Das Glück ist Dein von Baleika (Die Rache ist Mein) ================================================================================ Kapitel 1: Die Begegnung ------------------------ „Die Nummer 4.“ „Das macht 5,80 Euro.“ Ich arbeitete seit 4 Monaten an der östlichen Tankstelle meiner Heimatstadt und war an merkwürdige Kunden gewöhnt. Doch das jemand, seinen Wagen für 5,80 Euro tankt, war mir bisher nicht untergekommen. Der ältere Mann steckte seinen Geldbeutel in die Hosentasche und wünschte mir einen schönen Feierabend. Er trug eine braune, ausgewaschene Corthose, darüber ein hellbraunes Cape mit einem kanadischen Aufnäher. Sein grauer Bart versteckte die Gesichtszüge unterhalb der Nase. Durch seine runde Bibliothekarbrille strahlten seine tiefblauen Augen. Er machte einen ungeflegten Eindruck, aber dennoch war er, viel mehr seine Augen, mir symphatisch. Neugierig sah ich zur Zapfsäule mit der Nummer vier und erwartete einen Wagen, wie den Käfer oder eine Ente, wahrscheinlich mit genauso einem verwaschenen Lack, wie seine Kleidung. Während die Kunden ungeduldig an der Kasse auf meine Bereitschaft, sie zu bedienen, warteten, gaffte ich förmlich den schwarzen, hochpolierten Dodge Charger an, in den der alte Mann an Zapfsäule Nummer vier stieg. Um 22 Uhr machte ich die Kassenübergabe an meine Kollegin und stempelte ab. Nachdem ich ihr noch viel Spaß mit den betrunkenen Jugendlichen gewünscht hatte, verließ ich durch den Hintereingang die Tankstelle. An der Rückseite des Gebäudes, stand neben den Toiletten meine Yamaha. Mein Blick folgte der dunklen Allee, in die das Breite Beet aus Asphalt gebetet war. Alle 30 Meter stand auf beiden Seiten eine Ampel, welche links den steilen Berghang am Fuße und auf der rechten Seite, die Weser beleuchteten. Die Straße verlief parallel zum Fluß und in ihm, spiegelten sich die wenigen Sterne wieder, die nicht hinter den Wolken verschwanden. Ich zog kräftig an meiner Zigarette und sah an das Kurvenende, dorthin wo die Dodge Charger mit dem alten Mann verschwand. Die Begegnung mit ihm ließ mich nicht los und ich grübelte, wie ich ihn am besten mit in meinen Roman einbringen konnte. Derzeit hatte ich nur den Minijob als Kassiererin und schrieb für einen bekannten Verlag einen Roman. In drei Monaten soll das Script bei dem Verlag sein und ich musste noch über 300 Seiten schreiben. Ich hatte mir überlegt, das Genre Fantasy zu wählen und hatte mich schlussendlich dazu auch entschieden. Meine Idee war gut, doch ich kam später einfach nicht mehr weiter und so nutzte ich die Gelegenheit, an der Tankstelle zu arbeiten. So lernte ich jeden Tag neue Personen kennen, aus verschieden Kreisen, zu verschiedenen Zeiten und das Wichtigste, mit unterschiedlichen Launen und Meinungen. Um meine Charakter formen zu können, war und ist mir das von äußerster Priorität. Nur leider, waren die meisten Kunden doch einfache und schlichte Menschen, ohne große Auffälligkeiten oder interessante Verhaltensweisen. Aber dieser alte Kerl, hatte etwas an sich, was mich nicht mehr los ließ. Es war nicht das Interesse an seiner Person, was mich so neugierig machte sondern seine Erscheinung. Während ich in meinen Gedanken den geheimnisvollen Druiden formte in Aussehen, Verhalten, Wesen und Charakter, legte ich mich in den Serpentinen der Allee tief in die Kurven. Unter mir arbeitete die Kraft von 90 Pferden und mein Knie raspelte über die Straße, bis ich mein Bike hochzog und es auf die andere Seite kippte und nun kam das andere Knie. Das riss mich aus meinen Gedanken denn ich hatte meine Kombi wieder nicht reparieren lassen. Die Knieschleifer waren schon ziemlich herunter geschliffen und lange würden diese auch nicht mehr halten. Ich bog auf die Umgehungsstraße ein und drehte den Gashahn voll auf. Ein bekannter Formel 1 Fahrer sagte in einem Interview, das er nur so schnell fahren konnte, weil er an das Kurvenende sieht und das tat ich. Ich lebte in einem Dorf mit etwas unter 28.000 Einwohnern. Holzminden war eine kleine Stadt mit drei Hauptstraßen. Also nicht besonders viel wie man sich vorstellen kann. Die Hauptstraßen trafen sich im Zentrum und jede von ihnen führte zu diversen Ämtern. Vom Amtsgericht über den Landkreis bis zur Müllabfuhr und dem Arbeitsamt, konnte man alles im Umkreis von 2 bis 3 Kilometern erreichen. Wir hatten hier eher Einbahnstraßen statt Sackgassen, denn die meisten Nebenstraßen waren mit anderen verbunden. Rechts und links von ihnen sah man die verschiedensten Baustile. In der Innenstadt waren 90 Prozent der Häuser Altbauten während sich 4 Kilometer weiter die neuen Einfamilienhäuser in Szene setzten. Die meisten Amtsgebäude entsprachen dem Baustil eines hohen Gerichts. Das Stadtbild war sehr gepflegt und die Infrastruktur lief gut. Supermärkte, Baumärkte, Boutiquen bis zum Uhrmacher. Es fehlte uns hier an nichts. Für exquisite Dinge oder eine größere Auswahl an Kleidung, musste man aber doch in die 70 Kilometer entfernten Städte fahren. Wohin das Auge blickte, sah man Wälder, Acker und Bauernhöfe. Solange kein Streit vom Zaun gebrochen wurde, verstanden sich die Menschen gut und es ließ sich hier gut leben. Durchaus war es Liebe, die ich für dieses kleine Idyll empfand. Heute waren die Häuser und Gärten in das Licht der Laternen getaucht und an wenigen, wolkenlosen Stellen am Himmel, konnte ich die Sterne sehen. Von der Umgehungsstraße hatte ich eine wundervolle Aussicht und die Straße führte direkt an den Rand der Stadt, die sich tatsächlich mittig um die Häuser schlengelte. Ferner holten mich die Gedanken an den alten Mann wieder ein. Mir war klar, dass ich ihn als geheimnisvollen Druiden einbringen würde, doch ich wusste noch nicht wie. Ich stelle mir sein bärtiges Gesicht vor, er trägt in meiner Romanvorstellung eine weiße, dreckige Kutte, deren Kapuze seine kräftig strahlenden Augen verdeckt. Um seine Hüfte war eine alter, abgerissener Strick gebunden und in seiner rechten Hand hielt er einen Stock aus Eiche. Ich denke es war Schicksal, dass ich just in diesem Moment in die Mühlenfeldstraße sah und mir sofort das schwarze Heck der Dodge Charger ins Auge fiel. Der Wagen stand auf dem Parkplatz meiner Lieblingspizzeria. Da mir der Magen knurrte hielt ich es für eine passende und mehr unauffällige Geste, mir bei Sam eine Pizza zu bestellen. Geschmeidig parkte ich die FZR 600 neben den Fahrradständern und verglich das Kennzeichen. Tatsächlich war es sein Wagen. Mein Puls raste, mein Herz klopfte in der Brust und so verweilte ich einen Moment auf meiner laufenden Maschine und versuchte durch das Milchglas der Pizzeria, die Silhoutte des alten Herrn zu erkennen, doch vergebens. Das ich sehr nervös war, brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Ich schaltete den Motor aus und nahm den Helm ab. Nachdem ich abgestiegen war, holte ich tief Luft und betrat den kleinen Raum von Sam. »Was ist, wenn er mich nicht bemerkt? Immerhin hat er keinen Grund, mir Aufmerksamkeit zu schenken« dachte ich. »Egal was ist, ich werde ihn auf sein Auto ansprechen, ich muss mit ihm reden!«. Mein Blick ruhte fest auf Sam und ich setzte mich zu ihm an die Theke. "Nabend Sam, wie geht es dir?" fragte ich bester Laune. Seine weißen Zähne blitzten auf, als er lächelte. "Mir geht´s gut, Motorradbraut. ´Ne Maxi Funghi wie immer?" Ich hasste es, wenn er mich so nannte, doch er wusste das nur zu gut. Doch anstelle etwas zu sagen, nickte ich zustimmend. "Sag, morgen beginnt das Weinfest, hast du deinen Stand wieder an der Bühne?" erkundigte ich mich. Dabei ließ ich meinen Blick durch den Raum wandern und entdeckte außer zwei jungen Männern, keine weitere Person. Es ärgerte mich ihn nicht zu sehen. "Nein, dieses Jahr nicht", seufzte Sam. "Letztes Jahr haben ein paar Teenies an meinem mobilen Bistro randaliert. Die Neuanschaffung beläuft sich auf das doppelte meiner Einnahmen und zu Zeiten der Wirtschaftskrise, kann ich mir so eine Investition nicht leisten. Wie kommst du eigentlich mit deinem Roman zurecht? Habe gehört, du hättest im Moment eine Inspiriationskrise?!" "Ich komme ganz gut voran", log ich. "Sag mal, wem gehört eigentlich die Dodge auf dem Parkplatz?" Sam grinste und nickte zu den beiden Jungs am Fenster. "Die gehört denen?!" fragte ich entsetzt, mit gehobener Augenbraue. Das passte nun mal gar nicht in meinen Plan. Ich bestellte mir noch ein Glas Apfelsaft und lehnte mich auf dem Barhocker zurück. Sam hatte seit Jahren seinen Laden nicht mehr renoviert und so wurden aus den weißen Wänden gelbe. Sein Ambiente gefiel mir trotzdem sehr gut, überall hingen Bilder aus Italien und die Thekeneinrichtung sah aus, wie die aus einem amerikanischen Schnellimbiss. Rote Bezüge für die Hocker, eine rote Thekenplatte und der Rest war aus Edelstahl. Eine interessante Mischung mit einem gut herzigen Menschen als Besitzer. Seit meiner früher Jugend war ich Stammgast bei Sam und wie am ersten Tag unserer ersten Begegnung, schob er die Pizza mit einer schwungvollen Bewegung in den Steinofen. Mit gefalteten Händen saß ich vor meinem Glas, stützte meinen Kopf auf ihnen ab und blickte zaghaft zu den beiden Männern. Sie hatten sich inzwischen noch etwas zu trinken bestellt. Der eine hatte weiße Haare mit hellblonden Strähnen. Er war ein hübscher, schlanker Kerl mit großen runden Augen, dessen Augenfarbe ich nicht erkennen konnte. Ebenso sah ich seinen Freund nur von hinten. Seine Haare waren schwarz und gingen bis zu seinen breiten Schultern. "Na, guckste den Jungs hinterher?" lachte Sam laut. Damit hatte er nicht nur mich aus den Gedanken gerissen, sondern auch die Aufmerksamkeit der Beiden auf mich gezogen. Der schwarzhaarige blickte mit seinen tiefblauen Augen direkt in meine. Der andere hob nur kurz seinen Kopf, lächelte mir ebenfalls zu und vertiefte sich wieder in seine Zeitung. Doch die blauen Augen hafteten auf mir und für mich verging eine gefühlte Ewigkeit, bis ich meinen Blick abwenden konnte. Ich fragte mich, was das wohl für Typen waren. Viele Gesichter kannte ich, doch sie konnte ich niemandem zuordnen. Waren sie neu in der Stadt, auf der durchreise? Ihrem Kennzeichen zufolge kamen sie aus Wolfsburg. "Ich lass dich mal kurz alleine, okay?", fragte Sam. "Ich füttere schnell Amy, komm mir aber nicht auf dumme Gedanken!" sagte er scherzhaft. "Mh ich komm schon zurecht" erwiderte ich mit vollem Mund. Kaum war Sam zur Hintertür verschwunden, standen die Beiden auf und legten das Geld auf den Thresen. Einer von ihnen näherte sich mir von hinten. "Hi Lizz, schön dich kennen gelernt zu haben. Wenn du Bock auf ein Rennen hast, dann beeil dich lieber." Ich verschluckte mich an meinem Stück Pizza und ohne nachzudenken, sprang ich auf und rannte zur Tür hinaus. Die Dodge brauste mit aufheulendem Motor und quietschenden Reifen davon und ich ihnen hinterher. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass sie genau wussten, wie mein Name war, wo ich wohnte, welche Vorlieben ich für die Automobilindustrie hegte, wo ich am liebsten nach der Arbeit zum Essen ging und mal ganz abgesehen von meinen Freizeitbeschäftigungen. Wäre ich an diesem Abend zu Sam gegangen, hätte ich gewusst was passieren wird? Nun Schwester, diese Frage habe ich mir immer wieder gestellt und ich kann sie nicht beantworten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)