Criminal Minds - Das Leben danach von Flitzkatze ================================================================================ Kapitel 16: Fragen ------------------ Die Kassette hat ein wenig Vorlauf. Ich nutze die Zeit und vergewissere mich ein weiteres Mal, ob ich wirklich unbeobachtet bin. Die Jalousien habe ich zugezogen und spähe nur kurz hindurch. Die Zentrale liegt völlig verlassen da und nur das Sicherheitslicht beleuchtet den großen Raum spärlich. Ich trommle nervös mit den Fingern, obwohl ich eigentlich unentdeckt bleiben müsste. Dennoch sitzt man in Hotchs Büro immer auf dem Präsentierteller. Ich habe keinerlei Befugnis, hier zu sein, schon gar nicht in der Nacht, aber nachdem Hotch es geschafft hat, mir seit meiner Rettung konsequent aus dem Weg zu gehen, suche ich mir meine Antworten eben selbst. Das Band knackst. Es geht los. „Erste Befragung zum Fall ‚Ford, Henry‘, Aktenzeichen C14f. Durchgeführt von Section Chief Erin Strauss. Geben Sie Ihren Namen und Dienstgrad zu Protokoll.“ „Supervisory Special Agent Aaron Hotchner.“ „Agent Hotchner, Ihnen und Ihrem Team wurden die Ermittlungen im Fall Leicester/Higgins/Rhymes übertragen. Ist das richtig?“ „Ja, ist es.“ „Sie waren der leitende Ermittler?“ „Das ist der Fall.“ „Wer war an den Ermittlungen beteiligt?“ „Unmittelbar beteiligt waren die SSAs Gideon, Morgan, Prentiss, Dr. Reid, sowie Agent Jareau. Beteiligt war auch Penelope Garcia, technische Assistentin, sie wurde jedoch nur im Laufe der Ermittlungen kontaktiert.“ „Wie war Ihr Vorgehen im Fall Leicester?“ „Unser Vorgehen unterschied sich nicht vom Normalfall; wir erstellten ein Täter- und Opferprofil und gaben dies den Ermittlungskräften vor Ort bekannt. So schlossen wir auch bald auf den Tatverdächtigen.“ „Mit diesem kamen Sie schon während den Ermittlungen in Kontakt.“ „Das ist richtig.“ „Wie und warum?“ „Der Sheriff des Departments stellte den Kontakt her, da Ford schon vorher mit einem ähnlichen Fall zu tun hatte. Er war der Meinung, dass er eine große Hilfe sein könnte.“ „Besagter Fall war der Grund für Henry Fords Suspendierung vom Dienst im Jahre 2002?“ „Auch das ist richtig.“ „Wie kam es zu jener Situation im Keller von Ross Leicesters Ehefrau, Mary Leicester?“ Aha. Jetzt wird es interessant. Ich setze mich auf den Tisch, neben den Kassettenspieler. „Ich bekam einen Anruf von Henry Ford. Er habe ein Teammitglied, SSA Dr. Spencer Reid, in seiner Gewalt.“ „Wie konnte es dazu kommen?“ „Die Ermittlungen in diesem Fall waren ungewohnt kräfteraubend, das gesamte Team schien erschöpft. Dr. Reid bat um Erlaubnis, zum Hotel zurückzukehren.“ „Die Sie erteilten.“ „In der Tat.“ „Warum?“ „Es gab nichts zu tun. Wir waren auf einen weiteren Schritt des Täters angewiesen. Ich dachte, es würde nicht schaden, wenn mein Agent, etwas erholt, später zu den weiteren Ermittlungen dazustoßen würde.“ „Was geschah dann?“ „Wie erwartet, konnten wir nichts tun. Wir sprachen erneut über Täter und Opfer, ließen auch die Aussagen der Familienmitglieder der Opfer mit einfließen, kamen aber zu keinerlei neuen Erkenntnissen.“ „Wann bemerkten Sie Dr. Reids Verschwinden?“ „Nach zwei Stunden wurde ich unruhig; SSA Morgan versuchte, Reid zu kontaktieren, doch dieser ging nicht an sein Mobiltelefon. Nach einer weiteren halben Stunde schickte ich Morgan ins Hotel, um nach dem Rechten zu sehen.“ „Wieso haben Sie eine weitere halbe Stunde gewartet?“ Hotch schweigt kurz. Mein Herz klopft. „Ich hielt es nicht für nötig, ihn früher herzubestellen. Es gab nichts zu tun.“ „Sie hielten es nicht für nötig? Kein Lebenszeichen von Ihrem Agent, und Sie halten es nicht für nötig?“ „Ich konnte nicht ahnen, was geschehen ist. Vielleicht hatte er sich kurz hingelegt und war eingeschlafen.“ „Halten Sie das nicht für grob fahrlässig?“ „Einzuschlafen?“ „Agent Hotchner.“ „Ich verstehe Ihr Problem nicht ganz, Chief. Es war ein langer und entbehrungsreicher Tag. Warum sollte ich meinem Agent keine zwei Stunden Ruhe gönnen?“ „Hier geht es nicht um Gunst oder Missgunst. Hier geht es darum, dass Ihr Agent am helllichten Tage von einem Psychopathen verschleppt wurde, und das nur, weil Sie ihn unbegleitet ins Hotel gehen ließen.“ „Chief. Ich sehe es ein, ich habe einen Fehler gemacht. Aber ich habe mir wirklich nichts weiter dabei gedacht. Ich war genauso erschöpft wie der Rest des Teams. Menschen machen Fehler.“ „Die andere Menschen fast das Leben kosten.“ „Unter Umständen, ja.“ „Ich sehe schon, das führt zu nichts. Was geschah, nachdem Agent Morgan zum Hotel gefahren war?“ „Wir erhielten seinen Anruf, dass Dr. Reid nicht aufzufinden sei. Er informierte uns auch über die Nachricht, die der Täter hinterlassen hatte.“ „Die Nachricht lautete: ‚Die Kette reißt immer am schwächsten Glied. Was nun, Agent Hotch?‘ Ist das richtig?“ „Ja. Daraufhin fuhren wir zum Hotel.“ „Wir?“ „Das restliche Team, der Sheriff, und eine kleine Gruppe Polizisten.“ „Wie war die Situation im Hotel?“ „Wir besahen uns den Tatort und schlossen darauf, dass SSA Reid wohl aus dem Hinterhalt überrumpelt wurde. Wir fanden Blutspuren auf dem Boden und an einem Glasaschenbecher und vermuteten, dass er damit niedergeschlagen wurde.“ „Was fanden Sie außerdem?“ „Sein Handy. Seine Dienstwaffe. Seine Tasche, deren Inhalt im Zimmer verstreut lag. Wir vermuteten einen Kampf.“ „Noch etwas?“ „Nichts Außergewöhnliches.“ „Wie kam es zu dem Anruf?“ „Der Sheriff überreichte mir ein Mobiltelefon und meinte, dass Ford mich sprechen möchte.“ „War der Sheriff ein Komplize?“ „Nein, es stellte sich heraus, dass Ford ihm das Telefon gegeben hatte, um mit ihm in Kontakt bleiben zu können und auf dem neuesten Stand der Entwicklungen zu sein.“ „Und der Sheriff wurde nicht stutzig?“ „Er scheint Ford als sein Vorbild zu sehen. Er nahm es ohne Fragen hin.“ „Was teilte Ford Ihnen am Telefon mit?“ „Er sagte: ‚Hotch, ich will dich nicht hetzen, aber dein Agent stirbt.‘“ „Was war Ihre Reaktion?“ „Ich fragte, was ich tun soll.“ „Und?“ „Er stellte Bedingungen: Ich solle allein und unbewaffnet in den SUV steigen. Er würde mich zum Ort des Geschehens lotsen. Wenn mir jemand folgen sollte, würde er Dr. Reid sofort töten.“ „Und da entschieden Sie sich, einfach loszufahren.“ „Natürlich nicht. Ich besprach mich mit meinem Team, doch wir sahen keinen anderen Weg. Wir versuchten, das Handy, das ich vom Sheriff erhalten hatte, zu orten, doch das war nicht möglich. Ich wollte das Team anrufen, sobald ich am Ziel war; so lange sollten sie mir in einem angemessenen Abstand und in zivil folgen. Andere Möglichkeiten gab es nicht.“ „Ford lotste Sie in Mary Leicesters Keller, wo Sie Dr. Reid auffanden.“ „Das ist richtig. Er befand sich in desolatem Zustand.“ „Inwiefern?“ „Er war bewusstlos. Vermutlich aufgrund der schweren Kopfverletzungen, die Ford ihm zugefügt hatte.“ „Was geschah dann?“ „Ich war geschockt, meinen Agent so aufzufinden, und deswegen unaufmerksam. Ford konnte mich überwältigen.“ „Konnten Sie sein Motiv herausfinden?“ „Ja, Sie können Details dazu meinem ausführlichen Bericht entnehmen.“ „Dann?“ „Ich versuchte, Fords Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, da Dr. Reid mehr Verletzungen kaum stand gehalten hätte. Es gelang. Als ich meine letzten Kräfte mobilisiert hatte, attackierte ich Ford, indem ich ihn gegen die Wand stieß; es gelang mir dann, die Oberhand zu gewinnen. Ich stieß ihn erneut und er fiel auf die Betontreppe. Dann bewegte er sich nicht mehr.“ „Er bewegte sich nicht mehr.“ „Nein.“ „Und Sie haben nicht nach ihm gesehen.“ „Nein, da das SWAT-Team kurz darauf den Keller stürmte. „Also würden Sie Fords Tod als einen Unfall bezeichnen.“ „In der Tat.“ „Und Sie sind sicher, dass Ihre Reaktion auf seine Attacke angemessen war.“ „Chief, mein Agent lag blutend in einer Ecke. Ich war körperlich geschwächt. Ich habe einfach reagiert.“ „Gut, das reicht mir. Danke, Agent Hotchner.“ Das Band knackst erneut. Und ehrlich gesagt hat es mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet, ich bin jetzt endgültig verwirrt. Ich sitze auf dem Tisch und sinniere noch ein wenig darüber, was ich gerade gehört habe, als sich die Türe öffnet. Ich fahre herum. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)