte sie ausnutzen.“ Naoko nahm die Mappe. „Ausnutzen? Warum?“ Benjamin kniete sich wieder zu Naoko herunter. „Nun ja… Nao ist anders als du… sie wird dir eine Menge Schwierigkeiten machen… trotzdem musst du irgendeine Möglichkeit finden, sie einigermaßen unter Kontrolle zu halten. Ich habe hier einen kleinen Helfer, der dich auf deinem Weg begleiten wird. Snatcher!“ rief er und der Rabe kam zurück. „Das ist Snatcher. Er ist sozusagen eingeweiht und wird dich sowohl in deiner jetzigen Form als auch als Nao unterstützen und auf dich aufpassen.“ Der Rabe hüpfte von Benjamins Schulter herüber zu Naoko. „Halloho!“ krächzte er ihr ins Ohr. „Hallo, Snatcher. Ist ja ein toller Name!“ grinste Naoko den Raben an. „Ich … habe ihn für diesen Tag vorbereitet… er ist sozusagen –mein- Projekt. Über die kleine Anzeige an seiner Brust kannst du sowohl seine Stimmung, seinen Gesundheitszustand als auch seine Bedürfnisse ablesen… steht auch alles in der Mappe.“ Naoko lächelte Benjamin an „Na du hast dir ja ordentlich Mühe gegeben.“ Dieser wurde leicht rot. „Ähm… naja… man tut, was man kann. ^_^“ Jedenfalls bist du fürs erste gerüstet… Ach ja… da wäre noch etwas was ich überprüfen wollte.“ Mit diesen Worten hob Benjamin Naoko’s Kittel an um sozusagen ‚Unter die Haube zu gucken‘…. Was allerdings ein bisschen unüberlegt war. „HEY! Was soll denn das du Spanner!“ *PAMM* schon hatte er eine sitzen. Während sich der Rabe halb tot lachte versuchte sich Benjamin zu erklären. „Oje… das tut mir leid! Das war etwas unüberlegt… ich wollte bloß nach sehen ob du verletzt bist.“ – „Hm… verletzt? Nein mir geht es prima…“ Naoko sah Benjamin fragend an… ihr ging es wirklich prima… kein Grund zu klagen. „Dann ist es also wahr… wenn du und Nao tauschen, so scheint sich auch der Körper zu resetten… Jede von euch beiden hat ihren eigenen Körper… naja okay da wirst du noch mehr in der Mappe lesen können. Wir sollten jetzt lieber gehen.“ Benjamin stand auf. Man konnte bereits Sirenen am Horizont hören. Er half Naoko auf und gemeinsam gingen sie zu einem Hotel. Er checkte für sie ein und ließ sie dann dort mit Snatcher allein. Naoko ließ sich auf das Bett fallen, starrte an die Decke und seufzte vor sich hin. „Dich bedrückt etwas… Ich spüre das.“ Krächzte Snatcher, der sich auf einer Stuhllehne nieder gelassen hatte. „Ach… wirklich? Ist ja auch nicht offensichtlich…“ Snatcher flog zu Naoko und landete auf ihrem Bauch. „Erzähl mir, was dich beunruhigt. Ich möchte es gerne hören.“ Was auch immer es war, was dieser Rabe an sich hatte… irgendetwas verleitete Naoko es ihm zu erzählen. „Weißt du… ich bin als Waffe konstruiert worden… aber alles in mir sträubt sich dagegen… was, wenn jemand mein Geheimnis lüftet… so etwas wie mich findet man nicht häufig… und schlussendlich ende ich als Trophäe irgendeines Sammlers seltener Kreaturen… Oder werde von irgendwem gefangen genommen und in einem Zoo ausgestellt… oder was weiß ich nicht alles.“ Der Rabe legte kurz den Kopf zur Seite und wieder zu rück. „Das wird nicht passieren. Du bist zu stark.“ – „Zu stark?? Ich kann doch gar nichts… ich weiß nicht welche Kräfte ich habe und ich weiß vor allem nicht, wie ich sie gebrauchen muss… ich bin nicht stark….“ „Dann werden ich und Nao für dich stark sein.“ Krächzte Snatcher und hüpfte auf Naoko‘s Kopf. Er klopfte ihr mit dem Schnabel sanft gegen die Stirn. „Mach dir keine Sorgen. Du bist nicht allein.“ Er flog wieder auf die Stuhllehne zurück. „Nicht allein…. Vielleicht hast du recht…“ mit diesen Worten schlief Naoko ein. Am nächsten Morgen kam Benjamin früh vorbei um Naoko ab zu holen. Er hatte Sachen zum anziehen dabei. Naoko konnte schlecht in einem blutverschmierten, angesengten Kittel durch die Gegend rennen. Auch, wenn ihr seine Auswahl so gar nicht zusagte. „Ein Kleid? Röcke?? So einen Stuss trag ich nicht!“ Benjamin sah sie etwas verdutzt an. „Ja aber… du bist doch ein Mädchen…“ – „Das sagt doch gar nichts aus! Trotzdem… ich trage keine Röcke… Hosen sind das einzig wahre… „ Mit diesen Worten drehte sie sich weg. Benjamin war leicht angefressen, immerhin hatte er den halben gestrigen Abend mit der Suche verbracht. „Ich habe aber leider nichts anderes… also so oder nackt… mir soll‘s egal sein.“ Und mit diesen Worten verließ er das Zimmer. Wütend blickte Naoko ihm nach… „Ich mag das schwarze.“ Krächzte Snatcher und hüpfte auf ein schwarzes Kleid. „Lass mal sehen… naja… immerhin ist es schön lang… ach was soll’s.“ sie schnappte sich das Kleid, ging damit ins Bad und kam gute 10 Minuten später wieder raus. „Was hat das so lange gedauert? Und was war das für ein furchtbarer Krach?“ fragte Snatcher. „Ich hab nie in meinem Leben ein Kleid getragen… ich erinnere mich ja an nichts… selbst wenn ich jemals eins an hatte… und ich krieg ums verrecken diesen blöden Reißverschluss nicht zu… ich hab versucht ihn an der Wand fest zu kleben und ihn durch runter rutschen nach oben zu ziehen… Kleiner Tipp: Mach das nie wenn der Boden so rutschig ist.“ Es klopfte. „Bist du endlich fertig?“ fragte Benjamin von draußen. „Nein! Deine ach so tollen Kleider sind leider etwas kompliziert an zu ziehen!“ keifte Naoko gegen die Tür. „Soll ich dir helfen?“ man hörte seinen schelmischen Unterton. Mit einem breiten Grinsen stand er an der Tür und lauschte bis plötzlich etwas Großes gegen die Tür geworfen wurde und Benjamin vor Schreck rücklings auf den Po fiel. » Das heißt wohl nein« Drinnen kämpfte Naoko weiter mit dem Reißverschluss, der sich mittlerweile in ihrem Fell verfangen hatte. „Man! Ich geb’s auf…“ sie setzte sich auf das Bett und stützte die Arme auf die Knie. Snatcher hatte sich das ganze laut lachend angesehen. Nun flog r los, landete auf Naoko’s Rücken, nahm den Reißverschluss in den Schnabel, zog ihn kurz runter um das Fell wieder raus zu bekommen und dann in einem Ruck bis nach oben. Er flog wieder auf die Stuhllehne zurück und guckte Naoko triumphierend an. Die war zwar erst ziemlich perplex, gönnte dem Raben diesen Triumph aber nicht wirklich und machte sich mit dem sarkastischen Kommentar „Du hättest mir ja ruhig früher helfen können…“ Luft. Benjamin stand neben der Tür auf dem Gang und wartete, als sich die Tür öffnete und Naoko heraus kam. „Steht dir, das Kleid. Du solltest sowas öfter tragen.“ Lächelte er sie an. „Jaja… vergiss es… ich kann so viel Beinfreiheit nicht aus stehen… also, wie geht’s weiter?“ Benjamin musste auf den Kommentar grinsen, denn er sah einen leichten Rotschimmer auf Naoko’s Wangen. „Naja, wir fliegen nach Japan. Der Flieger ist gebucht und ich habe sogar schon ein Haus für dich gefunden. In der Nähe der Präfektur Kanagawa, aber nicht in der Stadt selbst. Es liegt abgeschieden in den Bergen, kaum jemand weiß, dass es dieses Haus überhaupt gibt. Perfekt um sich dort zu verstecken. Zudem befinden sich in der Nähe eine Quelle und ein Wasserfall. Die Gegend soll sehr schön sein.“ Er kramte ein paar Fotos hervor und gab sie Naoko. Ein schnuckeliges Haus. Nicht übergroß und mit viel Natur drum herum. „Der einzige kleine Nachteil daran ist eben der lange Weg in die Stadt. Aaaaber dafür habe ich auch bereits mehrere Lösungen gefunden.“ Triumphierend stützte Benjamin die Hände in die Hüfte. Die beiden waren gemeinsam vor die Tür gegangen. Benjamin zeigte auf etwas, als Naoko der Richtung folgte klappte ihr der Kiefer runter. „Boah! Du sprichst doch nicht etwa von dem Auto da?!“ platzte es aus ihr heraus. „Nicht nur das.“ Grinste Benjamin. „Da ich weiß, dass Nao mit Sicherheit eher einen anderen Geschmack hat als du habe ich dazu noch dieses hübsche Motorrad besorgen können.“ Er zeigte auf eine schwarze Suzuki Hayabusa 1300. „Sag mal… du bist gar kein Wissenschaftler oder? Wie könntest du dir je sowas leisten?“ drängte Naoko auf Benjamin zu und hielt ihm ‚drohend‘ den Finger unter die Nase. „Thehe, ich weiß nicht was du meinst.“ Grinste Benjamin darauf unschuldig. „ Was denkst du denn was wir ein Gehalt gekriegt haben? Unsere Arbeit war streng geheim, da mussten die uns schon was bieten, dass wir nicht irgendwo Bestechungsgeld annehmen.“ „Hm…“ Naoko sah ihn skeptisch an.“Na, für den Moment will ich dir das mal glauben.“ Sagte sie und drehte sich, die Arme verschränkend, wieder weg. „Da gibt es nur ein Problem…“ – „Dass da wäre?“ „Ich kann nicht autofahren?“ grinste Naoko verlegen zu Benjamin zurück. „Ach, wenn‘s nur das ist“ Benjamin hatte schon mit sonst was gerechnet. „Auf unserem Flug hast du genug Zeit dir mal die Mappe durch zu gucken. Da wirst du sicher fündig um das Problem zu lösen.“ Zwinkerte er ihr zu. In dem Moment fuhr ein LKW heran um die beiden Fahrzeuge ab zu holen. „Ach ja, bevor ich es vergesse.“ Sagte Benjamin und kramte eine kleine Kamera heraus. „Sag mal ‚Cheese‘!“ Er drückte allerdings so doof ab, dass Naoko eher erstaunt in die Kamera guckte während ihr Snatcher Hasenohren zeigte. „He! Was soll das?“ raunzte Naoko etwas überfahren. Benjamin lachte. „Naja, wir haben noch etwas Zeit, was hältst du von einem kleinen Stadtbummel? Ich seh‘ ja, wie unwohl du dich in dem Kleid fühlst. Ich habe genug Geld dabei um-“- „Auf, gehen wir!“ unterbrach ihn Naoko gleich und stiefelte drauf los… natürlich in die falsche Richtung. Nachdem Benjamin die Richtung korrigiert hatte traten sie ihren kleinen Stadtbummel an. Benjamin bezahlte Naoko neben ‚passenderen‘ Klamotten auch noch ein Handy, den Vertrag dazu würde es in Japan geben. Die Drei hatten eine Menge Spaß. Snatcher war der Liebling der Leute. Um sich nicht zu verdächtig zu machen, sprach er zwar nur so Sätze wie „Hallo! Wie geht’s?“ oder ähnlich einfachen Kram und Naoko hatte ihm ein Tuch ausgesucht, um die kleine Anzeige auf seiner Brust zu verdecken. Schließlich mussten sie los zum Flughafen. Snatcher war überaus niedergeschlagen, nicht in der Kabine mitfliegen zu dürfen sondern in den Frachtraum musste. Langsam bewegte sich das Flugzeug auf die Startbahn zu. Naoko überkam plötzlich der Wunsch, nicht zu fliegen… hier zu bleiben… sie wusste nicht, wen sie alles zurück ließ, wer vielleicht immer noch auf ein Lebenszeichen von ihr wartete. Als sie die Traurigkeit beinahe übermannte spürte sie plötzlich eine Hand auf ihrer Schulter. „Mach dir keine Sorgen. Das ist kein Abschied für immer. Nur so lange, bis du auch hier wieder sicher leben kannst. Ich werde deine Familie suchen und sie beruhigen.“ Lächelte sie Benjamin sanft an. Aber zu spät, die Tränen kullerten Naoko bereits über das Gesicht. Er nahm sie in den Arm und redete ihr tröstend zu. Das Flugzeug hob ab. Ein neuer Anfang, in einem neuen Land…. Er war nun zum greifen nah. Nach einiger Zeit hatte sich Naoko wieder zusammen gerissen. „Hier.“ Benjamin hielt ihr die Mappe hin. Naoko zögerte noch einen Moment. „Du, Benjamin…“ – „Hm?“ – „Ist… außer dir überhaupt jemand lebend aus dem Labor hinaus gekommen?“ Benjamin sah nach vorne. „Ganz genau weiß ich das nicht… aber ich weiß von denjenigen, die ebenfalls mit deinem Projekt betraut waren, hat es wohl außer mir keiner geschafft. Mir wurden zumindest heute früh erzählt, dass sie die Leichen meiner Kollegen in all dem Schutt gefunden haben… außer…“ er hielt inne. „Außer…?“ Er drehte sich wieder zu Naoko und lächelte sie an. „Nicht so wichtig. Ich denke einfach, derjenige ist verbrannt, sodass man ihn nicht mehr finden konnte… Ich kann es mir jedenfalls nicht anders vorstellen. So gesehen sind außer mir alle tot, die von dir etwas wussten. Was genau wir gemacht haben stand unter absoluter Schweigepflicht. Niemand, nicht mal diejenigen, die uns für die Forschungen bezahlten, dürften wissen was wir machten. Darauf wurde immer sehr penibel geachtet. Und dadurch, dass das gesamte Gebäude zerstört ist, existiert als einziges Überbleibsel der Forschung nur noch diese Mappe… naja und du selbst.“ – „Verstehe… im Grunde weiß also niemand von mir… das ist gut.“ Naoko nahm die Mappe und schlug sie auf. Dort waren keinerlei Informationen über ihr vorheriges Ich eingetragen. Nur ein Foto, wie sie einmal aussah. „Ich hab ne Brille getragen? Wow… diese Optimierungen wären ne prima Möglichkeit um im Optikergewerbe ne Menge Kohle zu machen.“ Lachte Naoko und Benjamin stimmte mit ein. „Aber sag mal… hier steht ich sei immun gegen alle Arten von Giften… wie ist das möglich?“ – „Oh je… willst du das jetzt ernsthaft erklärt haben? Um es mal für Laien verständlich zu machen: Dein Körper wandelt diese Gifte sofort in ungefährliche Stoffe um.“ – „Aha… hä? Hier steht ich bin in der Lage spielend ein Gewicht von 130 kg zu heben… das ist doch wohl ein Witz oder?“ Naoko blickte Benjamin verdutzt an. „Nein, nein. Das ist kein Witz. Allerdings scheint bei dir deine Psyche die Kräfte zu blockieren… du bist grundsätzlich durchaus dazu in der Lage. Auch die ganzen anderen Fähigkeiten sind dir eigen… viele müssen allerdings noch antrainiert werden. Zum Beispiel diese hier, die hast du von einem der Wölfe übernommen.“ Er zeigte auf eine Zeile in den Texten. „Wie jetzt… Farbe wechseln? Ich hab doch nicht die Farbe gewechselt seit gestern oder?“ Naoko guckte an sich herunter. „Doch, du hast es nur nicht mit bekommen. Du wechselst dienen Farbton zwischen Tag und Nacht. Wenn die Sonne untergeht wirst du schwarz, geht sie wieder auf bist du braun. Du bist wohl gestern eingeschlafen bevor die Sonne wirklich weg war und heute erst aufgewacht als sie schon wieder da war.“ – „Und wozu soll das bitte gut sein?“ Naoko war nicht sehr überzeugt von dem, was ihr Benjamin da weiß zu machen wollte. „ Dem Wolf, oder besser, der Wölfin der du das zu verdanken hast, half das bei der Jagd. Tagsüber passte sie sich der hellen Umgebung besser an und Nachts mit ihrem dunklen Fell ebenfalls. Wir haben es so belassen, da es ja für einen Soldat nicht schaden kann ‚eins mit der Umgebung zu werden‘.“ Naoko sah man an, dass sie Benjamin nicht glaubte. Aber sie beließ es dabei und las weiter. „Aha! Hier habe ich etwas gefunden, was definitiv nicht sein kann!“ platzte sie plötzlich triumphierend hervor. „Ach ja? Dann lass mal hören.“ Grinste Benjamin siegessicher. „Hier!“ sagte Naoko und hielt Benjamin die Liste entgegen. Benjamin las laut vor: „Ist in der Lage Blitze von bis zu 150 000 Ampere zu erzeugen… ich erinnere mich daran… das war nicht witzig.“ Benjamin wurde ernst. Naoko war überrascht. „Wieso? Was ist denn passiert?“ Benjamin zog einen seiner Ärmel hoch und entblößte eine übergroße Narbe, die Blitzförmig von seinem Unterarm, bis zu seiner Schulter führte. „An dem Tag wollten wir eigentlich bloß deine Reflexe testen… irgendetwas war dabei aber wohl falsch eingestellt, dein Überlebensinstinkt wurde aktiviert.“ – „Überlebensinstinkt…?“ – „Ja, der ist dafür da, dass ein Soldat sich auch aus den verzwicktesten Situationen noch irgendwie befreien kann… du verlierst dabei die aktive Kontrolle, dein Körper agiert automatisiert und sämtliche Fähigkeiten stehen uneingeschränkt zur Verfügung…. Tja… da hast du einfach mal einen Blitz in unsere Reihen abgefeuert… ich stand dabei leider mitten in der Schusslinie, ein Kollege ist dabei draufgegangen… er hatte die Hand auf meiner Schulter. Der Blitz fuhr in meinen Unterarm, wanderte zur Schulter, durch meinen Kollegen und ab in den Boden. Ein zufällig angebrachtes Messgerät zeigte eine Amperezahl von 147589 Ampere… das steht dem Blitz eines Gewitters in nichts nach… ich hatte immenses Glück dabei nicht auch draufgegangen zu sein…“ Einen Moment lang überlagerte Schweigen die Situation. „Es… tut mir Leid…“ sagte Naoko dann ruhig. Benjamin krempelte den Ärmel wieder runter und legte einen Arm auf Naoko‘s Schultern, die durch den plötzlichen nahen Kontakt leicht errötete. „Mach dir keine Gedanken. Du bist die letzte, die sich dafür entschuldigen muss. Ließ mal weiter, da gibt es noch so einige lustige Anekdoten zu erzählen.“ Grinste er sie an und ließ sie wieder los. Den halben Flug war Naoko mit dieser Mappe beschäftigt… unglaublich, was sie so alles können sollte. 80 km/h auf Kurzstrecke laufen, Zielgenauigkeit eines Adlers, sich so leise bewegen, dass die Lautstärke der Schritte unter 0dB fällt, Krallen so scharf und stabil wie Diamanten… am besten gefiel ihr allerdings die Fähigkeit, ein Gebiet ohne es zu sehen sofort zu erfassen Die hatte sie wohl von einem blinden Wolf bekommen. Es machte ihr Spaß mit geschlossenen Augen durch den Flieger zu spazieren und die Stewardessen zu ärgern. Sie wusste genau wo sie sich befanden, tat aber so als könnte sie sie nicht sehen und wich erst im allerletzen Moment aus. Benjamin hatte seine liebe Mühe den Spieldrang Naoko’s zu unterbinden. Schließlich wurde Naoko müde… kein Wunder auf einem so langen Flug. Draußen konnte man langsam die Sonne verschwinden sehen. Um Naoko zu beweisen, dass sie wirklich die Farbe wechselte, versuchte er sie mit allen Mitteln wach zu halten. „Komm schon, Naoko… es wird auch nicht mehr lange dauern.“ Grinste er die überaus müde drein schauende Naoko an. „Da wird gar nichts passieren sag ich dir…“ – „Wenn du dir da so sicher bist, können wir ja eine Wette draus machen.“ Naoko sah Benjamin fragend an. „Eine Wette…? Ach ja um was denn?“ – „Pass auf, wenn ich mich irre und du wirklich nicht die Farbe wechselst sorg ich dafür, dass du einen persönlichen Butler in dein Haus kriegst.“ – „Einverstanden!“ Benjamin sah Naoko verdutzt an. „Ja aber… willst du denn nicht wissen, was ich krieg, wenn ich gewinne?“ – „Nö… weil du nicht gewinnen wirst… Fabre wechseln… sowas ist unmöglich.“ Benjamin musste wieder grinsen. „Na dann, schauen wir doch mal. Lange wird es jetzt nicht mehr dauern.“ Langsam versank die Sonne am Horizont und schwupp… „Das… ist doch nicht möglich…“ Das Victoryzeichen machend triumphierte Benjamin. „Gewonnen!“ Naoko hatte tatsächlich die Farben gewechselt, sie war fassungslos. „Das heißt ich darf mir was wünschen.“ Freute sich Benjamin. Naoko war niedergeschlagen… sie hasste es so zu verlieren und sich dabei auch noch zu blamieren. „Na gut… was willst du denn?“ sagte sie, den Blick nach draußen gewandt. „Hm… schwierig… ich würde dich ja zwingen das Kleid nochmal an zu ziehen.“ Grinste er. „ aber ich weiß ja, dass du das überhaupt nicht mögen würdest.“ Naoko blitzte ihn böse an. „Du hast das doch nicht etwa mitgenommen?“ Oh je, ertappt. Benjamin versuchte sich raus zu reden. „Hähä, ach was so ein Unsinn! Sieh mal da kann man Wolken sehen. Wie spät ist es eigentlich?“ Naoko knurrte in sich herein, beließ es jetzt aber dabei. „Okay, ich weiß was.“ Sie drehte sich zu Benjamin. „Ich hab die ultimative Idee.“ – „Ah so… dann raus damit?!“ – „ Also…“ er wurde leicht rot und deutete auf seine Wange. „Ein Kuss!“ Naoko hatte zunächst nicht ganz realisiert, was er grade gesagt hatte, als die Erkenntnis dann doch noch kam stieg ihr augenblicklich das Blut in den Kopf, rot wie ein Feuermelder wurde sie. „Wa-Wa-Wa-Was? Ei-Ei-Ein Kuss?“ stotterte sie und drückte sich in entgegengesetzter Richtung an die Wand. „Klar! Ein Deal ist ein Deal!“ kicherte Benjamin. Naoko’s Herz schlug so stark, sie dachte schon man würde es sehen können. »Panik! Ich kann ihn doch nicht einfach so… eigentlich kenne ich ihn doch überhaupt nicht… was weiß ich denn schon von ihm… ist es hier so heiß oder liegt das an mir???« während sie so darüber schwitzte bemerkte Benjamin, wie sehr er sie damit verunsichert hatte und musste unweigerlich laut lachen. Von seinem Lachen aus dem narkoseähnlichen Zustand gerissen sah Naoko verdutzt zu Benjamin. Dieser kam ihr nun ‚bedrohlich‘ nah, Naoko’s Herz schien gleich zu zerspringen. Er stoppte kurz vor ihrem Gesicht, sie konnte seinen Atem auf ihrer Haut spüren. Er nahm seine Hand langsam zu ihrem Gesicht hoch und… schnippste ihr kurz auf die Stirn. „Du bist ja sowas von niedlich!“ grinste er sie an. Naoko war total fertig und sank zurück auf ihren Sitz. „Wir sind quit! Dich so aus der Fassung zu bringen, das ist mehr als genug Belohnung.“ Lachte Benjamin laut. Kurze Zeit später kassierte er eine dicke Beule. „Mach das ja nicht nochmal! Ich dachte ich sterbe an ‘nem Herzinfarkt!“ keifte Naoko durchs halbe Flugzeug und war plötzlich der Mittelpunkt des Geschehens. Sie entschuldigte sich vielmals und setzte sich wieder hin. »Mein Gott wie peinlich!« dachte sie noch. Der Rest des Fluges war weitestgehend unspektakulär, Naoko schlief die meiste Zeit und Benjamin las ein Buch. Endlich angekommen in Japan ging es weiter mit einem Mietwagen. Naoko war noch ziemlich müde und schlief die meiste Zeit der Fahrt obwohl Snatcher die ganze Zeit wie ein Wasserfall darüber meckerte, wie langweilig es in dem Frachtraum gewesen war. Es wurde langsam hell als sie das Haus schließlich erreichten. Der Weg dahin war nicht geteert es holperte also ziemlich wovon Naoko auch wieder wach wurde. Naoko konnte kaum fassen, dass das da jetzt –ihr- Haus war. Sie stieg langsam aus und sah es sich an. Die aufgehende Sonne malte Schatten überall drauf. „Hm.. das Auto und das Motorrad werden erst später geliefert…“ sagte Benjamin während er zu Naoko herüber ging. „Und? Gefällt’s dir?“ Naoko senkte kurz den Kopf. „Was denn? Gefällt es dir etwa nicht?“ Naoko sah schnell wieder auf mit einem breiten Lächeln „Das fragst du noch? Ich find es toll!“ sie lief los um sich das Haus näher an zu schauen, Snatcher hinterher. Etwas überrumpelt von so einem Elan blieb Benjamin lächelnd zurück. Glücklich, wie ein kleines Kind rannte Naoko ums Haus herum, sah sich den Garten an, rannte in den kleinen Wald wo sie die kleine Quelle und den Wasserfall fand, von denen Benjamin bereits geredet hatte, ja sie kletterte sogar auf einen der Bäume um sich einen besseren Überblick zu schaffen. Snatcher landete neben ihr auf einem Ast. „Hach,… von so etwas habe ich immer geträumt… diese Stille… die Natur… keine große Stadt… als wäre ein Traum wahr geworden… und doch ist es nur ein Traum…“ – „Warum?“ – „Ich muss mich damit abfinden, ich werde nie zurück kehren können… egal, was Benjamin sagt… ich werde nie erfahren können, wer meine Familie ist…ich würde sie unnötig in Gefahr bringen…“ – „Dann suchst du dir eben eine neue Familie.“ –„Wie?“ Naoko sah Snatcher fragend an. „Ich bin gern dein Bruder.“ Lächelte Snatcher. Naoko musste lachen. Sie fand es süß, wie der kleine Rabe versuchte sie auf zu muntern. „Na, dann kann mir ja nichts mehr passieren.“ Die beiden gingen zum Haus zurück. Benjamin hatte bereits die Türen und Fenster geöffnet und winkte ihnen bereits zu. „Da seid ihr ja, ihr Rumtreiber. Ich hab uns was zu essen gemacht.“ Snatcher flog gleich vor. Er hatte einen riesen Kohldampf, da er den Flug über gefastet hatte. Benjamin hatte sich die Mühe gemacht und Kare Raisu (Curry-Reis) gekocht. Naoko liebte dieses Essen. Nach dem Essen setzten sich die Drei etwas in den Garten. „Benjamin?“ brach Naoko plötzlich das Schweigen. „Hm?“ – „du sagtest mir, ich solle Nao von mir in Kenntnis setzen… ihr aber nicht sagen dürfe, dass sie eine zweigespaltene Persönlichkeit ist… wie soll ich das machen?“ – „Gut dass du mich darauf bringst.“ sagte Benjamin und ging ins Haus. Er kam mit einer Tüte zurück. Er kramte darin und gab Naoko ein gerahmtes Bild in die Hand. „Das bin ich… als du mich so doof erwischt hast…“ grummelte Naoko. „Exakt. Die Fotos hatten noch einen anderen Hintergrund. Die Idee kam mir als ich darauf gewartet hab, dass du mit dem Kleid zu Potte kommst. Du brauchst ihr gar nicht zu erzählen, dass du sie bist. Du sagst ihr, du seist ihre Schwester.“ Zwei fragende Gesichter blickten ihn an. „Hä? Wie soll das bitte gehen? Ich habe doch gar nicht die Möglichkeit mit ihr zu reden.“ Fragte Naoko. „Das brauchst du auch gar nicht. Wir werden ihr im Haus Nachrichten verteilen. Dass du sie aufgenommen hast, als du erfahren hast was passiert sei und dass du selbst gerade nicht da sein kannst, weil nach dir gefahndet wird oder was auch immer.“ „Das wird nie und nimmer funktionieren…“ zweifelte Naoko. „Ach was! Für Beweise habe ich hier einige Bilder bearbeitet.“ Er zeigte Naoko Fotos auf der sie als Kind mit ihrem zweiten Ich zu sehen war. „Wie hast du das denn hingekriegt… und vor allem wann?“ – „Tja, ich bin von der schnellen Truppe.“ Grinste Benjamin. „Jaja… und Schweine können fliegen… ich weiß genau, dass du mich die ganze Zeit verarscht also rück raus mit der Sprache: Wer bist du wirklich?“ Benjamin blickte ertappt zur Seite. „Hm… na gut… jetzt wo wir nicht mehr in Deutschland sind…“ er setzte sich wieder neben Naoko. „Du hattest Recht, ich bin kein… ‚gewöhnlicher‘ Wissenschaftler. Mein Vater ist der Chef bei der Kriminalpolizei. Unsere Familie hat Geld wie Heu. Ich wurde damals in Iwan’s Labor geschleust um dessen Machenschaften auf zu decken… tja….“ – „Daher also das Geld für die ganzen Anschaffungen. Wissen deine Leute davon?“ Benjamin grinste verlegen „Nicht von allem. Sagen wir, sie wissen, dass ich jemandem die Möglichkeit geben will unter zu tauchen, daher sind die meisten Sachen hier von ihnen finanziert worden. Sie wissen allerdings nicht wer du bist.“ Naoko lehnte sich zurück und legte den Kopf in den Nacken. „Na, wenn das alles ist…“ – „Noch nicht ganz.“ Naoko blickte wieder zu Benjamin. „Benjamin ist nur mein Deckname… ich konnte schlecht mit meinem echten Namen dort antanzen.“ Naoko stutze leicht. „So.. und wie heißt du wirklich?“ – „Du musst mir aber versprechen es keinem zu erzählen.“ Zwinkerte er ihr zu. „Äh… o-okay…“ Er kam näher und flüsterte es ihr zu. „Tom Richard Wagner…“ Naoko lachte kurz. „Ehrlich? Klingt ja lustig.“ – „He, das ist nicht lustig…“ – „Doch! Ich denke ich nenne dich jetzt immer Herr Wagner. Als Rache für die Sache im Flugzeug.“ „Was für eine Sache?“ wollte Snatcher wissen. „Gar nichts. Hör mal… kannst du mich da nicht lieber Tommy nennen oder meinetwegen auch Richy… nur das ‚Wagner‘ … das muss aus dem Spiel bleiben… das meine ich ernst!“ Naoko war verdutzt wie wichtig Tim das Ganze war. „Hm na gut, dann eben Tommy.“ lachte Naoko laut hals. ‚Tommy‘ sah auf die Uhr. „Hm… ich muss dich jetzt leider erst mal mit Snatcher hier allein lassen…“ Naoko war überrascht. „Du bleibst nicht hier? Aber ich kenne mich doch hier absolut nicht aus…“ – „Dafür hast du Snatcher. Du solltest dir vielleicht mal seinen Teil in der Mappe noch durchlesen. Ich muss zurück nach Deutschland… die schöpfen sonst Verdacht. Ich werde dich aber so bald wie möglich wieder besuchen. Und denk daran was ich dir gesagt habe: Tu als wärest du ihre Schwester!“ mit diesen Worten verschwand er schnell um die Ecke des Hauses. Naoko lief ihm noch nach, hörte aber nur noch, wie die Autotür zu fiel und Tom mit dem Wagen fort fuhr. „Na schönen Schrank auch… lässt mich hier sitzen…“ Naoko ging ins Haus und suchte nach einem Zettel. Immerhin wusste sie nicht, unter welchen Umständen sie mit Nao den Platz tauschte, also könnte es nicht schaden ihr jetzt schon einmal etwas zu hinterlassen. Sie legte den Zettel gut sichtbar auf die Anrichte. Es war etwas still geworden und Naoko dachte sich, etwas Musik könnte ja nicht schaden. Sie machte also das Radio an, dass ihr dank viel zu laut aufgedrehter Lautstärke erst mal beinahe das Trommelfell platzen ließ. Sie schaltete ein bisschen durch die Sender und hielt bei einem Klassiksender inne. Das Lied dort kannte sie doch… ein –Orgelstück-. Kurz darauf verlor sie auch schon das Bewusstsein… Ende Kapitel 2 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)