Something went wrong von Inquisitor (Miyavi / Keiyuu) ================================================================================ Kapitel 1: Dreams blown in the wind ----------------------------------- Seit Miyavi ihn verlassen hatte, war alles grau. Miyavi war die Farbe gewesen, die Keiyuus Welt hatte erstrahlen lassen. Die Stimme, die Keiyuus Herz erreicht hatte, und Miyavi war der gewesen, der Keiyuu neben dem Singen einen Sinn zum Leben gegeben hatte. Aber nun war Miyavi fort. Zumindest fort aus Keiyuus Leben und Keiyuu saß jeden Abend, jeden Tag in seiner Wohnung. Aß nicht mehr, schlief nicht mehr. Er saß auf dem Sofa, starrte auf den ausgeschalteten Fernseher. Er ging nicht mehr zur Arbeit, sang nicht mehr. Er blieb für sich, hörte Miyavis Musik. Sprach mit niemandem, wollte niemanden – außer Miyavi. Er schaffte es nicht, Miyavis Sachen wegzuschmeißen. Er behielt sie bei sich, versuchte jede Faser, den kleinsten Geruch aufzunehmen. Er wollte auch gar nichts anderes. Er hatte keine Lust mit seinen Freunden zu reden, weil er wusste, dass sie ihm sowieso nicht helfen konnten. Ob es nun Mai war, Yasuno, Yuura oder gar Miyavi selbst – solange er nicht zu ihm zurückkommen wollte, hatte Keiyuu nicht den Geringsten Elan mit jemandem zu reden oder sich trösten zu lassen. Auch wenn er stark bezweifelte, dass ihn irgendjemand trösten konnte. Heute vor einer Woche war es gewesen. Heute vor einer Woche hatte Keiyuu den Willen verloren irgendetwas zu tun. Er blinzelte die immer wiederkommenden Tränen weg, wobei bei jedem Blinzeln ein Schmerz durch sein Lid zuckte. Einen Tag später waren Mai, Yasuno und Yuura bei ihm gewesen. Sie kamen zwar nicht zusammen, aber Keiyuu wusste, dass sie sich absprachen. Zwei Tage mussten vergehen, bis Keiyuu bereit war, die Tür aufzumachen und seine Kollegen reinzulassen. Yuura redete viel auf ihn ein, Keiyuu schwieg die meiste Zeit, Yuura redete viel drum herum, wollte das Problem wohl nicht beim Namen nennen. Keiyuu war das egal. Yasuno wetterte laut und viel gegen Miyavi, Keiyuu versuchte zu ignorieren, dass es der Mann war, den er liebte, über den Yasuno redete. Schließlich musste Keiyuu Yasuno bitten seine Wohnung zu verlassen, weil er es nicht ertragen konnte, dass Yasuno Miyavi die ganze Schuld gab. Obwohl er Recht damit hatte. Mai saß schweigend neben Keiyuu und sah halb so geschafft aus, wie Keiyuu sich fühlte. Er beteuerte einmal, wie Leid es ihm tat. Er sagte einmal, er würde Miyavi umlegen, wenn Keiyuu es wollte. Keiyuu wollte es nicht. Er wollte nur Miyavi zurück. Alle drei kamen jeden Tag wieder. Keiyuu ließ sie nicht mehr rein. Er wollte nicht, dass sie ihn so sahen. Als sie das erste Mal da gewesen waren, sah Keiyuu zwar müde aus, aber noch menschlich. Er in der Nacht, nachdem seine Freunde dagewesen waren, hatte Keiyuu begriffen, dass wirklich passiert war, wovor er so große Angst gehabt hatte. Erst dann hatte er angefangen zu weinen. Angefangen zu schreien. Er lag in seinem Bett, in dem Bett, in dem er mit Miyavi gelegen hatte, klammerte sich an den Pullover, den Miyavi noch nicht aus Keiyuus Wohnung mitgenommen hatte, und er weinte. Er schluchzte und keuchte. Er bettelte und flehte. Seit dieser Nacht lag er jede Nacht dort und kämpfte um seine Selbstbeherrschung. Er verlor jedes Mal. Heute vor einer Woche war es gewesen. Zur Mittagszeit öffnete Miyavi die Tür zu Keiyuus Wohnung. Da er so gut wie jeden Tag unangekündigt vorbeikam, hatte er schon lange seinen eigenen Schlüssel. Keiyuu stand in der Küche und kochte. Er hatte erst vor Kurzem Tipps von Kai geholt. Kai war ein begnadeter Koch, das wusste Keiyuu schon aus eigener Erfahrung. Also kochte Keiyuu nach einem von Kais Rezepten – und es gelang ihm gar nicht mal so schlecht, befand er. Miyavi setzte sich an den Küchentisch ohne Keiyuu einen Kuss zu geben, während Keiyuu das Essen servierte. Nach den ersten paar Bissen veränderte sich Miyavis ernster Gesichtsausdruck zu einem leichten Schmunzeln. „Das schmeckt ein bisschen nach dem Essen von Kai“, erkannte er. Keiyuu strahlte seinen Freund an. „Danke, das Rezept hab‘ ich von ihm!“, erzählte er, „Er hat mir auch noch ein paar extra Tipps gegeben. Kai ist wirklich nett, muss ich zugeben." Während Keiyuu erzählt hatte, hatte sich ein Lächeln auf Miyavis Lippen gelegt, dass sich nun versteifte. „Keiyuu, wir müssen reden“, war die Einleitung des Gesprächs, dass alles verändern sollte. „Etwas Ernstes?“, fragte Keiyuu, obwohl Miyavis Blick seine Frage bereits beantwortete. Miyavis Gabel scharrte über den Teller, während sein Blick von der einen Ecke der Küche zur anderen huschte, bis er schließlich an Keiyuus hübschen Augen hängen blieb, die ihn besorgt ansahen. Keiyuus dunkle Augen, deren Tiefe ihn damals so gefesselt hatten. „Sag schon, Miyavi!“, der Klang seines Namen holte Miyavi aus dem unangenehmen Schweigen, das das Unvermeidliche hinauszögerte. „Es ist... nun ja... ich glaube, es ist vorbei“, sagte Miyavi langsam, woraufhin ihn Keiyuu nur leicht verwundert ansah. Es kam ihm nicht einmal in den Sinn, was Miyavi meinen könnte. Eher hätte Keiyuu erwartet, dass Miyavi aufhören würde Musik zu machen, als dass er ihn verlassen wollte. „Unsere Beziehung, meine ich. Unsere Beziehung ist vorbei.“ Keiyuu zeigte keine Regung, aber Miyavi bemerkte an den weiß werdenden Knöcheln an Keiyuus Händen, dass er sich an sein Besteck klammerte. Seit er beschlossen hatte, sich von Keiyuu zu trennen, hatte Miyavi sich gefragt, wie es sich für ihn anfühlen würde, den Menschen, der ihm vor gar nicht allzu langer Zeit alles bedeutet hatte, das Herz zu brechen. Niemals hätte er erwartet, dass er es sein würde, der die Beziehung beenden würde. Nun saß Keiyuu vor ihm in den Scherben ihres gemeinsamen Lebens. Miyavis Blick wanderte von Keiyuus Händen zu Keiyuus Gesicht und der Ausdruck, der sich auf dessen Gesicht ausgebreitet hatte, war für Miyavi wie ein Stich, der ihm durch Mark und Bein ging. „Es tut mir Leid“, sagte Miyavi und meinte es auch so. Er griff nach Keiyuus Hand, die immer noch die Gabel umklammert hielt. Keiyuu zitterte, weshalb die Gabel gegen den Rand seines Tellers klapperte. Miyavi nahm Keiyuu die Gabel aus der Hand und legte diese auf den Tisch. Seine Hand legte sich um Keiyuus und sein Daumen fuhr über dessen Handrücken. Miyavi sah in das Gesicht seines nun Exfreundes und wollte sehen, dass entgegen aller Hoffnungen nicht Keiyuus Leben zerstört war. Keiyuus Augen starrten voller Entsetzen auf den Tisch, als ob er dort die Rückspul-Taste finden konnte. „Keiyuu?“, Miyavi drückte die Hand seines Gegenübers. Er wartete vergeblich auf eine Reaktion. Irgendwann ließ Miyavi Keiyuu los und stand auf. „Ich geh‘ jetzt. Meine Sachen hole ich später ab.“ Auf diese Worte hin fuhr Keiyuus Kopf hoch und seine Augen fanden Miyavis. „Verlass‘ mich nicht, Miyavi!“ Miyavi wandte sich ab und ging aus der Küche in den Flur, wo er sich seine Jacke überwarf. Keiyuu folgte ihm mit schnellen Schritten. „Miyavi!“, er schloß die Arme um den Größeren. Er klammerte sich an ihn, konnte – und wollte – ihn nicht loslassen. „Keiyuu...“, Miyavis Stimme versagte, als er den unkontrollierten Atem Keiyuus wahrnahm. „Du- du bist der, auf den ich mein Leben lang gewartet habe!“, Keiyuu schluchzte laut auf, während er sprach, „Du kannst... nicht gehen!“ Miyavi verkniff sich ein Seufzen, als er Keiyuu von sich löste. Dieser starrte mit feuchten Augen auf Miyavis Füße. „Sieh mich an, Keiyuu“, er nahm das Gesicht des Kleineren in seine Hände und beugte sich zu ihm herunter. „Es mag erst hart erscheinen, aber du wirst ohne mich auskommen“, versprach er und hoffte, dass es stimmte. „Aber warum?“, fragte Keiyuu mit leiser, zitternder Stimme. Miyavi nahm sein Hände zurück und drehte sich um. Er konnte es Keiyuu einfach noch nicht sagen, also schwieg er. „Hast du... du hast doch nicht etwa einen anderen?“ „Ich hab‘ immer gewusst, es würde jemanden geben, der die Welt genauso sieht wie ich“, begann Miyavi die Worte zu wiederholen, mit denen er Keiyuu zum ersten Mal gesagt hatte, dass er ihn liebte, „Aber ich musste einsehen, dass das nicht das war, was ich gebraucht habe. Und nun hab‘ ich auch eingesehen, dass du nicht der bist, den ich brauche.“ Die Worte klangen ausgesprochen sehr viel schlimmer als sie Miyavi noch in der Theorie erschienen waren und er verfluchte sich dafür, sie gesagt zu haben. „Keiyuu, es tut mir wirklich Leid! Ich meinte das nicht so“, beeilte er sich zu sagen, aber Keiyuus Blick war bereits wieder gen Boden gerichtet. Sein Zittern war das Einzige, was darauf schließen ließ, dass er noch lebte. Miyavi wusste, dass er mit diesen Worten nicht auf fruchtbaren Boden gestoßen war und zog es vor die weiße Fahne zu schwenken und Keiyuu lieber alleine zu lassen. Mit schnellen Schritten bewegte Miyavi sich zur Tür, öffnete diese und verließ Keiyuus Wohnung ohne sich noch einmal umzudrehen. Hätte Miyavi sich noch einmal nach seinem Exfreund umgeschaut, so hätte er diesen gesehen, wie er lautlos auf die Knie sank, eine Hand nach Miyavi ausstreckte, die andere Hand auf seinen Mund presste, um nicht noch einmal laut aufzuschluchzen, mit vor Schreck geweiteten Augen auf den Rücken des Mannes, den er liebte, starrte und hilflos zusehen musste, wie dieser Mann ihn verließ. Das Telefon klingelte jeden Tag. Oft war es Mai. Nie nahm Keiyuu den Anruf entgegen. „Ich mach‘ mich mal auf den Weg“, sagte Mai, während er nach seiner Jacke griff. Yuura zupfte lustlos an einer Seite seines Basses. „Mal ehrlich, ich find‘ das beschissen!“, empörte er sich, „Keiyuu kann doch nicht für den Rest seines Lebens in seiner Bude versauern! Er hat ja Glück, dass das Management ihm frei gegeben hat, aber so geht das nicht weiter, meinst du nicht auch?“ Yuura funkelte Mai angriffslustig an. Dieser zuckte nur die Schultern. „Ich werd‘ bestimmt nicht zu ihm gehen und sagen ‚Keiyuu, du bist zwar mein bester Freund und ich weiß, dass du Miyavi abgöttisch liebst, aber schwing deinen kleinen Hintern aus deinem Tränenmeer und sing wieder fröhliche Lieder mit uns‘. Yes, Yuura, das ist genau das Richtige“, sagte Mai mit hochgezogener Braue und abschätzigem Blick zu seinem Bandkollegen, der sich eine Zigarette angesteckt hatte. Yasuno sah den Streit schon kommen, den sie so gut wie jeden Tag wegen Keiyuu hatten, und ging rasch dazwischen. „Bevor das jetzt wieder in die tägliche Diskussionen ausartet, sollten wir uns vielleicht wirklich mal anfangen Gedanken zu machen, wie wir Keiyuu aus diesem Tief rausholen.“ „Tief“, wiederholte Mai verächtlich, „Ich bitte dich, Yasuno!“ „Das Einzige, was Keiyuu davon abhält, sich wieder ins geregelte Leben zu integrieren, ist er selber“, begann Yasuno ruhig, „Er braucht einfach nur jemanden, der sich ganz um ihn kümmert und ihn von Miyavi ablenkt.“ Yuura ruckte mit dem Kopf zur Seite, bevor er seinen Bass zur Seite stellte, aufstand und von Yasuno zu Mai sah. „Stell dir vor; Keiyuu will nicht, dass ihm jemand hilft. Er will doch einfach nur in Ruhe gelassen werden, sonst würde er wohl jemanden von uns an sich ranlassen“, stellte Yuura fest. Mai erwiderte stumm Yuuras Blick. „Soll halt keiner von uns sich um Keiyuu kümmern“, sprach dieser weiter, „Schicken wir ‘nen Therapeuten los.“ „Übertreib‘ nicht! Er liegt erst seit einer Woche; Das heißt nicht, dass er professionelle Hilfe braucht!“, beeilte Mai sich zu sagen. Er wollte seinen besten Freund nicht in die Verlegenheit bringen, wegen Miyavi auf einen Seelenklempner angewiesen zu sein. „Dann schick‘ jemand anderen! Ich hab‘ keine Lust mehr jeden Tag ‘ne halbe Stunde vor Chibis Tür zu stehen, nur weil er es vorzieht ein Drama aus dieser Geschi-“ „Sprich nicht so von Keiyuu!“, unterbrach Mai wütend den Bassisten, dessen Gesicht ein schadenfrohes Grinsen zierte, während sein Blick noch einmal von Yasuno zu Mai wanderte. „Yuura hat Recht, Mai“, sagte der sonst so fröhliche Schlagzeuger ernst, „Wir haben Arbeit zu erledigen. Und von alleine wird Keiyuu von diesem Trip nicht herunterkommen, das weißt du so gut wie ich. Du bist sein bester Freund, also – entschuldige meinen Ton – aber sieh zu, dass Keiyuu sich wieder beruhigt!“ Mai nickte kurz und verließ schnell den Proberaum. Sobald er die Eingangshalle des PSC-Gebäudes erreicht hatte, ließ er sich auf einem der Stühle, die im Schatten einer der Säulen stand, nieder. Er legte sein Gesicht in seine Handflächen und dachte verzweifelt darüber nach, wie er Keiyuu aus diesem Loch holen könnte. Schließlich hob Mai den Kopf, als er sich ihm nähernde Schritte vernahm. Und ihm erschien ein Engel, der sich seiner erbarmte. Zwar ohne Flügel, weißes Licht und auch ohne ein ‚Wie-überwinde-ich-Liebeskummer-nach-Trennung‘-Buch, dafür aber mit Erfahrung in diesem Bereich und einer Stimme, die mindestens genauso besonders war Keiyuus. „Ich versuch‘ dir und Keiyuu zu helfen“, versprach Shou und legte beruhigend eine hand auf Mais Schulter. Mai blinzelte den Sänger überrascht an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)