Silber's cat's life von Cat-girl ================================================================================ Kapitel 4: Katzenaugen – Katzenkrallen! --------------------------------------- Die Nacht ging in die Dämmerung über und von dort aus weiter in den hellen Tag. Hinter dem Horizont kam die Sonne hervor und schickte ihre warmen Strahlen über die Stadt. Ihr helles Licht wurde vom Schnee reflektiert und ließ ihn noch weißer erscheinen. Er blendete regelrecht. Und die letzten Laternen legten sich zur Ruhe und fielen aus. Für die nächste Nacht, in der sie ihr künstliches Licht wieder über die Stadt schicken durften und für die Menschen das nächtliche Sein etwas erleuchteten. Die Sonne drang auch durch die Fenster des Hauses, indem seit Gestern ein kleiner Catboy wohnte. Sie streichelte ihn sanft mit ihren Strahlen, die jedoch mehr kalt als warm waren. Im Winter war nämlich selbst das Sonnenlicht kalt und fahl. Der kleine Catboy öffnete die Augen und blinzelte verwirrt. Alles war so hell und ohne Furcht oder Angst. Seine Augen blickten im Raum umher und die Pupillen, die sich für das Nachtsehen geweitet hatten, zogen sich nun zu schmalen Schlitzen zusammen. Der Neko zitterte noch ein wenig vor sich hin. Die Erscheinung, die nach seinem Traum urplötzlich im Raum aufgetaucht war, hatte ihm solch einen gewaltigen Schrecken eingejagt, dass er noch immer dachte, sie wäre vorhanden. Doch das war sie nicht. Selbst der kleinste Partikel von ihr war völlig verschwunden, als hätte das Kätzchen nie existiert. Zumindest nicht in dieser Form und auch nicht in diesem Raum. Auch bei seinem neuen Besitzer strahlte die Sonne in den Raum. Shane lag auf der Seite und schien zu schlafen. Doch dem war nicht so. Er war wach. Und das schon seit etwa einer halben Stunde. Der 26-jährige verdrängte den Traum, den er letzte Nacht gehabt hatte. Es war nämlich kein sehr schöner Traum gewesen. Er hatte von seinen Eltern geträumt, die schon sehr lange tot waren und von dem schrecklichen Unfall, bei dem sie gestorben waren. Shane setzte sich auf und die Decke glitt von seinem Körper. Er rieb sich die Augen und dachte dabei an Fellknäuele von Katzen. Wie sie diese hervor würgten und auf den Boden kotzten. Shane schüttelte den Kopf. Warum dachte er ausgerechnet nach dem Aufsetzen an solch katzenhafte Dinge? Er schüttelte unwissend den Kopf. Kurz darauf wandte er sich dem Fenster zu. Es hatte die ganze Nacht geschneit, denn sein äußeres Fensterbrett war voller weißer Flöckchen. Er zwinkerte und kletterte aus dem Bett. Die Decke fiel dabei gänzlich von ihm ab und gab den jungen Mann für die Außenwelt frei. Shane trug einen hellblauen Schlafanzug. Ruhig stand er im Zimmer vor dem Bett und fragte sich, was er tun wollte. Na, Shane. Schon Altersschwäche? Er zwinkerte nachdenklich. Der nächtliche Traum hatte ihm wohl das Hirn verdreht. Shane blickte nach unten und begann seine Schuhe zu suchen. Sie standen einsam und verlassen vor seinem Bett, rechts, direkt neben seinen nackten Füßen. Der Teppich unter ihm war recht weich. Der Schwarzhaarige mit den roten Strähnen trat nach rechts und schlüpfte in die Schuhe. Sie waren kalt aber bequem. Langsam wandte er sich dem Schrank zu, in dem seine Sachen darauf warteten, angezogen zu werden. Auch sie wollten den glänzenden Schnee von etwas näher erblicken. Er lächelte. Mit bedächtigen Schritten ging er auf den großen Schrank zu. Was'n los Shane? Du glaubst wohl, dass da jeden Moment 'ne Katze rausgesprungen kommt? Ne! Brauchst keine Bedenken haben, da ist schon keine drin. Als er an den Türen angekommen war, starrte er sie mit seltsam resigniertem Blick an. Schlüssel vergessen mit zu nehmen. Er drehte sich nach rechts, in Richtung Tisch. Mit zusammengekniffenen Augen starrte er das Telefon böse an. Das blieb ruhig und wagte es sich wahrscheinlich nicht einmal, in diesem Moment zu klingeln. Erleichtert öffnete er die Augen wieder und machte sich auf in Richtung Tisch. Der Schlüsselbund wartete bereits sehnsüchtig auf ihn. Das Metall glänzte in der Sonne und funkelte ihn erwartungsvoll an. Shane kam ihm näher und hob ihn vom Tisch auf. Er klapperte leise wie zum Morgengruß. Der junge Mann reagierte nicht darauf und lief langsam zum Schrank zurück. Dieses Mal fand er den passenden Schlüssel recht schnell und schloss mit seiner Hilfe die Tür auf. Danach packte er sie am Griff und zog sie nach außen. Leise knarrend ging sie auf. Shane blickte die Kleidungsstücke, die darin lagen, freudlos an. Er suchte sich ohne weiteres die richtigen für diesen Tag raus und warf sie wortlos aufs Bett. Sie flogen auch in die angegebene Richtung, nur der Pullover machte schon auf halbem Wege schlapp und segelte auf den Fußboden. Er wandte sich wieder dem Schrank zu und warf voller Wut die Türe ins Schloss. Mit einem lauten Rums ging sie zu. Es klag als wolle sie ihm damit sagen: „Ey! So 'ne Tür hat auch Gefühle. Ich kann nichts dafür, dass der Pullover so 'n schwaches Kleidungstück ist.“ Wortlos zog er den Schlüssel ab und lief zum Tisch. Das Telefon darauf blieb weiterhin stumm. Es wartete scheinbar auf eine günstige Gelegenheit, eine, in der er gerade sehr beschäftigt war und vor allem unvorbereitet, um dann wild loszuklingeln und zu sagen: „Hallo! Da will wieder einer was von dir!“ Ohne eine weitere Regung ließ er den Schlüssel fallen und ging langsam zum Bett hinüber. Auf seinem Weg las er noch den abgestürzten Pullover auf und ließ sich dann auf dem Bett nieder. Die Kleidung lag nun auf seiner linken Seite. Er legte den Pullover wortlos hinzu. Na bitte, alle wieder beisammen. Dann fiel ihm plötzlich so ein Spruch ein, den er mal gelesen hatte. Der besagte: „Mit Katzenminze hältst du dein Catboy bei dir!“ Er dachte kurz darüber nach und mit Schreck fiel ihm ein, dass auf diese Weise aber auch eine ganze Menge mehr Katzen an ihm hängen würden, als nur diese eine. Mit einer leichten Gänsehaut schüttelte er sich. „Nein danke. Die eine reicht mir.“, rief er leise in den Raum hinein. Shane saß noch eine Weile still, dann erhob er sich und nahm seine leblosen Klamotten mit sich. Er ging langsam in Richtung Tür. Dort angekommen schlüpfte er hinaus und blieb dann erneuterweise im Flur stehen. Sein Blick fiel auf die Tür von Silber's Zimmer. Was der Catboy wohl gerade tat? Es war ihm egal, er wollte ja eh erst einmal woanders hin. Und so wandte er sich in Richtung Haustür und folgte dem langen Flur bis fast zu ihr hin. Doch kurz vor der Tür wandte er sich nach links und verschwand im Bad. Die Tür verschloss er traurig. Warum er wohl traurig war? Wehrend sein Besitzer sich im Bad zurecht machte, saß der Neko noch immer am gleichen Fleck wie zuvor. Da hatte sich nichts geändert. „Mau...“, flüsterte er traurig. Sein Schweif zuckte von der einen Seite zur anderen. Dem Catboy war unwohl zu Mute. Er wollte wieder nach Hause... in die Gasse, in sein Nest … zu seiner Mutter. Mutter! Und sofort kehrten die schlechten Erinnerungen an seinen Albtraum zurück, wie ein Donnerknall. Er zuckte und wiederholte das traurige Maunzen. Und dann kam auch das Knurren des Magens zurück. Silber schreckte zusammen. Er hatte Hunger, das wusste er jetzt. Nicht wie letzte Nacht, wo er sich so erschrocken hatte. Langsam erhob sich der Neko auf alle Viere und krabbelte zielstrebig auf den Futternapf zu, der noch immer an seinem Platz stand. Noch ehe der Catboy den Napf erreicht hatte, er war nur noch ein Stück davon entfernt, öffnete sich plötzlich die Tür nicht weit von ihm. Silber zuckte zusammen und erstarrte. Seine Augen weiteten sich und in seiner Brust raste das zierliche Katzenherz. Wer oder was da wohl gleich kommen würde? Vielleicht war es wieder diese verrückte Katze, oder der Mörder seiner Familie, der ihn ausfindig gemacht hatte und jetzt töten wollte, oder es war etwas ganz anderes … Seine Katzenohren legten sich eng an den Kopf an und er stieß ein leises Fauchen aus. Langsam wurde die Tür aufgeschoben und eine Gestalt betrat den Raum. Der Neko erstarrte ein zweites Mal. Seine großen Augen blickten entsetzt auf das Wesen vor ihm. Er wagte kaum zu atmen... Vor ihm stand … nur sein neuer Besitzer. „Mau...“, fiepte der Neko und entfiel aus der Starre. Shane blickte ihn groß an. „Hallo, Katze!“, rief er ihm unfreundlich zu. „Mau!“, antwortete Silber in dem gleichen unfreundlichen Tonfall. Shane zwinkerte. Dann fiel sein Blick auf den Futternapf und er war leicht verunsichert. „Du hast ja nicht einmal etwas gefressen.“, stellte er verwirrt fest. Silber schüttelte kaum merklich den Kopf. Als er sich wieder seinem Besitzer zu wandte, sah er plötzlich den Jugendlichen in ihm, mit dem zerkratzten Gesicht und dem vielen Blut... der, der seine Familie getötet hatte. Er fauchte und sträubte das Fell. Shane wich zurück. „Hey, immer ruhig bleiben. Silber!“, rief er etwas ratlos. Ein wenig Angst verbarg sich darin. Die Augen des Catboy funkelten wütend. Sein gesamtes Fell hatte sich gesträubt, wie bei einem wilden Tier. Sein Besitzer starrte ihn noch immer fassungslos an. Was war bloß in ihn gefahren, dass er jetzt so reagierte? Vorsichtig streckte Shane eine Hand nach ihm aus, doch der Neko fauchte und streckte sich blitzartig vor um nach der ausgestreckten rechten Hand zu schnappen. Sofort zog sie Shane zurück. Er zuckte sichtbar zusammen, als der silberne Kater der Hand nachsetzte und unmittelbar vor ihm aufkam. „Chrrrr!“, zischte er und reckte sich nach oben. In dieser Position verharrte die Katze. Eine Weile lang starrten sich die Beiden nur regungslos an. Shane mit seltsam leeren Augen und Silber mit vor Wut glühenden. Die Luft zwischen ihnen knisterte und brannte. Doch dann, ganz unverhofft löste sich das unsichtbare Wutgeschehen auf und der Neko sank in sich zusammen. Die Augen geschlossen. Sofort wich Shane zurück, bis er in der Tür stand. Seine Augen starrten noch immer das Kätzchen vor ihm an. Er war verwirrt. Eine kleine Weile blieb Silber in dieser Haltung sitzen, dann hob er den Kopf und seine Augen, die offen waren, blickten ihn klar und gefühlslos an. Dem 26-jährigen fiel das Atmen wieder leichter, er hatte schon geglaubt sterben zu müssen. Die Angst, dass dieser Neko ihn gleich anspringen und zerreißen würde, war ihm ins Gehirn gebrannt. „Willst du noch etwas fressen?“, fragte er den Neko in einem ruhigen Ton. Silber regte sich zu nächst gar nicht und er glaubte, dieser Kater hatte ihn nicht gehört. Doch dann schüttelte Silber mit dem Kopf. „Okay, dann warte hier. Ich bring dir Kleidung.“, sprach Shane weiter. Silber starrte ihn regungslos an. Der Schwarzhaarige drehte sich ohne ein weiteres Wort um und verließ den Raum. Er ging in sein eigenes Zimmer um Kleidung für den Catboy zu holen. Wenige Minuten später kehrte er zurück. Einen dunkelblauen Pullover und eine schwarze Hose warf er dem Neko auf's Bett. Dann verschwand er wortlos wieder. Der Neko krabbelte auf allen Vieren zum Bett und zerrte die Klamotten herunter. Mit matten Augen betrachtete er sie. Dann stand er auf und zog sich ohne eine Regung den Pullover über. Auf der Vorderseite war ein Katzenkopf, weiß mit braunen Ohren und Zeichnungen im Gesicht. Die Augen waren grün und schrägliegend. Unter dem Katzenkopf stand: „Auch ein Neko ist nur eine Katze“ Silber nickte. Dann zog er sich noch die schwarze Hose an, die fast enganliegend saß. Währenddessen machte auch sein Besitzer sich fertig. Er zog sich andere Schuhe an und verließ dann den Raum. Die Tür wurde leise geschlossen. Der Neko kam aus seiner Tür getappt und seine Augen waren noch immer glanzlos. Shane warf ihm einen kurzen Blick zu und ging dann auf die Tür zu. Die Jacke holte er sich auf dem Weg noch weg und streifte sie vor dem Verlassen über. Dann schlüpften er und der Kater hinaus in die kalte, schneebedeckte Welt. Als Shane die Tür verschlossen hatte, machten sie sich auf den Weg. Der Schnee war kalt unter den weichen Katzenpfötchen und Silber maunzte erschrocken. Doch Shane reagierte nicht darauf. Er lief einfach nur ein Stück vor dem Neko her. Dieser trug noch immer das Halsband, die Leine jedoch nicht. Die Kleidung, die ihm Shane gegeben hatte, hielt ihn einigermaßen warm. Kalt fiel die Sonne auf sein zartes Gesicht, was dadurch noch bleicher wirkte. Sie kamen an vielen großen Häusern vorbei, die meisten kaputt und verlassen. Und auch an Gassen kamen sie vorbei. Und aus einer von denen kam ganz plötzlich eine pechschwarze Katze mit leuchtend grünen Augen geschossen. Wie ein Blitz kam sie hervor. Shane erschrak und stieß einen leisen Schrei aus. Er klang irgendwie heiser und erstickt. Der Kater rannte an ihm vorbei und Shane bekam eine fette Gänsehaut. Als die Katze dann auch an Silber vorbei eilte warf sie ihm einen kurzen Blick zu, der verhieß: „Sei vorsichtig!“ Dann war der Kater verschwunden. Einfach so weg. Wahrscheinlich in eine andere Gasse gerannt. Die Reaktion von Shane hatte der Catboy nicht bemerkt. Er war viel zu sehr mit dem Kater beschäftigt gewesen. Den jungen Mann verließ die Sträubung allmählich wieder. Er zitterte noch etwas leicht, aber ansonsten war alles in Ordnung. Kleine Schneeflöckchen wehten ihnen leicht entgegen. Und schon im nächsten Moment setzten sie ihren Weg fort. Noch ein paar Häuserblocks und Gassen tauchten zu beiden Seiten von ihnen auf, aber keine Katzen mehr. Und es dauerte auch gar nicht lange, da hatten sie ihr Ziel erreicht. Die Tierarztpraxis. Shane war schon zwei Mal hier gewesen, allerdings nur mit einem Freund und dessen Haustier. Noch nie allein. Es war ein großes Gebäude mit weißer Fassade. Silber betrachtete es mit großen neugierigen Augen. Sein Besitzer ging zur Tür, eine braune aus Holz, und klingelte. Ein Summgeräusch erklang und er drückte gegen die Tür. Sie öffnete sich. Langsam ging er hinein und sein Neko neugierig ihm nach. Hinter ihnen fiel die Tür ins Schloss. Im Haus kam ihnen ein seltsamer Duft entgegen. Es war warm und roch nach Hunden, Katzen und anderen Tierchen. Silber schnüffelte und seine Schnurrhaare zuckten. Zu beiden Seiten lagen weiße Wände mit Bildern darauf. Doch der Neko beachtete sie in seiner Aufregung nicht. Der Boden unter seinen Pfoten war mit hell- und dunkelbraunen Kacheln bedeckt. Ruhig liefen sie den Gang entlang, bis sie zu einem großen Raum kamen. Dieser war mit einer Glastür verschlossen. Sie hatte einen weißen Rahmen und eine milchige Innenfläche. Er drückte die Türklinke herunter und sie liefen hinein. Shane schloss die Tür. Nun standen sie in diesem Raum. Unter ihnen war ein grauer Teppich und über ihnen Lampen, die jedoch aus waren. Es ging ein Stück in den Raum hinein und dann gleich nach links. Dort saß eine junge Frau mit braunen Haaren an der Infostelle. Sie trug einen hellblauen Pullover. Shane ging auf sie zu und blieb vor der Rezeption stehen. Ein Licht schien auf den Platz von ihr. Die junge Frau hob den Kopf und blickte sie an. „Shane Yurak, mein Name. Das ist mein Neko Silber.“ Die Frau lächelte und schrieb die Namen auf einen Zettel. Dann besah sie sich Silber. „Wir wollen nur eine Allgemeinuntersuchung machen.“, sagte er ruhig. Der Catboy zuckte nervös mit den Ohren. Sie kicherte. „Süßes Tier.“, meinte sie. Dann wandte sich die junge Frau einem Funkgerät auf dem Tisch zu und sprach hinein: „Herr Kirsch, da ist ein Patient für Sie.“ Es knisterte und fast kurz darauf ertönte eine Antwort. „Schick sie zu mir, Mina!“ Sie nickte und sah dann wieder ihn und den Neko an. „Gehen Sie nach links weiter auf die weiße Tür zu.“, wies Mina die Beiden an. Shane nickte. „Danke, Mina.“, entgegnete er sanft und strahlte ein wenig. „Komm, Silber.“ Der Neko nickte und zwinkerte der jungen Frau zu. Sie lächelte freundlich. „Hab keine Angst. Lukas ist ganz nett.“, flüsterte sie ihm zu. Der Neko stellte die Ohren. Unsicher tappte er seinem Besitzer hinterher. Sie kamen an einem weiteren großen Raum vorbei, der auf ihrer linken Seite lag. Das war der Warteraum, aber hier mussten sie heute nicht Platz nehmen, sie waren die Einzigen hier. Shane kam das nur zugute, denn er hatte keine Lust noch weitere Katzen zu treffen. Als sie bei der weißen Tür angekommen waren, klopfte Shane dagegen. „Herein!“, erklang eine freundliche Männerstimme. Silber zuckte wieder mit den Ohren. Gleich würde er den Tierarzt kennen lernen. Sein Herz schlug wild in seiner Brust. Shane drückte die goldene Türklinke herunter und öffnete die Tür. Der Raum, der sich ihnen offenbarte, war von hellem Licht überflutet. An einem Tisch, nahe dem Fenster auf der linken Seite, saß ein junger Mann, so etwa 23. Er drehte den Kopf und lächelte freundlich. Gerade zu stand eine Liege die ziemlich groß war. Und der Boden war mit hellblauem Laminatboden bedeckt. Die Ankömmlinge traten ein. Der 26-jähriges schloss die Tür hinter ihnen Beiden. Der junge Mann stand auf um sie in Empfang zu nehmen. Er trug einen weißen Kittel und eine graue Hose. Unter dem Kittel schaute ein schwarzer Pullover hervor. Er ging auf sie zu. „Mein Name ist Lukas Kirsch.“, sagte er freundlich und gab Shane die Hand. „Shane Yurak.“, gab er seinen Namen preis. Der Neko zuckte. „Und du?“, wandte sich der Mann an ihn. „S-Silber“, maunzte der Neko schüchtern. „Hallo, Silber. Schön dich zu sehen.“, sagte Lukas freundlich zu ihm und die Angst wich von dem Jungtier. Shane wich zurück und sie ließen einander los. Der Tierarzt ging zu seinem Stuhl zurück und die beiden Anderen folgten ihm. Sie blieben stehen. „Also, Silber. Du wirst gewogen, gemessen und ich überprüfe deine Ohren, Augen, Nase und Maulinhalt. Auch dein Skelett schauen wir uns an. Ich will sehen, ob du gesund bist.“, erklärte er dem Neko. Dieser nickte und sie fingen an. Der Catboy sollte sich zu erst einmal die Kleidung abstreifen. Ein bisschen peinlich war ihm das schon, aber das war dann nicht mehr so schlimm. Lukas führte ihn zur Waage und er stellte sich darauf. Das Gewicht lag bei 4 Kilogramm, normales Katzengewicht also. Als nächstes wurde er gemessen, und auch hier stimmte die Größe. Lukas führte ihn zurück zu seinem Platz und hier leuchtete er ihm in die Katzenohren, die Katzenaugen und auch das Näschen wurde begutachtet. Die Ohren waren trocken und sauber, die Nase sauber und nicht verkrustet und die Augen klar und glänzend. Dann sollte er das Maul öffnen und Shane war ein bisschen verwirrt. Die Zähne, die sich ihm zeigten waren allesamt messerscharf und reinweiß. Sein Gebiss war mehr das einer Katze, als das eines Menschen. Auch hier war alles okay. Im Rachenraum und im Hals. Silber schloss das Maul wieder. Als Lukas sich umwandte und Shane's Blick sah, lachte er und meinte: „Shane, hast du es etwa vergessen... auch Neko sind nur Katzen die sich verwandelt haben um in unserer Welt besser zurecht zu kommen.“ Silber nickte unbemerkt. Der Doktor nahm ein rundes Objekt vom Tisch und hielt es Silber an die Brust. Es war kalt und Silber zuckte zusammen. „Ganz ruhig, Kleiner. Ich höre nur dein Herzschlag ab.“ Damit war das auch geklärt. Der Neko wurde angewiesen tief durchzuatmen. Und während er das tat, berührte das kalte Ding mehrere Stellen seines Körpers. Lukas war froh. Dem Neko ging es soweit gut. „Und jetzt prüfen wir deine Reflexe.“, sagte er und setzte den Catboy auf die Liege. Schon im nächsten Moment bekam der Catboy etwas hartes auf die Hinterläufe geschlagen. Er zuckte zusammen und fuhr die Krallen aus. Dies geschah auch bei den Vorderläufen. „Sehr gut!“, lobte ihn der junge Mann. Shane sah regungslos zu. „Und zum Schluss wollen wir uns noch dein Skelett anschauen.“, erklärte der junge Mann. Silber schaute ihn groß an. Skelett anschauen? Er wedelte aufgeregt mit dem Schweif. Was jetzt wohl gleich passieren würde? Er wartete auf weitere Anweisungen von Lukas. Diese folgten auch sogleich. Er trat zurück und der Neko sprang von der Liege herunter. „Na dann folge mir mal“, sagte der Tierarzt freundlich und Silber folgte ohne zu murren. Sie gingen in einen Nebenraum und dort war ebenfalls eine Liege. Im Raum selber war es ziemlich dunkel, nur ein dämmriges Licht ließ hier das Sehen zu. Der Catboy blickte sich etwas ängstlich um. Seine Ohren legten sich an und er maunzte leise. Im selben Moment weiteten sich die Pupillen für das Nachtsehen. Lukas blieb stehen. „Hab keine Angst, Kleiner. Es passiert dir hier nichts.“, beruhigte er ihn. Silber zuckte unsicher mit den Schnurrhaaren. Dann gingen sie zu der Liege und er wurde angewiesen, sich darauf zu setzen. Silber wusste nun, wie es ging und sprang hinauf. Er hatte es jedoch etwas falsch gemacht und stand nun mit den Pfötchen und den Hinterlaufsschienen auf dem bettartigen Gegenstand. „Mau...“, flüsterte er und blickte Lukas noch immer unsicher an. „Das hast du gut gemacht.“, meinte er sanft, „und jetzt musst du dich hinlegen, so, als wenn du schlafen wolltest.“ Silber war etwas verwirrt. Wieso sollte er hier schlafen wollen? Plötzliche Angst durchströmte seinen zierlichen Katzenkörper. Die Augen wurden feucht und groß. Lukas hob die Hand. „Nein, du musst dich nur mal kurz auf die Seite legen, damit ich deine Knochen röntgen kann, das heißt, du wirst durchleuchtet und dein Skelett auf ein Blatt projiziert.“ Der Neko verstand zwar nicht, was der Mann ihm zu erklären versuchte, nickte aber gehorsam und legte sich auf die Seite. „Ich lass dich jetzt kurz allein, hab keine Angst, es ist nur für wenige Minuten“, sagte er ruhig und verließ damit den Raum. Die Tür wurde geschlossen und Silber lag einsam und verlassen auf dem Bett. Er schloss die Augen und streckte die Vorderläufe von sich. Schnurrend lag er da und sein Schweif streckte sich aus. Ein, für ihn nicht spürbarer Strahl scannte ihn ab. Wenige Minuten später wurde die Tür wieder geöffnet und Lukas trat hinein. „Hey, Silber“, rief er und kam zu ihm, „das hast du sehr gut gemacht. Komm Kleiner wir gehen zurück zu deinem Besitzer.“ Silber richtete sich auf und der Doktor half ihm von der Liege herunter. Zusammen verließen sie den halbdunklen Raum. Silber's Pupillen zogen sich bei der plötzlichen Helligkeit schlagartig zusammen. Shane hob den Kopf, als die Beiden auf ihn zu kamen. Silber lief ihm entgegen und maunzte etwas schüchtern: „Skelett auf Bild... vorbei.“ Shane begriff zwar nicht ganz, was sein Neko wollte, aber irgendwo tief in ihm drin, war ihm das auch egal. Silber lief zu seiner Kleidung und zog sie sich wieder über. Lukas holte das Bild und legte es an ein Fenster, aus dem helles Licht strahlte. Das Zimmerlicht schaltete er aus. Silber blickte fasziniert auf das Bild seines Skelettes. Es zeigte ein vollkommen gesundes Katzenskelett. Shane war erneut verwirrt. „Ein Katzenskelett?“, fragte er. Lukas wandte sich ihm zu, lachte erneut und meinte nur: „Hast du es schon wieder vergessen? Auch Neko sind nur Katzen die sich verwandelt haben.“ Shane nickte abwesend. Wenige Minuten später verabschiedeten sie sich und verließen die Praxis. Gemeinsam gingen sie die Straße entlang. Schnee war bis jetzt nicht wieder gefallen und es schien für diesen Tag auch keiner mehr zu kommen. Sie gingen noch in ein Tiergeschäft, wo Shane für seinen Neko ein dunkelblaues Katzenklo – auf dessen Wunsch – kaufte. Und dann verfolgten sie den Weg nach Hause. Shane schloss die Tür auf und der Neko tappte herein. Seine Hinterpfötchen waren mit Schnee bedeckt. Das gefrorene Wasser hing zwischen seinen Zehen und Krallen. Er würde sie jeden Moment reinigen. Shane schloss die Tür und brachte das Katzenklo ins Bad. Silber blieb draußen stehen und als sein Besitzer wieder kam, liefen sie gemeinsam den Gang entlang. Shane zog die Jacke aus und hing sie an den Hacken. Dann führte er den Neko zu seinem Raum und entließ ihn dort. Silber verschwand in seinem Zimmer, schloss die Tür und ging dann der Pfotenpflege nach. Auch Shane verschwand in sein Zimmer, zog sich um und setzte sich dann auf sein Bett. Die nassen Schuhe stellte er unter die Heizung. Dann wandte er sich dem Fenster zu und starrte sinnlos hinaus. Fahles Sonnenlicht fiel auf sein Gesicht. Als plötzlich das Telefon klingelte. „Nicht schon wieder!“, fluchte er und wandte sich vom Fenster ab. Es klingelte weiter, dringlicher. Shane ging langsam zum Tisch hinüber, legte den Schlüssel ab und nahm den Hörer von der Gabel. „Guten Tag!“, sprach er in den Hörer. Keine Antwort am anderen Ende. Er zwinkerte verwirrt. Eine unheimliche Atmosphäre herrschte im Raum und es wurde für wenige Augenblicke beträchtlich kälter. Dann knackte es leise und eine seltsame, düstere leise Stimme sprach hinein: „Ich habe dich beobachtet... wenn ich das noch einmal sehe, dann reiße ich dir dein Herz raus!“ Er zuckte zusammen und seine Augen weiteten sich vor Angst. „Hast du mich verstanden, Shane Yurak?!“, fauchte die Stimme und eine plötzliche Welle der Angst überkam ihn. Er wurde mit einem Schlag kreidebleich und eine fette Gänsehaut machte sich auf seiner Haut breit. Das war kein menschliches Fauchen... das klang mehr wie... Erschrocken ließ er den Hörer fallen. Das Gerät knallte auf den Tisch, war aber nicht beschädigt. Er zitterte am ganzen Körper. Wer war das? Und woher kannte dieses Wesen seine Nummer bzw. seinen vollen Namen? Den hatte er noch nie jemandem gesagt, außer in der Tierpraxis. Aber sonst kannten sie immer nur den Vornamen. Er wusste nicht einmal, was es mit seiner Drohung überhaupt gemeint hatte? Völlig verängstigt lief er zu seinem Bett und setzte sich ganz langsam drauf. Mit großen Augen starrte er das Telefon an, welches noch immer neben dem Apparat lag. Es piepte nur. Er zitterte noch immer am gesamten Körper. Das war der seltsamste Anruf, den er je bekommen hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)