Wie du mir, so ich dir! von CrazyTwinkleStar (Mafia, Freundschaft, Überlebenskampf & Zuneigung) ================================================================================ Kapitel 22: Target 22: Aussichtslos? ------------------------------------ Die Grenzenlosigkeit nahm ein Ende. Die Schwärze wurde von einem schier strahlenden Band durchbrochen, zu dem sie hinauf stolperten. Mit einem Krachen flog die Falltür nach oben, selten hatten sie sich mehr nach dem Licht der Sonne gesehnt. Oben angekommen brauchten die Vier einen Moment, um zu Atem zu kommen. Sie liessen sich einige Sekunden Zeit, bis das Beben ganz erstarb. Beim sich ihnen bietenden Anblick konnte Tsuna nicht anders, als ein erschrockenes Hiii von sich zu geben. Dort, wo sie Sekunden zuvor noch nach oben gehastet waren, zog sich ein breiter Riss durch den Boden, unter der zum Teil ebenfalls eingebrochenen Seitenwand des Lagerhauses hindurch bis zur nächsten Mauer. Diese stand zwar noch, aber auch sie war nicht heil davon gekommen. Grosse Risse zogen sich durch den weiss verputzten Beton, wie ein Wortloses Baufällig, bitte nicht betreten-Aushängeschild. Der Vongola Decimo schluckte. „Juudaime! Bist du verletzt?“, rief seine zukünftige Rechte Hand ihm zu. Gokudera musterte Tsuna besorgt von den Haarspitzen zu den Zehen. Tsuna winkte ab. „Eh? Nein, nein, alles in Ordnung!“ Yamamoto lachte nur: „Haha, da haben wir noch einmal Glück gehabt!“ Mit einem blöden Grinsen im Gesicht kratzte er sich am Hinterkopf. Ganz die alte Meute. „Seid ihr sicher, dass keinem etwas passiert ist?“, fragte Luchia nach. Keiner schenkte ihr grosse Beachtung. Gokudera war wie immer damit beschäftigt, seinen Baseball spielenden Mitschüler anzufahren, denn er könne in so einer Situation doch nicht einfach unbeschwert anfangen zu lachen. Das taten Mafiosi nicht. Tsuna Hiii-te und versuchte seine Freunde zu beruhigen. Erst als Luchia lautstark Tsunas Namen rief, wandte sich zumindest dieser ihr zu. „Wir sollten schleunigst raus. Hier ist etwas faul, und hier herumzustehen und zu streiten ist nicht unbedingt klug.“ Selbst für den naiven Jungen hörte sich das vernünftig an. Luchia brauchte ihn nicht einmal von der verschlossenen Tür zu erzählen, um ihn zu überzeugen, was ihr bloss recht war. Sie wollte die Jungs nicht weiter einschüchtern. So sah sie mit grösster Zufriedenheit zu, wie Tsuna sich Gehör verschaffte. „Go-gokudera-kun! Yamamoto! Hört bitte auf zu streiten!“ „Juudaime! Ich bitte um Verzeihung!“ Augenblicklich drehte der Sturmwächter dem Regenwächter den Rücken zu und verbeugte sich tief vor seinem angebeteten Juudaime. Er würde tatsächlich alles tun, was Tsuna von ihm verlangte. Angetrieben durch Gokuderas Verhalten kam Yamamoto neben ihm hervor und wollte wissen, was zu tun sei. „Maa, übertreib’s nicht, Gokudera, haha! Und, Tsuna, was jetzt?“, fügte er den letzten Teil ernster hinzu. Tsuna blickte zum grossen Jungen hinauf. „Eh?“, gab er von sich, denn er hatte nicht erwartet die Aufmerksamkeit seiner Freunde so leicht für sich zu Gewinnen. Er wusste nicht, was er zu sagen hatte, er wusste nur, dass er etwas sagen musste. Hilfesuchend blickte er sich nach Luchia um, die ebenfalls erwartungsvoll zu ihm hinüber sah. Da bekam er seine Hilfe also nicht. Weiter spähte er um sich, drehte den Kopf zu beiden Seiten, nicht findend, wonach er suchte. Eine schreckliche Vorahnung überkam ihn. „Hiii! Wo ist Re-“ „Dame-Tsuna!“ Seine schreckliche Vorahnung traf natürlich nicht ein. Wie dumm von ihm, überhaupt an daran zu denken. Bereits beim Erklingen dieser Stimme wollte er eine erleichterte Miene aufsetzen, aber ein schmerzhafter Tritt, der ihn an den nächstgelegenen Steinbrocken beförderte, erschwerte dies. Sich die von Pein heimgesuchte Stelle haltend sank er auf die Knie. „Ehhh?! Wo-wofür war das denn?“ „Dame-Tsuna“, wiederholte Reborn, „das war eine schlechte Idee. Ihr hättet unter den Trümmern begraben werden können, und das habt ihr selbst zu verantworten.“ Vorwurfsvoll blickte Reborn Tsuna in die Augen. Der Zehnte Vongolaboss hatte einen schweren Fehler begangen, und er fühlte sich schuldig. Er hatte doch nie vorgehabt, seine Freunde in noch grössere Schwierigkeiten zu bringen! „Tut-tut mir Leid“, murmelte er kaum hörbar, den Kopf hängen lassend. „Na gut, immerhin begreifst du es. Aber Luchia hat Recht, irgendetwas stimmt hier nicht, ihr dürft nicht vergessen, dass wir hier glaubten das Versteck von Aquila zu finden.“ „Hiii! Aber das könnte ja heissen… Was wenn Onii-san und Chrome etwas zugestossen ist?“ Sofort fand der Junge seinen Willen wieder. Er erhob sich, atmete hörbar aus und ordnete an: „Wir gehen sie suchen!“ Das war der Tsuna, den Reborn gerade brauchte. Zufrieden zog der Hitman einen Mundwinkel nach oben. „Sie sollten das Beben gespürt, oder zumindest den Lärm gehört haben. Also sind sie bestimmt auf dem Weg hier her. Und wenn nicht… Hii! Was wenn nicht?“ Vom anfänglichen Mut verlassen fasste sich Tsuna panisch an den Kopf. Was wenn nicht? Was wenn sie bereits in der Klemme steckten? Er wollte nicht daran denken. Er wollte… Was wollte er eigentlich? Es war nicht wichtig, was er wollte. Wichtig war, was er nun tun würde. Und er wusste auf einmal ganz genau, was zu tun war, seine Hyperintuition liess ihn nicht im Stich. Tsuna nickte seinen Freunden zu, zusammen kletterten sie durch das Loch über den mit Schutt gefüllten Krater in der Wand hinaus ins Freie. Chrome duckte sich. Er war ihr bereits zu nah, viel zu nah. Sie war schon ziemlich erschöpft, ihr verstauchter Knöchel erschwerte den Kampf zunehmend. Aleister wurde langsam ungeduldig, seine Schläge regneten in immer kürzeren Abständen und härter auf sie herab. Sie wusste wirklich nicht, wie lange sie das durchhalten würde. Die eisige Klinge ihres Feindes schnellte Haarscharf an ihr vorbei und schnitt einen langen Schlitz in den Rock ihrer Uniform. Auf der anderen Seite des Raumes erlangte Ryohei wieder das Bewusstsein. So sehr er sich auch gewehrt hatte, die Axt hatte ihn an der Seite erwischt und liess ihn mit einer schmerzhaften Wunde zurück. Krampfhaft versuchte der Boxer auf die Beine zu kommen. Eine Freundin seiner Schwester war in Not, er durfte Kyoko nicht enttäuschen… „Dort drüben!“ Er war sich sicher, er spürte es. Seine Freunde waren in einen Kampf verwickelt. Kein wunder hatten sie nichts vom Einsturz des Tunnels bemerkt, das Toben ihres eigenen Kampfes war mindesten genauso laut. Er musste sie rechtzeitig erreichen. Im Rennen noch holte Tsuna seine Todeswillenpillen hervor und schluckte eine davon. Lava schien durch seine Adern zu pulsieren, die Wärme seiner Flamme breitete sich, begleitet von Zuversicht, in seinem Körper aus. Die Handflächen nach unten gerichtet stiess er sich mit Hilfe seiner Flammen ab, hoch in die Luft. Binnen Sekunden erreichte er das kleine Lagerhaus. Schon von weitem fiel ihm das Schimmern aus den Zwischenräumen des Tors auf. Sich nur allzu gut an seine Feinde erinnernd begriff er sogleich, dass es sich dabei um Aleisters Werk handelte. Mitten im Flug hielt er an, von der Angst um seine Freunde getrieben, und setzte zum X-Burner an. Hielt er das Energielevel tief genug, konnte er das Eis schmelzen und die Tür zerbersten lassen, ohne grossen Schaden dahinter zu verursachen. Staunend betrachteten seine drei Freunde ihn. Sie lagen im Rückstand, mit einem fliegenden Hypertodeswillen-Tsuna konnte es kein Olympialäufer aufnehmen. Besonders Luchia fiel das erste Mal auf, wie sie eine Art Bewunderung für den Vongolajungen verspürte. Die grösste Zeit über schien er der kleine Loser von nebenan zu sein, der mit nichts und niemandem fertig wurde. Dann, von einer Minute auf die Andere, stand der zukünftige Boss der Vongola vor ihr. Stark, zu allem entschlossen, besonders wenn es um seine Freunde ging. Dann liess er nichts anbrennen, wortwörtlich. Zu blöd nur, dass durch die Bewunderung das Wesentliche in Vergessenheit geriet; auf die Umwelt zu achten. Ein überraschter Laut liess die Zurückgebliebenen torkelnd zum Stehen kommen. Völlig verdutzt blickten Gokudera und Luchia einander an, mit der Erwartung, Yamamoto zwischen sich vorzufinden, von dem Jugendlichen war keine Spur zu sehen. „Haha, wie ungeschickt von mir“, kam es von hinten unten. Flach auf dem Bauch lag der Baseballspieler auf dem asphaltierten Boden. „Yamamoto-kun, nicht bewegen! Du bist nicht gestürzt.“ Sofort eilte Luchia an seine Seite, wo eine grosse Ranke aus einem Riss im Boden sich um den Fussknöchel des Baseballspielers geschlungen hatte. Gokudera war im Begriff ihm etwas zuzubrüllen, ein lauter Knall liess sie jedoch alle aufhorchen. Die Überreste des Tores übersäten den Boden um die Vorderseite des Lagerhauses herum und rauchten munter vor sich hin. Tsuna landete graziös vor der Öffnung, angespannt in das dunkle Loch starrend. „Juudaime!“ Und schon stürmte Gokudera an dessen Seite. Unterdessen setzte Yamamoto sich auf. Er schüttelte sein Bein, doch die Ranke um seinen Knöchel zog sich nur fester zusammen. „Komisches Ding“, fand er in leichtem Ton, aber mit tief nach unten gezogenen Augenbrauen. Er fasste zum grünen Gewächs hinunter und zog daran. Sofort drückte es weiter zu. „Warte, ich schneide es durch. Die anderen Zwei werden sicher einen Moment ohne uns klarkommen“, versicherte Luchia Yamamoto, obwohl sie damit eher sich selbst zu beruhigen versuchte. Das war bestimmt keine normale Pflanze, das konnte nur eines bedeuten: Wenn der Eistyp im Lagerhaus war, so musste die Illusionsfrau sich ebenfalls hier in der Gegend herum treiben. Ihr Stützpunkt war es sicher nicht, also eine Falle. Das Mädchen liess die Klingen aus ihren metallenen Armreifen hervorschnellen und machte sich vorsichtig ans Werk. Zum Glück fuhr die Schneide beinahe widerstandslos durch den Pflanzenstrang und Yamamoto war befreit. Sie erhoben sich, bereit ihre Freunde zu unterstützen. „Achtung!“ Tsuna verengte seine Augen zu Schlitzen. Drinnen war es viel dunkler als draussen im Tageslicht, erst konnte er nichts erkennen. Jedenfalls nicht, bis Gokudera an seiner Seite erschien. Dann blieb ihm nicht viel übrig wie den gerade erst Angekommenen gleich wieder zur Seite zu stossen. Nur das widerspiegelnde Sonnenlicht hatte die grossen Eisspitzen verraten, welche direkt auf sie zukamen. Gerade noch rechtzeitig konnte Tsuna sich selbst aus der Schusslinie feuern. Den Splittern folgte wie erwartet der pinkhaarige, dunkel uniformierte Aquila. Geblendet von der Helligkeit verfehlte Aleister jedoch sein Ziel und Tsuna gelang es, ihn zur Seite zu stossen. Gleich neben ihnen raffte sich Gokudera auf, sein Systema CIA startend. Frustriert, seinen Juudaime zuvor so enttäuscht zu haben, zielte er mit seiner Flame Arrow genau, um ja nicht zu verfehlen. Bis zum Schuss kam er nicht; etwas schnellte nach oben, schlang sich um seinen Waffenarm und riss diesen herum. Bereits geladen und abschussbereit züngelten rote Flammen im Mund des Totenkopfs, der wie eine Galionsfigur die Spitze der Waffe schmückte. „Verd-“ Es gelang ihm nicht einmal, seinen Ausruf zu vollenden. Die Flammen entluden sich zu seinen Füssen mit solcher Kraft, dass der Druck die grüne Ranke um seinen Arm zerriss und ihn weg vom Kampf schleuderte, irgendwo auf den harten Boden. Der harte Aufprall liess Sternchen in seinem Sichtfeld aufleuchten. Tsuna hatte es nicht einfacher. Bis auf ein rotes Leuchten hatte er die Situation nicht weiter in Augenschein nehmen konnten, dafür erholte sich Aleister viel zu schnell. Wie ein Berg türmte er sich über Tsuna auf, mit der weiss flimmernden Streitaxt auf den Jungen eindreschend. Geschickt entwich Tsuna ihm nach oben, wo bloss noch die Eissplitter ihn erreichen konnten. Dann hörte er einen Schrei. Panisch verkrampfte sich sein Körper, er warf den Kopf hin und her. „Kyoko-chan…?“ Es war ihre Stimme gewesen, eindeutig. Sie konnte unmöglich hier sein, konnte sie? Die Einsicht, dass dies ein Trick sein könnte, beschaffte ihm erst ein schmerzvoller Hieb in den Rücken. Er sah nicht was es war, vermutlich eine Eisenstange, die Aleister irgendwo aufgelesen und nach ihm geworfen hatte. Auf jeden Fall beförderte der Hieb ihn direkt auf das Lagerhaus zu. Durch das baufällige Dach klapperte er mitten hinein, auf den harten, staubigen Boden. „Boss!“, eine Stimme, wohl eher ein Hauchen erreichte ihn. Das Brennen in seinen Muskeln und die vielen entstandenen Blutergüsse und Prellungen aus seinem Empfinden verbannend blickte Tsuna auf. Er erkannte Chrome, mit zerfetzter Uniform und müden Augen. Sie stützte Ryohei, der sich verbissen die Seite hielt, unter dem Versuch, aufzustehen. Er kam zu spät. Seine Freunde waren bereits verletzt. Wäre er nur wenige Augenblicke später gekommen, dann… Dann… Tsuna wagte nicht daran zu denken. Er konnte nicht zulassen, dass den Anderen auch noch etwas geschah. Plötzlich von neuer Kraft durchflutet erhob der Zehnte sich, einen erneuten Angriff seines Gegners abwehrend. So leicht liess er sich nicht aus dem Weg räumen. „Achtung!“ Yamamoto hatte ausgezeichnete Reflexe, dass liess sich nicht leugnen. Sofort reagierte er, zog Luchia mit sich hinunter, während eine Hand voll langer, dicker Nadeln über ihren Köpfen vorbei rauschte. Valeria, die Nadel-Illusionen-Frau, sie war also wirklich hier. Bei den Ranken handelte es sich sicher um ihre Illusionen. Der Sportvernarrte mit den karamellfarbenen Augen zögerte nicht lange. Eine blaue Flamme entsprang seinem Ring, eine Schwalbe folgte aus einer seiner Boxen. Im selben Atemzug zog er sein Schwert. Kampfbereit nahmen er und Luchia gerade ihre Positionen ein, als Gokudera angeflogen kam. „Yo, Gokudera!“, rief ihm Yamamoto zu, wie wenn er seinem Freund irgendwo auf der Strasse begegnet wäre, nicht, als käme er gerade ihnen mit einem Schrei vor die Füsse geflogen. Luchia währte eine weitere Hand voll Nadeln ab. „Wir müssen herausfinden, wo sie sich versteckt! Sie steckt sicher hinter irgendeiner ihrer Illusi-“ Weiter kam sie nicht. Sie hörte zwar eine Ranke und konnte sie rechtzeitig in zwei Teile hacken, die Zweite blieb im Gegensatz zu dieser unbemerkt und konnte sich um den Hals des Mädchens schlingen. Die Worte blieben ihr regelrecht im Halse stecken, das Gewächs zerrte sie hinunter und schnitt ihr die Luft ab. Neben ihr hackte Yamamoto auf das Grünzeug ein. Irgendetwas musste es doch geben, dass sie tun konnten. „Oi, Baseballfreak, Tagträumerin, aus dem Weg!“ Das war leichter denn gesagt. Yamamoto sah nur verdutzt zu Gokudera hinüber, der wieder auf die Beine gekommen war, Luchia konnte sich mit einer Ranke um den Hals schlecht von Ort und Stelle bewegen. So fegte es die Beiden von den Füssen, um sie herum wurde es heisst. In Nullkommanichts waren beide wieder auf den Füssen, um vor dem brennenden Gestrüpp zu fliehen. „Bist du… Vollkommen beknackt?“, fuhr Luchia Gokudera an, schwer nach Luft ringend. „Du hättest uns beinahe in Brand gesteckt!“ „Tseh, kann ich doch nichts dafür, wenn ihr so langsam seid!“ „Langsam?! Du-“ „Maa, ich unterbreche ja nur ungern“, Yamamoto klang wie stets vergnügt, bloss sein Herumfuchteln mit dem Schwert und der Klang von zusammentreffendem Metall deuteten auf den Ernst der Situation hin. Gokudera schnaubte und aktivierte eine weitere Box. Vor ihnen kam ein Ring aus Knochen zum Vorschein, an dem die Nadeln abprallten und in alle Richtungen davon flogen. Jetzt mussten sie nur noch die Illusionen loswerden. Ein lautes Krachen lenkte ihre Aufmerksamkeit auf sich. Tsuna hatte getroffen, selbst wenn er mehr wie gewünscht hatte einstecken müssen, sein Gegner flog in hohem Bogen aus dem Lagerhaus und rollte draussen über den Boden. Jetzt war die Zeit gekommen, ihn seinen X-Burner spüren zu lassen. Doch… Nicht so schnell. „Tsuna-kun! Er hörte sie wieder ganz deutlich, Kyokos Stimme. Sie war nicht hier… Ein plötzliches Stechen in seiner Hand warf ihn aus der Balance. Er nahm die silbernen Spitzen wahr, die in seiner Handfläche steckten, daher der Schmerz. „Du wirst keinen von uns besiegen, verfluchter Vongolabengel!“ Tsuna zuckte zusammen. Er kannte diesen Tonfall irgendwo her. Woher bloss? Wenn er nach vorne sah, erkannte er Aleister, der sich wieder erhob. Neben ihm war jemand, der ihm auf die Beine half. Ihr zweiter Gegner. Stürmisch, seinem Element alle Ehre machend, deutete Gokudera unter lautem Geschrei nach vorne: „Oi, da ist sie!“ Damit unterstrich er nur, was sie bereits alle gesehen hatten: Ihre Gegner waren auf einem Haufen. Leichte Beute, wenn sie sie dort behalten und Tsuna seinen X-Burner einsetzten lassen konnten. So lautete ihr Plan, simpel genug, um keine Worte zur Verständigung zu benötigen. Hals über Kopf stürmten sie los, mit der Hoffnung die Situation endlich in den Griff zu kriegen. Dabei waren es Yamamotos Reflexe, die sie vor einer erneuten Katastrophe retteten. Natürlich würde es nicht so einfach werden. Eine weitere Gestalt in dunkler Uniform tauchte vor ihnen auf. Hätte der Regenwächter nicht sein Schwert erhoben, wären sie alle blindlings in die auf sie gerichteten Klingen gelaufen. „Los, helft Tsuna!“ Yamamotos Mundwinkel waren immer noch nach oben gezogen, der Rest seines Gesichtes nahm aber keinen fröhlichen Ausdruck mehr an. Gokudera und Luchia gehorchten –ausnahmsweise widerstandslos – um Tsuna beizustehen. Etwas zischte durch die Luft. Luchia nahm nur das Geräusch wahr, dann krachte Gokudera vor ihr zusammen. Erschrocken rief sie seinen Namen, die Augen auf das Kunai lenkend, welches in dessen Oberschenkel steckte. Sie vernahm wieder ein durch die Luft schneidendes Geräusch, dieses Mal war sie vorbereitet. Haarscharf vor sich lenkte sie ein weiteres Kunai ab, das sie sonst mitten in den Brustkorb getroffen hätte. Dann schien sich der Neuankömmling wieder voll und ganz Yamamoto zu widmen. Luchia sah kurz zwischen dem Sturmwächter, der sich schon wieder erhob, und den Kämpfenden hin und her. Sie fasste ihren Entschluss. „Geh du Tsuna-kun unterstützen, wir übernehmen das schon.“ Es sah aus als könnte Yamamoto im Moment Hilfe gebrauchen, deshalb kehrte sie zu den Kontrahenten zurück. Gokudera war überrascht. Trotzdem nahm er die Beine in die Hand, um seinem Juudaime zu helfen. Humpelnd kam er allerdings nur langsam voran. Warum gerade am Bein? Gleich nachdem er sich wieder in seiner Position eingefunden hatte, wollte Tsuna seiner Energie freien lauf lassen, aber zu spät. Aleister und Valeria wichen aus, der orangefarbene Strahl verfehlte sie. Einzig die Druckwelle liess ihre Haare und Uniformen herumflattern. „Oi, stehen bleiben!“, befahl der Sturmwächter und hob seine Boxwaffe. Ein Dutzend kleine Raketen schossen daraus auf die zwei Aquila zu. Umsonst. Weitere, baumdicke Ranken rissen grosse Klüfte in den Boden, während sie daraus hinaus traten und die Raketen abwehrten. „Mist!“ Wieso musste es denn gerade ein Meister der Illusionen sein? Diese waren unglaublich schwer loszuwerden. „Was willst du, Bürschchen?“ Wie aus dem Nichts tauchte Aleister vor ihm auf. Er war bereits zu nahe als dass Gokudera noch einen Gegenangriff starten konnte. Die Axt verfehlte ihn um Haaresbreite, denn er warf sich nach links auf den Boden. Aleister taumelte von der unglaublichen Wucht seines Hiebes nach vorne. Darin seine Chance sehend raffte sich Gokudera auf, seine Waffe auf den uniformierten Mann richtend. Leider gab in diesem Moment sein Bein nach und er sackte zur Seite. Das gab Aleister genug Zeit sich um hundertachtzig Grad zu wenden und eine Wolke voller Eissplitter auf den Sturmwächter loszulassen. Glücklicherweise traf ihn dank seinem Schild kein Splitter direkt, dennoch war sein Körper zunehmend mitgenommen. Tsuna schwebte in der Luft. Eine Schweissperle rann ihm über die Schläfe. Wo war sie hin gegangen? Die Frau musste sich in einer Illusion verstecken. Tief durchatmend schloss Tsuna die Augen und konzentrierte sich. Von links unten. Seine Hyperintuition täuschte ihn nicht, geschickt wich er einer Hand voll Nadeln aus. Seine Gegnerin konnte ihm nicht viel anhaben, dennoch… Wenn er nicht bald ihre Illusion durchschaute wurde er mit der Zeit müde werden, und was noch viel schlimmer war: Was würde in dieser Zeit aus seinen Freunden werden? Yamamoto konterte. Sein langes Schwert bildete einen Vorteil, da er seinen Gegner treffen konnte, ohne dass dieser mit seinen kleinen Messern in Reichweite kam. So dachte er zumindest, bis der Neuankömmling begann, seine Kunai zu werfen. Er konnte die drei Messer zwar noch rechtzeitig abfangen, währenddessen kam sein Gegner ihm jedoch gefährlich nahe. Yamamoto spürte wie die fremde Klinge direkt durch seine Kleidung hindurch in seine Hautdrang. Daraus wurde ein langer Schnitt, nicht allzu tief, denn jemand stiess den Gegner zur Seite. „Das war knapp!“, fand der Regenwächter an Luchia gewandt. Dieser war gar nicht nach Reden zumute. „Er ist schnell“, stellte sie fest. „Und hat viel Kraft“, fügte Yamamoto an. In der Tat eine gefährliche Kombination. Und das zumal ihr Gegner kleiner als Yamamoto und kaum grösser denn Luchia war. Sein Gesicht war nicht zu erkennen, er hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Einziger Anhaltspunkt bot seine Uniform, es war dieselbe welche Aleister trug. Bloss die Farbe der Schulter- und Knieschoner unterschied sich. Für weitere Beobachtungen blieb keine Zeit, der Fremde stürmte auf sie zu. Yamamoto umschlang den Griff seines Katanas fester, vergrösserte den Abstand zwischen seinen Füssen und nahm eine Verteidigungspose ein. Luchia überlegte sich wie sie den Fremden austricksen konnten, da spürte sie einen scharfen Schmerz im Rücken. Ein erstickter Schrei entrang ihrer Kehle. Für einen Moment stand sie da, wie paralysiert. Dieser Schmerz im Rücken… Eine Flut von schrecklichen Erinnerungen überkam sie, während der Boden in Zeitlupe auf sie zukam. Oder sie wohl eher vorne über fiel. Ohne sich gross zu beeilen schritten grosse Schuhe an ihr vorbei. Aleister. Mit grösster Mühe schaffte sie es sich ein wenig aufzurichten und nach hinten zu schauen. Da lag er, wenige Meter hinter ihr, das Gesicht abgewandt. „Gokudera!“, rief sie nach ihm, doch ein Schwall Blut brachte sie zum Husten. Das war nicht gut, Yamamoto duellierte weiter nichtsahnend mit dem neuen Bösewicht während Aleister sich ihnen selenruhig näherte. Wo war bloss Tsuna? Luchia konnte ihn über sich hin und her flitzen sehen. Er war auch beschäftigt. „Wo willst du EXTREM nochmal hin!“, donnerte eine Stimme zu ihnen hinüber. Der Retter in Not? Ryohei schaffte es zwar, Aleisters Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, der Aquila lachte aber nur. „Chssss, du lebst also noch. Wenn ich dich wäre, wäre ich schön da drin geblieben, vielleicht hätten wir dich dann am Leben gelassen. So aber… Chsss, du kannst ja kaum stehen!“ Da hatte er nicht Unrecht. Selbst nachdem sich Chrome wortlos an seine Seite gestellt hatte, sahen die Beiden nicht wie eine grosse Hilfe aus. Zumindest boten sie genug Ablenkung damit Yamamoto sich auf seinen eigenen Kampf konzentrieren konnte. „Chsss… Wie ihr wollt.“ Schneller als es einem Mann von seiner Statur möglich sein sollte erreichte Aleister die zwei Wächter. Ryohei verpasste ihm zwar einen harten Schlag ins Gesicht, unter dem Aleisters Nase ekelhaft knackte, doch der Aquila lachte. Ryohei kippte auf der Stelle um, denn Aleister hatte ihm die stumpfe Seite seiner Axt in die Wunde von vorhin gestossen. Chrome schlug ihren Trident auf den Boden, augenblicklich brachen unzählige Feuersäulen aus dem Boden. „Was soll denn das? Willst du deine eigenen Freunde braten? Chsss…“ Aleister war ausgewichen und hinter einer Säule verschwunden. Chrome drehte ihren Stab und wollte einen neuen Angriff starten. „Ich würde das an deiner Stelle nicht tun.“ Aleister hatte kam hinter einer Feuersäule hervor. Am Schopf schleppte er den bewusstlosen Gokudera mit sich und drohte ihn in die Säule zu drücken. Sofort hielt Chrome inne. Was sollte sie tun? Da kam ein Angriff, mit dem Aleister nicht gerechnet hatte. Ohne grosse Mühe wehrte er ihn mit seiner Axt ab. Er lachte auf. „Wie unterhaltsam, gleich von zwei Gören angegriffen zu werden.“ Irgendwie war es Luchia gelungen, sich aufzuraffen. Wenngleich wusste, dass ihr Angriff so gut wie nichts brachte. Sie konnte nicht zulassen, dass Aleister ihren Freunden weiter schadete, sie wollte… Sie wollte niemanden mehr verlieren, der ihr wichtig war. Dann überkam sie ein seltsames Gefühl. Kälte, begleitet von Klarheit erfüllte sie. Durch das Metall ihrer Waffen spürte sie die eisigen Flammen um Aleisters Axt, die sich plötzlich angenehm anfühlten. Die Kälte kroch durch ihre Glieder und erfüllte sie vollständig, linderte sogar den Schmerz in ihrem Rücken, sodass sie sich für eine Weile konzentrieren konnte. Sie sammelte ihre letzten Kraftreserven, die sich in ihrem Körper ebenfalls in Kälte zu verwandeln schienen und konzentrierte sie auf ihre Arme. Begleitet von einem Schrei stemmte sie sich gegen Aleisters Axt, als plötzlich ein Licht vor ihr aufglühte. Es war wie ein Blitz, nur für eine halbe Sekunde, dann wurde sie von den Füssen geworfen. Sie war nicht die Einzige. Was auch immer dieser Blitz gewesen war, Aleister beförderte er weitaus stärker nach hinten. Er hatte Gokudera fallen gelassen und wurde geradewegs in eine bereits erlöschende Feuersäule geschleudert. Diese besass nicht mehr viel Kraft, richtete dennoch Schaden an, denn der Aquila richtete sich eine Weile nicht mehr auf. Der Schneeflammennutzer wandte sich auf dem Boden hin und her, seine Kleidung war glühend heiss. Was war das eben gewesen? Aleister blinzelte, um sich aufzurichten. Eine silberne Stange kam in sein Sichtfeld. „Oh, was haben wir hier? Ihr zerstört mein wunderschönes Namimori. Dafür werde ich euch alle zu Tode beissen.“ Tsuna starrte intensiv auf den Boden. Irgendwo da musste sie sein. Er konnte nicht ziellos drauflos ballern, denn seine Freunde waren ebenfalls da unten. Angestrengt versuchte er ihre Illusion zu durchschauen, während er gleichzeitig auf den Nadelregen achtete. Dann überkam es ihn. Was wenn sie gar nicht direkt auf dem Boden war? Bestimmt befand sie sich irgendwo in einem Versteck, von dem aus sie ihn und die Anderen gut beobachten konnte. Auf einem Baum vielleicht? Von denen gab es hier genug, die Lagerhäuser waren von Unkraut überwuchert. Oder- Er sah das Aufblitzen ihrer Nadeln, bevor er sie kommen spürte. Da drüben, auf dem Dach des zweiten Lagerhauses, tatsächlich hinter einer Baumkrone versteckt. Das musste sie sein. Tsuna richtete seine Handschuhe nach hinten und gab einiges an Kraft in seine Flammen. Der Stoss katapultiere ihn in Windeseile zu seinem Ziel. Eine Schar an Nadeln streifte ihn, nicht weiter schlimm. Hauptsache er erreichte sie schnell, und das tat er auch. Erschrocken hüpfte die Aquilafrau aus ihrem Versteck, zu spät. Tsunas flammenloser Hieb traf sie, sie sank auf die Knie. „Es ist vorbei“, verkündete Tsuna. „Glaubst du das wirklich?“ Die Frau grinste zu ihm hinauf. Was meinte sie damit? Bevor Tsuna fragen konnte, verschwamm seine Sicht, er verlor das Gleichgewicht. „Genau, junger Vongola. Die Nadeln von vorher, in die du so schön reingeflogen bist, sie waren vergiftet.“ Das… Das konnte nicht wahr sein. Tsuna nahm kaum war, wie sie die Hand über ihm erhob. Sein Todeswillenmodus erlosch. „Nun dann, Vongola Decimo, leb wohl.“ „Nicht so hastig!“ Etwas schlang sich um den erhobenen Arm der Frau. Mit einem Ruck wurde sie nach hinten gerissen. Tsuna brachte ein kleines Lächeln zustande. „Dino-san.“ Dann kippte er zur Seite. „Oh je, das ist nicht gut! Romario, schnell!“ Es war wirklich Dino, der mit einer Horde seiner Männer auftauchte. Sein treuster Untergebener, Romario, und was Sanitäter zu sein schienen, eilten an der Aquilafrau vorbei zu Tsuna. Versichert, dass sie sich gut u ihn kümmerten, wandte sich Dino wieder der Frau zu. „Oh nein. Auch nicht gut.“ Die Frau war verschwunden. Anstatt ihres Armes befand sich ein Büschel an ausgerissenen Ästen des Baumes neben ihnen in der Schlinge seiner Peitsche. Yamamoto war verwirrt. Nach all diesen Minuten ihres Gefechts war ihm klar, dass er seinen Gegner nicht besiegen konnte, ihm aber allemal standhielt. Dennoch… Der kleine Typ hätte ihn wahrscheinlich schlagen könnten, tat es aber nicht. Hielt er sich zurück, auf was wartete er? Was bewirkte er dam- Zu viel nachzudenken war keine gute Idee. Dadurch war der Regenwächter abgelenkt. Sein Katana wurde ihm aus der Hand geschlagen, schutzlos starrte er den Typen vor sich an. Dieser zögerte. Letztendlich fasste er gleich drei Katana in jede Hand, um auf Yamamoto loszugehen. Wie vom Blitz getroffen hielt er inne. „Das kann nicht sein“, hörte ihn Yamamoto murmeln. Halbherzig schleuderte der schwarz Uniformierte seine Messer auf den Regenwächter, der sich duckte und schützend die Hand vor die Augen hielt. Als er diese von seinem Sichtfeld nahm, war sein Gegner verschwunden. „Juudaime!“ „Tsuna!“ „SASAGAWA!“ „Boss…“ Er hörte so viele Stimmen durcheinander, dabei fühlte sich sein Kopf bereits wie Brei an. Mühselig öffnete Tsuna langsam seine Augen. Es war dunkler als erwartet. Über sich sah er Schatten, die nur langsam Form annahmen. „Juudaime!“, rief eine der Stimmen erneut. Das konnte nur einer sein. Sofort kamen Tsuna die Erinnerungen wieder und er sass kerzengerade auf. „Hiii! Gokudera-kun! Yamamoto! Und Onii-san, Chrome, Luchia! Eh- eeeehh? Di-Dino-san, was machst du hier? Was ist passiert?“ „So laut… Ihr haltet besser die Klappen und räumt hier auf, sonst beisse ich euch alle zu Tode.“ Das konnte ebenfalls nur einer sein. Umringt von seinen Freunden erblickte Tsuna über Ryoheis Schultern Hibari, der im Gegensatz zu den Anderen keinen einzigen Kratzer aufwies. „Ach, komm schon, Kyouya. Ich übernehme das mal“, bot Dino an, „Romario, sorge dafür, dass sie alle sicher nach Hause kommen. Tsuna, wir reden später.“ Damit verabschiedete sich der Boss der Cavallone Famiglia ohne sie richtig begrüsst zu haben. „Juudaime! Wie geht es dir?“, holte Gokudera Tsuna zu seinen Freunden zurück. „Mein Kopf fühlt sich an wie Brei, aber…“ Er sah seine Freunde an. Sie waren alle ziemlich mitgenommen, Verbände und Pflaster bedeckten praktisch jeden freien Fleck. Tsuna konnte es kaum glauben. Sie hatten keine Chance gehabt, selbst nach allen Erlebnissen in der Zukunft. Und das bei nur drei Gegnern. Das war also Aquila? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)