Die Gedanken, wenn ich aufwache von Cino (Sind Gedanken, die meine innersten Wünsche offenbaren.) ================================================================================ Kapitel 1: Beginn ----------------- Es war der Geburtstag meiner Schwester. Es war arschkalt. Sie feierte am selben Wochenende, an dem ich meinen Feierte. Alle ihre Freunde waren da. Ihre Verlobte, ihre engsten Freunde und deren Freunde. Es waren recht viele Leute. Doch mich interessierte heute nur einer. Ich war jetzt sechzehn, ich konnte jetzt Bier und Wein trinken, aber das interessierte mich nicht. Ich mochte keinen Alkohol. Meine Mutter mochte ihn zu sehr. Wir hatten Späße gemacht und er hatte schon einiges getrunken. Ich fragte mich, wieso ein so kleiner Körper so viel aushielt. Als ich 13 war, hatte ich ihn schon längst überholt, und er war damals schon 20. Und klein. Ich wartete, bis er alleine nach draußen ging, um seinen Kopf abzukühlen. Das tat er manchmal, wenn er getrunken hatte. Ich ging ihm nach. Er sprach mich an: "Hey, süßer, wie isses mit sechzehn?" Ich lächelte. "Nicht anders als mit fünfzehn, schätz ich" antwortete ich. Er grinste. Er war ein Grinser und immer so verdammt fröhlich. Manchmal dachte ich, er hätte Aufmerksamkeits Defizit Syndrom, so wie mein Bruder. "Kannst jetzt saufen. Und rauchen, oder? Nee, das haben die ja geändert." plapperte er leicht lallend vor sich hin. "Was hast so gekriegt?" fragte er und wippte auf seine Zehen. Manchmal benahm er sich viel kindlicher, als er war. "Geld." sagte ich. Es war echt saukalt. Der Schnee, der die letzten Tage gefallen war, war halb geschmolzen, weil es etwas wärmer geworden war, aber dann wieder gefroren, weil es wieder kälter geworden war. Er lehnte an unserer Terasse, drehte sich ganz zu mir um und rutschte dabei mit einem Fuß über den Boden. Ich hätte ihn beinahe aufgefangen und mich verraten, aber er hielt sich am Geländer fest, um nicht zu fallen. Diese Schuhe trug er schon seit ich ihn kenne, jeden Winter. Langsam sahen sie abgenutzt aus. Er legte wohl nie etwas ab, was er liebte. "Was machst du hier draußen? Ist dir auch warm?" fragte er, nachdem sein Lachen verstummt war, das durch seinen Ausrutscher verursacht worden war. "So in etwa", sagte ich. Ich hatte ein Geheimnis, das er noch nicht kannte. Eigentlich war es bei meiner Familie fast schon offensichtlich. Meine älteste Halbschwester war lesbisch. Meine andere Schwester auch. Nur eine war es nicht. Und jetzt wollte ich ihm sagen, dass ich es auch bin. Er war es. Ich habe ihn so kennen gelernt. Meistens riefen sie ihn 'Schwuchtel', dabei war er gar nicht so schwuchtelig. Manchmal war er es aus Absicht, aber das meint er dann auch eher als Spaß. "Wie in etwa?" fragte er, meinen Blick suchend. "Ich will mit dir hier draußen reden." sagte ich und das verblüffte ihn offensichtlich. Wir hatten ab und zu mal telefoniert. Meistens ging es um Videospiele und Blödsinn. Dann hatte er andauernd davon gesprochen, mich zu heiraten. Ich habe ihm damals gesagt, dass er mich heiraten darf, wenn er reich ist. Er war jetzt nicht reich, aber damals war es ja auch nur spaß. Das hier war ernst. "Wir können auch drinnen reden, da isses wärmer" sagte er, und genau das wollte ich nicht. Er ging zur Terrassentür. Ich hielt ihn auf. Eigentlich war ich nicht so direkt, da war er besser drin. Im Direktsein. "Kommst du eben mit zur Garage?" fragte ich ihn und zog ihn an seiner Jacke schon längst die Treppen runter. Er kicherte, als er wieder ausrutschte und war so verboten laut, dass ich ihm am liebsten den Mund zugehalten hätte. Ich zog ihn um die auf Stelzen stehende Terrasse zur Garage und hielt an, als ich einen Platz erreichte, den man vom Wohnzimmerfenster aus nicht sehen konnte. Ein toter Winkel. Er hielt sich an der Holzwand fest, an der Pflanzen bis aufs Garagendach wuchsen. "Was los, wer gestorben? Gehts deiner Mutter gut?" fragte er. Verdammt. Er hatte bemerkt, dass ich es ernst meinte. Ich hab mir das alles irgendwie anders vorgestellt. Aber jetzt war ich schonmal dabei und konnte nicht mehr zurück. "Du erinnerst dich an das, was du vor zwei Jahren am Telefon gesagt hast, oder?" fragte ich. Er sah mich an wie ein Auto. Ein angefahrenes Auto. "Wann? an *****'s Geburtstag?" "Ja, genau", jetzt wurde es interessant für mich. Er zögerte, machte dieses Geräusch, das er machte, um Zeit zum Nachdenken zu haben. Schließlich sagte er: "Ich habe keine zwanzig Kamele." Was? "Deine Schwester sagte, sie würde mich für zwanzig Kamele an dich verkaufen. Dann könnte ich dich heiraten." er grinste ein bisschen dämlich, aber das war seine volle Absicht. Ich lächelte. Er war manchmal wirklich auf eine lustige Art und Weise dumm. "Das meine ich nicht. Du hast aber auch noch keine fünf Millionen, oder?" fragte ich. Ich hatte ihm im selben Gespräch gesagt, dass er so viel Geld haben solle, dann würde ich ihn heiraten. Also nie. Er schüttelte den Kopf. "Also erinnerst du dich nicht?" fragte ich. Es wäre nicht schlimm, wenn er es vergessen hätte. Und das hatte er. Er überlegte wieder und murmelte vor sich hin. Es war komisch, wie viel ihm davon im Gedächtnis geblieben war. "Egal, vergiss es", sagte ich, doch er protestierte. Er wollte es unbedingt herausfinden. Und er war wieder so kindisch dabei, lief auf und ab, kaute auf seiner Oberlippe herum und spielte sich mit seinen Fingern in seinem langen Pony herum. Jungen sollten keinen Pony tragen. Aber er war etwas besonderes. Ich sagte seinen Namen. Ein kleines Wunder passierte in ihm und er sah mich buchstäblich mit anderen Augen an. Hatte ich jemals seinen richtigen Namen benutzt, um ihn anzusprechen? Er hatte viele Spitzanamen. Meine Schwester alleine hatte mindestens drei für ihn, auf die er hörte. Aber kaum einer nannte ihm bei seinem Namen. "Ich will dir was sagen. Und es ist auch nicht so wichtig, wenn du dich nicht daran erinnerst" erklärte ich. Mein Zittern kam nicht nur von der Kälte. "Ich weiß, dass du gerne Späße gemacht hast und ich hab oft über die Späße nachgedacht", sagte ich. "Weil ich dich heiraten will?" fragte er. Ich nickte. Ich wollte nicht unterbrochen werden. "Ich fand es auch witzig. Ich hab gemerkt, dass du dich verändert hast, seit der Nacht, die du in meinem Zimmer geschlafen hast." es wunderte mich, dass ich so viel redete. Er schien mir, als würde ich etwas sagen, auf dass er gewartet hatte, das er schon vorher gespürt hatte. Er sagte nichts, also machte ich weiter: "Damals war ich zu unreif, um es zu sehen. Ich dachte, man macht halt solche Späße. Ich hab oft gehört, wie du ***** und ***** als Lesben bezeichnet hast." Er grinste. "Ich weiß nicht, wie ich das jetzt sagen soll." "Dann sags nicht" sagte er. "Lass es einfach. Ich bin auch nicht neugierig" Die Lüge roch ich zehn Meilen gegen den Wind, aber er wollte nur, dass ich mich beruhigte. Gib dem Anderen das Gefühl, es wäre dir nicht wichtig, ob du es weißt oder nicht. Klappte nicht. Ich war noch aufgeregter. Und er zitterte wie verrückt. Bemerkte er überhaupt, wie sehr er selbst zitterte? "Ich sags dir trotzdem. Ich hab drüber nachgedacht. Über dich und alles. Deine Tips waren zwar ungefragt und unangebracht, aber ich hab dennoch drüber nachgedacht." Ich wusste mir nicht zu helfen. Wie drückte ich das jetzt aus? "Ich denk oft an dich. Ich sehe ***** und denke mir, dass das heutzutage nichts Besonderes mehr ist. Und dann denk ich an dich und das ist dann was Besonderes." ich stammelte vor mich hin, ach Mensch, langsam musste er den Braten doch endlich riechen. Er nannte meinen Namen. Es klang ganz schwach, als wäre ihm richtig kalt und als wolle er das gar nicht sagen. "Wenn ich -" fing er an, doch ich unterbrach ihn: "Ich hab drüber nachgedacht und es ist jetzt so. Ich hab es so akzeptiert. Ich weiß nicht, ob du nur Späße gemacht hast oder ob es dir wirklich ernst war. Mir ist es ernst. Ich denk an dich und ich fühl mich anders. Besser." Es war raus. Es war endgültig in Worte gefasst. So, wie ich es in Worte fassen konnte. Und er verstand es. Wieder sagte er meinen Namen. "Wenn ich jetzt nachgebe, kann ich nicht mehr widerstehen." Was? Was meinte er damit? "Ich versuche schon seit mindestens zwei Jahren nicht komplett durchzudrehen, mache Späße, um meinem Druck Luft zu machen. Ich meine es Ernst. Ich bin ein totaler Künstler, wenn es darum geht, sarkastisch gemeinte Dinge ernst zu meinen." sagte er und grinste am Ende. "Aber ich kann jetzt nicht damit aufhören. Ich war so diszipliniert. Hab' mir geschworen, auf den Tag zu warten." er stoppte abprupt. Was meinte er damit, er widerstehe? Wem oder was widerstand er denn? Ich sagte nichts. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. "Hey, guck nicht so böse. Es ist nicht so, als würde ich dich nicht mögen. Das tu ich, und irgendwie ist das verboten. Guck mal, du bist sechzehn -" ich unterbrach ihn: "Ja, und ich darf mir aussuchen, wen ich liebe und wen nicht!" "Nicht vor dem Gesetz! Das verbietet Homo-Beziehungen mit Minderjährigen! Ich mache mich Strafbar, ich bin fucking einundzwanzig!" "***** war auch noch minderjährig, als sie mir ***** zusammen war, und die ist so alt wie du!" "Das war was anderes. Sie ist nicht der Liebling deiner Mutter. Sie würde mir die Hölle heiß machen!" Das stimmte doch gar nicht. Meine Mutter sagte das zwar, wenn sie betrunken war, aber sie mochte mich nicht am Liebsten. Und sie würde ihm nichts antun. "Sie würde sich um ihren Lieblingssohn betrogen fühlen." sagte er. "Sag nicht sowas." sagte ich. Ich war sauer. Er hatte nicht mal bemerkt, dass ich unbewusst zugegeben hatte, dass ich ihn liebte. "Lass uns reingehen, sie fragen sich sicher schon, was wir hier draußen machen. Außerdem hab ich keine Lust, dass sie wieder Witze machen." sagte er und es klang, als hätte er einen Kampf verloren. So niedergeschlagen. Sie hatten und bestimmt schon streiten gehört, da machte es auch nichts, wenn ich jetzt brüllte. Und ich brüllte verdammt laut: "Es ist dir doch scheißegal, was andere denken!" Der saß. Er war stehen geblieben, drehte sich aber nicht um. Was dachte er sich nur? Wieso antwortete er nicht? Weinte er? "Es ist mir nicht egal, was du denkst" sagte er leise, aber ich hörte ihn deutlich. Er ging rein. Ich trat mein Fahrrad um. Wie dumm konnte ich nur sein? Würde er drüber reden? Behielt er es für sich? Er würde es bestimmt meiner Schwester sagen. Würde sie ihm glauben? Mich ansprechen? Würde ich es zugeben? Ich ging nicht durch die Terrassentür rein, sondern öffnete die Vordertür mit meinem Schlüssel und ging leise in mein Zimmer. Mein Hochbett war zu klein für mich, aber ich mochte es. Ich legte mich hinein und zog mir die Decke über den Kopf. Er würde sowieso in meinem Zimmer schlafen. Dafür würden die Anderen sorgen. Sie liebten es, ihn mit seinen Gefühlen mir bezüglich zu ärgern. Und eigentlich war es gar nicht so schlimm, dass wir gestritten hatten. Er widerstand etwas und ich wusste jetzt, dass er seiner Liebe zu mir widerstand. Und das war doch was gutes. Niemand wunderte sich, als ich mit einem neuen Teller voller Kartoffelsalat aus der Küche kam. Die Terrassentür war nicht zu, draußen rauchten ein paar Freunde meiner Schwester. Ich setzte mich an den Esstisch im Wohnzimmer und schaufelte meinen Kartoffelsalat in meinen Mund. Ich hatte gar keinen Hunger. Ich wollte mich nur beschäftigen. Scheiße. Ich hätte gleich vor allen Leuten reinen Tisch machen sollen. Jetzt wusste er es. Und er glaubte mir nicht. Irgendwann stand er auf, ging hinaus und kam nicht mehr zurück. Ich fragte eine seiner Freundinnen, wo er geblieben war. Niemand wusste etwas. Aber meine Schwester kicherte vor sich hin. Sie musste etwas wissen, aber ich würde meine Neugier nicht verraten, indem ich sie fragte. Dann, ganz plötzlich, kam Jubel auf. Er stand in der Tür. Er sah nicht mehr aus wie er selbst. Seine braunen Haare waren unter einer pinken Perücke versteckt, er trug ein Kleid und Schuhe mit verboten hohen Absätzen, war geschminkt und hatte eine viel zu große Sonnenbrille auf. Er begrüßte mich auf tuntige Art und Weise und ich wusste, dass er jetzt jemand anderes war. Er spielte für alle etwas vor. Ich wusste nicht, wie er sich dabei fühlen musste, aber es schien ihm gut zu gehen. Er war nicht sauer auf mich. Er war hässlich. Also, ich meine nur in diesem Aufzug. Ansonsten war er süß. Seine Augen waren verschiedenfarbig. Damit hatte er schon öfter meine Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Beide augen waren grün, aber eines hatte einen dunklen, braunen Fleck, das andere stach ins blau-gräuliche hinein. Er hatte alle Augenfarben in seinen Augen. Er beschäftigte sich mit meiner Schwester, die auch Perücken hatte, und beide machten Späße, sangen Lieder und tanzten. Alle jubelten und auch ich fand es witzig. Irgendwann saßen sie dann in Gruppen und unterhielten sich. Ich war langsam müde, aber ich wollte aufbleiben. Ich wollte diese Nacht nicht verschlafen. Und wenn er die ganze Nacht aufblieb, würde ich es auch. Irgendwann verschwand er und kam abgeschminkt und ganz normal wieder zurück. Also, für seine Persönlichkeit normal. Er hatte jetzt seine Brille aufgesetzt und rieb sich oft die Augen. Langsam wurde er müde. Ich würde ihm folgen, wenn er ins Bett ging. Und, wie als hätte ich es ausgelöst, rief jemand seinen Namen und sagte: "Pennst du heute wieder bei *****?" Sie nannte meinen Namen. Er sah mich an. Alle sahen mich an. Warum sahen mich alle an? Wussten sie etwas? Ahnten sie etwas? "Wenn er nichts dagegen hat", antwortete er. Wäre ich extrovertierter, hätte ich gejubelt. Ich grinste nicht einmal. Nach außen hin war ich unbewegt, aber innerlich feierte eine Gruppe betrunkener Mexikaner. "Ich hab' nichts dagegen", sagte ich und nippte an meinem Getränk. Sie jubelten, machten dieses 'Uuuuuh!'-Geräusch und lachten. Wenn sie wüssten, dass sie recht hatten, hätten sie es vielleicht nicht getan. Ich hab schon vor einiger Zeit ein Kondom ausprobiert. Erst hab ich geguckt, wie dehnbar es ist und es aufgeblasen. Dann hab ich ein anderes anprobieren wollen, aber es war so eng, dass es weh tat. Ich hab im Internet nachgeforscht und herausgefunden, dass es verschiedene Größen gibt. Jetzt habe ich größere. Ich hoffe, dass sie groß genug sind. Irgendwann saß ich neben ihm. Er war so warm. Er roch nach irgendeinem Frauenparfüm. Und ein bisschen nach Alkohol. "Spielen wir!" sagte er und drückte mir ein Mikrofon in die Hand. Ich konnte nicht singen. Zu allem Überfluss waren es auch noch Disney-Lieder. Irgendjemand schaltete durch die Lieder und machte eines an, dass er nicht singen wollte. Er protestierte lautstark und rollte sich über mich, um an den Controller zu kommen, mit dem er das Lied einstellen konnte. Er war so warm. Ich drückte ihn weg. Er fiel auf den Boden und alle lachten. Er lachte. Mir tat es leid. Er stellte ein Lied ein, fragte mich, ob es in Ordnung war, ich verlor. Mir war es auch egal. Ich wollte ihn etwas anderes singen hören. Und ich meinte kein Lied. Ich konnte nicht mehr sitzen und lief irgendwann von Gast zu Gast. Irgendjemand hatte bestimmt irgendwas zu sagen. Er verschwand mit meiner Schwester in ihr Zimmer und sie kamen wieder und alle sangen erneut irgendein Lied. Es war unbeschreiblich, wie er einen Raum veränderte, wenn er ihn betrat. Und jeder mochte ihn. Er redete mit jedem. Über alles. Er knuddelte und umarmte jeden. Er war so offenherzig. Er hatte so viel Liebe in sich. Und seit Jahren hatte er keinen Freund. Irgendwann gingen die Ersten schlafen. In den Keller. Da war es ruhig. Die Party wurde leiser und die Gespräche tiefsinniger. Ich hörte hier und da zu und sog alles auf wie ein Schwamm. Alles, was ich wusste, konnte ich benutzen, um mit ihm darüber zu sprechen. Und ich brauchte einen Grund, um mit ihm zu reden. Einen guten. Er war einer der Letzten, die ins Bett gingen. Ich war mittlerweile so müde, dass ich stehend eingeschlafen wäre, hätte ich mich nicht zusammengerissen. Er legte sich auf die Matratze, die auf dem Fußboden in meinem Zimmer lag. Er hatte seine Kleidung noch an. "Nacht" nuschelte er ins Kissen. Ich schloss die Tür und stieg über die Matratze, um auf mein Bett zu klettern. Schlief er schon? "Willst du mit Klamotten schlafen?" fragte ich und zog meine Hose auf meinem Bett aus. "Nö" nuschelte er durch das Kissen, dann drehte er den Kopf, um atmen zu können. "Bin zu faul, mich auszuziehen." "Soll ich das für dich machen?" fragte ich. Er kicherte. "Mach mal" sagte er, die Augen geschlossen. Er klang, als würde er nicht glauben, dass ich es wirklich tun würde. Ich stieg in Unterwäsche von meinem Bett. Er bewegte sich nicht. Ich griff seine Hosenbeine und zog. Er lachte, ich bekam die Hose kein Stück bewegt. Er hatte sie noch nicht geöffnet und er hatte einen Gürtel an. Ich drehte ihn um. "Nich'! Das kitzelt!" lachte er und hielt meine Hände fest. "Lass' ma', ich mach' das allein'." sagte er und schob meine Hände weg. Seine Augen waren kleine Schlitze. Ich wollte, dass er sie weit öffnete. Ich Stand weit über ihm, ich war ja auch so groß, ließ mich auf die Knie fallen und hielt seine Hände fest. Er roch immer noch nach Alkohol. Irgendwie eklig. Aber seine Augen waren jetzt geöffnet. "Was is'?" fragte er. Warum fragte er? Er wusste doch genau, was los war. Er versuchte seine Hände zu befreien, aber er war zu müde, zu schwach. Vielleicht versuchte er es auch gar nicht ernst genug. "Wir sind alleine. Alle schlafen. Du kannst jetzt nicht weggehen." sagte ich, obwohl es ein wenig komisch klang. Er sah mich mit einem Blick an, den ich nicht definieren konnte. "Lass los", sagte er. "Nein" Ich hielt ihn fester, drückte seine Hände in die Matratze. "Das tut weh." sagte er, aber ich glaubte ihm nicht. Sein Becken drehte sich, er wollte mich hinunterrollen. Ich presste meine Schenkel in seine Seiten. "Wenn du dich wehrst, drück ich fester zu." sagte ich. Er atmete anders, er sah mich ganz komisch an. Und dann merkte ich, was mit ihm passierte. Seine Hose spannte sich an der Stelle, die ich vorher nicht gespürt hatte, weil ich mich nicht so fest an ihn gedrückt hatte wie jetzt. Er hatte einen Ständer. Also mochte er das. ich wusste, dass Männer einen Ständer kriegen, wenn sie etwas erregt. Ich kannte das ja selbst. Er wusste, dass ich es spürte, aber er tat nichts. Solange er sich nicht wehrte, konnte ich weitermachen. Ich blickte fats theatralisch auffällig nach unten und dann wieder in seine Augen. Er war rot im Gesicht. "Mach das Licht aus", bat er. Ich sprang auf und drückte den Lichtschalter, dann schloss ich meine Tür ab. In dieser kurzen Zeit war er aufgestanden und hatte mich umarmt, von hinten, ganz ganz fest. Ich drehte mich ihm zu und legte meinen Kopf auf seine Haare, als ich die Arme um ihn legte. Er war genauso dünn wie ich. Ich spürte, wie sein Herz klopfte. Es war so stark und sein Brustkorb so schmal, dass ich es über seine ganze Brust an meiner Haut beben spürte. Bupp, bupp. Bupp, bupp. Es war gleichmäßig und nicht schnell, aber sehr kräftig. "Widerstand gescheitert?" fragte ich leicht belustigt. "Das is' nich' witzig." sagte er etwas dickköpfig klingend. Wie ein kleiner Junge. Wir standen da eine Ewigkeit oder zehn Sekunden, da löste er sich von mir. Seine Erektion war abgeklungen. Aber ich wusste, dass er immer noch erregt war. Ich habe mal mitgehört, wie er sagte, dass er immer erregter wurde, je länger es dauerte. Das bedeutet, bevor ich ihn endgültig auszog, musste ich mit ihm spielen. Das wollte er. Ich hoffte, dass es so war. Er setzte sich auf die Matratze und streckte seine Hand aus, damit er mich zu sich ziehen konnte. Ich setzte mich zu ihm und legte meine Hand an seine Wange. Ich wusste, dass er das mag. Ich wusste einiges, von dem er nicht wusste, dass ich es wusste. "Es ist komisch", sagte er, "hier mit dir zu sein, wobei ich mich zusammenreißen will. Deine Schwester wird mich umbringen. Das hat sie mir schon gesagt." "Blödsinn." sagte ich. Er machte sich selbst so viel Angst, sah mich an mit einem Blick, der mir versichern sollte, dass er es wirklich so meinte. "Es ist meine Entscheidung", sagte ich, "das hier mit dir zu tun. Sie wird sich freuen." Er sah auf die Decke. Er konnte meinen Blicken nicht standhalten. Ich zog ihn zu mir, sein Gesicht lag an meiner Brust, aber wir waren immer noch zu weit auseinander. Ich lehnte mich zurück, wollte mich hinlegen, da zog er seinen Kopf zurück und saß aufrecht. "Was hast du?" fragte ich. "Es tat weh. Du hast so gezogen, dass mein Nacken weh tat." antwortete er. "Tut mir leid." sagte ich. Ich wusste, dass solche Schmerzen alles zerstören konnten, ich fühlte die Athmosphäre nicht mehr, die eben so stark pulsierte wie sein Herzschlag zuvor. Ich legte mich neben ihn. Er sah mich an. "Du bist echt gewachsen. Das ist ungerecht." sagte er, wobei er das 'ge' so stark betonte, dass es wie 'gay' klang. Manchmal tat er es absichtlich, aber jetzt war es unbewusst. Ich zog seine Hand zu mir und nahm ihm damit seine Stütze. Er musste sich hinlegen. Das Kissen wölbte sich und ich drückte es platt, doch es nahm mir die Sicht, also rückte ich mit meinem Kopf näher an seinen Kopf heran. Er sah mich wieder so an. Dachte er, 'Jetzt küsst er mich gleich!' oder hatte er angst, dass ich es tat? Seine Hand legte sich vorsichtig auf meine Brust. Er streichelte darüber. Mein Nippel wurde hart. "Hast du schon mal...?" fragte er. Ich schüttelte den Kopf, soweit es ging, wenn man liegt. "Hast du angst?" fragte er und wieder schüttelte ich den Kopf. "Ich auch nicht." sagte er. Sein Gesichtsausdruck war jetzt wieder anders. Er sah mir in die Augen und ich wollte darin versinken, um die glänzenden Sterne darin für mich haben zu können. Sie glänzten, obwohl es dunkel war, oder gerade weil es dunkel war. "Du hast auch noch nie geküsst?" fragte er mich. "Wen denn?" war meine Gegenfrage. "Mach einfach, was ich mache." sagte er. Das half mir nicht. Wenn er nichts tat, dann konnte ich auch nichts machen. Und wenn ich nicht wusste, wie er das machte, was er zu tun vorhatte? Er überwand die zwei Millimeter, die noch zwischen uns waren, recht schnell. Seine Lippen waren warm und weich, wir atmeten beide durch die Nase im Einklang, und meine Lippen wölbten sich gegen die seinen auf. Er streichelte mit seiner Hand über meinen Körper, wobei er sich anscheinend immer wieder zwang, nicht zu weit nach unten zu streicheln. Seine Lippen lösten sich leicht, nur um sich wieder an meine schmiegen zu können. Ich fand schnell heraus, mit welchem Rythmus er das machte. Er hatte keinen, aber ich verstand an seiner Körpersprache, daran, wie er amtete, dass er seine Lippen wieder bewegen würde. Er ließ nicht von mir. Es war ein Gefühl, als wären wir aneinandergeklebt. Langsam wurde es komisch. Meine Lippen fühlten sich abgenutzt an. Gleich würden sie Aufplatzen, weil man zuviel an ihnen gebrieben hatte. Doch dann verstand ich, warum er so lange wartete. Ich fühlte etwas nasses, glibschiges über meine Unterlippe streicheln. Erst ganz schnell, dann nochmal schnell und dann blieb sie da und streichelte langsam von einer Seite zur Anderen. Ich öffnete meinen Mund und seine Zunge verschwand wieder. Verwundert stoppte ich. Wollte er jetzt doch nicht mehr küssen? Er küsste meine Oberlippe und ich verstand. Er wollte auch, dass ich mit meiner Zunge über seine Lippen leckte. Es fühlte sich ungewohnt vertraut an, das zu tun. Er kicherte. Er war da anscheinend kitzlig. Ich hörte nicht auf, bis er mich kichernd wegschob. Ich fand es witzig. Jemand war da kitzlig. Dinge gibt's. Er kuschelte sich an meine Brust, umarmte mich mit einem Arm, der andere kraulte meine Brust, weil er sie nicht unter meinen Körper schob. Ich legte seinen Kopf auf meinen Arm und umarmte ihn mit beiden Armen, dabei kraulte ich seinen Kopf. Er schnurrte. Meine Beine schlossen sich um seine und irgendwie verschlangen sie sich ineinander. Er war immer noch bekleidet. Mein oberer Arm suchte sich seinen Weg zu seiner Hose und öffnete sie. Er hielt sich eng an mich gepresst. Ich schob seine Hose weg und er hob sein Becken an, damit ich sie ihm ausziehen konnte. Wir schafften es, sie ihm auszuziehen, ohne uns großartig aus der Umarmung zu lösen. Seinen Sweater hatte er vorher schon ausgezogen, also hatten wir beide nur noch Unterwäsche an und er trug noch ein T-Shirt. Da ich dachte, ihm würde bestimmt warm genug sein, zog ich ihm das auch noch aus. Seine Haut war sehr weich. Er hatte, genau wie ich, ein paar Haare an den Armen und an den Beinen ein paar mehr. Ich fragte mich, ob er sich im Schambereich rasierte. Ich tat es nicht. Mich störte es da nicht. Unter den Armen war er rasiert. Er kicherte, als ich ihn da kitzelte. Sein Körpergeruch war angenehm. "Willst du es heute Nacht?" fragte ich, weil ich mindestens genauso erregt war, wie er. Er sagte nichts. Irgendwie war das ein schlechtes Zeichen. Ich sagte seinen Namen. Er antwortete mit einem leisen Geräusch. Er war wirklich müde und gerade in seiner eigenen Welt. "Ich fragte, ob du heute Nacht mit mir schlafen willst." sagte ich. Er zuckte kurz und blickte mir in die Augen. "Hast du-" "Kondome? Ja, habe ich." Er sah mich verwundert an. Warum sollte ich keine Kondome haben? Immerhin plante ich das hier seit Wochen. "Gleitgel?" fragte er. Was war Gleitgel? Ich verneinte. "Dann lieber nicht. Es tut weh, ohne. Ich will nicht bluten." Er blutet? Wie meinte er das? Warum blutet man dabei? "Bist du so-" "Eng? Ja, verdammt eng." Eigentlich wollte ich 'empfindlich' sagen, aber das war dann wohl auch irgendwie eins. "Und wenn ich... also, wenn du mich...?" fragte ich, obwohl es mir echt peinlich war, darüber zu reden. Er grinste. "Wir machen was anderes." flüsterte er. Und vor allem war es die Art, wie er flüsterte. Er hatte sich schon wieder verändert, sah mich wieder mit einem Ausdruck an, den ich mir nicht erklären konnte, und dann rutschte er mit seinem Kopf meinen Körper hinab. Meine Erregung stieg. Er wollte es! Er tat es! Er hielt mich fest, ich hielt ihn fest und er schloss mich in sich ein. Es fühlte sich ungewohnt an, ganz anders, als ich es gedacht hatte, besser. Viel besser. Es dauerte nicht lange, da erreichte ich meinen Höhepunkt. Er schluckte einmal, zweimal. Dann seufzte er irgendwie erleichtert auf und drückte seinen Kopf wieder an meine Brust. Ich blieb eine Weile schweigend liegen und hielt ihn immer noch fest, als ich ihn dann fragte: "Wie schmeckt es?" "Bitter. Zuerst salzig, dann unerträglich bitter. Aber beim zweiten Mal schmeckt es neutral. Du musst lange nicht onaniert haben." Woher wusste er das denn jetzt? Ich hatte wirklich lange nicht onaniert. Vielleicht kam auch deshalb so viel heraus. "Ist es immer so viel?" fragte ich. "Fast immer. Manchmal mehr." sagte er. "Schluckst du jedes Mal?" "Nur, wenn ich mir Sicher bin." "Sicher?" "Dass er gesund ist." "Oh." Er kuschelte sich an mich. "Bin ich gesund?" "Hast du HIV?" "Nein." "Dann bist du es." Das war ein komisches Gespräch. Ich fühlte mich auch komisch. Alles war anders. Meine Sehnsucht nach ihm war noch da, aber eine tiefe Zufriedenheit hatte sich neben ihr stark gemacht. Und mir kamen Zweifel auf. War das richtig? Musste ich mich schuldig fühlen? Wenn es sich so anfühlte, hatte er dann auch so ein Gefühl gehabt, bei seinem ersten Mal? Fühlte er sich jetzt so? "Wie fühlst du dich?" fragte ich. Ich wollte es wissen, für mich. "Gut. Müde. Frag' mich, ob ich das die nächste Zeit aushalte." Wie meinte er das denn jetzt? "Aushalte?" "Ja. Dich nicht zu sehen. Kann ja nicht jeden Tag hier sein. Zeit. Geld. Sind zwar nur Peanuts, aber dennoch wäre es auffällig, wenn ich dauernd hier wäre. Darum." "Ich kann auch dich besuchen." sagte ich. "Kannst du." "Soll ich?" "Du darfst." "Dann komm ich heute mit." "Ist heute schon morgen?" "Es ist nach Mitternacht" "Dann bist du jetzt endgültig erwachsen." sagte er, und es klang schon wieder komisch. "Bin ich nicht. Wir hatten noch keinen Sex." sagte ich. "Doch", erwiderte er, "Oralsex ist Sex. Es ist Penetration und das ist Sex." erklärte er. "Dann bin ich keine Jungfrau mehr?" fragte ich. "Allgemein gesehen, ja. Aber dafür lassen wir uns Zeit. Ich möchte nicht dich nicht so sehr vermissen, dass ich ausraste, wenn du nicht da bist. Und solange wir noch nicht wirklich miteinander geschlafen haben, kann ich mich zusammenreißen." erklärte er. Er klang dabei ganz schön ernst. "Wieso rastest du aus?" fragte ich. "Weil du nicht da bist und ich dich vermisse." antwortete er. "Aber ich kann dich anrufen." "Ich mag keinen Telefonsex mehr." "Du hast das mal gemacht?" "War intensiv aber leider ist daraus nichts geworden." sagte er langsam müde werdend. Er hatte schon mal Telefonsex. Richtigen hatte er auch schon. Ich wollte nicht fragen, mit wie vielen Männern er das schon hatte, aber es interessierte mich in diesem Moment sehr. Ich schluckte die Frage herunter. Er war müde, ich war müde. Ich wollte jetzt einschlafen und so wieder aufwachen, da sagte er: "Du musst in deinem Bett schlafen. Wenn deine Mutter uns sieht, rastet sie aus." "Die Tür ist abgeschlossen." sagte ich. "Niemand kommt rein." Er atmete ganz tief ein und ganz langsam wieder aus. Seine Nase gab ein leicht pfeifendes Geräusch von sich, als er das tat. "Ich hab dich lieb, ****", sagte ich. "Ich hab dich auch lieb", sagte er. Kapitel 2: Fortsetzung ---------------------- Ein Monat machte unsere Beziehung einen ziemlichen Satz nach vorne. Wir hatten viel Spaß, taten Dinge, die wir noch nie miteinander getan hatten. Auch im Bett. Er war ein Monster geworden. Ein ziemlich hungriges. Und erliebte mich, das konnte ich fühlen. Es war, als wäre seine Welt genauso geworden, wie er sie wollte. Es gab da jedoch eine Sache, um die ich ihn beneidete - seine Erfahrung. Er sagte mir oft, wie sich was für ihn angefühlt hatte, je nach Situation. Und er wusste ziemlich gut bescheid. Alles, was wir taten, was er mir erzählte, empfand und erfuhr ich genauso, wie er es mir erklärt hatte. Es war schwierig für mich, das anzunehmen. Ich wollte sein, wie er. So froh. Wollte so oft lächeln wie er. Natürlich lächelte ich, ich war auch froh, aber ich fühlte mich irgendwie anders. Ihm glaubte ich. Mir selbst nicht. Nach diesem einen Monat kam er mich wieder besuchen. Er kam sowieso fast täglich vorbei. Meistens, weil er meine Schwester treffen und etwas mit ihr unternehmen wollte. Sie und er trafen sich oft mit anderen Leuten, dann verzogen sie sich in den Keller und kamen da stundenlang nicht mehr raus. Er hasste den Keller. Wegen der Spinnen. Diesen einen Tag jedoch wollte er nicht zuerst zu meiner Schwester. Er kam direkt zu mir. Eigentlich tat er das nie, weil wir unsere Beziehung geheim hielten. Er schlief auch nicht bei mir. Ich war immer zu ihm gefahren. Immer unter Vorwand. Doch diesmal betrat er mein Zimmer, nicht wie immer mit einem Lächeln, sondern still, mit den Augen auf den Boden starrend, einfach als wäre er fertig. Ich sprang von meinem Hochbett, während er die Tür hinter sich schloss, und ich schämte mich, das Zimmer nicht gelüftet zu haben. Ich legte die Arme um seine Schultern. Ich tat das nur, wenn wir alleine waren. Sonst umarmte er mich immer. Seine Arme schlangen sich fest um meine Hüfte. Er war nervös, ich spürte das, weil er mit seiner rechten Hand so hart knetete, dass es mich kitzelte. Ich zuckte erschrocken zusammen, ich war ziemlich kitzelig. Er ließ mich abprubt los, seine Hände schnellten zurück an seine Seiten, hängend, und er knetete weiter mit seiner rechten Hand. Ich sah das, weil er einen Schritt zurückgegangen war. "Tut mir leid", sagte er, "ich wollte dich nicht kitzeln." Er klang schrecklich. Seine Stimme brach immer weg. Er musste stundenlang geweint haben. Was war nur passiert? Ich traute mich nicht zu fragen. Ich wusste, dass es was Ernstes sein musste. Sonst würde er nicht zu mir kommen. Er war schon einmal in einer Psychartrie. Er wischte sich über die tränenlosen Augen, zupfte sich ein Haar aus dem Augenlid und legte seine Tasche auf meinen Schreibtischstuhl. Ich schaltete meinen Fernseher ab, der bis eben noch laut nach der neuesten Handyflatrate gebrüllt hatte. Werbung. Wie unpassend für so einen Moment. "Ich", fing er an, doch er beendete den Satz so leise, dass ich nichts verstand. Ich wurde unruhig. Jetzt hatte ich tatsächlich Bedenken. Er flüsterte wieder, und diesmal hörte ich ganz genau, dass er wütend wegen irgendwem war. "Ich bin meinem Exfreund begegnet", sagte er. In mir fiel etwas. Hatte er sich wieder mit ihm getroffen? Hatten sie Sex? Traf er ihn länger? Oder hatten sie sich durch Zufall getroffen? Würde er mich verlassen? Hatte er einen Streit mit ihm gehabt? Er zitterte jetzt. Es sah aus, als hätte er Bauchschmerzen. Ich glaubte sogar, sein Herz schlagen zu hören. Das Zittern sah ziemlich rhytmisch aus. "In mir hatte ich ein Gefühl, als würde ein Monster meine Eingeweide zerfleischen." sagte er. Er hielt sich den Bauch. Ich wippte mit meinem Fuß, wusste nicht, was ich sagen sollte. Nicht mal ein 'Geht's dir gut' kam über meine Lippen. "Er sieht scheiße aus", sagte er. Ein Glück! "Er hat mich nicht mal angesehen. Ich wusste, dass er mich gesehen hatte. Ich weiß einfach, dass er mich erkannt hatte! Und dieser Penner hat nicht mal den Anstand für seinen Mist geradezustehen!" Er hatte mir nie erzählt, wie viele Exfreunde er hatte, aber ich wusste von diesem einen. Ich wusste, was ungefähr passiert war. Ich wusste, warum er jetzt so wütend war. Hatte er auch Angst, dass ich ihm so wehtun würde, wie sein Exfreund ihm wehgetan hatte? "Seine scheiß Freundin war auch da, dieses Mistbalg. Hätte ich sie nur damals schon verprügelt. Hat sich an ihn gehangen, wie eine läufige Schlampe. Dieser Pisser." Hasste er ihn nur oder liebte er ihn noch? Liebte er mich noch? "Ich muss zu deiner Schwester, aber sie ist noch nicht da", sagte er. "Wann kommt sie wieder?" "Ich weiß nicht" antwortete ich. "Wie geht's -" Er fiel mir ins Wort: "Ich werde ihn umbringen. Ich fahre zum nächsten Treffen und bringe ihn um. Ich hau ihm so eine auf's Maul, dass er nicht mehr wissen wird, wie seine Mutter heißt!" Er übertrieb. Aber ich wusste, dass er das tat, wenn er es brauchte. Mich störte es nur, dass er so laut war. Jemand würde uns hören und sich fragen, warum er gerade bei mir war und hier drinnen weinte. Ich schloss meine Tür ab. "Was tust du?" fragte er sofort. "Kein' Bock, dass einer reinkommt", sagte ich. Seine Augen waren nicht mehr in Rage. Er sah mich wieder so an, so sexuell Erregt. Seine Augen glitten über mein Schlafanzughemd, meinen Brustkorb, mein breites Kreuz. Ich war größer und breiter als er, aber ziemlich dünn. Er flüsterte wieder, befahl mir, mich auszuziehen. Ich konnte nicht, nicht hier, nicht so. Er trat nah an mich heran, griff mein Hemd, zog es mir über den Kopf. "Nicht hier." bat ich. Es waren alle im Haus. Jemand würde uns hören. "Sei still", flüsterte er. Er küsste mich, zog sich dabei die Jacke aus. Sein warmer Oberkörper drückte sich zart an meinen, dann schlang ich wieder meine Arme um ihn. Ich hatte befürchtet, dass er so agieren würde. Ich hatte die Befürchtung, dass es eines Tages so sein würde. Ich glaubte ihm nicht, dass er mich küsste, weil er mich liebte. Jetzt empfand ich es, als würde er ihn küssen, seinen Exfreund, und mich als Zwischenmittel, als Medium benutzen. Meine Hose glitt zu Boden, dein Gürtel landete daneben, dann seine Hose. Er kletterte auf's Bett, zog mich hinterher. Ich war betäubt, musste alles tun, was er wollte. Er strich durch meine Haare, wie so oft und gleichzeitig wie nie zuvor. Er küsste mich, und es fühlte sich vertraut ungewohnt an. In ihm passiete etwas, das ich nicht fassen konnte. Er zog meine Unterhose nicht aus, sondern legte sich auf mich, in meine Arme, küsste mich und zog die Decke über uns. Es war warm, bequem, bekannt. Seine Hände streichelten durch meine Haare. Da war er wieder. So kannte ich ihn. Er lächelte, seine Augen strahlten. Er war wieder bei mir, körperlich und gedanklich. "Ich bin froh", sagte er. Seine großen Augen sahen aus wie glitzernde Saragde. Grün und tief. Ich musste komisch aussehen, so wie ich ihn angrinste. "Geht's dir besser?" fragte ich. Er nickte, machte einen niedlich hohen Ton der Glückseligkeit und legte seinen Wuschelkopf auf meiner Brust ab. Er duftete nach Shampoo. Seine Haare waren weich und kitzelten meine Nase. Ich nieste. Er lachte. Er fand sowas lustig. Ich erzählte ihm von dem neuen Spiel, dass ich gespielt hatte. Wir redeten gerne über Spiele. Früher, vor ein paar Jahren, hatten wir zusammen gespielt. Wie lange kannte ich ihn jetzt schon? Mein Monster wurde ruhiger, entspannter. Er atmete irgendwann ruhig und mein Rücken fühlte sich unbequem an. Er war mir zu schwer. Doch wie bekommt man einen schweren, schlafenden Kopf von der Brust, um sich anders hinzulegen, ohne dass das Monster aufwacht? Gar nicht. Er wachte auf, zerknüllt und murrend, säuselte meinen Namen, ließ sich von mir auf die Seite drehen und schraubte sich sofort korkenziehergleich in mich, damit ich nicht aus dem Bett stieg. Ich hätte nicht gehen können, wenn ich gewollt hätte. Es klopfte an der Tür. Ich antwortete nicht. Die Klinke würde gedrückt. Meine Name gerufen. Ich antwortete, meine Schwester stand vor der Tür. Sie fragte, wo mein Freund sei, mein Monster. Er hatte es mitgehört, sah mich fragend, panisch, an. Ich sagte, dass ich es nicht wüsste. Sie wollte, dass ich die Tür öffne. Er stand auf, zog sich an. Was hätte ich anderes tun sollen, als sie zu öffnen? Warum hatte ich sie nur in Unterwäsche geöffnet? Warum sahen wir so aus, als hätten wir etwas getan, das wir nicht hätten tun sollen? Sie sah aus, als hätte man sie erschlagen. Sie kippte fast um vor Ungläubigkeit. Dann sagte sie laut und vernehmlich: "Ich wusste es!" Es klang weniger nach Freude, als es nach Enttäuschung klang. Er sah mich an, dann sie. Ich hob meinen Schlafanzug auf und zog mir schnell meine Hose drüber. Sie kam rein, schloss die Tür und fragte: "Wie lange schon?" Er blickte mich wieder an, ich wich ihrem Blick aus, was schwer war, denn sie war noch kleiner als er. "Ungefähr einen Monat", sagte er. "Nein!", sagte sie, wieder ziemlich laut. "Warum sagst du mir sowas nicht? Ich hab' es doch gewusst!" "Ich habe das niemandem gesagt!" sagte er verteidigend. Sie sah mich an. Wollte sie tatsächlich wissen, warum ich ihr nichts gesagt habe? Das war doch wohl offensichtlich. Sie umarmte ihn. Weinte sie? Weinte er?? Ich beneidete die beiden. Manchmal konnten sie sich unterhalten, ohne Worte zu gebrauchen. Sie fühlten, was der Andere fühlte. Ich wollte sowas auch mit ihm. Ich war neidisch. Meinen Neid behielt ich bis zum Abend bei. Sie hatte ihn mir ausgespannt und war den ganzen restlichen Tag mit ihm beschäftigt. Ich verbrachte den Tag in meinem Zimmer. Er blieb fast immer über Nacht. Heute würde ich zu ihm gehen. Meine Mutter kam nach Hause, es war schon ziemlich spät. Sie blieb lange wach, sah fern in der Stube und trank Alkohol. Ich hatte bisher noch keine Möglichkeit gefunden, es ihr zu sagen. Ich wusste, dass sie nichts dagegen hätte. Meine ältesten Schwestern waren beide homosexuell. Ich wartete so lange, dass ich fast einschlief. Irgendwann war es ruhig im Haus, und ich ging ins Badezimmer, um mir die Zähne zu putzen. Das Zimmer meiner Schwester war dem Badezimmer gegenüber. Es wäre nur ein kurzer Weg und ein wenig Überwindung nötig. Ich putzte mir die Zähne, spülte gründlich und kämpfte mit meinen Gedanken. Sie würde es mitkriegen. Er würde sowieso schlafen. Es würde eh nichts passieren. Ich trat von einem Fuß auf den anderen, stand unsicher vor der Tür, meine Gefühlswelt zu ordnen versuchend. Dann ging die Tür auf. Es war dunkel, kein Licht war eingeschaltet, vom Inneren des Zimmers leuchtete schwach ein Computerbildschirm, ansonsten sah ich nichts. "Wer schleicht da lang?" fragte er. Ich brachte kaum ein Wort raus. "Ich", sagte ich. Er schloss die Tür, während er in den Flur trat und in mich hineinlief. Er atmete tief ein. Womöglich saugte er meinen Körpergeruch ein. Ich kam mir vor, als würde ich bestialisch stinken. Seine Arme schlangen sich wieder um meine Hüfte, drückten mich an sich. "Willst du mir 'nen Gutenachtkuss geben?" flüsterte er. Er roch nach Zahnpasta. Ich sagte nichts, weil er mich küsste. Ich war müde, wollte schlafen, genoss diese Nähe - und bekam prompt eine Erektion. Er bemerkte das natürlich. Sein Herz fing an schnell und hart zu schlagen, ich spürte das sogar auf meiner eigenen Brust. Mein Herz schlug auch schneller, nur schüttelte sein Schlag meinen Körper nicht so stark, wie sein Herz ihn beben ließ. Seine Hand tastete sich langsam in meinen Lendenbereich. Ich hielt sie auf und quetschte sie fast zu kraftvoll zusammen. "Nicht", sagte ich. Er drückte kräftig gegen meinen Druck an, löste seine Umarmung, zog mich mit in mein Zimmer. "Meine Mutter schläft nebenan." sagte ich, doch er legte einen Finger auf meine Lippen, obwohl es dunkel war und wir nicht mehr als dunkle Schatten sahen. Er schloss meine Tür ab, ging auf die Knie und zog jetzt meine Schalfanzughose und meine Unterhose runter. Eine Sekunde später schlossen sich warme, weiche, feuchte Lippen um meine Eichel. "Nein", flüsterte ich. Ein Sprungbrett, um meinen Genuss laut machen zu können. Er hielt meine Hand immer noch, jedoch liebevoller. Seine andere Hand hielt meinen Penis. Was er mit seiner Zunge tat, fühlte sich unbeschreiblich an. Ich war immer noch wie betäubt, wenn wir miteinander schliefen. Ich wusste immer noch nicht, was er mit mir tat, wenn er es tat. Jetzt krallten seine Hände sich in meinen Po, meine Hände hielten seinen Kopf, kraulten durch seine Haare. Ich wusste nie, ob man das überhaupt so tat. Aber irgendwas von ihm musste ich berühren. "Steh auf." bat ich ihn. Er gehorchte mir und stand auf, nasse Lippen küssten mich leidenschaftlich. Er roch nach mir. Er schmeckte nach mir. War ich schon gekommen? Seine Erektion drückte er gegen meine. Ich öffnete seine Hose, ließ sie zu Boden fallen. Der Gürtel klimperte verboten laut. Heute Nacht sollte er mir gehören. Diesmal stieg ich zuerst ins Bett, er folgte mir und legte sich wieder auf mich. Sein T-Shirt landete auf dem Fußboden, mein Hemd darauf. Diese Nacht zerbrachen wir etwas, das zwischen uns war. Etwas verloren wir und etwas anderes fanden wir. Am nächsten Morgen saßen wir gemeinsam am Frühstückstisch. Ich musste zur Schule, er hatte frei. Wir saßen nebeneinander, seine Hand lag auf dem Tisch, meine daneben. Jeder sah uns. Jeder. Niemanden störte es. Niemand machte Witze. Ich war nicht mehr aufgeregt. Jetzt waren die Anderen neidisch. Kapitel 3: Gedanken ------------------- An den Freischalter: Ich weiß nicht, ob man dieses Kapitel als Adult einstellen soll. Wenn du der Meinung bist, dass es Adult ist, dann stell es bitte so ein. Note: Diese FF ist nie zu 100% abgeschlossen, weil sie nie komplett sein wird. Ich möchte aber auch nicht unabgeschlossen bzw abgebrochen einstellen, weil das auch irgendwie nicht stimmt. Es wird kein Ende geben. Ich schreibe, weil ich hier keinen Druck verspüre und einfach Spaß dran habe. Die Charaktere werden auch nie Namen bekommen. Wenn euch das verwirrt, tut es mir leid. Der Ich-Erzähler bleibt aber immer ein und derselbe. "Das kannst du nicht machen!" sagte er. "Du kannst nicht einfach so weggehen!" Er sah mich nicht an, stand nur da und zitterte. War es Wut, die ihn so zum Zittern brachte? War es Trauer? Er machte sich ganz klein, aufrecht stehend, aber er wirke klein, verletzlich, wie etwas, das man in den Arm nehmen möchte. Er offenbarte eine Verletzlichkeit, wie ich sie vorher noch nie gesehen hatte. Hinter seinen Händen versteckt konnte er alles zeigen, was er hinter einem Grinsen verbergen konnte. Es war wie eine Maske, die er sich aufsetzte, die ihn gleichzeitig schützte und doch alles unbewertet zeigte. "Wenn du gehst, zu wem soll ich dann hin?" fragte er. Er wurde berechnend. Er wollte nicht etwas verlieren, das er brauchte, woran er hing. Ich kann nicht beschreiben, wie ich mich fühlte, als ich ihn so sah. Vielleicht war ich neidisch. Neidisch, weil er so stark fühlen konnte. Seine Hände wischten über seine Augen, er rieb sie, dass sie rot wurden, dann sah er mich an. "Mach etwas, bitte", flehte er. Ich konnte nichts sagen. Mein Mund war trocken. Ihn so zu sehen schwächte mich. "Wenn du nichts machst, wenn keiner was macht, was soll ich dann machen?" fragte er. Er suchte Zeit zu schinden, er brauchte mehr Zeit, um sich etwas einfallen lassen zu können. "Musst du gerade jetzt gehen? Gerade jetzt, da alles so richtig gut läuft?" fragte er, weniger zitternd. "Ja", antwortete meine Schwester, "ich brauche den Abstand. Zu allem. Nicht nur zu dir. Zu allem halt." Er fing wieder an zu zittern. Tränen tropften auf den Boden. Sie weinte auch. Warum musste ich mitkommen? Sie weinte, weil er weinte. Er weinte, weil sie ging. Wie greift man in einer solchen Situation ein? Gar nicht. "Ich komme euch besuchen, wir sehen uns bestimmt auf Treffen." sagte sie, sie klang entspannter als er. Das schien ihn zu treffen, als hätte sie ihn beleidigt. Sein Gesicht verzerrte sich, er konnte sich kaum noch beherrschen. Tränen flossen wie Blut aus einer offenen Wunde. Er hatte vor mir noch nie so geweint. Ich wusste, was er erwidern wollte. 'Dafür habe ich doch kein Geld' oder 'Das ist dann sowieso nur alle zwei Monate' hätte er gesagt, wenn er gekonnt hätte. Aber ich hielt ihn davon ab. Ich wollte nicht, dass er, mein Träumer, sich weiterhin selbst verletzte in seiner Ideologie. Sie ging, sie hatte das schon vor Jahren so geplant. Er wusste das. Sie wollte, dass er mitkam, aber er blieb. Wegen mir. Ich drückte sein nasses Gesicht an meine Brust, seine Tränen flossen in meine Jacke, seine Arme umschlossen mich, als würde er jede Sekunde in ein Loch gezogen werden. Ich hielt ihn fest an mich, ließ ihn weinen, die Kontrolle verlieren. Er verließ sich auf mich. Wir hatten uns noch nie in der Öffentlichkeit umarmt. Ich mochte sowas nicht. Ich fand es immer peinlich, Pärchen auf der Straße zu sehen, die nicht voneinander lassen konnten. Sein Schluchzen schwächte ab, als er mich nah bei sich spürte. Ich meine damit nicht die physische Nähe. Ich hatte ihn in den Arm genommen, damit er nicht umfiel oder ausrastete, und weil er das wusste, beruhigte er sich. Jeder andere Mensch, der ihn hätte zurückhalten wollen, in seiner Verzweiflung, seiner Verlustangst, hätte ihn damit wütend gemacht und wäre weggestoßen worden. Er hätte meine Schwester nie geschlagen. Sie stand dort. Einen Koffer zu ihrer Linken, eine Tasche zu ihrer Rechten, einen Rucksack in der einen und eine Umhängetasche in der anderen Hand. Sie hatte gerade alles ablegen wollen, wollte sich von uns verabschieden, ihn umarmen, da brach er in Tränen aus und hörte nicht mehr auf. Die Bahn kam an. Leute, die alles beobachtet hatten schüttelten die Köpfe oder sahen mitleidig aus. Es war ein schreckliches Gefühl, so im Mittelpunkt zu stehen. Ich löste ihn von mir. "Du musst sie verabschieden." sagte ich. "Wenn du das nicht tust, bereust du das." Er sah mir in die Augen. Sein Blick sprach alles aus, was jemals zwischen uns war. Er liebte mich, dass ihn ich dazu zwang, obwohl er das jetzt am wenigsten machen konnte. Er hätte es ohne mich nie gekonnt. Beide weinten so stark, als sie sich umarmten, dass noch ein paar Leute gafften. Wie mich das nervte. Verabschiedungen waren immer irgendwie traurig. Vor Allem, wenn der beste Freund in eine weit entfernte Stadt zog. "Die Bahn fährt gleich." sagte ich, damit die beiden Heulsusen nicht noch länger aufeinanderhockten. Die nächste Bahn würde auch nicht sofort nach dieser kommen. Ich hatte besseres vor, als den beiden beim Heulen zuzusehen. Für einen kurzen Moment geschah etwas zwischen ihnen, um das ich sie wahrhaft beneidete. In ihren Blicken sah man, dass sie ohne Worte einander verstanden, sie nickten sich nicht gegenseitig zu und brauchten auch keine Körpersprache. Etwas passierte zwischen ihnen, das es nur sehr selten gab. Dann war ich plötzlich in ihrer Mitte und sie drückten sich an mich. Ich hatte zu spät reagiert und kam aus der Umklammerung nicht mehr los. Sie lachten wieder, waren wieder Herz und Seele. Nur warum mussten sie dann gerade mich zerquetschen? "Pass auf dich auf", sagte er, als sie in die Bahn stieg. Sie tauschten ein paar Insiderwitze aus, gaben sich Zeichen, die nur sie verstanden und als sich die Türen der Bahn schlossen, hätte ich schwören können, er wäre hineingesprungen, um bei ihr zu sein. Aber seine Hand suchte im selben Augenblick meine und ich drückte sie fest, weil ich wusste, dass er mir von niemandem eher weggenommen werden konnte, als von meiner Schwester. Er war nicht traurig, als wir zurückfuhren. Er zeigte es jedenfalls nicht, wenn er es war. Er grinste wieder, redete mit mir, erzählte mir Sachen, auf die ich mich nicht konzentrieren wollte. Ich hatte immer Probleme, mich so auf ihn zu konzentrieren, weil er mich gleichzeitig ablenkte. Seine Augen, von dem eines anders gefärbt war, huschten hektisch durch sein Blickfeld. Er musste alles öfter ansehen, überall hingucken. Manchmal glaubte er, Dinge gar nicht bemerkt zu haben, und wunderte sich dann, dass sie dort waren, obwohl er sich sicher war, sie wären nie so gewesen. Jetzt fielen ihm Dinge ein, die er noch hatte sagen wollen. "Schreib ihr doch", schlug ich vor. "Sie hat noch kein Internet", antwortete er. Wir fuhren mit der Bahn nach Hause zu mir. Es war noch nicht mal Mittag und ich wusste, dass er noch müde war und sicherlich nicht viel geschlafen hatte. Da ich noch Pläne hatte, schlug ich ihm vor, sich noch etwas hinzulegen, damit er für den Rest des Tages ausgeruht war. Zuerst wollte er im alten Zimmer meiner Schwester schlafen. Da dieses Zimmer jedoch jetzt komplett leer war, und ich ihn nicht auf einer Luftmatratze hatte schlafen lassen wollen, überredete ich ihn dazu, in meinem Bett zu schlafen. Ich brauchte nicht viel reden, weil er so schnell einwilligte, als hätte er darauf gewartet. Er hatte sich erst ein paar Minuten zum Schlafen gelegt, da stieg ich zu ihm ins Bett. Ich war nackt und legte mich auf ihn. Er sah mich verwirrt an und merkt dann, dass ich nichts an hatte. In diesem Moment ließ er seine Augen keine Sekunde mehr von mir. Er blickte mir so überrascht und erregt in die Augen, weil er sich sowas von mir niemals gedacht hätte. Ich wusste, dass er Phantasien von mir hatte. Ich wusste, dass er sie hatte, bevor ich mich für ihn entschied. Es hatte ihn verrückt gemacht, mit mir unter einem Dach zu sein und ohnmächtig gegenüber seinen eigenen Gedanken und Gefühlen alles durchstehen zu müssen. Er hatte Probleme gehabt, er war nicht immer glücklich gewesen. Ein Grund mehr, ihn jetzt glücklich zu machen. Ich war bisher immer ziemlich zurückhaltend gewesen. Jetzt, das hatte ich mir so überlegt, wollte ich ihn überwältigen und sehen, wie ihm das gefiel. Er sagte nichts. Seine Augen verrieten seine Lust. Ich schlug seine Decke zurück, lag jetzt direkt auf ihm. Nur noch seine Unterwäsche war mit im Weg. Ich küsste ihn. Seine Lippen schmeckten immer noch salzig. Salzig von den Tränen. Er musste es auch schmecken. Ich hatte mir diesen Zeitpunkt gut abgepasst. Er würde so angefüllt von Gefühlen sein, dass er praktisch animalisch handeln musste. Ich musste nur die richtigen Dinge tun, und er würde sich komplett in mir verlieren. Ich hatte es noch nie in einer solchen Situation gesagt. Ich sagte es ohnehin nicht oft. Er sagte es viel öfter als ich. Doch diesmal sagte ich es und ich meinte es so. "Ich liebe dich", flüsterte ich und zog ihm dabei die Hose aus. Ich wusste, was das in ihm auslöste. Es war, als würde ich ein Rätsel lösen, dessen Lösungsweg ich schon wusste. Er musste innerlich explodieren wie ein Feuerwerk. Darauf hätte ich wetten können. Ich zitterte vor Aufregung, war keinesfalls ruhig. Immerhin sollte das jetzt mein erstes Mal sein. Wir hatten noch nie richtig. Ich hatte es noch nie so getan. Ich wusste aber, dass er es so wollen würde. Seine Hose landete Auf dem Fußboden. Er war auch vollkommen entkleidet. Ich hielt seine Hand, streichelte über seinen Körper und schmeckte seine salzigen Lippen. Wir hatten beide ziemlich schnell eine Erektion bekommen. Aber ich wusste, dass es ziemlich viel Anstrengung erforderte, seine Erektion aufrecht zu erhalten. Wenn ich ihn auch nur ein Mal falsch anfasste, von ihm abließ oder er irgendwie abgelenkt wurde, war alles umsonst. Dann würde er die Lust verlieren. Ich glaube, er hatte nie gewusst, wie viel ich schon über ihn wusste. Er schenkte mir etwas, das nur er mir schenken konnte. Sein Blick, sein Herzschlag und sein Zittern sprach von etwas, das er tatsächlich noch nie gehabt hatte. Dabei war er älter als ich. Und erfahrener. Trotzdem hatte niemand das getan, was ich mit ihm zu tun geplant hatte. Meine Tür ging auf. Jemand kam herein, quietschte und schloss die Tür sofort wieder. Mein kleiner Bruder war in mein Zimmer gekommen und gleich wieder verschwunden. Er war nur ein paar Jahre jünger als ich und wusste, was ich tat und dass es in Ordnung war. Aber er hatte von dieser ganzen Sache bisher am Wenigsten mitbekommen. Und da war er. Der Moment, der alles zerstörte. Ich war stinkesauer. Wir waren beide so ungeschickt zusammengezuckt, dass ich ihn mit meinem Ellenbogen einen blauen Fleck auf dem Brustkorb hinterlassen hatte und er mir aus versehen in den Hoden getreten ist. Ich lag also fünf Minuten mit schmerzendem Unterkörper neben ihm in meinem Bett, während er sich entschuldigte und mich nicht anfasste, weil das bei solchen Schmerzen nie eine gute Idee war. Hätte mein Bruder nur nicht alles vermasselt! Jetzt lag ich hier und hatte so vieles Geplant, wollte so viele Dinge ausprobieren, von denen er mir erzählt und die ich von anderen gehört hatte. Und dann platzt da einfach jemand rein. Und sieht uns. Nackt. Aufeinander liegend. Wie peinlich. Und er würde es allen erzählen. Mein Bruder plauderte recht gerne. Ich hätte abschließen sollen. Warum hatte ich das nur vergessen? "Hey", sagte er leise flüsternd, als er bemerkte, wie ich mich ärgerte. "Ich war echt überrascht. Wenn es dir besser geht, können wir dann einfach nur so kuscheln?" Ach. Er war süß. Naja. Der Überraschungseffekt war sowieso jetzt dahin, also konnte er auch gerne wieder die Zügel in die Hand nehmen. Vielleicht würde er ja diesmal nicht wieder kurz vorher stoppen. Vielleicht könnten wir es diesmal sogar richtig tun. Vielleicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)