Wie du mir, so ich dir! von CrazyTwinkleStar (Mafia, Freundschaft, Überlebenskampf & Zuneigung) ================================================================================ Kapitel 17: Target 17: Giulia ----------------------------- Hätte sie doch nur auf ihre Eltern gehört, die ihr geraten hatten, bequeme Schuhe für den Flug anzuziehen. Aber nein, sie hatte sich für die Absatzschuhe entschieden. Sie tadelte sich selbst manchmal für ihre Eitelkeit. Aber nur manchmal. Immerhin wusste sie, wie sie ihr ziemlich gutes Aussehen in Szene setzen und daraus Vorteile ziehen konnte. Ausserdem besass sie einen vornehmen Hintergrund, denn ihre Familie war alles andere als unbekannt. Doch im Moment nutzte ihr auch all das nichts. Sie war müde, ihre Füsse schmerzten und sie hatte nicht die leiseste Ahnung, wo sie sich eigentlich befand. Sie seufzte und bog in eine kleine Seitengasse. Mehr verlaufen konnte sie sich ja kaum. Oder doch? „Kyaa!“ Sie stolperte. Was lag hier mitten auf dem Weg in so einer Gasse? Wie Abfall hatte es sich nicht angefühlt, auch nicht wie streunende Katzen oder so. „Ach du meine Fresse“, sie kauerte sich hin und betrachtete den schmutzigen Jungen, etwa in ihrem Alter, der völlig reglos an eine Wand lehnte. Seine Beine waren quer über den Weg ausgestreckt. Erst jetzt schien der Junge sie zu bemerken. Er zuckte zusammen und starrte mit weit aufgerissenen Augen zu ihr. Ein dicker Streifen, der aussah wie getrocknetes Blut, zog sich über sein Gesicht. Seine Kleidung war an manchen Stellen zerrissen und verdreckt. Ein bisschen durcheinander vom Anblick – sie hatte dank ihrer Familie schön öfters so etwas gesehen – nahm sie all ihren Mut zusammen und sprach ihn an: „Alles in Ordnung?“ Sie streckte die Hand hin um ihm aufzuhelfen. Der Junge jedoch raffte sich aus eigener Kraft auf und zog die Kapuze seiner schwarzen Uniform über den Kopf tief ins Gesicht. „Es wäre besser für dich, jetzt zu verschwinden“, krächzte er mit angeschlagener Stimme. „Ach ja? Ich lasse doch keine schwer verletzten Leute einfach auf der Strasse liegen! Das schickt sich nicht.“ „Wie du willst.“ Der Junge schlurfte an ihr vorbei. „H-hey! Warte, wo willst du hin?“ Der Junge lief weiter auf die Strasse zu. Doch sie war schneller und packte ihn am Arm. Verstört blieb er stehen und blickte über die Schulter. „Du siehst nicht gerade aus, als wolltest du ins Krankenhaus. Wenn du willst kann ich dich mit ins Hotel nehmen und mich um deine Wunden kümmern. Hab ich schon öfters getan. Übrigens, mein Name ist Giulia.“ „…Antonio.“ Er gab sich wohl doch härter als er eigentlich war. Giulia lächelte. Sie war im Grunde ein guter Mensch, wegen ihres (zu)grossen Selbstbewusstseins und ihrem vorlauten Benehmen hatte sie jedoch Schwierigkeiten, es zu zeigen. „Komm mit.“ Sie riss den Jungen hinter sich her. Die schmerzenden Füsse waren vergessen, die Orientierung gerade wieder gefunden worden. Klack machte es, als das Telefon zurück in den Halter gestellt wurde. Als könnte jede Sekunde wieder jemand anrufen, starrte Luca auf das dunkle Display des Telefons. Doch nicht passierte. Er war vollkommen in Gedanken versunken. Luchia war noch nicht zurück gekommen. Vielleicht war sie doch noch zu den Vongola gegangen, dachte er sich. Er konnte ja nicht wissen, dass sie nachsitzen musste. Vongola…Wenn wir schon dabei sind. Luca hatte gerade einen Anruf vom Neunten höchst persönlich erhalten. Er liess sich alles noch mal durch den Kopf gehen. Es war nicht grosses, er sollte nur ein paar Informationen beschaffen. Genau das war ja sein Job, kein Problem eigentlich. Ausserdem bekam er Hilfe von noch unbekannten Mitgliedern der Vongola, was ihm die Arbeit um einiges erleichtern sollte. Trotzdem, irgendetwas beunruhigte ihn. Doch er konnte nicht sagen was es war. „Was soll das heissen…?“ Der Abend hatte die Dämmerung bereits hinter sich gelassen und die Nacht brach herein. Der strahlende Sommer war einem nassgrauen Herbst gewichen. Die Tage wurden kürzer. Das automatische Licht erhellte die grauen Steinplatten auf dem Treppenhausboden. Unterschiedlich hell leuchtete es von den unteren beiden Etagen hinauf, sodass eine ziemlich seltsame Lichtsituation entstand. Drinnen in der Wohnung war es dunkel, denn Luca war auf dem Sofa eingeschlafen und Luchia wollte ihn nicht aufwecken. „Was heisst: “Ich muss jetzt gehen“?“, fragte sie noch einmal nach. Basil schluckte und spielte nervös mit der kleinen blauen Box, die an seinem Gürtel hing. Luchias Blick ausweichend, antwortete er: „Ich weiss, es kommt ziemlich plötzlich, ich habe es auch erst diesen Morgen erfahren. Aber der Neunte braucht uns dringend vor Ort, deshalb werden Oyakata-sama und ich sofort fliegen müssen.“ Es passte ihr nicht. Ganz und gar nicht. Es war viel zu gefährlich in Italien… Eine tiefe Falte bildete sich in ihrer Stirn, als die Augenbrauen einen finsteren Blick zu Boden preisgaben. Unbehaglich nickte sie jedoch. „Iemitsu-san wartet unten, nehme ich an. Grüss ihn von mir.“ Basil schaute kurz verwirrt aus der Wäsche, richtete sich dann aber wieder seinen Füssen zu. „Klar. Mach ich.“ Eine unangenehme Stille breitete sich aus. Sie sprachen nicht, beide Augenpaare waren nach unten gerichtet und auf irgendetwas Belangloses fixiert. „Also… Ich muss dann mal los… Bis bald.“ Der schüchterne Junge kehrte sich um und begann, in Richtung Treppenstufen zu laufen. Die Blondhaarige zuckte zusammen. Sie hatte Angst. Wenn er jetzt ging, dann würde sie ihn vielleicht nie wieder sehen, sie könnte in verlieren… „Basil-kun!“, rief sie ihm nach, ohne zu wissen warum. „J-ja?“ Insgeheim hatte er gehofft, sie würde im noch etwas sagen oder in aufhalten. Aber jetzt… Sein Pulsschlag schien sich gerade zu verdoppeln. Er hatte sich umgekehrt, als die Blondhaarige ihm ohne Vorwarnung um den Hals fiel. „Es ist gefährlich dort…“, flüsterte Luchia. „I-ich weiss… Aber ich habe keine andere Wahl.“ Basils Gesicht nahm geradezu eine tomatige Farbe an. Zögerlich faltete er die Arme hinter ihrem Rücken und drückte sie an sich. „Versprich, dass du auf dich aufpassen wirst.“ „…Versprochen.“ Luchia löste den Druck ihrer Arme und Basil tat es ihr nach. Mit einem Blick, als könne sie in das tiefste Innere seiner Seele blicken, musterte sie ihn ein letztes Mal, bevor sie sich verabschiedete. Basil war froh, dass die Röte schon etwas aus seinem Gesicht gewichen war. Er sollte nicht so fühlen. Ein guter Mafioso liess sich nicht von seinen privaten Gefühlen beeinträchtigen. „Na dann… Auf wiedersehen. Machs gut“, murmelte er nur schwer verständlich. „Bis bald.“ Wieder völlig unvorbereitet musste das CEDEF Mitglied feststellen, wie das Mädchen ihm gegenüber einen Schritt näher trat, sich auf seiner Schulter abstützte und ihm – nur eine Millisekunde lang – einen sanften Kuss auf die Wange drückte. Dann verschwand sie in Windeseile und ohne ein weiteres Wort in ihrer Wohnung und knallte die Tür zu. Basils Mund stand offen. Perplex versuchte er, einen Gedanken zu fassen, was ihm aber misslang. Verwirrt fuhr er sich mit der Hand über die Stelle, an der ihre Lippen ihn vor wenigen Sekunden berührt hatten. Vielleicht war alles doch nicht ganz so aussichtslos wie gedacht. Mit einem zuversichtlichen Grinsen im Gesicht, machte er sich auf den Weg nach unten. Hoffentlich hatte es sich ausgegrinst, wenn er ankam. „Ist es schlimm?“, wollte sie neugierig wissen. Er nickte. „Wie schlimm?“ „Schlimmer als alles, was du dir vorstellen kannst.“ ]Sie zog eine Schnute. Er lächelte. „Ich kann mir aber seeeeehr Schlimmes vorstellen!“ Der Trotz in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Er konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Waaaas?“, rief sie beleidigt aus, woraufhin er nur noch mehr lachen musste. Mit seiner rechten Hand tätschelte er ihr den Kopf. Dann liess er den Blick über die glitzernde Oberfläche der See vor ihm gleiten. Er nahm etwas Sand in die Hand und liess diesen vorsichtig durch die Finger rieseln. „Jemanden zu verlieren, ist das Schlimmste was du dir vorstellen kannst. Mehrere Personen zu verlieren, ist noch viel schlimmer.“ Nachdenklich verharrten beide Kinder im Sand und genossen das Rauschen der Wellen zu ihren nackten Füssen. „Oz...“ Der Wind blies die Blätter vor den Fenstern quer durch die Gärten und über die Strassen. Es war Nachmittag, doch der wolkenverhangene Himmel liess nicht viel Sonnenlicht durchscheinen. „Eeeeehhhh…“ Tsuna kniete vor seinem Stubentisch. Er stemmte die Hände nervös auf seine Oberschenkel und starrte die unbekannte Fremde vor ihm an. Diese grinste nur zuckersüss zu ihm hinüber und war die langen, haselnussbraunen Haare zurück, sowie die Frauen im Fernsehen, wie Tsuna fand. „U-und du bist hier, weil…?“, fragte er. „Meine Familie ist sehr beschäftigt im Moment, darum dachte mein Vater, ich könne hier ein paar nette Bekanntschaften machen!“, antwortete das Mädchen ihm gegenüber voller Elan. „Hiiii! Dann bist du also doch von der Mafia!“ Tsuna hatte zwar bereits den Verdacht geschöpft, als er ihren italienischen Namen gehört hatte, doch deine Naivität hatte ihn immer noch hoffen lassen, es sei ein Zufall. Doch nun sass er völlig überfordert dieser fremden Person gegenüber, die seine Mutter ohne Bedenken hereingelassen hatte. „Hiii! Was-wieso kommen immer so seltsame Leute hier her! Und wo“, der zukünftige Vongolaboss blickte hektisch umher, „ist eigentlich Rebor-EHH?!“ „Oh, du bist ja so süss, Tsunayoshi-kun! So richtig zum knuddeln!“, rief das Mädchen mit einer Stimme, die genauso zuckersüss war wie ihr Lächeln. Ohne Ankündigung sprang sie aus der unbequemen Sitzhaltung auf und knuddelte Tsuna ordentlich, gegen seinen Willen. „Hiii! Was soll das?“ Der Junge konnte nicht anders, als putterot anzulaufen und wild um sich zu schlagen. Nichts desto Trotz liess die Fremde nicht von ihm ab und murmelte weiter zu sich selbst, wie süss er doch sei. „Guten Nachmittag, JUUDAI-… ICH WOLLTE NICHT STÖREN BITTE UM VERZEIHUNG GEHE SOFORT WIEDER JUUDAIM-“ „HIIII! Nein, das ist ein Missverständnis, nicht gehen! Es ist nicht das, wonach es aussieht!“, nuschelte Tsuna zwischen den Armen hervor, die immer noch fest um ihn geschlungen waren. Der Sturmwächter, der soeben ins Zimmer gekommen und sofort wieder auf dem Absatz Kehrt machte, blieb stehen. „Das ist ein Missverständnis!“, wiederholte Tsuna erneut, doch das Mädchen fiel ihm ins Wort: „Ist das ein Freund von dir, Tsunayoshi-kun? Oh, da kommt ja gleich noch jemand!“ Genau in diesem Moment erschien auch Yamamoto und wunderte sich zu erst über die Situation, schien dann aber nicht weiter darüber nachzudenken. „Yo, Tsuna, Gokudera! Was gibt’s?“ „Deine beiden Freunde sind aber ganz schön gutaussehend Tsunayoshi-kun! Setzt euch doch zu uns!“, plapperte das Mädchen einfach los. Tsuna blieb nicht anderes übrig, als das ganze mit offenem Mund zu beobachten und sich in seinem eigenen Haus fehl am Platz zu fühlen. Das Mädchen liess von dem armen, überforderten Jungen ab, setzte sich zurück an ihren Platz und klopfte auffordernd mit der linken Hand auf die freien Plätze neben ihr. Mit dem gleichen, munteren Lächeln wie eh und je setzte sich Yamamoto sofort neben Tsuna. Gokudera, der sich erst jetzt wieder gefasst hatte, weigerte sich lautstark, sich neben diesem äusserst seltsamen Mädchen zu setzen. Nur auf Tsunas zögerliche Aufforderung sass er, mit einem beträchtlichen Abstand zu dem weiblichen Wesen, an den Tisch. Er konnte nicht anders, als ziemlich unfreundlich nachzufragen: „Und wer zur Hölle bist du? Was hast du mit Juudaime gemacht?!“ „Heisst es nicht „Ladies first“? Dann wäre ich doch mit der ersten Frage dran! Das schickt sich nicht. Wie auch immer… Mein Name ist Giulia Jacuzzi. Und wer seid ihr so, Freunde von Tsunayoshi-kun?“ Sie blickte ziemlich belustigt zum genervten Teenager neben ihr. „Yamamoto Takeshi!“, meinte der Regenwächter, grinsend wie immer. „Ya-ma-mo-to Ta-ke-shi-kun“, wiederholte Giulia brav, „und was ist mit dir?“ „Tseh! Ich bin Gokudera, Gokudera Hayato“, presste der Silberhaarige zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Was-Wah! Lass sofort los, du Idiot!“ Giulia hackte sich ungefragt bei ihm ein und nahm seinen rechten Arm in Besitz. „Lass los, was bildest du dir eigentlich ein, dumme-“ „Tsu-kun! Da ist noch jemand! Wie viele deiner Freunde kommen denn noch? Ich bin mir nicht sicher, ob die Kekse reichen, die ich gebacken habe!“ Nana, Tsunas Mutter, kam freudig ins Wohnzimmer und stellte eine Schüssel voller Schokoladenkekse auf den Tisch. Sie wischte sich die Hände an ihrer rosa Kochschürze ab und wuselte wieder aus dem Zimmer. Tsuna war immer noch völlig überfordert. „D-danke Mum… Luchia?“ Die blonde Halbitalienerin schien der neue Gast zu sein, den seine Mutter angekündigt hatte. Doch sie stand nur schweigend im Türrahmen und starrte zu Giulia, die wie zuvor noch bei Gokudera eingehakt war. „Luchia…?“ „Oh, hi zusammen. Ich wollte bloss kurz hineinschauen und hallo sagen. Also ich mach mich dann wieder von den Socken.“ Und schon hatte sie ihnen den Rücken zugewandt und war im Begriff zu gehen. „Hat Luigi dir denn nicht gesagt, dass ich vorbeischaue?“ Das zuckersüsse Grinsen des fremden Mädchens namens Giulia war einem vernichtenden Blick gewichen. Luigi? „Bis morgen“, war Luchias Antwort darauf und schon verschwand sie wieder. Gokudera sah diesen unbeholfenen Moment als seine Chance. „Juudaime, mir ist gerade etwas eingefallen!“ Er riss sich von Giulia los. Das war wohl die schlechteste Ausrede, die es gab. „Eh? Gokudera-kun!“ „Schönen Abend und bis morgen, Juudaime!“ Schon raste der Sturmwächter aus dem Raum. „Wie unhöflich! Das schickt sich nicht“, beschwerte sich Giulia lautstark und hackte sich schon bei ihrem nächsten Opfer, Yamamoto ein. Immerhin musste sie sich die Zeit vertreiben, bis Luigi sie abholen käme. Und darunter mussten die zwei übrig gebliebenen Vongola leiden. „Oi! Tagträumerin! Bleib gefälligst stehen! Was sollte das gerade?!“ Der temperamentvolle Teenager folgte dem sich seltsam verhaltenden Mädchen vor ihm schnellen Schrittes. „Nichts.“ „Ach ja? So sah es auch aus!“, meinte Gokudera mit dem grössten Sarkasmus in der Stimme, den er anzuwenden vermochte. Luchia verdrehte die Augen und blieb stehen, bis er sie einholte. Um etwas Zeit zu schinden, zog sie den Reissverschluss ihrer Jacke hoch, denn der Herbst war trotz der Blätterpracht in warmen Braun- und Gelbtönen eisig. „Luigi… Luca-senseis vollständiger Name lautet Luigi Calmare. Lu-Ca. Klar so weit?“ „Tch, ich bin nicht dumm!“ Die Halbitalienerin warf dem Dreiviertelitaliener für diese Bemerkung einen Todesblick zu, schwieg aber dennoch. „Und weiter?“ Es interessierte ihn offensichtlich sehr. „Was weiter? Nichts weiter. Solltest du nicht lieber deinen geliebten Juudaime vor dieser Schl-schweinin retten?“ „Tseh, das kannst du dem Rindvieh oder dem Baseballfreak erzählen, aber nicht mir! Ihr kennt euch. Der Blickwechsel war mir Beweis genug. Ausserdem hast du dich gerade verraten.“ „Tseh“, ahmte Luchia ihn so offensichtlich wie möglich nach, „und was, wenn du dir das nur eingebildet hast?“ „Du ver-“ „Hast du schon mal daran gedacht, dass es gewisse Dinge gibt, die dich nichts angehen, Krakenkopf?“ Krakenkopf?! „Gewisse Dinge, GEWISSE Dinge, die mich nichts angehen? So wie dein ganzen Leben vielleicht?!“ Sie blieb stehen. Dieser Unterton in seiner Stimme behagte ihr überhaupt nicht. Und was genau meinte er damit? „Glotz mich nicht so dumm an! Woher nimmst du dir eigentlich das Recht, mit Juudaime rumzuhängen und alles über uns zu wissen, wen wir keinen verdammten Schimmer haben, wer du eigentlich bist?!“ Es schmerzte plötzlich so sehr in ihrer Brust. Woher kam das? Vielleicht weil sie wusste, dass er Recht hatte? „Du könntest genauso gut einer von diesen Aquila Typen sein, von denen ihr uns die ganze Zeit erzähl-“ Das ging zu weit. Einfach zu weit. Sie verlor die Kontrolle. Nur einen ganz kurzen Moment, doch das reichte bereits aus, um dem Sturmwächter eine saftige Ohrfeige zu verpassen. Eine undurchdringliche Stille trat ein. Ungläubig und ganz aus der Fassung geraten, hielt sich Gokudera die rot glühende Wange. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er in die zu schlitzen verengten Grasgrünen ihm gegenüber. „Was weißt du schon… WAS WEISST DU SCHON DAVON, WAS SIE M- LUCA ANGETAN HABEN?!“ Sie schrie mit voller Kraft, ihre Stimme zitterte vor Zorn. Sie spürte lediglich, wie ein unauflöslicher Kloss sich in ihrem Hals befand, ein Kloss aus jahrelang unterdrückter Trauer. Sie presste die Zähne zusammen, fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und stapfte davon. Nicht eines Blickes würdigte sie ihn noch. Gokudera stand da, die grüngrauen Augen aufgerissen und ihr nachstarrend. Er rührte sich kein bisschen. Noch nie hatte er sie so wütend gesehen. Der kalte Wind blies durch die Nähte seiner braunroten Lederjacke, doch die Fassungslosigkeit hatte ihn zu sehr betäubt, er spürte es nicht einmal. Dabei hatte Luchia nur bei Tsuna vorbeigesehen, um endlich einen Teil ihre Teilnahmslosigkeit zu überwinden. Tsuna blinzelte weiter unsicher zu Giulia, die wie eine Klette an Yamamoto hing. „Und das ist wirklich dein einziger Grund?“, fragte der Braunäugige unsicher. „Eltern sind manchmal ganz schön seltsam, nicht? Vielleicht weiss Luigi mehr als ich.“ „Luigi?“, beteiligte sich der Baseballspieler nun endlich auch am Gespräch, denn ihm schien es auch nicht ganz so wohl zu sein, mit solch einer Klette am Arm. Aber er nahm es locker. „Hm… Ihr kennt ihn vielleicht als Luca. Mein Onkel!“ „EHH? Luca-san ist dein Onkel?“ „Haha, was für ein Zufall!“ Zufall?! Tsuna wunderte sich jedes Mal über die Naivität seines Freundes, die noch viel grösser war als eine Eigene. „Er kommt mich abholen, ich werde eine kurze Zeit lang bei ihm bleiben.“ „Bei Luca-san? Wohnt er nicht bei-“, da fiel es ihm wieder ein, „was war das vorhin eigentlich?“ „Was denn, Tsunayoshi-kun?“ „D-du weißt schon, du und Luchia…“ Es war kurz still. Tsuna fragte sich, ob Giulia sich gerade eine Ausrede überlegte. „Lange Geschichte.“ Sie blinzelte unschuldig mit ihren himmelblauen Augen. „Ist es nicht jede Geschichte wert, erzählt zu werden? Ciaossu!“ Reborn, der kleine Arcobaleno war wie aus dem Nichts aufgetaucht. Seine Spezialität. „Hii! Reborn!“ „Jacuzzi Giulia. Jacuzzi. Ist das nicht die Familie, die unfähig war, sich aufrecht zu erhalten und dann mit der Faggio fusionierte?“ Der kleine Mafiosi schien ein wandelndes Buch in Sachen Mafia zu sein. „Ähm, das… Kann man so sagen.“ An ihrem Schmollmund und der komischen Wortwahl war zu erkennen, dass Reborns Ausspruch Giulia gerade gekränkt hatte. Da klingelte es auf einmal. Das musste Luca sein. Was für ein Glück! Und es ist wohl nicht zu viel gesagt, wenn mehrere der Anwesenden gerade aufatmeten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)