Glück atmen. von inferences (und Liebe konsumieren. {rumtreiber}) ================================================================================ Kapitel 1: glühwürmchen ----------------------- Sie waren nicht in Eile. Das war wahrscheinlich das Besondere an ihrer Liebe. Sie war beständig und schlicht, langanhaltend und bescheiden. Nichts über was es sich zu reden lohnte. Ihnen fehlten die überraschten Oh’s und die bedächtigen Ah’s. Sie waren nicht wie James und Lily. Keine heftige, liebend-hassende Attraktionsliebe. Sie waren langweilig. Einander so ähnlich, dass es eines Tages so kommen musste. Aber sie ließen sich Zeit. Weil sie sie hatten. Weil ihre Liebe kein Feuerwerk war, dessen Farben kurz leuchteten, dessen Funken lange fielen. Kein Streichholz, das dazu verdammt war abzubrennen. Was sie waren, wussten sie nicht. Nur dass sie es zusammen sein würden. Er wusste es. Sie wusste es. Ob es heute passieren würde oder morgen oder in 20 Jahren. Es war egal. Früher oder später würden sie ein Paar sein. Sie hatten alle Zeit der Welt. Dafür mussten sie auf den Glitter verzichten. Aber den hatten sie sowieso nie gewollt. Sie waren ein äußerst schmuckloses Team, wenn sie gemeinsam durch Hogwarts wandelten. Mit verantwortungsvollen Blick, mit geschäftigen Schritt. Manchmal riss er einen Witz und sie lachte leise, fast verstohlen, so als würde es eine Pflichtverletzung darstellen über seine Witze zu lachen. In den Vertrauensschülersitzungen saßen sie direkt gegenüber von einander. Und diskutierten leidenschaftlich: „Vergiss es!“ „Wieso nicht? Wir müssen auch an das Wohl der älteren Schüler denken!“ „Und an das der Jüngeren? Du kannst nicht laufend alle 1. bis 3.Klässler ausschließen. Das ist schlichtweg inakzeptabel!“ „Sie würden sich nur langweilen, quengeln, eventuell sogar an Alkohol kommen. Das ist inakzeptabel“ „Warum gibt es überhaupt Alkohol auf diesen Feten? Hm? Weil du und deine Freunde das Zeug ankarren! Und nur damit ihr das weiter machen könnt, sollen wir den Jüngeren die Teilnahme an solchen Veranstaltungen verbieten. Das ist inakzeptabel“ „Das hat nichts mit meinen Freunden zu tun, dass du sie jetzt als ein Argument missbrauchst, ist inakzeptabel. Das Alkoholproblem basiert auf einer Sicherheitslücke.“ „Aber deine Freunde sind die Sicherheitslücke, damit das Alkoholproblem und damit das Argument für den Ausschluss der jüngeren Schüler. Vergiss es, Lupin. Bei dem Frühlingsfest sind die Kleinen mit dabei und wenn ich mir den ganzen Abend Potter und Black unter die Arme klemmen muss!“ „Das ist do-“ „Sehr schön, das ist für uns alle doch eine akzeptable Lösung!“ Nach solchen Sitzungen wartete sie stets auf ihn. Ihre lederne Aktentasche mit beiden Händen haltend, fast ein wenig schuldbewusst. Wenn sie ihn dann sah, verzweifelt, weil sie sich wieder durchgesetzt hatte, bekam sie einen weichen Blick. Und er dachte, dass er sie vielleicht deswegen liebte. Und er fragte sich, wann er sie mehr liebte. Wenn sie streng und durchsetzungsfähig war, ein lauter Tornado, der über ihn hinwegfegte Oder wenn sie süß und weich und wunderbar war, schüchtern und errötend, sie wie eine sanfte Brise über sein Herz strich. „Gehst du mit mir aus?“ Remus lächelte und überreichte ihr die frischgepflückte Gänseblume. Leichte Verbeugung. Darf ich bitten, Mylady? „Ja“ sagte sie, weil es so sein musste, weil es doch schon immer so vorbestimmt war. Was hätte sie denn anderes sagen können? Sie nahm die Gänseblume, roch klischeehaft an ihr, roch nichts, lächelte trotzdem, als würde sie duften, als würde sie so schön sein wie er, wenn er ihre Hand nahm, wenn er sie nehmen würde. In ihrer Vorstellung. Aber die Realität war doch immer viel schlechter. Und die Gegenwart tat weh. Aber gerade war er hier, bei ihr, und er hatte sie nach einem Date gefragt. Sie hatte darauf gewartet, so lange, lange, lange. Und es machte sie glücklich, nicht so glücklich, wie sie es gedacht hätte, aber doch glücklich, ziemlich glücklich. Nur ein kleines hüpfendes Herz. Und es war ihres. Er nahm ihr die verloren wirkende Blume aus der Hand, strich eine braune Strähne zur Seite und steckte die Blume in ihr Haar. Sie errötete wieder, das Blut rauschte verräterisch in ihren Ohren. Nur ein kleines verliebtes Mädchen. Und sie war sein’s. „Wo willst du hin?“ fragte er. Sie dachte, egal, hauptsache mit dir. Sie sagte „Die drei Besen?“ „Hausverbot“ murmelte er. „Honigtopf?“ „Hausverbot“ „Madam Puddifoots?“ „Hausverbot“ „Der Eberkopf?“ Sie schauderte. „Hausverbot“ „Was für Verbrechen hast du denn begangen?“ „Ich habe James und Sirius als Freunde“ gab er zurück. Annie lachte. Remus lachte. Der Himmel lachte. Über sie. Er griff nach ihrer Hand. „Ich bring dich wo hin“ sagte er. Sie fragte nicht, wohin. An seiner Hand würde sie überall hingehen. „Es ist schon ziemlich dunkel“ sagte sie. Das Gras hatte sich mit ihren Haaren verflochten. „Ja“ sagte er „Ich mag die Dunkelheit“ „Ich habe Angst im Dunkeln“ meinte sie. Und es war schön zu sehen, wie ehrlich sie war. Wie sich ihre Seele vor ihm auszog. Sie keine Scham, keinen falschen Stolz vor ihm kannte. Ein Rascheln drang an ihr Ohr. Ein Rascheln fühlte sie in ihrer Hand. „Was ist das, Remus?“ „Nur ein Bonbon“ sagte er. Obwohl es dunkel war, wusste er, dass sie skeptisch aussah. Ihre Stirn in kritische Falten gelegt hatte. Wie oft hatte er sie betrachtet, ihm direkt gegenüber, ihr Gesicht studiert, es sich eingeprägt. Remus war kein großer Künstler, aber ihr Gesicht hätte er malen können, in allen Einzelheiten. „Warum gibst du mir ein Bonbon?“ fragte sie. „Weil du Angst hast“ meinte er. Es ist ein Angstbonbon. Und sie fragte nicht weiter. Es raschelte wieder. „Es ist süß“ stellte sie fest. „Es ist ein Bonbon“ sagte er. Stille. Ein paar Grillen zirpten. „Hast du noch Angst?“ „Nein“ Ja. „Warte nur eine Sekunde, ich bin gleich wieder hier“ Er richtete sich auf. Eine Sekunde lang war Annie sich sicher, dass seine Lippen ihre Wange gestreift hatten. In der nächsten Sekunde zweifelte sie. Es hätte auch eine laue Brise gewesen sein können. „Nur eine Sekunde, Annie“ sagte er. „Ich habe Angst alleine“ sagte sie. Ein Rascheln drang an ihre Ohren. Ein Rascheln fühlte sie in ihrem Herz. Remus ging. Und sie hatte Angst. Die Süße erfasste ihre Zunge. Seine Schritte verstummten irgendwann. Es war still. Sie horchte in die Nacht und hörte die Grillen und sah die Sterne und fühlte Remus. Nur Remus, Remus, Remus. Remus ist kein Gefühl, scholt sie sich selber. Weil sie vernünftig und intelligent war. Und Remus wirklich kein Gefühl. „Es schmeckt nach Zitrone“ sagte sie. Nur um irgendetwas zu sagen, nur um irgendetwas zu hören. „Es ist ein Bonbon“ „Ich habe dir etwas mitgebracht“ sagte er dann irgendwann. Sie setzte sich auf, aber sie fragte nicht Was?. Er streckte ihr seine geballte Faust entgegen. Und öffnete sie dann. Sie sah nichts. Nur seine Hand. Remus hatte schöne Hände. „Was ist das, Remus?“ Liebe, Annie, nur Liebe. „Ein Glühwürmchen“ „Aber Glühwürmchen leuchten“ wandt sie ein. „Das Glühwürmchen hat aber Angst“ sagte er. „Und dann leuchten sie nicht?“ „Ja.“ Er dachte, dass sie auch leuchtet, wenn sie Angst hat. „Warte nur ein bisschen, Annie, es wird gleich anfangen zu leuchten. Wenn es denkt, dass es in Sicherheit ist“ Sie beide starrten in die Dunkelheit. Seine Schulter so nah an ihrer. So nah. „Da!“ flüsterte sie. Es leuchtete und schwirrte und sirrte. Und es war schön. „Ja.“ sagte er „Du musst flüstern“ hauchte sie. Fasziniert. „Wieso?“ fragte er. „Weil das Glühwürmchen sonst Angst hat“ Er lächelte. Und leuchtete. „Glühwürmchen haben keine Ohren, Annie“ „Aber vor was haben sie dann Angst?“ „Sie haben Augen. Sie können sehen.“ „Aber es ist dunkel“ „Und sie leuchten.“ „Ich glaube, sie haben auch Angst im Dunkeln und deswegen leuchten sie“ „Vielleicht“ Stille. Stille. Stille. Das Glühwürmchen flog und zitterte und war plötzlich weg. „Mir tun Glühwürmchen leid“ sagte sie auf ein Mal. „Wieso?“ fragte er und zupfte ihr vorsichtig die Grashalme aus dem Haar. „Weil sie keine Bonbons essen können“ Und nicht von dir geliebt werden. Sie sagte; „Ich denke, ich liebe dich“ Er sagte nichts. Dachte nur an Bonbons und Glühwürmchen und Vollmondnächte. Und er denkt, dass das keine gute Idee ist. „Das ist schön, Annie“ Und das ist das Letzte was er zu ihr sagt. Und er gibt ihr einen ersten letzten Kuss. Damit er sie einmal geküsst hat. Und er schenkt ihr noch ein letztes, drittes Bonbon. Damit sie ohne ihn keine Angst hat. Weil er jetzt gehen muss. „Es schmeckt bitter“ „Es ist ein Abschied“ „Ich kenne es“ sagt sie. Er sieht überrascht auf. Und sie steht da, mit ihrer ledernen Aktentaschen in beiden Händen. Nicht schuldbewusst. Nur ein bisschen verbittert und traurig. Er denkt, dass er sie jetzt am meisten liebt. Jetzt, weil er sie so lange nicht mehr hatte. Er will sie nur noch ein Mal küssen, aber es hat doch keinen Sinn. Er weiß nicht, was ihn mehr überrascht, das was sie sagt. Oder die Tatsache, dass sie überhaupt noch mit ihm spricht. „Was?“ fragt er. „Dich. Ich kenne dich“ antwortet sie. Er denkt, dass sie nicht ein Mal weiß, was sie da sagt. Was es heißt er zu sein und ihn zu kennen. Er weiß, dass sie das nicht schaffen würde, sie zu schwach ist ihn zu lieben. Wenn sie weiß, wer er ist. So ganz und vollständig und nackt. Er schämt sich etwas dafür, dass sie so ehrlich zu ihm war. Und er es ihr nicht sagen kann, weil er es nicht ertragen kann, gehasst zu werden. Von ihr. „Lily hat es mir erzählt“ sagt sie. Sein Herzschlag setzt eine Sekunde aus. Warum, denkt er, warum sagt Lily ihr das? Warum weiß Lily das? Warum weiß Lily, dass Remus Annie mehr liebt als alles andere. Und dass er es nicht schafft sie zu verlieren. „Und?“ fragt er. Und er hofft, dass sie immer noch nicht wirklich wirklich weiß, wer er wirklich wirklich ist. Sie zögert. Er denkt, dass er auch ohne sie leben kann. Es gab auch ein Leben vor ihr. Irgendwo. Irgendwanneinmal. Aber er war sicher, dass da Mal etwas war, etwas gewesen sein musste. „Ich habe Angst“ sagt sie schließlich frei heraus. „Ich auch“ sagt er. Und zwar dich zu verlieren. „Das ist gut“ meint sie. „Ja“ Und sie greift nach seiner Hand, weil sie ihn irgendwie liebt. Und sie wie Glühwürmchen sind. Im Dunkel leuchtend, manchmal ängstlich-horchend innehaltend, dann weiter liebend, leuchtend, lebend. Denn mehr sind sie nicht. Nicht mehr als Remus und Annie. „Ich denke, ich liebe dich“ „Das ist gut“ Und sie vielleicht ein bisschen glücklich sein können. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)