Shadowwalkers II von FaithNova (Kampf und Flucht) ================================================================================ Kapitel 41: Lilys letzte Fahrt ------------------------------ Ein kräftiges Spätsommergewitter fegte schon seit dem frühen Nachmittag über die Stadt und hatte auch das Gebiet um das Kloster nicht verschont. Lily hatte es als eine wohltuende Abwechslung gesehen. Endlich etwas anderes in ihrem sonst sehr eintönigen Dasein in diesem Gefängnis. Seit Ashleys 'Besuch' hatte sie kaum noch jemandem zu Gesicht bekommen. Sie hatte inständig gehofft, dass Ashley wieder aus dem Kloster verschwinden konnte, bevor man sie bemerkt hatte. Ein Grund dafür, warum sie diese Hoffnung noch nicht verloren hatte, war, dass es ansonsten in irgendeiner Form an sie heran getragen worden wäre. Duncan oder ein anderer Schattengänger hätten bestimmt der Versuchung nicht standhalten können, es ihr unter die Nase zu reiben. Doch bis gerade eben war nichts dergleichen passiert. Allerdings waren vor zehn Minuten zwei Schattengänger zu ihr gekommen und hatte sie 'gebeten' besondere Fesseln anzulegen. Sie hatten ansonsten kein einziges Wort gesagt, nicht mal als Lily ein paar dumme Kommentare darüber gemacht hatte, dass sie ja schon immer mal Fesselspiele ausprobieren wollte, aber bestimmt nicht mit ihnen. Die beiden waren wohl nicht offen für ein bisschen Galgenhumor. Nach ihrer Fesselung hatten die beiden sie unsanft Richtung Tür und die Treppe hinunter bugsiert. Lily hatte immer wieder versucht heraus zu finden, wohin diese Wanderung denn ging, doch das hatte sie aufgegeben, bevor sie im Erdgeschoss angekommen waren. Sie hatte mit den Schultern gezuckt und laut vor sich hin gedacht: "Wahrscheinlich hat euch beiden jemand die Zunge raus geschnitten, weil ihr ständig irgendwelchen Blödsinn von euch gegeben habt - oder weil ihr Duncan für seinen Modestil kritisiert habt." Diese Aussage hatte ihr einen ziemlich rüden Schubs die letzten Stufen hinab eingebracht. Sie konnte sich gerade noch so abfangen. Wenigstens hatte sie somit feststellen können, dass die beiden nicht taub waren und sie auch nicht vollständig ignorierten. Nur wenige Augenblicke später wurde sie auf dem Hof in einen großen, schwarzen, hinten fensterlosen Kastenwagen geschoben. Die Türen wurden geschlossen und man hatte sie allein der Dunkelheit überlassen. Sie hatte gehört wie die beiden Türen vorne geöffnet und wieder geschlossen würden - sie nahm an, die beiden waren eingestiegen. Als Sekunden später der Motor angelassen wurde und das Radio extrem laut gestellt wurde, war sich Lily sicher, dass die beiden sie hier weg fahren wollten. Wenigstens wollen sie mich nicht umbringen! dachte sie. Allerdings kam ihr dann in den Sinn, dass sie das vielleicht ja noch erledigen wollten, nur an einem anderen Ort als dem Kloster. Lily blieb nichts weiter übrig als abzuwarten. Die beiden führen scheinbar über mehrere Kilometer Feldwege, denn fast alle zehn Meter trafen sie ein Schlagloch und Lily wurde mehr als einmal hin und her geschleudert. Einmal prallte sie mit dem Kopf so heftig gegen die Wagenseite, dass sie fürchtete, ohnmächtig zu werden. Schließlich entschied sie, einfach liegen zu bleiben, um noch schlimmere Verletzungen zu vermeiden. Die Schlaglöcher wurden nicht weniger und Lily begann sich zu fragen, ob der Fahrer des Wagens dies nicht vielleicht mit Absicht machte und es als einen Sport ansah, jedes mögliche Schlagloch auf die erdenklich schlechteste Weise zu treffen. Diese ruppige Fahrt dauerte nun schon schier endlos lange. Da Lily aufgrund ihrer Gefangenschaft sowieso schon ihr Zeitgefühl verloren hatte, konnte sie beim besten Willen nicht sagen, wie lange sie schon unterwegs waren. Jedoch schloss sie keinesfalls die Möglichkeit aus, dass es sich bereits um mindestens eine Stunde handelte. Schließlich hielt der Wagen relativ abrupt an und der Motor sowie das Radio erstarben von einer Sekunde auf die andere. Lily, die inzwischen schon in einer Art Trance verfallen war, war mit einem Mal hellwach und setzte sich ruckartig auf. Das Adrenalin pumpte durch ihren Körper und in ihren Ohren rauschte das Blut. Als die Türen aufflogen kniff sie ihre Augen zusammen. Grelles Licht blendete sie. Die beiden Schattengänger hatten Taschenlampen und leuchteten ihr direkt ins Gesicht. Das einzig Gute daran war, dass zumindest einer der beiden seine Sprache wieder gefunden hatte: "Aussteigen!" blaffte er sie ziemlich genervt an. Lily folgte langsam seiner Aufforderung und versuchte beim Aussteigen etwas von ihrer Umgebung zu erkennen. In einiger Entfernung waren noch Lichter zu erkennen, was auf zumindest ein paar bewohnte Häuser schließen ließ. Um sie herum waren Bäume und das Auto stand auf einem kleinen Parkplatz am Rand einer Forststraße. Obwohl es bereits ziemlich dunkel war, war sich Lily fast sicher, wo sie waren. Sie glaubte, dass sie am Rand des Stadtforstes waren. Bei diesem Gedanken lief ihr ein Schauer über den Rücken. Nicht allzu weit von hier war die Ruine, wo sie vor einigen Monaten Ashley vor einem Dämon gerettet hatte - wo Ashley nach dem Manuskript gesucht hatte. Lily verbannte diesen Gedanken aus ihrem Kopf - sie hatte weiß genug andere Probleme, um die sie sich im Moment kümmern musste. Und zwei dieser Probleme standen nun neben ihr und schienen versteinert zu sein. Nachdem sie sie aus dem Wagen gebeten hatten, waren sie wieder zur Verschwiegenheit übergegangen. Aber Lily hatte bemerkt, dass sie ihre Umgebung genau beobachteten. Sie warteten auf etwas. Das heißt zumindest, dass sie mich nicht umbringen wollen. schoss es ihr durch den Kopf. Was aber wollten sie denn dann hier? Lily konnte sich im Moment keinen Reim darauf machen und sie hielt es nicht für sinnvoll, danach zu fragen. Als sie noch darüber sinnierte, erschienen zwei Lichter aus der Richtung des Forstes. Ein anderer Wagen kam auf sie zu. Einer ihrer Wächter brummte: "Da sind sie endlich." und Lily ging ein Licht auf. Sie waren hier her gekommen, um sie zu übergeben. Duncan wollte sie wirklich loswerden? Kurz überlegte sie, was es Lucas gekostet haben musste, sie von dem Schattengänger zu kaufen, da war der Wagen schon an sie heran gefahren. Es war ein kleiner Laster, der ziemlich verbeult aussah. Lily fragte sich, von welchem Schrottplatz Lucas dieses Teil gezogen hatte. Die Türen gingen auf und vom Fahrersitz rutschte ein Dämon, den Lily als Lloyd identifizierte, einen von Charons' Laufburschen. Sie fürchtete bereits, dass Charon der zweite im Bunde war und sie sein hämisches Grinsen ertragen musste. Doch als die zweite Gestalt, die auf dem Beifahrersitz gesessen hatte, um den Wagen herum kam, war es niemand anderes als Lucas selbst. Allerdings hatte auch er ein ziemlich selbstgefälliges Grinsen aufgesetzt, als er auf Lily zukam. Etwa einen Meter vor ihr blieb er stehen. "Nun, wen haben wir denn da? Ein Stück verfaultes Fleisch, das ich endlich herausschneiden kann!" Lily erwiderte sein Lächeln und tat dann etwas, was nicht nur für sie selbst völlig unerwartet war. Sie spuckte ihm mitten ins Gesicht. Einen Moment schienen die Schattengänger und Lloyd den Atem anzuhalten. Lucas wischte sich die Spucke aus dem Gesicht und fing dann an laut zu lachen. Er lachte so laut und so lange, dass sich die Lage wieder zu entspannen schien. Doch dann wie aus dem Nichts ging er auf Lily los. Er packte sie mit einer Hand an der Kehle und drückte sie gegen eine Tür des Kastenwagens. "Du unterschätz die Lage, in der du dich befindest, Ilyana! Deine Zeit ist vorbei, und ich werde persönlich dafür sorgen, dass dein Ende ein leidvolles ist!" brüllte er sie an. Er setzte zu einer weiteren Schimpftirade an, doch dann geschah etwas, was ihn völlig aus dem Konzept warf. Einer der Schattengänger wurde ohne eine ersichtliche Einwirkung in Richtung der Bäume geschleudert und Lloyd landete auf dem Dach des Lieferwagens. "Was zum Teufel..." war alles, was er noch heraus brachte, bevor die Hölle selbst um ihn herum losbrach. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)