Eine schwere Krankheit von Chloe (Nichts hält für die Ewigkeit) ================================================================================ Prolog: Vorgeschichte --------------------- Hier mal eine neue Story von mir. Das hier ist erstmal nur der Prolog, der ein bisschen was von der Vorgeschichte dieser Story erzählt. Die wird allerdings erst im späteren Verlauf der Story wichtig. Ich hoffe, euch gefällt der Prolog, das nächste Kapitel ist auch schon in Bearbeitung, also dürfte es nicht lange dauern. Zumal ich endlich wieder Lust am Schreiben habe. ^^ Prolog - Vorgeschichte Es war früher morgen an einem anscheinend vollkommen normalen Tag. Die Sonne war noch gar nicht lange aufgegangen, doch durch das große Haus lief bereits ein kleines Mädchen von gerade mal 7 Jahren. Für sie war dieser Tag ganz und gar nicht gewöhnlich, denn es war ihr Geburtstag und sie freute sich bereits seit Wochen darauf. Daher konnte sie es gar nicht mehr abwarten, endlich loszulegen. Noch vor ein paar Monaten hätte man ein solches Bild kaum für möglich gehalten, da es eher selten war, dass das sonst sehr kranke Kind eine solche Lebensfreude zeigte. Doch nun schien sie von Tag zu Tag immer wilder zu werden. Und das zeigte sie ihren Eltern auch an diesem Morgen. Ohne großartig auf die Uhrzeit zu achten, stürmte das kleine Mädchen in das Zimmer ihrer Eltern und war im nächsten Moment auch schon zwischen den beiden Erwachsenen im Bett. "Mama, Papa! Zeit zum Aufstehen!" Ihr fröhliches Lachen erfüllte das Zimmer und auch wenn sie viel lieber noch geschlafen hätten, freuten sie sich viel zu sehr über das Verhalten ihrer Tochter. Das letzte Jahr war für sie als Eltern sehr hart gewesen, denn nicht nur einmal mussten sie um das Leben ihres Kindes bangen. Doch nun schien sich ihr Zustand völlig gewandelt zu haben und sie war in der vergangenen Zeit viel lebendiger und fröhlicher geworden. Daher konnten sie ihr nun auch nicht böse sein. Der Mann mit den rabenschwarzen Haaren nahm seine Tochter gleich in den Arm und drückte sie an sich. "Da ist ja unser Geburtstagskind! Kannst es wohl gar nicht mehr erwarten." Er wurde von dem Lachen seiner Tochter angesteckt und stieg mit ihr auf dem Arm aus dem Bett hinaus. Seine Frau folgte seinem Beispiel und kam zu ihrer Familie herüber, um ihrer Tochter einen Kuss auf die Stirn zu geben. "Du bist ja sogar schon fertig angezogen. Dann will ich mal schnell das Frühstück fertig machen, damit wir los können." "Au ja!" Das kleine Mädchen strahlte ihre Mutter an und das Leuchten in ihren grünen Augen zeigte nur zu deutlich, wie sehr sie sich freute und wie glücklich sie war. Ihre Mutter wuschelte durch die kurzen, blonden Haare ihrer Tochter, bevor sie das Schlafzimmer verließ, um das Frühstück unten vorzubereiten. Sie selbst war nicht weniger glücklich als ihre Tochter. Das Kind war bereits seit der Geburt krank gewesen und die Ärzte waren nicht einmal davon ausgegangen, dass sie überhaupt ihr sechstes Lebensjahr erreichen würde. Und nun würden sie ihren siebten Geburtstag feiern. Mit einem Lächeln auf den Lippen zauberte die junge Frau das Frühstück und bald schon war der Tisch gedeckt, sodass sie sich schnell im Bad fertig machen konnte. Ihr Mann war damit bereits durch und spielte gerade etwas mit seiner Tochter im Wohnzimmer. Sobald sie alle in der Küche waren, begann auch schon das gemeinsame Frühstück der Familie. Und noch immer war das kleine Mädchen bei bester Laune. "Fahren wir gleich ans Meer? Bitte~!" "Natürlich mein Schatz. Sobald du deine Sachen gepackt hast, können wir losfahren." Die Eltern konnten gar nicht so schnell gucken, wie ihr Kind auch schon den letzten Bissen hinuntergeschluckt hatte und aus der Küche verschwunden war. Man konnte sie die Treppe hinauf laufen hören. Für einen kurzen Moment herrschte Ruhe, bevor der kleine Wildfang auch schon mit einer Tasche zurück in die Küche gerannt kam. "Fertig!" Die beiden Erwachsenen mussten lachen und aßen selbst noch schnell auf, bevor der Tisch abgeräumt wurde und die Frau den Korb nahm, den sie am Vortag bereits vorbereitet hatte. Lachend lief das kleine Kind nach draußen und zu der Garage, in dem der gelbe Ferrari stand, welcher der ganze Stolz ihres Vaters war. Sie liebte es mit diesem zu fahren, denn dann waren sie immer so schnell und der Wind wehte ihr um die Ohren. Und so würde es auch dieses Mal sein, als endlich alles im Wagen verstaut war und die Fahrt zum Strand losging. Ungeduldig rutschte das blonde Mädchen auf ihrem Sitz hin und her, sie konnte es schon gar nicht mehr abwarten. Doch mit dem, was als nächstes passieren sollte, hatte niemand aus der kleinen Familie gerechnet. Sie fuhren gerade durch ein kleines Wäldchen, das vor dem Strand lag, als auf einmal vor ihnen ein Mann auf die Straße gelaufen kam. Sofort bremste der Ferrari und kam gerade noch so vor dem Mann zum stehen. "Alles in Ordnung? Ist Ihnen nichts passiert?" Doch anstatt darauf zu antworten holte der Mann nur eine Waffe hervor und richtete sie auf die kleine Familie. "Los aussteigen!" Mit leichter Panik beobachtete das kleine Mädchen, wie ihre Eltern aus dem Wagen stiegen und ihr Vater auf den bewaffneten Mann zu trat, um auf ihn einzureden. Ihre Mutter stellte sich dabei vor sie, sodass ihre Sicht ein wenig verdeckt war. Doch dadurch wurde ihr erspart mitanzusehen, wie ihr Vater eiskalt erschossen wurde. Sie hörte nur den Schuss und sah, wie ihr Vater auf den Boden fiel. Sofort wollte sie zu ihm, doch ihre Mutter hielt sie zurück und sah sie eindringlich an. "Lauf schnell weg! Ich komme gleich nach! Beeile dich!" Die Frau drückte ihre Tochter bestimmt von sich, als diese keine Anstalt machte, sich zu bewegen. Sie konnte das Unverständnis und die Panik in ihren Augen erkennen, doch dafür war nun keine Zeit. Sie musste ihr Leben schützen. "Los!" Einen Moment stand das Kind noch regungslos dort und starrte entsetzt ihre Mutter an. Doch dann lief sie wie von der Tarantel gestochen los und in das Wäldchen hinein, sodass sie schnell aus der Sichtweite der beiden Zurückgebliebenen war. Sie lief, so schnell sie konnte, genau so wie ihre Mutter es gesagt hatte und erst, als sie über eine Wurzel stolperte und hinfiel, blickte sie zurück. Ihre Mutter war weit und breit nicht zu sehen und als dann ein weiterer Schuss ertönte, packte sie die kalte Angst. Sie verstand nicht, was all dies zu bedeuten hatte, doch sie wusste sehr wohl, dass es absolut nichts Gutes war. Unweigerlich stiegen ihr Tränen in die Augen und sie konnte es nicht verhindern, dass diese auch schon bald ihre Wangen hinunter liefen. "Mama... Papa..." Ein schreckliches Gefühl machte sich in ihr breit und nur langsam stand sie auf, um erneut weiter zu laufen. Erst als das Mädchen den Strand erreichte und andere Leute sah, wurde sie langsamer. Weinend und völlig aufgelöst sprach sie die erst besten Menschen an, die kaum verstehen konnten, was das Kind von ihnen wollte. Doch schließlich riefen sie doch noch die Polizei, denn ihnen kam das nicht ganz geheuer vor. Als die Polizei jedoch am Tatort ankam, war der Wagen und mit ihm der Mörder schon lange über alle Berge. Nur noch die beiden Leichen am Boden und das weinende Kind, das alleine von der Polizei weggebracht wurde, erinnerten noch an das Geschehene. Einer der schönsten Tage im Leben des kleinen Mädchens, war zum größten Alptraum geworden, der sie überallhin verfolgen würde. Sie hatte nichts mehr gewollt, als den Tag mit ihren Eltern am Strand zu verbringen, doch nun war alles anders gekommen und ihr Leben hatte sich mit einem Schlag grundlegend verändert. ****** Als die Ärzte und Polizisten endlich mit ihr fertig waren, wurde sie in ein Waisenhaus gebracht. Die ganze Zeit über hatte sie immer wieder nach ihren Eltern gefragt, doch eigentlich wusste sie bereits, dass sie ihren Vater und ihre Mutter niemals wieder sehen würde. Und da sie keine sonstige Verwandtschaft mehr hatte, bei der sie unterkommen konnte, war das Waisenhaus die einzige Möglichkeit gewesen. Im ersten Moment hatte es sie gar nicht interessiert gehabt, zu groß war der Verlust ihrer Eltern und die Tatsache, dass sie von nun auf sich selbst gestellt war, wollte ihr nicht wirklich gefallen. Die erste Woche im Waisenhaus ging vollkommen an dem kleinen Mädchen vorüber. Sie war die meiste Zeit in ihrem Zimmer, wo sie tagsüber nur aus dem Fenster starrte und sich Nachts leise in den Schlaf weinte, nur um dann von Alpträumen und Schuldgefühlen geplagt zu werden. Es dauerte lange, bis sie den Mut fasste und andere Kinder im Waisenhaus ansprach. Doch ziemlich schnell stellte sich heraus, dass diese ihr überhaupt nicht freundlich gesonnen waren. Oft lachten sie das Mädchen wegen ihrem Aussehen aus, oder ärgerten sie einfach nur, weil sie die Neue war und es angeblich nicht anders verdient hätte. Also fing das blonde Mädchen an, den anderen Kindern aus dem Weg zu gehen und wurde als Einzelgänger nur noch mehr von ihnen geärgert. Für sie war die Zeit im Waisenhaus tausend mal schlimmer, als die Zeit, in der sie so krank gewesen war. Viel lieber würde sie wieder von einem Arzt zum nächsten geschickt werden, als dass sie noch länger im Waisenhaus bliebe. Damals waren wenigstens noch ihre Eltern da gewesen, aber hier hatte sie niemanden mehr. Daher war es auch nicht verwunderlich, dass sie bereits ein Jahr später immer wieder einen Fluchtversuch aus dem Waisenhaus nach dem nächsten unternahm. Doch egal wie weit sie fortlief und wie gut sie sich versteckte, sie wurde immer wieder an diesen Ort zurückgebracht. Erst als sie bei einer weiteren Flucht in einen abgelegenen Teil der Stadt landete und dort den falschen Menschen über den Weg lief, wodurch sie fast ihr Leben verloren hatte, hörte sie mit den Versuchen auf. Sie war sich nicht sicher, ob sie noch ein zweites Mal so ein Glück haben würde, also beschloss sie, von nun an im Waisenhaus zu bleiben, bis sie auf eigenen Beinen stehen könnte. Noch immer war sie alles andere als beliebt bei den Kindern, doch das störte sie inzwischen so gut wie gar nicht mehr. Sie hatte sich an die Rolle des Einzelgängers gewöhnt und war mittlerweile auch sehr froh darüber. So hatte sie genügend Zeit, um sich einer neuen Leidenschaft zu widmen. Dem Laufen. Sie hatte gemerkt, wie wunderbar befreiend es war zu laufen und versuchte jedes Mal aufs Neue, so schnell wie der Wind zu sein. Das waren die seltenen Momente, in denen sie sich frei und glücklich fühlte. Es gab nur sie selbst und den Wind, der sie mit der Zeit immer mehr zu unterstützen schien. Er ließ sie endlich ihre Alpträume vergessen, auch wenn sie von Zeit zu Zeit doch nochmals zurückkehrten. Aber es war bei weitem nicht mehr so schlimm, wie noch zu Beginn. Auch dachte sie weniger an ihre verstorbenen Eltern, da sie fast jede freie Minute mit dem Training verbrachte und somit endlich eine Ablenkung gefunden hatte. ****** Als sie 16 Jahre alt war, nahm sie an vielen Wettbewerben teil, die sie alle ohne Probleme gewann. Inzwischen konnte sie keiner mehr beim Laufen schlagen. Selbst die Jungs ließ sie mühelos hinter sich. Sie war wie der Wind geworden. Schnell und unerreichbar. Durch ihre Siege wurde eine Schule für besonders Begabte auf sie aufmerksam, sodass sie wenig später ein Stipendium erhielt. Damit rückte der Tag in greifbare Nähe, an dem sie endlich das von ihr so sehr verhasste Waisenhaus verlassen dürfte. Sie würde in dem Wohnblock der Privatschule untergebracht werden und müsste niemals mehr einen Fuß in das Waisenhaus setzen. Am Tag ihrer Abreise war die Tasche mit den wenigen Sachen, die sie aus ihrer Kindheit mitgenommen hatte, gepackt und auch ihrer restlichen Besitztümer waren sicher verstaut, als sie das Tor des Waisenhauses hinter sich ließ. Sie drehte sich nicht um oder sah noch einmal zurück zu dem Ort, der nie ein wirkliches Zuhause für sie gewesen war. Ihr Blick war nach vorne und auf das Taxi gerichtet. Doch sie verspürte keine wirkliche Freude oder Erleichterung. Auch hatte sie keine Hoffnung darauf, dass sich nun alles ändern würde und alles besser werden würde. Diese Hoffnung hatte sie schon lange aufgegeben. Es gab für sie nur noch ein einziges Ziel. Den Sport und die damit verbundene Freiheit, die nur ihr gehörte und ihr keiner nehmen könnte. Dem würde sie sich nun endlich voll und ganz hingeben. Kapitel 1: Von der Vergangenheit eingeholt ------------------------------------------ So hier ist nun auch das erste Kapitel. Das ist wohl das erste Mal, dass ich so viel Dialog in einem Kapitel habe xD Ich hoffe, es gefällt euch trotzdem. ^^' Gedanken sind in kursiv geschrieben. Und nun viel Spaß beim Lesen! =D Kapitel 1 – Von der Vergangenheit eingeholt Das entfernte Rauschen des Meeres und das leise Kreischen der Möwen drang durch die geöffnete Glastür in das große Schlafzimmer. Die Vorhänge bewegten sich leicht im Wind und auf dem Balkon, der sich auf der einen Seite des Zimmers befand, stand eine Person nur in einen seidenen Bademantel gehüllt. Sie sah zu dem entfernten Meer und beobachtete die immer wieder aufs Neue kommenden Wellen, während der frische Wind mit ihren kurzen, blonden Haaren spielte. Es war ein angenehm kühler Morgen, doch der wolkenlose Himmel versprach einen Tag voller Sonne. Nach einer Weile schloss die Person ihre Augen und atmete die frische Luft einmal tief ein. Sie genoss diesen Moment, bevor sie sich umdrehte und wieder in das Schlafzimmer ging. Dort fiel ihr Blick auf eine weitere Person, die im Bett lag. Ihr Haar erinnerte einen an die Wellen und die nun geschlossenen Augen waren so unendlich tief wie der Ozean selbst. Doch momentan schlief die junge Frau noch und um diesen Schlaf nicht zu stören, verließ die andere Person mit schnellen Schritten den Raum. Wenig später konnte man auch schon ein wegfahrendes Motorrad hören. Es dauerte noch weitere 20 Minuten, bis die junge Frau ihre blauen Augen öffnete. Wie jeden Morgen sah sie sich zuerst im Schlafzimmer um, konnte ihre bessere Hälfte jedoch nirgends entdecken. Mit einem leisen Seufzen stand sie auf und ordnete erst einmal grob ihre Frisur, bevor sie sich ihren eigenen Mantel nahm und ebenfalls das Zimmer verließ. Anscheinend schien sie genau im richtigen Moment wach geworden zu sein, denn das Telefon begann zu klingeln. Und da niemand sonst heranzugehen schien, wurde aus dem Besuch im Bad erst einmal nichts. Sie ist wohl schon unterwegs. Also blieb der jungen Frau nichts anderes übrig, als selbst das Gespräch anzunehmen. "Hallo, hier bei Tenou und Kaiou, Sie sprechen mit Kaiou." "Guten Morgen Miss Kaiou. Ich bin Doktor Sagura, könnte ich bitte mit Miss Tenou sprechen?" "Tut mir leid, aber Miss Tenou ist gerade nicht da. Soll ich Ihr etwas ausrichten?" "Das wäre gut, aber ich gehe davon aus, dass Miss Tenou es sich ohnehin denken kann. Ich würde jedoch trotzdem gerne mit Ihnen reden, Miss Kaiou." "Was kann ich Ihr denn ausrichten?" Mit Stift und Zettel in der Hand runzelte Michiru die Stirn. "Mit mir reden?" "Sie sollen Miss Tenou sagen, dass ich noch einmal mit Ihr über die letzten Ergebnisse sprechen möchte." Der Arzt schwieg nun einen Moment, bevor er weiter sprach: "Ich weiß nicht, ob Sie es wissen, aber Miss Tenou ist sehr krank. Allerdings weigert Sie sich, sich operieren zu lassen." Michiru hatte schnell alles notiert, doch stockte dann bei den nächsten Worten des Arztes. "Sie sagte mir bereits, dass Sie krank sei, aber nicht, dass es so schwer wäre. Sie sollte sich operieren lassen? Aber Dr. Sagura, was hat Sie denn genau?" Ein Seufzen war von der anderen Seite des Telefons aus zu hören. "Nun... Miss Tenou ist bereits seit Ihrer Geburt Patientin bei mir. Als Kind war Sie ziemlich krank, Ihr Herz hatte einen Fehler und um ehrlich zu sein, habe ich nicht erwartet, dass Sie älter als 5 werden würde. Doch wie durch ein Wunder wurde Sie langsam gesund, Sie bekam weniger Anfälle und bald war Sie wie alle anderen Kinder in ihrem Alter. Nur noch sehr selten kam es vor, dass Sie einen Rückfall erlitt. Aber wie Sie sicherlich bemerkt haben, geht es Miss Tenou zur Zeit wieder schlechter." Michiru war sichtlich geschockt und sie legte den Stift langsam aus ihrer zitternden Hand. "Ja, das habe ich gemerkt. Sie war immer sehr schnell erschöpft." Warum hast du mir nichts davon erzählt? "Allerdings sind Ihre jetzigen Werte fast schon so schlecht, wie zu Beginn ihrer Krankheitsgeschichte. Und falls Miss Tenou sich nicht operieren lässt, wird Sie zwangsläufig sterben. Daher bitte ich Sie, versuchen Sie Miss Tenou von einer Operation zu überzeugen. Das ist Ihre einzige Chance." Sterben? "Ja, ich werde mein bestes geben und Sie versuchen zu überzeugen." Sie merkte, wie ihr schwindelig wurde und Halt suchend griff sie nach der Kommode vor ihr. Nur schwer konnte sie die Worte des Arztes begreifen, doch Glauben schenken wollte sie ihnen nicht. Sie waren einfach zu grausam. "Ich bin Ihnen für Ihre Unterstützung sehr dankbar." "Was schätzen Sie, Herr Doktor. Wie viel Zeit wird Ihr ohne OP bleiben?" Sie musste diese Frage stellen, auch wenn sie sich unglaublich vor der kommenden Antwort fürchtete. "Vielleicht ein Monat. Vielleicht aber auch etwas weniger oder mehr. Es ist schwer zu sagen und hängt davon ab, wie stark sich ihre Werte verschlechtern." Diese Antwort war für die junge Frau wie ein Schlag in den Magen, ihr blieb für einen Moment die Luft weg. Ein Monat oder kürzer. Das war viel weniger, als sie erhofft hatte. "Danke Doktor, dass Sie angerufen und mich darüber aufgeklärt haben. Ich werde mit Ihr reden und Sie versuchen zu überzeugen." "Nichts zu danken, ich hoffe nur, dass Sie Miss Tenou noch umstimmen können." "Das hoffe ich auch... Auf Wiederhören." Schnell legte sie das Telefon zur Seite und starrte auf den Zettel mit der kleinen Notiz. Innerhalb weniger Sekunden schien ihre gesamte Welt wie ein Kartenhaus einzustürzen. Ihre Haruka sollte so krank sein und sterben? Die Person mit der größten Willensstärke, die sie kannte, die alles für eine Mission auf sich nehmen würde, sollte nun ihren Lebenswillen verloren haben? Das klang für Michiru einfach unglaublich und so wirklich konnte sie es noch immer nicht fassen. Es passte zusammen wie sie selbst und ein Motorrad Rennen. Es war einfach undenkbar. Doch die Worte des Arztes hallten noch immer in ihrem Kopf wider und machten ihr klar, dass all dies wahr war. Fast schon wie in Trance ging sie in die Küche und bereitete dort den Kaffee vor. Sie musste mit Haruka reden, je schneller desto besser. Vielleicht hatte sich der Arzt ja auch nur vertan und sie war einfach nur ein wenig unentschlossen, was die Operation anging. Wenn sie Angst davor hätte, wäre das ja nicht verwunderlich. Michiru würde ihr Mut zusprechen und sie von der richtigen Entscheidung überzeugen. Irgendwie würde sie das schaffen und dann würde alles gut werden. Hoffentlich... Als der Kaffee kochte, setzte sich die junge Frau an den Tisch. Sie wusste nicht, ob sie noch lange dort stehen konnte, ohne zusammen zu brechen. Ihre Hände zitterten und sie legte sie vor sich auf das Holz, während sich die Gedanken in ihrem Kopf überschlugen. Sie bemerkte gar nicht, wie sich die Wohnungstür öffnete und Haruka wieder ins Haus kam. Diese war unterwegs gewesen, bevor sie Brötchen zum Frühstücken geholt hatte. Nun ging sie in die Küche, wo sie Michiru am Tisch entdeckte. Doch die starrte wie gebannt auf ihre Hände. "Guten Morgen Michiru." Die Angesprochene zuckte zusammen, sie hatte nicht mitgekriegt, wie Haruka in die Küche gekommen war, so tief war sie in ihren Gedanken versunken. Da war es nur verständlich, dass sie sich nun erschrocken hatte. "Guten Morgen Haruka." Die blonde Frau lächelte nur einmal kurz und begann dann den Tisch zu decken. Kaum war alles fertig, goss sie den Kaffee in zwei Tassen und stellte diese zum Rest des Frühstücks. Zufrieden mit dem Ergebnis sah sie zu Michiru herüber und runzelte gleich die Stirn. Noch immer saß Michiru dort und sah auf den Tisch hinunter. Sie schien in einer völlig anderen Welt zu sein. "Michiru? Ist alles in Ordnung? Ist etwas passiert?" Es dauerte einen Moment, doch dann bekam Haruka ihre Antwort. "Wir müssen miteinander reden." "Reden? Worüber denn?" Mit einem flauen Gefühl im Magen setzte sich nun auch Haruka an den Tisch und trank erst einmal einen Schluck von ihrem Kaffee, bevor sie gespannt zur Kleineren hinüber sah. Michiru hatte inzwischen ihre Tasse fest umklammert und starrte einen Moment gebannt in sie hinein. Doch dann fasste sie sich wieder und hob mit einem Seufzen ihren Blick. "Dr. Sagura hat angerufen, als du weg warst." "Hat er das..." Ihr Bauchgefühl schien sich zu bestätigen, denn Haruka konnte sich bereits denken, worauf Michiru hinaus wollte. "Ja, das hat er. Er wollte mit Dir über die letzten Untersuchungsergebnisse reden." Langsam nickte Michiru und musterte ihre Freundin, versuchte in ihrem Gesicht eine Reaktion zu erkennen. Doch dort war nichts. "War das alles?" Es versetzte Michiru einen Stich ins Herz, ihre Partnerin so zu sehen. Fast schon teilnahmslos trank diese ihren Kaffee und schien von selbst nicht weiter auf das Thema eingehen zu wollen. Dabei wäre es ihr viel wert gewesen, wenn Haruka nun von sich aus etwas gesagt hätte. Doch sie schien lieber darüber zu schweigen. Trauer und Wut stiegen in Michiru hoch und sie umklammerte ihre Tasse nur noch etwas fester. Kurz schloss sie die Augen und atmete einmal tief durch, um sich wieder zu beruhigen. "Nein." Direkt sah sie nun in Harukas Augen. "Warum hast Du es mir nicht gesagt?" "Aber ich hab dir doch gesagt, dass ich krank bin." Michiru musste sich richtig beherrschen, um nicht jeden Moment aufzuspringen oder ihre Partnerin anzuschreien. "Das schon... Aber du hast mir nie gesagt, wie schlimm es wirklich ist." "Das ist auch nicht so wichtig. Es würde eh nichts ändern." "Nichts ändern? Haruka, so kenne ich Dich gar nicht. Der Arzt sagte mir, dass Du operiert werden müsstest, aber dass Du Dich weigerst." Es fiel ihr schwer, die aufkommenden Tränen zu unterdrücken. Ihre Gefühle schienen sie übermannen zu wollen, doch das konnte sie nicht zulassen. Nicht jetzt. "Er gibt Dir vielleicht noch einen Monat zu leben, Haruka!" "Ich weiß..." Mit einem Seufzen sah Haruka nun ihrerseits in ihre Tasse. Sie konnte dem Blick der anderen einfach nicht stand halten. "Aber ich werde es trotzdem nicht tun." "Aber warum?" Eine Träne gewann den Kampf und lief langsam Michirus Wange entlang. "Warum liegt Dir nichts mehr an Deinem Leben? Warum willst Du es so einfach wegwerfen? Ich kann es nicht verstehen, erkläre es mir!" "Du willst also wissen warum? Ich halte dieses Leben einfach nicht länger aus. Ich hab in dieser kurzen Zeit zu viel gelitten. Und das Leid möchte ich nicht mehr vergessen. Also nehme ich jetzt einfach hin, dass es vorbei ist." Das war zu viel für Michiru. Abrupt stand sie auf und warf dabei versehentlich ihre Tasse auf den Boden. Doch das ignorierte sie völlig. Ihr Blick war noch immer auf Haruka gerichtet, doch sie hatte inzwischen angefangen stärker zu zittern und auch den Tränen konnte sie kein Einhalt mehr gebieten. "Ich dachte, Du hättest deinen Egoismus abgelegt! Hast Du niemals an Deine Umgebung gedacht? Was für Schmerz dadurch entsteht, wenn Du so handelst? Ist Dir das völlig egal?" "Ich hab sehr wohl darüber nachgedacht, aber meine Entscheidung steht fest." Haruka war der komplette Gegensatz zur kleineren Frau. Sie war ruhig und schien sich nicht an Michirus Reaktion zu stören. „Damit musst Du Dich abfinden." "Wie kannst Du dabei nur so ruhig bleiben?" Sie konnte es noch immer nicht fassen. "Ich verstehe Dich nicht. Ich dachte, wir lieben uns. Das kann doch jetzt nicht einfach vorbei sein..." "Manches ist einfach nicht für die Ewigkeit bestimmt. Ja, wir lieben uns, aber das kann mich hier auch nicht mehr halten." "Aber eine Operation könnte Dir helfen." Man konnte ihre Verzweiflung schon regelrecht spüren. "Ich will mich aber nicht operieren lassen!" "Aber warum, Haruka? Hast Du Angst davor, oder weshalb willst du einfach so alles hinschmeißen?" Es dauerte etwas, bis Haruka wieder antwortete. "Angst... Ja, so ungefähr könnte man das nennen." "Du musst keine Angst haben! Ich bin doch bei Dir, egal was geschieht. Egal welches Ergebnis, ich bin immer für Dich da, das weißt Du doch." "Nein, das meine ich nicht. Du verstehst das nicht, Du kannst es nicht verstehen. Ich werde mich nicht operieren lassen und dabei bleibt es auch." "Aber was ist so schlimm an einer Operation?!" Michiru schrie nun fast schon vor Verzweiflung und sie starrte ihren Gegenüber fassungslos und mit Tränen verschleiertem Blick an. "Ich sagte doch schon, dass Du es sowieso nicht verstehen würdest. Also akzeptiere endlich, dass mir nicht mehr zu helfen ist." "Das kann und will ich aber nicht akzeptieren, Haruka! Im Gegensatz zu Dir kann ich unsere gemeinsamen letzten Jahre nicht einfach so außer Acht lassen." "Diese Diskussion hat keinen Sinn, Michiru. Mein Entschluss steht schon lange fest und daran kannst auch Du nichts mehr ändern. Ganz egal, was Du auch versuchst." Haruka schloss die Augen und schüttelte ihren Kopf. Sie stand nun selbst auf und drehte Michiru den Rücken zu. Diese ließ allerdings nicht locker. Sie kam nun zu Haruka herüber und umklammerte ihre Hand. "Bitte Haruka, ich flehe Dich an. Nenn mir den Grund für all das hier. Ich will versuchen, Dich zu verstehen, aber sag mir nur endlich, was Dich davon abhält." "Selbst wenn ich es Dir sagen würde, ändert das jetzt auch nichts mehr." "Dann sag es mir doch einfach." "Ich..." Haruka ließ langsam den Kopf hängen und sah auf den Boden hinunter. "Ich habe Angst zu vergessen, was bisher in meinem Leben passiert ist. Nicht die Erinnerungen, aber die Gefühle, die sich in mich gebrannt haben." "Du wirst nichts vergessen, es wird alles so bleiben." Sie versuchte, Haruka Mut zu zu sprechen. Sie hatte noch nicht aufgegeben. "Das ist mir irgendwie auch klar. Aber diese Angst ist trotzdem da. Auch wenn sie überhaupt keinen Sinn ergibt, aber so viel ist schon passiert. Diese Krankheit war schon immer ein Teil von mir. Ich lasse sie nun einfach ihren Lauf nehmen." Als Michiru merkte, dass ihre Freundin sich von ihrem Griff befreien wollte, drehte sie Haruka schnell um. Sie legte ihre Hände auf die Schultern der Größeren und sah sie wieder direkt an. "Es ist vollkommen normal, Angst zu haben. Auch Du darfst sie zeigen." Sie schluckte und blinzelte ihre letzten Tränen weg. "Auch ich habe Angst. Angst davor, den Menschen zu verlieren, der mir das Wichtigste auf der Welt ist." "Michiru..." Es fiel Haruka schwer, doch sie konnte den Blick mit etwas Mühe erwidern. "Du würdest mich nicht verlieren. Selbst wenn ich sterbe. Ich bin immer bei Dir." "Doch, das würde ich. Du schmeißt Dein Leben geradezu weg und lässt mich dabei allein zurück." "Wenn man das, was davon übrig ist, überhaupt noch Leben nennen kann..." "Du weiß doch nun schon so lange von Deiner Krankheit. Warum hast Du nie mit mir darüber gesprochen? Ich dachte, Du würdest mir vertrauen." "Ich vertraue Dir ja auch. Aber ich dachte, es würde nie soweit kommen, dass ich es Dir sagen müsste. Schließlich hatte ich lange keine Probleme mehr." "Ich kann Dich ja verstehen. Aber selbst wenn es keine Probleme gegeben hätte, hätten wir darüber sprechen müssen. Alleine kann man damit doch nicht leben." Suchend blickte sie in Harukas Augen und versuchte, dort noch einen kleinen Funken Hoffnung zu finden. "Ich wollte einfach nicht daran denken, oder Dich unnötig damit belasten." "Du hättest mich damit nicht unnötig belastet. Ich hätte Dir geholfen." Doch die Suche war vergebens. "Kann schon sein, aber jetzt spielt das eh keine Rolle mehr. Find Dich damit ab, dass das hier bald ein Ende haben wird." Michiru ließ die Blondine nun los und drehte sich zum Küchenfenster um. "Ich hatte gehofft, Dich umstimmen zu können. Aber ich will Dich auch zu nichts zwingen." Trauer schwang in ihrer Stimme mit und sie spürte bereits, wie neue Tränen in ihr aufstiegen. "Michiru... Tut mir leid." Erst wollte Haruka ihre Partnerin trösten. Doch sie entschied sich dagegen und setzte sich stattdessen wieder an den Tisch. Ihr Blick fiel in ihre Tasse. Sie konnte Michirus Schluchzen hören, konnte sich vorstellen, wie sehr sie ihr gerade wehgetan hatte. Doch es war ihre Entscheidung und die würde sie einfach nicht mehr ändern. Erst, als das Schluchzen verebbte, sah Haruka wieder auf. Aber das Einzige, was sich ihr bot, war wie Michiru aus der Küche und nach oben lief. Dort hörte sie nur noch eine Tür laut zufallen. Sie schien in ihrem Atelier zu sein. Wie immer, wenn sie ihre Gefühle nicht mehr unter Kontrolle hatte und Zeit zum Nachdenken brauchte. Und diese Zeit wollte Haruka ihr auch geben. Das war sie ihr einfach schuldig, nach all dem was sie der Kleineren in den letzten Minuten angetan hatte. "Tut mir wirklich leid Michiru... Aber ich kann so nicht weiter machen." Kapitel 2: Zwei Blickwinkel --------------------------- Hier ist auch schon das nächste Kapitel, allerdings etwas kürzer und im anderen Schreibstil. Aber so hab ich diese Situation am besten darstellen können und im nächsten Kapitel ist auch alles wieder beim Alten. Also~ Es fängt an mit Harukas Sicht und danach folgt Michirus. Ich hoffe, es gefällt euch, auch wenn es kurz ist, aber das nächste Kapitel wird wieder länger. Viel Spaß beim Lesen! =D *°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*° = POV Wechsel Kapitel 2 – Zwei Blickwinkel Oh Michiru, ich wünschte ich hätte Dir das hier ersparen können. Mir wäre es am liebsten gewesen, wenn Du niemals von alledem erfahren hättest, oder eher müsstest. Denn nur weil ausgerechnet jetzt meine Krankheit wieder schlimmer werden muss, musstest Du in das hier mit hineingezogen werden. Wäre es nie so weit gekommen, hätte ich Dich jetzt auch nicht so verletzen müssen. Aber es sieht ganz so aus, als wäre das Schicksal nicht mehr auf unserer Seite. Es ging so lange gut, aber nun... Nun wird sich das alles ändern, ohne dass wir noch etwas dagegen tun könnten. Sicher, ich könnte mich einfach operieren lassen und damit die Chance kriegen auch weiterhin mit Dir zusammen zu sein. Aber... ich kann es einfach nicht, selbst wenn ich es wollte. So ist es einfach besser. Es ging lange genug gut, ich will mein Glück nicht weiter strapazieren. Ich bin dankbar für die wenigen Jahre, die ich mit Dir verbringen durfte. Sie waren die harte Zeit meiner Kindheit wert und ich würde jeder Zeit alles genauso machen, wenn ich Dich dann nur wieder treffen dürfte. Und selbst wenn unsere Zeit zusammen nur so kurz war, so war sie doch die Schönste meines Lebens. Und ich bin mir sicher, dass es mit meinem Tod nicht einfach enden wird. Nein, so wie wir es uns immer versprochen haben, werden wir zusammen bleiben. Bis in alle Ewigkeit. Es ist nur die Frage, in welcher Form. Ich habe nicht erwartet, dass sie sich so schnell schon ändern wird, aber nun habe ich mich damit abgefunden. Auch wenn es schwer fällt, aber so will es unser Schicksal nun einmal. Es hatte uns einst zusammen geführt und nun will es, dass ich Dich hier zurücklassen muss. Aber ich bleibe bei Dir. Das weiß ich, ich kann Dich gar nicht vollständig verlassen. Ein Teil von mir wird immer in Dir bleiben und auf Dich achten. Ein kleines Lächeln huscht über meine Lippen, bevor es wieder verblasst. Eine leise Melodie erfüllt unser gemeinsames Haus. Ich kenne diese Klänge. Du spielst, wie immer wenn Deine Gefühle Besitz von Dir ergreifen. Es war schon immer Deine Art, Herr über die Lage zu werden und all das auszudrücken, was Du nicht in Worte fassen kannst. Und so scheint es auch diesmal zu sein. Deine Violine klingt so unendlich traurig. "Michiru..." Ich verstehe Dich. Ich kann nicht sagen, dass ich glücklich über diese Situation bin. Aber früher oder später wäre es sowieso soweit gekommen, nur leider sollte es früher sein. Wir müssen uns beide damit abfinden, auch wenn es schwer fällt. Nichts ist für die Ewigkeit bestimmt, auch unser Glück nicht. Aber aus dem letzten Rest unserer Zeit würde ich sehr gerne das Beste draus machen. Keiner weiß genau, wie viel Zeit uns noch bleibt, also sollten wir sie lieber nutzen. Es ist immerhin unsere letzte Chance. Und ich bin mir sicher, dass Du das genauso siehst. *°*°*°*°*°*°*°*°*°*°*° Schnell laufe ich nach oben in mein Atelier und verschließe die Tür hinter mir, bevor ich mich auf der Fensterbank niederlasse, auf der sonst Du immer sitzt. Unzählige Tränen laufen über meine Wangen. Ich habe es schon längst aufgegeben, sie zu stoppen, es hätte überhaupt keine Sinn. Nicht jetzt, nicht nach dem Gespräch mit Dir. Dieses eine Mal kann ich meine Gefühle nicht so leicht abschalten. Ich versuche mich abzulenken, indem ich nach draußen schaue. Doch die Landschaft, die sich dort vor mir erstreckt, die sonst immer so friedlich und beruhigend wirkt, scheint jetzt nur eine einzige Einöde zu sein. Kein Trost, keine Hoffnung finde ich in der Natur, im nahen Meer. Normalerweise genügt das Rauschen des Meeres, um mich zu beruhigen. Aber das hier ist einfach keine normale Situation. Jede Faser in mir schreit, alles zieht sich in mir zusammen, mein Herz scheint regelrecht auseinander springen zu wollen, wenn ich nur daran denke, Dich zu verlieren. Die Vorstellung, Dich nicht mehr bei mir zu haben, stürzt mich regelrecht in einen unendlichen Abgrund. Ein Abgrund, vor dem Du mich immer bewahrt hast. Und nun soll das vorbei sein? Einfach so? Was soll ich denn ohne Dich machen? Ohne meine zweite Hälfte, mein anderes ich. Ohne Dich, kann ich nicht mehr so weiter machen wie bisher. Mit Dir würde auch meine Zukunft gehen, nein Du bist meine Zukunft. "Haruka..." Es ist nicht mehr als ein ersticktes Schluchzen, das ich da zustande bringe. Eine Welt ohne Dich, ist keine Welt mehr. Was hast Du Dir dabei nur gedacht, mich hier einfach zurücklassen zu wollen? Ich kann Dich nicht verstehen, Haruka. Es scheint Dir nichts mehr an diesem Leben, an mir zu hängen, ansonsten würdest du Dich nicht so entschieden. Gibt es denn keine Möglichkeit mehr, um Dich vom Gegenteil zu überzeugen? Du hast so stur gewirkt, wie eh und je und wenn Du dir einmal etwas in den Kopf gesetzt hast, dann gibst Du auch keine Ruhe mehr. Das weiß ich nur zu gut, das hab ich in der kurzen Zeit mit Dir deutlich zu spüren gekriegt. Aber noch nie zuvor habe ich mir so sehr gewünscht, dass Du Deine Sturheit ablegen würdest. Man konnte Dich noch nie von etwas abringen, aber genau das will ich jetzt können. Ich will Dich nicht verlieren. Bei jedem könnte ich es verkrafte, aber nicht bei Dir. Ich liebe Dich, Du bist mein ein und alles, das Wichtigste in meinem Leben. Ohne Dich, bin ich nicht mehr ich selbst. Haruka, sag mir, was ich tun soll. Wie hältst Du es nur aus, mit dieser Gewissheit zu leben und sie einfach so hinzunehmen? Wie schaffst Du es, so ruhig zu bleiben, wenn ich bereits an dieser Nachricht zerbreche? Wie kannst Du Dir nur so sicher sein, dass das nicht unser Ende ist? Dass wir trotzdem zusammen bleiben... Langsam stehe ich wieder auf und greife nach meiner Violine. Sofort fange ich an zu spielen und bald sind meine Augen geschlossen, während meine Gefühle regelrecht in das Instrument hinein fließen und in Klänge übergehen. Ich spiele und spiele und merke, wie meine Gedanken aufhören, sich im Kreis zu drehen und ich langsam in meine Welt eintauche. In meine Welt, in der mir nichts wehtun kann, in der ich vor meinen Gefühlen sicher bin. Doch der kurze Moment hält nicht lange. Schlagartig öffne ich meine Augen wieder, als ich in der Bewegung gegen den Flügel - Deinen Flügel - stoße. Fast schon zeitgleich kehren auch meine Tränen wieder zurück und während ich auf das weiße Instrument starre, verschleiert mein Blick mehr und mehr. Ich versuche die Tränen weg zu blinzeln, doch sie werden direkt von neuen ersetzt. Es scheint, als wäre mir keine Zuflucht gegönnt, also lege ich die Violine wieder zur Seite und streiche nahezu zärtlich über die Oberfläche des Flügels. Kaum bin ich zurück in der Realität, sind auch meine Gedanken wieder bei Dir. Ich will Dich nicht verlieren, aber ich werde es. Und ich kann nichts dagegen machen. Ich habe schreckliche Angst vor dem Moment, in dem Du nicht mehr bei mir sein wirst, mich nicht mehr schützen wirst. Und ich weiß nicht, ob ich das überlebe, ob mein Herz das überlebt. Ich kann mir mein Leben ohne Dich ja nicht einmal vorstellen. Aber es wird unweigerlich auf mich zukommen. Ob ich es nun will, oder nicht. Ich werde einsehen müssen, dass Du nicht für immer bei mir sein wirst, dass Du mich verlassen und hier zurücklassen wirst. Einfach so... "Haruka..." Kapitel 3: Für dich will ich stark sein --------------------------------------- Endlich habe ich es geschafft, hier mal weiterzuschreiben. Ich hab den weiteren Verlauf der Story noch einmal überdacht und musste deswegen erstmal wieder reinkommen. Jetzt werden die weiteren Kapitel aber nicht mehr lange auf sich warten lassen. Die nächsten Kapitel sind außerdem losgelöst von der Vorlage. Ich wünsche euch also viel Spaß, bei diesem Kapitel und hoffe, dass es auch noch Leute gibt, die sich hieran erinnern. ^^ Kapitel 3 – Für dich will ich stark sein Die Tür zum Atelier öffnete sich wieder und Michiru trat hinaus. Ihre Tränen waren versiegt, es kamen einfach keine weiteren mehr und seufzend beschloss sie, zurück zu Haruka zu gehen. Sie würde sich nicht ewig einschließen können und es war auch nicht das Verhalten, was sie nun an den Tag legen wollte. Sobald sie in die Küche kam und die Blondine dort so gut wie unverändert vorfand, schloss Michiru noch einmal kurz die Augen und atmete tief durch. "Tut mir leid, dass ich einfach so weggelaufen bin. Ich werde Deine Entscheidung akzeptieren müssen. Auch wenn es mir schwer fällt." Ihre Augen waren gerötet vom vielen Weinen, doch sie schaffte es dennoch, Haruka anzusehen. "Dann soll die Zeit, die uns noch zusammen bleibt, zur schönsten Zeit werden. Wir wollen alles tun, was wir schon immer wollten. Diese Zeit soll unvergesslich bleiben." Haruka konnte nicht leugnen, dass sie überrascht über Michirus schnelle Rückkehr war. Sie musterte ihre Partnerin einmal. Anscheinend schien sie einzusehen, was ihnen nun nur noch übrig blieb. Auch wenn sie wohl noch immer eine andere Wahrheit lieber hätte. "Michiru... Dir muss nichts leid tun. Wenn jemandem etwas leid tun sollte, dann mir. Schließlich bin ich an all dem hier schuld." Aber Haruka würde ihr diesen Wunsch nicht abschlagen und signalisierte dies mit einem Nicken. "Wenn Du willst, dann können wir das auch gerne machen." Das war sie ihr einfach schuldig. Während Haruka sprach, spürte Michiru einen Stich im Herzen und ein beängstigender Schmerz breitete sich in ihr aus. Da wunderte sie sich schon selbst, dass sie den Blickkontakt aufrecht halten konnte und nicht direkt wieder die Beherrschung verlor und in Tränen ausbrach. "Lass uns bitte nicht darüber nachdenken. Ich möchte die Zeit mit dir einfach nur genießen, dir jeglichen Wunsch erfüllen. Ich will dich nur glücklich sehen. So will ich dich immer in Erinnerung behalten." "Hmm... Na gut, dann lass es uns versuchen. Wir sollten das Beste daraus machen." "Ja, das sollten wir." Während sich beide gegenseitig in die Augen sahen, suchte Michiru nach einem kleinen Funken Hoffnung, einem letzten Rest der ihr sagte, dass vielleicht doch noch alles gut werden würde. Doch auch dieses Mal war die Suche in den grünen Augen vergebens. Aber auch wenn es ihr schwer fiel, so würde Michiru versuchen, für ihre Freundin stark zu sein. Die Blondine hatte das all die Zeit immer übernommen und nun wollte sie ihr etwas davon zurückgeben. Das war das Mindeste, was sie noch tun konnte. Haruka sah noch für einen Moment in die unendlich erscheinenden blauen Augen, doch dann schloss sie ihre eigenen. Ein ihr nur allzu bekanntes Gefühl breitete sich in ihr aus und sie musste leise seufzen. "Ich gehe meine Medizin einnehmen." Und mit den Worten stand Haruka von ihrem Stuhl auf und ging nach oben in das große, helle Badezimmer, ließ eine besorgte Michiru in der Küche zurück. Dort öffnete sie ein kleines Schränkchen an der Wand, in dem sie ihre Medizin aufbewahrte. Gerade als sie das Plastikfläschchen mit den Pillen in der Hand hielt, spürte sie es wieder, das Stechen, das in letzter Zeit viel zu oft in ihrer Brust zu spüren war und das diesmal wieder ein kleines bisschen an Intensität gewonnen hatte. Die Blondine musste sich am Beckenrand festhalten, während ihr das Fläschchen aus der Hand fiel und sich vereinzelt Pillen auf dem Boden verteilten, wobei sie im Kopf bis Zehn zählte und darauf wartete, dass der Schmerz wieder verebbte. Es schienen endlose Minuten zu sein, doch schließlich hörte es auf und sie atmete einige Male tief durch. Mit leicht zitternden Händen hob sie die Pillen wieder auf und nahm schließlich eine von ihnen, bevor sie die Dose zurückstellte. Ihre Anfälle wurden von Mal zu Mal stärker und sie wusste, dass das alles andere als ein gutes Zeichen war. Sie hatte damit gerechnet, dass es schlimmer werden würde, doch sie hatte nicht mit einer so schnellen Entwicklung gerechnet. Es machte ihr doch schon ein wenig Angst, wenn Haruka daran dachte, dass vielleicht schon schneller als erwartet alles vorbei sein würde. Es war nicht so, dass sie sich vor den Schmerzen oder dem Tod fürchtete, doch sie wollte Michiru noch etwas Zeit geben. Es war schon schwer genug für ihre Partnerin, Haruka wollte ihr am liebsten diese große Last abnehmen, doch gleichzeitig wusste sie, dass das wohl nicht möglich war. Michiru stand währenddessen noch immer in der Küche, ihr Blick war auf das Fenster gerichtet, doch ihre Gedanken waren bei ihrer Freundin und bei all den Dingen, die ihr an diesem Tag so schmerzlich offenbart wurden. Niemals hätte sie es für möglich gehalten, dass es einmal soweit kommen würde. Natürlich gab es für sie immer ein gewisses Risiko, es war einfach ihr Schicksal, doch so hätte es niemals enden sollen. Hatten sie sich nicht gegenseitig versprochen, dass sie für immer zusammen sein würden? Zusammen wollten sie alt werden und für immer glücklich sein. Aber nun schien diese schöne Zukunft für immer nur ein Traum zu sein. Ein Traum, aus dem sie wohl endgültig aufwachen müsste. Doch es fiel Michiru schwer, sie konnte sich noch immer nicht so recht mit diesem Gedanken abfinden. Es war so plötzlich gekommen, niemals hätte sie damit gerechnet. Umso schwerer fiel es ihr letztendlich, all das wirklich zu verstehen. "Haruka..." Sie spürte erneut, wie die Tränen hinter ihren geschlossenen Lidern brannten, doch sie erlaubte es ihnen diesmal nicht zu fallen. Sie hatte sich fest vorgenommen, dass sie stark sein würde. Für ihre Haruka, die sonst immer für Michiru da gewesen war. Die für sie alles getan hätte. Nur diesen einen Wunsch konnte sie Michiru wohl einfach nicht erfüllen. Deswegen beschloss Michiru auch, dass die Zeit, die ihnen noch gegeben war, eine schöne werden sollte. Sie wollte ihre Haruka glücklich lächelnd sehen, das war es, was sie immer in Erinnerung haben wollte. Ganz gleich, was sie dafür tun müsste, sie wollte später nichts bereuen. Michiru schlang die Arme um ihren Körper, sie fühlte sich mit einem mal einsamer als je zuvor. Vollkommen in ihren Gedanken versunken, merkte sie auch nicht, wie die Blondine endlich wieder aus dem Bad zurückkehrte und die Küche erneut betrat. Als sie schließlich hinter ihrer Freundin stand, legte Haruka eine Hand auf Michirus Schulter und sie spürte deutlich, wie die kleinere Frau unter der Berührung zusammenzuckte. Als Michiru schließlich ihren Kopf zu Haruka wand, konnte diese den tiefen Schmerz in ihren Augen nur allzu deutlich erkennen. Es tat ihr weh, Michiru so verletzt, so verloren zu sehen und sie rang sich zu einem kleinen, aufmunternden Lächeln ab. Ein Lächeln, das zeigen sollte, dass es noch nicht vorbei war, dass sie noch hier war, dass sie noch nicht gegangen war. Es fiel Michiru schwer, doch schließlich erwiderte sie das Lächeln zögerlich, es kostete sie viel Überwindung, doch sie tat es alles nur für ihre Haruka. Für ihre einzig wahre, große Liebe. Für die Person, für die sie einfach alles tun würde, ganz gleich wie schwer es nun wirklich war. Und tatsächlich schien ihr dieses kleine Lächeln ein wenig Mut zu machen, Mut den sie wohl brauchen würde, wenn sie die kommenden Wochen überstehen wollte. Sie wusste noch nicht genau, wie sich alles entwickeln würde, doch sie war sich bewusst, dass es für sie beide wohl schwer werden würde. Und wie sie so in Harukas Augen sah, erkannte sie, dass diese wohl durchaus ähnliche Gefühle hatte. Sie war nicht allein mit ihren Sorgen und ihrem Schmerz, auch wenn es wohl nicht dasselbe bei Haruka war, so war das Wieso am Ende doch egal. Es zählte nur eines und Michiru wusste, dass Haruka das Gleiche dachte. Sie würden das Beste aus ihrer Situation machen. Sie waren immer für einander da und das würde sich auch diesmal nicht ändern. "Michiru, ich..." Haruka wusste nicht so recht, was sie sagen wollte und sie war dankbar, als Michiru nur verstehend nickte. So war es schon immer gewesen, sie brauchten keine Worte, um sich zu verständigen. Es schien immer klar zu sein, was in der jeweils anderen vorging. Vor allem für Haruka war dies eine große Erleichterung, denn es fiel ihr oft schwer, ihre Gedanken und Gefühle in Worte zu fassen und so war es auch dieses Mal gewesen. "Wie wäre es, wenn wir eine kleine Spritztour machen und danach Spazieren gehen?" Die blonde Frau wollte einfach nur ihren Kopf ein wenig frei kriegen und es schien so, als würde es ihnen beiden gut tun. Sie wollten beide nicht ihre verbliebene gemeinsame Zeit so verbringen. Sie beide wollten ihre Partnerin glücklich sehen. Ein letztes Mal. "Das ist eine schöne Idee. Ich ziehe mich sofort um, warte bitte." Und damit hatte sich Michiru von ihrer Freundin gelöst und war mit schnellen Schritten nach oben verschwunden. Sie betrat das Bad und blickte in den Spiegel, sah ihr blasses Spiegelbild, die geröteten Augen, die Tränenspuren. Kurzerhand trat sie zum Waschbecken und beseitigte alle Spuren. Sie gab sich Mühe mit ihrem Äußeren und als sie schließlich zufrieden war, ging Michiru in ihr gemeinsames Schlafzimmer, wo sie sich eins ihrer schönsten Kleider herausnahm und es anzog. Sie wollte schön sein für Haruka, sie wollte ihr einfach nur gefallen. Und sie schien ihr Ziel zu erreichen, denn als sie wieder unten ankam, sah Haruka erneut mit einem Lächeln zu ihr. "Du siehst wunderschön aus." Ein Rotschimmer zierte Michirus Wangen, als sie sich bedankte. Ganz gleich wie oft Haruka ihr Komplimente gab, sie hatte sich nie daran gewöhnen können, doch sie wollte es auch nicht missen, denn es breitete sich dabei immer ein wohliges Gefühl in ihr aus. Und für einen Moment schien alles wieder normal, die verhängnisvollen Worte vom Morgen schienen in weite Ferne gerückt zu sein und es zählte nur, was jetzt war. Die Zukunft war unwichtig, solange sie jetzt zusammen sein konnten. "Lass uns gehen." Haruka hatte sich ihre Jacke genommen und kam nun auf Michiru zu. Gemeinsam verließen sie das Haus und stiegen wenig später in den Ferrari ein, der vor ihrem Haus parkte. Schnell waren sie auf der Straße und Michiru strich sich ein paar Strähnen aus dem Gesicht, während sie zu ihrer Freundin sah und diese einen Moment beobachtete. Sie merkte, wie sich Harukas Ausstrahlung verändert hatte, wie sie für diesen kurzen Augenblick sorglos geworden war und alles um sich herum zu vergessen schien. Doch als sie schließlich Michirus Blick auf sich spürte, sah sie selbst zur Seite und für einen Augenblick verlor sie sich in den unendlichen Tiefen dieser blauen Augen. Mit einem leichten Lächeln sah sie zurück auf die Straße und konnte vor ihr schon das Meer erkennen. Bald fuhr der Ferrari am Strand entlang und Michirus Aufmerksamkeit galt nun mehr dem Meer als irgendetwas anderem. Sie genoss die Fahrt, es war fast schon wie früher, als sie gerade erst gemeinsam ihre Mission begonnen hatten. Ja, damals war es ihr größter Wunsch gewesen, nur einmal mit Haruka so am Strand entlang zu fahren. Und ganz gleich, wie oft sie es inzwischen getan hatten, es war immer wieder aufs Neue ein wundervolles Erlebnis. Erst als sie nach einer Weile anhielten, blickte Michiru wieder zu ihrer Partnerin, die den Wagen bereits umrundet hatte und ihr charmant die Tür aufhielt. Mit einem Lächeln stieg die junge Frau aus und wenn ein Außenstehender das Paar beobachtet hätte, würde wohl niemand darauf schließen, dass sie vielleicht nicht mehr lange solche Augenblicke miteinander teilen könnten. Doch keine der Beiden störte sich an dem Gedanken, dass sie nicht mehr so viel Zeit hatten, sie waren beide entschlossen dazu, sich normal zu verhalten, um das Beste aus der Situation holen zu können. Und so gingen sie bald schon Hand in Hand am Strand, dicht bei den Wellen des unendlichen Meeres, entlang, während jede von ihnen wohl ihren eigenen Gedanken nachhing. Michiru, die ihren Blick so oft aufs Meer gerichtet hatte, auf ihr Meer, das sie immer ruhig stimmen konnte, während sie sich leicht an Haruka anlehnte und einfach nur die Anwesenheit der Größeren genoss. Ihre Nähe, ihre Wärme, sie erfüllten Michiru regelrecht und es war einer dieser Momente, den sie niemals vergessen wollte, den sie für immer in ihrem Herzen haben wollte. Haruka hingegen genoss die Luft und den Wind, der stets mit ihren Haaren spielte und ihr immer ein Stück weit Freiheit brachte. Aber gleichzeitig hielt sie ihre Partnerin fest, wollte sie bei sich haben, wollte einfach nur wissen, dass sie nicht alleine war. Denn sie war sich sicher, hätte sie Michiru nicht, so hätte die Blondine wohl schon lange aufgegeben. Als sie Michiru getroffen hatte, hatte sich ihr Leben schlagartig zum Guten gewendet und inzwischen war sie mehr als froh darüber, obwohl sie dem Ganzen zu Beginn noch skeptisch gegenübergestanden war. Jetzt konnte und wollte sie sich ein anderes Leben gar nicht vorstellen. Ein Leben ohne ihre Michiru war einfach nur wertlos. Deswegen genoss sie jede Sekunde, in der sie bei Michiru sein konnte. Es gab ihr den Halt, den sie so dringend brauchte und ohne den sie die nächsten Tage wohl nicht überstehen würde. Beide Frauen waren von ihrer Partnerin abhängig, dies wurde ihnen jedes Mal aufs Neue bewusst. Als sie schließlich stehen blieben, um für eine Weile die Wellen des Meeres, das Treiben des Windes, das Zusammenspiel dieser beiden Elemente zu beobachten, schienen sie alles andere zu vergessen. Es gab nur noch sie, das Meer und den Wind und in ihren grünen und blauen Augen war das gleiche Leuchten, die gleichen Gefühle zu sehen. Es schien, als wäre die Zeit für Haruka und Michiru angehalten und sie sahen sich schließlich an, konnten die Empfindungen und Sehnsüchte im Blick der jeweils Anderen erkennen und sie kamen sich schon von ganz alleine entgegen, bis sich ihre Lippen schließlich berührten und zu einem liebevollen Kuss vereinigten. Als sie sich wieder voneinander lösten, waren ihrer beider Wangen leicht gerötet und ihre Blicke waren voller Liebe. Nichts und niemand hätte ihnen diesen Moment nehmen können. Und es vergingen noch mehrere Minuten, bis Haruka schließlich die angenehme Stille brach. "Ich liebe dich, Michiru. Das werde ich immer tun." In Michirus Augen glänzten Tränen, denen sie in diesem Moment nicht erlauben wollte zu fallen, es war selten, dass Haruka einmal so offen über ihre Gefühle sprach, viel zu oft fiel es ihr schwer und Michiru verstand ihre Partnerin auch so ohne Probleme. Umso kostbarer waren diese wenigen Momente, in denen sie diese drei Worte aus dem Mund der Blonden hören konnte. "Ich liebe dich auch, Haruka." Michiru sah ihr noch einen Moment in die Augen, bevor sie ihre eigenen schloss und ihren Kopf gegen Harukas Brust lehnte. Sie spürte die sanfte Umarmung, fühlte sich in diesen Armen, die ihr so oft Halt gegeben hatten, sicher und geborgen und sie genoss die wundervolle Wärme, die sie durchdrang. Sie sog den süßen Duft ihrer Freundin ein und konnte den sanften Herzschlag hören. Wenn Michiru es inzwischen nicht besser gewusst hätte, hätte sie es niemals für möglich gehalten, dass dieses Herz bald nicht mehr schlagen würde. Sie drückte sich nur noch näher an Haruka, klammerte sich regelrecht an ihr fest. Da waren sie wieder, all die Gedanken, die sie versucht hatte zu verdrängen und aus deren Klauen sie sich dennoch nicht befreien konnte. Ihre Augen brannten stärker und eine Träne konnte sich schließlich den Weg über ihre Wange bahnen. Ein Zittern fuhr durch ihren Körper und Michiru konnte gar nichts mehr dagegen tun, es war als hätte jemand schlagartig eine Mauer eingerissen und ihre Gefühle konnten sie nun problemlos überschwemmen, ohne dass sie auch nur irgendwas hätte dagegen tun können. Natürlich hatte Haruka den Gefühlsausbruch bemerkt, das Zittern und das leise Schluchzen waren ihr sofort aufgefallen und sie hatte sofort ihre Umarmung verstärkt, hatte Michiru an sich gedrückt, während sie ihr langsam über den Rücken strich, um ihr zu zeigen, dass sie für sie da war. Es tat ihr weh, Michiru so zu sehen und sie konnte es kaum ertragen. Aber Haruka würde nicht weglaufen, sie blieb und spendete ihrer Partnerin den Trost, den diese so dringend brauchte. Egal wie lange sie hier stehen müsste, sie würde nicht von Michirus Seite weichen. Solange sie es noch konnte, wollte sie unbedingt für Michiru da sein. Erst als das Schluchzen langsam verebbte und sich Michiru wieder zu beruhigen schien, strich Haruka ihr sanft ein paar Strähnen aus dem Gesicht, bevor sie ihr einen Kuss auf die Stirn gab. Mit einer Hand wischte sie die Spuren der Tränen weg und ein leichtes Lächeln lag auf ihren Lippen, während Michiru selbst langsam wieder hoch sah. "Es tut mir leid, Haruka. Ich- ... ich will so gerne stark für dich sein, aber es ist so schwer." Haruka schüttelte nur ihren Kopf und fuhr mit den sanften Bewegungen über Michirus Rücken fort. "Ist schon gut, es ist okay. Ich bin für dich da. Du musst dich nicht bei mir entschuldigen." "Es tut so weh, Haruka." "Ich weiß, ich weiß... Mir muss es leid tun." Michiru schloss ihre geröteten Augen für einen Moment, in dem sie sich nur auf Harukas Berührungen konzentrierte. Sie hatte geglaubt, jeden Moment zusammenzubrechen, doch es war nicht passiert und sie war Haruka dankbar, dass diese bei ihr gewesen war. Sie wusste nicht, was sie getan hätte, wenn sie einen solchen Gefühlsausbruch alleine gehabt hätte. "Lass uns wieder gehen." "Ganz wie du möchtest Michiru." Haruka sah ihre Partnerin besorgt an und sie nahm sich fest vor, dass sie heute nicht mehr von ihrer Seite weichen würde. Für kurze Zeit betrachtete sie ihr Gegenüber noch, bevor Haruka ihr einen kurzen Kuss auf die Lippen hauchte und schließlich Michirus Hand nahm. Gemeinsam setzten sie sich wieder in Bewegung und ließen das Meer und dessen Wellen hinter sich zurück, während Michiru näher bei Haruka war und auf den Halt, den diese ihr gab, nicht verzichten konnte. Sie spürte, wie sie wackelig auf den Beinen war und wusste, würde Haruka sie nicht festhalten, wäre sie schon längst zusammengebrochen. Somit klammerte sie sich an die Hand, als würde ihr Leben davon abhängen und in gewisser Hinsicht tat es das auch. Es schien ihr die nötige Kraft zu geben, die sie dringen brauchte, um weiter zu machen. *** Der gelbe Ferrari war bereits wieder auf dem Rückweg und beide Frauen hingen ihren ganz eigenen Gedanken nach, bis der Wagen plötzlich abbremste und am Straßenrand zum Stehen kam. Harukas Knöchel traten weiß hervor und kleine Schweißperlen standen auf ihrer Stirn, während sie die Augen zusammengepresst hatte und versuchte, den Schmerz in ihr zu verdrängen. Sie hatte keine Tabletten mit und konnte sich nicht auf diese verlassen, also war sie zur Seite gefahren, bevor sie noch einen Unfall bauen würde. Sie spürte Michirus besorgten Blick und konnte die Tür aufgehen hören, bevor sie bald schon Michirus Hand an ihrer Wange spürte. "Haruka! Was hast du?" Die Angst war deutlich aus Michirus Stimme herauszuhören und sie war so besorgt wie schon lange nicht mehr, als sie den Schmerz in Harukas Gesicht sehen konnte. Bisher hatte sie einen solchen Anfall noch nie erlebt und es war wie ein Schlag in den Magen, als sie direkt sah, wie krank ihre Partnerin wirklich war. Es war deutlicher als jemals zuvor und am liebsten hätte sie Haruka die Schmerzen genommen, doch sie konnte es nicht, sie konnte nur bei ihr sein, bis es aufhören würde. Sie strich ihr ein paar Strähnen aus dem Gesicht und fuhr immer wieder mit einer Hand durch die Blonden Haare, wollte Haruka so ein wenig beruhigen und die Minuten kamen ihr wie einige Ewigkeit vor, bis sich Haruka schließlich wieder entspannte und auch das Lenkrad losließ. "Tut mir leid." Doch im nächsten Moment war ihr Michiru bereits um den Hals gefallen und hatte sich ein weiteres mal an ihrer Partnerin festgeklammert. "Jag mir nie wieder einen solchen Schrecken ein." Michiru konnte nicht leugnen, dass sie unheimliche Angst gehabt hatte und sie war bereits kurz davor gewesen einen Notarzt zu rufen und hätte es sicherlich noch getan, wenn Haruka sich nicht wieder beruhigt hätte. Sie hatte die Worte des Arztes wieder in ihrem Kopf gehört. Ein Monat, vielleicht mehr, vielleicht weniger. Und Michiru war einfach nur erleichtert, als der Anfall vorbei war. Sie konnte noch gerade so ihre Tränen zurückdrängen, sonst wäre es wohl Michiru gewesen, die sich als nächstes hätte beruhigen müssen. "Lass mich fahren, du musst dich ausruhen Haruka." "Aber ich-" "Kein aber! Ich hab mir solche Sorgen gemacht." Haruka sah zu ihrer Freundin rauf und sie wusste, dass es besser war, wenn Michiru das Steuer übernehmen würde. Vielleicht könnte sie beim nächsten Mal bereits nicht mehr so schnell reagieren und es würde tatsächlich etwas passieren. Am Ende würde sie nur Michiru in Gefahr bringen und das wollte sie unter gar keinen Umständen. Also gab sie nach und stieg langsam aus dem Wagen aus, als Michiru sie schließlich wieder losgelassen hatte. Als sie schließlich wieder losfuhren, war es diesmal Michiru die das Auto steuerte und immer wieder einen besorgten Seitenblick zu Haruka warf. Diese hatte ihre Augen geschlossen und man sah ihr die Erschöpfung an, obwohl Haruka selbst es wohl niemals zugegeben hätte. Das war nicht ihre Art, sie gab nur äußerst selten ihre Schwächen zu, sie war immer stark. Umso unvorstellbarer war es für Michiru, dass ausgerechnet ihrer Haruka so etwas passiert war. Sie nahm sich fest vor, dass sie ab sofort mehr auf ihre Partnerin achten würde, damit sie frühzeitig bemerken würde, wenn etwas nicht stimmte. Wenigstens so wollte Michiru ihr helfen. Auch wenn es nicht viel war, so würde sie doch niemals einfach nur dabeistehen und zusehen, wie Haruka langsam aber sicher Zugrunde ging. *** Michiru brachte Haruka Zuhause direkt ins Wohnzimmer, bevor sie kurz verschwand und wenig später mit einer Pille und einem Glas Wasser zurückkam. "Hier, Haruka." Dankbar nahm diese das Glas entgegen und nahm zuerst ihre Medizin, bevor sie langsam etwas von dem Wasser trank und es schließlich auf den Glastisch vor ihr abstellte. Sie war froh, wieder hier zu sein, denn sie fühlte sich unheimlich erschöpft und hätte wohl auf der Stelle einschlafen können. Doch sie wollte wach bleiben, sie wollte nicht einfach schlafen, während Michiru so besorgt um sie war. "Geht es dir langsam besser?" "Ja, vielen Dank." Es war ein ehrliches Lächeln mit dem Haruka zu Michiru sah und es schien diese für den Moment ein Stück weit zu beruhigen. Michiru hatte sich inzwischen zu ihr gesetzt und wenig später fand sich Haruka auf Michirus Schoß wieder, während diese ihr sanft durch das kurze, blonde Haar strich. Schon von ganz alleine schloss Haruka ihre Augen und genoss die sanften Berührungen. Sie wäre wohl eingeschlafen, wenn nicht irgendwann eine leise Frage von Michiru gekommen wäre. "Wie... hast du eigentlich reagiert, als du es erfahren hast?" Es schien Michiru sehr viel Überwindung zu kosten, dieses Thema einfach so anzusprechen. Einen Moment überlegte Haruka, was sie am besten sagen sollte, doch schließlich antwortete sie. "Ich hab es hingenommen." "Das kann ich mir nicht vorstellen. Wie hast du es einfach so akzeptieren können? Das sieht dir überhaupt nicht ähnlich." Andererseits war es auch nicht Harukas Art, einfach so einen Kampf aufzugeben und Michiru wurde klar, dass es wohl ein paar Dinge gab, die sie noch nicht wusste und verstehen konnte. "Weißt du Michiru, es ist nicht das erste Mal. Ich hatte als kleines Kind schon mal die gleichen Probleme und eigentlich hatten die Ärzte für mich keine Hoffnung gehabt, aber ich bin doch wieder gesund geworden. Jedenfalls für den Moment. Ich konnte nie sicher sein, wann ich einen Rückfall haben würde." Michiru war geschockt, das hatte Haruka ihr noch nie gesagt und ein weiteres Mal wurde ihr klar, dass sie kaum etwas über Harukas Vergangenheit wusste. Doch sie würde jetzt auch nicht nachfragen, sie spürte, dass es Haruka bereits schwer gefallen war, ihr dieses Detail zu sagen. "Es... war nur eine Frage der Zeit und ich kann froh sein, dass ich so lange keine Probleme gehabt habe." Haruka war in Gedanken bei ihrer Kindheit, in der Zeit wo sie wieder gesund gewesen war. Sie konnte von Glück reden, dass sie damals nie einen Rückfall gehabt hatte, sonst wäre sicherlich einiges anders gelaufen und sie hätte wohl niemals Michiru kennengelernt. Sie dachte an den Tag nach dem Rennen, wo ihr Michiru das erste Mal begegnet war und wie sie selbst ihre zukünftige Partnerin abgelehnt hatte. Sie war eine Einzelgängerin gewesen und hatte mit diesem Schicksal nichts zu tun haben wollen, doch inzwischen war sie mehr als froh, dass sie es schließlich akzeptiert hatte. Michiru war all die Probleme, die Harukas Schicksal ihr auferlegt hatte, wert gewesen. Sie würde jeder Zeit die gleiche Wahl treffen. Doch dieses Mal war es anders, sie konnte einfach nicht mehr ewig so weiter machen. Es fehlte ihr einfach der Wille. Haruka sah langsam zu ihrer Partnerin hoch und betrachtete sie eine ganze Zeit lang schweigend, bis sie schließlich den Kopf schüttelte und leicht lächelte. "Lass uns nicht weiter darüber reden. Die Dinge sind, wie sie sind. Ich möchte lieber deine Nähe genießen." Ein leiser Seufzer erklang von Michiru und hob ihre Hand, um damit sanft über Harukas Wange zu streicheln. "In Ordnung. Ruh dich aus Haruka, ich bleibe hier und passe auf." "Danke, Michiru..." Die junge Frau behielt Haruka die ganze Zeit über im Auge, bis diese schließlich eingeschlafen war. Zu gerne wollte sie wissen, was in ihrer Partnerin vorging, doch gleichzeitig wusste sie, dass sie nichts aus Haruka herausbekommen würde, wenn sie diese zwingen würde. Michiru konnte nur hoffen, dass sie früher oder später von sich aus etwas sagen würde. Vielleicht könnte sie ihre Haruka dann auch besser verstehen, es würde ihr wohl trotzdem noch schwer fallen, doch wenigstens würde sie alles aus einem anderen Blickwinkel sehen können. Während sie dort so saß und über den Schlaf von Haruka wachte, musste Michiru immer wieder mit ihren Gefühlen kämpfen. Mehr als einmal hatte sie kleine Tränen weg blinzeln müssen. Egal wie sehr sie sich anstrengen würde, sie würde diese Gefühle niemals ganz verdrängen können, aber sie wollte wenigstens etwas stark sein. Sie wollte alles tun, was in ihrer Macht stand, um die Zeit für Haruka so schön wie möglich werden zu lassen. Kapitel 4: Geteilte Einsamkeit ------------------------------ Wie versprochen ist hier jetzt das vierte Kapitel. Es gibt eigentlich nicht groß etwas zu sagen, außer natürlich, dass ich für Harukas Klavierspiel während dem Regen eine Vorlage habe. Für alle, die es interessiert, hier ist der Link: http://www.youtube.com/watch?v=6OFHXmiZP38&feature=plcp Es wirkt besonders schön, wenn man das hier http://www.rainymood.com/ noch im Hintergrund an hat. Mehr hab ich eigentlich nicht zu sagen, außer dass das nächste Kapitel vielleicht nicht ganz so pünktlich sein könnte, da ich in nächster Zeit ein paar Prüfungen schreibe, aber ich werde mir Mühe geben, ich möchte euch ja nicht warten lassen. Kapitel 4 – Geteilte Einsamkeit In den nächsten Tagen hatte sich ein einfacher Rhythmus in das Leben der beiden Frauen eingespielt. Morgens machten sie oft einen Spaziergang am Strand, während sie an schönen Tagen die Nachmittage gemeinsam an vielen verschiedenen Orten verbrachten. So hatten sie an einem Tag einen Ausflug ins Aquarium gemacht, wo Michiru versuchte, sich von den Fischen ablenken zu lassen. Doch sie hatte sich mehr als nur einmal dabei erwischt, wie sie Harukas Spiegelbild in den Glasscheiben anstatt die dahinter schwimmenden Lebewesen beobachtet hatte. Und jedes Mal hatte sie sich erhofft, dass es Haruka nicht bemerken würde. Noch immer dachte sie, dass ihre Partnerin jeden Moment einen Anfall kriegen könnte, auch wenn diese nicht so häufig kamen, wie Michiru befürchtete, so waren sie doch real und wann auch immer sie auch nur die kleinste Veränderung in Harukas Verhalten bemerkte, rechnete sie mit dem Schlimmsten. Doch gleichzeitig war Michiru froh, dass sich ihre Befürchtungen nur selten bewahrheiteten. Haruka hingegen hing ihren ganz eigenen Gedanken nach. Sie genoss jede Minute, in der sie mit Michiru zusammen war, doch zur gleichen Zeit begann sie auch, sich nach ein wenig Ruhe zu sehnen und sie konnte sich dieses Gefühl nicht wirklich erklären. Wahrscheinlich wollte sie einfach nur, dass Michiru nicht zu sehr belastet wurde, dass sie nicht immer dabei war, wenn es Haruka besonders schlecht ging. Der Schmerz war fast schon zu einem ständigen Begleiter geworden und sie konnte ihn die meiste Zeit über ignorieren, doch es gab immer noch Momente, in denen er einfach unerträglich wurde und sie sah jedes Mal aufs Neue die Angst in Michirus Augen, wenn es ihr wieder einmal zu viel wurde. So war es auch, als sie nach der Hälfte des Aquariums die Toiletten ansteuerte. Die Besorgnis in Michirus Blick war nicht zu übersehen und Haruka schien sie wohl noch mit einem Lächeln und ein paar Worten beruhigen zu können. So war Haruka alleine in eine der Kabinen gegangen und hatte sich dort eingeschlossen, bevor sie sich gegen die Wand hinter ihr lehnte. Sie fühlte sich schrecklich geschwächt und wusste, dass sie nicht mehr lange in diesem Aquarium bleiben konnte und es war auch für Haruka beängstigend, wie schnell sich ihr Zustand doch von Tag zu Tag zu verschlechtern schien. Sie konnte sich noch gut an ihre Kindheit und all die Arztbesuche, an all die Medikamente, die sie Tag für Tag zu sich nehmen musste, erinnern, doch jetzt war die Situation vollkommen anders. Es war wesentlich schlimmer und es fiel ihr schwer, ihren wirklichen Zustand vor Michiru zu verbergen. Sie bereitete ihrer Freundin schon viel zu viele Sorgen, sie wollte es ihr wenigstens etwas leichter machen, doch Haruka wusste nicht, wie lange sie das noch durchhalten würde. Sie atmete einige Male tief durch, als der Schmerz wieder verebbt war und sie konnte nun endlich ihre Medizin einnehmen. Schnell verließ sie die Kabine und spritzte sich bei den Waschbecken etwas Wasser ins Gesicht. Sie warf einen Blick in den Spiegel und fuhr sich einmal durch die blonden Haare. Wenn man genau hinsah, konnte man ganz deutlich sehen, wie schlecht sie sich fühlte und erst als sich Haruka sicher war, dass man ihr nichts mehr ansehen konnte, kehrte sie schließlich zu Michiru zurück. Natürlich war dieser aufgefallen, dass Haruka ungewöhnlich lange gebraucht hatte und auch sah sie ihrer Partnerin die leichte Blässe nur allzu deutlich an, doch als Haruka erneut darauf bestand, dass alles in Ordnung war, gab sich Michiru geschlagen und gemeinsam gingen sie weiter durch das große Aquarium. Doch Michiru konnte sich nicht mehr auf die Fische konzentrieren, weswegen sie auch nur wenig später auf dem Rückweg zu ihrem gemeinsamen Haus am Meer waren. Haruka hatte zwar das Steuer freiwillig übernommen, doch Michiru spürte einfach, dass ihre Partnerin erschöpft war und nur noch schnellstmöglich nach Hause wollte. Dort angekommen legte Michiru ihre Jacke zur Seite, bevor sie zu ihrer Freundin sah und diese einen Moment nachdenklich betrachtete. "Soll ich uns vielleicht eine Kleinigkeit zubereiten?" "Nein, ist schon gut Michiru. Ich bin nicht hungrig. Entschuldige bitte." Und mit diesen Worten war Haruka zu den Treppen gegangen und wenig später auch schon ins oberste Stockwerk verschwunden, wo sie sich im letzten Zimmer auf dem Gang einschloss. Das war etwas, was Michiru sehr schnell aufgefallen war. Seitdem sie von der Krankheit wusste, hatte Haruka damit angefangen, sich dort einzuschließen und obwohl sie jeden Tag etwas gemeinsam unternahmen und kleine Ausflüge machten, so kehrte die Blondine am Nachmittag doch immer wieder dorthin zurück und ohne dass Michiru etwas dagegen hätte unternehmen können, schloss sie sich dort ein. Sie verstand, wie sich Haruka fühlen musste und dennoch hoffte sie jeden Tag aufs Neue, dass sie auch weiterhin zusammen die Zeit verbringen würden. Aber Michiru durfte ihrer Freundin keine Vorwürfe machen, schließlich war sie sonst diejenige, die sich in ihre eigene Welt zurückzog. Wenn Haruka diesen Freiraum brauchte, dann würde Michiru ihn ihr auch geben, selbst wenn es ihr schwer fiel. Haruka stand in der Mitte des hellen Raums und sah durch die verglaste Wand nach draußen zum etwas weiter entfernten Meer. Die oberen Fenster waren immer geöffnet, sodass der Raum vom leisen Rauschen der Wellen erfüllt war, die der Wind mit sich hierher trug. Auf der anderen Seite des Raums stand ein alter Schreibtisch mit vielen kleinen Fächern, während oben drauf Unmengen von Notenblättern lagen. Diese waren für den schwarzen Flügel, der direkt vor Haruka stand und nur auf sie zu warten schien. Sie hatte zwar ein ähnliches Instrument ein Stockwerk tiefer in Michirus Atelier stehen, doch in den letzten Tagen fühlte sie sich von diesem Raum angezogen und sie hatte es noch jeden Tag geschafft, hier ein wenig Ruhe zu finden. Haruka wusste, dass sie ihrer Partnerin hiermit nur wehtat und dass diese wohl viel lieber gemeinsam mit Haruka in ihrem Atelier sein würde, doch die Blondine brauchte diesen Abstand. Natürlich wollte sie Zeit mit Michiru verbringen, aber gleichzeitig konnte sie es nicht verhindern, dass sie sich immer wieder hierher zurückzog. Bedächtig strich Haruka über das dunkle Holz des Flügels, bevor sie ihn schließlich aufklappte und sich auf dem kleinen Stuhl davor niederließ. Sie legte vorsichtig ihre Finger auf die weißen Tasten, als würde sie sich davor fürchten, dass das Instrument unter ihrer Berührung zerbrechen würde. Doch es passierte nichts und sie sah eine Weile lang einfach nur auf die Tasten, bevor sie ihre Augen schloss und ihre Finger von ganz alleine begannen, eine Melodie zu spielen. Sie brauchte keine Noten, sie wusste genau, welche Bewegungen sie machen musste. Es war nicht nötig, über das Spiel nachzudenken, sie ließ sich einfach von der Musik leiten, die inzwischen ihre ganze Welt erfüllte. Haruka nahm nur noch die Klänge wahr, die sie ihrem Piano entlocken konnte und ein kleines Lächeln schlich sich auf ihre Lippen, während die sanfte Melodie das Zimmer und bald schon das ganze Haus erfüllte. Michiru saß ihrerseits in ihrem Atelier und hatte sich mit ihrem Skizzenbuch an das Fenster gesetzt. Sie versuchte sich auf ein Bild zu konzentrieren, doch sie lauschte hauptsächlich der Melodie, die sie leise vernehmen konnte. Es war eine schöne und ruhige Melodie und Michiru hätte ihr wohl ewig zuhören können. Aber es blieb nicht lange dabei, ziemlich schnell schlug Harukas Spiel um und wurde lauter, aggressiver und schneller. Michiru verstand nur zu gut die Bedeutung hinter diesen Klängen, sie konnte den Schmerz spüren, der die Musik zu begleiten und zu umhüllen schien. Normalerweise hatte Haruka immer die Geschwindigkeit als ein Ventil für ihre Gedanken, Ängste und Schmerzen genutzt, doch dies war nun nicht mehr möglich, also schien ihr nur die Musik zu bleiben, um all das zu verarbeiten. Natürlich war es auch für Haruka schwer, das wusste Michiru. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass ihre Freundin nichts dabei empfand und einfach nur auf ihr Schicksal wartete. Auch wenn sie es versuchte, zu verstecken, so würde ihr dies wohl vor Michiru niemals gelingen. Dafür kannten sie sich inzwischen einfach zu gut und konnten die jeweils Andere wie ein offenes Buch lesen. Obwohl es Michiru in der letzten Zeit schwerer fiel, durch Harukas Fassade hindurchzusehen. Es schien dieser wohl ziemlich viel zu bedeuten, Michiru so zu täuschen. Nur in Momenten wie diesen konnte Michiru noch klar sagen, was gerade in ihrer Partnerin vorging. Das Klavierspiel blieb auch diesmal nicht konstant, sondern änderte sich ein weiteres Mal und erschien nun schon regelrecht verzweifelt und traurig. Haruka ließ ihren Gefühlen einfach freien Lauf. Sie verarbeitete alles in ihrem Spiel und konnte wohl nur so wirklich damit klarkommen. Es war zwar ihre Entscheidung, wie die Zukunft sein würde, doch obwohl sie sich gegen das Leben entschieden hatte, so tat es ihr doch unheimlich weh, Michiru zurückzulassen. Sie war sich darüber im Klaren, dass sie genauso gut das Leben wählen könnte, dass ihre Ängste eigentlich unsinnig waren, doch es waren nun einmal Ängste, die sie nicht einfach verdrängen konnte und sie fühlte sich nicht dazu in der Lage, sie einfach so zu überwinden. Haruka fühlte sich einfach nur geschwächt, nicht nur durch ihre Krankheit, sondern auch durch all die Dinge, die sie in ihrem noch recht jungen Leben bereits durchgemacht hatte. All die Hürden, die sie schon so früh hatte überwinden müssen, all die Kämpfe, die sie geführt hatte, es hatte Spuren an ihr hinterlassen und nun kam es Haruka vor, als hätte sie keine Kraft mehr, um weiter zu machen. Ihr fehlte der Lebenswille und es sträubte sich gleichzeitig alles in ihr dagegen, dass sie Michiru all das hier antat. Haruka konnte es sich selbst nicht verzeihen, dass sie Michiru nicht die Chance geben konnte, etwas an ihrem Schicksal zu ändern. Viel schlimmer als jeder Gedanke an den Tod war der Gedanke daran, wie verloren Michiru danach wäre. Aber egal, was Haruka auch tat, sie fand einfach nicht die nötige Kraft, die sie für den anderen Weg so dringend brauchte. Sie wünschte sich nichts mehr, als all das Michiru irgendwie ersparen zu können, doch es schien einfach nicht möglich zu sein. Dabei mussten Michirus Qualen wohl sehr viel größer sein als Harukas eigene. Immerhin musste Michiru mit den Konsequenzen leben. Etwas vor dem Haruka einfach davonlaufen würde. Ja, so war es. Haruka war einfach zu feige, um sich weiterhin dem Leben zu stellen. Und die Person, die sie über alles liebte, ließ sie dabei einfach zurück. Haruka stoppte das Spiel abrupt, als sie spürte, wie Tränen auf ihre Hände tropften und sie sah überrascht auf ihre Hände runter, die sie gleich von den Tasten zurückgezogen hatte, während sie leicht zitterten. Es war ihr gar nicht aufgefallen, dass sie angefangen hatte zu weinen, so sehr war sie in ihren Gedanken versunken gewesen. Sie hielt sich ihren Arm vor das Gesicht und presste ihn leicht gegen ihre Augen, während sie zittrig ein- und ausatmete. Doch sie schaffte es nicht, ihre Tränen wieder zurückzudrängen, also ließ sie ihnen nun einfach freien Lauf. Es traf sie schwer, dass sie nicht einmal mehr fähig war, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen und es bewies ihr nur, dass sie wirklich so schwach war, wie sie es die ganze Zeit über glaubte. Als die Tränen schließlich verebbten, stand Haruka auf und ging zur Glaswand rüber, um zum Meer zu sehen, das heute unruhiger als sonst erschien. Ihre Augen waren gerötet und würde sie nun zu Michiru gehen, so würde sich diese nur wieder viel zu viele Sorgen machen. Haruka würde ihr nur zu gerne diese Sorgen nehmen, doch sie war sich darüber im Klaren, dass es wohl nicht möglich war. Und zum wiederholten Male verfluchte sich Haruka für ihre Schwäche. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und schüttelte den Kopf, während die Wut auf sich selbst in ihr hochstieg. Sie hielt den Gedanken daran einfach nicht aus und mit schnellen Schritten war sie wieder bei ihrem Flügel, um erneut zu versuchen, Erlösung in ihrem Spiel zu finden. Und wenn es nur für einen kurzen Moment war, in dem sie all diese Probleme vergessen könnte, so wäre sie dankbar dafür. Haruka spielte nun Stücke aus ihrer Erinnerung, die sie irgendwann gelernt hatte und für die sie auch die Noten in diesem Raum hatte, doch sie versuchte es ohne, hoffte sich so besser ablenken zu können, wenn sie sich auf die Melodien konzentrieren musste. Es fiel ihr schwer, doch sehr langsam konnte sie die Gedanken verdrängen, die sie die ganze Zeit über plagten. Ihr Kopf wurde frei und man konnte spüren, dass sie gelassener wurde. Es stand kein Zwang mehr hinter ihren Taten, sie spielte einfach nur der Musik wegen. Es dauerte zwar noch einige weitere Minuten, bis auch ein Lächeln auf ihren Lippen erschien, doch schließlich schien sie alles andere vollkommen vergessen zu haben. Michiru hatte es inzwischen aufgegeben, da sie nur ein paar nicht zufriedenstellende Skizzen zustande gebracht hatte. Sie hatte sich nun dazu entschlossen, für sie beide eine Kleinigkeit zu essen zu machen. Irgendwann musste Haruka schließlich hungrig sein und es war wichtig, dass sie solche Dinge nicht vernachlässigte. Und Michiru war sich sicher, dass Haruka gerade jetzt wohl leicht vergessen würde, dass sie auch mal etwas essen musste. Damit das also gar nicht erst passierte, dachte Michiru wenigstens daran. Also war sie in die Küche gegangen und hatte sich dort an die Arbeit gemacht. Da das Fenster geöffnet war, konnte sie noch immer das leise Piano hören und ihr entging die Veränderung in Harukas Spiel nicht. Sie war froh, dass Haruka es offensichtlich geschafft hatte, sich ein bisschen besser zu fühlen, das war immer ein Zeichen dafür, dass sie bald wieder herauskommen würde. Und Michiru freute sich darauf, denn es fiel ihr selbst schwer, Haruka diese Zeit für sich zu geben, denn sie wusste, dass jede Minute, die sie noch hatte, kostbar war. Sie wussten beide nicht, wann es vorbei sein würde und Michiru wollte am liebsten jede Sekunde mit ihrer Partnerin verbringen, denn sie war sich bewusst, dass es nicht mehr lange so sein würde wie jetzt. Auch wenn sich Michiru jeden Tag wünschte, dass man ihnen noch wesentlich mehr Zeit geben könnte, so hatte sie es inzwischen ein Stück weit akzeptiert, dass dies hier Harukas Wille war. Es fiel ihr schwer, aber sie würde weiterhin zu ihrer Partnerin stehen, ganz gleich wie sich die Dinge noch entwickeln würden. Als die letzten Töne des Liedes ausklangen, ließ Haruka ihre Hände auf den Tasten des Flügels ruhen. Sie atmete einmal tief durch, bevor sie sich wieder erhob. Sie fühlte sich nun wesentlich besser und fähig dazu, wieder zurück zu Michiru zu gehen. Sie wollte ihre Partnerin auch nicht mehr länger warten lassen, sie hatte sich für heute lange genug eingeschlossen, es war an der Zeit, Michiru wieder gegenüber zu treten. Also schloss Haruka die Klappe des Flügels und ging zur Tür, wo sie den Schlüssel herumdrehte, bevor sie das Zimmer verließ. Ein leckerer Duft wehte durch das Haus und Haruka wusste sofort, wo sie ihre Freundin finden würde. Wie sie es vermutet hatte, fand sie Michiru in der Küche vor, wo der Tisch bereits gedeckt war und auch das Essen gerade hingestellt wurde. Michiru war so sehr in ihrer Aufgabe vertieft, dass sie Haruka offensichtlich noch nicht bemerkt hatte, weshalb es kein Wunder war, dass sie bei Harukas Worten leicht zusammenzuckte. "Das sieht sehr gut aus." "Oh, Haruka, ich hab dich gar nicht bemerkt. Stehst du schon lange hier?" Michiru schenkte ihrer Freundin ein zögerliches Lächeln, während sie sich ein paar Strähnen hinters Ohr strich. "Nein, ich bin gerade erst gekommen." "Wie du siehst, gerade rechtzeitig. Du kannst dich setzen, wir können sofort essen. Was möchtest du trinken?" Haruka nannte Michiru ihren Wunsch und nachdem sie ihr Glas Wasser bekommen hatte, saßen sie gemeinsam am Tisch und begannen mit dem Essen. Und für diesen Moment kam es Haruka so vor, als wäre alles in Ordnung, als wäre dies ein ganz normaler Tag aus ihrem gemeinsamen Leben, als würde es für immer so sein können. Die Sorgen und die Wahrheit waren vergessen und es war wohl einer der wenigen Momente, in denen sie beide unbeschwert lächelten. *** In den letzten zwei Wochen war es ein Teil von Harukas Routine geworden, dass sie sich Tag für Tag aufs Neue in ihrem Zimmer einschloss, um Piano zu spielen. Sie schien inzwischen fast schon abhängig davon zu sein und brauchte es einfach, um mit ihrer Situation besser klar zu kommen. Es fiel ihr selbst nicht so sehr auf, doch für Michiru war es umso deutlicher, dass Haruka sich immer länger einschloss. Somit zog sich auch Michiru zurück, wobei sie öfters einen zweiten Spaziergang am Strand entlang machte. Manchmal hatte sie ihre Geige dabei, um direkt bei ihrem Element darauf zu spielen, manchmal kam sie aber auch nur, um das stetige Spiel von Meer und Wind zu beobachten. Natürlich verbrachten sie die Vormittage noch immer gemeinsam, doch gleichzeitig spürte Michiru, wie sich Haruka mehr und mehr von ihr entfernte. Nun konnte sie endlich verstehen, wie es wohl für Haruka gewesen sein musste, wenn sie sich in ihre eigene Welt zurückgezogen hatte. Immer häufiger fühlte sich Michiru schrecklich einsam und sie fragte sich dann immer, ob es Haruka wohl auch so ging, oder ob sie selbst das verdrängen konnte. Auch Haruka verspürte die bedrückende Schwere der Einsamkeit, hervorgerufen durch ihre eigene Machtlosigkeit und dem Wunsch, selbiger nicht länger ausgeliefert zu sein. Aber sie konnte diese Ablenkung auch nicht einfach weglassen, denn sie wusste, dass sie ansonsten früher oder später noch verrückt werden würde. Es tat ihr gut, dass sie sich wenigstens so noch auf andere Gedanken bringen konnte. Dadurch fiel es auch nicht so sehr auf, dass sich ihr Zustand von Tag zu Tag verschlechterte und ihre Anfälle immer häufiger wurden. So kriegte Michiru immerhin nicht so viel davon mit und Haruka würde sie nicht unnötig damit belasten. Aber die Blondine verbrachte ihre Zeit nicht ausschließlich am Flügel, manchmal saß sie auch an dem alten Schreibtisch und ging ihre Sachen durch, die sie über all die Jahre gesammelt und sicher hier verwahrt hatte. Sie hatte noch ein Fotoalbum aus ihrer Kindheit, eine der wenigen Sachen, die sie aus dieser Zeit mitgenommen hatte und es war in dieser Zeit, dass sie es endlich einmal wieder angesehen hatte. Sie sah sich die Bilder von ihren Eltern an und von sich selbst, einem kleinen Mädchen, das zwar deutlich krank war, doch trotzdem glücklich zu sein schien. Jedenfalls wenn man nicht genauer hinsah, denn Haruka wusste nur zu gut, wie sie sich damals gefühlt hatte, wie erschöpft sie immer von dem ewigen hin und her zwischen den Krankenhäusern und ihrem Zuhause gewesen war. Es war ihr unheimlich schwer gefallen, all die vielen Medikamente zu schlucken und dabei doch noch zu versuchen, für ihre Eltern ein glückliches Kind zu sein. Inzwischen war sich Haruka nicht mehr sicher, ob sie überhaupt jemals wirklich glücklich als Kind gewesen war. Ein Teil ihrer Erinnerungen war schon längst verblasst und die schlechten Zeiten überwogen eindeutig. Haruka schüttelte den Kopf und legte das Album zurück in die richtige Schublade, bevor sie auf die leeren Notenblätter vor ihr hinab sah. Sie hatte in den letzten Tagen das Verlangen verspürt, ein Stück zu komponieren, war sich jedoch nicht so recht sicher, was sie schreiben sollte. Ihr gingen viele Melodien durch den Kopf, doch das Blatt blieb leer. Es gab so viele Möglichkeiten und sie wusste nicht, was sie davon am liebsten ausdrücken wollte. Es war noch nie ihre Stärke gewesen, eigene Stücke bewusst zu komponieren. Sie spielte meistens frei von der Seele oder begleitete Michiru bei ihrem Geigenspiel. Doch festgehalten hatte sie bisher nur sehr wenige Stücke und Michiru war die Einzige, die jemals welche davon zu Gesicht bekommen hatte. Seufzend stand Haruka von ihrem Stuhl auf und ging zur Glaswand. Am Horizont zog sich der Himmel zu und es sah sehr nach Regen aus. Haruka hoffte, dass Michiru nicht am Strand sein würde, wenn es zu regnen anfing. Es war leicht, sich dann eine Erkältung einzufangen, vor allem da Michiru gerne einmal die Zeit vergaß, wenn sie an ihrem geliebten Meer war. Doch als sie eine Gestalt vom Meer her auf das Haus zugehen sah, war Haruka erleichtert und als Michiru schließlich vor dem Haus stand, winkte Haruka ihr kurz zu. Sie hatte den traurigen Blick ihrer Freundin gesehen und es versetzte ihr einen Stich ins Herz. Sie war ungerecht zu Michiru, aber wie bei so vielen Sachen konnte sie daran nichts ändern. Sie richtete ihren Blick auf den verdunkelten Himmel und es dauerte nun nicht mehr lange, bis die ersten Regentropfen gegen die Scheibe schlugen. Eine Weile beobachtete Haruka das Treiben draußen, doch dann drehte sie sich zum Flügel um. Ihr kam eins der Lieder in den Sinn, das sie immer besonders gerne spielte. Schon seit sie mit dem Spielen begonnen hatte, hatte sie den Komponisten allen anderen bevorzugt und es kam oft vor, dass sie eins seiner Stücke spielte. Und so war es auch diesmal, als sie sich vor ihrem Instrument nieder ließ und die sanfte Melodie erklang, die sie immer mit dem Regen verband. Es gab ihr ein Stück weit Halt, den sie immer mal wieder zu verlieren schien, wenn sie sich hier einschloss und die Einsamkeit sie plötzlich zu übermannen drohte. Auch wenn die Komposition sehr melancholisch war, so fühlte sich Haruka danach doch immer besser. Man hätte gedacht, dass dieses Stück ihre Stimmung nur herunterziehen würde, denn es war düster und traurig zugleich, aber es schien das genaue Gegenteil bei Haruka zu bewirken. Es ließ sie ganz einfach entspannen und die beklemmenden Gedanken vergessen. Durch das Prasseln des Regens, das ihr Spiel zu begleiten schien, verstärkte sich diese Wirkung nur noch und Haruka begann von ganz alleine zu lächeln, während ihre Finger geradezu über den Tasten zu schweben schienen, um dem Flügel im richtigen Moment diese wunderschönen Klänge zu entlocken. Als sie das Stück schließlich beendet hatte und die letzten Noten ausklangen, zog Haruka langsam ihre Hände zurück und öffnete ihre Augen, um den Blick erneut nach draußen zu richten. Es war die richtige Entscheidung gewesen, dieses Lied zu spielen, denn sie hatte ihren Kopf frei genug kriegen können, um sich über ihr eigentliches Vorhaben Gedanken machen zu können. Sie hatte nun eine klare Vorstellung von dem, was sie schreiben wollte und sie überlegte noch einen kurzen Moment, bevor sie erneut anfing zu spielen, doch diesmal ihre ganz eigene Melodie entstand. Das Lächeln verließ ihre Lippen nicht und sie war sich sicher, dass es so mit Sicherheit gut werden würde. Und während sie so spielte und immer wieder etwas an der Melodie veränderte, bevor sie schließlich auch damit begann, ihre Ideen auf Papier festzuhalten, hatte Haruka nur einen einzigen Gedanken. *** Es hatte Haruka weniger Zeit gekostet, als sie ursprünglich erwartet hatte, doch nach zwei weiteren Tagen war das Stück bereits vollendet und sie hielt die fertigen Noten in den Händen. Sie war sehr zufrieden mit dem Ergebnis und sie verstaute die Noten sorgfältig in eine der Schubladen des Schreibtisches, bevor sie zurück zum Flügel ging. Nun musste sie das Stück nur noch Michiru präsentieren und sie hatte auch schon eine Idee, wie sie dies am schönsten tun könnte. Haruka warf einen Blick auf ihre Uhr, es war noch früher Morgen, doch da sie früh wach geworden war, hatte sie Michiru schlafen gelassen und sich daran gemacht, das Stück fertig zu schreiben. Sie war am Vortag bereits so gut wie fertig gewesen und es hatte nur noch eine Kleinigkeit gefehlt, die ihr keine Ruhe gegeben hatte. Doch nun wollte sie sich daran machen, das Frühstück zuzubereiten, denn Michiru würde sicherlich auch bald wach werden. Haruka hatte kaum den Kaffee aufgesetzt und den Tisch gedeckt, da stand auch schon Michiru in der Tür, die ihre Freundin mit offener Besorgnis ansah. "Du bist ja schon auf. Ist alles in Ordnung, Haruka?" "Ich bin nur etwas früher wach geworden und da hab ich mir gedacht, ich mache schon mal unser Frühstück fertig. Es ist alles in Ordnung." Haruka spürte den prüfenden Blick, doch Michiru schien sich wohl geschlagen zu geben und setzte sich an den Tisch. Das gemeinsame Frühstück verlief größtenteils schweigend, zumal Michiru wohl noch immer nicht ganz wach zu sein schien, denn sie trank mehr Kaffee als sonst. Doch Haruka störte sich daran nicht, sie genoss einfach nur die Nähe von Michiru, sie brauchten keine Worte, sie verstanden sich auch so und manchmal war es ohne Worte besser. "Gehen wir gleich wieder zusammen an den Strand?" Michiru sah von ihrer Tasse hoch und begann augenblicklich zu lächeln, als sie diesen Vorschlag hörte. "Natürlich, ich würde mich sehr darüber freuen." "Gut, dann mach dich gleich mal fertig." Grinsend aß Haruka ihr Frühstück auf, während Michiru nur lächelnd den Kopf schüttelte. Eine halbe Stunde später waren sie dann tatsächlich bereit, um das Haus zu verlassen und Haruka griff nach Michirus Hand, während sie sich auf den Weg zum Strand machten. Man sah Michiru an, wie sehr sie es genoss, nicht alleine zum Meer zu gehen und wie gut ihr Harukas Anwesenheit tat. Das hatte sie in den letzten Tagen sehr vermisst, denn sie hatte Haruka fast nur zu den Mahlzeiten gesehen, den Rest der Zeit hatte sich Haruka wieder in ihrem Zimmer eingeschlossen. Michiru wusste nicht, was genau ihre Partnerin dort alles tat, doch es fiel ihr immer schwerer, sie einfach so dorthin gehen zu lassen. Umso mehr freute sie sich nun über diesen gemeinsamen Spaziergang. Haruka selbst war in Gedanken bei dem Stück, das sie an diesem Morgen fertig gestellt hatte und sie hatte bereits eine genaue Vorstellung davon, wann sie es Michiru zeigen würde. Sie lächelte und freute sich bereits darauf, während sie einen Arm um Michiru legte, um diese näher zu sich zu ziehen. Erst jetzt fiel ihr wieder auf, wie sehr sie es doch wirklich vermisst hatte und so waren die Gefühle der beiden Frauen während dem Strandspaziergang durchaus ähnlich, auch wenn jede noch ihren ganz eigenen Gedanken nachging. Die gemeinsame Zeit am Strand kam Michiru viel zu kurz vor und nur widerwillig löste sie sich von ihrer Partnerin, als sie schließlich wieder in ihrem Haus waren. Sie hatte es sehr genossen und wollte nur ungern wieder allein sein. Und als sich Haruka dieses Mal wieder in Bewegung nach oben setzte, konnte Michiru nicht anders, als nach Harukas Hand zu greifen und diese zurückzuhalten. "Bitte geh nicht." Haruka war im ersten Moment ein wenig überrascht und sie sah zu ihrer Freundin, die den Kopf gesenkt hatte und den Boden anzustarren schien. "Michiru." "Bitte bleib bei mir. Ich will nicht wieder alleine zurückbleiben. Ich möchte dir helfen, du sollst dir nicht selbst überlassen sein." Als Michiru schließlich den Kopf hob, um Haruka ansehen zu können, standen Tränen in ihren meeresblauen Augen. Sie hielt dieses ständige hin und her nicht aus. Erst unternahmen sie etwas gemeinsam und dann zog sich Haruka für den Rest des Tages zurück und überließ Michiru alleine ihren Gedanken und ihren Gefühlen. So langsam merkte Michiru, wie es ihr zu viel wurde und sie konnte ihre Freundin diesmal einfach nicht gehen lassen. "Lass uns gemeinsam alles vergessen. Bitte Haruka." Haruka hatte noch immer nicht geantwortet, sondern sah einfach nur in diese traurigen Augen. Ihr fiel die Entscheidung in diesem Moment nicht schwer und sie trat einen Schritt auf Michiru zu, um ihr einen sanften Kuss zu geben. "Verzeih mir bitte Michiru, es war egoistisch von mir. Ich bleibe bei dir." Michiru nickte langsam, umklammerte die Hand ihrer Partnerin allerdings noch fester. Sie war froh, dass Haruka nicht einfach wieder verschwand. Sie wusste nicht, was sie getan hätte, wenn sie einen weiteren Tag hätte allein verbringen sollen. Und so gingen sie nun zusammen die Treppen nach oben in das große Atelier. Ihr war bewusst, was Haruka wohl vorgehabt hatte und ihre Vermutung bestätigte sich, als Haruka zielstrebig auf den weißen Flügel zuging, der hier stand. Michiru zögerte nicht lange, sondern nahm sich die Violine, die auf dem Flügel lag. Es war lange her, seitdem sie das letzte Mal gemeinsam gespielt hatten und Michiru sehnte sich bereits danach. Die Musik war immer eine besondere Verbindung zwischen den Beiden gewesen. So hatten sie sich immer verständigen können, so hatten sie ihre Gefühle ausdrücken können, ohne sich über irgendetwas anderes Gedanken zu machen. Sofort spürte Michiru diese Verbindung, diese Harmonie, als sie zaghaft mit einer Melodie begann und Harukas Klavierspiel wenig später einsetzte und sie begleitete. Beide Frauen hatten ihre Augen geschlossen und waren voll und ganz auf das Spiel der jeweils Anderen fixiert. Es war ähnlich, als wenn sie alleine spielten. Sie waren in ihrer ganz eigenen Welt, alles andere schien nicht mehr zu interessieren, nur noch die Musik erfüllte diese Welt. Und doch waren sie diesmal nicht allein. Beide waren gemeinsam in einer Welt, zu der nur sie Zugang hatten, die nur sie erschaffen konnten. Und nur wenn sie zusammen waren, war auch ihre Welt komplett, es schien perfekt zu sein und die Einsamkeit, die beide in den vergangenen Tagen gespürt hatten, war vergessen. Sie waren zusammen, sie schienen eins zu werden und konnten beide den Schmerz spüren, den die jeweils Andere alleine verspürt hatte. Sie nahmen sich diesen Schmerz gegenseitig und es wurde ihnen nur allzu deutlich bewusst, wie sehr sie voneinander abhängig waren. Michiru hätte für immer so weiter spielen können. Sie vergaß alles andere und spürte nur noch Harukas Anwesenheit, nichts anderes zählte mehr. Es war ein perfektes Zusammenspiel und Michiru wusste, dass sie es für immer in ihrem Herzen behalten würde. Dies war einer der Momente, den sie niemals vergessen würde, ganz gleich wie viel Zeit verging, dieses Gefühl würde sie immer bewahren und niemand würde es ihr nehmen können. Haruka spürte, wie die beruhigende Wirkung der Musik sich in ihr ausbreitete und sie gänzlich erfüllte, es schien so viel einfacher zu sein, als wenn sie alleine spielte, sodass sie sich wunderte, warum sie nicht viel eher mit Michiru gemeinsam gespielt hatte. Sei kannte diesen Effekt doch nur zu gut, immerhin hatten sie oft zusammen gespielt, bevor diese Krankheit in ihr Leben getreten war. Haruka nahm sich vor, dass sie in der Zeit, die ihr noch vergönnt war, noch öfter so mit Michiru spielen wollte. Es fühlte sich einfach nur richtig an und um nichts in der Welt hätte sie jetzt allein sein wollen, nicht wenn sie gemeinsam mit Michiru in ihre Welt konnte. Es gab in diesem Augenblick nichts Schöneres, das sie sich vorstellen konnte, als stundenlang so mit Michiru die Zeit zu verbringen. Doch die Beiden wurden jäh aus ihrer Welt gerissen, als der altbekannte Schmerz heftig durch Harukas Körper fuhr und sie ihr Spiel unterbrach, während sie sich auf den Tasten abstützen musste. Sofort flogen Michirus Augen auf, als sie diese störenden Geräusche hörte und sie Haruka mit schmerzverzerrtem Gesicht dort sitzen sah, stieg augenblicklich wieder die Angst in ihr auf. "Haruka!" Sofort legte sie ihre Violine zur Seite und war bei ihrer Partnerin, um sie fest zu halten und nach einer ihrer Hände zu greifen, die stark zitterten. Es waren endlose Sekunden, in denen Michiru mit dem Schlimmsten rechnete und hilflos zusehen musste, wie Haruka so sehr litt. Erst als der Schmerz langsam wieder verebbte, lehnte sich Haruka gegen Michiru und schloss schwer atmend die Augen. Sie war inzwischen kreidebleich, denn es war einer der stärksten Anfälle, die Haruka bisher gehabt hatte. Von ganz alleine klammerte sie sich an Michiru und suchte dort den Halt, den sie brauchte, damit sie sich wieder beruhigen konnte. Sie spürte Michirus sanfte Berührung, wie diese ihr über den Kopf und den Rücken streichelte und es dauerte noch ein paar Minuten, bis sich Haruka wirklich beruhigt hatte. "Tut mir leid Michiru." Doch diese schüttelte nur hastig den Kopf. Tränen standen in ihren Augen, sie würde mit diesem Anblick niemals klarkommen, es war einfach nur grausam ihre Partnerin so zu sehen. Sie streichelte über Harukas Wange und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. "Du musst dich nicht entschuldigen." "Ich habe unser Spiel unterbrochen." "Vergiss das Spiel, du bist mir viel wichtiger!" Michiru sah eindringlich in Harukas dunkle, grüne Augen und suchte dort nach einem Zeichen, das ihr sagte, dass für den Moment wohl alles wieder in Ordnung war. Erst, als sie sich wirklich sicher war, schloss sie Haruka fest in ihre Arme. "Ich liebe dich, Haruka. Es tut weh, dich so leiden zu sehen." "Michiru..." Haruka wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte, sie fühlte sich ganz plötzlich überrannt von ihren Gefühlen und sie musste tatsächlich ein paar kleine Tränen weg blinzeln. Sie bereitete Michiru so viele Qualen und diese schienen sie langsam aber sicher zu überfordern. Das machte es für Haruka nicht gerade leichter und sie legte nun selbst ihre Arme um Michiru. Sie fragte sich, wie lange sie Michiru noch so verletzen musste, wie lange es noch andauern würde und kurz erwischte sich Haruka dabei, wie sie dachte, dass es doch schneller vorbeigehen sollte, denn dann würde sie Michiru nicht unnötig lange leiden lassen. Doch sie wusste selbst, dass sie darauf keinen wirklichen Einfluss hatte. Es würde sich zeigen, wie lange das Leid der beiden noch andauern würde. Kapitel 5: Mein Lied für dich ----------------------------- Hier ist nun endlich das nächste Kapitel, tut mir leid für die Wartezeit, aber ich hatte viel zu tun und da mir diese Kapitel sehr wichtig ist, sollte es auch nicht einfach nur dahingeklatscht werden. Eigentlich sollte es diese Kapitel gar nicht geben, aber ich glaube, die Story ist schon deprimierend genug, da darf man ruhig ein wenig was schönes schreiben. Seht das hier also als eine Art Zwischenspiel. Im späteren Verlauf des Kapitels wird Haruka ein Lied spielen und ich empfehle euch, es euch auch anzuhören. Es handelt sich dabei um Liszt Liebesträume Nr. 3 "O Lieb, so lange du lieben kannst!" http://youtu.be/l8pvtsPzEsc Mehr gibt es eigentlich nicht zu sagen, also bleibt mir nur noch, euch viel Spaß beim Lesen zu wünschen. Kapitel 5 - Mein Lied für dich Es herrschte reges Treiben auf dem Tokioter Flughafen. Inmitten dieser Menschenmassen konnte es Michiru noch immer nicht so recht fassen, dass sie tatsächlich mit Haruka hier war. Sie erinnerte sich noch sehr gut daran, wie überrascht sie war, als Haruka ihr von dieser kleinen Reise erzählt hatte. Nicht einmal im Traum hatte sie damit gerechnet und umso schöner war die Überraschung gewesen. In der letzten Zeit hatte Harukas Verhalten nicht gerade darauf schließen lassen, dass sie einen gemeinsamen Kurzurlaub planen würde und Michiru hatte bereits daran gezweifelt, dass sie überhaupt noch besondere Ausflüge machen würden. Zum Einen hatte sich Haruka immer wieder zurückgezogen und zum Anderen hatte sich ihr Zustand mit der Zeit immer mehr verschlechtert, sodass ihr der Wille fehlte, überhaupt noch etwas anderes zu unternehmen. Umso mehr hatte sich Michiru gefreut, als Haruka ihr die Flugtickets gegeben hatte und ihr gesagt hatte, sie solle ihren Koffer packen, weil sie für drei Tage weg von alledem fliegen würden. Michiru hatte sich fest vorgenommen, dass sie diese Auszeit genießen würde und sie war sich sicher, dass sie ihnen beiden gut tun würde. Michiru war doch ein wenig nervös, als schließlich ihr Flug aufgerufen wurde und sie zu Haruka aufsah, die ihr lächelnd eine Hand entgegen hielt. Da zögerte Michiru natürlich nicht lange und ergriff die angebotene Hand, bevor sie sich von ihrem Platz erhob und gemeinsam mit Haruka zu der wartenden Maschine ging. Wenige Minuten später fand sie sich auf ihrem Fensterplatz in der ersten Klasse wieder und nachdem das Handgepäck verstaut war, ließ sich Haruka auf dem Platz neben Michiru nieder. "Gleich starten wir, ich freue mich schon drauf." "Warte erstmal ab, bis wir gelandet sind." Haruka wusste, wie sehr Michiru solche Flüge mochte, weswegen sie ihr auch gerne den Fensterplatz überließ, denn oft konnte sich ihre Freundin nicht an dem Ausblick satt sehen, so wollte sie es ihr nicht vergönnen. Wahrscheinlich würde Haruka selbst sowieso die meiste Zeit über schlafen, denn selbst wenn sie sich gerade verhältnismäßig gut fühlte, so war sie doch immer sehr schnell erschöpft und müde, weswegen sie jede Gelegenheit ausnutzte, um sich ein wenig zu erholen. So verlief der Flug für beide Frauen sehr ruhig. Michiru genoss die Aussicht, während Haruka tatsächlich die meiste Zeit über neben ihr schlief und immer nur sehr kurz zwischendurch wach war. Erst als die Landung durchgesagt wurde, warf auch Haruka einen Blick aus dem Fenster. Sie konnte die Berge sehen, deren Gipfel trotz der Jahreszeit noch weiß waren, während das Tal bereits zu erblühen schien. Ein riesiger See und vereinzelte Flüsse durchzogen die Landschaft und die vielen Straßen der großen Stadt. Sobald sie ihr Gepäck hatten, verließen sie den weitläufigen Flughafen und wurden von dem traumhaft schönen Wetter begrüßt. Kein Wölkchen war am Himmel zu sehen und die Mittagssonne schien angenehm auf Genf hinab. Haruka winkte einem Taxifahrer zu, der bereits auf die beiden jungen Frauen zu warten schien, sodass er ihnen mit dem Gepäck half und sie wenige Minuten später auch schon zu ihrem Hotel fuhr. Michiru konnte sich gar nicht an der Stadt satt sehen und das Strahlen verließ schon während der Fahrt nicht ihre Augen. Als sie schließlich das Four Seasons in der Innenstadt erreichten und ihre noble Suite bezogen, führte Michirus erster Weg sie zu ihrem Balkon, der zum See hinaus gerichtet war. Haruka stellte die Taschen ab und folgte ihrer Partnerin nach draußen, wo sie nun ihrerseits zu dem See sah, der schon fast wie ein kleiner Ozean erschien, sodass es Haruka nicht sonderlich überraschte, als sie einen ihr nur allzu bekannten Blick in Michirus Augen erkennen konnte. Diese drehte sich mit einem strahlenden Lächeln zu ihrer Freundin um. "Ist es hier nicht wunderschön? Oh Haruka, es ist einfach nur wunderbar." Sie umarmte Haruka stürmisch, woraufhin diese leise lachte. Michirus Laune wirkte sich automatisch auf Haruka aus und sie konnte gar nicht anders, als zu lächeln, dafür freute sie sich zu sehr darüber, dass es Michiru hier ganz offensichtlich gefiel. Es war eine schöne Abwechslung und Haruka war sich sicher, dass sie die Zeit hier in vollen Zügen genießen könnte. Nur für diese kurze Zeit, wollte sie nicht an die Probleme denken, die sie Zuhause jede Sekunde zu plagen schienen. Sie wollte einfach nur mit ihrer Michiru zusammen etwas unternehmen und diese wenigen Tage unvergesslich machen. Nachdem die Koffer ausgepackt waren und sich beide Frauen umgezogen hatten, beschlossen sie erstmal hinaus in die Stadt zu gehen, um irgendwo eine Kleinigkeit zu essen. Hand in Hand gingen sie die Promenade entlang und es gab fast schon eine zu große Auswahl an Cafés, doch schließlich konnten sie sich für eins entscheiden. Ein Blick auf die Karte verriet Michiru, dass es beinahe ein kleines Vermögen kostete, hier zu essen, doch die Preise schienen dort wohl generell so zu sein. "Nimm ruhig, was immer du möchtest. Du bist während der gesamten Zeit hier eingeladen." Haruka sah lächelnd zu ihrer Partnerin, bevor sie selbst einmal die Karte studierte. Die Preise waren ihr egal, sie hatte in den vergangenen Jahren mehr als genug Geld durch ihre Rennen ansammeln können und nun hatte sie ganz einfach keine Verwendung mehr dafür, so wollte sie wenigstens Michiru eine schöne Zeit bieten, in der sich diese um nichts Gedanken machen musste. Selbst wenn Michiru zu Beginn noch etwas protestierte, sah sie doch schnell ein, dass sie gegen Harukas Sturkopf keine Chance hatte. Es würde sich wohl niemals ändern, sobald sich die Blondine etwas in den Kopf gesetzt hatte, war sie davon nicht mehr abzubringen und wenn es ihr eine Freude bereiten würde, so würde Michiru es ganz einfach dankbar annehmen. Nicht, dass sie es sich selbst nicht hätte leisten können, aber es war dennoch verlockend sich einmal einladen zu lassen. So konnte sich Michiru nach dem Essen in den Genfer Einkaufspassagen nicht wirklich zurückhalten. Es gab so viele schöne Dinge und fast in jedem Geschäft mussten sie anhalten, weil Michiru wieder einmal ein Kleid entdeckt hatte, das sie unbedingt anprobieren wollte, oder weil sie etwas anderes gefunden hatte, was sie sich einfach ansehen musste. Haruka hielt sich bei alledem zurück und kommentierte nur die verschiedenen Outfits, die Michiru anzog, bevor sie lächelnd bezahlte. "Oh nein, ich hab viel zu viel gekauft. Tut mir leid, Haruka." Mit vielen Tüten beladen kehrten sie zurück ins Hotel, wo sie die Einkäufe erstmal abstellten. Es schien Michiru eindeutig peinlich zu sein, dass sie sich so hatte gehen lassen, doch es gab einfach zu viele schöne Dinge, als dass sie zu allem hätte nein sagen können. Auch wenn es ihr am Anfang noch sehr unangenehm gewesen war, dass Haruka all diese Dinge bezahlt hatte, so konnte sie sich doch schnell daran gewöhnen und hatte sich nur vorgenommen, dass sie es genießen würde, selbst wenn sie versuchte, es nicht allzu sehr zu übertreiben. "Das ist schon in Ordnung Michiru. Ich bin mir zwar nicht sicher, wie wir das alles in die Koffer kriegen sollen, aber ich glaube nicht, dass wir uns Sorgen machen müssten. Notfalls kaufen wir noch einen." "Na gut, vielen Dank Haruka! Dann sollten wir uns vielleicht schon nach einem neuen Koffer umsehen." Michiru trat auf ihre Freundin zu und legte die Arme um sie, während sie das unbeschwert wirkende Gesicht von Haruka betrachtete. Haruka wirkte wie ausgewechselt und hätte Michiru es nicht besser gewusst, hätte sie nicht geglaubt, dass es in den letzten Tagen noch eine Seltenheit gewesen war, dass die Blondine einmal lächelte. Doch nun schien das Lächeln, selbst wenn es ein kleines war, gar nicht mehr von Harukas Lippen verschwinden zu wollen und Michiru war dafür einfach nur dankbar. Dennoch blieb die leichte Müdigkeit in Harukas Blick nicht unentdeckt von Michiru, weshalb sie sich widerwillig von ihr löste. "Vielleicht solltest du dich noch ein wenig ausruhen, bevor wir wieder losgehen." "Das ist gar keine so schlechte Idee. Aber nicht zu lange, ich möchte mit dir noch ein wenig den See besichtigen." "Ich kann es schon gar nicht mehr erwarten." Schnell gab Michiru ihrer Freundin einen kurzen Kuss, bevor sie kichernd mit einem Buch auf dem Balkon verschwand. Haruka sah ihr einen Moment lang lächelnd hinterher, bevor sie sich jedoch auf das bequeme Bett legte und die Augen schloss. Sie war erstaunt, wie schnell sich die Dinge ändern konnten und wie sich die Abwechslung offensichtlich positiv auf sie beide auswirkte. Es wäre gelogen, wenn Haruka behaupten würde, dass sie nicht rundum glücklich war und sich über jede Sekunde hier mit Michiru freute. Es war fast schon so, als wären die letzten Wochen eine andere Zeit gewesen, eine langsam verblassende Vergangenheit, die jetzt keine Rolle mehr spielte. Und mit dem Gedanken daran, dass sie wohl für immer so ihre Zeit mit Michiru hätte verbringen können, fiel Haruka in einen leichten, aber trotzdem erholsamen Schlaf. *** Mit einer Kamera bewaffnet ging Michiru am Genfer See entlang und alle paar Meter mussten sie stoppen, weil Michiru wieder einmal etwas entdeckt hatte, was sie festhalten wollte. Haruka konnte es ihr nicht verübeln, es war wirklich eine schöne Stadt und die Aussicht war einfach einmalig. Des öfteren kam es vor, dass Michiru Passanten darum bat, ein Bild von ihr und Haruka vor einer Sehenswürdigkeit oder einer besonders schönen Kulisse zu machen. So hatten sie zum Beispiel vor der Blumenuhr posiert, bevor sie ihren Spaziergang am See fortsetzen konnten. Doch etwas hatte es Michiru besonders angetan und sie konnte es bereits gar nicht mehr erwarten, dort hinzugehen. Immer wieder schweifte ihr Blick zu der riesigen Wasserfontäne, die aus dem See hinaus schoss. "Das ist der Jet d'Eau. Man kann sogar ganz nah ran. Ein kleiner Weg führt zu ihm hin." "Ich möchte ihn unbedingt aus nächster Nähe sehen. Lass uns gleich dort hingehen!" Haruka nickte gleich einmal und griff nach Michirus Hand, um mit ihr den Weg am See entlang weiter zu gehen. Sie passierten die Bootsstege und auch hier zückte Michiru wieder ihre Kamera, bevor sie entzückt auf einen der Schwäne deutete, die wohl überall auf dem See zu sein schienen. Es schien Michiru unheimlich viel Spaß zu machen und voller Begeisterung schoss sie ein Foto nach dem Anderen, bevor sie erneut ein Stück weiter ging. Als sie schließlich den schmalen Damm erreichten, der sie zum Jet d'Eau führte, legte Michiru den Kopf in den Nacken und schirmte die Sonnenstrahlen mit einer Hand ab. Wenn man von der richtigen Position aus zum Wasserstrahl sah, konnte man sogar einen Regenbogen erkennen und mit einem Klicken hatte Michiru auch dieses Bild mit ihrer Kamera verewigt. Doch dann wollte sie endlich näher ran gehen und sie zog Haruka mit sich den Weg entlang. Als die ersten Wassertropfen auf das Paar fielen, stoppte Michiru und von hier erschien die Fontäne nur noch beeindruckender. Für einige Minuten sahen sich die Beiden einfach nur staunend die Wassermengen an, die immer wieder aufs Neue in die Luft befördert wurden, nur um danach zurück in den See zu fallen. Sie hatten eine atemberaubende Aussicht und es war nur eine Frage der Zeit, bis Michiru ein weiteres Mal ihre Kamera in der Hand hielt. Doch diesmal wollte sie nicht diejenige sein, die die Bilder machte, sondern sah sich nach anderen Touristen um, die sie auch gleich darum bat, ein paar Bilder von ihr und Haruka zu machen. Haruka trat hinter Michiru und legte sanft die Arme um ihre Partnerin, bevor sie Michiru an sich drückte. Mit einem Lächeln sah sie zur Kamera und das erste Klicken ertönte. Es war ein schöner Moment, an den sich Haruka immer erinnern wollte und diese Glücksgefühle würde sie mit Sicherheit immer in ihrem Herzen bewahren. Ein Blick zu Michiru genügte, damit sie wusste, dass es ihrer Freundin da nicht anders ging. Haruka wusste, dass sie beide in diesem Moment trotz der Umstände einfach nur glücklich waren und das war alles, das für sie zählte. Fast schon von alleine drehte sie Michiru in ihren Armen um, sodass sie sich gegenseitig tief in die Augen blicken konnten. Michiru stellte sich etwas auf die Zehenspitzen, womit sie sich Haruka näherte, die dann das letzte Stück, das sie noch trennte, sehr schnell überbrückte. Ihre Augen schlossen sich, als sich ihre Lippen zu einem sanften Kuss vereinten und Haruka zog Michiru noch einmal näher an sich, während die Kamera auch diesen Moment zwischen ihnen festhielt. Es erschien beiden Frauen wie eine kleine Ewigkeit, bis sie sich doch wieder voneinander lösten und sie sich bei den netten Touristen für die Bilder bedankten. Doch schnell fand sich Michiru in den Armen ihre Freundin wieder. Sie genoss es in vollen Zügen und hätte wohl für immer dort stehen bleiben können, während die wunderbare Wärme, die von Haruka ausging, sie voll und ganz zu erfüllen schien. Wie sie so in Harukas Augen sah, konnte sie dort nur eines erkennen und das war grenzenlose Liebe, die sich wohl auch in ihrem eigenen Blick widerspiegelte. Sie mussten diese drei kleinen Worte nicht aussprechen, um zu verstehen, was sie für einander fühlten, jeder, der sie sah, würde es sofort merken. Die Liebe, die Haruka und Michiru verband, schien in der Luft um sie zu seien und das Lächeln, das sie sich gegenseitig zeigten, schien die Gedanken der Beiden nur zu bestätigen, bevor sie sich ein weiteres mal in einem gefühlvollen Kuss vereinten. *** Es dauerte nicht lange, bis es dunkel wurde und die Stadt bald von den unzähligen Lichtern erhellt wurde. Michiru und Haruka hatten sich inzwischen in einem kleinen Restaurant am See niedergelassen, wo sie den Abend ruhig ausklingen lassen wollten. Nach einem sehr leckeren Essen hatte sich Michiru mit einem Glas Wein dem See zugewandt. Es war eine wunderschöne Szene. Die Lichter der Gebäude, der Geschäfte und den vielen kleinen Cafés spiegelten sich in dem See wider und Michiru konnte die romantische Atmosphäre beinah fühlen. Das Wasser erinnerte sie an das Meer bei ihnen Zuhause und wie sie so manches Mal den Mond und die Sterne am Himmel betrachtet hatte, während die zahlreichen Wellen zu ihren Füßen kamen und gingen. Auch hier stand der Mond bereits über den Häusern der Dächer, doch es waren weniger Sterne hier in der Innenstadt zu sehen, was das Bild jedoch keineswegs trübte. Nein, auch ohne die unzählbaren Sterne schien diese Szene geradezu perfekt und Michiru konnte sich gar nicht daran satt sehen, so schön fand sie es. Noch nie hatte sie so etwas gesehen und sie war unheimlich dankbar dafür, dass sie diese unvergesslichen Augenblicke hier mit Haruka teilen durfte. Die Blondine schenkte ihrer Umgebung nicht ganz so viel Aufmerksamkeit. Dafür war ihr Blick stets auf Michiru gerichtet. Auch wenn sie in Tokio solch eine Aussicht nicht hatten, so gefiel Haruka der Glanz in Michirus Augen doch tausend mal mehr, als jegliche romantische Szene, die diese Stadt ihr bieten könnte. Nicht nur der See spiegelte die Lichter von Genf wider, auch Michirus blaue Augen reflektierten sie und dieses Strahlen faszinierte Haruka unheimlich. Es zog sie in ihren Bann und Haruka merkte schnell, wie alles andere unwichtig wurde. Sie kannte diesen Effekt nur zu gut, schließlich kam es selten vor, dass Michiru ihn einmal nicht auf sie hatte. Dennoch überraschte es Haruka immer wieder aufs Neue, wenn sie merkte, wie sie ihm verfiel. Erst als sich Michiru ihrer Partnerin zu wand, erwachte Haruka aus ihrer Trance und begann automatisch zu lächeln. "Wie ich sehe, gefällt es dir hier sehr." "Oh ja, ich könnte hier stundenlang sitzen und einfach nur diese Szene genießen. Mit dir." Eine leichte Röte schlich sich auf Harukas Wangen, als Michiru nach ihrer Hand griff und sie wusste nicht so recht, woher diese Reaktion kam, denn es war ihr sicherlich nicht peinlich. Vielleicht war es einfach nur die Wärme, die Haruka schlagartig zu erfüllen schien und die von dieser wunderbar sanften Hand ausging. Sie wusste es nicht genau und es war auch nicht weiter wichtig, dafür fühlte es sich viel zu schön an. "Das macht mich sehr glücklich." *** Sehr spät kehrten die beiden Frauen in ihr Hotel zurück und Michiru zog die Vorhänge zu, nachdem sie noch einen letzten Blick hinaus auf das nächtliche Treiben geworfen hatte. Sie drehte sich um und ging auf Haruka zu, die bei ihrem Bett stand und Michiru ganz offensichtlich dabei beobachtet hatte. "Vielen Dank, Haruka." Haruka zog überrascht die Augenbrauen nach oben, während sie ihre Hände auf Michirus Taille legte. "Danke wofür?" "Für diesen wunderbaren Tag, dafür dass ich mit dir hier sein darf. Es ist so schön hier und mit niemandem außer dir, würde ich hier sein wollen. Du machst all das perfekt." Zum zweiten Mal an diesem Abend errötete Haruka und zog Michiru schnell näher an sich, bevor sie ihren Kopf auf Michirus Schulter ablegte und für einen Moment die Augen schloss. "Dafür musst du dich doch nicht bedanken. Ich... wollte dir eine Freude machen und ich finde es schön, dass es mir gelungen ist." "Das ist es auf jeden Fall. Und ich bin schon sehr gespannt, womit du mich morgen überraschen wirst." Nun musste die Blondine lächeln und sie verteilte kaum spürbare, kurze Küsse auf Michirus Hals. "Sehr gut, ich hoffe, ich werde dich nicht enttäuschen." Michiru hatte nun ebenfalls die Augen geschlossen und sie schmiegte ihren Kopf an den von Haruka, genoss die wunderbare Nähe ihrer Freundin. "Als ob du mich jemals enttäuschen könntest. Ich habe vollstes Vertrauen." Das Lächeln auf Michirus Lippen wurde größer und sie strich mit ihren Händen sanft Michirus Seiten entlang, bevor sie schließlich bei den Trägern des Kleides stoppten und Haruka diese langsam von Michirus Schultern streifte, nur um mit ihren Lippen diese Stellen sanft zu küssen. Als der dünne Stoff zu Boden glitt, schaute Haruka erstmals wieder zu ihrer Freundin und für ein paar lange Minuten sahen sie sich einfach nur gegenseitig an, bis Haruka das Wort wieder ergriff. "Du bist so wunderschön. Ich-" Michiru legte sanft einen Finger auf Harukas Lippen und schüttelte nur leicht den Kopf. Diese Worte waren nicht nötig und mit einem wissenden Lächeln fing Michiru an, die ersten Knöpfe von Harukas weißem Hemd zu öffnen. "Ich liebe dich, Haruka." Michirus Lächeln wurde sanfter, als sie die schüchterne Röte auf Harukas Wangen entdeckte und sie hob ihre Hand, um über eben diese zu streicheln, bevor sie ihrer Freundin einen Kuss gab, der zu Beginn zärtlich war, doch sehr bald leidenschaftlicher wurde. Kaum hatten sie sich von einander gelöst, schob Michiru die Blondine mit sanfter Gewalt in Richtung des Bettes, wo sie sich erneut über Haruka beugte. "Ich liebe dich auch, Michiru." *** Am nächsten Morgen wachte Haruka erst vergleichsweise spät auf, doch sie lächelte gleich, als sie entdeckte, dass Michiru noch immer neben ihr lag und vorsichtig legte sie die Decke wieder richtig über ihre Freundin, bevor sie ihren ruhigen Schlaf beobachtete. Der letzte Tag und die darauffolgende Nacht waren einfach einmalig gewesen und Haruka hatte es sehr genossen. Sie hatte sich zwar schon gedacht, dass es hier mit Michiru schön werden würde, doch es übertraf ihre Vorstellungen bei weitem. Sie konnte nicht beschreiben, wie glücklich sie all das hier machte und Haruka dankte demjenigen, der dafür verantwortlich war, dass es bisher keine betrübenden Zwischenfälle gegeben hatte. Denn wenn Haruka ehrlich war, so hatte sie doch befürchtet, auch hier von ihrer Krankheit heimgesucht zu werden, da es in der vergangenen Woche wesentlich schlimmer geworden war. Doch kein einziges Mal hatte Haruka den altbekannten Schmerz verspürt und sie hoffte, dass diese Ruhe noch ein wenig anhalten würde. Auch wenn es viel verlangt war, so würde Haruka in diesem Moment doch alles dafür geben, um es noch ein bisschen länger genießen zu können. Mit diesen Gedanken wartete Haruka darauf, dass ihre bessere Hälfte langsam erwachen würde und als sich Michiru allmählich regte und Haruka mit müden Augen ansah, bekam Michiru auch gleich einen kleinen Kuss. "Hey, ich hoffe, du hast gut geschlafen." "Wie könnte ich bei dir nicht gut schlafen?" Sofort musste Michiru lächeln und dies war durchaus eine schöne Art aufzuwachen. Denn jeder Morgen, an dem sie neben Haruka erwachte, war ein schöner Morgen, den sie gegen nichts in der Welt eintauschen würde. Als Antwort bekam Michiru nur ein sanftes Lächeln und einen weiteren kleinen Kuss, bevor sie schließlich ein paar Minuten später gemeinsam das Bett verließen, um sich fertig zu machen. Sie wollten den zweiten Tag in Genf ruhig angehen lassen und frühstückten deswegen in aller Ruhe im Hotel, da sie es genießen und nichts überstürzen wollten, die Stadt würde ihnen immerhin nicht davonlaufen. Es war bereits gegen Mittag, als sie durch die Stadt gingen und auf dem Weg zu einem der vielen Parks waren. Haruka wollte sich mit Michiru den dortigen Rosengarten ansehen, da sie von diesem bereits viel gehört hatte und sich nun überzeugen wollte. Als sie schließlich vor dem Blumenmeer standen, war sich Haruka sicher, dass ihr nicht zu viel versprochen worden war. Ein herrlicher Duft erfüllte die Luft des Gartens, während sie vor sich eine Vielzahl von verschiedensten Rosen sahen. Doch solange sie so durch Genf gingen, war Haruka die meiste Zeit über in Gedanken bei ihren Plänen für den Abend. Als sich Michiru an diesem Morgen im Bad fertig gemacht hatte, hatte Haruka noch die letzten Vorkehrungen telefonisch abgeschlossen und nun hieß es nur noch abwarten, bis die Zeit für ihre eigentliche Überraschung gekommen wäre. Und je näher dieser Zeitpunkt rückte, desto nervöser wurde Haruka, obwohl sie versuchte, sich von alledem nichts anmerken zu lassen. Sie hoffte nur, dass ihr die Überraschung auch gelingen würde und sie konnte es im Grunde schon gar nicht mehr erwarten, Michirus Reaktion zu sehen. *** Am Abend machte das Paar eine kleine Tour durch die Altstadt, die nur schwach beleuchtet war und so ihren ganz eigenen Zauber besaß. Michiru bewunderte die alten Gebäude, die vielen kleinen Gassen und die niemals endende Zahl an kleinen Cafés die sich am Straßenrand aneinanderreihten. Am liebsten hätte sie sich wohl in jedes einzelne einmal gesetzt, doch ihr war klar, dass sie dafür bei weitem nicht genug Zeit hätten und sie wohl für ein paar Wochen bleiben müssten, wenn sie wirklich jedes ausprobieren wollte. Es war etwas ganz besonderes, was Tokio so nicht zu bieten hatte und obwohl dies eine große Stadt war, so war sie dennoch nicht überfüllt und hier in den kleinen Straßen der Altstadt schien der Trubel der Einkaufspassagen weit entfernt. Nach einiger Zeit führte Haruka ihre Freundin wieder hinaus aus der Altstadt und zurück zum Hafen. Es war an der Zeit für Harukas Überraschung und Michiru war sichtlich verwundert, als sie bereits von einem Boot erwartet wurden. Haruka stieg zuerst ein, bevor sie Michiru lächelnd die Hand reichte, um sie in das Boot zu holen. "Was hast du vor Haruka?" "Lass dich überraschen." Haruka lächelte ihre Freundin nervös an und sagte dem Kapitän dann, dass er losfahren könnte. Michiru war diese Art gar nicht gewöhnt und wurde deswegen zunehmend neugieriger, was Haruka hier denn geplant hatte. Mit so etwas hatte Michiru überhaupt nicht gerechnet und sie war doch ein wenig aufgeregt, als das Boot sie über das Wasser brachte, bis sie schließlich ein schwimmendes Restaurant inmitten des Sees erreichten. "Sei vorsichtig beim Aussteigen." Haruka verließ erst nach Michiru das Boot und stieg die wenigen Stufen hinauf. Es kam ihnen gleich ein Kellner entgegen, der sie zu dem gedeckten Tisch führte. Michiru ließ ihren Blick fasziniert schweifen, sie waren die einzigen Leute neben dem Personal und die Aussicht war auch hier fantastisch. Auf der einen Seite waren die Lichter der Stadt zu sehen, während sie gleichzeitig von der Dunkelheit der Nacht umgeben waren. Haruka hatte sich noch kurz bei dem Kapitän des Bootes bedankt, bevor sie ebenfalls zu dem Tisch gegangen war. Sie hatte organisiert, dass sie an diesem Abend hier alleine wären, sodass alles so perfekt wie möglich werden würde. Ein Blick zu Michiru genügte, um ihr zu sagen, dass es Michiru ganz offensichtlich hier gefiel und das beruhigte Haruka doch ein Stück weit. Auch schien Michiru das schwarze Instrument nicht aufgefallen zu sein, das etwas entfernt von ihrem Tisch aufgebaut war. Dadurch würde die Überraschung jedoch umso besser gelingen können. Als sie beide saßen und einen Blick in die Karte geworfen hatten, konnte sie ihre Bestellung auch direkt bei dem Kellner aufgeben, der nach einer kurzen Notiz in der Küche des Restaurants verschwand. Haruka sah zu ihrer Freundin und musste lächelnd feststellen, dass deren Augen gerade dabei waren, mit dem Kerzenlicht um die Wette zu leuchten. "Oh Haruka, es ist wunderschön hier!" "Es freut mich, dass es dir gefällt. Es... soll etwas ganz besonderes sein." "Das ist es auf jeden Fall." Haruka war während dem romantischen Essen sehr unruhig und sie warf immer wieder einen Blick zu Michiru, wobei sie versuchte, sich nichts von ihrer Nervosität anmerken zu lassen. Doch dass sie Michiru inzwischen nichts mehr vormachen konnte, war ihr in gewisser Hinsicht bewusst und so wollte sie sich selbst ein bisschen auf andere Gedanken bringen. Aber auch dieser Versuch scheiterte, als Michiru sanft nach ihrer Hand griff. "Was ist denn los Haruka?" "Ach, es ist nichts Michiru. Es ist alles in Ordnung. Ich bin nur sehr, sehr glücklich, das ist alles." Prüfend betrachtete Michiru ihre Partnerin, bevor sie jedoch lächelnd den Kopf schüttelte. "Wenn du das sagst." Damit aß sie weiter und störte sich nicht mehr länger an der leichten Nervosität, die von Haruka ausging. Sie genoss viel lieber die schöne Atmosphäre und die Ruhe, die hier herrschte. Nichts schien diesen Ort berühren zu können und von hier wirkte der See noch viel atemberaubender. Kaum hatte der Kellner nach dem Essen die Teller weggeräumt, räusperte sich Haruka einmal, bevor sie zu Michiru sah und diese darum bat, ihre Augen zu schließen. Michiru war zwar ein wenig überrascht, da sie nicht damit gerechnet hatte, dass nach diesem wunderschönen Essen noch mehr kommen würde, doch sie tat es ganz einfach und wollte sich von ihrer Freundin überraschen lassen. Haruka stand nun vom Tisch auf und zog sich kurz in Richtung der Küche zurück, wo ihr vom Kellner ihre Kleidung gereicht wurde, so wie sie es zuvor organisiert hatte. In der Umkleide der Bediensteten zog sie sich dann den weißen Anzug an. Sie warf noch einen prüfenden Blick in den Spiegel und entschied sich dann doch dafür, die Jacke wegzulassen. Es war warm genug und in diesem Moment fand sie, dass es besser passen würde. Erst als Haruka wirklich zufrieden war, kehrte sie nach draußen zurück, wo sie jedoch nicht zu Michiru ging, sondern sich hinter dem schwarzen Flügel niederließ, den man extra für diesen Abend hierher gebracht hatte. Sie bildete einen starken Kontrast zu dem Instrument und zur Nacht, die das Restaurant inzwischen vollständig zu umhüllen schien. Haruka sah langsam zu Michiru und atmete noch einmal tief durch. Jetzt war der Moment gekommen, auf den sie die ganze Zeit über gewartet hatte. Sie könnte Michiru endlich das präsentieren, woran sie Zuhause gearbeitet hatte und sie sagte Michiru, dass diese ihre Augen wieder öffnen könnte. Michiru sah sich auch gleich verwirrt um, bevor sie Haruka hinter dem Flügel entdeckte und man konnte ihr deutlich ansehen, dass sie damit nicht gerechnet hatte. Sie wollte etwas sagen, doch kein Ton verließ ihren Mund und so sah sie einfach nur zu ihrer Partnerin. "Michiru, dies ist nur für dich." Haruka senkte ihren Blick und betrachtete ein letztes Mal die Tastatur des Instruments, bevor sie allerdings lächelnd die Augen schloss und zu spielen begann. Sofort erklang eine sanfte Melodie, in die Haruka all ihre Gefühle fließen ließ. Es war das Stück, das sie für Michiru komponiert hatte und mit dem sie ihre Situation hatte verarbeiten können. Es war ein Beweis ihrer grenzenlosen Liebe und die melancholische und doch gleichzeitig fröhliche Melodie spiegelte diese wider. Zu Beginn schienen die ruhigen Klänge voller Wehmut zu sein und doch schwang immer ein kleiner hoffnungsvoller Teil mit, der im mittleren Part regelrecht hervorzubrechen schien und zu einem Umschwung führte. Nachdem die Trauer verschwunden zu sein schien, blieb nur noch ein Gefühl der Sorglosigkeit zurück. Mit einer unbeschwerten Leichtigkeit tanzten Harukas Finger über die weißen und schwarzen Tasten des Flügels, während sie sich von der Melodie leiten ließ, die sie vollkommen erfasst hatte. Vor ihrem inneren Auge konnte sie Michiru sehen und ihr Lächeln wurde sanfter, während auch ihr Spiel wieder ruhiger wurde, aber dennoch fröhlich blieb. Sie hoffte sehr, dass Michiru die Botschaft, die sie in ihr Lied hatte fließen lassen, verstehen würde, denn es war ihr nur so möglich, all die Gefühle, die Sorgen und die Gedanken der letzten Wochen auszudrücken. Es war ihre einzige Chance, um Michiru so vieles klar zu machen, umso wichtiger war es ihr, dass es auch gelingen würde. Kaum waren die ersten Töne des Klavierspiels erklungen, konnte Michiru ihren Blick nicht mehr von Haruka wenden. Sie war sprachlos und konnte nicht fassen, was sie da sah und hörte. Ihr kamen die Tränen, denn sie konnte die Botschaft nur zu deutlich spüren. Es kam ihr vor, als wäre die Zeit stehen geblieben und für sie beide mochte das in diesem Moment wohl zutreffen. Noch nie zuvor hatte Michiru eine solch hinreißende Melodie gehört und sie genoss es in vollen Zügen, denn ihr war klar, dass sie es wohl nur dieses eine Mal hören würde, eine schmerzende Erkenntnis die doch von der Musik davon geschwemmt wurde. Michiru verstand die Gefühle, die in dieser Musik steckten und die dieses Stück so einmalig machten. Sie spürte Harukas Trauer darüber, dass sie Michiru in eine solche Situation gebracht hatte, darüber, dass sich ihre Wege trennen würden und doch war all dies von einer stillen Hoffnung begleitet. Hoffnung auf eine schöne und glückliche Zukunft. Eine Zukunft in der ihre Liebe für immer erhalten war. Es war ein Versprechen, sie würden für immer vereint sein, ganz gleich was passieren würde, diese Liebe würde niemals verblassen, niemals vergehen und in diesem Moment wollte Michiru nichts mehr als der Melodie glauben. Sie merkte, wie überzeugt Haruka davon war, dass sie nichts wirklich trennen würde und wenn Michiru wirklich ehrlich zu sich selbst war, dann wusste sie, dass es stimmte. Solange sie an ihre Liebe glauben würde, würden sie sich niemals gegenseitig verlieren. Ein leichter Wind frischte auf dem See auf, spielte mit Michirus Haaren und zauberte ein Lächeln auf ihre Lippen. Haruka würde immer bei ihr sein, ganz gleich was auch passieren würde, sie fühlte es so deutlich wie schon lange nicht mehr und erst jetzt spürte sie richtig, wie die Präsenz ihrer Freundin sie durchdrang. Für diesen Moment hatte die Melodie ihr all ihre Sorgen und Ängste genommen und mit dem Wind davongetragen. Nun konnte sie unbeschwert die Hoffnung mit Haruka teilen und als schließlich die letzten Töne des Spiels verklangen, begann Michiru zu applaudieren, bevor sie mit raschen Schritten zu Haruka kam. "Haruka, das war... Das war einfach-" Sie schüttelte den Kopf und fiel ihrer Freundin um den Hals, die erst jetzt so langsam wieder vollständig in die Wirklichkeit zurückkehrte und Michiru überrascht auffing. Es gab keine Worte, um diesen Augenblick zu beschreiben und sie beide wussten doch ohnehin schon, was gemeint war. Es war nicht nötig, die Gedanken zu formulieren, wenn Haruka sie doch klar und deutlich in Michirus glänzenden Augen sehen konnte. "Danke Haruka, danke." "Ich liebe dich, Michiru und ich bin sehr froh, dass es dir gefallen hat." Haruka stand nun auf und war in diesem Augenblick einfach nur unheimlich glücklich und nichts in der Welt hätte ihr dieses Gefühl wieder nehmen können. Sie schlang die Arme um Michiru und hielt sie einfach nur fest. Michiru hatte es verstanden, die Botschaft hatte sie erreicht und es schien ihr eindeutig zu gefallen. Das war mehr, als sich Haruka erhofft hatte und gleichzeitig kam es ihr komisch vor, dass sie jemals an diesem Ergebnis hatte zweifeln können. Die Welt um sie herum war vergessen, als sich die beiden Frauen tief in die Augen sahen und dort die Gefühle füreinander klar erkennen konnten. Sie flüsterten sich ein leises 'Ich lieb dich' zu, bevor sie fast zeitgleich ihre Augen schlossen und sich gegenseitig küssten. Ein Kuss, in den all ihre Liebe, all ihre Wünsche und Hoffnungen hinein flossen und der ewig hätte andauern können. Für beide hätte dieser Abend nicht schöner enden können und sie waren sich sicher, dass sie diese kurze, aber dennoch unwahrscheinlich schöne Zeit für immer in ihrem Herzen behalten würden. Haruka und Michiru wussten, was sie erwarten würde, sobald sie aus diesem Urlaub zurückkehren würden, doch sie schienen ein Stück weit mehr bereit zu sein und hatten ihr Schicksal akzeptiert. Sie wussten, dass es nicht das Ende wäre, sie hatten sich wieder daran erinnert, dass sie so viel mehr verband und dass diese Verbindung niemals brechen würde. Kapitel 6: Ausgerechnet jetzt ----------------------------- Hier ist auch schon das sechste Kapitel. Wir nähern uns dem Ende der Story, es kommt nur noch ein Kapitel + Epilog. Ich habe noch einmal einen Teil der Handlung des ursprünglichen RPGs ein wenig verändert, ich hoffe, euch gefällt diese Version. Ich will auch gar nichts weiter erzählen, viel Spaß beim Lesen! Kapitel 6 – Ausgerechnet jetzt Die nächsten Tage waren wie im Flug vergangen, es war bereits eine Woche her seit dem Urlaub in der Schweiz. Für beide Frauen erschien es jedoch wie eine Ewigkeit und sie waren schnell in den alten Trott zurück gefallen. Haruka bestand noch immer auf ihren morgendlichen Spaziergang, selbst wenn es immer anstrengender für sie wurde und sie nun schon einige Male direkt danach wieder geschlafen hatte. Sie fühlte sich zunehmend schlechter und es kostete sie jedes Mal viel Überwindung, damit sie überhaupt noch etwas tat. Haruka war froh, dass es erst jetzt so schlimm wurde, denn der Kurzurlaub mit Michiru war unheimlich schön gewesen und sie hätte es wohl bereut, wenn sie länger gezögert hätte. Wann immer sie an diese kurze Zeit zurückdachte, musste Haruka lächeln. Michiru war so unglaublich glücklich gewesen und es war schön, ihr einfach nur zuzusehen, wie sie die Zeit so sehr genoss. Und Haruka wünschte sich, dass sie Michiru immer so sehen könnte, doch in den letzten Tagen war ein Lächeln bei Michiru selten geworden. So war es auch an diesem Morgen gewesen, nachdem sie von ihrem gemeinsamen Spaziergang zurückkehrten und Haruka sich hinlegen wollte. Michiru hatte sehr traurig ausgesehen und sie schien es wohl verbergen zu wollen, obwohl es trotzdem deutlich war. Michiru hielt es einfach nicht aus, ihre Partnerin so geschwächt zu sehen, sodass sie sich schnell entschuldigt hatte, da sie an den Strand wollte. Sie brauchte Zeit für sich und sie hatte das Gefühl, dass sie sich nur ein Stück weit beruhigen könnte, wenn sie die Wellen des Meeres sehen würde. Das Meer war an diesem Tag sehr unruhig, doch Michiru schob es auf das schlechte Wetter und den Regen, der bereits den ganzen Tag erbarmungslos fiel, sowie auf ihren eigenen Gemütszustand. Oft hatte sie das Gefühl, dass das Meer genau wusste, wie es ihr ging und ihre Gefühle widerspiegelte, so als würde es sie trösten wollen. Michiru war dankbar für diese Verbindung, denn das Meer hatte ihr stets eine Art Zufluchtsort geboten. Wann auch immer ihr die Dinge über den Kopf stiegen, oder sie nur einmal nachdenken musste, konnte sie hierher kommen und die nötige Ruhe finden. Es war schon erstaunlich, wie das Meer sie in jeder Situation verstehen konnte, doch gleichzeitig musste es wohl normal sein, immerhin war dies nicht ohne Grund ihr Element. Heute schienen die endlosen Wellen jedoch einen anderen Effekt auf sie zu haben. Sie bekam das Bild von einer geschwächten Haruka nicht aus ihren Gedanken und der beständige Wind tat sein übriges. Michiru spürte, wie ihr Tränen der Frustration in die Augen traten und sie gab sich gar nicht erst die Mühe, sie wegzuwischen, sobald sie über ihre Wangen gelaufen waren. Warum nur konnte sie Haruka nicht helfen? Warum konnte sie nur zusehen, wie ihre sonst so starke Haruka langsam aber sicher an all dem Zugrunde ging? Ihr waren die Hände gebunden, sie konnte nur den Moment abwarten, bis all dies hier ein Ende nehmen würde. Sie wusste nicht einmal, wie lange es dauern würde. Vielleicht war dies bereits ihr letzter Tag. Diese Ungewissheit machte Michiru deutlich zu schaffen und sie fühlte sich einfach nur schlecht, weil sie es in Harukas Nähe nicht aushielt. Zwar sehnte sie sich nach ihrer Partnerin, doch gleichzeitig konnte sie es einfach nicht mehr ertragen. Es gab einmal eine Zeit, in der hatte Michiru geglaubt, dass ihr Schicksal schön wäre. Der Preis, den sie zahlen musste, um Haruka kennenzulernen, war so klein im Vergleich zu dem großen Glück, das sie bekommen hatte. Dass sie Haruka bei sich haben durfte, machte es so viel erträglicher, das Schicksal einer Kriegerin zu akzeptieren. Sie war immer dankbar dafür gewesen, dass man sie zu Haruka geführt hatte, doch nun dachte sie anders. Sie konnte einfach nicht glauben, dass man ihr Haruka nach dieser viel zu kurzen Zeit wieder nehmen würde. So ein Schicksal war einfach grausam und immer öfter verfluchte Michiru es. Jetzt, wo endlich Frieden eingekehrt war, sollte es ihr einfach nicht vergönnt sein, eine glückliche Zukunft mit Haruka zu haben. Es war nicht fair. Michiru war so sehr in ihren Gedanken verloren, die sich immer wieder und wieder im Kreis drehten, dass sie nicht bemerkte, wie immer stärkere Wellen an den Strand rollten. Das Meer wurde unruhiger, aber Michiru dachte nur an ihre eigene Verzweiflung. Viel zu spät erkannte sie, was ihr das Meer wirklich mitteilen wollte. *** Haruka hatte keine Ruhe finden können und es sehr bald aufgegeben, ein wenig zu schlafen. Auch wenn sie schrecklich erschöpft war, so lag sie doch nur wach im Bett. Also war sie aufgestanden und in ihr Zimmer gegangen, wo sie sich schließlich vor dem Flügel niederließ. Die Fenster waren wie immer ein Stück geöffnet, sodass der Regen laut und deutlich zu hören war. Gerade als sie begonnen hatte, dem Instrument die ersten Töne zu entlocken, wehte ein leichter Wind durch das Zimmer und Haruka unterbrach ihr Spiel abrupt. Schmerz durchzog sie, der nichts mit ihrer Krankheit zu tun hatte und definitiv nichts Gutes verhieß. Der Wind wirbelte die Notenblätter auf ihrem Tisch auf und im nächsten Moment spürte Haruka auch schon die deutliche Botschaft. Es war eine Aura, die ihr so bekannt war wie keine Zweite, denn sie gehörte ihrer Partnerin. Doch dort war noch etwas anderes, etwas dunkles und bösartiges. Haruka begriff sofort, was dies zu bedeuten hatte und sie sprang von ganz alleine auf, bevor sie keine Minute später aus dem Haus lief. Sie durfte keine Zeit verlieren und während sie in die Richtung des Strandes lief, holte sie den blauen Füller aus ihrer Tasche hervor, den sie trotz der friedlichen Zeit immer bei sich trug. Ein reißender Wind umhüllte sie und Haruka spürte die vertraute Energie, die durch ihren gesamten Körper strömte. Kaum war der Wirbelwind um sie verschwunden, lief sie als Sailor Uranus weiter. Sie hatte alles andere in diesem Moment vergessen und ignorierte den dumpfen Schmerz, der sich fast zeitgleich in ihrer Brust ausbreitete. Als sie den Strand schließlich erreichte und dort ihre Partnerin Neptun sah, wie diese von einem mächtigen Dämon angegriffen wurde, reagierte ihr Körper von ganz alleine. "World Shaking!!" Im ersten Augenblick bemerkte Uranus gar nicht, wie viel Kraft sie all dies wirklich kostete, sie hatte sich selbst vollkommen ausgeblendet, ihre Bestimmung war in den Vordergrund getreten. Während sich der Dämon von ihrem Angriff erholte, stieß Uranus zu ihrer Partnerin und stellte sich schützend vor diese. Das Auftauchen dieses Dämons hatte ihr den nötigen Willen gegeben und sie war bereit für den Kampf. Sailor Neptun hingegen konnte die Kriegerin des Winds nur schockiert und entsetzt ansehen. Mit Uranus schnellem Auftauchen hatte sie nicht gerechnet. "Uranus, verschwinde! Ich regle das hier alleine!" "Keine Chance, ich bleibe!" Neptun runzelte die Stirn, als sie einen seltsamen Glanz in den Augen ihrer Partnerin sah und die schwankende Aura spüren konnte. Sofort stieg die Sorge in ihr hoch. Uranus war krank, sie durfte einfach nicht kämpfen. Sie konzentrierte sich mehr auf Uranus, als auf den Dämon, doch sie konnte es einfach nicht verhindern. Dafür war die andere Kriegerin jedoch voll auf den Kampf fixiert. Ein gleißendes, goldenes Licht erstrahlte vor Sailor Uranus, als diese das Space Sword herauf beschwor und kaum hatte sie das Schwert gegriffen, stürmte sie auch schon auf den Dämon zu, um ihn anzugreifen. Der Dämon jedoch wich aus und konterte blitzschnell, worauf Uranus nicht mehr reagieren konnte. Sie war zu überrascht und hatte damit nicht gerechnet, weswegen die Attacke sie auch voll erwischte. Schlagartig fühlte sich die Kriegerin des Windes geschwächt, doch sie stand wieder auf. Das altbekannte Stechen in ihrer Brust versuchte sie dabei gekonnt zu ignorieren. Doch während sie ein weiteres Mal auf den Dämon loslief, wurde der Schmerz nur immer größer, sodass er ihre Konzentration störte. Zum zweiten Mal wurde Uranus getroffen und ein ganzes Stück zurückgeschleudert, bevor sie schwer atmend am Boden liegen blieb und dabei das Schwert verloren hatte, was nun einige Meter von ihr entfernt im Sand steckte. Der letzte Angriff hatte großen Schaden bei ihr angerichtet und sie war stark verletzt, während Blut an ihrer Stirn entlang lief und langsam in den Sand tropfte. Sailor Neptun schien erst jetzt aus ihrer Trance zu erwachen, doch konnte sofort reagieren. Der Dämon wollte seine Chance nutzen, aber Neptun reflektierte den nächsten Angriff einfach mit ihrem Spiegel, bevor sie zu Uranus lief. Neptun hatte schrecklich große Angst um ihre Partnerin und es wurde nicht besser, als sie Uranus glasige Augen sah. Sie konnte den Schmerz der anderen Kriegerin regelrecht spüren und Neptun griff nach ihre Hand. Uranus jedoch bekam in diesem Moment vor Schmerzen überhaupt nichts anderes mehr mit und sie hatte sehr damit zu kämpfen, nicht jede Sekunde das Bewusstsein zu verlieren. Erst jetzt schien sie zu merken, dass ihr alles zu viel Kraft kostete, doch es war bereits zu spät. Es würde ihre Krankheit nur noch verschlimmern, denn je länger dieser Kampf dauern würde, desto mehr Lebensenergie würde es sie auch kosten. Uranus konnte nur zusehen, wie Neptun den Kampf wieder übernahm, um ihrer Partnerin nicht noch mehr zuzumuten. Dabei machte sich die Hilflosigkeit in ihr breit, weil sie einfach nichts tun konnte. Sie hatte versucht, zu kämpfen, doch sie war zu schwach dafür. Es machte sie wütend, dass sie nicht die geringste Chance gegen diesen Dämon gehabt hatte und Uranus konnte es wohl noch nicht so recht fassen, dass sie ihm so sehr unterlegen waren. Während sie sich langsam aufsetzte, spürte sie, wie sich ein Funke der Verzweiflung in ihr Herz schlich und sie ernsthaft überlegte, wie sie überhaupt gewinnen sollten, wie sie jemals aus diesem Kampf als Sieger hervortreten könnten. Sie selbst hatte doch offensichtlich nicht genügend Kraft, um ihrer Partnerin zu helfen und das war wohl das Schlimmste für Uranus. Sie wollte ja kämpfen, doch jede Faser in ihrem Körper protestierte dagegen, sobald sie sich auch nur ein wenig bewegte. Kaum hatte sich Uranus aufgerichtet, musste sie bereits husten, wobei sie Blut schmeckte und sich mit ihrem Handrücken einmal über den Mund fuhr. Die rote Blutspur, die dadurch auf dem Handschuh entstand, ignorierte sie, denn ihr Blick war bereits wieder auf Neptun gerichtet. Uranus wollte Neptun in diesem Kampf nicht alleine lassen. Sie wollte und musste sie einfach schützen und für sie kämpfen, so wie sie es immer hatte tun wollen, doch wo ihre Mission meist im Weg stand. Aber nun gab es keine Mission, oder irgendeine andere Bestimmung, es gab nur diese eine Aufgabe, die darin bestand, dass sie den Dämon vernichten würden. Die Kriegerin des Meeres hatte es sichtlich schwer, sich gegen diesen Dämonen zu behaupten, er schien einfach übermächtig und je länger Uranus all dem nur zusehen konnte, desto klarer wurde es ihr. Sie brauchte keine Mission, das hier war ihre Aufgabe, sie musste ihrer Partnerin zur Seite stehen und sie beschützen, ganz egal was das auch bedeuten würde. Entschlossenheit funkelte in ihrem Blick, als sie es schließlich geschafft hatte, wieder auf den Beinen zu stehen. Dabei wusste Uranus selbst nicht so genau, woher sie überhaupt noch die Kraft nahm, um sich ein weiteres mal zu erheben. Der Dämon hatte es jedoch bemerkt und mit einem Fauchen lief er auf Uranus zu, bevor er sie erneut zu Boden riss. Er holte mit seinen scharfen Klauen aus, um Uranus endgültig zu erledigen, doch bevor er ihr den tödlichen Stoß verpassen konnte, erstrahlte ein blaues Symbol auf ihrer Stirn. Augenblicklich ging eine mächtige Druckwelle von der Kriegerin aus, welche den überraschten Dämon mit sich riss. Im Hintergrund hörte Uranus die Schreie ihrer Partnerin, doch wirklich zu erreichen schienen diese sie nicht. Ihre Gedanken kreisten einzig und allein um Neptun und ihre Aufgabe, die es zu erfüllen galt. In diesem Moment kämpfte Sailor Uranus nur noch für sie und nichts Weiteres zählte mehr. Ihr Blick war starr auf den Dämon gerichtet, nachdem sie wieder aufgestanden war. Sie spürte die Energie, die mit einem mal in sie zurückgekehrt war und die sie antrieb. Es war der letzte Teil von ihr, der noch zum Kampf bereit war, der von diesem angetrieben wurde und ihr Kraft geben konnte. Als Uranus ihre Hand erhob sammelte sie diese Kraft, all ihre Liebe, die dies rechtfertigte, all ihre Entschlossenheit, die verhinderte, dass sie doch noch aufgab. Ein gleißendes Licht erstrahlte, als sie ihre Faust ballte und die Kraft schien zu explodieren, als sie ihren Planeten heraufbeschwor. Die gelbe Kugel war um einiges größer als sonst und schien vor Energie überzulaufen. Ein Beben ging durch den Boden, sobald Uranus schließlich ihre Hand nach unten fahren ließ und ihren Planeten freiließ, der mit einer unglaublichen Geschwindigkeit auf den Dämon zuraste. Sie hatte alles in diesen Angriff hineingesteckt, ihre letzten Reserven, alles was ihr noch geblieben war und es hatte ihren Angriff mächtiger als jemals zuvor gemacht, was der Dämon nun zu spüren bekam. Kaum hatte ihn die goldene Kugel getroffen, zerriss es ihn auch schon in seine Einzelteile und vernichtete ihn. Ein Lächeln erschien auf Uranus Lippen, als diese sah, dass der Dämon endlich verschwunden war und sie ihre Aufgabe hatte erfüllen können. Sie hatte es geschafft, ihre Partnerin war nicht länger in Gefahr. Langsam sank sie auf ihre Knie, während sich ihr Aussehen veränderte und sie im nächsten Moment ihre normale Kleidung wieder trug. Es hatte sie alles zu viel Kraft gekostet und sie hörte Neptuns Rufe nur noch weit entfernt, denn die Dunkelheit wartete bereits am Rande ihres Bewusstseins auf sie und fing sie in einer gnädigen Umarmung auf. "Haruka!" Kaum sank Uranus zu Boden, lief Sailor Neptun auch schon auf sie zu und konnte sie gerade noch auffangen. Sie suchte panisch nach einem Lebenszeichen bei Haruka, während ihr die Tränen in die Augen traten. Sie konnte einfach nicht glauben, was hier soeben passiert war, was Haruka da getan hatte. "Du verdammter Idiot!" Fassungslos liefen ein paar einzelne Tränen ihre Wangen hinab, bevor sie schließlich den schwachen Puls fand, der ihr sagte, dass Haruka noch immer bei ihr war. Doch Neptun wollte sich gar nicht erst ausmalen, was nun wäre, wenn der Kampf noch wenige Minuten länger gedauert hätte. Nein, das hier war schon schlimm genug und sie tadelte sich in Gedanken selbst, weil sie ihre Partnerin nicht hatte aufhalten können. Sie hatte es vom ersten Moment an geahnt, wo Sailor Uranus zu ihr gestoßen war, sie hatte gewusst, dass Uranus es übertreiben würde, doch sie hatte es nicht verhindern können. Fluchend wischte Neptun etwas von dem Blut aus Harukas Gesicht und obwohl ihre Freundin gerade noch so am Leben war, konnte die Erleichterung darüber die Panik in ihr nicht vertreiben. Sie hätte Haruka verlieren können. Es wäre so leicht gewesen und hätte so schnell gehen können, dass Neptun selbst gar nichts dagegen hätte ausrichten können. Dass ein Dämon aufgetaucht war und dies ihr noch ganz andere Sorgen bereiten sollte, schien in diesem Augenblick gar nicht bis zu Neptun durchzudringen. Dafür wurde ihr umso bewusster, wie gefährlich diese Situation wirklich gewesen war und wie knapp sie ausgegangen war. Noch nie hatte sie gesehen, wie ihre Partnerin nach einem Kampf zusammengebrochen war, doch sie waren auch noch nie in einer solchen Lage gewesen. Umso schlimmer war es, dass Neptun dies überhaupt zugelassen hatte. Wenn Haruka nun nicht mehr aufwachen würde, könnte sie es sich niemals verzeihen und allein der Gedanke an diese Möglichkeit zerriss ihr Herz in tausend Stücke. Mehr und mehr Tränen verließen ihre Augen, während sie sich nun selbst auch zurückverwandelte und ihr Handy hervor holte. Sie war froh, dass sie noch soweit klar denken konnte, um einen Notarzt zu rufen, denn je länger sie hier mit Haruka sein würde, desto schlechter würde es sicherlich um eben diese stehen. Michiru drückte den schlaffen Körper an sich und sie betete, dass es noch nicht zu spät war, dass noch nicht alles verloren war. Doch gleichzeitig war ihr bereits bewusst, dass von nun an nichts mehr so wäre wie zuvor. "Haruka..." Michiru wusste nicht, ob sie jemals so viel Angst hatte wie in diesem Augenblick und die Ungewissheit machte sie fast schon wahnsinnig. Als die Sanitäter schließlich zu ihr stießen, konnte sie diese nur dazu drängen, sich bloß zu beeilen. Sie war nicht in der Lage, irgendeine Erklärung über die Geschehnisse zu liefern und es überraschte sie schon selbst, dass sie überhaupt einen vernünftigen Satz zustande gebracht hatte. In ihrem Inneren herrschte heilloses Durcheinander, doch nach Außen war abgesehen von ihren Tränen nichts davon zu sehen. Niemals verließ ihr Blick den Körper ihrer Freundin, während die Männer sie eilig zum Krankenwagen schafften und wenig später mit Blaulicht davon fuhren. *** Als Haruka wieder erwachte und sich in einem Krankenhausbett wiederfand, war das Erste, das sie spürte, die Schmerzen, die ihren gesamten Körper zu erfassen schienen. Nur langsam konnte sie sich daran gewöhnen und als sie sich schließlich dazu in der Lage fühlte, ließ sie ihren Blick erstmals durch das Zimmer schweifen. Mehrere Maschinen, die beständige Geräusche von sich gaben, waren in dem Raum aufgestellt und mit ihr verkabelt, sodass sich Haruka bereits denken konnte, was mit ihr passiert war. Sie wusste noch, dass sie gegen den Dämon gekämpft hatte und es mehr als schlecht ausgesehen hatte, doch dann wurde ihre Erinnerung an den Kampf brüchig. Hatten sie den Dämon besiegen können? Ging es Michiru gut? Haruka konnte es nicht mit Gewissheit sagen, sie hoffte nur, dass sie keine dieser Fragen verneinen müsste. Alles, was sie wirklich wusste, war, dass sie sich fühlte, als hätte jegliche Kraft sie verlassen. Sie konnte spüren, wie der Tod sie bereits in seinen Klauen gehabt hatte und sie ihm wohl gerade noch einmal entkommen konnte, wobei sie wohl Glück im Unglück gehabt hatte. Bereits im nächsten Moment beschäftigte sie allerdings ein anderer Gedanke mehr. Wieso war überhaupt ein Dämon aufgetaucht? Es war immer friedlich gewesen, seitdem ihre Prinzessin das Chaos besiegt hatte, es hatte niemals Anzeichen irgendeiner Art gegeben und nun ganz plötzlich wurden sie angegriffen. Noch dazu war es ein starker Dämon gewesen und nicht nur einfach ein dahergelaufener, den man leicht wieder loswurde. Haruka konnte es nicht fassen, dass sie so wenig Chancen gehabt hatten und sie hatte das Gefühl, dass der Kampf nicht sehr viel anders verlaufen wäre, wenn sie in einer besseren Verfassung gewesen wäre. Warum hatte ausgerechnet jetzt ein Dämon auftauchen müssen? Haruka konnte sich keinen schlechteren Zeitpunkt vorstellen und sie wusste nicht, was sie jetzt tun sollte. Diese vergleichsweise kleine Auseinandersetzung hatte sie bereits ins Krankenhaus befördert und ihr war klar, dass sie kein zweites Mal so viel Glück haben würde. Sollte ein weiterer Dämon auftauchen, so würde sie nicht einfach loslaufen können, um ihrer Partnerin zur Seite zu stehen. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie dieses Krankenhaus noch einmal verlassen würde, wie sollte sie denn dann ihrer Partnerin helfen können, sie beschützen und an ihrer Seite kämpfen können? Sie konnte sich vor Schmerzen überhaupt nicht richtig bewegen, ein Kampf wäre für sie vollkommen unmöglich, doch Haruka wollte es sich einfach nicht eingestehen. Sie war immer bereit gewesen, für eine Mission, für ihre Aufgabe als Sailor Kriegerin alles zu geben, doch nun fehlte ihr ganz einfach die Kraft, um dieser Aufgabe gerecht zu werden. Es war doch schon ein Wunder gewesen, dass sie zuvor überhaupt hatte kämpfen können, da würde es ihr in Zukunft noch wesentlich schlechter ergehen. Völliges Chaos herrschte in ihrem Kopf und die Gedanken über den vergangenen Kampf und die Zukunft überschlugen sich. Nicht ein einziges Mal hatte Haruka daran gedacht, dass sich die Dinge so wenden könnten. Ihr war niemals in den Sinn gekommen, was denn passieren würde, wenn ein neuer Feind auftauchen sollte. All die Zeit über hatte sie nur über ihre eigene Vergangenheit, über all die Probleme, die sie aufgrund ihrer Krankheit hatte, über ihre persönlichen Sorgen nachgedacht, sodass ihr nie in den Sinn gekommen war, welchen Teil von ihr sie mit dieser Entscheidung regelrecht betrog. Doch die Ereignisse am Strand hatten ihr schlagartig bewusst gemacht, was sie mit ihrem Leben alles wegwarf. Haruka konnte sich noch sehr gut an den Tag erinnern, an dem sich ihr Schicksal geändert hatte, an dem sie zum ersten Mal mit einem Dämon konfrontiert wurde und sie hatten ihren Entschluss von damals nie vergessen. Als sie ihre zukünftige Partnerin festgehalten hatte, war es nicht ihre Bestimmung als Kriegerin, oder die Visionen der bevorstehenden Zerstörung gewesen, die sie schließlich dazu gebracht hatten, nach ihrem Füller zu greifen. Nein, es war einzig und allein der Gedanke gewesen, dass sie dieses Mädchen nicht alleine mit ihrem Schicksal lassen durfte und sie hatte das starke Verlangen gespürt, an ihrer Seite zu stehen und mit ihr die Aufgabe zu teilen. Erst später wurde ihr bewusst, was sie wirklich für ihre Partnerin empfand, doch von Anfang an war ihr klar gewesen, dass sie all dies im Grunde nur für eine Person tat. Und eben diese Person ließ sie jetzt einfach im Stich. Haruka würde sie in einer Welt zurücklassen, in der sie nicht sicher sein würde. Erst jetzt war sich Haruka im Klaren darüber, was für einer Gefahr sie ihrer Partnerin damit aussetzte. Sie würde nicht da sein können, um sie zu schützen, würde ihr irgendetwas zustoßen, so wäre es ganz allein Harukas Schuld, weil sie so unglaublich feige war. Wie konnte sie nur so egoistisch und dumm sein? Sie hätte es wissen müssen, doch Haruka hatte sich einfach nur zurückgezogen, sich nur um ihre eigenen Angelegenheiten gekümmert, sodass sie nicht einen Gedanken an diese Möglichkeit verschwendet hatte. Ihr war zwar klar gewesen, wie sehr sie Michiru mit all dem verletzte, doch gleichzeitig war Haruka ohne Bedenken davon ausgegangen, dass Michiru keine Gefahr drohen würde. Jetzt jedoch war alles anders und sie wusste überhaupt nicht mehr, was sie denken, geschweige denn tun sollte. Noch immer war sie nicht scharf auf eine Operation und die Angst vor dem danach war tief in ihr verankert, sodass sie es sich nicht vorstellen konnte, einfach so diesen Schritt zu wagen, ganz gleich was sonst alles auf dem Spiel stand, aber gleichzeitig machte sich in ihr der Gedanke breit, dass diese Entscheidung nicht gefallen war, dass sie eben noch nicht so einfach sagen konnte, dass sie mit diesem Leben fertig war. Je länger sich Harukas Gedanken im Kreis drehten, desto weniger Argumente fand sie für ihre Entscheidung und desto mehr geriet eben diese ins Wanken. Konnte sie so einfach alles wegschmeißen? Konnte sie wirklich aufgeben und Michiru allein zurücklassen? Nein, dass konnte sie einfach nicht. Und im Grunde war es Haruka die ganze Zeit über bewusst gewesen, doch ihre Angst war zu groß und ihr Dickkopf zu entschlossen, als dass sie wirklich etwas hätte tun können. Es war ihr immer schwer gefallen, Michiru überhaupt noch in die Augen zu sehen, wo sie dieser doch so viel Leid bereitete, ohne wirklich viel dafür tun zu müssen. Es war so einfach gewesen, aber gleichzeitig hatte sie diese Entscheidung niemals treffen wollen. Sie hatte sich immer erhofft, dass der Tag nicht kommen würde, an dem sie vor eine solche Wahl gestellt wurde und als es schließlich an der Zeit gewesen war, hatte sie wohl ziemlich voreilig gehandelt und damit alles kaputt gemacht. Sie konnte es nicht mehr rückgängig machen. Die Zeit konnte nicht zurückgedreht werden und ihr wurde schmerzlich bewusst, dass sie keine zweite Chance kriegen würde. Diese Situation war ganz allein ihr Verdienst und sie müsste sich auch etwas einfallen lassen. Dabei war es schon schlimm genug, dass erst ein Dämon auftauchen musste, damit sie wieder zur Besinnung kam und endlich aufhörte, sich nur in ihrem Selbstmitleid zu verlieren. Eigentlich gab es doch nur eine Möglichkeit, wie Haruka all das Geschehene wieder gut machen könnte und doch noch einen Ausweg finden könnte. Sie musste sich ganz einfach ihren Ängsten stellen, irgendwo in ihr musste doch noch ein letzter Rest stecken, der kämpfen könnte. Irgendwoher hatte sie die Kraft genommen, um gegen den Dämon antreten zu können, nun müsste sie genau diese Kraft wieder finden, um gegen ihre ganz eigenen Dämonen kämpfen zu können, um gegen eine Angst anzutreten, die sie ihr ganzes Leben lang fest im Griff hatte. Wenn sie wirklich alles für Michiru tun wollte, wenn sie für ihre Partnerin da sein wollte und sie schützen und unterstützen wollte, so hatte sie gar keine andere Wahl, als ihre eigenen Sorgen in den Hintergrund zu stellen. Egal wie schwer es ihr auch fallen würde, es gab Wichtigeres als ihre Angst und je länger Haruka darüber nachdachte, desto klarer wurde ihr, wie idiotisch ihr Verhalten doch gewesen war und was sie nun tun musste. Sie durfte nicht länger vor allem davonlaufen, es war an der Zeit sich all dem endlich zu stellen. Das Öffnen der Tür durchbrach Harukas Gedankengang und mit der Erwartung, dass sie gleich Michiru sehen würde, drehte sie ihren Kopf in Richtung Tür, wurde jedoch enttäuscht, als es ihr Arzt war, der durch eben diese trat. Gleichzeitig machte sich auch die Sorge in ihr breit, da sie noch immer nicht wusste, was mit Michiru los war, weswegen sie den Arzt auch gar nicht erst zu Wort kommen ließ und diesen gleich nach ihrer Freundin ausfragte. Doktor Sagura hob jedoch beschwichtigend die Hände und schenkte seiner Patientin ein beruhigendes Lächeln. "Keine Sorge, Miss Kaiou ist vor einer Stunde nach Hause gefahren. Ich habe Sie weggeschickt, da Sie bereits den ganzen letzten Tag hier war und auf ihr Erwachen gewartet hat. Aber nun zu wichtigeren Dingen, wie fühlen Sie sich?" Haruka hatte die Frage schon gar nicht mehr richtig mitbekommen, so erleichtert war sie darüber, dass es Michiru offensichtlich gut ging, sofern dies jedenfalls möglich war und für einen kurzen Moment war Haruka überrascht, dass der Kampf bereits so lange her zu sein schien. Erst als der Arzt die Frage wiederholte, schenkte Haruka ihm wieder ihre Aufmerksamkeit. "Ich denke, den Umständen entsprechend." "Nun, Sie haben sehr großes Glück gehabt. Was auch immer der Grund für diese Verletzungen ist, es hat nicht viel gefehlt und wir hätten Sie verloren. Jedoch muss ich Ihnen mitteilen, dass sich Ihre Gesamtsituation wesentlich verschlechtert hat. Ihre Werte sind beängstigend und diese schweren Verletzungen tragen ihr Übriges dazu bei, dass Ihnen wohl nicht mehr viel Zeit bleibt. Es tut mir sehr leid, aber Sie werden dieses Krankenhaus wohl nur noch auf einem Weg verlassen." Haruka schluckte schwer, sie hatte damit bereits gerechnet, doch es aus dem Mund ihres Arztes zu hören, war etwas gänzlich anderes. Von Anfang an war ihr klar gewesen, wie es enden würde, dass sie früher oder später im Krankenhaus landen würde und es nicht mehr lebend verlassen würde, doch die Umstände hatte sie sich so nicht vorgestellt. Wieder drehten sich ihre Gedanken um den Kampf, um ihre Ängste und um ihre Entscheidung. Es dauerte einige Minuten, bis sie ihre Stimme schließlich wieder erhob, doch Haruka sprach so leise, dass ihr Arzt sie fast nicht verstanden hätte. "Ich möchte mich operieren lassen." Im ersten Moment glaubte der Arzt, sich verhört zu haben. "Bitte was?" "Sie haben schon richtig gehört. Ich..." Man konnte ihr ansehen, wie viel Überwindung es sie kostete, diese Worte zu sagen und wie schwer es ihr gefallen sein musste, sich dafür zu entscheiden. "Ich möchte die Operation." Für einen Augenblick sah der Arzt dort in dem Bett wieder das kleine Mädchen, das vor so vielen Jahren so schwer unter der Krankheit gelitten hatte und er konnte sich noch gut an die Worte ihrer Eltern erinnern, dass sie einer Operation nur als letzten Ausweg einwilligten. Doch er hatte sie niemals durchführen müssen, denn wie durch ein Wunder besserte sich der Zustand des jungen Mädchens, bis sich niemand mehr vorstellen konnte, dass es einmal so krank gewesen war. Heute erschien ihm Haruka noch genauso verletzlich wie damals, mit dem Unterschied, dass sie diese Entscheidung nun alleine getroffen hatte. Natürlich hatte er immer versucht, sie von einer Operation zu überzeugen, doch da sie nie einwilligte, hatte er bereits gar nicht mehr damit gerechnet. Es ausgerechnet jetzt von ihr zu hören, machte es ihm nicht leichter, ihr die folgende Worte zu sagen. "Es tut mir wirklich sehr leid, aber das geht nicht. Ihr Zustand ist zu instabil, die Verletzungen sind zu schwerwiegend, eine Operation würde Sie mit großer Wahrscheinlichkeit töten. Ihre Chancen sind so gut wie nicht existent und selbst wenn Sie die Operation überleben sollten, ist es noch immer unwahrscheinlich, dass sich Ihr Körper davon noch einmal erholen kann. Es wäre falsch Ihnen Hoffnung zu machen, aber Sie bräuchten wohl ein sehr großes Wunder und auf das kann man leider nicht vertrauen." Diese Nachricht war für Haruka wie ein Schlag ins Gesicht und sie konnte darauf nichts erwidern, starrte ihren Arzt ungläubig an. Jetzt wo sie endlich Erkenntnis zeigte, wo sie sich endlich selbst überwunden hatte, sollte es bereits zu spät sein? Vollkommen egal, was sie auch tun würde, sie könnte ihr Schicksal nicht mehr ändern? Ihr Tod sollte bereits besiegelt sein und sie müsste nur noch abwarten, bis er eintreten würde? Das konnte einfach nicht sein, das wollte Haruka nicht glauben und sie schüttelte den Kopf. Ihre Augen brannten, doch sie ließ nicht zu, dass die Tränen weiter kommen würden. Jetzt wo sie endlich gemerkt hatte, dass ihr Leben doch noch einen Sinn hatte, gab man ihr nicht die Chance, sich für eben dieses Leben zu entscheiden, ganz gleich wie schwer es werden würde. Warum nur war sie so dumm gewesen und hatte so lange gezögert? Wieso musste erst ein solches Unglück passieren, damit ihr klar wurde, was sie wirklich tun musste? Das war einfach nicht fair, doch im Grunde war sie ja selbst schuld. Immerhin war sie die Einzige, die einer Operation im Weg gestanden hatte, doch nun wünschte sich Haruka nichts weiter als ein bisschen mehr Zeit. "Ich bitte Sie, tun Sie es trotzdem." Der Arzt sah die Verzweiflung nur allzu deutlich in Harukas Augen, er hatte einen solchen Blick schon so oft in seinem Leben gesehen und es fiel ihm immer wieder aufs Neue schwer, einem Patienten zu sagen, dass es keine Hoffnung mehr gab. Dass nun jemand, der offensichtlich seinen Lebenswillen wiedergefunden hatte, ihm eine solche Bitte nannte und er sie nicht erfüllen konnte, machte es nicht gerade leichter. "Was habe ich denn schon zu verlieren? Wenn es nicht funktioniert, dann habe ich es wenigstens versucht!" Dr. Sagura rang sehr mit sich und überlegte hin und her, bis er schließlich erneut antwortete. "Na gut, ich werde mich um die Operation kümmern. Aber ich möchte erst noch einen Tag warten, bis ich es endgültig beschließen kann. Zunächst muss ich sehen, ob sich Ihr Zustand stabilisiert, oder nicht." "Ich danke Ihnen! Vielen, vielen Dank!" Haruka konnte nicht beschreiben, wie froh sie in diesem Augenblick über die Worte ihres Arztes war. Er gab ihr eine Chance, es war vielleicht noch nicht alles verloren. Haruka war fest entschlossen, ganz gleich wie groß ihre Angst auch war, sie würde sich dieser Operation stellen, viel zu viel stand für sie auf dem Spiel, als dass sie es unversucht lassen durfte. Viel zu spät war ihr aufgefallen, was sie für einen großen Fehler begangen hatte, doch nun wollte sie es wieder gut machen, so lange es noch in ihrer Macht stand. Sie sah dem Arzt hinterher, der versprach, sich um alles weitere zu kümmern und für diesen Moment konnte Haruka wirklich sagen, dass die Hoffnung sie nicht verlassen hatte. *** Das große Haus am Meer erschien Michiru so leblos, als sie ohne Haruka aus dem Krankenhaus zurückgekehrt war. Sie war unheimlich erschöpft, doch konnte sich einfach nicht dazu durchringen, sich hinzulegen. Die Ungewissheit über den Zustand ihrer Freundin plagte sie zu sehr und am liebsten wäre sie bei ihr geblieben, bis Haruka endlich aufgewacht wäre. Aber wahrscheinlich hatte der Arzt recht, so half sie Haruka auch nicht, wenn sie sich selbst völlig vernachlässigte, nur um darauf zu warten, dass Haruka irgendwann aufwachen würde. Man hatte ihr noch nicht einmal sagen können, wann dies überhaupt passieren würde. Es gab ihr keine Ruhe und keine Sekunde verging, in der Michiru nicht an ihre Freundin dachte. Wie sollte sie auch? Sie hatte die Zeit im Warteraum am Vortag noch sehr gut vor Augen. Die Sanitäter waren mit Haruka verschwunden und sie konnte nur dort stehen und nichts tun, außer zu warten. Sie wäre fast wahnsinnig geworden und hatte es nie lange auf einem der Stühle ausgehalten. Immer wenn sie versuchte, etwas zur Ruhe zu kommen, sprang sie wieder auf, um nur wieder auf und ab zu gehen und damit andere Patienten nervös zu machen. Genauso ging es ihr auch jetzt und Michiru lief direkt ins Schlafzimmer, um dort eine Tasche für Haruka zu packen. Sie musste sich gar nichts vormachen, ihr war klar, dass sie nicht einfach am nächsten Tag wieder mit Haruka aus dem Krankenhaus spazieren konnte und sie wusste nicht einmal, ob dieser Moment überhaupt kommen würde. Ihr war bewusst, dass Hoffnung vergebens wäre, doch gleichzeitig wollte sie auch verhindern, dass ihre Gedanken zu sehr um das eine Thema kreisten. Noch war Haruka bei ihr, noch gab es keinen Grund zu trauern, auch wenn es ihr immer klarer vor Augen geführt wurde, wie schnell sie ihre Haruka doch verlieren könnte. Sobald die Tasche fertig gepackt war, atmete Michiru einige Male tief durch, um sich selbst etwas beruhigen zu können. Noch immer saß der Schock der vergangenen Stunden tief und sie ließ sich ein wenig geschafft auf das große Bett sinken. Sie wusste nicht, was sie getan hätte, wenn Haruka dort am Strand noch mehr zugestoßen wäre. Und auch wollte sie sich nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn sie den Dämon nicht besiegt hätte. Es war schon beunruhigend genug, dass sie ihn fast nicht gemeinsam besiegen konnten, auch wenn ihre Partnerin in einem besseren Zustand wohl nicht so schnell zu Boden gegangen wäre. Michiru wollte sich gar nicht erst ausmalen, was gewesen wäre, wenn es mehrere Dämonen gewesen wären und gleichzeitig kam in ihr die Angst um Haruka hoch. Als dieses Wesen dort am Strand aufgetaucht war, schien das absolut kein Zufall gewesen zu sein. Michiru hatte die leise Ahnung, dass der Dämon genau gewusst hatte, mit wem er sich da angelegt hatte. Allein dieser Gedanke ließ einen kalten Schauer über ihren Rücken laufen und sie sprang wieder vom Bett auf, um die Tasche zu greifen und damit schnell nach unten zu laufen. Was wenn in der Zwischenzeit ein weiterer Dämon bei Haruka auftauchen würde, wohl wissend, dass sie eine Sailor Kriegerin war und mit eben jener Absicht, sich mit ihr anzulegen? Sie wäre vollkommen schutzlos ausgeliefert, hätte sicherlich nicht die geringste Chance und Michiru wollte nun keine weitere Zeit in diesem Haus verschwenden. Sie würde hier sowieso keine Ruhe finden, wenn sie im Krankenhaus war, wäre sie für den Notfall wenigstens in der Nähe, auch wenn sie betete, dass dies unnötig wäre. Sie hatte absolut kein gutes Gefühl mehr bei der Sache und war auf dem direkten Weg in die Garage, wo Harukas Ferrari unberührt stand. Keine Minute später fuhr Michiru mit eben diesem vom Hof und zum Krankenhaus davon. *** Leicht außer Atem kam Michiru den Gang entlang, wo ihr Dr. Sagura entgegen kam, der gerade das Zimmer seiner Patienten verlassen hatte und ziemlich überrascht war, als er die junge Frau bereits wieder hier sah. "Ich dachte, Sie wollten nach Hause, um sich ein wenig auszuruhen? Das ging aber ziemlich schnell." "Ich hab keine Ruhe finden können, wie geht es Haruka?" "Oh, Sie ist wieder aufgewacht. Wenn Sie möchte, können sie gerne zu ihr Miss Kaiou. Allerdings muss ich Sie wohl nicht daran erinnern, dass ihre Freundin viel Ruhe braucht, also sollten sie nicht zu lange bleiben." "Sie ist wach? Wirklich? Das ist wunderbar! Vielen Dank, ich werde mich dran halten, aber entschuldigen Sie mich jetzt bitte." Michiru hatte sich noch einmal leicht verbeugt, bevor sie auch schon an dem Arzt vorbei war und mit schnellen Schritten zu Harukas Zimmertür gegangen war. Sie klopfte kurz, wartete aber gar nicht erst auf irgendeine Antwort, sondern trat schnellstmöglich ein. Als sie ihre Haruka dort in dem Bett wach und lebendig sah, fiel ihr ein Stein vom Herzen, denn selbst wenn ihre Freundin alles andere als gesund aussah, so war sie doch noch hier und allein das zählte für Michiru. Haruka konnte auf den plötzlichen Besuch gar nicht reagieren, da war Michiru auch schon an ihrer Seite und sah sie besorgt an. "Oh Haruka, wie fühlst du dich?" "Es ging mir schonmal besser. Aber ich denke, es hätte schlimmer kommen können. Der Arzt sagte, ich müsste erstmal auf unbestimmte Zeit hier bleiben. Meine... Werte haben sich verschlechtert und es steht wohl auch ansonsten nicht gerade gut um mich." Haruka wusste, dass sie gar nicht erst versuchen musste, Michiru irgendwas vorzumachen, also war sie lieber ehrlich zu ihr, auch wenn sie beschlossen hatte, von ihrem Entschluss und dem weiteren Gespräch mit ihrem Arzt erstmal nichts zu sagen. Sie wollte Michiru keine Hoffnung machen, nur um diese dann wieder zu zerstören. Damit hatte Michiru bereits gerechnet, doch es aus dem Mund ihrer Freundin zu hören, war ein ganz anderes Gefühl und sie musste schwer schlucken, während sie sich um ihre Fassung bemühte. Sie dürfte jetzt nicht schwach sein, nicht vor Haruka, es musste für diese schon schwer genug sein, da durfte sich Michiru nicht auch noch gehen lassen. "Ich bin nur froh, dass du überhaupt noch lebst. Was hast du dir da bloß bei gedacht? Es hätte sonst was passieren können!" "Glaubst du wirklich, ich hätte nur still sitzen können, während ich wusste, dass ein Dämon bei dir ist? Du hättest doch das Gleiche getan, also müsstest du mich verstehen können. Es war meine Entscheidung, ich wusste doch, worauf ich mich da einlassen würde." "Trotzdem war das ziemlich leichtsinnig von dir. Aber was geschehen ist, ist geschehen." Ein leiser Seufzer ertönte und Michiru ließ kurz ihren Kopf hängen, bevor sie sich durch die Haare fuhr und erneut zu Haruka sah. "Ich hab dir eine Tasche mit ein paar Sachen von dir gepackt. Ich dachte, die könntest du vielleicht gebrauchen." Inzwischen war sich Michiru aber gar nicht mehr so sicher, ob Haruka wirklich etwas mit der Kleidung anfangen könnte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie kleine Spaziergänge im Park des Krankenhauses machen würden. "Tut mir leid Michiru, ich wollte dir keine Sorgen bereiten. Das... ist lieb von dir, dass du daran gedacht hast." Sie fühlte sich nicht gerade besser, als sie die Tasche einen Moment betrachtete und sie war sich sicher, dass sie auch darauf hätte verzichten können. Dennoch wollte sie Michiru jetzt nicht vor den Kopf stoßen, also lenkte sie das Thema schnell wieder davon weg. "Wie geht es dir überhaupt? Und was ist aus... dem Dämon geworden? Ich hatte wohl ein totales Blackout." Dass Haruka den Kampf ein weiteres Mal ansprach, gefiel Michiru zwar nicht so sehr, da sie nur wieder dieses grausame Bild vor Augen sah, doch sie wollte ihrer Freundin trotzdem keine Antwort verwehren. "Mir geht es gut, mach dir keine Sorgen um mich, du hast genug eigene Probleme. Und der Dämon ist besiegt. Kein Wunder, dass du dich nicht dran erinnerst, so sehr wie du dich dabei verausgabt hast." "Besiegt? Das ist gut..." Somit ging von diesem Wesen keine Gefahr mehr aus, was nicht hieß, dass sie nicht weiterhin auf der Hut sein müssten. Ein weiteres Mal verfluchte sich Haruka für ihre Dummheit und am liebsten hätte sie all das ungeschehen gemacht. Aber dafür war es wohl inzwischen zu spät. "Bleibt trotzdem die Frage, was es damit überhaupt auf sich hatte." "Ich weiß es nicht, Haruka." Michiru war sich nicht sicher, ob sie von ihrer Vermutung erzählen sollte. Sicherlich wäre es besser, wenn ihre Partnerin davon wusste, doch gleichzeitig bestand dann nur die Gefahr, dass Haruka irgendeine Dummheit beging. "Aber es ist gut möglich, dass noch mehr auftauchen könnten. Wann und wo ist aber völlig unklar." Haruka ahnte nicht das Geringste davon, dass Michiru ihr nicht die ganze Wahrheit sagte, sie war in Gedanken bereits viel weiter und gab sich wohl viel zu sehr selbst die Schuld an dieser Situation, als dass sie darüber hätte nachdenken können. "Meinst du, wir sollten es ihr sagen?" "Auf gar keinen Fall, du weißt, wie sie reagieren würde. Dafür ist es noch zu früh, wenn wir nun genaueres wüssten, dann vielleicht." Es kam völlig außer Frage, dass sie jetzt bereits zu ihrer Prinzessin gehen würden. Außerdem wusste Michiru nicht, wie sie die Situation mit Haruka hätte erklären sollen. Es würde ihrer Prinzessin das Herz brechen und solange es sich noch vermeiden ließ, wollte Michiru diesen Moment hinauszögern. "Du hast wohl Recht. Wir würden sie bestimmt nur unnötig in Panik versetzen." Jedenfalls hoffte Haruka immer noch, dass ihre Bedenken unbegründet waren und es bei diesem kleinen Zwischenfall bleiben würde. Falls es für sie wirklich keine Hoffnung mehr gab, so wäre die Situation dann wenigstens nicht mehr ganz so schlimm. "Ich würde dir gerne dabei helfen, mehr herauszufinden, aber-" "Nein Haruka, vergiss das sofort wieder. Wenn, dann werde ich mich da schon alleine drum kümmern. Vielleicht kontaktiere ich Setsuna, aber wirklich nur vielleicht. Du hast schon genug getan." "Wie du meinst." Haruka konnte die Besorgnis sehr gut aus der Stimme ihrer Freundin heraushören und so war es wohl wirklich am besten. Was könnte sie jetzt schon großartig tun? Sie würde Michiru wohl eher noch mehr zur Last fallen, als sie es ohnehin schon tat, so würde sie definitiv keine große Hilfe sein. "Ich möchte nur, dass es dir besser geht. Das ist für mich jetzt erstmal das Wichtigste." Langsam drehte die Blondine ihren Kopf zur Seite, um Michiru in die Augen sehen zu können und sie konnte dort die Sorge und die Schmerzen klar und deutlich erkennen. Sie konnte gar nicht sagen, wie leid ihr all das tat und wie unwohl sie sich nun unter diesem Blick fühlte. Sie konnte nur ihre Augen schließen und hoffen, dass Michiru ihr noch einmal verzeihen würde. "Ich gebe mein Bestes." "Ruh dich am besten noch etwas aus, das wird dir bestimmt gut tun. Danach sehen wir weiter, ich bleib auch hier bei dir." Nicht dass Michiru überhaupt vorhatte, so bald wieder von Harukas Seite zu weichen. Die Ärzte müssten sie wohl schon rausschmeißen, denn freiwillig würde sie sicherlich nicht gehen. "Danke Michiru. Das... bedeutet mir viel." Ein letztes Mal sah Haruka zu ihrer Freundin hoch und war doch selbst überrascht, als sie ein kleines Lächeln zustande brachte, um Michiru wenigstens ein bisschen Mut zu machen. Doch dann schloss sie erneut ihre Augen. Michiru hatte Recht, die Ruhe würde ihr auf jeden Fall gut tun und sie fühlte sich jetzt schon wieder erschöpft, was wohl zum Teil auch an den ganzen Medikamenten lag, die man ihr inzwischen gegeben hatte. Also ließ sie ganz einfach los und begrüßte den Schlaf, der sie bald schon empfing. *** Es war nun schon wieder einige Zeit vergangen, seitdem die Blonde eingeschlafen war und noch immer war Michiru bei ihr. Sie hatte inzwischen die Tasche ausgeräumt und in dem kleinen Schrank verstaut, da sie nicht nur untätig herum sitzen konnte. Mittlerweile war sie zwar etwas zur Ruhe gekommen, da sie gesehen hatte, dass es Haruka wohl doch ein wenig besser ging, aber die Sorge ließ sie nie los. Niemals hätte sie es sich verzeihen können, wenn Haruka wegen diesem verfluchten Zwischenfall am Strand nicht mehr aufgewacht wäre. Das wäre das Ende gewesen. Schnell schüttelte Michiru den Kopf, als dieser Gedanke wieder in ihr hochkam und sie stützte ihren Kopf für einen Moment auf ihren Händen ab. Wie sollte es jetzt bloß weitergehen? Wie viel Zeit blieb Haruka noch? Sie selbst hatte noch nicht mit dem behandelnden Arzt geredet, doch die Worte ihrer Freundin schienen deutlich genug gewesen. Michiru hatte das Gefühl, als könnte sie Haruka jede Sekunde verlieren und das machte ihr schreckliche Angst. Sie wusste jetzt zwar schon länger, was auf sie zukam, doch das machte es nicht gerade leichter, zumal sie meistens versuchte, jegliche Gedanken an ein Ende zu verdrängen, was ihr zunehmend schwerer fiel. Es gab einfach nichts, was sie auf das Kommende hätte vorbereiten können. Es stimmte zwar, dass sich Michiru mit der Entscheidung ihrer Freundin abgefunden hatte, doch es gab immer noch einen kleinen Rest Hoffnung in ihr, der daran glaubte, dass Haruka sich vielleicht doch noch anders entschied. Doch dieser Rest war inzwischen schon so klein geworden, dass Michiru kaum noch glaubte, dass er überhaupt noch existierte. Vor allem jetzt, wo Haruka wirklich im Krankenhaus war, schien Michiru der Gedanke nur noch unwirklich. Ihr beider Schicksal schien doch schon längst beschlossen zu sein, das wurde ihr immer deutlicher. Sie konnte nichts daran ändern, sie konnte einfach nur tatenlos zusehen. Es wunderte Michiru gar nicht, dass ihre Augen begannen zu brennen und sie wenig später schon Tränen auf ihrer Haut spüren konnte. Sie hatte zwar versucht, stark zu sein, doch am Ende hatte sie es nicht wirklich geschafft, auch wenn sie meist vor Haruka verbergen konnte, wie traurig sie war. Michiru konnte sich an so manches Mal erinnern, wo sie alleine gewesen war und ihren Tränen einfach freien Lauf gelassen hatte, weil sie es sonst einfach nicht mehr ausgehalten hätte. Genauso war es auch diesmal und Michiru machte sich nicht die Mühe, die Tränen auch noch wegzuwischen, sie würden sofort von Neuen ersetzt werden. Michiru sah langsam zu ihrer Freundin, betrachtete das blasse Gesicht, obwohl sie vor lauter Tränen kaum etwas sehen konnte und hob vorsichtig eine Hand, um ein paar der wilden Strähnen aus ihrem Gesicht zu streichen. Zärtlich streichelte sie über Harukas Wange, bevor sie vorsichtig nach ihrer Hand griff, um diese festzuhalten, um ihr zu zeigen, dass sie bei ihr war. Sie war einfach nicht bereit dazu, loszulassen, sie würde es wohl auch niemals sein. Haruka bedeutete ihr ganz einfach zu viel, als dass sie sich ein Leben ohne sie wirklich vorstellen könnte. Doch ihre Freundin so verletzt und schwach in diesem Krankenhausbett zu sehen, machte ihr umso deutlicher, dass sie sich mit dieser Vorstellung wohl langsam aber sicher abfinden musste, egal ob es ihr nun gefiel oder nicht. Es schien unvermeidlich zu sein und ganz gleich wie viel Tränen sie noch vergießen würde, konnte Michiru spüren, dass dieser Zeitpunkt immer näher rückte. Kapitel 7: Eine letzte Nacht ---------------------------- Ich entschuldige mich erstmal dafür, dass es so lange gedauert hat, bis ich endlich das nächste Kapitel hochlade, aber ich hatte meine Probleme mit dem Verlauf dieses Kapitels und ziemlich lange gebraucht, um mich dafür überhaupt erstmal zu motivieren. Mit dem Epilog soll das aber nicht passieren. Ich habe mir auf jeden Fall vorgenommen, diese Story noch vor Jahresende fertig zu kriegen. Aber genug davon, ihr seid schließlich hier, um zu erfahren, wie es weiter geht, also nerve ich mal nicht weiter, sondern wünsche euch viel Spaß mit dem Kapitel. Über Kommentare und Kritik würde ich mich sehr freuen und ich bedanke mich bei jedem, der mir bisher eine Rückmeldung gegeben hat. Kapitel 7 – Eine letzte Nacht Wie Michiru es gesagt hatte, war sie die ganze Zeit bei Haruka geblieben. Selbst als diese schlief, wich Michiru nicht von ihrer Seite und erst spät am Abend konnte eine Schwester sie überzeugen, jetzt endlich nach Hause zu gehen und auch wenn Michiru erst noch etwas diskutiert hatte, sah sie schließlich doch noch ein, dass es wohl besser wäre. Doch sie nahm sich fest vor, am nächsten Tag so früh wie möglich wieder zu kommen. Auch wenn es ihr sehr schwer fiel, Haruka so zu sehen, sie würde es sich nicht verzeihen können, wenn sie nun nicht an ihrer Seite gewesen wäre und sie hier im Stich gelassen hätte. Das würde sie wohl niemals fertig bringen können. Aber die Ruhe, die Michiru wohl gerne gefunden hätte, bekam sie in dieser Nacht nur bedingt, denn sie brauchte nicht nur sehr lange, bis sie endlich einschlief, sondern wurde auch noch von Alpträumen geplagt und mehr als einmal schreckte sie aus diesen auf. Haruka selbst hatte wenig Probleme mit dem Schlafen, selbst wenn ihre Gedanken selten still standen, so taten die Medikamente doch ihr Übriges, um sie ruhen zu lassen. Aber sie wusste, dass es wichtig war, wenn sie schlief, immerhin hatte man ihr gesagt, dass eine Operation nur in Erwägung gezogen wird, wenn ihr Zustand stabil bleiben würde und wenn sie sich genügen ausruhen würde, würde sie wohl schon alles in ihrer Macht stehende tun, um das auch zu verwirklichen. Doch das Wichtigste war wohl, dass ihr Wille endlich zurückgekehrt war. Als am nächsten Morgen schließlich Doktor Sagura kam, um den Zustand seiner Patientin zu überprüfen, konnte er mit Erleichterung feststellen, dass es ihr wenigstens etwas besser ging. Ihre Werte hatten sich stabilisiert und es sah so aus, als hätte sie wirklich eine Chance, wenn sie auch noch so klein war. Wie konnte er ihr dann eine Operation verwehren? Also weckte er nach allen Checks schließlich Haruka auf, um dieser von den Neuigkeiten zu berichten. "Guten Morgen, wie fühlen Sie sich?" Haruka war noch nicht ganz wach, doch sie konnte sich schnell auf den Arzt konzentrieren. Sie wusste, dass dieser Besuch wichtig war. "Etwas besser." "Ich habe alles überprüft und ich denke, wir können eine Operation wagen. Aber ich muss Sie dennoch daran erinnern, dass die Chancen gering sind. Ich möchte ihnen nichts vormachen. Es gibt keine Garantie, dass sie die Operation überleben, oder sich von ihr erholen." "Ich bin mir dessen bewusst. Aber es ist meine einzige Chance und ich will sie nutzen. Ganz gleich, was auch passiert." Auf der einen Seite war Haruka froh, dass ihr Arzt doch einwilligte, doch auf der anderen Seite kam auch ihre alte Angst wieder hervor. Doch sie tat ihr Möglichstes, um sie zu verdrängen und zu ignorieren, sie musste nun ihren Egoismus ablegen, wenn sie ihren größten Fehler nicht für immer bereuen wollte. "Aber ich habe eine Bitte. Sollte Michiru kommen, dann... soll man ihr sagen, ich möchte heute keinen Besuch empfangen. Sie soll noch nichts von dieser Operation erfahren, nicht solange es nicht sicher ist, dass auch alles gut geht." Doktor Sagura war doch überrascht von dieser Aussage und so ganz verstand er seine Patientin dabei nicht, doch wenn es ihr Wille war, würde er dies wohl akzeptieren. "Wenn sie sich da sicher sind. Dann werde ich jetzt alles weitere in die Wege leiten." "Ich bin mir sicher. Vielen Dank." Haruka sah noch einen Moment lang auf die Tür, nachdem ihr Arzt schon längst durch diese verschwunden war und sie konnte selbst noch nicht wirklich begreifen, was als nächstes passieren würde. Sie würde sich tatsächlich operieren lassen. Früher hatten es ihre Eltern nur als letzte Option angesehen und später, wo sie selbst doch gehofft hatte, dass diese Krankheit niemals zurückkehren würde, war sie sich doch von Anfang an schon im Klaren darüber gewesen, dass sie eine Operation niemals wollen würde. Zu vieles könnte schief gehen, so viel stand auf dem Spiel und am Ende war es wohl einfach diese Angst vor dem Ungewissen gewesen, die sich tief in ihr verankert hatte und sie blind gemacht hatte. Nun war der Moment gekommen, wo sie sich dieser Angst endlich stellen würde und Haruka verdrängte den Gedanken daran, dass es für diese Entscheidung vielleicht schon zu spät war. Sie musste sich jetzt darauf konzentrieren, dass alles gut werden würde. Sie musste sich diese eine Sache selbst beweisen und sie musste es für Michiru tun. Als schließlich eine Schwester mit den Medikamenten für die Narkose ankam, wusste Haruka, dass es kein Zurück mehr gab und sie sich alldem stellen würde. Die Zeit des Weglaufens war vorbei. Sie wusste, dass dieser Beschluss alles ändern würde und sie konnte es nicht verhindern, dass ihre Hand ein wenig zitterte, als sie den Becher mit der klaren Flüssigkeit entgegen nahm. *** An diesem Morgen verschlief Michiru doch tatsächlich und gehetzt machte sie sich fertig, um zurück ins Krankenhaus zu kommen. Ausgerechnet jetzt musste ihr das passieren und sie schob es auf den Schlafmangel, der schließlich seinen Tribut verlangt hatte. Dabei hatte sie sich doch vorgenommen, möglichst schnell zurück zu Haruka zu gehen. In Rekordzeit hatte sie das Haus verlassen und fuhr wie schon am Vortag mit dem Wagen zum Krankenhaus, wo sie auch gleich mit schnellen Schritten zu Harukas Zimmer lief. Doch kurz bevor sie das Zimmer erreicht hatte, kam ihr eine der Schwestern entgegen und stoppte sie. "Wohin wollen Sie?" Michiru war davon für einen Moment doch tatsächlich aus dem Konzept gebracht. "Ich bin hier, um Haruka Tenou zu besuchen. Sie liegt gleich dort vorne, lassen sie mich bitte durch." "Es tut mir leid, aber die Patientin wünscht keinen Besuch, ich muss sie bitten, wieder zu gehen." "Was?" Entsetzt starrte Michiru die junge Frau vor ihr an und sie glaubte erst, sich verhört zu haben, doch als die Schwester diese Worte nur noch einmal wiederholte, schüttelte Michiru ungläubig den Kopf. Das konnte doch wohl nicht wahr sein, wieso sollte Haruka keinen Besuch wollen? Das ergab doch überhaupt keinen Sinn. Ging es ihr so schlecht, oder wollte sie wirklich niemanden sehen? In Michirus Kopf überschlugen sich die Gedanken, während sie langsam ein paar Schritte zurück ging. Als sie schließlich ein weiteres mal gebeten wurde, nun zu gehen, tat Michiru dies auch endlich und fast genauso schnell, wie sie gekommen war, verließ sie das Krankenhaus nun wieder mit dem Unterschied, dass sie sich jetzt noch schlechter fühlte als zuvor. Es ging ihr nicht aus dem Kopf, warum Haruka sowas wollen würde. Während sie zurück fuhr, dachte Michiru einen Moment lang darüber nach, ob dies vielleicht Harukas Art war, um ihr zu sagen, sie sollte sich auf diese mögliche Bedrohung durch den Dämon konzentrieren, doch das konnte sie sich nicht vorstellen, das würde Haruka ihr doch anders mitteilen. Das konnte sicherlich nicht der Grund sein. Aber warum dann? Warum durfte sie nicht bei Haruka sein? Wer konnte denn sagen, wie viel Zeit ihnen noch gemeinsam blieb und dann verwehrte ausgerechnet Haruka ihr diese? Allein der Gedanke daran trieb Michiru die Tränen in die Augen und sie wischte sie schnell mit dem Handrücken fort, da sie jetzt nicht anfangen wollte zu weinen. Sie hatte bereits so viele Tränen vergossen und es hatte nichts geändert, aber gleichzeitig wusste sie, dass es noch lange nicht die letzten Tränen gewesen waren. Dafür stand ganz einfach zu viel auf dem Spiel. Wäre es nach Michiru gegangen, hätte wohl niemand sie daran hindern können, zu Haruka zu gelangen, doch da es eben diese war, die es ihr nicht gestattete, konnte Michiru nicht anders, als es zu respektieren, egal wie weh es auch tat, egal wie sehr sie es bereute. Haruka würde schon ihre Gründe haben, auch wenn es Michiru selbst ein Rätsel war, sie hoffte nur, dass es nicht lange anhalten würde. Denn sie konnte nicht sagen, wie lange sie diesem Wunsch folge leisten könnte. Es war schon schwer genug für sie, doch den Kontakt gänzlich abzubrechen, ohne eine Chance zu haben, Haruka noch einmal zu sehen, das würde Michiru einfach nicht übers Herz bringen können, ganz gleich wie sehr sie es versuchen würde. Und obwohl Haruka genau das verhindern wollte, machte sich Michiru dennoch Sorgen, weil sie einfach nicht wusste, was in ihrer Freundin vorging und was sie dazu gebracht hatte. Nicht eine Minute verging, in der Michiru sich nicht darüber den Kopf zerbrach und ganz gleich was sie auch versuchte, nichts konnte sie davon ablenken. Sie hatte versucht zu zeichnen, doch die Leinwand blieb weiß, sie konnte sich nicht drauf konzentrieren. Selbst ihre Violine hatte sie nicht auf andere Gedanken bringen können, sondern es nur noch schlimmer gemacht. Inzwischen ging Michiru unruhig durch das Haus und blieb letzten Endes vor der Tür zu Harukas Zimmer stehen. Zögerlich öffnete sie die Tür, nur um das Zimmer noch genau so vorzufinden, wie Haruka es verlassen hatte. Notenblätter lagen überall zerstreut herum, doch Michiru schenkte ihnen nur wenig Beachtung, als sie langsam auf die Fenster zuging und nach draußen sah. Man hatte eine gute Sicht auf den Strand und Haruka hatte so gut wie immer das Fenster geöffnet gehabt, um den Wind vom Meer hineinzulassen. Doch nun hielt Michiru das leise Rauschen des Meeres nicht aus, es schien sie zu foltern und mit einer schnellen Bewegung verschloss sie die Fenster, bevor sie sich umdrehte und fast schon fluchtartig wieder hinauslief. Was hatte sie sich denn dabei nur gedacht? Als ob sie gerade dieser Raum ablenken könnte. Haruka hatte so viel Zeit dort verbracht, sich immer wieder darin verschanzt und nun schien sie sich nur ein weiteres mal zu verstecken. Michiru wollte ihr so gerne helfen, doch wieder wurde ihr das verwehrt. Wollte Haruka ihre Hilfe etwa nicht? War es ihr lästig? Nein, das konnte nicht sein, das durfte sich Michiru gar nicht erst einreden. Es gab bestimmt einen guten Grund für all das hier, Haruka würde es ihr bestimmt sagen, sie machte sich doch nur umsonst Sorgen. Aber gleichzeitig wurde sie das Gefühl nicht los, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. *** Ein erleichtertes Lächeln erschien auf Doktor Saguras Gesicht, als er seine Patientin schließlich zum Aufwachen zurück auf ihr Zimmer bringen konnte. Trotz einiger Komplikationen hatten sie die Operation zu ende führen können und nun galt es nur noch die nächsten Tage zu überstehen, bis sie mit Gewissheit sagen könnten, dass all das hier überstanden wäre. Doch vor allem jetzt so kurz nach der Operation wusste niemand, ob Harukas Zustand stabil bleiben würde und sie sich erholen könnte. Es war nun nicht mehr in ihrer Hand, sie konnten Haruka zwar unterstützen, doch das war keine Garantie. Der Arzt überlegte einen Augenblick lang, ob er nicht bei Miss Kaiou anrufen sollte, entschied sich aber letzendlich dagegen. Haruka hatte sich extra gewünscht, dass kein Wort an ihre Freundin weitergegeben werden würde und daran wollte sich Doktor Sagura auch halten. Er wollte wenigstens diesen Tag noch abwarten und sehen, wie sich die Dinge entwickeln würden. Jetzt allerdings brauchte seine Patientin vor allem viel Ruhe, um wieder zu Kräften zu kommen. *** Langsam kam Haruka wieder zu sich, auch wenn sich ihre Gedanken wie eine träge Masse anfühlten, verstand sie, was es bedeutete. Sie musste sich nicht umsehen, um zu wissen, dass sie noch immer im Krankenhaus war und dass die Operation vorbei war. Die Schmerzen, die sie all die Zeit über begleitet hatten, waren verschwunden und Haruka konnte sich nicht vorstellen, dass es an den Medikamenten lag. All ihre Ängste waren wie weggeblasen. Nichts hatte sich geändert, sie war noch immer sie selbst und vor allem war sie am Leben. Als Haruka wirklich die Bedeutung von all dem registrierte, war sie so erleichtert, dass sie die Tränen gar nicht bemerkte, die für einen Moment über ihre Wangen liefen. Hatte sie nun tatsächlich eine zweite Chance bekommen? Haruka wagte es nicht, wirklich daran zu glauben, es war zu unwirklich und doch war der erste Schritt getan. Sie war sich sicher, dass sie es nun schaffen könnte, dass sie diese Krankheit für immer hinter sich gelassen hatte. Aber vor allem war sie nun nicht mehr gezwungen, Michiru alleine zurück zu lassen. Und allein dieser Gedanke zauberte ein kleines Lächeln auf ihre Lippen, als ihre Gedanken langsam wieder abdrifteten und die Nachwirkungen der Medikamente sie dazu brachten, langsam wieder einzuschlafen. *** Es war draußen bereits dunkel, als Haruka ein weiteres mal wach wurde und sie eigentlich gedacht hatte, sie würde sich nun etwas besser fühlen als direkt nach der Operation, doch stattdessen fühlte sie sich seltsam geschwächt. Sogar die kleinsten Bewegungen in dem Bett waren anstrengend und im ersten Moment schob Haruka es einfach darauf, dass sie gerade erst wieder wach geworden war und es noch nicht so lange her war. Gleichzeitig machte sich jedoch ein Gedanke in ihr breit, den sie nicht ignorieren konnte. Was wenn das hier keine Nachwirkungen waren, sondern es ganz einfach daran lag, dass sie zu schwach war, dass sie bereits zu viel Kraft verloren hatte, um dieser Operation noch etwas entgegenzusetzen. Und ganz gleich wie sehr Haruka diesen Gedanken hasste, so ließ er sie doch nicht los und er schien so richtig zu sein, dass sie sich sehr bald schon gar nichts anderes mehr vorstellen konnte. Der Arzt hatte doch gesagt, dass sie kaum Chancen hatte, die Operation überhaupt zu überstehen, geschweige denn sich davon zu erholen. Sie war doch selbst schuld, sie hätte sich einfach sofort dazu entscheiden müssen, anstatt solange zu warten, bis es bereits zu spät war. Dennoch hatte sie sich erhofft, dass es funktionieren würde. Aber jetzt wo sie wirklich alles versucht hatte, was blieb ihr da noch? Es gab nur noch eine Sache, die Haruka in den Sinn kam und sie wusste genau, was sie jetzt tun musste. *** Doktor Sagura wollte nach seiner Patientin sehen und ihren Zustand überprüfen, doch was er sah, als er schließlich das Zimmer betrat, wäre ihm niemals in den Sinn gekommen und für einen Augenblick stand er vollkommen schockiert in der Tür. Einer der Schränke war offen, das Bett war leer und durcheinander und nur die vielen Geräte zeugten davon, dass hier eigentlich jemand liegen sollte. Doch seine Patientin war verschwunden, dabei durfte sie unter keinen Umständen das Bett verlassen, dafür war sie noch nicht stark genug. In ihm stieg die Panik auf und er rief sofort nach einer Schwester, bevor er jemanden losschickte, um Haruka zu suchen. Er selbst lief regelrecht in sein Büro, wo er auch direkt nach dem Telefon griff. Michiru musste davon wissen. *** Haruka hatte sich von den Geräten befreit und auch wenn ihr augenblicklich schwindelig wurde, ignorierte sie all das für diesem Moment und es kam ihr bereits wie eine Ewigkeit vor, bis sie überhaupt ihren Schrank erreicht hatte. Sie nahm die Trainingshose, die ihr Michiru gebracht hatte und zog sich diese an, bevor sie sich noch eine Jacke schnappte und sie sich einfach überwarf. Sei wollte keine Zeit mehr verschwenden und schlüpfte nur noch in die Schuhe, bevor sie diesen Raum auch schon hinter sich ließ. Auch wenn sie nicht schnell voran kam und mit jedem Schritt kämpfen musste, um nicht umzufallen, war ihr Blick doch fest entschlossen nach vorne gerichtet. Und bevor eine der Schwestern sie sehen konnte, hatte sie auch schon den Fahrstuhl erreicht und war mit diesem nach unten gefahren. In der Lobby war genug los, damit sie nicht auffiel und einfach an dem Personal unten vorbeigehen konnte, bis sie schließlich nach draußen trat und von der kühlen Nachtluft begrüßt wurde. Einen Moment lang blieb Haruka stehen und schloss die Augen, während der leichte Wind mit ihren Haaren spielte und sie dieses Gefühl einfach nur genoss. Doch schnell konzentrierte sie sich wieder auf ihr Vorhaben, immerhin lag der schwerste Teil gerade erst vor ihr. Sie musste zu ihr kommen, doch das war leichter gesagt, als getan. Sie könnte unmöglich den ganzen Weg zu Fuß zurücklegen, es war schon ein Wunder, dass sie es so weit geschafft hatte. Aber Haruka schien doch noch etwas Glück zu haben, denn sie entdeckte gar nicht so weit ein paar Taxis, die nur darauf warteten, jemanden an seinen Zielort zu bringen. Schnell kramte sie in der Tasche ihrer Hose und fand dort ein paar zerknitterte Scheine, die wohl alle mal reichen würden, um sie nach Hause zu bringen. Also schleppte sie sich zu den Taxis und sagte dem Fahrer ihre Adresse. Der Mann beäugte sie einen Moment etwas misstrauisch, stellte allerdings keine Fragen, sondern startete einfach den Motor nachdem sich Haruka auf den Sitz hatte fallen lassen. Ein weiteres mal schloss sie ihre Augen und es wäre ihr in dem Moment ein leichtes gewesen einfach loszulassen und sich der Erschöpfung hinzugeben, doch sie zwang sich dazu wach zu bleiben. Also drehte sie den Kopf zur Seite und sah zu den vorbei rasenden Lichtern der Stadt, während es langsam begann zu regnen. *** Als das Taxi schließlich anhielt, drückte Haruka dem Fahrer einfach nur das Geld in die Hand, bevor sie wortlos ausstieg und zu dem Haus sah, in dem sich ihre Michiru befand. Es kam ihr unwirklich vor, jetzt wieder hier zu sein, hatte sie sich doch bis vor kurzem damit abgefunden, das Krankenhaus nie wieder zu verlassen. Und nun stand sie hier und war so kurz davor, ihr Ziel zu erreichen. Doch irgendetwas hielt Haruka davon ab, sie ging zwar die ersten Schritte, blieb jedoch bei einem Baum stehen und lehnte sich erschöpft dagegen. Sie musste doch nur noch diese paar Meter bis zur Tür gehen, dann hätte sie es endlich geschafft. Aber ihre Glieder fühlten sich so unendlich schwer an und sie schaffte es kaum, stehen zu bleiben. Sie fand einfach nicht die Kraft, sich wieder in Bewegung zu setzen. Sie war doch schon so weit gekommen, sie durfte jetzt sicherlich nicht aufgeben, sie musste zu Michiru, sie durfte hier einfach nicht hier stehen bleiben. Dann wären ihre Bemühungen hierher zu kommen völlig umsonst gewesen. Aber gleichzeitig schaffte es Haruka nicht. Sie sah langsam nach oben in den Himmel, von wo der Regen immer noch unaufhaltsam fiel und sie fragte sich, ob es das nun gewesen war. So hatte sie es sich sicherlich nicht vorgestellt. Erst als sich eine Tür öffnete, sah Haruka zurück zum Haus und ihr stockte der Atem, als Michiru hinauskam. Sie hatte gerade den Anruf von Doktor Sagura bekommen und sie hatte es erst für einen schlechten Scherz gehalten, bevor sie sich jedoch in ihrem schlechten Gefühl bestätigt fühlte und die Angst sie überschwemmte. Sofort hatte sie sich die Autoschlüssel genommen und wollte sich auf die Suche machen, doch dass diese sehr schnell enden würde, damit hatte sie sicherlich nicht gerechnet. Fast hätte sie die Gestalt dort am Baum übersehen, doch es gab absolut keinen Zweifel. Haruka war hier. Michiru lies die Schlüssel los und war in der nächsten Sekunde auch schon mit Tränen in den Augen losgelaufen, um Haruka um den Hals zu fallen. Natürlich war Haruka auf eine solche Reaktion nicht gefasst gewesen und sie konnte Michiru nicht halten, weswegen sie nach hinten rüber fiel. Doch der Schmerz vom Aufprall drang gar nicht richtig zu ihr durch, viel wichtiger war doch, dass Michiru dort war. Diese klammerte sich verzweifelt an Haruka und schüttelte den Kopf. "Du Idiot! Was machst du nur hier? Du solltest im Krankenhaus sein! Warum bist du hier hergekommen?!" Das schlimmste für Haruka war wohl der Schmerz in Michirus Stimme, der so deutlich war, dass sie ihre eigentlichen Worte kaum richtig verstand. Doch sie waren auch nicht so wichtig, jetzt nicht mehr, Haruka war einfach nur froh, dass Michiru hier war und sie schloss nun selbst ihre Arme um Michiru, genoss die wundervolle Wärme, die sie augenblicklich umhüllte. "Es tut mir leid Michiru. Es tut mir leid." "Nein Haruka, hör auf damit! Ich will das nicht hören. Sag mir lieber, warum ich nicht zu dir durfte." Haruka schloss die Augen und drückte ihre Freundin näher an sich, konnte in diesem Moment gar nicht genug von ihrer Nähe bekommen, hatte sie sich doch so sehr danach gesehnt. "Ich hab mich operieren lassen. Ich wollte dir keine Sorgen bereiten." Michiru starrte ihre Partnerin für einen Moment ungläubig an und sogar ihre Tränen versiegten kurzzeitig. Sie hatte sich operieren lassen? Es hätte alles mögliche passieren können und Michiru hätte nicht einmal davon gewusst? "Du Dummkopf. Das hättest du nicht tun müssen. Du hättest es mir sagen müssen, ich wollte doch für dich da sein." Sie setzte sich langsam auf und zog Haruka dabei mit sich, sie dachte nicht einmal daran, Haruka jetzt loszulassen, fast so als hätte sie Angst, dass es dann für immer wäre. "Ich hätte dir das niemals antun dürfen. Bitte verzeih mir. Aber ich werde mein Versprechen nicht brechen, ich werde dich nicht alleine lassen." Es gab kaum etwas, dessen sich Haruka sicherer war. Ganz egal was passieren würde, sie gehörte zu Michiru und dort würde sie auch immer sein. "Haruka, nein... Warum sagst du das? Du hast doch selbst gesagt, du hättest dich operieren lassen, du..." Doch ein Blick in Harukas Gesicht zeigte Michiru, dass es egal war, dass es ganz einfach zu spät gewesen war und Haruka wohl schon längst eingesehen hatte, dass es vorbei war, etwas das Michiru niemals wirklich akzeptieren wollte. Doch nun, wo sie beide hier im Regen saßen, schien es so real wie noch nie zu sein und Michiru wusste, dass Haruka Recht hatte, auch wenn sie es nicht wahr haben wollte. Haruka lehnte ihre Stirn gegen Michirus und sah ihr einen langen Moment einfach nur in die Augen. Körperlich hatte sie kaum Schmerzen, dennoch tat es weh, in diese unendlich traurigen Augen zu blicken, die sich immer wieder aufs Neue mit Tränen füllten. "Ich bin so froh, hier sein zu dürfen." "Haruka..." Michiru versuchte sich auf ihre Freundin zu konzentrieren, doch jedes mal wenn sie die Tränen fort blinzelte, verschwamm ihre Sicht aufs Neue, sie konnte gar nichts dagegen tun. Sie war dabei, das Wichtigste auf der Welt zu verlieren und sie konnte einfach nur zusehen. Sie hatte gewusst, dass dieser Moment kommen würde, dennoch hätte nichts und niemand sie darauf vorbereiten können. Es gab keinen vergleichbaren Schmerz und es fiel ihr unheimlich schwer, Harukas Nähe überhaupt noch zu genießen. "Ich liebe dich, Michiru. Ich liebe dich." Es war immer schon besonders gewesen, diese Worte von Haruka zu hören, umso schwerwiegender waren sie in diesem Augenblick und Michiru starrte ihre Partnerin einfach nur an, bevor sie jedoch langsam nickte. "Ich liebe dich auch, Haruka." Haruka konnte das Lächeln nicht unterdrücken, als sie diese unscheinbaren Worte hörte, die sie doch zum glücklichsten Mensch der Welt machen konnten. Sie empfand in diesem Moment keine Reue mehr, es war nicht mehr wichtig, dass sie es nicht geschafft hatte, sie war hier bei Michiru und nur das zählte, nur ihre Michiru war wichtig, alles andere spielte für Haruka keine Rolle mehr. Hier gehörte sie hin, hier war sie glücklich. Langsam schloss Haruka ihre Augen und überbrückte den Abstand, der noch zwischen ihr und Michirus Lippen lag, bevor sie einen sanften Kuss begann, den sie in vollen Zügen genoss. Dieses mal stoppten Michirus Tränen wirklich und sie klammerte sich an Haruka, während sie den Kuss erwiderte. Sie brauchten keine weiteren Worte, um sich zu verstehen, das war nie entscheidend gewesen. Sie brauchten nur einander. Und als sich ihre Lippen schließlich voneinander lösten, spürte Michiru wie der Körper in ihren Armen langsam schlaff wurde, doch das Lächeln verließ Harukas Lippen nicht. "Haruka" Epilog: Eine Welt ohne dich? ---------------------------- Tja an dieser Stelle könnte ich jetzt alle möglichen Gründe nennen, warum das so lange mit dem Epilog gedauert hat, aber ich lass es einfach mal, da ihr sicherlich endlich wissen wollt, wie es denn nun ausgeht. Hinterher werde ich euch noch mit mehr Worten nerven, aber jetzt erstmal viel Spaß mit dem Epilog! Epilog - Eine Welt ohne dich? Michiru konnte nur auf den leblosen Körper hinabstarren. Es war so schnell gegangen, in einem Moment hatten sie sich noch geküsst und jetzt lag Haruka dort und rührte sich bereits nicht mehr. Sie konnte es einfach nicht glauben, ihre Augen blieben trocken, es schien noch gar nicht zu ihr durchgedrungen zu sein. Noch einmal nannte Michiru ihren Namen, doch es blieb still, keine Antwort kam. Michiru rüttelte den Körper, aber sie erhielt keine Reaktion, Haruka war gestorben und erst jetzt schien es Michiru wirklich bewusst zu werden. Es war, als ob sich der Boden unter ihr aufgetan hätte, Michiru hatte das Gefühl als würde sie fallen, in ein endloses Loch ohne irgendwo Halt finden zu können. Ihr Halt war verschwunden und mit einem Schlag hatte sie alles verloren. Michiru wusste nicht, was sie jetzt tun sollte, wie sie jemals wieder Fuß fassen sollte, in diesem Augenblick erschien ihr all das unmöglich. Behutsam, als ob Haruka jeden Moment aus einem tiefen Schlaf erwachen könnte, legte Michiru ihre Freundin auf dem Boden ab. Mit zitternden Händen streichelte sie über die kalte Wange und durch die nassen Haare. Sie prägte sich jedes einzelne Detail ein und es dauerte nicht mehr lange, bis das erste laute Schluchzen und nun auch wieder die Tränen kamen. Michiru sank hinunter und klammerte sich verzweifelt an Harukas fest, während sie die Tränen gar nicht mehr aufhalten konnte. Es fühlte sich an, als hätte man ihr Herz hinausgerissen und kein Schmerz, den sie je gespürt hatte, war auch nur ansatzweise vergleichbar. Ihre ganze Welt, alles was ihr wichtig war, war mit einem Schlag weg und sie hatte nichts dagegen tun können, sie hatte nur zusehen können. Es tat so unendlich weh, nichts hätte Michiru jemals darauf vorbereiten können. Egal wie lange sie nun schon wusste, dass dieser Augenblick kommen würde, egal wie oft sie darüber nachgedacht hatte, wie sie versucht hatte sich damit abzufinden, es spielte jetzt alles keine Rolle. Sie spürte nur noch den wütenden Sturm aus Trauer und Schmerz in sich, jegliche andere Gedanken waren wie weggeblasen. Michiru vergrub ihr Gesicht an Harukas Brust und ließ ihren Tränen freien Lauf, sie konnte gar nicht anders, sie hätte es jetzt nicht fertig gebracht, den nächsten Schritt zu tun. Sie brauchte diesen Moment, sie wollte einfach noch nicht loslassen, selbst wenn sie nur allzu gut wusste, dass es schon längst zu spät war. *** Wie viel Zeit nun wirklich vergangen war, konnte Michiru nicht sagen, doch irgendwann stoppten die Tränen, es kamen einfach keine weiteren mehr und sie konnte sich dazu durchdringen, Haruka ins Haus zu tragen. Es war erschreckend, wie leicht es ihr fiel, allerdings hatte Haruka in den letzten Wochen einiges an Gewicht verloren. Sie legte Haruka auf der Couch im Wohnzimmer ab, wobei es ihr vollkommen egal war, dass sie eine nasse Spur hinterlassen hatte. Ihre Umgebung hatte Michiru fast gänzlich ausgeblendet. Welchen Wert hatte all dies jetzt schon noch? Es fiel Michiru unheimlich schwer, ihren Blick von dem Körper ihrer Freundin zu nehmen, doch sie musste beim Krankenhaus anrufen. Schwerfällig erhob sich die junge Frau und ging zum Flur, wo das Telefon noch lag, nachdem sie zuvor eilig das Haus verlassen hatte. Es war wohl ein Wunder, dass sie überhaupt Worte zustande brachte, doch schließlich hatte sie dem Arzt bescheid sagen können und sie machte sich auf den Weg zurück ins Wohnzimmer, wo sie das Telefon auf der Station ablegte. Geistesabwesend setzte sie sich zu Haruka auf die Couch und ihr Blick klebte wieder an ihrer Freundin. Immer mal wieder hob Michiru ihre Hand und fast schon wie in Trance strich sie mal eine Strähne aus dem Gesicht, oder fuhr mit ihren Fingern vorsichtig über die blasse Wange. Haruka sah aus, als würde sie einfach nur schlafen, als könne sie jeden Moment aufwachen und Michiru ihr schönstes Lächeln schenken. Doch Michiru wusste, dass die Realität anders aussah und egal wie sehr sie es sich auch wünschen würde, es würde nicht passieren. Niemals wieder würde sie in Harukas Augen sehen, ihre Stimme hören, oder ihre sanften Berührungen spüren. Doch Michiru schwor sich, dass sie nichts von alledem jemals vergessen würde. In ihren Erinnerungen war Haruka sicher und nichts würde ihr diese nehmen können. Fast hätte Michiru das Klingeln überhört und erst beim zweiten Mal reagierte sie auf das schrille Geräusch. Nach einem letzten Blick auf Harukas Körper erhob sie sich und ging zurück zur Haustür, um die Leute vom Krankenhaus hineinzulassen. Ein Pfleger blieb bei ihr stehen, während sich seine Kollegen um alles weitere kümmerten und er stellte ihr ein paar Fragen, die Michiru mehr schlecht als recht beantworten konnte. Sie konnte dem Mann nur sagen, dass Haruka bereits hier gewesen war, als sie den Anruf vom Doktor bekommen hatte, doch ab dem Moment hatte sie jegliches Zeitgefühl verloren. Es hätten Stunden vergangen sein können, doch es könnten auch genauso gut nur wenige Minuten gewesen sein, Michiru wusste es einfach nicht. Der Mann hatte jedoch Verständnis dafür und sagte ihr noch ein paar ermutigende Worte, die überhaupt nicht zu ihr durchdrangen, bevor er sich verabschiedete und Michiru alleine zurückließ. Michiru blieb in der Tür stehen und sah dem Wagen hinterher, der ihre Haruka von ihr wegführte. Ihr war bereits wieder nach Weinen zumute, doch ihre Augen blieben trocken, sie fühlte sich schrecklich leer und einsam und sie konnte sich nicht vorstellen, wie es jetzt bloß weitergehen sollte. Es dauerte lange, bis Michiru die Tür schloss und sie schließlich mit langsamen Schritten zurück zur Couch ging, wo sie sich drauf niederließ. Es interessierte sie nicht, dass die Polster noch immer etwas nass waren, Michiru legte sich einfach nur hin und schloss die Augen. Harukas Duft lag noch immer in der Luft und es war das Einzige, was sie wirklich wahrnahm. *** Irgendwann musste sie wohl eingeschlafen sein, doch Ruhe fand sie dabei nicht. Alpträume plagten Michiru und als sie schließlich hochschreckte und nach Haruka rief, dachte sie erst, die Geschehnisse der letzten Nacht wären nur ein Teil ihres Alptraums gewesen. Doch es dauerte nicht lange, bis die Realisation zu ihr durchsickerte und fast augenblicklich begannen ihre Augen zu brennen. Allerdings kamen auch diesmal keine Tränen und Michiru fuhr sich durch die Haare, um ein wenig Ordnung in diese zu bringen. Sie hatte nicht wirklich das Gefühl, als hätte sie geschlafen und man sah ihr die Erschöpfung an. Michiru wusste, dass es keinen Sinn haben würde, wenn sie sich noch einmal hinlegen würde, es hätte nur das Gleiche Ergebnis. Also erhob sie sich und ging in die Küche, ein Blick auf die Uhr hatte ihr verraten, dass es bereits Mittag war und es hatte doch keinen Sinn, wenn sie sich einfach so gehen lassen würde. Es dauerte nicht lange, bis sich Michiru eine Kleinigkeit zu essen zubereitet hatte und sie versuchte das Essen runterzukriegen. Letzten Endes blieb mehr als die Hälfte liegen und Michiru schmiss es weg, ohne einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden. Sie hatte allerdings auch nicht erwartet, dass sie einfach so normal mit ihrem Leben weiter machen könnte, nicht wenn fast alles hier sie an ihre gemeinsame Zeit mit Haruka erinnerte. Irgendwie musste sich Michiru beschäftigten und sie ging den ganzen Tag unruhig durchs Haus. Egal was sie auch tat, oder wohin sie auch ging, ihr kam immer eine Erinnerung aus glücklichen Zeiten in den Sinn und um nicht auf der Stelle zusammenzubrechen, verließ sie meist das Zimmer und ging zu einem völlig anderen Teil des Hauses. Sie konnte sich einfach nicht auf die schönen Dinge konzentrieren, denn immer wieder hatte sie Harukas toten Körper vor ihrem inneren Auge und jedes Mal versetzte es ihr aufs Neue einen Stich ins Herz. Es mussten Stunden vergangen sein, in denen Michiru ohne wirklich zur Ruhe zu kommen, von einem Ort zum nächsten ging. Sie hatte sogar versucht, mit ihrer Musik von all dem zu entkommen, doch selbst das machte es nur noch schlimmer. Schließlich blieb sie vor dem Kamin im Wohnzimmer stehen, auf dem einige eingerahmte Bilder standen. Hier bewahrten sie ihre schönsten Aufnahmen auf und es war das erste Mal, dass Michiru ein kleines Lächeln zustande brachte. Wenigstens für einen kleinen Moment verlor sie sich in den Erinnerungen, die mit den einzelnen Bildern zusammenhingen. Eins der Bilder war in der Zeit aufgenommen worden, als sie noch zur Mugen Gakuen gingen und gegen die Bedrohung durch die Death Busters gekämpft hatten. Sie trugen beide ihre Schuluniformen und lächelten glücklich. Es war einer der wenigen Male gewesen, wo sie sich einen Moment der Ruhe gegönnt hatten und einfach einmal die bevorstehende Stille vergessen hatten. Setsuna hatte dieses Foto gemacht nur ein paar Wochen, nachdem die Talismane aufgetaucht waren und sie hatten den Tag gemeinsam verbracht. Haruka hatte am Vortag mal wieder eins ihrer Rennen gewonnen und mit Stolz hatte sie ihnen den Zeitungsartikel darüber gezeigt. Gemeinsam hatten die Drei ein Café besucht und ein wenig gefeiert, sich erlaubt einfach nur ganz normal zu sein, bevor die Mission sie wieder voll im Griff hatte. Es war ein seltenes Ereignis, doch umso schöner waren diese Tage gewesen und Michiru hatte es immer genossen. Es hatte ihr Kraft gegeben weiterzukämpfen, auch wenn es chancenlos aussah, denn eines Tages wollte sie ihre Zeit nur noch so mit Haruka verbringen. Dieses Foto war immer Michirus liebstes gewesen. Ein ganz normales Bild, man konnte ihnen den Stress ihres Schicksals nicht ansehen und sie waren einfach nur glücklich. Auf einem anderen Bild war Michiru in einem eleganten weißen Kleid zu sehen und sie war von den bunten Lichtern der Bühnenshow umgeben. Es war von dem Konzert, bei dem sie gemeinsam mit den Three Lights aufgetreten war. Als Haruka vorgeschlagen hatte, dieses Bild hierhin zu stellen, war Michiru doch sehr überrascht gewesen, immerhin hatte sich Haruka mit den Dreien nie gut verstanden und eigentlich wollte sie nie an sie erinnert werden. Doch sie hatte nun mal ihren Dickkopf und bestand darauf, dass Michiru einfach nur wunderschön aussah und es eine Schande wäre, wenn sie es nicht irgendwo hinstellen würden. Direkt daneben war Haruka auf dem Siegerpodest nach dem letzten Rennen um den Weltmeistertitel zu sehen und sie hatte den Pokal mit einem dicken Grinsen in die Luft gehoben. Es war immer ihr Traum gewesen und Michiru konnte sich noch gut dran erinnern wie stolz sie damals gewesen war und selbst heute noch immer war. Auch wenn Haruka ihr immer erzählt hatte, dass es ihr gar nicht mehr so wichtig war, dass ihr eigentlicher Traum mit Michiru schon längst in Erfüllung gegangen war, so wusste Michiru dennoch wie viel es ihrer Freundin bedeutet hatte. Sie hatten danach mit allen zusammen in diesem Haus gefeiert. Als nächstes fiel Michirus Blick auf ein kleines Gruppenfoto. Es war kurz nach dem Sieg über Galaxia aufgenommen, als sie noch gemeinsam mit Setsuna und Hotaru als kleine Familie gewohnt hatten. Sie standen zusammen mit der Prinzessin, die ihr typisches warmes Lächeln präsentierte. Haruka hatte einen Arm um Michiru gelegt und diese lehnte sich leicht an ihre Partnerin, während Setsuna neben ihnen stand und eine Hand auf Hotarus Schulter hatte. Das kleine Mädchen stand lachend vor ihnen und niemand konnte ihnen ansehen, was sie alles durchgemacht hatten. Sie hatten Usagi an dem Tag in ein Café eingeladen und bei dem Gedanken an die Mengen an Eis, die sie verdrückt hatte, musste Michiru wieder lächeln. Es hatte sie immer wieder aufs Neue überrascht, wie viel ihre Prinzessin doch essen konnte und gleichzeitig hatte es sie auch mit Freude gefüllt. Die Prinzessin hatte schon immer ein Talent dafür ihre Mitmenschen mit ihrem Lachen und ihrer Freude anzustecken. Doch während Michiru dieses Bild betrachtete, ließ sie langsam aber sicher die Erinnerungen an diese schönen Tage zurück, selbst wenn es ihr noch so schwer fiel, es machte ihr nur deutlich, dass sie den Anderen von Harukas Tod berichten musste, außerdem hatte sie Setsuna noch immer nicht von dem Dämon erzählt. Doch allein der Gedanke daran, bei Setsuna anzurufen und über das Geschehene zu berichten, ließ Michiru versteinern und ein dicker Kloß formte sich in ihrem Hals. Wie sollte sie es ihnen nur erklären? Wie würden sie reagieren? Sie mochte gar nicht daran denken, wie es ihre Prinzessin wohl auffassen würde und Michiru schüttelte schnell den Kopf. Sie drehte sich vom Kamin weg und ihr Blick fiel fast sofort auf das Telefon. Früher oder später blieb ihr keine andere Wahl, sie konnte sich schließlich nicht hier verstecken und verheimlichen hätte überhaupt keinen Sinn. Es dauerte einige Minuten, bis Michiru sich dazu durchgedrungen hatte, zum Telefon zu gehen und noch länger, bis sie schließlich Setsunas Nummer gewählt hatte. Jedoch brachte sie es einfach nicht fertig auch auf den grünen Knopf zu drücken. Sie hatte Angst davor, wie sie selbst sich verhalten würde und sie befürchtete, dass sie einfach nur da stehen würde und nichts sagen würde. Also legte Michiru den Hörer wieder ab. Sie brachte es einfach nicht fertig und sie schlang ihre Arme um ihren Oberkörper, als sie zu zittern begann und langsam aber sicher heiße Tränen über ihre Wangen liefen. *** Die Sonne war bereits untergegangen, als Michiru ein weiteres Mal vor dem Telefon stand. Sie hatte sich inzwischen wieder beruhigt gehabt und wusste, dass sie es nicht ewig vor sich herschieben konnte. Einige Male atmete Michiru tief durch, bevor sie schließlich erneut die Nummer wählte und bei Setsuna anrief. Es klingelte nicht lange, bis die andere Frau abnahm und Michiru überrascht begrüßte. "Hallo Setsuna, tut mir leid dass ich so spät noch anrufe." Michiru erkannte fast ihre eigene Stimme nicht wieder und sie war überrascht, dass sie so klar und deutlich mit Setsuna sprechen konnte. "Ich hab eine Bitte. Könntest du morgen zusammen mit Hotaru kommen? Gegen 1 Uhr wäre mir recht, wenn es euch da auch passt. Gut, die Anderen werden später auch kommen." Michiru schluckte schwer, als Setsuna sie fragte, ob alles in Ordnung wäre und sie rang einen Moment mit sich selbst, bevor sie den Kopf schüttelte und die Frage ignorierte. "Ich sehe dich dann morgen." Sie hatte schnell aufgelegt, bevor Setsuna noch weitere Fragen stellen könnte, oder sie es nicht mehr aushalten würde. Es war ihr schwerer gefallen, als sie gedacht hatte, obwohl sie nur wenige Minuten mit der älteren Frau gesprochen hatte. Doch sie war noch nicht fertig, also griff Michiru nach dem Telefonbuch. Kurz überlegte sie, wen sie am besten anrufen sollte, bevor sie sich für Ami entschied, diese würde die Nachricht weiterleiten können und sicherlich keine Fragen stellen. Diesmal nannte Michiru allerdings eine spätere Uhrzeit, da sie sich vorgenommen hatte, Setsuna und Hotaru auch von dem Angriff zu berichten. Außerdem würde sie die Zeit wohl brauchen, um sich auf den Rest vorbereiten zu können. Wie zu erwarten war das Gespräch mit Ami wesentlich kürzer und Michiru konnte das Telefon schnell wieder zur Seite legen. Michiru fühlte sich unheimlich erschöpft und müde, doch sie war sich sicher, dass sie noch keinen Schlaf finden würde. Sie hatte sich zwar etwas beruhigt, aber reichen würde das sicherlich nicht. Ein kleiner Spaziergang könnte ihr jedoch gut tun, also machte sich Michiru fertig und verließ nur wenig später das Haus in Richtung Strand. Das Meer war in dieser Nacht ruhig und als sie schließlich die Wellen erreichte, starrte Michiru für einen Moment verwirrt auf das Wasser. Sie hatte erwartet, dass keine Wellen kommen würden, dass der Wind hier nicht mehr wehen würde, doch alles war wie zuvor, als hätte sich nicht das Geringste verändert. Was für ein dummer Gedanke das doch war und Michiru tadelte sich für einen Moment. Nur weil ihre Welt zusammengebrochen war, musste sich das ja nicht auch auf das Meer auswirken. Insgeheim war sie allerdings sehr froh darüber, denn es hätte ihr nur aufs Neue das Herz gebrochen. Und wenn sie nun die Augen schloss, dann konnte sie sich fast schon vorstellen, wie Haruka bei ihr stand und es ihre Umarmung wäre anstatt der des Windes, die sie nun umschließen würde. Aber als Michiru ihre Augen wieder öffnete stand sie noch immer allein dort. Sie musste sich einfach damit abfinden, dass Haruka weg war, dass das Schlimmste eingetreten war und sie nun auf sich selbst gestellt war. Dennoch war es ein Trost zu sehen, wie der Wind noch immer mit dem Meer spielte und die Wellen unverändert an den Strand trieb. Wenigstens hier herrschte Normalität. Michiru hatte zuerst befürchtet, dass sie es hier überhaupt nicht aushalten würde, dass hier die Erinnerung an Haruka noch viel stärker und schmerzhafter wäre. Aber das Gegenteil war der Fall. Sie konnte das erste Mal wieder frei atmen und das Rauschen des Meeres genießen, ohne gleich den Tränen nah zu sein. Es war fast schon so, als wäre Haruka hier bei ihr, um ihr Kraft zu geben und Michiru brauchte dies so sehr, sie hatte sich die ganze Zeit danach gesehnt. Es war gerade mal ein Tag vergangen und schon wusste sie nicht mehr, wie sie weiter machen sollte, wie sie jemals wieder glücklich werden sollte und darüber hinweg kommen könnte. Doch je länger sie hier stand und dem Gang der Wellen lauschte, während der Wind sanft mit ihrem Haar spielte, desto wohler fühlte sie sich und es gab ihr in diesem Augenblick Hoffnung. Immerhin hatte Haruka es ihr doch versprochen, sie würde bei ihr bleiben, ganz gleich was auch passiert. Und hier wo sie beide sich immer am liebsten aufgehalten hatten, wo sie sich so vereint wie sonst nirgends fühlten, konnte Michiru auch jetzt noch die Nähe ihrer Partnerin spüren. Auch wenn es nur in ihrem Herzen war, so war es doch genug, um sie zum Lächeln zu bringen. Irgendwann verließ sie das Meer wieder. Sie konnte schließlich nicht die ganze Nacht hier stehen bleiben, auch wenn sie hier hatte Ruhe finden können. Michiru konnte jeder Zeit wiederkommen und sie ahnte bereits, dass sie die meiste Zeit am Strand verbringen würde. Denn sobald sie wieder einen Fuß in das große Haus setzte, schienen die Erinnerungen und der Schmerz ihr Herz wieder fest im Griff zu haben. Doch sie wollte sich davon nicht wieder übermannen lassen, sie durfte die Kontrolle nicht verlieren, egal wie schwer es sein würde. Also machte Michiru sich mit schnellen Schritten auf den Weg ins Schlafzimmer, wo sie ohne groß drüber nachzudenken die Kleidung wechselte und sich dann in das große Bett legte. Eine ganze Weile lang sah sie auf die leere Seite des Bettes, die für immer so bleiben würde, bevor sie sich jedoch umdrehte und die Augen schloss. Die Müdigkeit tat schließlich ihr übriges und bald war Michiru eingeschlafen. *** In dieser Nacht plagten Michiru keine Alpträume und sie konnte sich etwas erholen, bis sie am nächsten Morgen wieder wach wurde. Instinktiv suchte sie mit der Hand das Bett nach ihrer Partnerin ab, doch als sie schließlich nichts spürte, schreckte Michiru hoch und sah sich erst etwas panisch um. Diesmal erinnerte sie sich jedoch schneller und sofort drehte sie sich wieder von der leeren Seite weg. Erneut hatte sie gedacht, dass Haruka noch da wäre und sie fragte sich, ob von nun an jeder Morgen so ablaufen würde, ob sie es wohl jemals wirklich akzeptieren und begreifen könnte. Noch immer erschien ihr alles so unwirklich, doch die Trauer, die sie fest im Griff hielt, machte ihr jede Sekunde aufs Neue bewusst, wie wahr all dies doch war und dass es nichts mit ihrer Fantasie zu tun hatte. Michiru fuhr sich durch die Haare und versuchte diese Gedanken zu verdrängen, es hatte keinen Sinn sich immer nur im Kreis zu drehen, es musste weiter gehen, sie durfte sich nicht gehen lassen, sie konnte sich den tadelnden Blick von Haruka regelrecht vorstellen, wenn sich Michiru weiterhin so hängen lassen würde. Es tat weh, doch es half alles nichts. Mit einem Seufzen erhob sich Michiru und sie machte sich erst einmal auf ins Badezimmer, wo sie sich eine lange Dusche gönnte. Als sie wieder unter der Dusche hervorkam, fühlte sich Michiru schon gleich viel frischer und sie richtete sich etwas her, immerhin erwartete sie schließlich Gäste, doch sie war mit dem Make-Up wesentlich sparsamer als sonst. Auch aus ihrem Kleiderschrank nahm sie sich nur ein schlichtes, schwarzes Kleid, bevor sie nach unten ging. Diesen Morgen hatte sie sich vorgenommen mehr zu essen als am Vortag. Es brachte niemandem etwas und sie zwang sich, ihr Frühstück heute auf zu essen, ganz egal wie wenig Appetit sie auch hatte. Als sie eine halbe Stunde später die Küche aufräumte und schließlich ins Wohnzimmer ging, ließ sie sich zuerst auf die Couch fallen, wo sie für ein paar Minuten einfach nur untätig rumsaß. Doch sie hielt es nicht aus, einfach nur dort zu sitzen, bis Setsuna und Hotaru kommen würden, also sprang sie wieder auf, um ein wenig für Ordnung zu sorgen und alles für später vorzubereiten. Sie musste sich irgendwie beschäftigen, wenn Michiru verhindern wollte, dass sich ihre Gedanken immer wieder um das gleiche Thema drehen würden. *** Zur vereinbarten Zeit klingelte es an der Haustür, Michiru hatte gerade alles erledigt gehabt und öffnete die Haustür. Sie versuchte die Beiden anzulächeln, doch es gelang ihr nicht ganz, weswegen sie es auch schnell wieder aufgab und sie rein bat. Sie spürte Setsunas besorgten Blick auf sich, während die ältere Frau ihren Mantel aufhing und dann auch Hotarus Jacke dazu tat. Das junge Mädchen freute sich sichtlich darüber, hier zu sein, es war allerdings auch schon sehr lange her, seitdem sie das letzte Mal zum Besuch da war. Vollkommen unbekümmert lief sie vor ins Wohnzimmer und die beiden Frauen folgten ihr gleich. Hotaru hatte sich erst einmal umgesehen, bevor sie allerdings fragend zu Michiru rüber sah. "Wo ist denn Haruka-Papa? Sonst begrüßt sie mich doch immer gleich. Muss ich sie wieder aus der Garage holen?" Bei der Frage blieb Michiru wie angewurzelte stehen und sie starrte Hotaru an, als hätte sie einen Geist gesehen. Setsuna bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte und sie legte eine Hand auf Michirus Schulter. "Was ist los mit dir Michiru? Du warst gestern am Telefon schon so komisch, du weißt, dass du mit uns über alles reden kannst." Michiru atmete einmal zittrig ein und aus, bevor sie den Kopf schüttelte. "Bitte setzt euch, ich erkläre euch alles." Auch Hotaru merkte nun, dass etwas nicht stimmte und sofort wurde ihr Blick ernst, während sie sich zusammen mit Setsuna auf die Couch setzte und abwartete, was Michiru denn zu sagen hatte. Diese setzte sich den Beiden gegenüber auf einen Sessel und sie sah auf ihre Hände auf ihrem Schoß hinunter. Sie wusste nicht, wie sie es ihnen am besten sagen sollte, doch es würde wohl keinen Sinn machen, wenn sie erst großartig drum rum reden würde. Also atmete sie noch einmal tief durch, bevor sie mit ihrer Erzählung begann, dabei jedoch nicht ihren Kopf hob. "Es tut mir leid, dass... wir uns in den letzten Monaten kaum gemeldet haben. Doch einiges hat sich geändert und" Michiru stockte, sie brachte es einfach nicht fertig und sie schloss die Augen, während sie versuchte, sich selbst zu beruhigen. Sie war doch sehr dankbar, dass die anderen Beiden sie nicht unterbrachen, sie schienen zu merken, wie schwer es Michiru fiel und ein Blick zu ihnen hätte ihr verraten, wie besorgt sie waren. "Haruka ist-, sie ist krank geworden und... sie wollte sich nicht helfen lassen bis es zu spät war. Ihr kennt doch ihren Dickkopf." Ein bitteres Lächeln erschien kurz auf Michirus Lippen, während sich ihre Hände zu Fäusten ballten. "Vorgestern hat sie die Operation machen lassen, aber-" Egal wie sehr sie sich dagegen sträubte, sie konnte nicht verhindern, dass sich die Tränen in ihren Augen sammelten. Michiru musste wieder daran denken, wie Haruka zu ihr aus dem Krankenhaus gekommen war, wie sie sich noch einmal sehen konnten und wie sie schließlich in ihren Armen gestorben war. Die ersten Tränen tropften nun auf ihre Hände. "Es war zu spät, sie war zu schwach und... und- sie ist gestorben." Sie kniff die Augen zu, doch das hielt ihre Tränen auch nicht mehr auf. "Sie ist weg, ich werde sie niemals wiedersehen! Sie hat mich hier alleine zurück gelassen-" Setsuna und Hotaru hatten ihr mit wachsendem Entsetzen zugehört und konnten selbst nicht wirklich glauben, was Michiru ihnen dort sagte. Sofort stand Setsuna auf und war mit wenigen Schritten bei der weinenden Michiru, die immer mal wieder schluchzte und irgendwelche nicht zusammenhängenden Worte sagte. Es traf sie hart, sie war immerhin schon lange mit den Beiden befreundet und es verband sie so vieles, aber dennoch blieb sie gefasst, es half niemandem, wenn sie nun alle zusammenbrechen würden, es war viel wichtiger, dass sie nun erst mal Michiru half. Setsuna zog sie auch sehr bald in eine feste Umarmung, während sie ihr Beruhigend über den Rücken streichelte. Hotaru war sitzen geblieben, auch in ihren Augen standen die Tränen, sie fielen jedoch nicht. Unter ihnen war ihre Verbindung mit dem Tod besonders, auch wenn sie wie ein kleines Kind aussah, hatte sie doch schon so viele Leben enden sehen. Dennoch war sie traurig, denn dieser Tod war anders als all die Anderen, es war kein Kampf, sondern ein natürlicher Grund, aber sie wusste, dass es nicht das Ende sein würde, oder sein dürfte. Nur für den Moment konnte sie Michirus Schmerz nur allzu gut nachempfinden. Immerhin hatte Haruka sie mit groß gezogen und sie war immer gerne hierhergekommen, nachdem sie getrennt voneinander lebten. Hotaru bereute es nun, dass sie sich nicht mehr so oft getroffen hatten wie früher, doch sie verstand auch, warum es in den letzten Wochen nicht dazu gekommen war. Setsuna half Michiru nun beim Aufstehen und ging mit ihr zu Hotaru rüber, wo sie die jüngere Frau bestimmt wieder runter drückte. "Ich werde dir jetzt erst mal Tee machen und dann reden wir weiter." Sie sah traurig zu Hotaru rüber und drückte die Schulter des kleinen Mädchens, das nur einmal nickte und dann Michiru umarmte. Setsuna ging schnell in die Küche, wo sie sich auch direkt um eine Kanne Tee kümmerte. Einige Minuten später kam sie mit einem Tablett zurück ins Wohnzimmer, wo sich Michiru bereits etwas beruhigt hatte und sich gerade bei Hotaru für ein Taschentuch bedankte. Setsuna stellte das Tablett auf dem Tisch ab und füllte den Tee in drei Tassen, bevor sie eine davon mit einem aufmunternden Lächeln an Michiru weiter reichte. Vorsichtig nahm diese einen Schluck vom heißen Getränk, bevor sie die Tasse zurück auf den Tisch stellte, sie hatte Angst, dass ihr das Porzellan am Ende nur aus der Hand fallen würde. "Tut mir leid, ich hatte mir fest vorgenommen, mich nicht so gehen zu lassen, aber" Setsuna fiel ihr jedoch sofort ins Wort. "Kein aber Michiru, es ist nicht gut, das alles zurückzuhalten. Wir verstehen dich schon." "Setsuna-Mama hat Recht, es ist vollkommen okay, wenn du weinst." Hotaru nickte eifrig und sah mit einem kleinen Lächeln zu Michiru rüber, bevor sie nach ihrer Hand griff und diese einmal drückte. "Wir sind jetzt hier und werden dir helfen. Du bist ganz sicher nicht allein!" Michiru beobachtete ihre Gäste einen Moment lang, bevor sie ebenfalls nickte. Es beruhigte sie schon zu wissen, dass sie jeder Zeit mit ihnen reden könnte, doch sie würden nicht mit allem helfen können. Dennoch war sie dankbar und sagte ihnen dies auch. Für eine Weile herrschte Stille zwischen ihnen, die einzigen Geräusche kamen nur ab und zu von den Tassen. Inzwischen hatte sich Michiru wieder unter Kontrolle und sie fühlte sich dazu in der Lage, das nächste Thema anzusprechen. Nachdem sie den letzten Schluck ihres Tees getrunken hatte, stellte sie die Tasse zur Seite und sah zu den anderen Beiden rüber. "Da ist noch etwas, das ich euch sagen musste. Ein paar Tage bevor Haruka-" Sie stockte, behielt diesmal jedoch ihre Fassung. "-gestorben ist, gab es hier einen Angriff." Sofort wurden die Beiden hellhörig und tauschten Blicke aus, bevor sie Michiru andeuteten weiter zu erzählen. "Ich war unten am Strand, als plötzlich ein Dämon aufgetaucht ist. Ich befürchte, dass er zu einer größeren Gruppe gehört, er war ungewöhnlich stark. Selbst gemeinsam konnten wir ihn nur schwer besiegen. Ich hatte auch das Gefühl, als hätte dieses Wesen genau gewusst, wo es mich finden würde. Es war sicherlich kein Zufall. Aber ich bin noch nicht dazu gekommen, weitere Nachforschungen anzustellen." Hotaru war doch schockiert von diesen Neuigkeiten, während Setsuna in Gedanken versunken war und schließlich zu Michiru sah. "Mir ist in letzter Zeit nichts Ungewöhnliches aufgefallen, ich habe auch von keinen anderen Angriffen gehört. Aber mach dir darum keine Sorgen, wir können uns darum kümmern und versuchen, etwas darüber herauszufinden. Weiß sonst noch jemand davon?" "Nein, wir hatten uns darauf geeinigt, nichts der Prinzessin zu sagen, da wir sie nicht unnötig alarmieren wollten." "Dem kann ich nur zustimmen, solange wir nicht genau sagen können, ob eine Gefahr besteht, sollte sie nicht mit hineingezogen werden." Hotaru hatte die Uhrzeit überprüft, bevor sie fragend zurück zu Michiru sah. "Du hast die Anderen auch eingeladen, oder?" "Ja, sie müssten eigentlich bald kommen. Ich wollte uns genug Zeit geben, um über alles reden zu können." "Vielleicht können wir ja zu der Stelle gehen, wo du angegriffen wurdest, sobald die Anderen wieder weg sind? Es wäre ja möglich, dass wir dort schon einen Hinweis finden." Setsuna konnte der Idee nur zustimmen und auch Michiru erklärte sich dazu bereit, ihnen die Stelle später zu zeigen. Setsuna erhob sich nun von der Couch, bevor sie die leeren Tassen wieder auf das Tablett stellte. "Ich werde noch mehr Tee vorbereiten, vielleicht finde ich auch eine Kleinigkeit zu essen, darüber würde sich die Prinzessin sicherlich freuen." Michiru nickte zustimmend und sah dankbar zu ihrer Freundin. "Danke Setsuna, in der Vorratskammer sollte sich eigentlich etwas finden lassen. Ich werde mich in der Zwischenzeit etwas frisch machen, ich sehe bestimmt schrecklich aus." Mit einem kleinen Lächeln fuhr sie sich über die Wange, wo sie verschmiertes Make-Up vermutete. Hotaru sprang auf und griff wieder nach Michirus Hand. "Ich werd dir dabei helfen, Michiru-Mama!" Gemeinsam ging Michiru dann mit dem kleinen Mädchen ins Bad, wo sie tatkräftig unterstützt wurde, während Setsuna alles für die Ankunft der restlichen Mädchen vorbereitete. *** Es hatte nicht mehr lange gedauert, bis es zum ersten Mal an der Tür klingelte. Rei und Ami waren die ersten, die Setsuna hinein ließ und nur wenig später kam Makoto, bevor schließlich Usagi zusammen mit Minako als Letzte eintrafen. Sie hatten es sich alle in dem großen Wohnzimmer gemütlich gemacht und unterhielten sich angeregt, während Setsuna auf einem größeren Tablett den Tee für alle brachte und Hotaru eine Schüssel mit Keksen auf dem Tisch abstellte. Usagi ließ auch gar nicht lange auf sich warten und hatte sich schnell etwas davon genommen. Sie bekam auch gleich einen der üblichen Kommentare von Rei zuhören, doch das störte die Blondine nicht im Geringsten. Michiru stand abseits von alledem und beobachtete die Gruppe mit betrübtem Blick. Es war alles wie immer, als wäre nichts geschehen, doch in nur wenigen Minuten würde Michiru diese Stimmung zerstören. An jedem anderen Tag hätte sie die Anwesenheit der Mädchen nur genossen und sich über sie gefreut, doch heute wollte sie es nur hinter sich bringen und sie wieder nach Hause schicken. Denn je länger sie ihnen zusah, desto mehr wünschte sie sich, dass Haruka ebenfalls hier wäre und mit den Mädchen lachen könnte. Erst als Setsuna an sie ran trat und eine Hand auf Michirus Schulter ablegte, schreckte diese aus ihren Gedanken auf. "Wenn es dir zu viel ist, kann ich es ihnen auch sagen." Schnell schüttelte Michiru den Kopf, es war ihre Aufgabe, das würde sie sicherlich noch hinkriegen, diesmal vielleicht sogar ohne direkt danach zusammenzubrechen. "Nein, es geht schon. Ich schaffe das." "Wie du meinst." Setsuna war sichtlich besorgt, doch sie würde darüber nicht mit Michiru diskutieren. Dennoch blieb sie bei ihr stehen, um ihr zu zeigen, dass sie damit nicht alleine war. Michiru atmete noch einmal tief durch, bevor sie sich räusperte und die Aufmerksamkeit der Mädchen auf sich zog. "Ihr fragt euch sicher, warum ich euch so spontan hierher eingeladen habe. Ich bin froh, dass ihr alle kommen konntet, denn ich habe euch etwas Wichtiges mitzuteilen." Kurz senkte Michiru den Blick und sie spürte den leichten Druck an ihrer Schulter, wo noch immer Setsunas Hand ruhte. Es hatte keinen Zweck, lange drum herum zu reden und Michiru wollte es nur noch hinter sich bringen. "Ihr habt bestimmt schon gemerkt, dass Haruka fehlt." Sie gab den Mädchen gar nicht erst die Zeit dazu, irgendetwas zu antworten, sondern sprach direkt weiter, während ihr Blick fest auf den Tisch gerichtet war, sie wollte nicht die Gesichter der Anderen sehen, wenn sie davon erfuhren. "Haruka ist in den letzten Monaten sehr krank gewesen und man hat ihr nicht helfen können. Sie ist vor zwei Tagen an den Folgen ihrer Krankheit gestorben." Im ersten Moment herrschte Stille, die Mädchen sahen alle ungläubig zu Michiru rüber, nur Rei hatte den Blick gesenkt, sie hatte bereits ein komisches Gefühl gehabt, als Michiru zu sprechen begonnen hatte, doch damit hatte sie wohl nicht gerechnet. Usagi war die Erste, die die Stille durchbrach. Sie war aufgestanden und ein paar Schritte auf Michiru zugegangen, mit einer Hand umklammerte sie die Brosche auf ihrer Brust. "Das kann doch nicht sein. Wie ist das möglich?" Ihre blauen Augen waren fast augenblicklich mit Tränen gefüllt und es war wohl ein Wunder, dass sie nicht sofort in Strömen über ihre Wange liefen. "Das ist ein schlechter Scherz oder?" Inzwischen hatte Usagi auch die restliche Distanz überwunden und war bei Michiru angekommen und die ersten Tränen fielen bereits. Sie griff nach der Hand von Michiru und hielt diese eisern fest, während sie den Blick von ihr suchte. Es kostete Michiru all ihre Überwindungskraft, um unter dem Blick ihrer Prinzessin nicht selbst wieder in Tränen auszubrechen, doch sie schaffte es schließlich. "Ich wünschte das wäre es, aber du solltest es doch auch merken." Ein kurzes Nicken war Usagis Antwort, bevor sie ihre Brosche losließ und Michiru nun mit beiden Händen festhielt. "Aber warum habt ihr es für euch behalten? Warum habt ihr mir nichts gesagt? Vielleicht hätte ich helfen können, ich hätte doch den-" "Nein Usagi! Du hättest nichts ändern können. Das ist etwas völlig anderes, als wenn Haruka in einem Kampf gestorben wäre. Ich bitte dich, auch jetzt nichts zu versuchen." Es war offensichtlich, dass Usagi es einfach nicht wahr haben wollte und wohl kaum so schnell akzeptieren würde. Sie war davon überzeugt, dass sie es nur versuchen müsste und Haruka dann irgendwie zurückholen könnte. "Aber irgendwas muss ich doch tun können." Minako hatte bemerkt, dass es Michiru immer schwerer fiel, standhaft zu bleiben und sie ging schnell zu der kleinen Gruppe, um einen Arm um die inzwischen voll und ganz in Tränen aufgelöste Usagi zu legen. "Michiru hat Recht, wir müssen es akzeptieren. Wir können jetzt auch nichts mehr ändern." Michiru war dankbar, als Usagi endlich von ihr abließ und von Minako zurück zur Couch geführt wurde. Sie blinzelte ein paar Mal, um das Brennen in ihren Augen loszuwerden, bevor sie zurück zu den Anderen sah. Rei hatte ihren Blick noch immer gesenkt, um ihre feuchten Augen zu verstecken. Während Ami sich zu Makoto gedreht hatte und ihr ein Taschentuch gereicht hatte, mit dem sich die Größere die Tränen mehr als nur einmal wegwischte. Minako wich nicht eine Sekunde von Usagis Seite, die ihre Tränen zwar vergleichsweise leise vergoss, aber sich dennoch nicht beruhigen wollte. Doch das reichte Michiru und sie drehte sich von ihren Freunden weg und sah zu Setsuna hoch. "Tut mir leid, aber ich brauche etwas frische Luft." Sie wartete nicht auf eine Antwort und ging sofort los Richtung Garten. Sie war erleichtert, als sie feststellte, dass ihr niemand folgte, denn sie brauchte nun einfach einen Moment für sich und sobald Michiru das Haus verlassen hatte, atmete sie einige Male tief durch, bevor sie in die Richtung des Meeres sah. Es war ihr schwerer gefallen, als sie erwartet hatte, jedoch war ihr jetzt so, als hätte man ihr eine riesige Last von den Schultern genommen. Im Wohnzimmer war Rei die Erste, die aufstand, nachdem Michiru verschwunden war und sie wand sich direkt an Setsuna. "Ich denke, es ist besser, wir gehen jetzt wieder. Es ist schwer genug für Michiru, da müssen wir nicht auch noch hier sein, außerdem müssen wir Usagi beruhigen." "Das wäre wohl besser. Wir kümmern uns um Michiru und melden uns bei euch, sobald wir einen Termin für die Beerdigung haben." "Ich könnte mich um die Zeremonie kümmern, das ist das Mindeste, was ich tun kann." "Vielen Dank Rei, ich denke, Michiru würde sich darüber bestimmt freuen." Setsuna brachte die kleine Gruppe zur Tür, inzwischen musste Rei Usagi stützen und sie verabschiedeten sich noch einmal, bevor wieder Ruhe in das Haus einkehrte. Hotaru war ebenfalls in den Flur gegangen und sah zu Setsuna hoch. "Sollen wir nach Michiru-Mama sehen? Ich möchte sie nicht lange alleine lassen und außerdem wollten wir ja noch zum Strand." "Ja, lass uns zu ihr gehen." Setsuna nahm ihre Jacken und half Hotaru beim Anziehen, bevor sie sich ihre eigene Jacke überzog und sie dann zusammen zu Michiru gingen. *** Michiru drehte sich um, als sie Geräusche hinter sich hörte und sie war erleichtert, als es nur Hotaru und Setsuna waren, die hinter ihr standen. "Tut mir leid, falls ich euch Sorgen gemacht habe, aber ich hab es nicht mehr ausgehalten." "Ist schon gut, wollen wir zusammen zum Strand?" "Natürlich, gebt mir nur einen Moment, damit ich mir etwas überziehen kann." Michiru war schnell wieder ins Haus gegangen und hatte sich einen Mantel übergezogen, bevor sie zurück nach draußen kam. "So, wir können jetzt los. Es ist nicht weit von hier, wir sollten also schnell da sein." Gemeinsam gingen sie los, während Michiru sie führte. Je näher sie dem Meer kamen, desto befreiter wirkte Michiru und man konnte ihr ansehen, dass sie sich hier gleich viel wohler fühlte. Michiru genoss die seichte Briese und immer mal wieder schloss sie für einen kurzen Moment die Augen, bis sie schließlich an ihrem Ziel ankamen. Michiru deutete auf die Stelle, wo der Dämon aufgetaucht war. "Hier wurde ich angegriffen." Sie spürte eine Veränderung neben sich und als sie zur Seite sah, stand Sailor Pluto an Setsunas Stelle. Die Hüterin der Zeit ging auf den Punkt zu, auf den Michiru gezeigt hatte und der Talisman auf ihrem Stab begann schwach zu leuchten. "Sie ist schwach, doch es gibt hier eindeutig eine Störung in der Raumzeit, ich werde das später noch einmal überprüfen müssen, aber das ist für den Anfang ein guter Anhaltspunkt. Wenn eine größere Gefahr besteht, oder es noch mehr von diesen Wesen geben sollte, bin ich mir sicher, dass wir sie finden können. Verlass dich da ganz auf uns." Pluto sah sich noch einmal um, bevor sie sich zurückverwandelte und wieder zu den anderen Beiden ging. Michiru hatte nur einmal genickt, sie war mit den Gedanken bereits ganz woanders. Vor ihrem inneren Auge spielte sich noch einmal der Kampf gegen den Dämon ab und sie sah vor sich, wie Uranus zu Boden gegangen war und sich zurückverwandelt hatte. Ihr Blick war auf die Stelle geheftet, wo sie ihre Freundin panisch festgehalten hatte. "Ist alles in Ordnung Michiru-Mama?" Hotaru war aufgefallen, dass Michiru vollkommen abwesend war und hatte nun nach ihrer Hand gegriffen. Das schien allerdings zu genügen, denn Michiru schüttelte energisch den Kopf, bevor sie zu Hotaru runter sah. "Ja, entschuldige bitte, ich war nur in Gedanken." Setsuna war vor ihnen stehen geblieben und hatte Michiru für einen Moment besorgt beobachtet, bevor sie noch einmal entschlossen nickte. "Sollten wir etwas in Erfahrung bringen, bist du die Erste, die davon erfährt. Überlass dieses Problem voll und ganz uns. Und solltest du noch mit etwas anderem Hilfe brauchen, dann warte nicht damit, sondern komm gleich zu uns. Wir sind für dich da, das weißt du. Wir sind doch schließlich eine Familie." Michiru musste Lächeln, als sie das hörte. Sie konnte sich wirklich glücklich schätzen, dass sie die Unterstützung von Setsuna und Hotaru hatte. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie sie all das alleine bewältigen sollte und sie war ihnen sehr dankbar für alles. *** Es hatte ein paar Tage gedauert, bis sie einen passenden Termin gefunden hatten und alles vorbereitet hatten, doch schließlich konnte die Beerdigung eine Woche später stattfinden. Setsuna hatte Michiru so gut es ging dabei unterstützt. Kein Tag war vergangen, wo sie nicht wenigstens mit ihr telefoniert hatte und sie war auch noch einige Male mit Hotaru zu Besuch gekommen. Doch in der Zeit hatte sich Michiru mehr und mehr verschlossen. Wenn sie sich getroffen hatten, sprach sie nicht mehr als nötig und auch am Telefon war es immer schwer gewesen ein Gespräch mit ihr aufrecht zu erhalten. Wenn Michiru nicht mit der Planung für die Beerdigung beschäftigt war, verbrachte sie die meiste Zeit immer am Strand, denn nur dort konnte sie es wirklich aushalten. Noch immer lauerten in jeder Ecke des Hauses Erinnerungen auf Michiru, doch wenn sie am Meer war, konnte sie all das für eine Zeit lang hinter sich lassen. Dort konnte sie ihre Verbindung zu Haruka noch immer spüren und es war das Einzige, was ihr wirklich Trost spenden konnte und am liebsten wäre sie gar nicht mehr vom Meer weggegangen. Setsuna machte sich inzwischen große Sorgen um Michiru. Es gefiel ihr ganz und gar nicht, dass die Jüngere sich so sehr verschloss und kaum mit ihnen sprach. Vielleicht war es einfach nur die Last der Beerdigung, die Michiru so im Griff hatte und Setsuna hoffte sehr, dass es wieder besser werden würde, sobald sie es hinter sich gebracht hatten. Mehr als einmal hatte sie bereits mit Hotaru darüber gesprochen und die Beiden waren sich einig, dass es so nicht weitergehen durfte. Sie hatten gemeinsam beschlossen, dass sie wieder bei Michiru einziehen sollten, wenn sich ihre Lage nicht bessern würde. Sie lebten bereits zu lange getrennt und gerade jetzt würde es für alle Drei am besten sein, wenn sie zusammen wohnen würden und jeder Zeit für einander da sein könnten. Michiru wusste von dem Vorhaben nichts, doch den Beiden war es egal, ob Michiru der Idee zu stimmen würde oder nicht, denn sie allein zu lassen kam einfach nicht mehr in Frage. Als der Tag der Beerdigung schließlich gekommen war, hatten sie sich alle wieder auf dem Friedhof getroffen, wo Rei wie versprochen alles für die Zeremonie vorbereitet hatte und diese auch leitete. Dieses Mal behielt keiner so wirklich Fassung und Michiru war die Einzige, die vollkommen unberührt schien. Ihre Augen blieben trocken und sie sagte die ganze Zeit über nichts, nach Außen erschien sie einfach nur emotionslos. Sie war nicht richtig anwesend und ging die Bewegungen einfach nur motorisch durch, mit den Gedanken war sie bei ihrem geliebten Meer, das ihr bereits so viel Trost hatte spenden können. Wenn sich Michiru zu sehr auf die Ereignisse konzentrieren würde, würde sie nur wieder die Beherrschung verlieren und weinend zusammen brechen, dabei wollte sie das unbedingt verhindern. Die junge Frau reagierte nie wirklich auf die Worte ihrer Freunde, es war schon etwas Besonderes, wenn sie den Blickkontakt herstellte, doch eine andere Reaktion bekam man von ihr nie. Langsam aber sicher verabschiedeten sich die Mädchen nach der Zeremonie und Setsuna bedankte sich bei Rei noch einmal für die Hilfe, bevor sie zurück zu Hotaru und Michiru ging. Das kleine Mädchen kämpfte noch immer mit ihren Tränen und sie hatte sich bei Michiru angelehnt, die tatsächlich einen Arm um sie gelegt hatte. Als Setsuna sie erreichte, legte sie nun ebenfalls eine Hand auf Hotarus Schulter, bevor sie sich an Michiru wandte. "Sollen wir dann auch gehen, oder willst du noch bleiben?" Sie erwartete nicht wirklich eine Antwort, doch einen Versuch war es wert gewesen. Jedoch wurde sie überrascht, als Michiru leicht nickte und den Blickkontakt erwiderte, bevor sie tatsächlich antwortete. "Ich werde jetzt gehen, aber ich möchte alleine sein." "Na gut, wenn du das willst, will ich dich nicht davon abhalten. Aber sollte irgendetwas sein, dann melde dich. Wir machen uns Sorgen um dich, das weißt du." "Schon gut, entschuldige aber ich werde mich bei euch melden. Nur... ich brauche jetzt erst etwas Zeit für mich." Setsuna seufzte einmal, würde mit Michiru jedoch sicherlich nicht diskutieren, weswegen sie nun Hotarus Hand griff und sich beide von ihr verabschiedeten. Michiru blieb noch einige Minuten stehen und sah den Beiden hinterher, bevor ihr Blick jedoch auf Harukas Grab fiel. Sie hielt noch immer die Blume fest, die sie zu der Zeremonie mitgebracht hatte. Es war eine weiße Lilie, die Haruka immer sehr gerne gehabt hatte und Michiru trat nun näher an das Grab heran, bevor sie die Blume vorsichtig ablegte. Sie blieb noch einen Moment dort hocken, bevor sie mit einem Seufzen aufstand. Es gab nun nichts mehr, was sie hier tun musste und sie wollte nicht länger hier stehen bleiben. Also drehte sie sich um und machte sich auf den Weg zurück zu ihrem Wagen, damit sie zurück nach Hause fahren konnte. Bei dem großen Haus am Meer angekommen ging Michiru direkt daran vorbei und weiter zum Strand. Das Meer war heute unruhig und schwemmte immer wieder große Wellen zu Michirus Füßen. Es schien sie allerdings nicht zu stören, denn sie ging nur noch weiter auf das Meer zu, bis ihre Beine bereits nass wurden. Erst jetzt erlaubte sie ein paar Tränen zu fallen und sie wischte schnell über ihre Wange. Ein starker Wind brachte ihre Haare durcheinander und trocknete ihre nassen Wangen, es war fast schon so, als wolle er die junge Frau trösten. Doch es löste in Michiru nur das Verlangen aus, Haruka wieder zu sehen. Es war das erste Mal, dass dieser Ort nicht die gleiche beruhigende Wirkung auf sie hatte und es nur noch schlimmer zu machen schien. Der Wind war einfach kein Ersatz für ihre Haruka und dieses Mal verdeutlichte er ihr nur, was Michiru alles verloren hatte. Sie schlang die Arme um ihren Körper, um sich vor der plötzlichen Kälte zu schützen, doch es half nur bedingt. Sie sah nach vorne zu dem tosenden Meer, das wie so oft ihr Innerstes widerzuspiegeln schien. Niemals wieder würde es wie früher sein, Michiru hatte sich zwar schon mit diesem Gedanken abgefunden, doch es tat noch immer genauso weh. Sie würde nun ohne Harukas schützende Umarmung auskommen müssen und egal wie sehr der Wind sie auch umspielte, er konnte die Einsamkeit nicht verdrängen. *** Michiru machte sich an diesem Abend erst spät fürs Bett fertig und sie ließ sich auf die weiche Matratze fallen, bevor sie einmal tief durchatmete. Der Tag war anstrengend gewesen und sie wollte eigentlich nur noch schlafen, doch wie jedes Mal sollte ihr dieser Wunsch nicht so schnell erfüllt werden. Auch wenn sie sich nichts hatte anmerken lassen, so hatte die Beerdigung doch ihre Spuren hinterlassen. Es hatte ihr nur noch einmal vor Augen geführt, dass es kein Zurück mehr gab und ihre Haruka endgültig weg war. Ihre Augen begannen zu brennen, doch Michiru kämpfte gegen die Tränen an, egal wie verzweifelt sie auch war, wie allein und verlassen sie sich auch fühlte, sie wollte sich nicht schon wieder in den Schlaf weinen. So sehr sie es auch versuchte, sie konnte diesen Kampf nicht gewinnen und nur wenige Minuten später presste sie bereits ihr Gesicht in das Kissen, um das Schluchzen zu unterdrücken. Auch wenn es erst eine Woche her war, so wusste Michiru jetzt bereits nicht mehr, wie es weitergehen sollte. Ganz gleich was sie auch versuchte, wie sehr sie sich auch ablenkte, es endete Nachts immer in Tränen, wenn sie ganz allein in dem Bett lag. Sie hatte auch schon versucht, woanders zu schlafen, wo es ihr vielleicht nicht ganz so sehr auffiel, dass sie vollkommen allein im Haus war, doch selbst das hatte nicht funktioniert. Ohne Haruka hielt sie es ganz einfach nicht aus und erst, wenn sie vor Erschöpfung nicht mehr konnte, würde sie einschlafen. Michiru konnte sich nicht vorstellen, jemals wieder zu einem normalen Leben zurückzukehren und sie wusste nicht, wie lange sie diesen Ablauf noch aushalten würde. Warum hatte Haruka sie nur allein lassen müssen? Hatte sie ihr nicht versprochen, dass sie immer bei ihr sein würde? Warum fühlte sich Michiru dann so einsam? Wo war die Unterstützung, die sie immer gehabt hatte? Vielleicht war es einfach nur eine Lüge von Haruka gewesen, damit sie sich keine Sorgen mehr machen würde und mit dieser Realität abfinden würde. Doch Michiru wollte es nicht glauben, sie hatte sich die ganze Zeit über an diese kleine Hoffnung geklammert. Wenn sie den Wind am Strand spürte war es immerhin fast so, als wäre Haruka dort bei ihr, doch heute hatte der Wind sie im Stich gelassen und ihr nur verdeutlicht, dass es nicht immer funktionieren würde, dass sie auch ohne Haruka klar kommen musste. Aber Michiru wusste ganz einfach nicht, wie sie das anstellen sollte. Alles, was sie tat, erschien ihr völlig sinnlos. Sie hatte noch nichts neues von Setsuna gehört und einen weiteren Angriff hatte es auch noch nicht gegeben. Wenn dieser Dämon doch nur woanders aufgetaucht wäre, hätten sie vielleicht noch mehr Zeit gehabt. Jetzt war es allerdings zu spät für solche Gedanken, Michiru konnte die Zeit nicht zurückdrehen und alles ungeschehen machen, sie musste sich einfach damit abfinden, egal wie schwer es ihr auch fiel. Das hielt sie jedoch nicht davon ab, sich immer wieder die Frage 'Wieso?' zu stellen. Doch niemals bekam Michiru eine Antwort, wie sollte sie auch, immerhin war sie allein in dem großen Haus. Der wichtigste Mensch in ihrem Leben war weg und sie wünschte sich nichts sehnlicher, als Haruka wieder zu sehen, ihre Stimme noch einmal zu hören, ihre Umarmung noch einmal zu spüren. Es tat weh zu wissen, dass es niemals dazu kommen würde und es einzig und allein Wunschdenken bleiben würde. Es kam Michiru wie eine Ewigkeit vor, doch schließlich übermannte die Müdigkeit sie und sie kam endlich in ihrem Schlaf zur Ruhe. Für eine ganze Weile war alles still in dem Zimmer, bis plötzlich ein schwaches Schimmern in einer Ecke auftauchte. Wäre Michiru noch länger wach geblieben, hätte sie vielleicht gesehen, wie diese geisterhafte Gestalt auftauchte und die Frau mit reumütigem und traurigem Blick in ihrem Schlaf beobachtete. Soo nun ist es endlich geschafft. Ich bin sehr froh, die Geschichte endlich abgeschlossen zu haben und es hat mir viel Spaß gemacht, mich mit den alten Grundlagen aus dem Rollenspiel auseinander zu setzen und es ein wenig zu verändern. Ich hoffe sehr, euch hat es ebenfalls gefallen. Wenn ja, würde es mich sehr freuen, wenn ihr mir einen kleinen Kommentar hinterlasst. ;) Und wer weiß, vielleicht werde ich eines Tages noch eine Forsetzung dazu schreiben, aber ich hab vorerst noch genug andere Sachen, die ich erst schreiben möchte. Doch die Möglichkeit besteht. An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal bei allen bedanken, die diese Geschichte gelesen, favorisiert oder kommentiert haben. Das hat mich immer sehr gefreut und motiviert, um weiter zu schreiben. Ich bin auch dankbar für eure Geduld, da es nun wirklich lange gedauert hat, bis ich hiermit fertig geworden bin. Außerdem noch ein Dankeschön an , mit der ich vor all den Jahren die Originallstory geschrieben habe, es hat immer Spaß gemacht mit dir an den Rollenspielen zu arbeiten. ;D Und dann muss ich mich noch bei bedanken, die für mich Korrektur gelesen hat und mir auch immer mit Rat und Tat zur Seite stand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)