Versklavt von MarieSoledad (Die Hölle auf Erden) ================================================================================ Kapitel 9: Irgendwie weiterleben -------------------------------- Dieses Kapitel ist jetzt nicht so spannend, es ist eher depressiv...ohne viel Action. Ich hoffe, ihr genießt es trotzdem. Und bevor irgendwelche falschen Meinungen auftauchen: Ich bin kein Emo und Seto ist auch keiner. Und ich verwende das Selbstverletzen, das ja hier viel mehr ist als der harmlose Ausdruck "ritzen", nicht nur weil es so schön dramatisch ist, sondern weil es genau die Art ist, wie ich mit so einer Situation umgehen würde ;) _________________________________________________________ 9. Kapitel Irgendwie weiterleben Nach langer Zeit ließ Seto los und deutete Joey damit an, dass er aufstehen möge, was der auch sogleich vorsichtig tat. Auch seine Wunden schienen aufgehört haben zu bluten und er wollte nicht, dass sie wieder aufrissen. Rasch räumte der Blonde das Verbandmaterial wieder ordentlich in das Kästchen, dann waren sie auch schon bereit zu gehen. Als sie das Badezimmer verließen, wartete davor ein missmutiges Pärchen. „Na endlich seid ihr fertig!“, raunzte das Mädchen sofort los. „Wir warten schon mindestens 20 Minuten“, fügte ihr Kamerad entschuldigend hinzu, bevor er auch schon in den kleinen Raum gezerrt wurde. In der folgenden Zeit sprachen sie in schweigender Übereinkunft nicht über das, was geschehen war. Sie wollten weder ständig die Erinnerungen aufleben lassen, noch, dass einer ihrer Klassenkameraden etwas davon mitbekam. Es vergingen Tage, in denen sie kaum etwas sprachen, es aber auch keine weiteren Vorkommnisse gab. Es vergingen Nächte, in denen sie sich mit dem Schlafen abwechselten, denn keiner von ihnen fühlte sich hier sicher. Sie aßen, sogar Seto ein wenig, gingen gemeinsam zur Toilette oder duschen und sonst warteten sie und beobachteten, wie ihre Kollegen abgeholt und immer stumpfer wurden. Aber wenigstens schienen sie Setos Anordnung zu befolgen. Sie hielten sich nur noch in Zweierpärchen auf und man sah sie oft miteinander reden. In Joeys Rücken tobte der Schmerz, er konnte sich nirgendwo anlehnen, sich nicht bücken und duschen war ein Qual für ihn. Seto kümmerte sich so gut es ging um ihn und sorgte dafür, dass die Schmerzen auf einem Minimum gehalten wurden. Er selbst wirkte nach Außen hin wie immer, doch Joey sah den seelischen Schmerz in seinen Zügen und wie vorsichtig er seine Arme bewegte. Wie sie es schafften, einfach weiterzuleben, wussten beide nicht. Aber es gab keine Alternativen. Die Tage rauschten in einem Einheitsbrei vorüber, verschwammen ineinander, nur strukturiert durch die Mahlzeiten dreimal täglich. Seto sprach nie über seine Vergewaltigung und Joey wagte es nicht, das Thema anzuschneiden. Der Braunhaarige fragte auch nie nach Joeys Erlebnissen. Vermutlich hatte er anfangs genug gesehen, um seine Schlüsse ziehen zu können. So schwiegen sie sich an. Immerhin war es für beide – so weit in dieser Situation möglich – entspannend, sich nicht mehr verstellen zu müssen. Joey nicht als der ewig fröhliche Strahlemann und Klassenclown, Seto nicht als der souveräne, arrogante Konzernleiter, der immer die Oberhand behielt. Nach außen hin kalt war er aber noch immer. Joey vermutete allerdings, dass das Selbstschutz war. Einfach die Gefühle generell abtöten, dann konnten Erniedrigungen nicht mehr weh tun. Auch er kannte diese Taktik, wenn er sie auch nie so zur Perfektion gebracht hatte wie sein Partner. Diese Tage verbrachte Joey in einem Taumel aus Schmerz und Angst. Angst davor, wenn sie wiederkämen. Davor, die Rolle des Rebellen weiterspielen zu müssen. Angst vor neuen Schmerzen. Angst, irgendwann tatsächlich zu zerbrechen. Die Angst machte ihn fast verrückt, nur still sitzen aber nichts dagegen tun zu können, aber sie hielt ihn auch in der Realität. Verhinderte, dass er einfach in die Leere abdriftete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)