Werbespot mit "DARK MOON" von Capoeira (Ein FF für Hybie) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Der Drehtag von „Dark Moon“ verlief bisher für alle recht ruhig. Es gab keinerlei Zwischenfälle, so dass das Team wahrscheinlich noch vor Sonnenuntergang alle Szenen draussen fertig drehen konnten und somit keinen weiteren Tag in der Sonne von Karuizawa verbringen mussten. Dieser Sommer war extrem warm und die täglichen Temperaturen waren bisher nie unter 38C° im Schatten gewesen. Als Ren zusammen mit Momose Itusmi die letzte Szene beginnen wollte, drehten sich alle Anwesenden Richtung Wald. Es dröhnte und donnerte. Niemand wusste, was das war. Doch sie sollten nicht lange im Ungewissen bleiben, Rory Takarada der Chef von LME Productions ritt auf einem riesigen weissen Elefanten heran. Und um vor der Sonne geschützt zu sein, war eine Art Pavillon über ihm als Schattenspender. Nebenher der übliche Tross an Begleitern in Form von Bodyguards und Elefantendomteuren. Regisseur Ogata Hiroaki bekam eine kleinere Panikattacke und unterbrach den Dreh. Er versuchte sich allein zurückzuziehen, um mit Takarada zu sprechen, doch Kyokos Neugierde war geweckt, und nicht nur ihre. Takaradas Begleiter halfen ihm abzusteigen und Rory glitt überaus elegant vom Elefantenrücken herab, was aber auch kein allzu grosses Problem darstellte, da der Elefant am Boden kniete und eine Art Treppe bereitgestellt wurde. In afrikanische Gewänder gehüllt, trat Rory unter einem Sonnenschirm zu Ogata. Nach dem Rory eine Weile auf den blassen Regisseur eingeredet hatte, hellte sich dessen Miene sichtlich auf. Takarada beschloss für die letzte Szene des Tages noch anwesend zu bleiben und sich von Ren`s Schauspielkunst erneut zu überzeugen. Doch Momose wurde durch den hohen Besuch nervös und verhaspelte sich zweimal im Text. „Spaziergang im Park, die Dritte“ die Klappe fiel, das Team war ruhig und Ogata rief: „Action“ Ren schlenderte mit Momose-san durch den Weg im Park, sie setzten sich auf eine Parkbank und Tachibana Katsuki sprach zu Mizuki: „Ich freue mich durchaus über deine Gesellschaft, doch denke ich, wir sollten dennoch wieder zu den anderen gehen. Wenn uns jemand sieht, zieht er womöglich noch die falschen Schlüsse.“ Mizuki lachte: „Sollen sie doch, ich geniesse nur die Sonne. Zufällig neben dir.“ Doch nach einem strafenden Blick fügte sie an: „Ja, du hast ja Recht. Es ziemt sich nicht für ein Mädchen meines Standes mit einem unverheirateten Mann allein im Park zu spazieren. Schon verstanden.“ Seufzend erhob sie sich, sah Ren an, der keine Anstalten machte aufzustehen und fragte: „Ich gehe schon mal vor?“ „Ja, das tust du. Wir sehen uns morgen.“ Zwinkerte er Mizuki alias Momose zu und sah ihr traurig nach. „CUT!!!“ die Klappe fiel. „DANKE, wir haben`s! Das war`s für heute! Morgen dann in aller Frische für den Dreh von dem Empfang der Gäste“, rief der Regieassistent, „Doch bevor ihr alle in den Feierabend verschwindet und die Abendsonne geniessen könnt, hat Rory Takarada noch eine wichtige Mitteilung für alle. Kommt her und hört alle gut zu.“ Die Damenriege quatschte aufgedreht fröhlich wie immer, wären sie nur halb so schnell gegangen, wie ihre Münder auf und zu gingen, hätten sie einen Sprint hingelegt, der seinesgleichen suchte. Das dachte zumindest Kyoko, die ungeduldig auf die Tratschtanten wartete. „Der Erfolg von Dark Moon ist so gut wie garantiert. Das Wissen mittlerweile wohl auch schon einige Firmen, die Dark Moon für ihre Zwecke vermarkten wollen. Wie ihr wisst, lehnten wir bisher jegliche solcher Kampanien ab.“ „Ja, leider, Mitzubishi wollten mich ja für ihre Werbekampagne, aber ich durfte nicht“, flüsterte eine der Tratschtanten einer anderen zu. „Schscht“, stupste die Dritte im Bunde beide an. „Das wäre meine Gelegenheit gewesen“, regte sie sich weiter auf. „Ja, ich weiss, aber so geht es uns allen, wir haben alle diese Klausel im Vertrag, bis auf Ren natürlich!“ zeigte sich die dritte sowohl angewidert als auch schmachtend. „…doch jetzt soll das gesamte Team von Dark Moon für ASICS Schuhe verpflichtet werden“ „ASICS Schuhe?“ „Das ist DIE Marke“ „Ja, ich weiss! Ich liebe diese Designs!“ „Umwerfend, ich weiss“ „Ich weiss“ äffte ein kleiner böser Kyoko Engel die hohlen drei nach. Doch umgarnt von Kyokos Zorn in Form netter Engelchen schwiegen die Schnepfen zugleich still. „LME hat den Vertrag heute bereits unterschrieben. Am Freitag in einer Woche findet der Dreh im Ballsaal des Schlosses zu Nagano statt. Die Skripten warten in eurem Hotelzimmer auf euch. Doch so viel sei verraten, ASICs greift auf Aschenputtel als Story zurück. Es ist ein europäisches Märchen der Gebrüder Grimm. Soll heissen, ihr alle werdet Gäste auf einem königlichen Ball sein. Prinz Ren“, lächelte Rory verschmitzt „soll sich eine Braut suchen, Momose-san buhlt um seine Gunst, als eine schöne unbekannte Prinzessin auftaucht und sein Herz mit sich nimmt. Schlag 12 verschwindet die Schöne und verliert unterwegs einen Schuh. Jeder der das Märchen kennt, weiss, dass der Prinz seine zukünftige später anhand des Schuhwerkes wiederfindet, doch nicht so in diesem Spot von ASICS.“ „ASICS Schuhe lässt man nicht zurück. Fataler Fehler, nicht?“, stellte die zweite der Schnepfen fest und die Triade fragte aufgeregt: „Wer spielt Aschenputtel?“ Rory lächelte nur höflich. „Wir sehen uns beim Dreh, ich darf seine Königliche Hoheit Vater spielen, überaus junger König, ich weiss“, freute er sich und bestieg sogleich seinen weissen Elefanten wieder. Kyoko strahlte, sie freute sich dabei mitspielen zu dürfen, das würde ihr gewiss viele LME-Punkte einbringen und wäre eine gute Gelegenheit mehr Erfahrungen zu sammeln. Und weil sie solch eine Freude an diesem Märchen hatte, konnte Kyoko es nicht ertragen, das einige im Team das Märchen gar nicht kannten. Kyoko ging zu Regisseur Ogata und fragte ihn: „Ogata-sensei, der Werbespot für ASICs soll gute Werbung für Dark Moon sein, habe ich Recht?“ Ein Nicken war Antwort genug, so dass sie ungehindert weiter sprach: „Dann wäre es doch sinnvoll, wenn alle das Märchen kennen, ich meine mit dem richtigen Schluss, oder?“ Ohne ein weiteres Mal auf ein Zeichen des sichtlich erschöpften Ogata-sans zu warten, bat Kyoko: „Dürfen wir vielleicht im Kinosaal des Senders „3 Haselnüsse für Aschenbrödel“ ansehen, um uns alle mit der Handlung vertraut zu machen, nach dem Dreh versteht sich?“ „Eine schöne Idee“, lächelte Ogata, „Ich werde dies in die Wege leiten, doch werde ich selbst nicht daran teilnehmen können. Verzeih.“ Kapitel 2: ----------- Drei Tage später, als im Studio die Aufnahmen gemacht wurden, sollte am Abend der Film gezeigt werden. Doch Kyoko sass allein im Saal und als auch 20 Minuten nach offiziellen Beginn niemand erschienen war, entschied Kyoko auf Play zu drücken und den Film nur für sich abzuspielen. Als der Prinz mit seinen Freunden Aschenbrödel als kleines Huhn bezeichnete und einfangen wollte, ging die Tür zum kleinen Kinosaal auf und Ren kam herein. „Verzeihung“, murmelte er und wollte sich einen freien Platz suchen, als er bemerkte, das alles bis auf einen noch frei war. Er setzte sich neben Kyoko und entschuldigte sich nochmals. Kyoko hielt den Film an. „Oh nein, bitte, fahre fort, ich bin viel zu spät.“ „Aber nein, du verpasst sonst doch den ganzen Anfang, der ist wichtig.“ „Ich bin zu spät, es ist ok.“ „Nein, gewiss habe ich mich mit der Uhrzeit vertan und zu früh begonnen. Verzeih. Ausserdem bin ich die Einzige ausser dir hier, da kann ich mich gern dir anpassen. Ich kenne ihn eh schon auswendig.“ Und noch bevor Ren ein weiteres Wort sagen konnte, begann der Film von vorn. Ren betrachtete Kyoko noch verwundert, als er sich beim Bellen des Hundes im Vorspann doch dem Film und der ansprechenden Musik hingab. Nur durch gelegentliches Lachen, wie zum Beispiel in der Szene mit dem Hühnchen ohne Federn, welches den Prinzen dennoch ganz schön alt aussehen lässt, indem er Schneebälle einstecken muss, war es still im Saal. Die Konzentration und die damit verbundene Anspannung war sehr gut zu fühlen, förmlich zu riechen. Am Ende des Filmes unterhielt sich Ren angeregt mit Kyoko über das eben Gesehene und die damit verbundenen Gedanken und Gefühle, während sie alles wieder aufräumte. Nachdem Kyoko die Tür zum Privat-Kino verschloss, stiegen sie gemeinsam die Treppe herab, noch immer in eine Diskussion über den Film vertieft. Doch da stolperte Kyoko und verlor einen ihrer Schuhe. Ren bückte sich sofort danach, kniete eine Stufe unter ihr nieder und wollte den Schuh gerade Kyoko wieder anziehen, als diese in leises Kichern ausbrach. Verdutzt sah Ren zu ihr hinauf und erst da bemerkte er die Parallele zum Film „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ und noch bevor Ren sich versah, verschwand Kyoko eilends ohne Schuh an ihm vorbei. Immer wieder dachte Kyoko auf dem Rückweg und später in ihrem Hotelzimmer an diese Situation. Sie schämte sich und ihre Engel schalten sie für ihr Benehmen. Kyoko war kein Aschenputtel und Ren kein Prinz. Noch dazu kannte er sie. Was dachte sie sich nur dabei, einfach zu verschwinden, doch den Mut Ren anzurufen fand sie dennoch nicht. Gleichzeitig erging es Ren unweit von Kyoko entfernt ganz ähnlich und doch ganz anders zugleich. Er verbat dem Prinzen Gefühle für Aschenbrödel zu haben und zählte viele Gründe auf, wieso er den Schuh hätte nicht zurück bringen sollen. Ja, er ging sogar soweit Gründe zu finden, von Beginn an gehorsam gewesen zu sein und seinem Vater, dem König zu folgen, brav das Hofgut zu besuchen, keine Jagd zu veranstalten, brav zu lernen und „klein Röschen“ zur Frau zu nehmen. Erst als Ren bemerkte, dass es kaum absurder ging, schüttelte er den Kopf und legte sich ins Bett in der Hoffnung bald Schlaf finden zu können. Vergebens. Kapitel 3: ----------- Nach einer relativ kurzen Nacht und einem wilden Traum erwachte Ren am nächsten Morgen, um wie gewohnt zum Set zu gehen. Als er ankam war Kyoko, die im Übrigen auch ziemlich übernächtigt aussah, ebenfalls schon am Set. Sie sprachen kein Wort miteinander und versuchten sich aus dem Wege zu gehen. Rens Manager Yashiro Yukihito entging die angespannte Atmosphäre zwischen den beiden nicht und bemühte sich täglich auf's Neue herauszufinden, was passiert war, doch selbst aus Kyoko konnte er beim besten Willen nichts entlocken. Überaus ungewöhnlich akzeptierte Yashiro letztendlich die Situation fürs Erste und hoffte das es sich beim gemeinsamen Dreh des Werbespots am nächsten Tage doch gelegt hätte und die beiden mit ihrer Professionalität über ihren scheinbaren Disput stehen konnten und gute Arbeit für die Dark Moon Werbeproduktion für ASICs abliefern würden. Das Team drehte den Spot in einem historischen Schloss bei Nagano. In zwei Bussen reisten die meisten Darsteller bereits am Donnerstag an. Ogata Hiroaki hatte einen zusätzlichen Tag Dreh frei für die gesamte Crew gegeben, damit diese in Ruhe die weite Reise antreten konnte und sich an die neue Umgebung noch etwas gewöhnen konnten, bevor sie am nächsten Tag sehr hohen Anforderungen genügen mussten. Derartige Massenszenen kamen im Drehalltag eher selten vor, so dass es für den Grossteil der Schauspieler eine Premiere werden würde. Es war nur ein einziger Drehtag für den zweieinhalbminütigen Werbespot geplant. Doch es wurde mehr Material gebraucht, um die besten Szenen zusammen scheiden zu können, genügend Photos für die Kampangnen in Zeitschriften und Magazinen zu machen und eine eventuelle Fortsetzung ohne erneuten Dreh veröffentlichen zu können. De facto würde das Team von 5 Uhr morgens bis spät abends ihr bestes geben müssen. Das Geheimnis, wer die ehrenvolle Rolle des Aschenputtels übernahm, wurde bis zur letzen Sekunde wie ein Schatz gehütet. Doch das lag daran, dass allein Rory Takarada die Besetzung kannte. Er hatte zusammen mit dem Geschäftsführer von ASICS eine passende Schauspielerin ausgewählt. Doch ASICS Geschäftsführer befand sich auf Geschäftsreise in Amerika und hatte das Geheimnis mit sich genommen, so dass es in Asien bisher nur einen einzigen Menschen gab, der die Besetzung kannte. Doch es hätte gegen Takaradas Person verstossen, hätte er nicht seine Freude dabei gehabt zu schweigen und der Schauspielerin allein es erst kurz vor Drehbeginn durch die Blume mitzuteilen. Rory genoss seine Rolle nur zu sehr und frühstückte gemütlich im Speisesaal des Schlosses, während die Schauspieler in der Maske waren, die Beleuchter die letzten Spots anbrachten, die Kamaramänner die Schienen aufbauten, die Garderobeisten die Kleider verteilten und eben alle um ihn herum wuselten. Ren Tsuruga ging in seiner Garderobe nochmals seinen Text durch, doch er kannte ihn bereits auswendig. Pünktlich um halb 7 begab er sich, wie alle anderen Darsteller auch in den Ballsaal des Schlosses. Rory liess es sich nicht nehmen das gesamte Team zu begrüssen und anschliessend einzuschwören. Eine halbe Stunde später endete der LME-Chef mit: „Viel Spass und macht mir keine Schande. Es ist eine grosse Verantwortung, die nun auf euch lastet, tragt sie gemeinsam im Bewusstsein das Beste für Dark Moon, LME und den von euch allen geliebt und verehrten Rory Takarada zu leisten. Enttäuscht mich nicht.“ Ein TOI TOI TOI bekam die Crew von ihm nicht zu hören, da Rory einen Dank für seine gutgemeinten Worte erwartete und selbstverständlich auch bekam. Ein DANKE, welches die verschiedensten Färbungen von wahrer Dankbarkeit, geheuchelter Höflichkeit bis zur meist überwiegenden Nervosität und ehrlicher Freude alles im Chor beinhaltete. Es war wie Musik in Rory Takaradas Ohren, so dass er sich mit einem breiten Lächeln auf seinen Thron setzte. Und während der Regisseur allen Anwesenden „TOI TOI TOI“ wünschte, winkte Rory Kyoko zu sich, die ein einem dunkelblauen Ballkleid unweit von ihm stand und den gesagten Worten lauschte. Doch sie sah Takaradas Aufforderung und kam ihr in der Rolle einer Adeligen nach. Elegant und würdevoll schritt sie zum Thron, machte einen tiefen Knicks und verweilte mit gesenktem Blicke unterhalb des Podestes, auf dem das königliche Paar sass. „Was ist ihr Begehr, eure Hoheit?“, fragte sie zutiefst ergeben. Rory lächelte belustigt, doch wenn er ehrlich war, so hatte er von ihr nichts Anderes erwartet. Er nickte ihr zu, so dass Kyoko sich erhob und winkte sie nochmals näher zu sich heran. Takarada wollte es vermeiden, dass jemand das Gespräch mitverfolgte, auch wenn alle anderen momentan in die andere Richtung sahen, um den letzten Anweisungen des Regisseurs zu lauschen um einen Probelauf für Licht und Kamera zu machen. „Begebt euch unverzüglich in den linken Flügel, erstes Stockwerk, dritte Tür auf der rechten Seite. Der grüne Salon. Fragt nicht und sprecht mit Niemanden. Es eilt. Euer König verlässt sich auf euch“, sprach der LME-Chef ganz in seiner königlichen Rolle. Kyoko knickste, entfernte sich mit geneigtem Haupte drei Schritte rückwärts und verschwand eilends aus dem Saal. Rory Takarada achtete darauf, dass niemand Kyoko beobachtet, doch keiner achtete auf die Dame in blau. Doch er wusste, dass sie jeder zuvor gesehen hatte, schliesslich wurde die Anwesenheit aller zuvor kontrolliert. Langwierig und eigentlich überflüssig, doch darauf konnte heute trotz der knapp bemessenen Zeit nicht verzichtet werden. Kyoko eilte durch das Schloss, stieg schnellen Schrittes mit gerafftem Rock die Treppe herauf zum linken Flügel und folgte dem Korridor bis zur besagten dritten Tür auf der rechten Seite. „Grüner Salon“ stand an einem Schilde rechts der Flügeltür. Als Kyoko dank des Museumsschildes sicher sein konnte, das rechte Zimmer gefunden zu haben, blickte sie sich nochmals um. Flur auf und ab, es war niemand zu sehen, sie spitzte die Ohren, doch alles was sie vernahm, war ihr beschleunigtes Herzklopfen und die tiefen Atemzüge von sich selbst. Und so holte Kyoko noch einmal tief Luft, sprach sich Mut zu und ergriff die hochgelegene Türklinke. Kyoko drückte sie nach unten und stiess die Tür nach innen auf. Kyoko erschrak, doch sofort besann sie sich eines besseren, trat ein und schloss sorgfältig die Tür hinter sich. Doch als sie sich umdrehte, glich der grüne Salon nach wie vor einer exquisiten Garderobe. Kyoko schritt elegant durch den Raum, auf den Spiegel und die Schminkkommode zu. Neben Make-Up, einem Drehbuch und einer kleinen schwarzen Schachtel lag ein Briefumschlag auf dem Tisch. Drauf stand in verschnörkelter Kalligraphie „Kyoko“. Kyoko ergriff den Umschlag, drehte ihn um und nahm das seidene, nach Rosen duftende Pergamentpapier vorsichtig heraus. Darauf stand nur ein einziger Satz, doch Kyoko erkannte die Handschrift Rory Takaradas „Deine zweite Haselnuss“. Kyoko lächelte ungläubig. Sie liess sich auf dem Schemel fallen, las die Worte erneut. Doch was nutzte es, sie hatte nicht genügend Zeit, um sich weiter damit auseinanderzusetzten, so dass sie aus dem dunkelblauen Ballkleid schlüpfte und die historische Unterwäsche, sicher eine originalgetreue Nachbildung, versuchte sie sich einzureden, anlegte und das Korsett bestmöglich allein straf zog. Kyoko öffnete soeben das schwarze mit Samt beschlagene Kästchen, als sie im Spiegel das Kleid entdeckte und sich erschrocken umdrehte. Sie hielt sich an der Kommode fest, dabei fiel die Pralinenschachtel herab, doch Kyoko war so gebannt, das sie dies überhaupt nicht wahrnahm. „Ein silbergewölbtes Kleid, mit Schleppe zum Ball“, sprach sie ganz fasziniert von diesem Anblick. Es war traumhaft schön, nicht so wie im Film, es war noch tausendmal schöner. Momose tanzte mit Ren, doch dieser entschuldigte sich und ging zurück zu dem Throne des Königs. Ren diskutierte mit Rory als seinen Vater über diese Veranstaltung, während die Gäste weiterhin zur Musik des Streichquartettes tanzten. Die Musiker waren vielfach ausgezeichnete Absolventen der angesehensten Musikhochschulen aus ganz Japan. Es war ihr erstes Engagement und gleich für einen internationalen Fernsehspot, den ASICS wollte das Material, für die USA und Teile Europas noch synchronisieren lassen, vorausgesetzt der Spot würde gut werden. So spielten die Musiker mit viel Freude auf, die Gäste tanzten vergnügt, der König, alias Rory Takarada sprach erhitzt mit seinem Sohn, der von Ren gespielt wurde und die vielen Kameras zeichneten von verschiedenen Positionen zeitgleich das Geschehen auf. Zwei Bedienstete in roten Uniformen öffneten beide Seiten der grossen Flügeltüre, als der Prinz kopfschüttelnd von seinem Vater davon stürmte. Doch auf halbem Wege, erstarrte Ren und auch die Musiker hörten auf zu spielen, die Gäste drehten sich verwundert um und Momose gefror zu Stein. Zur Tür herein schwebte eine bildschöne Prinzessin in einem silbernen Kleide mit eleganten und doch sehr sportlichen Schuhen, welche eine nicht zu definierende Farbe hatten. Von allen Seiten, in verschiedenen Winkeln, bei anderem Lichteinfall schimmerten die ASICS Tanzschuhe anders. Doch die wenigsten Anwesenden achteten lediglich auf das Schuhwerd der Dame. Ein hellblauer Schleier verbarg den grössten Teil ihres Gesichtes. Die brünetten Haare waren kunstvoll zu einer Hochsteckfrisur drapiert und das Kleid mit Schleppe betonte die tadellose Figur des hübschen Wesens. Ren stolperte über seine eigenen Füsse als er sich wieder in Bewegung setzte. Die Prinzessin lächelte hinter ihrem Schleier, machte einen Knicks vor ihrer Hoheit. Diese drehte eine Runde um die unbekannte Schöne, denn bisher erkannte der Prinz sein Aschenputtel nicht. Ren forderte die Schöne zu einem Tanze auf und diese machte einen weiteren tiefen Knicks und ergriff die Hand des Prinzen. Die Musik erklang erneut, doch die anderen Anwesenden trauten sich noch nicht gleich wieder zu tanzen. Die meisten sahen noch dem über das Parkett schwebenden Paar zu. Sie passten perfekt zueinander, das musste selbst Momose blass vor Neid zugeben. Doch auch sie kam einer Aufforderung nach und wirbelte erneut elegant über die Tanzfläche, auch wenn sie sich den Halse, wie die meisten Frauen und ausnahmslos alle Männer nach dem tanzenden Paar im Mittelpunkt umdrehten. Selbst alle Kameramänner vergassen ihre eigentlichen Einstellungen und verfolgten den Prinzen mit seiner Begleitung. Wie im Drehbuch angegeben, versuchte Ren als Prinz herauszufinden, wer sich hinter dem Schleier verbarg und so flötete die unbekannte Prinzessin alsbald der Prinz verlauten liesse seine Braut gefunden zu haben: „Zuerst müsst ihr ein Rätsel lösen…“ Bei diesen Worten, stellten die beiden ihren Tanz ein, nur um einen Tanz der ganz anderen Art zu beginnen. Die künftige Braut im silbernen Kleide, ging um den Prinzen herum, drehte einen Ring am Finger nervös umher, während sie den ratlosen Prinzen die Frage stellte, wer das beschriebene war. Doch der Prinz und auch Ren konnten keine Antwort finden, so dass die Schöne meinte: „Das ist sehr schade, denn solang ihr die Antwort auf meine Frage nicht kennt, kann ich euch nicht heiraten.“ In diesem Moment wandte die Dame sich zum Gehen, doch Ren, der soeben die Stimme erkannte, ergriff die Flucht und stürmte hinaus. Die meisten Anwesenden drohten ebenfalls aus ihren Rollen zu fallen, doch da ertönte sogleich das „CUT“ Und noch bevor die in Silber gekleidete Unbekannte von neugierigen Menschen umzingelt war, verschwand auch sie eiligst durch die Tür. Rory Takarada erhob sich von seinem Thron und verwies zur Ruhe. Er wollte soeben alle einschliesslich des soeben wieder erschienen Ren für die Disziplinlosigkeit schelten, als der Regisseur das Wort ergriff und sich begeister zeigte: „Grossartig. Eine andere Fassung von Aschenputtel, sehr gewagt, höchst modern und doch klassisch. Geniale Interpretation. Ich gratuliere, genau das sucht ASICS! Ich muss natürlich noch einen Blick auf die Aufnahmen werfen, doch ich denke, wir haben es soweit im Kasten.“ Rory zögerte nicht lange und ging eilends auf den Regisseuren zu, doch nicht ohne Ren auf dem Wege dorthin mit einem strafenden Blicke zu versehen. Ren wusste, dass er sich trotz der gelungenen Aufnahme auf ein Gespräch mit Rory Takarada treffen werden müsse. Seine Gefühle hatten Ren eiskalt erwischt, so dass er noch immer etwas neben sich stand. Doch er hatte seine Fassung schnell an der frischen Luft zurück erlangt und ebenso seine Professionalität wiedergefunden. Nur Kyoko die sich angeregt mit Momose unterhielt verwirrte ihn, doch diese hatte er die letzten Tage schon erfolgreich ausblenden können, so dass es ihm auch jetzt nicht sonderlich schwer fiel. Also schloss er sich dem Regisseur und Rory an, um die gemachten Aufnahmen gleich hier vor Ort zu sichten. Als Star war es nicht schwierig vorab vor allen anderen sehen zu können, wie die Ergebnisse der Arbeit aussahen. Kyoko in ihrem dunkelblauen Kleid jedoch, sprach mit Momose über die Unbekannte im silbernen Kleide und schaffte es somit den Eindruck erwecken zu können, nie weg gewesen zu sein. Momose fragte sie zwar kurz mal, mit wem sie getanzt hatte, doch Kyoko zeigte auf einen Mann, der selbst jetzt noch von Damen umringt war und mit so gut wie jeder Frau im Raume getanzt hatte, so dass es für Momose, die ebenfalls die Gesellschaft dieses Herren erfahren hatte, keine Zweifel an Kyokos Aussage gab. Sie stellte lediglich fest: „Ich wusste gar nicht, was für zwielichtige Typen bei Dark Moon mitwirken.“ Doch sogleich ergriff sie wieder das eigentlichem Gesprächsthema auf und fragte offen: „Wer war diese Prinzessin nun? Hast du sie erkannt? Ach, wenn ich nur wüsste, wer sie ist…“, sprach Momose ohne grosse Unterbrechung weiter. Kyoko jedoch träumte noch weiter von dem silbernen Kleid, mit Schleppe zum Ball. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)