Kill this Killing Man I von Kalea (Zurück ins Leben) ================================================================================ Kapitel 78: Weihnachtsgeschenke ------------------------------- 78) Weihnachtsgeschenke Jeden Sonntag freute sich Dean auf die Kirche und jeden Sonntag schlich sich lähmende Angst vor Sams Reaktion in sein Herz. Seinen Platz hinter der Säule hatte er zugunsten eines Platzes aufgegeben, von dem aus er seinen Bruder beobachten konnte. Wenn der schon nicht mit ihm reden wollte, so konnte er sich wenigstens einmal in der Woche davon überzeugen, dass es ihm gut ging. Außerdem wusste er jetzt, warum seine Instinkte so sehr dagegen waren, dass er sich in Tucson auf den Weg nach Osten machen wollte. Trotzdem würde er nach der nächsten Saison nach Osten aufbrechen und nach einem Weg nach Hause suchen und dieser Weg würde seinen kleinen Bruder mit einschließen. Der hingegen verschwendete keinen Gedanken an den Cowboy, der ihn bedrängt hatte. Er arbeitete weiter in dem kleinen Laden und war mit seinem Leben zufrieden. „Wade? Könnt ihr diese Bücher zu Richter Hastings bringen?“, fragte der Besitzer und schob den Stapel über die Theke. „Ich geh sofort“, nickte der Jüngere und stellte den Besen an die Wand. Er nahm die, nur mit einem dünnen Band zusammengebundenen, Bücher und ging zum Haus der Hastings‘. Neugierig las er die Buchrücken bevor er sich auf den Weg machte. „Guten Tag, Mrs. Hastings. Ich hab hier die Bücher, die Ihr Mann bestellt hat“, begrüßte er die Dame des Hauses, die ihm die Tür öffnete. „Kommt rein, Wade. Ihr könnt die Bücher da auf den kleinen Tisch legen. Ich hole meinen Mann.“ Er nickte lächelnd und tat wie ihm geheißen. Unsicher ließ er sich auf der Stuhlkante nieder und schob ein wenig an den Büchern um weiter neugierig die Buchrücken lesen zu können. Und dann fielen sie herunter, das dünne Band löste sich. Schnell versuchte er die Bücher wieder aufzusammeln. Das Gesetzbuch lag offen da und bevor er es zuschlug wollte er schnell einen Blick hineinwerfen. Sam las sich darin fest. „Ihr interessiert Euch für Recht?“, fragte plötzlich eine Stimme. Wade zuckte zusammen und schaute erschrocken zu dem Mann. „Ja, ich... irgendwie schon“, begann er. „Wollt Ihr mehr lernen?“ „Gerne, aber …“ „Ich kann es Euch beibringen, wenn Ihr wollt?“ Sam strahlte: „Wollt Ihr das wirklich tun?“ „Ich könnte Euch dreimal in der Woche abends unterrichten.“ „Das wäre wirklich wundervoll, danke!“ „Gut, dann beginnen wir morgen Abend, acht Uhr!“ „Danke, Richter Hastings, ich werde pünktlich sein!“, sagte Sam und schüttelte dem Richter die dargebotene Hand. Das war… Jura! Wades Augen leuchteten noch als er wieder im Laden ankam und seinen Fast-Eltern davon erzählte. Tief in seinem Inneren hatte er das Gefühl als ob sich ein langgehegter Wunsch erfüllen würde. Jura! Er könnte Richter werden! Sein Leben hier wurde immer besser! Inzwischen musste er seinen Aufenthalt in der Ebene fast als Glücksfall ansehen, wie auch immer er dahin gekommen war. Er war dem Schicksal dankbar, dass es ihn hierher verschlagen hatte! Die Zukunft konnte kommen! Am Weihnachtsmorgen wollte Dean am liebsten gar nicht aufstehen. Schon am Tag davor gab es kein anderes Gesprächsthema als dieses ruhige Familienfest und er hatte sich noch weiter in sein Schneckenhaus verzogen. Immer wieder hatte er an sein eigentlich letztes Weihnachten denken müssen. Er hatte Sammy genervt, weil er dieses Fest feiern wollte und zum Schluss hatte Sam einen Tannenbaum aufgestellt und geschmückt und sie hatten sie sich in trauter Gemeinsamkeit ein Spiel angesehen. Das war das schönste Weihnachten, an das er sich erinnern konnte. Und nachdem er gerettet worden war, hatte er sich geschworen seine nächsten Weihnachten mit Sam zu feiern. Vielleicht auch noch bei Bobby. Sie waren Jäger und er brauchten keinen Klimbim drum herum, außer ein bisschen Ruhe und ein Hauch Familie. Seiner Familie. Hier? Hier hatte er Sam, der nur ein paar Meilen weit weg und doch unerreichbar war. Dean war sich inzwischen sicher, dass der Trickster für Sams Amnesie verantwortlich war, aber er konnte sich einfach nicht erklären warum Sam so abweisend war. Selbst wenn er ihn nicht mehr erkannte, müsste er doch interessiert sein ihn kennen zu lernen. Schließlich könnte er seinem kleinen Bruder ja etwas von ihrer Familie erzählen. Und wenigsten daran müsste der doch interessiert sein, oder? Er zumindest würde es wissen wollen, da war er sich sicher. Er verstand Sams Ablehnung einfach nicht und dieses Weihnachten bei den Harrisons würde ihn nur noch mehr an das Dilemma seines Lebens erinnern. Der Winchester überlegte was er heute machen konnte. Auf keinen Fall wollte er mit zu einem Familienessen gehen. Dieses Familienglück würden selbst seine inzwischen wieder recht solide gebauten Mauern nicht von ihm fernhalten können und gerade heute ging es ihm darum, sein Innerstes zu schützen. Thomas war schon eine Weile wach und freute sich auf den Weihnachtstag. Alleine der Truthahn, den es an der langen Tafel für alle Familienangehörige und Cowboys geben würde, ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Aber würde sich auch Dean darauf freuen? Er mied Gesellschaft wo er nur konnte, seit der vermeintliche Bruder ihn so abgekanzelt hatte. Immer wieder hatte er den Blonden, der an der gegenüberliegenden Wand der Scheune schlief, mit einem erstickten Aufschrei erwachen hören und daran hatte sich auch nicht viel geändert nachdem der ihm mehr oder weniger aus seinem Leben erzählte hatte. Er hatte sich einfach nicht abwimmeln lassen und immer wieder nachgefragt. Trotzdem konnte er noch immer nicht glauben, dass alles, was der Winchester erzählte, wahr sein sollte, aber er fand auch keinen Punkt, der das Erzählte als Lügen identifizierte. Dafür war Dean viel zu ernst und ließ sich auch nicht verwirren, egal wie sehr er es versuchte. Er hörte wie der Winchester sich von einer Seite auf die andere wälzte und hoffte, dass der nicht wieder träumte. Aber mit welchen Albträumen schlug sich Dean rum? Obwohl das eigentlich egal war, sein ganzes Leben schien ein Albtraum zu sein! Thomas atmete erleichtert auf als er hörte, dass der Ältere aufstand. Leise zog sich Dean an, nahm seinen Sattel und ging nach draußen. Schnell zog sich auch Thomas an und folgte ihm. „Willst du nicht mit reinkommen?“, fragte er ruhig. „Die Familie wird bestimmt schon auf uns warten.“ Der traurige Blick, den Dean ihm zuwarf war ihm Antwort genug. Er nickte nur, ließ ihn vom Hof reiten und ging ins Haus. „Schläft Dean noch?“, fragte Margaret auch sofort, nachdem der Cowboy ins Haus getreten war. „Er ist weggeritten“, antwortete der. „Aber ich hab mich so beeilt, dass das Geschenk fertig wird“, sagte Sarah traurig. „Du weißt doch, dass er sich noch mehr in sich zurückgezogen hat, seit er Sam gefunden hat und der nicht sein Bruder sein will“, sagte William. „Ja, aber ich dachte, dass er wenigstens Weihnachten seine selbst gewählte Isolation aufgeben würde.“ „Ich denke gerade Weihnachten ist ein Fest der Familie und wir hier erinnern ihn bestimmt daran, dass er einen Bruder hat, der nicht weit weg ist und noch nicht einmal dieses Fest mit ihm verbringen will.“ „Ich verstehe Sam, oder Wade, oder wie auch immer er sich jetzt nennen mag, nicht! Er meidet Dean wo er nur kann und ist jedes Mal wütend, wenn sie sich über den Weg laufen“, sagte Margaret. „Und ich verstehe nicht, warum du ihn jeden Sonntag wieder zwingst mit uns in die Kirche zu gehen. Du müsstest doch sehen, dass er danach noch mehr leidet“, konnte sich William den Seitenhieb nicht verkneifen. „Es hat noch niemandem geschadet um Gottes Beistand zu bitten!“ Erst als es draußen schon dunkel war, kam der Winchester zurück. Müde und zerschlagen wollte er nur noch sein Pferd versorgen und dann auf seinen Strohsack und den Weihnachtstag abhaken. Doch die Harrisons schienen auf ihn gewartet zu haben. Als er Impala abzäumte und trocken rieb, stand Sarah an der Koppel. „Bitte komm rein Dean“, sagte sie nachdem er hinter seinem Pferd die Koppel schloss. Er atmete einmal tief durch und nahm die Hasen und den Waschbären, die er geschossen hatte auf. Er wollte sie noch ausnehmen und abziehen. „Kann ich mich erst waschen?“, wollte er mit rauer Stimme wissen. „Ich kann warten!“, erklärte sie und brachte seine Beute in den Keller. Darum konnte sich William nachher noch kümmern. Resignierend nickte er und ging zum Brunnen. Schnell hatte er sich wenigstens den gröbsten Schmutz von Hals und Gesicht gewaschen und schüttelte sich das Wasser aus den Haaren. Sarah quiekte lachend. Sie hatte ein paar Tropfen abbekommen. Dann folgte er ihr ins Haus. „Frohe Weihnacht“, grüßte er heiser und schaute sich um. Kein Baum erfüllte das Zimmer mit weihnachtlichem Licht. Kurz zog er die Augenbrauen zusammen. Wann wurde die Tradition denn eingeführt? „Setz dich Junge und iss was“, sagte Margaret ruhig und schob die gebratenen Klöße aus der Pfanne auf den Teller. Dankbar nickte der Winchester und schaufelte den Teller leer. Ungeduldig wartete Sarah bis er fertig war. „Wir haben ein Weihnachtsgeschenk für dich!“, platzte sie hervor, kaum dass er die Gabel niederlegte. „Aber ...“ „Du gehörst zur Familie, also bekommst du wie alle ein Weihnachtsgeschenk.“ Er legte den Kopf schief und zuckte mit den Schultern. „Ich hab aber keine Geschenke für euch. Das heißt, ich hab eine Kleinigkeit für Jacob. Aber sonst... Ihr habt soviel für mich getan und ich ...“ „Du musst uns nichts schenken“, sagte William. „Aber...“, begann er wieder. Es war Dean irgendwie unangenehm. Bis jetzt hatte ihn niemand außer Sam und vielleicht Bobby beschenkt, im weitesten Sinne des Wortes. Mom und die Weihnachtsfeste, als sie noch lebte und an die er sich nur bruchstückhaft erinnerte, mal ausgenommen. „Hier, mach es auf!“, platzte Sarah mit strahlenden Augen hervor und hielt ihm ein großes Paket hin. Sie hielt die Spannung einfach nicht mehr aus. Schnell riss er das Papier auf und entfaltete den Inhalt. Ein Staubmantel aus dunklem Leder. Er zog sich den Mantel über, der wie angegossen passte. Seine Augen leuchteten. „Woher?“, wollte er atemlos wissen. „Du hast William gegenüber mal gesagt, dass du diese Mäntel toll findest und außerdem brauchst du einen, wenn wir im Frühjahr wieder mit der Herde ziehen“, erklärte Thomas. In diesem Moment kam Jacob in den Raum und hielt eine volle Papiertüte in der Hand, die er dem Winchester hinhielt. Doch bevor Dean sie nahm holte er aus seiner Hosentasche ein kleines Päckchen, das er dem jüngsten Harrison im Tausch gegen die Tüte gab. Die Tüte war schwer. Schon fast hastig öffnete er sie und warf einen Blick hinein. Seine Mundwinkel kräuselten sich und endlich zierte ein Lächeln sein Gesicht. Die Tüte war voll mit Bonbons und Zuckerstangen. „Bevor dir dein Karamell zum Hals raus hängt“, grinste William. „Danke!“ Und endlich wickelte auch Jacob sein Geschenk aus. „Ein Messer“, freute sich der Jüngere. „Du hast dein Messer vor ein paar Wochen verloren und dir meins geliehen und noch nicht wiedergegeben“, grinste Dean. „Oh!“, schnappte Jake und wurde leicht rot. Hastig zog er Deans Messer aus der Tasche und gab es ihm zurück. Der Winchester gähnte. Der Tag war anstrengend gewesen und die Nacht davor mal wieder nicht mit erholsamem Schlaf gesegnet. „Du solltest dich ausruhen!“, sagte Margaret. „Willst du was um schlafen zu können?“ Das ließ sich Dean nicht zweimal sagen, aber ihr Angebot lehnte er ab. Er musste auch so zur Ruhe kommen können. „Danke nochmal!“, strahlte er die Harrisons von der Tür aus an und ging dann in die Scheune. Den Staubmantel behielt er noch eine Weile an. In dieser Nacht schlief er seit langem mal wieder ruhig durch. Hosted by Animexx e.V. 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