I will bite you like a brother von Ceydrael (Warum gerade du?) ================================================================================ Kapitel 10: Und dann kam die Erkenntnis... ------------------------------------------ So, hier ist das nächste Kapitel, was ich auf deutlichen Wunsch einer Leserin rasch fertiggestellt habe. Wobei ich schon wieder mit Schlägen rechne XD Viel Spaß damit und wieder Danke für eure Kommis, die freuen mich immer besonders :) ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Ich würde es Dante sagen. Auf dem Weg nachhause war ich noch fest entschlossen, genau das zu tun. Vor der Tür begannen meine Schritte zu stocken und merklich langsamer zu werden und als ich schlussendlich den Schlüssel ins Schloss steckte, fragte ich mich, warum ich gerade drauf und dran war, mein Leben zu zerstören… Moment. Eigentlich wollte ich es ja retten. Oh verdammt, ich konnte das doch nicht wirklich bringen… Ich konnte doch nicht einfach in unsere Wohnung spazieren, mir Dante schnappen und ihm sagen, dass ich ihn liebe!? Diese Vorstellung allein war ja einfach zu verrückt. Völlig bescheuert. Das Blut schien sich aus mir verabschiedete zu haben; überall kribbelte meine Haut und ein unangenehmes Taubheitsgefühl hatte meinen Körper eingenommen, auf dem mein Kopf wie eine mit Luft angefüllte Blase zu schweben schien. Ich starrte auf unsere Wohnungstür und war unfähig, mich zu bewegen. Ich wusste, dass ich jetzt eine Entscheidung treffen musste. Isa hatte schon ganz Recht. Ich musste diese Sache für mich abschließen, um wieder normal und vernünftig weiterleben zu können. Mit dieser ständigen Sehnsucht nach meinem Bruder würde das nie funktionieren. Du kannst mir immer alles sagen, Reita. Hab keine Geheimnisse mehr vor mir. Er hatte es doch selbst gesagt! Er wollte doch alles wissen. Also würde er nun auch mit dieser Tatsache leben müssen, dass ich in ihn verliebt war, ob er nun wollte oder nicht. Zu leugnen, dass ich Angst hatte, wäre wohl vergeblich gewesen. Ich hatte furchtbare Angst, weil ich nicht wusste, wie seine Reaktion ausfallen würde. Würde er lachen? Mich mitleidig betrachten? Oder sich sogar vor mir zurückziehen? Vielleicht wäre das sogar besser, doch an diese Möglichkeit wollte ich nicht einmal denken. Dante war, so lang ich zurückdenken konnte, ein fester Bestandteil meines Lebens; ein wichtiger Teil, der mir stets Halt gab. Wie sollte es nur werden, wenn er nicht mehr da war? Egal, wie es auch laufen würde, sicher war zumindest, dass nach meinem Geständnis unser Leben nicht mehr dasselbe sein würde. Und das wollte ich eigentlich am allerwenigstens. Oh man… Ich spürte meinen Arm verkrampfen und erst da wurde mir bewusst, dass ich schon seit mindestens einer Viertelstunde völlig regungslos und zögernd vor meiner Wohnungstür stand. Ich will das nicht, schoss es mir aufbegehrend durch den Kopf. Bevor ich doch noch einen Rückzieher machen konnte, drehte ich den Schlüssel im Schloss und drückte die Tür auf. Dante musste schon da sein, was mir leise Geräusche und diesmal, überraschenderweise, unaufdringliche Musik verrieten, die mich sofort begrüßten. Beim Gedanken daran, was ich gleich tun würde, klopfte mein Herz so schnell und laut, dass mir das Dröhnen noch selbst in den Ohren klang. Kurz erfasste mich Schwindel und die Wohnung verschwamm vor meinem Blick. Das fing ja ganz wunderbar an… Bei meinem Glück würde ich noch während meines Geständnisses vor Dante zusammenbrechen, natürlich ganz unehrenhaft und weibisch. Ich setzte mühsam einen Fuß vor den anderen, legte mir schon die passenden Worte im Kopf zurecht, während ich mir nervös über die Lippen leckte. Dante, es gibt da etwas, was ich dir sagen muss. Wahrscheinlich wird es dir nicht gefallen, aber ich kann nicht länger mit dieser Last leben. Ich muss es einfach sagen, bevor ich noch wahnsinnig werde. Es gibt einen Grund, warum ich in letzter Zeit so seltsam bin und das liegt nicht nur allein daran, dass ich höchstwahrscheinlich schwul bin. Es ist so…ich… Eine helle, weibliche Stimme riss mich schlagartig aus meinen Gedanken und brachte mich rasend schnell ins Hier und Jetzt zurück. Meine Sinne funktionierten wieder überaus empfindlich und erst jetzt nahm ich den eindeutigen Duft von einer Frau wahr, die sich hier in der Wohnung aufgehalten hatte. Oder es wahrscheinlich sogar noch tat… Ich blieb im Wohnzimmer stehen, versuchte mühsam meinen davonfliegenden Verstand aufzuhalten, der sich in jenem Moment kreischend in die Lüfte schwang, als sich die Tür zum Zimmer meines Bruders öffnete. Während sich mein Kopf erneut leerte, als hätte jemand den Stöpsel zu einem Wasserbecken gezogen, trat eine dunkelhaarige Frau aus der Tür, nur mit einem Handtuch begleitet und einem leichten Lächeln auf den Lippen. Ihr Haar war offen und feucht, ein paar Wassertropfen perlten noch über ihre leicht gebräunte Haut. Das knappe Handtuch verbarg kaum ihre Rundungen und war mehr Hohn als wahre Verhüllung. Sie warf eben einen kurzen Blick zurück in das dunkle Zimmer, bevor sie mich endlich bemerkte und das Lächeln auf ihren Lippen unsicher wurde. Unschlüssig sah sie mich an und schien selbst ein wenig erschrocken, dass ich plötzlich hier stand. Mich mit eiskaltem Wasser zu übergießen hätte mich nicht mehr schockieren können, als der Anblick dieser nackten Frau in unserer Wohnung. In der Wohnung von Dante und mir… Was machte dieses Weib hier? Sie hatte hier nichts zu suchen! Das war der einzige Ort, an dem ich Dante bisher noch für mich allein gehabt hatte… Warum war sie hier? Warum war sie in dieses Heiligtum eingedrungen? Sie sollte verschwinden! Verschwinden! Sie hatte kein Recht, hier zu sein! »Oh, hey. Du musst Reita sein, Dante hat schon von dir erzählt. Entschuldige meinen Aufzug, wir hatten nicht so früh mit dir gerechnet.« Sie lächelte wieder gewinnend und kam einen Schritt auf mich zu, die schlanke Hand in meine Richtung ausgestreckt. »Ich bin Vero.« Wie kam dieses Ding dazu mich anzusprechen?! Wie kam sie überhaupt dazu, zu existieren?! Die Unsicherheit, die ich vor wenigen Minuten noch verspürt hatte, wich schlagartig einer alles verzehrenden Flamme der Wut und Trauer. Ein haltloses Zittern lief durch meinen Körper und ich spürte meine Fangzähne unangenehm gegen mein Zahnfleisch drücken. Warum…? Warum tat Dante das…? Warum brachte er diese Frau hierher; hierher in unsere Wohnung… an diesen Ort, wo er doch nur mir gehörte…?! Du kannst mir immer alles sagen, Reita. Hab keine Geheimnisse mehr vor mir. Lügner! Alles Lügen! Nichts konnte ich ihm sagen. Er hatte mich verraten. Mich und meine Gefühle verraten. Ihm war nichts heilig, ganz und gar nichts. Wie hatte ich bloß glauben können, dass ihm etwas an mir liegen würde… dass ihm mehr an mir liegen könnte, als die Gefühle eines Bruders. Die Frau blieb unschlüssig vor mir stehen und ließ ihre Hand nach einer Weile wieder sinken, da ich noch immer keine Anstalten machte, mich auch nur in kleinster Weise zu bewegen. Ihr Lächeln verrutschte wieder unsicher und fast hilfesuchend sah sie zu Dantes Zimmertür zurück. Sieh dort nicht hin! Er gehört dir nicht! Spiel dich nicht auf, als würde er dir gehören! »Nun, ähm…« Ich wollte sie töten. Noch nie hatte ich solchen unbändigen Hass verspürt wie in Gegenwart dieser halbnackten Fremden, die so selbstverständlich und unverschämt in mein Leben geplatzt war. Ein raues Knurren stieg aus meiner Kehle auf, welches ich nur sehr mühsam zurückhielt, um sie nicht wie ein wildes Tier anzufauchen. Man hatte mir so plötzlich und unvermittelt den Boden unter den Füßen weggezogen, dass ich schlicht und ergreifend nicht mehr wusste, was ich tun sollte. Es hatte mich doch so viel Überwindung gekostet, hierher zu kommen, um Dante endlich meine Gefühle zu gestehen… Und dann das!? Vero schien wohl zu spüren, dass in mir ein chaotischer Sturm tobte, der sich sicher auch in meinen hellen Augen spiegeln musste, denn sie wich langsam und mit gequältem Lächeln vor mir zurück. »Dante…« Ihre Stimme hatte einen dringlichen Unterton angenommen und doch schien sie noch recht gefasst. Wieder stieg mir ihr Geruch in die Nase und ein wenig verblüfft musste ich feststellen, dass sie ebenfalls ein Vampir war. Was hatte das zu bedeuten? Mein Bruder erschien nun auch endlich auf der Bildfläche, erfasste die Situation mit einem raschen Blick und wollte zu mir herüberkommen, doch ich sprang förmlich vor ihm zurück. »Reita…« »Was macht sie hier?« zischte ich und deutete anklagend auf die Frau, die sich sogleich hinter meinen Bruder gestellt hatte. Als hätte sie ein Recht, diesen Platz zu beanspruchen… »Was ist mit der Regel, dass keine Frauen in unsere Wohnung mitgebracht werden? Hast du die vergessen, Dante? Oder setzt du dich jetzt nach Belieben über jede Regel hinweg?« spie ich ihm entgegen. »Reicht es nicht, dass du jede Nacht eine andere flachlegst? Musst du sie nun auch noch mit hierher bringen? In unsere Wohnung?« Wo du nur mir gehörst, hätte ich fast noch angefügt. Mein Bruder zuckte leicht unter meinen Worten zusammen, hatte sich jedoch recht schnell wieder gefangen und kam nun zielstrebig auf mich zu, während Vero das Handtuch krampfhaft über ihren Brüsten festhielt und recht betreten dreinsah. »Reita, jetzt beruhig dich mal wieder. Es ist nicht so, wie es vielleicht aussieht, okay?« versuchte Dante beschwichtigend auf mich einzureden. Er hatte meine angespannte Haltung und das Funkeln in meinen Augen rasch erfasst und richtig gedeutet. Seine Hand schnellte vor und wollte mich am Arm ergreifen, doch ich schlug seine Finger mit einem Knurren beiseite. »Fass mich nicht an! Ich hasse dich, Dante!« Jetzt sah ich sehr deutlich das verletzte Zurückzucken, den Schmerz in seinen Augen und die plötzliche, krampfhafte Härte in seinem Gesicht. Das war ein Punkt, der deutlich an mich ging. »Reita, lass mich doch erklären-« versuchte er es erneut, doch ich schnitt ihm das Wort ab. »Steck dir deine Erklärungen sonst wohin, Dante. Ich bin weg…« Mit diesen Worten drehte ich mich auf dem Absatz um, würdigte weder ihn noch die Frau eines weiteren Blickes und schnappte meine Jacke. Meine Finger zitterten so sehr, dass ich die Wohnungstür fast nicht aufbekommen hätte. Die Tränen kamen schneller als gedacht, nahmen mir die Sicht, während ich nun fast verzweifelt meinen Schlüssel packte und die Tür fahrig aufriss. »Reita! Wo willst du hin?« Dantes Stimme hatte einen alarmierten, fast furchtsamen Unterton angenommen, als hätte er Angst, dass ich nicht zurückkommen könnte. Und in jenem Moment verspürte ich auch wenig Lust je wieder einen Fuß in seine Richtung zu setzen. »Weg von dir… nur weg von dir!« schleuderte ich ihm mit einer Stimme entgegen, die verzweifelter gar nicht hätte klingen können. Ich sah mit zornigem und tränennassem Gesicht zu ihm zurück und bemerkte mit unschöner Genugtuung, dass er schockiert erstarrte. Dann zog ich die Wohnungstür mit einem Knall zu und lief kopflos die Stufen zum Ausgang hinab. Ich konnte Dante bald hinter mir hören wie er immer wieder meinen Namen rief, doch ich sah nicht mehr zurück. Ich rannte und rannte, bis mir die Lungen brannten, völlig ziel- und planlos. Nach der anfänglichen Verzweiflung blieb nur noch die Wut; heiße, hässliche Wut, die meine Sinne rasend schnell vernebelte und mir logisches Denken für jenen Abend völlig unmöglich machen sollte. Ich hatte es ihm wirklich sagen wollen. Ich hätte ihm mein Herz offenbart, ihm meine Gefühle zu Füßen gelegt… und was tat er?! Er zerstörte das letzte bisschen an Hoffnung, was ich noch in mir getragen hatte; beschmutzte den letzten Rest von Gemeinsamkeit, die wir hatten, indem er eine Frau in unser Leben brachte. Er war ein Arschloch, nichts weiter. Nur ein selbstsüchtiger Idiot. Wie konnte ich ihn nur lieben? Fahrig zog ich mein Handy hervor und wählte mit zitternden Fingern Davids Nummer. Angespannt wartete ich darauf, dass er abhob. Irgendwann klickte es endlich in der Leitung und die recht verschlafene Stimme meines Freundes erklang am anderen Ende. »Hm…?« »David. Wir müssen uns treffen. Ich will trinken gehen, feiern… irgendwas. Hauptsache weg.« begann ich sofort. »Reita…?!« Ich vernahm ein leises Rascheln, dann das gequälte Stöhnen von David. »Es ist kurz vor 20 Uhr. Das geht heut nicht, Süßer. Tut mir leid. Ich hab morgen eine wichtige Vorlesung und außerdem-« »Bitte, David. Ich muss einfach raus. Ich werde sonst verrückt…« raunte ich flehend in das Handy, während meine Füße ganz von allein ihren Weg suchten. Die Aufmerksamkeit meines Freundes war mir nun gewiss. »Reita… was ist los? Du klingst ja furchtbar. Ist etwas passiert?« »Ich erzähl dir alles, wenn du mit mir um die Häuser ziehst. Ich will einfach nur trinken und feiern bis ich alles vergessen habe…« wisperte ich leise und kniff die Augen zusammen, da die Tränen schon wieder hartnäckig brannten. Nun schien auch David die Dringlichkeit der Lage erfasst zu haben. »Okay. Ich zieh mich schnell an. Wir treffen uns in einer halben Stunde vor dem Fiddlers.« Ein Hauch von müder Erleichterung breitete sich in mir aus. »Danke, David.« Diese Nacht wurde wirklich lang und war am Ende meiner Erinnerung so verschwommen, dass ich nicht mehr genau sagen konnte, wohin es David und mich am Laufe des Abends immer wieder verschlagen hatte. Wir tranken eine Menge, wir tanzten viel, bis uns der Atem ausging, waren immer wieder von Frauen sowie auch Männern umringt und ließen uns in den Sog von Vergessen und Freiheit ziehen, den eine schier endlose Nacht unter Fremden versprach. Ich war wie in Trance, völlig neben mir und doch noch zu sehr in mir, sodass ich den Schmerz und die Wut nicht ganz ausblenden konnte, die mein Herz hartnäckig im Griff hielten. Immer wieder schwappte eine Welle von Verzweiflung um meine Füße, wanderte meine Beine hinauf und umklammerte mich mit stahlharter Faust. Dante… Es tat so verdammt weh, wenn ich mir ausmalte, was er mit dieser Frau getrieben hatte… Um auch die restlichen Gedanken an meinen Bruder endgültig zu ersticken, ertränkte ich meinen Frust leichtsinnig in Alkohol und lauter Musik, was sogar irgendwann funktionierte. Am Ende des Abends klebte ich an den Lippen irgendeines Typen, ließ mich von ihm begrabschen und wild küssen, auch wenn die Leidenschaft meinen Körper nie erreichen würde. Eher mechanisch als wirklich genüsslich ließ ich diese Behandlung über mich ergehen, nur mit dem Ziel vor Augen, meine Gedanken davon abzuhalten, zu jener einen Person zurückzukehren. David hatte ich nur von einem Streit mit Dante erzählt. Diese Liebe zu meinem Bruder würde ich eh begraben müssen, als brauchte ich auch meine Freunde nicht weiter damit belästigen. Fast beiläufig erwähnte ich noch meine offensichtliche Homosexualität und traf bei David, wie zu erwarten, nur auf Verständnis. Der Morgen begann bereits zu dämmern, als ich mich irgendwann wieder auf den Heimweg machte, diesen schmachtenden, blonden Typen namens Sven an meiner Seite, der schon den ganzen Abend meine Mundhöhle ausgelotet hatte wie ein übermütiger Forscher. Nun hatte er einen Arm besitzergreifend um mich geschlungen und grinste fast dümmlich auf mich herab, als ich meinen Wohnungsschlüssel aus der Tasche zog. Wahrscheinlich stand ihm der Sinn danach, noch ganz andere meiner Körperregionen zu entdeckten und sein Grinsen ließ vermuten, dass er guter Dinge war, dass seine Hoffnungen nicht enttäuscht werden würden. Mir war eh alles egal. Von mir aus würde ich mich jetzt auch von diesem Kerl flachlegen lassen; ein herzloses, stumpfes erstes Mal mit einem Mann, an dem ich sicher so viel Freude haben würde wie andere an Fußpilz. Mein Körper war vollkommen taub und fühlbar leicht wie eine Feder, mein Verstand umwölkt von Alkohol und Teilnahmslosigkeit. Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt, überhaupt wieder zu der gemeinsamen Wohnung mit Dante zurückzukehren. Doch ein diabolisches Stimmchen wollte meinem Bruder sein Tun mit gleicher Münze heimzahlen. Wenn er schon Frauen einfach mitbringen konnte, so würde ja auch ich meine Liebschaften mit in mein Zimmer lassen können. Sollte er sich doch aufregen. Ich schloss die Tür auf und taumelte in den Flur, da Sven den stürmischen Liebhaber mimen wollte. Gierig umschlang er mich von hinten, begann meinen Nacken mit sabbernden Küssen zu übersähen, während seine fahrigen Hände schon unter mein Hemd rutschten. »Du bist echt ´ne Wucht, Reita…« murmelte er undeutlich. Den Anflug von Abscheu, den ich kurz verspürte, schob ich vehement von mir. Ich wollte mich gerade zu meinem ungeduldigen Begleiter umdrehen, als ich ein Knurren in der Dunkelheit vor uns vernahm. Sven schien es nicht gehört zu haben, doch ich war sofort angespannt. Meine Augen durchforsteten die Dunkelheit, gewöhnten sich rasch an das dämmrige Licht in der Wohnung und im nächsten Moment versteifte ich mich erschrocken. »Alles okay…?« nuschelte Sven in mein Haar, seine Hände gingen noch immer auf meinem Körper auf Wanderschaft. Nichts war okay. Dante hockte geduckt wie ein Raubtier in einem der Sessel des Wohnzimmers, um ihn unzählige Flaschen und ein zum Bersten gefüllter Aschenbecher; seine Augen waren glühende Höhlen aus ungezähmter Wut, die sich sehr offensichtlich auf meinen blonden Begleiter fixierte, dessen Hände zu meiner Hose rutschten. Bei dieser Bewegung bleckte Dante die Zähne, sodass seine Fänge hell in der Dunkelheit leuchteten. Erneut erscholl dieses tiefe Grollen; er spannte sich merklich an. Ach. Du. Scheiße. Ich war schlagartig hellwach, verschwunden waren der Nebel des Alkohols und die gleichgültige Taubheit. Sven musste weg. Dante würde ihn töten. Dieser Gedanke war so klar in meinem Kopf, als hätten sich eben die Wolken davor zurückgezogen. Ich wollte Sven soeben rückwärts wieder aus der Tür schieben, doch Dante kam mir zuvor. Ich hatte noch nie gesehen, dass sich jemand so schnell bewegen konnte. Nicht mal ein Vampir… Mit einem Fauchen war mein Bruder bei uns, riss meinen Begleiter förmlich von mir los und schleuderte ihn zur Tür hinaus, sodass er mit einem Schnaufen hart an der gegenüberliegenden Wand landete. Sofort setzte Dante nach, hob den völlig verwirrten Sven an der Kehle wieder auf und presste ihn knurrend gegen die Wand, sodass ihm kaum genug Platz zum Atmen bleiben würde. Mein Bruder bot einen erschreckenden Anblick in seiner Wildheit; sein angespannter, kräftiger Körper ließ keinen Zweifel daran, dass er Blondie mit einer Hand in der Luft zerreißen konnte. Seine Fänge ragten drohend aus seinem Mund, während er sich gefährlich nah an den zu Tode erschrockenen Fremden beugte. »Hände weg von dem, was mir gehört.« zischte Dante mit unverhohlenem Hass. Ich stand wie erstarrt noch in der Wohnung, völlig überrumpelt von dem Geschehen und den Worten, die mein Bruder da eben von sich gab. War er jetzt völlig wahnsinnig geworden? »Dante…lass ihn los! Du bringst ihn ja um!« rief ich wütend und hilflos, da Svens Gesicht schon eine tiefrote Färbung angenommen hatte und seine Finger fahrig und kraftlos versuchten, Dantes Hand von seiner Kehle zu schieben. Mein Bruder spannte sich bei meiner Stimme noch mehr an und für einen Augenblick war ich mir wirklich sicher, dass er diesen Menschen töten würde. Ohne Skrupel. Ohne Zögern. »Verschwinde…« grollte er Blondie entgegen, ließ ihn noch einmal mit Wucht gegen die Wand krachen, bevor er ihn endlich losließ. Röchelnd griff sich Sven an die Kehle, dann kroch er mit angstgeweiteten Augen aus Dantes Reichweite und floh Hals über Kopf stolpernd die Treppen hinunter. Ich konnte nur hoffen, dass der liebe Sven sich nicht an die seltsamen Zähne meines Bruders erinnern oder aber das Gesehene auf den Alkohol schieben würde... »Sag mal, bist du völlig bescheuert?!« Nun war es an mir, wütend zu sein. Ich baute mich in der Tür vor meinem Bruder auf, holte mit rasendem Herzen tief Luft und konnte noch immer nicht glauben, was hier eben geschehen war. Was bildete sich Dante eigentlich ein?! Warum spielte er sich jetzt so unpassender Weise als Beschützer auf?! »Geh rein…« wisperte er beängstigend tonlos und wandte den Kopf in meine Richtung, sodass ich nun in den zweifelhaften Genuss kam, seinen glühenden Blick auf mir zu spüren. Er konnte furchtbar einschüchternd in seiner Wut sein. Doch ich war in jenem Augenblick viel zu empört über sein Verhalten, um überhaupt die augenscheinliche Bedrohung zu bemerken, die von ihm ausging. Ein Schwall von Zigarettenrauch und Alkohol schlug mir entgegen und mir wurde bewusst, dass er wohl ebenso viel getrunken haben musste wie ich. Warum blieb er hier, wartete offensichtlich auf meine Rückkehr und betrank sich, um sich dann aufzuführen wie ein… ein… Eifersüchtiger Liebhaber?! Dante kam langsam auf mich zu, sah mit scheinbar mühsamer Beherrschung auf mich herab und raunte erneut: »Rein… sofort…« Wie schön, dass ich völlig unempfänglich für Einschüchterungsversuche war. »Du kannst mich mal!« erwiderte ich trotzig, wobei mein Körper von sachtem Zittern eingenommen wurde. Die ganze Anspannung der Situation ließ mich eben doch nicht kalt. »Führe mich nicht in Versuchung…« knurrte er mit belegter Stimme. Ein seltsamer Funke glomm in den eisigen Augen meines Bruders auf, während seine Finger mein Kinn grob packten und mein Gesicht zu ihm drehten. Ich starrte ihm trotzig entgegen, obwohl unsichere Schauer über meinen Rücken rieselten. Er beugte sich ein wenig tiefer, zog hörbar die Luft ein und verzog angewidert das Gesicht. Seine Fangzähne ragten noch immer aus seinen vollen Lippen. »Du stinkst nach diesem Abschaum.« Ich blinzelte verständnislos, begriff erst langsam, dass er wohl von meiner Zufallsbekanntschaft sprach. »Was soll das, Dante? Drehst du jetzt komplett ab?« Ich war zornig, unsicher und ängstlich zugleich. Mein Verstand lief nur schleppend wieder an, nachdem ich ihn den ganzen Abend über erfolgreich mit Alkohol betäubt hatte. Warum war das Schicksal nur so grausam…? Was wollte Dante denn noch von mir? Ich riss mein Kinn aus seinem Griff und versuchte ihn von mir zu stoßen, doch er fing meine Handgelenke auf halbem Weg ab und drängte mich nun mühelos in die düstere Wohnung zurück. Mit einem heftigen Knall fiel die Tür hinter ihm ins Schloss. »Ich bin es leid, Reita… so leid…« raunte er beängstigend nah an meinen Lippen, bevor ich herumgewirbelt wurde und unvermittelt die harte Wand im Rücken spürte. Der heftige Aufprall trieb mir die Luft aus den Lungen und ich keuchte erschrocken auf; sofort wurden meine Hände über meinem Kopf an die Wand gepinnt, sodass jegliche Fluchtmöglichkeit unmöglich wurde. Ich wollte eben wieder zu empörten Worten ansetzen, da spürte ich schon den harten Körper meines Bruders, der sich gegen mich drängte. Seine nächsten, rauen Worte ließen mir fast die Beine wegknicken, sodass ich nun froh war, dass er mich an meinen Handgelenken aufrecht hielt. »Ich bin es leid, mich zu verstellen, Reita. Ich werde dir jetzt zeigen, wem du wirklich gehörst, Brüderchen...« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)