Something went wrong von Inquisitor (Miyavi / Keiyuu) ================================================================================ Kapitel 2: Bist du nicht müde? ------------------------------ „Hey, Myv, ich bin’s“, rief Shou unbekümmert in die Gegensprechanlage von dem Haus, in dem Miyavi wohnte. „Shou?“, knisterte es Shou und Mai entgegen. „Höchstpersönlich.“ „Okay, komm rein, aber ich hab‘ nicht allzu viel Zeit.“ „Die brauch‘ ich auch gar nicht.“ Das Klicken verriet, dass Miyavi aufgelegt hatte und auf das darauffolgende Summen hin betraten Mai und sein Samariter das Haus. „Ich war einmal hier“, erzählte Mai unsicher, „Keiyuu hat hier mal seinen Geburtstag gefeiert.“ „Ich war auch ein paar Mal hier, eigentlich noch nie. Saga hat mir Miyavis Adresse gegeben für den Fall, dass ich mal das dringende Bedürfnis verspüren sollte, Miyavi zu besuchen“, in Shous Stimme schwang ein missmutiger Unterton mit, den Mai nicht zu deuten wusste. Währenddessen stiegen sie in den Fahrstuhl ein und ließen sich in den dritten Stock fahren. Miyavi stand schon wartend in der Tür, als sie aus dem Fahrstuhl stiegen. Er öffnete gerade den Mund, um Shou zu begrüßen, der vorausging, da sah er Mai und er schloß seinen Mund umgehend wieder. „Was wollt ihr?“, war statt einer netten Begrüßung das, was Miyavi den beiden entgegenbrachte. Mai setzte schon an, etwas Bissiges zu erwidern, doch Shou kam ihm zuvor. „Den Zweitschlüssel zu Keiyuus Wohnung“, antwortete er ungerührt Miyavis kampflustiger Miene. „Woher wollt ihr wissen, dass ich ihn noch habe?“ „Keiyuu hat gesagt, du wolltest deine Sachen noch abholen...“, erklärte Mai kurz und bündig. „Ihr könnt den Schlüssel haben, wenn ihr meine Sachen für mich holt“, bot Miyavi an. Shou nickte langsam. In Mai schrie es nach Protest, aber er vertraute auf Shou. „Okay, abgemacht. Dann kommt kurz rein“, sagte der schwarzhaarige Gitarrist und drehte sich um. Mai und Shou folgten ihm in sein Appartement. Während er sich im Flur umsah, musste Mai feststellen, dass Miyavis Bude im Gegensatz zum letzen Mal, als er hier gewesen war, wesentlich stilvoller aussah Aus dem Wohnzimmer klang Musik von Luna Sea und aus Miyavis Küche, die, wie Mai wusste, ziemlich groß war, drang der Geruch von frisch zubereiteter Pasta, obwohl die Küchentür geschlossen war. „Also, in Keiyuus Wohnung hab‘ ich noch einen Rasierapparat, ‘ne Zahnbürste, ‘ne Ladung Handtücher“, Miyavi überlegte kurz, bevor er weiter aufzählte, „Eine Auflaufform und ‘ne Menge Klamotten. Am Besten fragt ihr einfach Keiyuu.“ „Ja, machen wir.“ Shou hatte die Arme vor der Brust verschränkt, wirkte aber trotzdem nicht ungeduldig. Mai hätte Miyavi am Liebsten seine Scheißhandtücher in den Hintern geschoben, anstatt sie für ihn abzuholen. Was erlaubte er sich auch noch Ansprüche zu stellen?! Miyavi langte in seine Hosentasche, zog einen Schlüsselbund hervor und trennte den gesuchten Schlüssel vom Bund. Sogleich griff Mai danach und steckte den Schlüssel ein. „Lass uns gehen, Shou“, sagte Mai verächtlich und hoffte, dass Miyavi sich wenigstens ein bisschen schämen würde. Ohne ein weiteres Wort verließ er das Appartement. Shou bedankte sich noch und folgte ihm. Erst als die beiden im Fahrstuhl standen und die Tür schon geschlossen war, fiel die lässige Art von Shou ab. „So ein Wichser!“, fluchte er, „Als ob wir ihm seine Sachen auch noch hinterher tragen würden!“ Mai nickte zustimmend. „So ein Arsch!“, steigerte sich Shou langsam rein, „Wir holen Keiyuu auf jeden Fall aus diesem Loch raus! Und seine Sachen kann sich Miyavi ja wohl selber abholen! Erzähl mir, wie schlecht es ihm geht. Nao hat mir zwar erzählt, was er von Yuura weiß, aber du als sein bester Freund hast wahrscheinlich doch etwas mehr Durchblick.“ „Ihm geht es...“, Mai suchte nach dem richtigen Wort, „schlecht.“ „Aussagekräftig“, kommentierte Shou, während die beiden das Haus verließen und in Shous Auto stiegen. „Keiyuu ist einfach fertig. Er hat Miyavi geliebt, er liebt ihn wohl immer noch. Ich weiß nicht- Ich kann auch nicht nachfühlen, wie er sich fühlen muss, weil ich noch nie jemanden so geliebt habe, glaube ich.“ „Deswegen bin ich ja da“, sagte Shou leise, nachdem er den Motor gestartet und vom Parkplatz runter auf die Straße gefahren war. „Du kennst das Gefühl?“ „Meine letzt Beziehung war perfekt, einfach traumhaft, weißt du? Aber ich wurde verlassen. Mit der simplen Begründung: ‚Es liegt nicht an dir, aber ich liebe dich nicht mehr.‘ War zwar schön, dass es nicht meine Schuld war, aber es gab auch nichts, was ich dagegen hätte tun können. Ich war komplett hilflos. Es war schrecklich.“ Genau wie bei Keiyuu wusste Mai auch nichts, was er darauf zu Shou sagen könnte. „Aber ich bin durch damit, sonst könnte ich wohl kaum Keiyuu helfen“, erklärte Shou, während er nach kurzer Fahrzeit die Auffahrt zu Keiyuus Wohnung befuhr. „Als Nao mir davon erzählt hat, wie hilflos ihr drei mit ihm seid, dachte ich, da ich die Scheiße schon mitgemacht habe, kann ich meine Erfahrungen ja auch weiter geben.“ Wieder kam Mai das Bild von Shou als Engel in den Kopf. „Danke.“ Mai steckte den Schlüssel ins Schloss und öffnete langsam die Tür. Leise drang aus Keiyuus Wohnzimmer Miyavis Stimme. Dass Keiyuu eine von Miyavis CDs hörte, gefiel Mai gar nicht. Shous Gesichtsausdruck verriet dem Gitarristen, dass der Sänger auch nicht davon begeistert war. Die beiden betraten den Raum und Mai brauchte einen Moment, bis er Keiyuu entdeckt hatte. „Keiyuu!“, rief Mai entsetzt, als er ihn gefunden hatte, und wollte zu dem kleinen Sänger, doch Shou hielt ihn zurück. Keiyuu saß auf dem Boden neben einer seiner Musikboxen, die größer waren als er selber. Er saß mit dem Rücken zur Wand, die Beine von sich gestreckt hatte er den Blick auf den Boden zwischen seinen Füßen gerichtet. Sein Gesicht war tränennass und in seiner offenen rechten Hand lag eines seiner Küchenmesser. Dieses Bild seines besten Freundes, das auf Mai in jedem anderen Fall viel zu klischeehaft gewirkt hätte, war nun die bittere Realität, mit der er sich auseinander zu setzen hatte. Und wieder einmal war er dankbar, nicht alleine damit umgehen zu müssen. Mit schnellen Schritten war Shou bei Keiyuu und kniete sich vor ihn. „Hey, Keiyuu, ich bin’s, Shou“, sagte er und bedeutete Mai mit einer Handbewegung, die Musik auszuschalten. Miyavis Stimme erstarb, doch Keiyuu zeigte keine Reaktion. Ein Blick auf Keiyuus Arme zeigte Shou, dass er sich soweit noch nichts angetan hatte, aber das Keiyuu so leblos vor ihm saß, befand er auch nicht für viel besser. „Keiyuu...“, Mai stand hinter Shou und betrachtete das Wrack, das eigentlich sein bester Freund hätte sein sollen. Erst als Shou das Messer aus Keiyuus Hand nahm, war er, als erwachte etwas in dem kleinen Sänger. Er sah Shou an und für ihn war es, als ob er für einen Moment in den Spiegel sah. Auch er hatte einmal diese schweren Verdunkelungen unter den Augen gehabt und das blutunerlaufene Weiß in Keiyuus Augen erinnerte ihn an die Nächte, in denen er selber wach gelegen hatte und an die vergangene, schöne Zeit denken musste. Er spürte, wie sich Keiyuu gegen ihn warf und hörte dessen Schrei direkt neben seinem Ohr. Reaktionsschnell warf er das Messer nach hinten und drückte Keiyuu an sich, der sich von ihm wegstemmte. Glücklicherweise war Shou nicht nur größer, sondern auch widerstandsfähiger als der mittlerweile leicht abgemagerte Keiyuu und so hielt er ihn einfach bei sich. „Das Messer!“ Keiyuus Schreie waren nicht nur Shous Problem; Auch Mai sah entsetzt auf die beiden Sänger zu seinen Füßen und die Verzweiflung in Keiyuus Stimme war nichts, was ihm gefiel. „Gib mir das Messer!“ Der Schrei wich einem Jammern und Betteln, das Mai nur noch mehr schockierte. „Ich will doch nur ein Ende... ich kann nicht mehr...“ Keiyuus Hände rutschten schlaff von Shous Schultern zu dessen Brust und gruben sich dort in sein Hemd. Sein Gesicht zwischen seinen Händen an Shou gelehnt fing er an zu zittern und zu weinen. „Bitte... ein Ende...“ Mai fragte sich, wie Shou es schaffte total ungerührt einfach bei Keiyuu zu sitzen. Er selbst war ziemlich verstört von so einem Anblick, während Shou seine Hände über Keiyuus Rücken fahren ließ und ihm beruhigende Worte zuflüsterte, die Mai nicht hörte. Hätte er verstanden, was Shou sagte, wäre das wohl ganz und gar nicht nach seiner Nase gewesen. „Ich hol‘ dich von Miyavi weg, Keiyuu. Ich versuch’s zumindest“, murmelte Shou in versöhnlichem Ton, „Und wenn du das Messer später noch willst, kriegst du es wieder. Dann kannst du nachholen, was du noch nicht getan hast.“ Shou wählte seine Worte nicht von irgendwo her, sondern versuchte auf seine eigene Erfahrung zurückzugreifen. Wie er sich damals gefühlt hatte. Es hatte lange gedauert, bis er sich hatte aufraffen können, weiterzugehen. Oder es zumindest zu versuchen. Dabei hatte er immer im Hinterkopf behalten, dass er noch nachholen konnte, was er bis dato aufgeschoben hatte. Das, was Shou von Keiyuu jetzt unterschied, war jemand, der ihm nicht nur versuchte zu helfen, sondern der seiner Meinung nach Ahnung von dem hatte, was er tat. Es war für Shou schrecklich gewesen, dass er Nao, seinem besten Freund, zwar hatte erzählen können, was er fühlte, aber dieser nicht verstand und nachempfinden konnte. Wenn es Keiyuu nun so ging wie Shou damals, dann hatte er wirklich bessere Karten gezogen, denn Shou würde Keiyuu nicht in das Loch fallen lassen, indem er selbst so lange Zeit festgesessen hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)