Shadowwalkers II von FaithNova (Kampf und Flucht) ================================================================================ Kapitel 23: Etwas unternehmen ----------------------------- Der nächste Morgen kam trotz des warmen Wetters mit tief hängenden schwarzen Wolken. Sie spiegelten die gedrückte Stimmung im Haus wie nichts sonst wieder. Es hatte fast zwei Stunden gebraucht, bis Ashley sich endlich wieder vollständig zur Ruhe bringen ließ und in einen unruhigen, wenig erholsamen Schlaf fiel, der bereits beim ersten Morgengrauen wieder endete. Lily und Trinity hatten gar nicht wieder geschlafen. Nachdem sie sich versichert hatten, dass Ashley auch wirklich schlief – auch wenn es nicht wirklich all zu lange dauerte – begannen die beiden eine hitzige Diskussion. Keiner von beiden konnte sich erklären, was da passiert war. Ashley hatte niemals zuvor die Fähigkeiten anderer angenommen. Und die Fähigkeit, die sie vor wenigen Stunden wenig kontrolliert eingesetzt hatte, war eindeutig nicht ihre. Lily erinnerte sie entfernt an etwas, das Charon ein zusetzten fähig war. Und das war noch nicht einmal die Spitze des Eisbergs. Es konnte kein Zufall sein, dass sie kurz davor fähig war, ihn zu spüren, obwohl er sich vor Trinity und Lily gekonnt verbarg. Und das hatte auch Trinity und Lily die letzten Stunden beschäftigt. Ashley hatte sich nach dem Aufwachen wenig besser gefühlt. Aber es gefiel ihr noch weniger, dass sie wie eine Aussätzige behandelt wurde. Und deshalb war sie irgendwann im Laufe des Vormittags nach draußen gegangen und hatte sich an einen Steg am Ufer gesetzt. Vom Fenster aus konnten Lily und Trinity sie beobachten und Ashley wusste sehr genau, dass sie das auch taten. Lily stand am Fenster und wandte den Blick kaum ab. Nur ab und zu sah sie zu Trinity hinüber, die vehement auf sie einredete. Lily hörte ihr nur mit halbem Ohr zu. Und irgendwann stand sie wie aus heiterem Himmel neben ihr und Lily wandte sich verdutzt ihr zu. „Jetzt hör schon auf, dich wie ein Stalker zu benehmen und hör mir eine Minute lang zu.“ Lily ignorierte Trinitys Worte und meinte flapsig: „Ich habe bereits vor einer Stunde gehört, was du zu sagen hast. Und ich habe dir gesagt, was ich davon halte.“ Trinity seufzte gequält. „Nur weil du ihn nicht leiden kannst, heißt das nicht, dass er nicht helfen kann.“ Lily wandte sich wieder dem Fenster zu, eine Geste, die unmissverständlich bedeuten sollte, dass in dieser Sache das letzte Wort gesprochen war. Aber Trinity wollte nicht so einfach klein bei geben. „Er hat mehr Ahnung von den Fähigkeiten der Schattengänger als jeder andere, den ich kenne. Nun – sehen wir mal von den Leuten ab, die wir bestimmt nicht fragen können, weil sie ja hinter Ashley her sind.“ Lily lächelte gequält. Sie wusste, dass Trinitys Sorge ehrlich war und – das bereitete ihr Kopfzerbrechen – sie war auch berechtigt. „Es ist weniger, dass ich ihn nicht leiden kann. Er kann mich nicht leiden. Und ich bezweifle, dass er helfen wird.“ Trinity rollte mit den Augen. „Er wird helfen, wenn du ihn darum bittest. Wenn du ihn nicht fragen willst, wen willst du dann fragen? Es gibt nicht gerade viele Möglichkeiten, oder?“ Widerwillig nickte Lily. „Was ist, wenn er ihr nicht helfen kann?“ Trinity lächelte leicht. „Das weißt du erst, wenn du ihn gefragt hast.“ Eine Weile herrschte Stille, Lily schien darüber nach zudenken und Trinity schickte dutzende Stoßgebete zum Himmel, dass sie einsichtig war. Dann flüsterte sie kaum hörbar und Trinity wusste, dass es sie viel Überwindung kostete, das zu zugeben: „Ich will nicht von ihr getrennt sein. Ich ertrage den Gedanken nicht, dass es ihr wieder schlechter gehen könnte.“ Trinity legt ihr den Arm um die Schultern. „Schon okay, ich denke nicht mal im Traum daran, euch beide auseinander zu reißen, da ich ja grade soviel Energie hineingesteckt habe, euch wieder zu versöhnen. Ich werde zu ihm gehen. Und du wirst bei ihr bleiben und auf sie aufpassen.“ Trinity ging ins Wohnzimmer und Lily eiste sich nur schwer los und folgte ihr. „Wann willst du fahren?“ Trinity zog sich ihre Schuhe an und griff nach der Jacke. „Sofort. Ich pack noch ein paar Dinge zusammen und dann bin ich weg.“ Lily verzog das Gesicht. Es war unverkennbar, dass sie Einspruch einlegen wollte, aber ihr war klar, dass die Zeit drängte. Und das war der Grund, warum Trinity auch nicht warten wollte. „Verabschiedest du dich von ihr?“ meinte Lily etwas unsicher. Trinity grinste. „Werde ich. Du solltest zu ihr gehen, ich glaube, dass sie dir ordentlich was zu sagen hat, nachdem du sie die letzten drei Stunden heimlich beobachtet hast.“ Lily lächelte schwach. „Immerhin eine von uns, die sich abreagieren kann.“ Während Trinity in ihr Schlafzimmer verschwand, ging Lily nach draußen und schlenderte durch den warmen Sand auf den Steg zu, wo Ashley immer noch unbewegt saß. Eine Brise wehte vom Wasser her auf das Festland und verursachte auf ihrer Haut eine kleine Gänsehaut. Als Lily nur wenige Meter von Ashley entfernt war, drehte diese sich um und sah sie mit müden Augen an. „Und seid ihr euch endlich einig, auf welchem Scheiterhaufen ihr mich verbrennen wollt?“ Lily versuchte zu lächeln, aber der ziemlich abgekämpfte Anblick ihrer Freundin ließ sie das Lächeln herunterschlucken. Sie setzte sich zu ihr und nahm sie in den Arm. Ashley sank zu ihr nieder und legte ihren Kopf an Lilys Schulter. Lily strich ihr sanft durch die Haare. „Niemand hat vor dich zu verbrennen. Wie wir ja heute Nacht raus gefunden haben, kannst du das gut selber.“ Ashley seufzte nur kurz auf. Sie konnte darüber nicht lachen. Und Lily wollte auch gar nicht dass sie das tat. „Was zum Teufel ist nur mit mir los?“ Lily küsste ihr sanft auf die Stirn. „Ich weiß es nicht. Aber ich werde alles tun, um dir zu helfen. Egal, was dafür nötig ist.“ Ashley schmiegte sich enger an sie und schloss die Augen. „Und was wäre das?“ flüsterte sie. Lily seufzte. „Trinity wird einen alten Freund besuchen. Er kann dir vielleicht behilflich sein.“ Ashley lachte schwach auf. „Und was ist das für ein Freund?“ fragte sie. Die Antwort kam nicht durch Lily, sondern durch Trinity, die neben den beiden in die Hocke ging. „Er ist mein Mentor. Und meine Mum und er haben sich ständig in den Haaren. Aber er ist ein guter Kerl.“ Ashley öffnete die Augen und zog die Stirn kraus. „Ist er ein Dämon?“ fragte sie und brauchte die Antwort gar nicht mehr ab zuwarten. Trinitys Gesichtsausdruck verriet ihr alles was sie wissen wollte, also hob sie abwehrend die Hände. Lily flüsterte in ihr Ohr. „Sam ist wirklich ein guter Kerl. Ein wenig arrogant und hochnäsig, aber ansonsten okay.“ Ashley grinste nun über beide Ohren. „Ja, ich sehe warum ihr euch nicht leiden könnt, ihr habt ja schließlich soviel gemeinsam.“ Lily kniff sie leicht in die Wange, wahrend Ashley schallend auflachte. Trinity grinste. „Sie hat Recht. Ihr seid euch nicht unähnlich.“ Lily legte eine beleidigte Miene auf. „Vielen Dank auch. Es geht euch wohl nur gut, wenn ihr euch verbünden könnt.“ Trinity und Ashley fingen im Chor zu lachen an. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatten sich die beiden beruhigt und Trinity verabschiedete sich mit dem Versprechen, bald von sich hören zu lassen. Lily und Ashley saßen noch ein paar Stunden auf den Steg und unterhielten sich und schließlich schlief Ashley völlig erschöpft in Lilys Armen ein. Und diesmal schlief sie wesentlich ruhiger als an diesen Morgen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)