Eine Herausforderung für Nioh von Caralein (vom Golfen und Tennis) ================================================================================ Kapitel 2: Phase zwei - Informationsbeschaffung ----------------------------------------------- „Nioh-kun, an die Tafel“ Es lag keine Bitte in diesen Worten und Nioh hätte sich gewundert, wenn es eines gegeben hätte. Ihr Lehrer in Mathe war kein Mann von sonderlicher Geduld. Schon seit dem ersten Tag an der Mittelschule hatte dieser Mann kein Verständnis für Nioh Masaharu. Seine grosse Schwester hatte er nur flüchtig gekannt. Masaharus Schwester hatte hingegen zu ihm kaum für Aufsehen gesorgt. Sie hatte keine Frösche in die Schultaschen der Mädchen gesteckt oder hatte das Chemielabor überflutet. Seine Schwester war eben auch ein Mädchen. Kein Wunder also, dass er nun zum Störenfried Nummer Eins geworden war. Gut, Nioh war mit dieser Position auch mehr als zufrieden. Der Name Nioh Masaharu stand für Ärger, egal ob man Schüler oder Lehrer war. Dass dies zum Nachteil für seinen jüngeren Bruder reichen würde, war ihm entweder völlig egal oder aber er fragte sich neugierig, wie sein Bruder die drei Jahre Mittelschule überstehen würde. Besonders die Jahre, die er mit ihm verbringen würde. Allerdings gab es noch ein weiteres Problem mit Nioh, der nicht gerade ein Schüler war an dem man Freude hatte. Er ging lässig mit dem Buch zur Tafel, überprüfte kurz nochmals seine Lösung, ehe er zu schreiben begann. Mathematik lag ihm recht gut. Allerdings war er in keinem der Fächer schlecht. Das war es, was viele nicht verstanden. Nichts als Flausen im Kopf, aber alle Noten waren im oberen Drittel. Ob jetzt in Mathematik, Englisch, Japanisch oder Sport. Nioh schien keines der Fächer sonderliche Mühe zu bereiten. An Elterngesprächen waren seine Noten nie ein Thema und ebenso wenig Nachhilfe. Sein Betragen hingegen sorgte jedesmal für Diskussionsstoff. Nicht, dass seine Eltern erfreut wären über seine kindischen Ideen und Streiche, aber weder Schimpfen noch Strafe schien Nioh etwas zu machen. Masaharu schien immer derselbe zu bleiben. Er lächelte so unschuldig, dass er manchmal sogar seine Mutter herum bekam, was bei seinem Vater für Haare raufen sorgte. „So in etwa“, meinte Nioh zufrieden, unterstrich das Resultat schwungvoll mit zwei etwas krummen Linien. Eigentlich wollte er zurück an seinen Fensterplatz, den das Schicksal ihm zugespielt hatte, aber die oberste Autorität des Klassenzimmers hielt ihn zurück. „Nioh-kun, es hat einen Lineal für gerade Linien“, tadelte der Lehrer. Eigentlich wusste er, dass es nichts brachte Nioh das zu sagen. Schliesslich war Nioh schlau genug das zu wissen. Das Problem war, dass es nicht mal absichtliche Provokation war. Der Junge mit dem weissen Haaren war in seinen Aktionen scheinbar nicht zielgerichtet und wenn man Nioh fragte, was er später mal machen wollte, grinste er und gab lediglich ein „Pah“ von sich. Seine Träume verriet man doch nicht einfach jedem, dachte er dann bei sich und fühlte sich dann gleich noch ein Stück besser. Träume durfte man so lange für sich behalten, wie man wollte. Kritisch beäugte der trickreiche Junge die Linie unter seinem Ergebnis, blickte dann seinen Lehrer an. „Aber die Rechnung ist korrekt, oder Sensei?“, fragte er höflich. „Ja, das stimmt, aber…“ „Dann ist es doch in Ordnung oder?“ „Das Resultat schon, Nioh..“ „Dann ist gut… hab mir schon Sorgen gemacht.“ Dass Nioh sich nun in die Rolle des besorgten Schülers begab, der nur seine Arbeit richtig machen wollte, war eine fast schon natürliche Reaktion. Nioh hatte keine Lust auf eine längere Diskussion. Das endete nur damit, dass die höhere Autorität ihn nach draussen verbannte und so konnte er nicht weiter an seinen Plänen basteln. Das Buch konnte er sicher nicht mitnehmen. Nioh hatte das Mathematikbuch nämlich auf seine ganz eigene Art entweiht. Mit Kritzeleien wie bei anderen Schülern war es bei ihm nicht getan, so dass er sich Notizen machte. Wer wie Nioh ein Fan von unleserlichen Schriften war, wusste wie wichtig es war klein zu schreiben, damit man es noch selbst entziffern konnte. Unter der Matherechnung standen in kleiner Schrift die Punkte, die er heute zu erfüllen hatte. Pläne schrieb er nie auf, aber bisweilen notierte er sich durchaus etwas. Allerdings schrieb er nicht wie Yanagi alles auf. Das hielt Nioh für unnötig und gefährlich. Wenn seine Pläne in die falschen Hände gelangten… besser nicht ausmalen wieviele Strafaufgaben er dafür bekam. Ausserdem konnte er so keinen seiner wunderbaren Pläne ausführen. Es war immer noch das Klügste alles im Kopf zu haben. „Nioh, vor die Tür“, erklang es fast etwas resigniert darüber fast keine Mathematikstunde ohne einen derartigen Befehl verbringen zu können. Wenn eine Prüfung anstand, konnte Nioh sich allerdings zurückhalten. Vielleicht weil nicht mal er eine Prüfung absichtlich vermasseln wollte. „Wieso?“, fragte Nioh zurück, der dachte, sich aus der Affäre gezogen zu haben. Hatte ihr Mathematiklehrer den Köder nicht geschluckt und liess es dabei bleiben? Vielleicht hatte er ja nur einen schlechten Tag und seine Frau war sauer auf ihn. „Wieso nicht?“, lautete die trockene Erwiderung, die doch einige Schüler zum Kichern brachte. Wie Masaharu heraushörte, grösstenteils die Mädchen.. Kein vernünftiger Junge kicherte. Abgesehen von Yukimura, aber wie bereits erwähnt, bezog der Buchou eine Sonderstellung, die ihm niemand aberkennen wollte und konnte. Fröhlich winkend verliess Nioh nun doch das Klassenzimmer. Langsam aber sicher verstand der Herr Lehrer ihn zu gut oder er war schlichtweg übersensibel geworden. Irgendwie nahm Nioh schwer an, dass Zweiteres der Fall war. Verständlich bei ihm. „Nioh-kun, du kannst wieder reinkommen.“ Der Weisshaarige hatte nicht einmal gehört, wie jemand neben ihn getreten war. Zu sehr waren seine Gedanken schon in anderen Sphären gewesen. Jenen die man gewiss nicht laut aussprach, sondern die im Stillen keimten, um dann laut aufzutauchen. Nioh sah auf und damit in ein bebrilltes Gesicht. Er konnte sein Glück kaum fassen, weswegen er nun grinsen konnte. „Der Herr Schulsprecher persönlich holt mich rein?“, fragte er mit einem Grinsen, das der Grinsekatze aus Alice im Wunderland Konkurrenz machte. Das weisse Kaninchen hatte sich gerade zu ihm verirrt. Er liebte es, wenn die Dinge sogar besser liefen als gedacht. „Ich bin nicht Schulsprecher, Nioh-kun“, erwiderte Yagyuu, der sich ruhig gab. „Ach echt? Na ja aber bestimmt im nächsten Jahr was?“, fragte der Weisshaarige weiter. „Es gibt viele, die bestens dafür geeignet sind“, antwortete Yagyuu knapp und deutete Nioh den Weg zur Tür. Er schien nicht geneigt ebenfalls hindurch zu gehen. „Was ist mit dir?“, fragte der Störenfried und fügte an, „Als Mitglied des Schülerrates hast du bestimmt Vortritt.“ Sein Gegenüber sah ihn ruhig an, antwortete korrekt: „Ich darf heute früher gehen, da man die Sitzung nicht anders legen konnte.“ Das weisse Kaninchen hatte wohl keine Zeit, dachte Nioh weiter grinsend. Interessiert beobachtete Nioh den anderen, machte keine Anstalten hineinzugehen. Wieso auch? Gerade hatten sich seine Gedankenspiele verzogen, da er ein Versuchskaninchen vor sich hatte. Eines, das sich unbeeindruckt gab. Das war nicht gänzlich neu, aber ziemlich aufregend. Ausserdem war Yagyuu genau der Mann, den er brauchte. Er war nicht aus der Ruhe zu bringen, klug und brachte die sportlichen Voraussetzungen mit. Ausserdem war er freundlich und stets pflichtbewusst. Nicht dass ihn letzteres sehr interessierte, aber es war ansonsten von Vorteil. Es gab nur einen Schönheitsfehler. Yagyuu war im Golfclub und damit wirkte er sehr zufrieden. Wenige Jugendliche interessierten sich für einen solchen Club. Es war eben ein Sport für… wie Nioh sagen würde für Langweiler und Reiche. Nicht, dass er damit Yagyuu zu nahe treten wollte, aber das war seine Sicht der Dinge und damit hielt Nioh eher selten hinterm Berg. Dafür machte es zu viel Spass zu sehen, wie die Leute empört reagierten. Man konnte wirklich sagen, dass Nioh es liebte zu provozieren. Dann fühlte er sich einfach am wohlsten. Sehr zum Leidwesen von Familie und Freunden. Und so ziemlich jedem anderen, der Nioh kannte. „Hab ich etwas im Gesicht?“, fragte Yagyuu, nicht wirklich verunsichert sondern schlicht mit dem Ton in dem man mit Nioh sprach. Mit jemandem, der stets Unsinn im Kopf hatte. Man war sich allerdings nie ganz sicher ob man gerade von ihm veralbert wurde oder ob er gerade aus einem ernsthaften Grund einen so ansah. „Nein, ich hab mich nur gefragt wie du den Schülerrat und deinen Club unter einen Hut bringst“, antwortete Nioh unschuldig, der ohnehin nicht zurück in den Mathematikunterricht wollte. Dabei mochte er Mathematik recht gerne. Er war gut darin mit Zahlen zu jonglieren, auch wenn er Kreatives genauso gerne machte. So unwahrscheinlich das klang, seine Streiche verbanden beides. Wenn er nicht so geschickt mit Zeiten, Logistik und Kreativität wäre, wären die meisten seiner Streiche nicht durchführbar. Unbestreitbar wichtig war es übrigens auch eine Menge Mut zu besitzen. Man musste für seine Vergehen gerade stehen und sie nicht anderen zuschieben. Alles andere war erlaubt. Also Leugnen, Tricksen, die Wahrheit zu seinen Gunsten verdrehen, Flüchten… es gab für Nioh immer mehr als einen Weg aus einer Situation unbeschadet rauszukommen. Das war ja das Schöne. „Ich gehe nach dem Schülerrat. Das ist schliesslich eine wichtige Verpflichtung“, erklärte Yagyuu ruhig. Das Schülerratsmitglied wusste zumindest im Ansatz wie gefährlich Nioh sein konnte. Es war besser sich nicht zu lange mit ihm abzugeben. Nichts desto trotz gab es Mädchen, die diesen Störenfried durchaus attraktiv fanden. Wieso konnte er nicht verstehen. Nioh war schlampig und das Dauergrinsen musste einen doch wahnsinnig machen. Vielleicht lag es daran, dass Mädchen ‚böse‘ Jungs mochten, weil sie glaubten ihn zu zähmen. Yagyuu hielt das bei jemandem wie Nioh für Utopisch, aber er durfte sich kein Urteil erlauben. Er kannte den Weisshaarigen dafür doch zu wenig. Aber das musste er auch gar nicht und darum wandte er sich zum gehen um seinen Pflichten nachzukommen. „Du gehst schon, Yagyuu?“, hörte er die bedauernde Stimme, deren Besitzer ihm sogar folgte. „Ja, ich muss in den Schülerrat wie schon erwähnt und du in die Klasse“, erwiderte Yagyuu und schob seine Brille hoch. Er war geduldig, aber er geriet so noch in Verzug und das obwohl man ihn hatte früher gehen lassen. „Ach, so eilig hab ich es nicht. Ich begleite dich doch gerne“, tönte es recht frech von Nioh. „Die Mathematikstunde geht weiter Nioh-kun“, wiederholte Yagyuu und war sich recht sicher, dass der andere nicht auf ihn hörte. Irgendwie hatte er das schon an ihrem ersten Schultag gespürt, als Nioh eine arme Drittklässlerin geärgert hatte. Arm nicht aus dem Grund weil Nioh sich ihr genähert hatte und sie angrinste, sondern weil sie mit ihm verwandt sein musste. Es gab doch eine gewisse Ähnlichkeit, die absolut nicht zu verschweigen war. Nioh Niina war im Gegensatz zu ihrem Bruder wesentlich ruhiger. Zumindest war sie nicht Schulgespräch Nummer Eins. „Die Mathestunde geht auch ohne mich weiter“, meinte Nioh grosszügig und schritt neben seinem neuen Opfer her. Yagyuu hatte nicht die blasseste Ahnung, was er vorhatte. Genau darum musste er vorsichtig vorgehen, sonst würde das hier in einem Fiasko enden. Das war in seiner Lage nicht wünschenswert. Dabei hatte er das heutige Training noch gar nicht einberechnet. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)