Scream in the sphere of destiny von Ceydrael (Wage den Schritt hinaus) ================================================================================ Kapitel 23: Unumstößliche Wahrheit ---------------------------------- Kaito lebte also in den nächsten Tagen und Wochen mit unter meinem Dach. Lisa hatte sich nach ihrer anfänglichen Skepsis recht schnell mit der Situation und dem jungen Japaner abgefunden. Vielleicht entwickelte sie sogar so etwas wie Muttergefühle für Kaito, da ihr sein Schicksal doch irgendwie zu Herzen ging. Begeistert war sie natürlich immer noch nicht darüber, dass ich ihn einfach hier einquartiert hatte, doch Kaito wurde rasch fast zu einem Teil der Familie. Er war stets nett, half im Haushalt und kümmerte sich rührend um Colin, wenn dort Not am Mann war. Selbst Susan gab er Nachhilfe in problematischen Fächern, das alles noch neben seiner Schule, der Arbeit im Tierheim und den Stunden in der Kanzlei. Ich hatte ihm einen kleinen Praktikantenjob organisiert, der meist das Sortieren von Akten und das neu Katalogisieren des Archives beinhaltete. Der junge Japaner machte seine Arbeit gewissenhaft, war fleißig und ehrgeizig. Ich fragte mich nicht selten, wie dieser Junge das alles schaffte. Die Schule nahm viel Zeit in Anspruch, trotz allem half er weiter Elene mit den Tieren und brachte selbst in der Kanzlei höchste Leistung. Und auch zuhause konnte niemand ein schlechtes Wort über ihn verlieren. Colin hatte einen wahren Narren an Kaito gefressen; der Kleine sah ihn wohl schon als älteren Bruder. Selbst Susan legte ihr flegelhaftes Verhalten ab und bemühte sich verdächtig viel für die Schule und um gutes Benehmen. Mir war klar, dass das allein Kaito’s Verdienst war, der diese Wandlung bei meiner Tochter hervorgerufen hatte. Wie sie Kaito immer öfter ansah, mit diesen glänzenden Augen, ging mir durch Mark und Bein. Meine Tochter entwickelte nicht nur rein freundschaftliches Interesse an dem jungen Japaner. Verwunderlich war es ja nicht. Kaito sah verdammt gut aus, er war intelligent, zäh und trotz allem trug er diesen Hauch Verletzlichkeit mit sich, der jedes Frauenherz wohl aus Beschützerinstinkt anschwellen ließ. Unter anderen Umständen hätte ich mich für Susan gefreut. Doch nun war alles anders. Kaito gehörte mir. Nur mir. Scheiße, ich war eifersüchtig auf meine eigene Tochter. Sie konnte sich ihm unbefangen nähern, ihn immer wieder scheinbar unbeabsichtigt berühren und mit ihm offen lachen, selbst wenn Lisa in der Nähe war. Sie musste das begehrliche Glimmen in den Augen nicht verbergen. Niemand würde sich an der Verliebtheit eines jungen Mädchens empören. Kaito hatte die zarten Annäherungsversuche meiner Tochter auch bemerkt. Höflich hielt er sie auf Abstand, ohne abweisend zu wirken. Für mich war es reinste Folter. Pure Qual, Tag für Tag. Es dauerte nicht lang und ich wusste, dass dies mein größter Fehler gewesen war, Kaito hier wohnen zu lassen. Ich hätte das nie zulassen dürfen. Ich hätte nie zulassen dürfen, dass es so weit kam. Ich wurde fast wahnsinnig vor Sehnsucht nach dem jungen Japaner und in den dunklen Augen Kaito’s konnte ich lesen, dass die ganze Sache auch an ihm nicht spurlos vorüber ging. Er lächelte stets und war freundlich zu meiner Familie. Doch dieses Lächeln und seine herzliche Art war mehr als gespielt. Meine Familie konnte er zwar täuschen, doch mich nicht. Seine Augen verrieten ihn. Sie zeigten seinen Schmerz. Ich hatte uns beide in eine Falle gelockt. Ich hatte uns beide zu Schmerz verdammt. Himmel, ich war so ein dämlicher Idiot. Ich sah Kaito leiden. Er litt wie ich selbst. Doch er war kein so unbedachter Mensch wie ich, dass er mit falschen Worten oder Taten alles zum Einsturz gebracht hätte. Wir versuchten beide die Illusion der Freundschaft aufrecht zu erhalten, während ich für Lisa und die Kinder weiterhin heile Familie spielte. Ich erwischte Kaito nur selten noch allein und ich spürte, wie er mir immer mehr entglitt. Er schien mir fast förmlich aus dem Weg zu gehen und mied meinen Blick. Alan, was hast du erwartet? Dass er sich weiter einfach verarschen lässt? Denn genau das tust du. Du verarschst ihn. Du hast ihm deine Nähe und deine Gefühle versprochen. Doch alles, was du ihm gibst, ist eine Lüge und Schmerz. Entscheide dich endlich! Sonst wirst du ihn verlieren. Ich wusste, dass es so nicht weitergehen konnte. Ich verlor Kaito’s Herz, je mehr ich meiner Familie vorspielte, dass alles in Ordnung war. Meine scheinbar heile Welt zerbröckelte unter meinen Fingern. Alan, du kannst nicht alles haben. Begreif das endlich. Du kannst Lisa nicht glücklich machen und nebenher erwarten, dass Kaito ewig auf dich wartet. Die Zeit lief gegen mich. Weihnachten stand irgendwann vor der Tür; der Schnee war rasch zurückgekehrt und bedeckte das Land mit seiner weichen Kälte, die Märchen und Träume versprach. Zu träumen wagte ich schon lang nicht mehr. Ich fuhr noch am Morgen des 24. Dezembers in die Stadt, um Geschenke für meine Familie zu besorgen. Auch für Kaito fand ich etwas. Die Wahl von dessen Geschenk fiel mir nicht wirklich schwer. Eine Gitarre lachte mich förmlich aus dem Schaufenster eines Musikgeschäftes an. Mir war noch in Erinnerung geblieben, dass Kaito’s Gitarre von seinem Stiefvater zerstört wurden war. Seitdem hatte er nicht mehr gespielt. Ich hoffte, er würde sich freuen. Ich hoffte, er würde durch dieses Geschenk vielleicht meine wahren Gefühle erkennen und mir irgendwie vergeben können. Oh Alan, du bist so dumm. Wirklich. Denkst du tatsächlich, mit einem Geschenk kann man sich ein Herz erkaufen? Ich glaube nicht, dass Kaito ein Geschenk will. Alles, was er will, sind diese bedeutsamen drei Worte von dir, Alan. Lisa hatte unser Haus festlich und stimmig geschmückt, Susan und Colin waren in heller Aufregung. Kaito sah ich bis zum Abend nicht, er hatte sich in sein Zimmer zurückgezogen. Das Abendessen nahmen wir eher schweigend zu uns; über den Tisch hinweg suchte ich immer wieder Kaito’s Blick, doch er starrte auf seinen Teller und wieder einmal war an seiner Miene keine Regung zu erkennen. Für die Bescherung hatten wir uns im Wohnzimmer versammelt; ein großer, schön geschmückter Baum beherrschte den Raum und glänzte neben dem Kamin in traumhaftem Licht. Ja, ich war kurz versucht, meine Sorgen zu vergessen. Dass dieser Abend allerdings ganz anders verlaufen würde, als ich es vielleicht gehofft hatte, das konnte ich da noch nicht ahnen. Wir setzen uns also im Kreis vor den Weihnachtsbaum und packten, vom Prasseln des Kaminfeuers begleitet, unsere Geschenke aus. Susan hatte sich an diesem Abend besonders reizvoll herausgeputzt und natürlich sogleich den Platz neben Kaito beansprucht. Ich versuchte, das eifersüchtige Drängen in mir zu ignorieren, was mit eher mäßigem Erfolg gekrönt war. Die nächsten Minuten liefen seltsam verzerrt wie in Zeitlupe vor mir ab, sodass ich jede Regung, jedes Wort und jeden Blick mehr als überdeutlich wahrnahm. Lisa hatte von mir eine Kette bekommen, die sie sich auch sogleich gerührt umlegte und mir um den Hals fiel, damit sie mir einen Kuss auf die Wange drücken konnte. Ich versteifte mich unwillkürlich und versuchte, das zu verhindern, was mir allerdings nicht gelang. Kaito hatte inzwischen die Gitarre aus dem Papier befreit und auf seinen Schoß gelegt, den Blick darauf gesenkt, wobei ich das Funkeln seiner Augen unter den Haarsträhnen überdeutlich sehen konnte, als er mich in jenem Moment genau fixierte. Susan war begeistert und drückte Kaito ebenso an sich in einem Anfall von jugendlicher Begeisterung. »Cool, eine Gitarre. Kannst du spielen, Kaito? Das musst du mir unbedingt-« Meine Tochter brach erschrocken ab, als der junge Japaner aufsprang und die Gitarre mit einem lauten Missklang gegen die steinerne Wand des Kamines schleuderte. Susan rutschte sofort von Kaito ab und sah ihn an, als wäre er völlig wahnsinnig geworden. Selbst Lisa blickte völlig entsetzt auf den Jungen, ließ die Arme von mir sinken und hatte sichtlich Mühe, zu begreifen, was eben geschehen war. »Kaito…was sollte das denn…!?« brachte sie fassungslos heraus. Niemand hätte mit dieser Reaktion des jungen Japaners gerechnet. Der sonst so stille und beherrschte Kaito keuchte aufgebracht, seine Augen glühten in Schmerz und Verzweiflung, während er allein mich ansah und mit seinem Blick verurteilte. »Es reicht. Es ist genug…« raunte er mit unterdrückten Gefühlen und drehte sich auf dem Absatz um, dann stürmte er die Treppen zum Obergeschoss hinauf. »Kaito! Komm sofort zurück!« Lisa hatte sich schon erhoben, doch ich hielt sie am Arm zurück, rappelte mich selbst auf und drückte meine Frau zurück auf den Boden. »Bleib hier.« »Alan…« Lisa sah nun noch verwirrter aus als vorher. »Was hat er denn? So kenne ich ihn gar nicht.« »Es ist meine Schuld…« gab ich betreten zu und stürmte ebenso die Treppe hinauf. Kaito´s Zimmertür war verschlossen. Ich hämmerte dagegen, erst noch geduldig, dann doch mit Nachdruck und wachsender Verzweiflung. »Kaito. Mach auf. Bitte.« Ich hörte undefinierbare Geräusche von drinnen, das Klappern von Schranktüren und hastige Schritte. »Kaito!« »Verschwinde, Alan!« Diese Worte trafen mich wie Faustschläge hart und unnachgiebig. Meine Seele schien zu bluten; mein Herz in frostige, erstarrte Teile zu zerspringen. Nein. Tu mir das nicht an, Kaito. Schick mich nicht weg von dir. Ich hämmerte weiter gegen die Tür, meine Stimme schraubte sich in leichter Verzweiflung nach oben. »Kaito. Mach auf! Bitte…« Stille. Dann das Drehen des Schlüssels im Schloss. Ich riss die Tür völlig hektisch auf, sah mich Kaito gegenüber, der seine wenigen Habseligkeiten gepackt hatte und im Begriff war, zu gehen. »Kaito…« Ich trat auf den Jungen zu, versucht ihn in meine Arme zu schließen, doch er stieß mich von sich. Seine Augen waren so schmerzerfüllt, dass ein paar vereinzelte Tränen aus den Augenwinkeln rollten. Der schlanke Körper des jungen Japaners zitterte und ich konnte den Kampf der Gefühle in ihm überdeutlich nachempfinden. »Dachtest du, mit einem Geschenk wäre alles geregelt? Alles geklärt?« Kaito schien mich förmlich mit seinem gepeinigten Blick aufzuspießen. »Ich werde gehen, Alan. Ich…ich kann nicht mehr. Ich kann das alles hier nicht mehr ertragen.« Schon hatte er seinen Rucksack auf den Rücken geschwungen und sah mich nicht mehr an, als er versuchte, sich an mir vorbeizuschieben. Ich schnappte nach Luft, fühlte mich wie unter Wasser gedrückt und spürte das Leben langsam aus mir entweichen. Verzweifelt packte ich Kaito’s Arm und versuchte ihn aufzuhalten. Die Abweisung des Jungen war zu viel für mich. Ich durfte ihn nicht verlieren. Ich konnte ihn nicht verlieren. Alan, was hast du denn gedacht, wie lang das noch so weitergeht, hm? Kaito tut das einzig Richtige. Er nimmt dir deine Entscheidung ab. Die Entscheidung, die du schon lang hättest treffen müssen. »Kaito…nein…tu mir das nicht an…bleib bei mir…« wisperte ich erbärmlich flehend. Ich hatte kein Recht, zu betteln. Ich hatte kein Recht, Kaito’s Herz weiter einzufordern. Doch ich wusste, dass ich ohne ihn nicht mehr sein konnte. Der junge Japaner riss sich aus meinem halbherzigen Griff los, die Tränen rannen ihm nun stumm über die Wangen, während seine dunklen Raubtieraugen mir Wut und Verzweiflung entgegen schleuderten. »Ich kann nicht mehr, Alan. Ich kann keine heile Welt mehr für dich spielen und die Hand deiner Tochter halten. Ich habe es versucht…aber ich gehe kaputt daran. Ich sterbe, Alan…ich-« Er brach ab, schüttelte den Kopf, sodass ihm die dunklen Strähnen an den feuchten Wangen kleben blieben. »Ich halte es nicht mehr aus, dich nicht berühren zu dürfen….dich nicht haben zu dürfen…« Ich fühlte mich in jenem Moment so hilflos und so erbärmlich, dass mir selbst meine Stimme den Dienst versagte und allein ein wertloses »Tut mir leid« über die Lippen rollte. Kaito lachte humorlos und schmerzlich auf, während er mich zur Seite drückte, um durch die Tür zu treten. »Es tut dir leid?!….Ist das alles, Alan?« Einen letzten Blick warf mir der Junge über die Schulter zu, ein einziger, verzweifelter Vorwurf in seinen dunklen Augen. »Ich liebe dich, Alan…doch scheinbar ist das nicht genug….« Die Worte sackten langsam in mein träges Hirn. Er liebte mich… Was hast du denn gedacht, Alan? Meinst du, er hätte das alles hier über sich ergehen lassen nur wegen eines flüchtigen Ficks?! Bevor ich noch etwas erwidern konnte, stürmte Kaito die Treppe hinunter und warf meiner Familie noch einen letzten Blick zu. Dann riss er die Haustür auf und verschwand nach draußen. Ich hastete hinterher, fiel die Stufen fast hinab und lief ohne zu Überlegen in den Schnee hinaus, um Kaito zu folgen. Der Junge stieg gerade in ein Taxi, was er wohl vorhin schon gerufen haben musste. »Kaito!« Meine Stimme erklang erbärmlich und verzweifelt in der Nacht, die Schneeflocken tanzten fast hämisch um mich und legten sich neckend auf meinem Haar ab. Kaito sah nicht zu mir zurück, stieg einfach in den Wagen, welcher auch fast sofort hastig davon fuhr. »Kaito!« Ich brüllte schmerzerfüllt auf und fühlte, wie mir das Herz aus der Brust gerissen wurde und mit dem jungen Japaner verschwand. Scheiße. Scheiße. Was hatte ich nur getan? Ich hatte alles versaut. So hoffnungslos hatte ich mich noch nie gefühlt. Noch nie in meinem Leben. Ich war verloren. Ich hatte Kaito verloren. Und es war meine eigene Schuld. Lisa trat hinter mir in die Eingangstür und sah völlig verwirrt auf mich und das davonfahrende Taxi. »Alan? Was ist denn los? Warum geht er denn?« Ich drehte mich langsam wieder um, sah meine Frau eine ganze Weile an und schaffte es nicht mehr, ihr irgendwelche Geschichten aufzutischen. Ich wollte es auch gar nicht mehr. Ich spürte, wie meine Seele langsam zerbrach; wie der Schmerz über diesen Verlust anfing, mich aufzufressen. »Weil ich ein Idiot bin.« Lisa runzelte die Stirn, als ich schleppend an ihr vorbeischritt. »Was?!« Sie griff nach meinem Arm. »Kannst du mir vielleicht mal erklären, was hier eigentlich los ist?!« Leicht verzweifelte Ungeduld schwang in der Stimme meiner Frau mit. Ich blieb stehen, sah Lisa an und wusste in jenem Moment untrüglich, dass ich sie nicht mehr liebte. Die Gefühle, die ich einst für sie empfunden hatte, waren verschwunden. Ich fühlte kein Bedauern mehr darüber. Keine Reue. Nur Leere. Schmerzliche Leere. »Ich liebe ihn.« brachte ich tonlos heraus und sah meine Frau offen und ehrlich an. Es gab nichts mehr zu verstecken, nichts mehr zu verbergen. Auch wenn es jetzt vielleicht zu spät war, sie hatte die Wahrheit endlich verdient. Lisa hatte sichtlich Mühe, diese Worte zu verarbeiten. Sie blinzelte hektisch, schüttelte den Kopf, wie um ihn frei zu bekommen und sah mich dann prüfend, ja fast ungläubig an. »Du liebst ihn?!« fragte sie fast wütend, als hätte ich einen Scherz gemacht, der einfach nicht lustig war. Ich schob ihre Hand von meinem Arm und nickte. »Ich liebe ihn. Schon eine ganze Weile. Ich wollte es dir schon lange sagen, doch ich brachte es nicht fertig, weil ich Dich nicht verletzen wollte. Ich will nur noch Kaito. Ich will mit ihm zusammen sein-« Die schallende Ohrfeige meiner Frau unterbrach mich. Ich wand den Kopf zur Seite, während der brennende Schmerz auf der Wange sich in mich fraß und ließ es über mich ergehen. Zum ersten Mal stellte ich mich allem. Meinen Gefühlen, der Wut meiner Frau und den Folgen meines Eingeständnisses. Lisa hatte die Hand keuchend vor die Lippen gehoben und rang sichtlich um Fassung. Ihre Augen flackerten nervös und ungläubig. »Lügner…du lügst…« hauchte sie verzweifelt. Sie wusste, dass ich nicht log. Wahrscheinlich hatte sie unbewusst die Wahrheit die ganze Zeit über schon gespürt. »Nein. Ich lüge nicht. Es ist die Wahrheit.« Ich sah Lisa wieder an, hielt ihrem verletzten Blick stand, der noch mehr als zuvor zwischen Ungläubigkeit und Schmerz schwang. »Er ist ein Mann, Alan! Du bist doch nicht schwul! Wie kannst du ihn denn lieben? Wie…das ist unmöglich! Du liebst ihn nicht. Du….du lügst…« Die Worte meiner Frau gingen in Schluchzen unter, das sie hinter ihrer Hand zu verstecken versuchte. Ich sparte mir jegliche Worte, die um Verzeihung betteln würden. Kein ~Tut mir leid~ würde hier etwas bessern. Ich hatte viel zu lang mit der Wahrheit gewartet. Nun musste ich mit den Folgen meiner Unsicherheit leben. Mein Handy klingelte irgendwo im Haus. Sofort suchte ich danach, denn nur ein einziger Gedanke hämmerte in meinem Kopf. Kaito. Vielleicht war er es. Ich fand das Telefon unter einigen Zetteln auf dem Küchentisch und klappte es hastig auf, raunte ein flehendes »Kaito!?« in den Hörer. Meine Hoffnungen wurden allerdings zerstört, als sich Elene meldete, die nicht minder aufgewühlt klang. »Alan?! Was ist denn bei euch los, Herrgott? Kaito hat mich gerade angerufen-« Ein Funken Hoffnung entflammte in meinem Herzen. »Was hat er gesagt? Wo ist er? Kommt er zu dir?« »Nein, er hat nur angerufen, um sich zu verabschieden. Alan, er will das Land verlassen. Ich glaube, er will nach Japan zurück…« »….Nein….« Ein eisernes Band schnürte sich um meine Brust und Eiseskälte kroch mir von den Füßen in jeden Teil meines Körpers. Ich würde ihn wirklich verlieren. Endgültig verlieren. »Alan…bist du noch da?! Habt ihr euch gestritten?« »Elene. Wann….wann will er weg? Hat er das gesagt?« bellte ich hastig in das Mikro. »Es klang, als wäre er schon auf dem Weg zum Flughafen. Ich denke, er will heute noch weg.« Ich schlug mit der Faust auf den Küchentisch und wischte die Papiere darauf wütend herunter. »Scheiße!…« Elene´s Stimme klang sachlich und ruhig aus dem Telefon. »Ich weiß zwar nicht, was zwischen euch vorgefallen ist, aber wenn du ihn aufhalten willst, dann solltest du dich beeilen. Lass ihn nicht gehen, Alan. Hol ihn zurück. Du liebst ihn doch…« Ich fuhr mir mit der Hand unkonzentriert durchs Haar und nickte, mehr für mich selbst. »Ja, das tue ich…« »Dann sag es ihm endlich, Alan!« Ich war schon drauf und dran, einfach aufzulegen, da hielt mich die Stimme der alten Dame noch einmal auf. »Alan. Die Straßen zum Flughafen sind völlig dicht. Es ist Weihnachten. Wenn du noch rechtzeitig dort sein willst, solltest du auf ein Auto verzichten.« Fast konnte ich ein leichtes Schmunzeln in der Stimme der alten Frau hören. »Danke. Danke, Elene.« Ich legte auf und wand mich um, Susan und Lisa sahen mich von der Küchentür aus schweigend an, Colin schlief in den Armen meiner Frau. In Lisas Augen glänzten Tränen, Susan starrte mich völlig ungläubig an, als hätte sie nicht ihren Vater, sondern einen völlig Fremden hier vor sich. »Wirst du uns jetzt verlassen, Alan? Jetzt…an Weihnachten?« fragte Lisa mühsam beherrscht. Nun Alan, jetzt ist der Zeitpunkt der Entscheidung unumstößlich gekommen. Und wenn du dich nicht ein bisschen beeilst, ist Kaito weg. Für immer. »Verzeiht mir. Aber mein Leben ist Kaito. Ich kann ihn nicht verlieren. Ich brauche ihn. Ich liebe ihn.« brachte ich rau heraus, schob mich zwischen meiner Familie hindurch und stürmte ins Schlafzimmer, um mir hastig ein paar Klamotten überzuwerfen. Ich war mir nun sicher, dass ich meine Familie zurücklassen würde. Und das ich es endlich ohne große Bedenken konnte. Ich liebte Kaito. Und ich musste ihn aufhalten, bevor er vielleicht für immer aus meinem Leben verschwand. Denn ein Leben ohne ihn war für mich undenkbar. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)