Wie du mir, so ich dir! von CrazyTwinkleStar (Mafia, Freundschaft, Überlebenskampf & Zuneigung) ================================================================================ Kapitel 18: Target 18: Bevorstehendes ------------------------------------- Sie warf sich elegant das haselnussbraune Haar aus dem Gesicht. Es war ein wunderschöner, klarer Tag, doch trotzdem ziemlich frisch. Die Kälte drang langsam in ihre Glieder, besonders ihre Ohren fühlten sich schon taub an. Doch Giulia blieb standhaft. Sie konnte nichts dafür, dass sie so eitel war. Jedenfalls dachte sie das. Denn auch wenn die goldbraunen und roten Blätter von den Bäumen herabtanzten, konnte sie nicht von ihrem kurzen Rock ablassen. Gemütlich schlenderte sie durch die Strassen, an diesem schönen Freitagmorgen. Ihr war langweilig geworden, so alleine im Hotel. Ausserdem begriff sie immer noch nicht, was sie hier sollte. Warum hatte ihr Vater sie hierher geschickt? Na ja, sie würde es schon früh genug herausfinden. Da erschien jemand vertrautes in ihrem Blickfeld. Selbstsicher lächelnd näherte sie sich einer Parkbank, die sich auf einem kleinen beteerten Platz vor dem einzigen grossen Einkaufszentrum Namimoris befand. Giulia liess sich gespielt müde auf die Bank fallen. Die Person neben ihr zuckte sogleich zusammen. „Hi.“, meinte die Braunhaare grinsend. Der Junge, dunkelgrünes Haar, das bis auf eine Strähne an der linken Seite seines Kopfes kurz war, meeresgrüne Augen, ein dickes Pflaster auf der Stirn und etwa im gleichen Alte wie sie, sass kerzengerade neben ihr. Hastig blickte er um sich, als könnte ihn jemand beobachten. „Du solltest mich nicht kennen“, sagte er und eine tiefe Sorgenfalte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen. Antonio, der in Zivil so ganz anders aussah als in blutdurchtränkter, schwarzer Uniform, hätte das nie erwartet. Er hätte nicht gedacht, dass Giulia ihn erkennen würde. Und noch viel weniger wäre es ihm in den Sinn gekommen, sie hier anzutreffen. „Ach was“, sagte sie fröhlich, „es beobachtet uns schon niemand. Und, wie geht’s? Schon besser?“ Der Junge nickte. Immer noch zuckte er nervös mit dem Kopf, als würde er jeden Moment etwas Schreckliches neben ihm auftauchen. Giulia lachte. „Du bist schon ein komischer Vogel! Hey, lass und was machen, mir ist langweilig und du sieht auch nicht gerade überbeschäftigt aus.“ Dann ergriff sie seinen Arm und zog ihn mit sich, direkt auf das Einkaufszentrum zu. Es war dunkel. Überall lagen Chips und Popcorn herum; auf dem Boden, dem Sofa, ja selbst auf ihrem Schoss. Im ganzen Zimmer war es dunkel, blaues Licht eines riesigen Flachbildfernsehers flimmerte und erhellte das grosse, edel eingerichtete Zimmer. „Du solltest das Ding loswerden. Falls du es wieder vergisst, dreht der Boss durch.“ „Kikikikiki“, lachte sie nur, „soll er doch!“ Pedro packte sie nicht gerade sanft an der Schulter. „Ach ja? Dann ist es dir wohl auch egal, was Abelino denkt.“ Silvia warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Ich reiss dir gleich deine Eingeweide raus und lass dich bluten wie ein abgestochenes Schwein…!“ Doch Pedro liess sich nicht beunruhigen. Er wusste, so lange Abelino ihn noch brauchte, hatte er nichts zu befürchten. Ihre letzte Mission war gut verlaufen. Sie hatten die Sprengsätze ohne grosse Mühe anbringen können. Ein paar Vongola schienen noch aus dem Stützpunkt entkommen zu sein, was aber nicht weiter tragisch war. Sie würden eh alle irgendwann draufgehen, so viel war sicher. Es war erst die zweite Familie, die sie in dieser Formation vernichteten. Aleister und Valeria schienen schon lange dabei zu sein, die Anderen waren innerhalb der letzten zwei Jahre dazugestossen. Ihre Vorgänger wurden sich langsam zu schade, als dass sie einfach ihr Leben aufs Spiel setzten würden. Ignorante alte Säcke. Aber das konnte ihm auch egal sein. Es war das erste Mal, dass Abelino die Leitung übernahm. Er war ein geschickter Planer, kein Zweifel, aber einfach zu gutherzig. Mit ein bisschen mehr Kaltherzigkeit wären sie schon viel weiter. Aber jeder fängt mal klein an. Trotzdem war da etwas, das ihn beunruhigte; der Boss wollte Scar zur Verstärkung holen. Ihm gefiel das überhaupt nicht. Er hatte diesen Scar zwar noch nie persönlich gesehen, aber was man ihm sagte war schon genug. Da belächelte er lieber noch die unfähigen Zwillinge, als sich diesen Typen als Kollegen oder Vizeleiter aufhalsen zu lassen. „Wie lange bleiben Abelino und Antonio den eigentlich noch in diesem Asiatenloch?“, fragte Silvia. Sie fand ihre Kurzaktion in Japan ziemlich unnötig. Bis auf Abelino, Antonio und die Zwillinge, waren sie alle bereits zurück nach Italien geflogen. Dieser Kurztrip war vielleicht eine nette Abwechslung gewesen, aber wie gesagt, recht unnötig. Pedro überlegte kurz, bevor er antwortete: „Sie sind bald zurück.“ Es war Freitagnachmittag und alles verlief normal. Jedenfalls so normal, wie es bei Tsuna laufen konnte. Reborn brachte ihn physisch und mental bis an die Grenzen, seit einer Woche versuchte der Hitman sogar, ihm etwas Italienisch beizubringen. Zwar nur mit wenig Erfolg, aber einige Worte hatte er sich merken können. Zur Feier, dass in einer Woche die Herbstferien beginnen würden und der Unterricht am Nachmittag spontan ausgefallen war, gingen sie Sushi essen. Er, Gokudera, Luchia und natürlich Yamamoto, immerhin gehörte seinem Vater das Restaurant, genossen gerade die warmen Sonnenstrahlen vor dem Restaurant, die den Herbst gerade viel erträglicher machten, als eine mehr oder weniger bekannte Stimme ihnen zurief: „Tsuna-kuuuun~! Vongola-kun~! Einen schönen Tag!“ Oh nein. Nicht die schon wieder! Sofort ging Giulia auf Tsuna los. Freudig klammerte sie sich an dessen Arm und grinste breit in die Runde. „Und was läuft so? Habt ihr heute etwas Schönes vor?“ „HIII! G-Giulia-san, was…?“ „Was willst du dummes Weib?! Lass Juudaime sofort los!“, beschwerte sich der Sturmwächter. „Maa, ganz ruhig Leute!“ Wirklich nichts konnte Yamamotos Lächeln ersterben lassen. „Awww“, Giulia liess von Tsuna ab und legte je eine Hand auf Yamamotos und Luchias Schulter, „Yamamoto-kun hat Recht! Warum so aggress -“ „Fass mich nicht an.“ Es klang keinen Falls böse, doch die Worte waren stark genug. Und das nächste, was passierte, ging viel zu schnell. Tsuna sah bloss noch, wie eine Hand hervorschnellte und etwas zur Seite wich. Plötzlich stürzte sich die Brünette scheinbar grundlos auf das andere Mädchen und schlug zu. Luchia wich mit Leichtigkeit aus, packte schliesslich die Faust vor ihr und drehte sie so um, dass Giulias Körper sich automatisch um 180 Grad drehte. Die Italienerin wurde nun bewegungsunfähig an die Wand gedrückt. „EEEHHH? Was geht hier ab?!“ Die Panik und Verständnislosigkeit der Teenager war mehr als verständlich. „Tseh, das war noch gar nichts! Mrs Perfect scheint sich wohl immer noch für die Stärkste zu halten!“, brüllte Giulia und warf ihren Kopf nach hinten. Sofort liess Luchia von ihr ab und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht die Nase. Ihre „Gegnerin“ nutzte diese Gelegenheit und versuchte weiter, die Halbitalienerin zu Boden zu werfen. Luchia aber fasste sich schnell genug, um die auf sie zukommende Faust so hart abzuwehren, dass Giulia das Gleichgewicht verlor und zur Seite taumelte. „Na warte, das- Tsuna-kun?“ Der zukünftige Mafioso hatte sich zwischen die Beiden gestellt. Die Angst, die er empfand, solange er nicht im Todeswillenmodus war, stand ihm ins Gesicht geschrieben. Trotzdem rührte er sich nicht von der Stelle. „Wa-was soll das? Bitte, hört auf!“ „Kein Problem, wenn du es willst, Tsuna-kun~!“ Sofort kehrte der zuckersüsse Ausdruck auf das Gesicht des Mädchens zurück. Sie wischte sich den imaginären Staub von den Kleidern. Misstrauisch beobachtete Tsuna sie einen Moment, bevor er sich umkehrte. „Hii! Alles in Ordnung?“, fragte er besorgt. Luchia schaute sich auf den blutigen Handrücken. Sie zwang sich ein Lächeln auf, was wiederum Giulia extrem verwirrte. „Jah, alles klar…“ „Eh? Aber deine Nase blutet! Du solltest zu einem Ar-“ „Schon okay“, meinte sie wieder und zog ein Taschentuch aus der Jackentasche. Als sie Giulias Blick sah, fügte sie aber trotzdem noch hinzu: „Vielleicht schaue ich kurz bei Luca-sensei vorbei.“ Tsuna nickte. Yamamoto und Gokudera blickten immer noch völlig fassungslos aus der Wäsche. „Ich hab ihr gestern tausend Mal gesagt, sie soll dich in Ruhe lassen…“ „Du hast es ihr gesagt?! Du könntest genauso gut einen Stein anbrüllen, er soll nicht so träge herumliegen.“ „Ich habe wirklich gehofft, ihr würdet nach einer gewissen Zeit miteinander auskommen. Aber da lag ich wohl… falsch“, musste Luca sich eingestehen. Aber ihm blieb keine andere Wahl. „Ich habe wirklich gehofft, ihr würdet miteinander auskommen“, wiederholte er noch einmal, „denn jetzt wird es um so unerträglicher.“ „Was willst du damit sagen?“ Seine Schülerin wusste, dass jetzt etwas kommen würde, das ihr überhaupt nicht gefiel. Und ihm anscheinend auch nicht. „Spuck’s schon aus.“ „Du wirst dich eine Weile um sie kümmern müssen.“ „Ich werde WAS?“, rief sie ausser sich, immer noch mit einem Tuch vor der Nase. Luca blickte von seinem Buch auf. Er schaute ihr einen Moment in die Augen, seufzte dann und legte das Buch zur Seite. „Die Vongola haben mich da um eine gewisse Sache gebeten“, begann er, „und ich habe mich nun endlich entschieden, diesen Auftrag anzunehmen. Ich muss für unbekannte Zeit zurück nach Italien. Giulias Eltern haben mich gebeten, mich eine Zeit lang um sie zu kümmern, aber ich kann sie unmöglich mitnehmen. Das wäre viel zu gefährlich, ausserdem würde sie das Voranschreiten nur behindern. Also bist du die Einzige, die ich darum bitten kann.“ Ungläubig starrte Luchia zu ihm hinüber. War das sein Ernst? „Komm schon, du bist fast zwei Jahre älter als sie, und genug alt um vernünftig zu handeln.“ „Und was, wenn ich nicht vernünftig handeln will?“ Luca seufzte wieder. „Es ist nicht so als ob du eine Wahl hättest. Solange du minderjährig bist, musst du tun was ich sage. Ich möchte das hier nicht als einen Befehl belassen, also bitte ich dich noch einmal darum.“ Sie konnte nicht nein sagen. Das stand fest. Aber sie hasste es. Zögerlich entgegnete sie Luca ein nicken. „Danke.“ Müde liess sich Tsuna aufs Bett fallen. Es war noch früh abends, sie hatten erst gerade das Abendbrot zu sich genommen, doch er fühlte sich schon am Ende. Den ganzen Nachmittag hatten sie versucht, dieses seltsame neue Mädchen irgendwie loszuwerden, was ihnen zum Glück auch irgendwann gelang. Obwohl Tsuna es immer noch ziemlich fies fand, das begeisterte Mädchen in der Einkaufsstrasse Namimoris vor einem Schaufenster stehen zu lassen. Als dann Reborn beim Abendessen noch eine Italienischlektion angekündigt hatte, war Tsuna so schnell wie möglich in sein Zimmer geflüchtet. Er wusste, dass der Arcobaleno sowieso zu ihm kommen würde, aber es ging ums Prinzip. Wenn man schon vom Teufel spricht… „Dame-Tsuna! An den Tisch!“ Er war für ihn schwer zu akzeptieren, dass man ganze Wörter und Sätze nur mit so wenigen Zeichen darstellen konnte. Bis auf die aufeinander fallenden Konsonanten und die fehlenden Vokale ging die Aussprache ja noch, aber das Schreiben überstieg seinen Verstand um Längen. „Ring: Anello. Wiederhole.“ „A… ne… ro…“ „Falsch!“, der Hitman in Babyform briet ihm eine über, mit einem Buch, was sehr schmerzhaft war. „AUA! HIIII!“ „Sprich es ganz deutlich aus! L und R sind nicht dasselbe! AneLLo!“ „Ane… lo. Anello.“ „Richtig, weiter geht’s.“ Tsuna beobachtete seinen Mentor genau, als dieser das nächste Wort auf ein Blatt Papier schrieb. „Was ist, Dame-Tsuna?“ „Eh? N-nichts…“ „Das kannst du einem Baum erzählen, aber nicht mir!“ „Hii! Reborn…“, Tsuna war überrascht, wie gut Reborn ihn doch kannte. „Es ist bloss so… Warum muss ich das unbedingt jetzt lernen? Warum haben wir denn nicht angefangen, als du hierher kamst, sondern erst jetzt?“ Es war schwierig, dem durchdringenden Blick des Hitmans zu widerstehen, doch Tsuna gab sein bestes. Trotzdem musste er nach einiger Zeit die Augen abwenden. „Tsuna.“ Der Angesprochene schreckte hoch. Wo war denn das „Dame“ geblieben? „Die Lage ist ernst. Und du begreifst nicht, wie ernst. Vielleicht kann ich es dir einfacher machen. Du wirst jetzt aber nicht in Panik geraten, verstanden?“ Der Mentor sah seinen Schüler weiterhin mit klarem Blick an. Was hatte er bloss vor? Tsunas Finger verkrampften sich auf dem Boden neben seinen Beinen. „CEDEF hatte grosses Glück. Durch ein Zugunglück wurden sie vor der Explosion eines Aussenpostens bewahrt.“ „Eh?“ Tsuna verstand nicht. „Was ich damit sagen will, Dame-Tsuna, ist, dass dein Vater und seine Männer nur durch einen Zufall noch am Leben sind.“ Tsuna erstarrte. Er hatte nie eine besonders grosse Bindung zu seinem Vater verspürt, immerhin hatte dieser die Familie verlassen, als Tsuna noch klein gewesen war. Aber wenn er das jetzt so hörte, fühlte er sich plötzlich so… so leer. Als seien all seine Innereien verschwunden und als sei ihm die Wirklichkeit in Form kalten Wassers ins Gesicht geworfen worden. Sein Vater, Basil, Lal Mirch und all die anderen CEDEF Mitglieder waren nur knapp dem Tod entronnen. Noch nie war jemand in seinem direkten Umfeld ums Leben gekommen. Doch nun schien es nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis er auch das erleiden musste. Der nächste Tag war angebrochen, ein Samstag. Endlich mal ein freier Tag! Jedenfalls wagte er es, zwei Minuten lang so zu denken, bis er realisierte, dass Reborn ihn geweckt hatte und nicht sein Zeitgefühl. Heute war Training angesagt. Das war es eigentlich immer, wenn es nach Reborn ging. Doch Tsuna wagte es dieses Mal nicht, sich zu wehren. Das mulmige Gefühl von gestern lag ihm immer noch zu sehr im Magen. Wie auch immer, die Aufgabe für den Tag lautete: Sport mit Ryohei. Der braunhaarige Teilzeitloser war sich im Unterbewusstsein zwar bewusst, dass das nur eine „Deckung“ für die eigentliche Aufgabe war, doch er wollte es nicht wahrhaben. Er verlor immerhin nie die Hoffnung, was zum Guten oder Schlechten führen konnte. „Hey, Gokudera-kun!“ Der Sturmwächter stiess eine Rauchwolke aus und lief unbeirrt weiter. Dieser Freak konnte ihm gestohlen bleiben. Er war grundlos irrsinnig mies gelaunt und wollte einfach nur noch sicher stellen, dass es seinem Juudaime gut ging. In seinen Gedanken versunken merkte er nicht, wie er langsam wurde, bis sie ihn einholte. „Morgen“, sprach Luchia leise, ohne in anzusehen. Er entgegnete nichts. Sie lief kurz schweigend neben ihm her, bis sie sich entschied, mit ihm zu reden. Sie hasste dieses undurchdringliche Schweigen und diese Ignoranz, die sie seit vorgestern begleiteten. „Das vorgestern“, begann sie vorsichtig und warf ihm einen flüchtigen Blick zu, „das… ähm… das tut mir… Leid. Vielleicht hast du Recht…“ Diese Worte waren gar nicht so einfach über die Lippen zu bringen, wie gedacht. „Ich wollte nicht zuschlagen, wirklich…! Ich war bloss etwas wütend und verwirrt.“ Immer noch zeigte der Raucher nicht die leiseste Reaktion und qualmte weiter vor sich hin. „Hey! Ich entschuldige mich hier gerade! Schon mal was von Respekt gehört?“ „Respekt? Mein Respekt gilt bloss Juu-“ „Juudaime, Juudaime, Juudaime! Kannst du denn an nichts Anderes denken? Ach vergiss es doch! Ich verpiss mich jetzt. Am besten bitte ich dich gar nicht darum, den Anderen einen Gruss auszurichten, das tust du ja eh nicht. Tss…“ Wütend stapfte sie davon. Zumindest hatte sie es versucht, auch wenn sie kläglich gescheitert hatte. Der Typ hätte doch wenigstens eine Reaktion zeigen können. Wie auch immer, er konnte ihr doch gestohlen bleiben. Und sozial würde sie auch nicht werden. Wenn diese Vongola ihr doch nur nicht so sehr ans Herz gewachsen wären. Dann wären einige Probleme schon längstens aus dem Weg geräumt, sie hatte nämlich sonst schon genug davon. Oz… Wenn er doch bloss hier wäre. Er könnte ihr bestimmt helfen und sie unterstützten. Gokudera schaute ihr nur verständnislos nach. Er war plötzlich noch viel übler gelaunt als zuvor. Warum? Er verstand es nicht. „Oz! Oz! OZCAR! Komm sofort hierher!“, brüllte ein Mann mittleren Alters, als er durch den Flur huschte. „Bleib hier drin. Ich lenke ihn ab!“ Ein Junge, um die elf Jahre, mit rabenschwarzem Haar und aufrichtigen, bernsteinfarbenen Augen, grinste. Das Mädchen vor ihm in der Truhe nickte. Der Junge klappte behutsam den Deckel zu, sodass ja kein Geräusch entstand und verstaute ein paar Kissen auf der Truhe, damit niemand auf die Idee kam, jemand sei darin. Luchia hatte wieder einmal Mist gebaut. Sie war nun einmal ein sehr lebhaftes Kind, weshalb auch des Öfteren etwas kaputt ging. Doch nun hatte sie eine unschätzbar wertvolle Vase zertrümmert. Sie hatte eigentlich nichts dagegen, solange ihr Vater oder Luigi-sensei ihr Hausarrest oder andere Strafen aufbrummten, doch diesen hässlichen, einschüchternden Mann mochte sie nicht. „Wo ist die Kleine?“, brüllte nun der Mann. Ozcar versuchte, so unschuldig wie möglich zu wirken. „Ich weiss es nicht, hab sie seit heute Nachmittag nicht mehr gesehen, ehrlich! Viellei-“ „Du dummes Kind! Das-das-das hier ist kein Spiel mehr! Wo ist V-“ Ein hässliches Geräusch ertönte. Noch nie in ihrem Leben hatte Luchia so etwas vernommen. Ihr wurde aus unerklärlichen Gründen übel. Sie wusste genau, wie die Situation normalerweise ablief, wie Oz einen falschen Tipp gab, um sie zu schützen, bis ihr Vater oder Luigi-sensei da waren. Doch jetzt… „N-nein… Bitte… Nicht…“, flehte es von draussen. Ein Schrei erklang. Ihr stockte der Atem. Sie bekam keine Luft. Kalter Angstschweiss lief ihr den Rücken hinunter. Was war hier los? Was war passiert? Vorsichtig versuchte sie, den Deckel anzuheben, jedoch ohne Erfolg. Das Schloss an der Aussenseite schien eingeschnappt zu sein. Alles was sie sah, waren die kargen Holzwände um sich. Stille. Das Licht des Flurfensters kam durch einen Türspalt ins Zimmer und blendete das kleine Mädchen, das nun durch eine Ritze nahe des Bodens der Truhe hinausblickte. Sie sah, wie jemand am Zimmer vorbeilief. Es war nur eine unklare Silhouette, doch es waren ganz sicher nicht der Mann oder Oz. Aber wer dann…? Sie wartete einen Moment, bis die Schritte im Flur verklangen. Dann begann sie zu rütteln. Sie rüttelte und rüttelte, so fest sie nur konnte, doch das Schloss gab nicht nach. „Hilfe! Bitte! Hilfe! Ich komm nicht raus!“, rief sie verzweifelt. Da betrat jemand das Zimmer. Ihre Rettung? Auf einmal tauchte ein Paar von rostbraunen Augen auf. Doch sie kannte diese Augen nicht. Wer…? „Ciaossu!“ „Hiiii! Reborn! Doch nicht jetzt? Und wo kommst du überhaupt her?!“ Tsuna, der nun zusammen mit Yamamoto, Gokudera und Ryohei beim angekündigten Ausdauer/Jogging Training war, erschrak sich wieder einmal fast zu Tode. Sein Hitman Privatlehrer wollte ihnen nun weiss machen, dass exakt dieser Baum rechts von ihnen eines seiner Verstecke sei. „Also, wir sind nicht zum Spass hier! Auf zum Training. Die Gefahr rückt immer näher!“ Der Arcobaleno grinste, sodass seine Worte nur schwer ernst zu nehmen waren. „Haha, irgendwie sagt er das in letzter Zeit immer“, meinte Yamamoto gut gelaunt und kratzte sich am Hinterkopf. „Du Idiot! Das ist ernst gemeint und nicht eines deiner spassigen Base-“ „Was heisst das extrem noch mal?! Kyoko ist doch nicht extrem in Gefahr?!“ Der Boxer brüllte voller Besorgnis in den Wald, ohne sich an einen speziellen Adressaten zu wenden. „Ich habe gerade Informationen erhalten“, meinte der Hitman Privatlehrer, „unser Plan lautet wie folgt: Heute in exakt einer Woche stürmen wir das Versteck Aquilas hier in Japan. Gelingt dieses Unterfangen, machen wir uns schleunigst auf den Weg nach Italien.“ „EHH? U-und wenn nicht?“ „Dame-Tsuna!“ Der Schüler erntete einen Tritt ins Gesicht. „Euer Training beginnt hier und jetzt. Ich habe vier Gegenstände, die nicht in einen Wald gehören, hier versteckt. In Zweierteams müsst ihr je zwei dieser Gegenstände finden und bis zum Eindunkeln hier her bringen. Die Teams sind Dame-Tsuna mit Yamamoto und Gokudera mit Ryohei.“ „WAS?! Ich werde EXTREM NICHT mit diesem Krakenkopf in ein Team gehen!“ „Soll das ein Scherz sein?! Mit diesem Narbengesicht?!“ Sofort beschwerten sich die zwei, gegen ihren Willen eingeteilten Mitglieder. „Auf los geht’s los. Achtung…“ „Gokudera-kun, Onii-san!“, wandte sich Tsuna an die Beiden. „Fertig…“ Reborn fuhr unbeirrt weiter. „Bitte bleibt ruhig! Es ist ja nur für diese Aufgabe, und Reborn hat sich sicher auch etwas dabei gedacht!“ Tsuna versuchte seine beiden Freunde zu beruhigen. „Juudaime…“ „LOS!“ Und Reborn erteilte mit Leon den Startschuss. Die zukünftige Rechte Hand nickte seinem Boss zu, bevor die zwei Teams in unterschiedliche Richtungen davon stoben. Das konnte wieder einmal heiter werden! Es war nur ein kurzer Moment, von der Dauer eines Augenaufschlages, der das Gesicht des Angreifers entblösste. „Nein… Unmöglich“, kam es nur als ein Hauchen von ihren Lippen. Das konnte einfach nicht sein. Nein. Das durfte nicht sein. Das war ein schlechter Scherz, eine Einbildung. „Sind es nicht die unglaubwürdigen Zufälle, die unser Leben spannend machen?“, erwiderte die Gestalt, deren fremde Stimme doch eine Spur Nostalgie beinhaltete. Der Mann blickte auf die praktisch wehrlose Gestalt vor sich. „Alles hat seine Zeit, und meine wurde wohl ein bisschen künstlich verlängert.“ Er holte zum Schlag aus. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)