Scream in the sphere of destiny von Ceydrael (Wage den Schritt hinaus) ================================================================================ Kapitel 17: Der Fall -------------------- Kaito fügte sich in den nächsten Stunden in sein Schicksal. Er widersprach nicht mehr, was ich irgendwo tief in meinem Innerstem schon bereute, da ich seine Lippen liebend gern noch einmal mit meinen versiegelt hätte. Musste ich mir selbst immer einen Vorwand geben, um dem Jungen ohne Reue nah sein zu können? Wahrscheinlich. Ich kaufte Kaito Sachen für eine Menge Geld. Für mich war es nichts besonderes, für ihn musste es ein halbes Vermögen sein, was ich da ausgab. Seine Augen weiteten sich ab und an verdächtig, wenn ich an der Kasse bezahlte, doch jeden leisen Protest seinerseits erstickte ich mit einem mahnenden Blick. Wenn er es eben nicht freiwillig wollte, so musste ich ihn wohl zu seinem Glück zwingen. Und ich war fest entschlossen, ihn glücklich zu machen. Das Leben, was er bisher gelebt hatte, war diesem Jungen nicht würdig. Er verdiente etwas Besseres. Etwas viel besseres. Und du meinst, du bist besser für diesen Jungen, Alan? Pass auf, dass du ihn nicht in einen Käfig sperrst. Irgendwann, nachdem wir viele Läden durchstöbert hatten und beide vollgepackt mit Beuteln durch das Einkaufszentrum stolperten, erhob Kaito doch wieder die Stimme. »Das reicht jetzt aber wirklich, Alan. Bitte. Ich…würde lieber etwas essen.« murmelte er leise und sah zur Seite. Ich wand mich beschämt zu dem jungen Japaner um. Ich hatte in meinem Wahn nicht einmal bemerkt, dass er Hunger hatte. »Okay. Gehen wir etwas essen. Worauf hast du Hunger?« Kaito sah sich suchend um und deutete dann einfach auf eine Sushi-Bar. Ich hatte noch nie Sushi gegessen, aber irgendwann war ja immer das erste Mal. Hm, du hast ziemlich viele ~erste Male~ in letzter Zeit, findest du nicht, Alan? Der erste Kuss mit einem Mann, der erste Sex mit einem Mann… Ach verflucht, halt die Klappe, dämliches Gewissen. »Gut. Okay. Dann dorthin.« Ich bahnte uns einen Weg zu dem gewünschten Restaurant und suchte uns dort einen Platz am Fenster, sodass wir auf die winterliche Stadt hinausschauen konnten. Es war Anfang Dezember und mir wurde erst jetzt bewusst, dass ich Kaito schon fast ein halbes Jahr kannte. Der rasche Verlauf der Zeit war mir gar nicht bewusst gewesen. Irgendwo in meinem Hinterkopf meldete sich wieder ein kleines, böses Stimmchen und erinnerte mich daran, dass ich noch nicht einmal Weihnachtsgeschenke für meine Kinder hatte. Das traf mich nun doch und ich betrachtete die vielen Beutel, in denen Sachen für Kaito steckten. Himmel, was war nur mit mir los? Hatte ich meine Familie wirklich vergessen? Ich hatte Lisa nicht einmal angerufen, um zu fragen, ob sie gut angekommen waren. Zögerlich ergriff ich die Speisekarte und blätterte unschlüssig darin. Ich konnte mit den Begriffen nicht wirklich viel anfangen. Kaito entzog die Karte schmunzelnd meinen Fingern. »Ich bestelle uns etwas.« Ich nickte erleichtert. »Gut. Ich habe eh keine Ahnung, was das alles ist. Ich hab noch nie Sushi gegessen.« Kaito lächelte flüchtig sein süßes, zauberhaftes Lächeln, was so selten seine Lippen zierte und streckte die Hand aus, um diese auf meine zu legen. »Es wird dir schmecken. Vertrau mir.« Alan, der Junge könnte dir doch auch Gift auftischen, du würdest es trotzdem essen, nicht? »Das tue ich.« sprach ich ernst und sah ein wenig verblüfft auf Kaito’s Finger, die so selbstständig die meinen gesucht hatten. Er folgte meinem Blick, sah einen Moment völlig reumütig aus und zog seine Hand rasch wieder zurück. Dann erhob er sich. »Ich bin schnell auf Toilette und bestell uns gleich etwas.« Damit war er schon weg. Ich vergrub das Gesicht kurz in den Händen und holte mehrmals tief Luft. Dann kramte ich mein Handy heraus und tätigte einen längst überfälligen Anruf. »Ja?« »Lisa. Ich bin es. Alan.« »Oh, das der Herr sich auch noch meldet. Welch Wunder.« Der beißende Sarkasmus traf mich stechend in der Brustgegend. »Tut mir leid. Hier ist einiges passiert. Ich…hab die Nacht im Krankenhaus verbracht.« sprach ich wahrheitsgemäß. Lisa war sofort gewandelt, ihre Stimme voller Sorge. »Was ist passiert, Alan?« »Mir nichts. Mach dir keine Sorgen. Ein Freund aus dem Tierheim wurde eingeliefert.« Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, dass Kaito langsam an den Tisch zurückkam. Doch ich konnte das Gespräch nun unmöglich einfach abbrechen. »Ich dachte schon, dir wäre etwas passiert.« tönte die erleichterte Stimme meiner Frau aus dem Hörer. »Nein, alles in Ordnung. Seid ihr gut angekommen?« Kaito nahm mir gegenüber wieder Platz, sah mich kurz an, dann wand sich sein Blick aus dem Fenster. Er nippte flüchtig an seinem Wasser, seine Züge waren wieder verhärtet wie eh und je. »Ja. Wir hatten ein paar mal kürzere Staus durch den plötzlichen Schnee, aber sonst ist alles gut. Die Kinder vermissen dich, Alan…« fügte Lisa leise an. Ich holte tief Luft und schloss kurz die Augen. »Ich weiß. Sag ihnen liebe Grüße und…sag ihnen, dass es mir leid tut, okay?« Ich hatte die Stirn nun in die Hand gestützt und sah auf die dunkle Tischplatte. »Werde ich. Alan…?« »Hm?« »Ich liebe dich.« Ich hatte gewusst, dass diese Worte kommen mussten und doch ließen sie mich einen Moment erstarren. Was sollte ich antworten? Vor einiger Zeit wäre mir die Erwiderung auf diese Worte nicht schwer gefallen. Was willst du jetzt sagen, Alan? Wen wirst du jetzt verletzen, Kaito oder Lisa? Flüchtig blickte ich wieder auf. Der junge Japaner sah noch immer aus dem Fenster. Mir fiel auf, dass er die Lippen aufeinander gepresst hatte und das Glas in seiner Hand so fest umklammerte, dass seine zarten Knöchel weiß hervortraten. »Ich weiß.« erwiderte ich nur lahm. Ich konnte meiner Frau nicht mehr sagen, dass ich sie liebte, weil ich mir nicht mehr sicher war, dass dies der Wahrheit entsprach. »Ich muss Schluss machen. Ich ruf dich wieder an. Bis dann.« Ich klappte das Handy zu und schob es rasch über den Tisch von mir. »Tut mir leid…« murmelte ich und griff nach meinem Glas Wasser, um hastig ein paar Schlucke hinunterzukippen. Kaito nickte leicht und wand sich wieder zu mir um. »Deine Frau?« fragte er schlicht. Er wusste seid Anfang an, dass ich verheiratet war und zwei Kinder hatte. Er hatte einst das Bild meiner Familie in der Kanzlei gesehen. Meist war meine Familie nur flüchtig in unseren Gesprächen aufgetaucht, ebenso wie seine. Beides waren Themen, die wir stets gemieden hatten. »Ja. Sie ist mit den Kindern weggefahren. Eigentlich war der Urlaub für uns alle geplant.« Unser Essen wurde gebracht, hungrig und schweigend machten wir uns darüber her. Ich hatte einige Mühe, mit den dünnen Holzstäbchen zu essen und nicht selten fielen mir die kunstvoll gerollten Fisch- und Reisteilchen in die Sojasoße oder einfach zurück auf den Teller. Kaito entlockte das ab und an ein wahrlich erheitertes Lachen. Ich war froh, dass er sein Lachen wiedergefunden hatte. Sein Gesicht war größtenteils glücklicherweise diesmal von den Schlägen verschont geblieben. Und der Rest würde auch verheilen. Kaito war ein Kämpfer von starker, unnachgiebiger Natur. Nachdem ich sicher fast eine Viertelstunde damit zugebracht hatte, vergeblich zu versuchen, die Fischröllchen mit den Stäbchen zu essen, hielt mir Kaito normales Besteck hin. »Du kannst auch damit essen.« Ich schob das Besteck entschlossen von mir. »Nein, ich lass mich doch nicht von diesen dummen Holzstäbchen in die Knie zwingen.« Kaito lachte, rutschte seinen Teller nun über den Tisch und nahm kurzentschlossen neben mir Platz. »Dann lass es mich dir wenigstens zeigen.« Bevor ich mich versah, hatte er meine Hand ergriffen und legte die Essstäbchen in die richtigen Positionen. »Siehst du, so geht es. Benutze sie wie eine Zange.« erklang die samtige Stimmte nah neben meinem Ohr. Kaito hielt meine Hand und ich schaffte es nun, mit seiner Hilfe doch eines dieser kunstvollen Röllchen in meinen Mund zu bekommen. Konzentriert kaute ich, um dann feststellen zu müssen, dass dieses Zeug verdammt lecker war. Kaito beobachtete jede Regung meines Gesichtes genau und prüfend. »Und?« »Das ist echt gut. Hätte nicht gedacht, dass das so gut schmeckt.« Der Junge strahlte fast wie ein Sonnenkönig, ließ seinen Blick über seinen Teller wandern und schnappte sich ein anderes Stückchen, welches er mir nun vor den Mund hielt. »Probier das mal.« Ich sah verwirrt auf das Stück Fisch vor meinen Lippen, dann zu Kaito. Wollte er mich wirklich füttern? Mein Herz hämmerte sofort schneller und auch der junge Japaner errötete, als er erkannte, was er da gerade anfing zu tun. »Verzeih-« Schon wollte er seine Hand zurückziehen, doch ich hielt sein Handgelenk entschlossen fest und führte die Stäbchen zu meinem Mund, um die Lippen langsam um das Stück Fisch zu schließen. Kaito ließ ich nebenher nicht aus den Augen. Der Blick des Jungen hing gebannt an mir, vor allem an meinen Lippen. Mir gefiel dieser Blick sehr, vor allem als wieder ein Funken Begehren in den dunklen Augen aufblitzte. In diesem Moment war wieder eine heiße, angespannte Stimmung zwischen uns, angefüllt mit Leidenschaft. Wir sahen uns an und dachten beide dasselbe. Nur mit dem Unterschied, dass er diese Gedanken haben durfte, ich allerdings nicht. Was dich natürlich nicht daran hindert, sie zu haben, nicht wahr, Alan? Ich entließ Kaito’s Handgelenk langsam meinem Griff, doch nicht ohne die Finger liebkosend über die zarte Haut gleiten zu lassen. Die Gänsehaut des Jungen war Antwort genug. »Lecker.« raunte ich. Dass mein Blick in diesem Moment starr auf dem jungen Japaner hing, ließ die Bedeutung meines Wortes ziemlich offen oder das, was ich damit gemeint hatte. Kaito wurde wieder rot; eine Farbe, die besonderen Reiz auf sein hübsches Gesicht brachte und wand sich nun rasch wieder seinem eigenem Teller zu. Schweigend brachten wir den Rest des Essens hinter uns. Ich verfluchte mich im Stillen abermals, dass ich das getan hatte. Dass ich den Jungen gereizt, ihm vielleicht Hoffnungen gemacht hatte. Ich sollte das nicht tun. Das Problem war immer noch, dass ich es wollte. Dass ich ihn wollte, mehr als alles andere. Das Gespräch mit meiner Frau schien schon wieder so fern, dass es auch vor Wochen hätte gewesen sein können und nicht vor einer Stunde. Ich schwankte wahrlich bedrohlich, um auf dem richtigen Weg zu bleiben. Dass ich es nicht schaffen würde, war mir längst klar. Doch den Zeitpunkt meines Falles würde ich noch hinauszögern. Irgendwann saßen wir wieder im Auto und ich lenkte den Wagen zielsicher durch die leichten Schneeflocken, die erneut zur Erde segelten. Dieses Jahr war der Winter wohl ganz versessen darauf, seine Macht frühzeitig zu demonstrieren. Kaito war noch nie bei mir zuhause gewesen. Aus gutem Grund. Denn ihn meiner Familie vorzustellen, hieß ihn real und greifbar zu machen. Dann wäre er nicht mehr nur mein süßes Geheimnis, sondern ein ernsthafter und gefährlicher Teil in meinem Leben. Lächerlich, Alan. Als ob er das nicht jetzt schon wäre. Ich schloss die Tür auf und deutete einladend nach drinnen. Kaito blieb eine ganze Weile unschlüssig vor der Tür stehen und machte erneut den Eindruck, als wollte er gleich fluchtartig verschwinden. »Alan…« begann er zögerlich. »Nun komm schon. Es ist ja keiner da. Oder willst du hier draußen erfrieren?« Ich ging nun einfach vorweg, machte überall Licht und ließ die vielen Beutel erleichtert seufzend auf die Couch im Wohnzimmer fallen. Das Schließen der Haustür und die vorsichtigen Schritte sagten mir, dass Kaito sich nun doch auch herein gewagt hatte. Er blickte langsam um die Ecke ins Wohnzimmer, ehe er dann ganz hereinkam und sich mit großen Augen sichtlich beeindruckt umsah. Mein Haus war keine Prunkbude. Es war ein normales Mittelklassehaus, so hätte ich es zumindest bezeichnet. Doch für Kaito musste das hier schon fast an Luxus grenzen. Kein Wunder bei seinem Leben bisher. Ich schmunzelte kurz, trat zu dem völlig erstarrten Jungen und öffnete seine neue Jacke, um sie ihm langsam von den Schultern zu streifen. »Fühl dich ganz wie zuhause, Kaito.« Der junge Japaner sah zu mir auf und ich konnte spüren, wie er unter meinen leichten, diesmal wahrlich ungewollten, Berührungen erschauderte. Okay, Alan, nun bleib mal hart. Werde bloß nicht weich. Du hast ihn nicht mit hierher genommen, um ihm gleich all seiner neuen Klamotten auf dem Wohnzimmerboden zu entledigen. Mein Blick glitt nur kurz über seine neuen Sachen, die er für sich ausgewählt hatte. Alles war wieder verdammt figurbetont und knapp. Und doch stand es ihm ausgezeichnet. Er musste sich ja auch nicht verstecken. Recht deutlich schoss die Erinnerung in mein Hirn, wie er nackt aussah, was heftig an der Fassade der Ruhe rüttelte. Ich warf seine Jacke rasch zu den vielen Beuteln auf der Couch und machte mich fast fluchtartig Richtung Küche auf. »Willst du noch etwas essen? Trinken?« Kaito sah sich nun ein wenig mutiger im Wohnzimmer um und linste gerade in den Kamin. »Tee wäre toll.« Okay. Er will Tee. Dann bekommt er Tee. Ich klapperte geräuschvoll in der Küche und lenkte mich mit banalen Tätigkeiten wie Wasserkochen davon ab, dass Kaito nun wahrhaftig hier war. Hier, in meiner Nähe. In meinen eigenen vier Wänden. Alan, hast du ihn nicht sowieso schon die ganze Zeit hier haben wollen? Dass der junge Japaner nun noch plötzlich unvermittelt neben mir stand und sich an den Küchenschrank lehnte, um mich zu beobachten, machte alles noch schlimmer. Fast wäre mir die Tasse aus der Hand gefallen. »Ich hoffe, du wirst dich hier ein wenig wohl fühlen. Ruhe wirst du hier auf jeden Fall bekommen. Wenn du willst, kannst du nachher ein Bad nehmen. « Ich schob ihm die Tasse Tee hin und schenkte mir selbst noch eine ein. Kaito nickte leicht. »Ein Bad wäre wirklich toll. Ich bin ziemlich erschöpft.« Er nippte an seiner Tasse und fixierte mich über den Rand hinweg. »Warum bist du nicht mitgefahren, Alan?« Ich wusste sofort, dass er auf die Reise mit meiner Familie anspielte. Für einen Moment betrachtete ich unschlüssig mein Spiegelbild in meiner Tasse. Was sollte ich ihm sagen? Wie wäre es endlich mal mit der Wahrheit, Alan? Ewig kannst du dieses Spielchen eh nicht weiterspielen. Ich sah Kaito nun direkt an. »Ich hatte einfach das Gefühl, dass es falsch wäre. Ich machte mir Sorgen um dich. Du…bist eine ganze Weile nicht aufgetaucht. Du hast nicht auf meine Anrufe gehört. Ich hatte Angst, dass dir etwas passiert ist. Ich musste dich einfach finden.« Kaito drehte die Tasse zwischen seinen Händen und hatte den Blick darauf gesenkt. Noch immer lehnte er am Küchenschrank, die Beine leicht verschränkt. »Wie gesagt, ich hatte nicht das Gefühl, dass du mich noch sehen wolltest. Darum hielt ich mich fern. Du warst an jenem Morgen einfach verschwunden, ohne eine Nachricht, ohne Worte. Was sollte ich denn denken?« fragte Kaito leise und sah nun von seiner Tasse auf und direkt zu mir. »Ich bin nicht blöd, Alan. Ich weiß, dass du eine Familie hast. Dass diese Sache zwischen uns wohl nie hätte passieren dürfen. Es tut mir leid. Ich habe dich dadurch in Schwierigkeiten gebracht…« Der Junge stockte in seinen Worten und ich konnte die Tasse leicht in seinen Händen zittern sehen. »Kaito…« »Nein, Alan. Ich weiß, dass es falsch von mir war. Es war rücksichtlos und egoistisch, deine Schwäche in jener Nacht auszunutzen. Wir waren beide betrunken. Das hätte nie passieren dürfen. Ich verstand, dass du sauer auf mich warst und gegangen bist.« Ich schüttelte heftig den Kopf, stellte meinen Tee geräuschvoll ab und trat vor Kaito. Vorsichtig entwand ich seinen Fingern die Tasse, um auch jene achtlos beiseite zu stellen. Dann hob ich eine Hand und strich sanft über die Wange des Jungen, um schlussendlich sein Kinn mit den Fingern einzufangen. Die dunklen, gefühlvollen Augen sahen überrascht, aber auch hoffnungsvoll zu mir auf. Ich blickte versonnen auf den Jungen hinab und ließ meinen Daumen sachte über seine weichen Lippen wandern, die sich sofort ein wenig öffneten. Oh, verflucht, warum war dieser Junge nur so sinnlich? So unwiderstehlich? »Kaito, meinst du wirklich, ich war sauer auf dich? Meinst du wirklich, ich hätte das in jener Nacht nicht auch gewollt…?« wisperte ich leise. Der warme Atem des Jungen strich ein wenig rascher über meinen Daumen, der noch immer zart die Linie von Kaito’s Lippen nachfuhr. »Du…du bist verheiratet. Du hast Kinder. Du bist nicht schwul, Alan. Mehr als einen Ausrutscher konntest du darin doch gar nicht sehen. Du wirst nie Gefühle für mich entwickeln, wie ich sie-« Er brach ab und biss sich auf die Unterlippe. »Sprich weiter, Kaito.« bat ich fast flehend, während ich mich zielsicher tiefer beugte und den jungen Japaner zwischen mir und dem Schrank förmlich einschloss. Er konnte nicht fliehen. Unsere Lippen berührten sich nun fast, mein Herz schlug einen wahren Trommelwirbel, während ich begierig auf die weiteren Worte des Jungen wartete. »Gefühle, wie ich sie mir vielleicht wünsche…« vervollständigte Kaito den Satz leise, die Stimme nicht mehr als ein warmer Hauch auf meinen Lippen. Er sah beschämt zur Seite und ich konnte an seinem angespannten Körper spüren, dass er am liebsten weg wollte. Doch mein Körper, der ihn gegen den Schrank presste, hinderte ihn an der Flucht. »Alan, lass mich gehen. Bitte.« »Warum?« fragte ich atemlos. »Ich will nicht nur ein Ausrutscher deinerseits sein…« Meine Hand wanderte in den Nacken des Jungen, der andere Arm schlang sich um seine Hüfte. »Du bist viel mehr als das, Kaito. Du bist so viel mehr für mich.« Ich beugte mich nun vor, überwand die letzten Zentimeter zwischen unseren Lippen und legte meine zärtlich auf die des Jungen. Kaito entspannte sich schlagartig in meinen Armen, bog sich mir willig entgegen und öffnete die Lippen für mich. Unsere Zungen trafen sich wieder und es war wie eine kleine Explosion, die meinen Körper erschütterte. Der Kuss war langsam, quälend langsam und innig. Ich ließ mir Zeit, jede Faser und jedes Stück von Kaito’s Lippen auszukosten und zu liebkosen, seine Zunge und seinen süßen Mund zu erforschen. Es war schwer, sich in Zurückhaltung zu üben, vor allem, nachdem ich so lang auf diesen Moment gewartet hatte, dass sich unsere Lippen endlich wieder vereinen würden. Dass sie sich auf diese hingebungsvolle Art und Weise wieder treffen würden. Ich hatte Angst gehabt. Angst, dass ich jetzt, in diesem nüchternen Zustand vielleicht Abscheu empfinden könnte. Oder weniger Lust, da es ein Mann war, denn ich da so hingebungsvoll küsste. Doch alle Ängste waren verschwunden. Kaito zu küssen, ihn diesmal bewusst mit allen Sinnen schmecken zu können, war ein wahres Feuerwerk von Eindrücken. Seine Lippen waren noch weicher als die einer Frau, so schien es mir und er küsste wunderbar. Geschickt, leidenschaftlich und sinnlich; auf eine Weise, die mir den Atem raubte. Unsere Lippen schienen wie füreinander gemacht. Ich konnte gar nicht genug bekommen, konnte nicht aufhören, meine Zunge in Kaito’s Mund zu schieben und seine Zunge zu umwinden und zu ertasten. Alles war so neu und doch so vertraut. Ich hätte ewig hier so stehen können, die Zeit schien plötzlich unwichtig. Meine Hand strich sanft über Kaito´s Nacken, die andere hielt ihn fest an mich gepresst und gab ihm den nötigen Halt, den er offensichtlich suchte, als sich seine Arme um meinen Hals schlangen. Da war er dann. Der Moment, in dem ich fiel. Rückhaltlos und ohne Hoffnung auf Rettung. Und ich genoss ihn in vollen Zügen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)