Trust Nobody von Janachen2811 ('Cause you could lose your heart (ZoSa)) ================================================================================ Kapitel 7: Talk to me - Part 1 ------------------------------ Zwei Wochen waren seit seinem ersten Auftrag vergangen. Zwei Wochen, ohne dass Sanji jemanden von der CP9 gesehen oder etwas von ihnen gehört hatte. Zwei Wochen war es her, seit er Zoro zuletzt gesehen hatte und sein Herz aus dem Gleichgewicht geraten war. Zwei Wochen, in denen Sanji mehr oder weniger einem normalen Leben nachgegangen war. Er hatte sich mit seiner Nachbarin – ein ruhiges, liebes Mädchen namens Conis, angefreundet. Sie lebte mit ihrem Vater gleich hinter der Tür gegenüber. Er hatte die beiden zu sich zum Essen eingeladen. Endlich, nach so langer Zeit, hatte er wieder das tun können, was er am besten konnte – Kochen. Für Gäste, Freunde. Und diese bewirten, für ihr leibliches Wohl sorgen. Etwas, das Sanji die vergangenen Ereignisse zwar nicht vergessen, dafür aber in den Hintergrund hatte verdrängen lassen. Bis zu eben diesem Moment, als das Telefon geklingelt hatte. Ganze zwei Wochen hatten seine Telefone kein Geräusch von sich gegeben und noch bevor er den Hörer abgenommen hatte, hatte Sanji gewusst, wer sich am anderen Ende melden würde. Mit rauer und dunkler Stimme hatte Zoro ihm kurz erklärt, was anstand und dass er ins Hauptquartier kommen sollte. Er hatte das Hauptquartier kaum betreten, da kam ihm auch schon Ace entgegen, welcher ihn kurzerhand am Arm packte und mit sich zurück nach draußen zog. „Was soll das?“ fauchte Sanji und befreite sich aus dem Klammergriff. „Observation“, erklärte der Schwarzhaarige schlicht und ein fragender Blick aus blauen Augen traf ihn. „Zoro hat gemeint, dass ich dich mitnehmen soll. Sollst halt ein bisschen Routine bekommen.“ Sanji hob eine Augenbraue, änderte an seinem fragenden Blick nicht viel. „Ja“, grummelte Ace. „Und du sollst aufpassen, dass ich während der Überwachung nicht einpenne“, gab er zähneknirschend zu. Zufrieden schmunzelte Sanji. Er kannte mittlerweile Ace’ kleines Schlafproblem. Der Kerl konnte wirklich immer und überall von jetzt auf gleich einschlafen. Ein wenig ratlos starrte Sanji das Schulgebäude, auf welches er von der versteckten Position an der Straßenecke einen sehr guten Blick hatte, an. Seine obligatorische Zigarette glimmte zwischen seinen Lippen vor sich hin. „Wen sollen wir hier denn überwachen?“ wollte er wissen. „Wenn ich mich richtig erinnere, hat Zoro von einer reichen Lady in einer Villa gesprochen. Das hier ist ein Schulgebäude.“ Ace nickte. „Da fahren wir gleich hin. Ich will nur kurz nach meinem Bruder sehen.“ „Du hast einen Bruder?“ Wieder ein Nicken des Schwarzhaarigen. „Weiß er, dass du lebst und für die CP9 arbeitest?“ Dieses Mal schüttelte Ace den Kopf. „Nein, sonst hätten sie ihn längst beseitigt. Die CP9 existiert offiziell gar nicht. Jeder, der außerhalb der Organisation davon weiß oder erfährt, wird eliminiert. Ruffy glaubt, dass ich bei einem Feuer im Gefängnis ums Leben gekommen bin.“ „Lass mich raten: Die CP9 hat das initiiert?“ Abermals nickte Ace. „Sie haben es wie einen ‚Unfall’ aussehen lassen. Ruffy weiß, wie gerne ich mal mit ‚Feuer’ spiele und diesen Umstand haben sie sich zu Nutze gemacht“, erklärte Ace mit einem wehmütigen Lächeln. Sanji nickte lediglich, was sollte er dazu auch groß sagen? „Und was ist mit dir?“ wollte Ace wissen. „Wie haben sie deinen Tod vorgetäuscht?“ Der Plauderton des Schwarzhaarigen irritierte Sanji etwas, kannte er solche Stimmungsumschwünge doch eigentlich nur von Frauen. „Ich weiß nicht“, murmelte der Blondschopf, dachte nun auch zum ersten Mal darüber nach. Zoro hatte damals bei ihrem ersten Gespräch zwar erwähnt, dass er offiziell tot sei, aber bis heute hatte er nicht weiter darüber nachgedacht. „Kannst ja mal Zoro fragen, der kann dir das bestimmt sagen“, meinte Ace und drückte sich gleich darauf etwas mehr in den Schatten der Hauswand. Sanji wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Schulgebäude zu. Ein schlaksiger Junge, gekleidet in knielangen blauen Shorts, einem ärmellosen roten Hemd und mit Sandalen an den Füßen kam gerade heraus. Auf seinem Kopf thronte ein Strohhut, welcher die schwarzen Haare zum Teil verdeckte. Zusammen mit ein paar Schulkameraden verließ der kleine Bruder von Ace das Grundstück. Scherzend und plaudernd liefen sie den Weg entlang, entfernten sich Schritt für Schritt. „Er sieht glücklich aus“, murmelte Sanji. „Ja, so sieht es aus“, bestätigte Ace mit einem für Sanji undefinierbaren Unterton. Er drehte leicht seinen Kopf, musterte den Schwarzhaarigen, dessen Augen einen wehmütigen Ausdruck angenommen hatten. „Was ist?“ fragte Sanji nach, schaute Ruffy und seinen Freunden nach. „Meinst du nicht, dass er glücklich ist?“ Ace schüttelte den Kopf. „Vielleicht schon glücklich – irgendwie. Aber der frühere Glanz und die Freude ist aus seinen Augen verschwunden“, wisperte Ace und drehte sich um, nachdem Ruffy außer Sichtweite war. „Komm jetzt, wir haben noch was zu erledigen.“ Mit schnellen Schritten entfernte sich Ace und Sanji hatte Mühe, dem Schwarzhaarigen zu folgen. „Machst du das öfter?“ erkundigte Sanji sich, als er zu Ace aufgeschlossen hatte und zündete sich eine neue Zigarette an. „Hin und wieder“, antwortete Ace. „Immer dann, wenn ich ein wenig Zeit habe.“ „Ist dir das nicht verboten worden?“ „Schon, aber solange sie es nicht wissen …“ Ace zuckte mit den Schultern, ließ den Satz offen stehen. Auch Sanji schwieg, hing nun seinen eigenen Gedanken nach. Er erinnerte sich an Zoros Worte, an das Verbot, sich dem Baratie zu nähern. Aber versprochen hatte er schließlich nichts. Er hatte lediglich gesagt, dass er Zoros Worte verstanden hatte. Die Beobachtung der Villa verlief recht ereignislos. Weder betrat irgendwer das Grundstück, noch verließ es jemand. Auch sonst war alles ruhig. Niemand hielt sich im Garten oder Hof auf. Selbst im Haus war alles ruhig. Sie wurden von Robin und einer schlecht gelaunten Nami, die sich lautstark darüber beschwerte, warum sie denn solch niedere Arbeiten verrichten sollte, abgelöst. Sofort war Sanji Herzchenversprühend um die Orangehaarige herumgehüpft und hatte ihr versichert, dass es ihm nichts ausmachen würde, den Job für sie zu übernehmen und mit der liebreizenden Robin Wache zu halten. Ace hatte den liebestollen Blondschopf einfach am Hemdkragen gepackt und diesen mit sich Richtung Hauptquartier geschleift. Dementsprechend schlecht gelaunt wanderte Sanji nun durch die Gänge der CP9, auf der Suche nach Zoro. „Marimo!“ rief er laut, als er den Grünhaarigen endlich erblickte, dieser allerdings gerade durch eine Tür wieder aus seinem Sichtfeld verschwinden wollte. Nicht nur Zoro drehte sich erstaunt nach dem Blonden um. Auch einige andere Mitarbeiter bedachten Sanji mit gerunzelter Stirn und fragten sich im Stillen, wer oder was denn ein ‚Marimo’ war. Zoro verfluchte sich selbst, dass er auf diesen doch recht eigenwilligen Spitznamen überhaupt reagierte. Lässig lehnte er an der Tür, schaute dem Blondschopf abwartend entgegen. „Was habt ihr dem alten Sack eigentlich erzählt?“ wollte dieser wissen, sobald er mit Zoro auf einer Höhe war. Fragend hob Zoro eine Augenbraue, verstand nicht, worauf Sanji hinaus wollte. „Was sollen wir wem erzählt haben?“ hakte er deshalb nach. Sanji verdrehte die Augen. „Ich will wissen, wie ihr meinen Tod vorgetäuscht habt. Was habt ihr Jeff erzählt? Irgend ne Story müsst ihr ihm ja aufgetischt haben.“ „Wie kommst du denn jetzt darauf?“ „Ist die Frage so abwegig?“ „Abwegig vielleicht nicht, aber interessant, dass du jetzt erst damit kommst.“ „Marimo!“ zischte Sanji und funkelte den Grünhaarigen gereizt an, als er das Grinsen auf dessen Gesicht bemerkte. Der schien ja sehr viel Spaß an ihrer kleinen Unterhaltung zu haben. „Hör auf mich so zu nennen“, fauchte Zoro zurück. „Was, verflucht noch mal, ist ein Marimo überhaupt?“ Erst hatte Sanji den anderen nur perplex angesehen, dann lächelte er und griff nach einer der grünen Haarsträhnen. „Marimos sind Mooskugeln, eine Algenart“, erklärte Sanji. „Sie haben die gleiche Farbe, wie deine Haare. Als Kind habe ich welche in einem Aquarium gezüchtet.“ Gedankenverloren strich der Blondschopf durch Zoros Haare, zupfte immer mal wieder an einer Strähne. Vergaß vollkommen, wer da vor ihm stand und wo sie sich befanden. Und auch Zoro schien das vergessen zu haben. Allein die zarten Hände, die da gerade durch seine Haare fuhren, existierten noch, beschleunigten seinen Herzschlag und waren wie Balsam für seine Seele, die schon so lange in Dunkelheit lebte. Gelächter von der anderen Seite des großen Raumes holte Zoro in das Hier und Jetzt zurück. Ruppig löste er den Kontakt zu Sanji, entfernte sich einige Schritte von diesem und ignorierte das verwirrte Blinzeln des Blondschopfs. „Bei der Überführung vom Gerichtsgebäude zum Gefängnis kam es zu einem Verkehrsunfall. Die Bremsen eines LKWs haben versagt und dieser ist ungebremst seitlich in den Gefängnistransporter gerast. Der Fahrer, der Beifahrer sowie die zwei polizeilichen Begleiter als auch der Insasse, Sanji Duval, kamen bei dem Zusammenstoß ums Leben“, ratterte Zoro den offiziellen Bericht herunter, drehte sich um und verschwand durch die Tür. Dass Sanji ihm immer noch entgeistert hinterher blickte, bekam er nicht mit. Es war ihm auch egal, dass sein Abgang gerade wie ein Flucht wirken musste. Denn er musste einfach nur weg. Weg von Sanji, weg von diesen zarten Händen, weg von diesem Herzklopfen und weg von diesen verwirrenden Gefühlen. Verdammt, er hatte es doch fast geschafft. Er konnte sich doch jetzt nicht ablenken, von seinem Ziel abbringen lassen. Und schon gar nicht von einem Blondschopf, den er erst seit so kurzer Zeit kannte. Planlos rannte Zoro durch die Gänge, achtete weder auf den Weg noch auf irgendwelche Personen, die ihm begegneten. Irgendwann stand er vor seiner Zimmertür, ging aber nicht hinein. Krampfhaft schloss sich seine Hand um die Türklinke, während er seinen Kopf gegen das Holz lehnte und die Augen fest zusammen kniff. Mit aller Macht versuchte er, Sanji aus seinem Kopf zu verbannen, sein Herz dazu zu bringen, wieder in einem vernünftigen Rhythmus zu schlagen. Wie lange war es her, dass dieses so aus dem Gleichgewicht geraten war? Wie viel Zeit war vergangen, seit er das letzte Mal so etwas ähnliches gefühlt hatte? Sanjis Bild vor seinem inneren Auge wurde von einer jungen, schlanken Frau mit blau-schwarzen Haaren ersetzt, welche ihn liebevoll anlächelte. „Nicht jetzt“, wisperte er leise und presste die Stirn noch ein wenig mehr an die Tür, als könnte er so die unliebsamen Erinnerungen auslöschen. „Zoro?“ Leicht zuckte er zusammen, als die zaghafte Stimme hinter ihm erklang. „Ist a… alles in Ordnung?“ wollte Lysop mit zitternder Stimme wissen, kannte er den Grünhaarigen so doch gar nicht. „Ja, Lysop“, knurrte Zoro in alter Manier, ballte seine Hände nochmals fast schmerzhaft fest zu Fäusten, bevor er sie entspannte und sich zu dem Schwarzgelockten umdrehte. „Was gibt es?“ fragte er. Sein Gesichtsausdruck war wieder so neutral wie eh und je. Und auch in seiner Stimme spiegelte sich nichts von seinem kurzen emotionalen Ausbruch wider. Skeptisch musterten Lysops kleine Augen ihn und einige Sekunden ließ er die Musterung ruhig über sich ergehen, bevor er die Augenbrauen verärgert zusammen zog. Er erzielte damit die erhoffte Wirkung. Lysop löste sich aus seiner Starre und machte sicherheitshalber einen Schritt zurück. „Ähm …“, begann der Schwarzgelockte stotternd. „Du sollst zu Lucci kommen. Nami und Robin haben sich gemeldet. Lady Alvida hatte Besuch in der Villa.“ „Buggy?“ hakte Zoro nach und Lysop nickte. „Lucci will jetzt mit dir die weitere Vorgehensweise besprechen. Er vermutet, dass die beiden eine Verschwörung planen. Aber wir wissen immer noch nichts genaues.“ Diesmal war es Zoro, der nickte, bevor er sich umdrehte und den Gang herunter lief. „Äh … Zoro!?“ meinte Lysop, hob den Arm und deutete leicht zitternd in die andere Richtung. Doch Zoro reagierte nicht, ging einfach weiter. „Ach, war nicht so wichtig“, murmelte Lysop schließlich, zuckte mit den Schultern und machte sich aus dem Staub, bevor der Grünhaarige bemerkte, dass er in die falsche Richtung ging und er ihm gleich noch mal über den Weg lief. Dann würde Zoro garantiert schlechte Laune haben. Und einem schlecht gelaunten Zoro ging man besser aus dem Weg. Ziemlich ratlos hatte Sanji dagestanden, fast minutenlang die Tür, durch welche Zoro geflüchtet war, angestarrt. Er fragte sich, über was er sich mehr wundern sollte: über sein eigenes, merkwürdiges Verhalten – was, in drei Teufels Namen, hatte ihn geritten, so vertrauensvoll durch Zoros Haare zu streichen? – über Zoros Verhalten oder über sein Herz, das sich bei dem plötzlich wehmütigen Ausdruck in den grünen Iriden krampfhaft zusammengezogen hatte. Was war nur los mit ihm, mit Zoro? Irgendwas verheimlichte der Kerl doch. Und es wurmte ihn, dass er so gar keine Möglichkeit hatte, näheres über ihn zu erfahren. Mitten in der Bewegung stoppte Sanji. Das Feuer des Streichholzes glimmte nur wenige Millimeter von seiner Zigarette, welche zwischen seinen Lippen steckte, entfernt. Die Distanz war aber dennoch zu groß, um diese in Brand zu stecken. Seit wann wollte er noch mehr über diesen idiotischen Spinatschädel erfahren? Und warum, noch eins, machte es ihm so viel aus, dass es sehr schwierig werden würde, etwas über bzw. von diesem idiotischen Spinatschädel zu erfahren? „Verfluchte Scheiße!“ rief Sanji laut aus, ließ das abgebrannte Streichholz zu Boden fallen und lutschte an dem verbrannten Finger. „Das ist alles nur deine Schuld, Marimo“, knurrte er leise. „Ah, Sanji“, gurrte es hinter ihm. „Gut, dass du gerade hier bist.“ Langsam drehte sich der Blondschopf um, fixierte die Taube auf Rob Luccis Schulter mit tödlichem Blick. Doch diese war sichtlich unbeeindruckt, hob lediglich einen Flügel und zupfte mit dem Schnabel einige Federn zurecht. „Du wirst Zoro begleiten“, erklärte nun Lucci. Fragend hob Sanji eine Augenbraue, doch bevor er nachhaken konnte, erklang eine brummige, dunkle Stimme. „Warum?“ fragte Zoro und trat hinter Lucci aus dem Raum, schenkte Sanji keinen einzigen Blick. „Das ist ein einfacher Auftrag. Schnell rein und schnell wieder raus.“ Lucci nickte. „Genau das richtige, um Sanji in dieses Metier einzuführen. Und wie hast du gerade so schön gesagt? Schnell rein und schnell wieder raus. Zu zweit könnt ihr euch da schneller umsehen und schneller wieder verschwinden.“ Scharf sah Lucci den Grünhaarigen an, welcher zähneknirschend nickte und so einlenkte. „Komm mit“, meinte Zoro zu dem Blondschopf und zusammen machten sie sich auf zur Waffenkammer. Leise trat Kalifa hinter Lucci, sah den beiden jungen Männern nachdenklich hinterher und rückte ihre Brille zurecht. „Was denkst du?“ erkundigte Lucci sich. „Er hat noch nie widersprochen oder eine von unseren Anordnungen infrage gestellt bzw. hinterfragt. Wir sollten ihn beobachten und vorsichtig sein. Du weißt, wie gefährlich er werden kann.“ Lucci nickte. Mit undurchschaubarer Miene sah er Zoro und Sanji nach, bis diese an der Ecke abbogen. Sanji verfluchte gedanklich alles und jeden, der in irgendeiner Art und Weise dafür verantwortlich war, dass er jetzt hier, mitten in der Nacht, in der Kälte stand. Allen voran, verfluchte er den grünhaarigen Idioten, welcher nur mit T-Shirt und dünner Jacke bekleidet neben ihm stand. Nicht das geringste Anzeichen gab es, dass Zoro fror. Während er sich arg beherrschen musste, nicht mit den Zähnen zu klappern. Es war einfach nur saukalt – er konnte den Schnee förmlich in der Luft riechen und es würde bestimmt nicht mehr lange dauern, bis die ersten Schneeflocken auf die Erde fielen. Mit zittrigen Fingern zündete er sich eine weitere Zigarette an. Wenigstens etwas Wärme. Zu seinen Füßen lagen bereits einige Kippenreste. Frustriert warf er der hellerleuchteten Villa einen bösen Blick zu. Die feierten da drin ein rauschendes Fest, während er sich hier den Arsch abfror. Gemein war das. „Wie lange wollen wir hier noch rumstehen?“ erkundigte er sich genervt bei Zoro. Nur einen kurzen Blick schenkte dieser ihm, richtete seine Aufmerksamkeit gleich wieder auf das Haus. „Solange, bis die Gäste nach Hause gehen und Ruhe in die Villa eingekehrt ist, so dass wir uns ungestört umsehen können.“ Zoro senkte den Blick, starrte auf die Zigarettenstummel. „Die hebst du auf“, brummte er und deutete mit dem Kopf auf den Boden. „Wir dürfen keine Spuren hinterlassen.“ Grummelnd betrachtete Sanji die Zigarettenstummel, bückte sich aber und sammelte jeden einzelnen auf. „Hee“, rief er protestierend aus, als Zoro ihn grob am Arm packte und in ein Gebüsch zerrte. „Was soll das?“ zischte er den Grünhaarigen an und zupfte sich ein paar Blätter aus den Haaren. Stumm deutete Zoro in Richtung der Villa. Sanji folgte dem Fingerzeig und sah, dass sich die große Eingangstür geöffnet hatte. Und auch erst jetzt drangen die fröhlichen, lauten Stimmen von verschiedenen Personen an sein Ohr. Automatisch drückte er sich noch etwas mehr in die Schatten der Bäume und Sträucher. Es dauerte etliche Minuten, bis alle Gäste in ihren Autos saßen, das Grundstück verlassen hatten und außer Sicht- sowie Hörweite waren. Aus den Augenwinkeln heraus musterte Sanji Zoros Profil. Dessen Augen waren stur auf das Gebäude gerichtet, wie schon die ganze Zeit über, die sie sich hier aufhielten. Auch hatte der Grünhaarige größeren und vor allem längeren Körperkontakt mit ihm vermieden, hielt sich stets einige Schritte von ihm entfernt auf und sprach nur das nötigste mit ihm, schenkte ihm auch dann nur einen winzigen, kleinen Blick. Und auch wenn er es ungern zugab, aber es machte ihm enorm zu schaffen, dass Zoro ihn fast ignorierte, ihn kaum beachtete. Es tat ihm weh, versetzte ihm einen schmerzlichen Stich. So gern er es auch weiterhin leugnen würde – schließlich war er, genauso wie Zoro, ein Kerl – aber der grünhaarige Idiot, von dem er so gut wie gar nichts wusste, hatte sich heimlich, still und leise in sein Herz geschlichen. Das war doch zum Haare raufen. Er hatte sich nie für irgendwelche Männer interessiert, war immer nur – mit mehr oder weniger Erfolg – den hübschen Mädchen hinterher gelaufen, hatte bei den Damen heftiges Herzklopfen bekommen. Und dann kam dieser große, ungehobelte, ständig grimmig dreinblickende und doch so gut aussehende und gut gebaute grünhaarige Kerl und brachte sein ganzes Leben durcheinander, so dass sich wirklich alles von einem Moment auf den anderen geändert hatte. Er verstand es nicht. Und das schlimmste: Er verstand sich selbst überhaupt nicht mehr. „Komm endlich“, riss Zoros leicht genervte Stimme ihn aus seiner Gedankenwelt. Dieser stand bereits an der hohen Mauer, welche drei Seiten der Villa einzäunte. Die vierte grenzte an eine hohe Klippe eines alten, stillgelegten Steinbruchs. Darunter erstreckte sich ein malerischer See, an dessen Ufern ein schier undurchdringlicher Wald gedieh. Doch für die idyllische Umgebung hatten sie keine Zeit. Sie hatten einen Auftrag zu erfüllen und viel Zeit blieb ihnen nicht mehr, denn die Sterne am Himmel begannen bereits zu verblassen. In einer schnellen und fließenden Bewegung hatte sich Zoro auf die Mauer gezogen. Sanji folgte ihm und wollte auf der anderen Seite wieder herunter springen, doch Zoro hinderte ihn daran. Wortlos deutete er zu einer kleinen Überwachungskamera mit integriertem Bewegungssensor, die sich links von ihm befand. Dann zeigte er auch noch in die andere Richtung und Sanji entdeckte dort das gleiche Modell. Schweigend teilten sie sich nur über Gesten die weitere Vorgehensweise mit. Zoro übernahm das Gerät auf der linken Seite und Sanji würde die Kamera auf der rechten ausschalten. Rasch hatte Sanji seine Aufgabe erledigt und sah sich suchend nach Zoro um. Er verdrehte die Augen, als er sah, dass der Grünling am Ende der Mauer stand und sich nachdenklich am Hinterkopf kratzte. Er fragte sich, ob Lucci ihn wirklich mit Zoro mitgeschickt hatte, um etwas über Beschattung und Einbruch zu lernen oder ob er einfach nur aufpassen sollte, dass Zoro sich nicht verlief. Er rannte über die Mauer zu Zoro, packte dessen Hand und zog diesen zu ihrem abgemachten Ausgangspunkt zurück. „Und jetzt?“ wisperte Sanji und betrachtete die nun dunkle Villa. „Zur Terrassentür und da rein“, brummte Zoro leise zurück und glitt die Mauer herunter. Wieder folgte Sanji, lotste ihn unauffällig zur Terrassentür, ohne einige Extrarunden durch den Garten zu drehen. Intensiv untersuchte Zoro die Terrassentür, bevor er ein paar Schritte nach rechts machte und ein kleines, dünnes Kabel durchtrennte. „Öffne die Tür. Alarmanlage sollte jetzt aus sein“, informiert Zoro leise. „Sollte?“ hakte Sanji nach. Zoro zuckte mit den Schultern. „Wenn nicht, dann werden wir es früh genug mitbekommen.“ Ungläubig starrte Sanji den Grünhaarigen an. War das sein Ernst? Anscheinend, denn er öffnete gerade die Tür und stumm dankte Sanji allen Göttern, die ihm gerade einfielen, dass es still blieb. Gewissenhaft durchsuchten sie die Räumlichkeiten, stellten alles wieder an den Ort zurück, wo sie es hergenommen hatten, schalteten dabei weitere Sicherungssysteme aus und versteckten sich erfolgreich vor plötzlich auftauchendem Dienstpersonal. „Verflucht“, knurrte Sanji. „Sollten die nicht alle schlafen?“ Wieder mal zuckte Zoro nur mit den Schultern. „Kommt schon mal vor, dass nicht alles nach Plan läuft“, meinte er und wollte den Gang nach links herunter gehen. Sanji packte ihn am Arm, zog ihn nach rechts. „Da waren wir schon“, brummte er und ging zielstrebig auf eine Tür zu, hinter der sie sich noch nicht umgesehen hatten. Grummelnd ließ sich Zoro die Richtung weisen, verzichtete für den Moment darauf, den Blonden darauf hinzuweisen, dass er sehr gut wusste, wo sie bereits gesucht hatten und wo nicht. Sanji öffnete die schlichte, sehr alt aussehende Holztür und sie sahen sich einem dunklen Treppenhaus aus alten Steinen gegenüber. Kalte Nachtluft schlug ihnen entgegen. „Das muss der Eingang zu dem alten Turm neben der Villa sein“, murmelte Zoro und schaute einmal die Treppe herunter und dann herauf. Er betrat das schmale Treppenhaus und stieg die ersten Stufen nach unten. Skeptisch und mit einer bösen Vorahnung starrte er in die undurchdringliche Dunkelheit. „Sei vorsichtig. Achte auf jeden Schritt, den du machst“, flüsterte Zoro und ging vorsichtig weiter. Selbst mit dem Licht ihrer kleinen Taschenlampe konnten sie kaum weiter sehen, als bis zur übernächsten Stufe. Schritt um Schritt gingen die beiden weiter, immer darauf bedacht, wo sie hintraten. Plötzlich geriet Zoro ins Straucheln, wäre beinahe die schmale Steintreppe nach unten gefallen, wenn Sanji ihn nicht im letzten Moment festgehalten hätte. „Aber mir sagen, dass ich aufpassen soll“, schnaubte Sanji, sobald sie beide wieder sicher auf den Stufen standen. Zoro warf dem Blonden nur einen bösen Blick zu, bückte sich und starrte die kleine, undurchsichtige Bogensehne an. „Da wollte einer ungebetenem Besuch ein Bein stellen“, meinte er und stieg über die Sehne drüber. Noch aufmerksamer als zuvor ging er nun weiter. Entdeckte einige Stufen weiter eine zweite Falle. Diesmal war es allerdings keine Bogensehne, sondern eine dünne, sehr scharfe Klinge. „Wenn du da oben gefallen wärst, dann würdest du jetzt kopflos durch die Gegend rennen“, stellte Sanji trocken fest. Zoro knurrte lediglich. Er hasste es, anderen Dank zu schulden. Wortlos stieg er über die Klinge, ging aufmerksam weiter. Es folgte noch eine Handvoll solcher oder ähnlicher Fallen. Wundern, dass es so tief herunter ging, obwohl die Villa selbst nicht so hoch war, taten sie sich nicht. Ein wenig ratlos starrten sie, unten angekommen, die Wand an, die sich vor ihnen erstreckte. „Die wollen uns doch nicht weismachen, dass die die ganzen Fallen auf der Treppe installiert haben, nur um eine Sackgasse zu schützen!?“ Ohne auf Sanji zu achten, begann Zoro, die Wand abzutasten. Suchte nach einer Öffnung, einer versteckten Tür, einem Hebel oder ähnlichem. Mit einem quietschenden Geräusch schwang schließlich eine schmale Tür auf. Vorsichtig näherten Sanji und Zoro sich dieser. Dahinter befand sich ein langer Gang, welchem sie achtsam folgten. „Runter“, raunte Zoro und drückte den Kopf des Blondschopf nach unten, als ein silberglänzende, rotierende Scheibe auf Halshöhe auf sie zuraste. „Verdammt“, schimpfte Sanji. „Was sollen eigentlich all die ganzen archaischen Fallen? Können die sich nichts modernes leisten?“ Zoro grinste. „Sie sind zwar alt, aber verdammt wirkungsvoll und um einiges unauffälliger, als der ganze neumodische Kram. Die funktionieren auch noch, wenn der Strom mal ausfällt“, meinte er und untersuchte bereits die Tür am Ende des Ganges. Eine einfache Holztür. Zu einfach, wie Zoro fand. Und er sollte recht behalten. An der Unterseite der Türklinke fand er eine kleine Nadel, welche höchstwahrscheinlich in ein tödliches Gift getaucht war. Immer auf der Hut, öffnete Zoro schließlich die Tür und trat in den dahinter liegenden Raum. Nach der Einrichtung zu urteilen, handelte es sich um ein verstecktes Arbeitszimmer. Gewissenhaft sahen sie sich um, hatten auch recht schnell die verfänglichen Unterlagen und Dokumente, nach denen sie gesucht hatten, entdeckt und fotografierten diese mit ihren Minikameras ab. Abschließend sah sich Zoro, nachdem sie alles wieder an ihren Platz geschafft hatten, in dem Raum um. Seine Augen blieben an einer breiten und auch recht langen Sitzbank hängen. Sein Gespür sagte ihm, dass damit irgendwas nicht stimmte und er trat langsam auf diese zu, öffnete den Deckel. „Was ist das?“ fragte Sanji und starrte das Paket aus vergilbten Leinenverbänden an. Irgendwie hatte es eine sehr menschliche Form und Sanji lief es eiskalt den Rücken herunter. „Das ist aber nicht das, was ich denke, oder?“ Zoro zuckte mit den Schultern, zückte ein Messer und durchtrennte vorsichtig die Verbände, zog diese anschließend leicht auseinander. Sanji würgte trocken, als das Gesicht eines Mannes zum Vorschein kam. Er drehte sich weg, presste die Hand vor den Mund. „Wer ist das?“ wollte er wissen und fragte sich stumm, warum Zoro bei dem Anblick so ruhig bleiben konnte. „Das ist der vor kurzem verschwundene Politiker Sankt Jalmack“, informierte Zoro ruhig und dokumentierte ihren Fund. „Das dürfte sogar für die CP9 neu sein, dass Lady Alvida etwas mit dessen Verschwinden zu tun hat.“ Freudlos lachte Sanji auf. „Ich denke, das Wort ‚verschwinden’ trifft es nicht mehr ganz. Ich würde jetzt eher von dessen ‚Ableben’ sprechen.“ Zoro nickte. „Lass uns von hier verschwinden. Wir haben alles, was wir brauchen“, brummte er und schloss den Deckel wieder. Genauso vorsichtig, wie sie runter gegangen waren, machten sie sich auf den Rückweg. Als sie an der Tür ankamen, durch die sie den Turm betreten hatten, erwartete sie eine böse Überraschung. Nachdem Zoro die Tür leise geöffnete hatte, sah er sich einem ziemlich verdutzten Wachmann gegenüber. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)