Peace of mind. von BouhGorgonzola (Seelenfrieden.) ================================================================================ Kapitel 2: Hot blooded. ----------------------- Es stellte sich heraus, dass der Schularzt mit seiner Vermutung hinsichtlich überdehnter Bänder Recht gehabt hatte. Kensi wurde Ruhe für ihr Knie verschrieben und darauf verwiesen einzuhalten, was der Schularzt ihr bereits mitgeteilt hatte. Das alles hielt sie am Samstag allerdings nicht davon ab, sich mit Jason am Strand zu treffen, um dort über Kathleen zu reden. „Wie zur Hölle ist sie auf den Baum gekommen?“, fragte Jason ernst, „Die Äste, die sich zum Klettern eignen, sind allesamt so weit oben, dass nicht einmal ich sie zu fassen bekomme – und ich bin definitiv größer!“ Kensi zuckte mit der Schulter, schob weiter in Gedanken versunken ein wenig Sand mit der Hand zur Seite. „Aber was viel interessanter ist: Weshalb sollst du dich von Levin fernhalten? Die wollte doch was von dir … ?“ Wieder zuckte Kensi mit der Schulter. Jason seufzte, da von Kensi keine weitere Reaktion kam, schob sich die Sonnenbrille die Nase wieder hoch und blätterte weiter in den Kopien der Schulakte von Kathleen herum, allerdings enthielt sie für ihn nichts Neues … und auch Kensi hatte er bereits jedes kleine Detail genannt, weshalb die Kopien eigentlich nutzlos waren bei dem derzeitigen Stand der Dinge. „Weißt du was?“, brach Jason schließlich das Schweigen und schlug die Akte zu, „Sie ist merkwürdig und interessant zugleich, das gebe ich zu, aber vergessen wir sie einfach. Viel wichtiger ist, dass dein Knie wieder gesund wird und wir uns auf die Klausur in Englisch bei Levin vorbereiten. Ich kann weder Shakespeare, noch seine Sonette wirklich leiden und du bist doch ein Genie … Also, hilfst du mir beim Lernen?“ Er blickte Kensi flehend an; diese hob zwar den Blick, sagte aber nichts. „William Shakespeare, der Typ, der nicht einmal richtig Englisch geschrieben hat.“ „Das ist ja auch Altenglisch.“, meinte Kensi, „Na gut.“ Sie setzte ein gezwungenes Lächeln auf. „Aber dafür will ich einen Bananen-Milkshake ausgegeben bekommen.“ Jason reckte den Daumen als Zeichen der Bestätigung. Kensi saß auf der Mauer, die den Strand von der Promenade abtrennte, während Jason an dieser lehnte. Kensi hatte ihren Milkshake in der Hand und trank ab und an daraus, während Jason seinen neben sich auf die Mauer gestellt hatte. Er blickte gen Himmel, die Augen geschlossen, obwohl man das aufgrund der Sonnenbrille nicht erkennen konnte, und schwieg. Kensi hingegen beobachtete die vorbeigehenden Personen und lauschte deren Gesprächsfetzen. „Gut … “, meinte Kensi schließlich und brach damit das Schweigen, „Wie viele Sonette schrieb Shakespeare?“ „Viele?“, riet Jason. „Hast du im Unterricht aufgepasst?“ „Schon … “, gab Jason zu, „ … aber mich interessiert das nicht sonderlich.“ „Dann rate.“ „Über hundert.“ „Nah dran. Und wie viele genau?“ Jason drehte den Kopf zu ihr, blickte sie nachdenklich an, dann zuckte er mit der Schulter und meinte: „Keine Ahnung.“ „154.“, beantwortete Kensi ihre eigene Frage für ihn. „Schrieb er die alle selbst?“ „Es heißt, er konnte gar nicht schreiben.“, erklärte Kensi, „Von wegen … dass seine Eltern Analphabeten waren und er es nie gelernt hat. Aber selbst wenn … nachgewiesen wurde es noch nicht. Angeblich ist der Beweis dafür eine verschlechterte Unterschrift, aber wahrscheinlich hat er nur einen schlechten Tag gehabt. Und hey! Der Kerl wurde auch nicht von Tag zu Tag jünger.“ „Also … 154 Sonette und es heißt, er habe sie nicht selbst niedergeschrieben, wurde aber nicht zu hundert Prozent nachgewiesen.“, wiederholte Jason. Kensi nickte. „Noch etwas?“ „Die Sonette können in zwei Gruppen eingeteilt werden.“, erzählte Kensi, „Die Gruppe The Fair Youth und die Gruppe The Dark Lady.“ „Und … wie bekomme ich heraus, zu welcher Gruppe was gehört?“ „Nummer eins bis 126 sind ersteres, 127 bis 154 sind letzteres.“, erklärte Kensi geduldig, „Wichtige Themen sind die Natur der Liebe und Romantik, sexuelle Leidenschaft, Tod und Zeit. Was man wissen sollte ist, dass die ersten Sonette die Schönheit anpreisen und sie unsterblich machen, die letzten diese allerdings zerstören, widerrufen und sterblich machen.“ Jason verzog das Gesicht. „Soll ich mir das alles merken?!“ „Natürlich.“ „Ich hasse Shakespeare.“ „Sei froh, dass es einfache Merksätze und Merkblätter für das gibt.“, meinte Kensi, „Levin hat sie uns alle genannt und gegeben.“ „Echt?“ „Du warst wirklich anwesend, oder?“ Jason drehte den Kopf weg, griff nach seinem Milkshake und trank einen Schluck um nicht antworten zu müssen. „Und auch seine altertümliche Sprache ist durch leichte Merksätze zu durchschauen und im schlimmsten Fall findest du die Wörter im Wörterbuch. Den Rest verstehst du … immerhin solltest du Englisch sprechen, sofern wir nicht doch alle was ganz anderes sprechen.“, meinte Kensi. „Weißt du was … ?“, fragte Jason, „Ich komme heute Abend einfach vorbei.“ „Klar.“, stimmte Kensi zu, „Musst du etwa schon weg?“ Jason nickte, holte sein Handy aus der Hosentasche und deutete auf die Uhrzeit. „Mum ist bei einer Fortbildung in San Bernadino und kommt erst morgen am Abend wieder und Lindsay ist heute Morgen mit ihrer Clique zum Campen aufgebrochen.“, berichtete er. „Ich erinnere mich.“, meinte Kensi, „Noah und Sam sind beide mit denen ebenfalls dahin.“ „Ja, genau.“ „Und dein Vater ist noch immer unterwegs … ?“ „Nein, Dad kommt gegen fünf nach hause.“, meinte Jason, „Deshalb muss ich ja wieder weg.“ Andrew Anderson, der Vater von Jason, war ein Special Agent beim FBI und deshalb meist außer Haus. Seine Kinder, Jason und Lindsay, bekamen ihn selten zu Gesicht und wenn er mal im Haus war, hatten die beiden Kinder mehr Regeln als sonst einzuhalten. Seine Frau Deborah Anderson, Mutter von Jason und Lindsay, war Polizistin beim LAPD und aus diesem Grund auch häufiger lange außer Haus. Sie ging des öfteren zu Fortbildungen und strebte höhere Positionen an – inoffiziell hieß es sogar, dass sie darauf sehr gute Chancen hatte. „Na dann geh lieber.“, forderte Kensi ihn auf, „Und wegen heute Abend denk lieber darüber nochmal nach. Ich meine, wann kommt dein Vater denn schon mal zu euch?“ „Dad ist froh, wenn er mich los ist.“, meinte Jason, hob aber die Hand zum Abschied und ging dann. „Du musst das mit Charlie absprechen.“ „Und der lässt zu, dass ich mich an ihre Fersen hefte? Für ihn bin ich doch ein Neuling!“ „Ich denke, dass er die Vor- und Nachteile abwiegen wird und dann entscheidet.“ Kensi war durch eine Mall in der Stadt gegangen und vor einem Geschäft mit Kleidung stehen geblieben, um sich ein Top genauer anzusehen. Sie vernahm das Gespräch und erkannte eine der Stimmen als die von Miss Levin, ihrer Lehrerin. Neugierig drehte Kensi leicht den Kopf und bemerkte, dass die beiden gegenüber von dem Geschäft standen, vor dem Kensi stand. Sie beobachtete die beiden unauffällig über ihre Spiegelbilder in dem Schaufenster und stellte fest, dass Miss Levin sich mit einem Mädchen, ungefähr so alt wie Kensi selbst, unterhielt. Diese hatte ebenso braune Haaren wie Miss Levin und ebenso helle Augen, bei denen schwer zu sagen war, ob sie hellblau, hellgrau oder hellgrün waren. Zumindest hatten beide einen schwarzen Ring um ihre Pupillen. „Ich kann Charlie nicht vorgreifen, Danielle. Er ist der Boss, nicht ich.“ „Aber er ist dein Freund.“ „Danielle, ich kann Charlie nicht die Entscheidung nehmen. Du bist lange genug das, was du bist, und auch wenn du neu bei uns bist, dürftest du mich verstehen.“ „Ich bin ihr schon seit so langer Zeit auf der Spu-“ „Belauscht du etwa anderer Leute Gespräche?“ Kensi zuckte zusammen und drehte sich fast wie in Zeitlupe um, nur um dann Kathleen gegenüber zu stehen. Diese grinste sie an, ihr Blick war dabei eisig und abweisend wie eh und je und hatte dennoch etwas Spöttisches in sich. „Sollte ich?“, fragte Kensi herausfordernd, „Ich mag das Top und habe überlegt, ob ich es mir kaufen soll.“ „Gelb passt nicht zu dir. Viel zu grell.“, meinte Kathleen abschätzend, „Mit deiner Antwort hast du das genaue Gegenteil bewiesen: Du hättest dich nicht zu rechtfertigen brauchen.“ „Also was?“ „Du hast Levin und das Mädchen belauscht.“ Kensi sagte nichts. „Du sollst dich von ihr fernhalten.“, wiederholte Kathleen ernst, „Das sagte ich doch schon einmal.“ „Und warum?“ „Weil es schlecht enden könnte.“ „Verdammt nochmal!“, fauchte Kensi, „Erstens entscheide ich selbst, mit wem ich mich treffe und abgebe, und zweitens höre ich nicht auf irgendwelche Mädchen, die sich ohnehin besser als jeder andere fühlen und die ich kaum kenne!“ Kathleen grinste und in ihren Augen schien etwas aufzublitzen. „Und hör gefälligst auf, so zu grinsen.“ „Kensi. Kathleen.“ Miss Levin war zu den beiden gekommen, Danielle, so wie sie das Mädchen genannt hatte, in ihrer Begleitung. Sie lächelte die Mädchen an, von denen nur Kensi erschrocken zusammenzuckte, als sie die Stimme der Lehrerin neben sich hörte. Kathleen hingegen nickte nur und blickte die Lehrerin ruhig und abweisend zugleich an. „Geht die Diskussion über das Geschehen auf dem Sportplatz?“, erkundigte Miss Levin sich und sah zwischen ihren beiden Schülerinnen hin und her. „Nein, Miss Levin.“, antwortete Kensi. „Was macht das Knie?“ „Die Bänder sind überdehnt.“ „Haben Sie sich entschuldigt?“, wendete sich Miss Levin an Kathleen. Diese warf Kensi einen kurzen Blick zu, dann nickte sie. „Sehr schön.“ „Wer ist Ihre Begleitung, Miss Levin?“, fragte Kathleen und ihr gespieltes Interesse konnte kaum überzeugender sein. „Danielle Brennan.“, antwortete Miss Levin, „Sie ist neu in Los Angeles und wird in euren Jahrgang kommen.“ „Woher kennen Sie sie, Miss Levin?“, erkundigte Kathleen sich. In ihren Augen funkelte etwas hinterlistig, aber Kensi konnte es nicht zuordnen, obwohl es ihr auffiel. „Sie wohnte in der Nähe meines Elternhauses.“, antwortete Miss Levin, „Anscheinend haben wir endlich ein Thema gefunden, dass Ihnen gefällt, meinen Sie nicht auch, Kathleen?“ „Neuankömmlinge erwecken nun einmal mein Interesse.“ „Nun denn.“, meinte Miss Levin und musterte Kathleen noch einmal kurz, dann blickte sie zu Kensi, „Ich werde dann mal gehen. Ich habe noch Klausuren auf meinem Schreibtisch liegen.“ Sie wendete sich Danielle zu: „Bleib du doch noch bei den beiden. Sie werden dich durch die Stadt führen.“ Danielle nickte, wirkte allerdings nicht sonderlich überzeugt, doch Miss Levin nickte allen zum Abschied noch einmal zu, dann ging sie. „So so. Eine Neue also.“ Kensi sah zu Kathleen, die wieder in ihre übliche, kalte und abweisende Art zurückgefallen war. „Ein Schützling der Levin.“ Danielle sah Kathleen an und Kensi, die bislang der Meinung gewesen war, dass Kathleen in ihren eisigen Blicken nicht zu überbieten war, wurde umgestimmt: Danielle sah Kathleen so eisig und abwertend an, dass Kensi sich insgeheim fragte, woher dieses Mädchen solch einen Blick kannte. „Ich kenne sie schon länger.“, meinte sie kühl, „Aber das ist kein Grund, weshalb sie mich bevorzugen würde.“ „Sie bevorzugt eigentlich niemanden.“, mischte Kensi sich ein, die aus den Augenwinkeln sah, dass Kathleen bereits den Mund zu einem Kommentar geöffnet hatte, „Aber man merkt, wenn sie jemanden nicht leiden kann.“ „Weshalb bist du nach Los Angeles gezogen?“, erkundigte Kathleen sich bei Danielle. „Gewisse Umstände erwarten gewisse Maßnahmen.“ „Also von der Schule geflogen oder straffällig geworden?“ Danielle drehte den Kopf leicht weg, meinte dabei: „Erstens geht dich das gar nichts an und zweitens ist meine Tante hierher gezogen.“ „Tante?“ „Schwester meiner Mutter. Du weißt schon … Verwandtschaft.“ „Was hat denn eine Tante mit deinem Umzug zu tun?“ Kathleen sah Danielle an, als sei sie eine Kuh auf Rollschuhen. „Ich lebe bei ihr.“ „Pflegekind also.“ Danielle rollte mit den Augen. „Ihr kennt euch höchstens fünf Minuten und schon scheint ihr nicht miteinander auszukommen.“, bemerkte Kensi ernst, „Könnt ihr denn nicht ein wenig versuchen, irgendwie freundlich zueinander zu sein?“ „Wenn Sie aufhört, das zu spielen, was sie hier spielt.“, antwortete Kathleen. „Ach, ich spiele was?!“ „Klar.“ „Wisst ihr was? Ich kann mir die Stadt selbst zeigen.“, fauchte Danielle, „Ich gehe.“ Kathleen grinste. „W-warte!“, meinte Kensi, doch Danielle wendete sich ab und ging. „Niña de la luna.“, murmelte Kathleen und Kensi hob fragend eine Augenbraue, bekam allerdings keine Erklärung dafür. Jason hatte sich bei Kensi um kurz nach sieben per SMS gemeldet; sein Vater wollte mit ihm auf einen kleinen Ausflug, so dass er nicht zum Lernen zu ihr kommen könnte. Kensi selbst war kurz nachdem Danielle gegangen war ebenfalls gegangen. Kathleen war keine angenehme Begleitung, allerdings nicht nur vom Charakter her. Irgendetwas war an dem Mädchen, dass Kensi sich unbehaglich fühlen ließ – ein gewisses Gefühl von Gefahr ging von ihr aus. Und so schlecht das kurze Gespräch mit Danielle ausgefallen war und so unsympathisch sie auch reagiert hatte, irgendetwas ließ Kensi sich in ihrer Nähe wohl fühlen. Dieses Gefühl hatte sie allerdings auch in der Nähe von Miss Levin, auch wenn sie von ihr als Lehrpersonal lieber Abstand hielt. „Kensi?“ Kensi zuckte zusammen. Sie hatte an ihrem Fenster auf einem Stuhl gesessen und beide Beine an den Fußgelenken überkreuzt auf der Fensterbank liegen gehabt, als ihr Vater langsam in ihr Zimmer kam. Er hatte noch den Fingerknöchel seines rechten Zeigefingers an der Tür und die Tür nur einen kleinen Spalt weit geöffnet, falls seine älteste Tochter ihn nicht sehen wollte. „Dad, was ist los?“, erkundigte Kensi sich und drehte den Kopf zu ihm. „Du hast Besuch.“ „Besuch?“, fragte Kensi verwundert, „Wer denn?“ „Ein Mädchen mit braunen Haaren. Sie hat sich als Danielle vorgestellt.“, antwortete ihr Vater, „Soll ich sie hoch schicken, oder kommst du ins Wohnzimmer? Sie wartet dort.“ „Schick sie bitte hoch, Dad.“, bat Kensi und wunderte sich, woher Danielle wusste, wo sie wohnte. Wobei … sie kannte Miss Levin sehr gut und wahrscheinlich hatte sie von dieser die Adresse. Kaum war Kensis Vater gegangen, klopfte Danielle an dem Türrahmen – Kensis Vater hatte die Tür offen stehen lassen. Kensi nickte, erhob sich von ihrem Stuhl und bot ihn Danielle an, um dann hinter dieser ihre Zimmertür zu schließen und sich dann auf ihr Bett zu setzen. Danielle nahm den Platz auf dem Stuhl dankend an. „Fragen, weshalb in letzter Zeit jeder zu mir kommt, muss ich nicht, oder?“ Danielle schüttelte den Kopf. „Und ich schätze, dass du meine Adresse von Miss Levin hast?“ Danielle nickte. „Dürfte ich dann erfahren, warum du dann so urplötzlich hier auftauchst?“, fragte Kensi und verschränkte die Arme vor der Brust. „Sie ist gefährlich.“ „Wer?“ „Kathleen.“ Kensi rollte mit den Augen, dann meinte sie: „Wegen eines Streites? Gut, wegen ihr sind meine Bänder überdehnt, aber das ist auch alles.“ „Du verstehst nicht … Du musst dich von ihr fernhalten.“ „Sagt irgendwie jeder.“ „Warum tust du es dann nicht?“, fragte Danielle stutzig. „Weil jeder etwas anderes sagt.“ „Abe-“ „Kathleen sagt mir, dass ich mich von Levin fernhalten soll. Du sagst mir, ich soll mich von Kathleen fernhalten.“, fuhr Kensi fort, Danielles Einwurf nicht beachtend, „Und ich wette, auch von dir bekomme ich keinen Grund. Ich sehe nicht ein, dass ich mich von Leuten fernhalte, wenn ich nicht einmal weiß, weshalb.“ „Sie ist gefährlich.“ „Jasons Eltern auch. Sie können mit Waffen umgehen. Jason sicherlich auch. Also? Soll ich mich von ihm auch fernhalten? Und weshalb seid ihr plötzlich alle an meinem Wohlergehen interessiert?!“, fragte Kensi genervt, „Es ist mein Leben, meine Wahl. Ich entscheide, nicht ihr.“ Danielle nickte, blickte sie nachdenklich an. „Nenn mir einen einzigen guten Grund. Einen einzigen.“ „Niña de la luna.“, sagte Danielle, „Weißt du, was das bedeutet?“ „Mädchen des Mondes? Mondmädchen?“, vermutete Kensi, „Kathleen gebrauchte diese Worte, als du gegangen bist.“ „Hast du jemals Harry Potter gelesen? Darren Shan? The Mortal Instruments? Oder das, in Bezug auf Vampire, unsinnige Twilight?“, erkundigte Danielle sich bei Kensi, die nickte, „Denkst du, dass diese Geschichten der reinen Fantasie entspringen?“ „Natürlich.“ „Natürlich nicht.“, verbesserte Danielle sie, „In jeder, wirklich jeder, Geschichte steckt immer ein Funken Wahrheit.“ „Aber der muss ja nicht im Bezug auf Fantasiewesen stecken.“, warf Kensi ein. „Guter Einwand. Aber bist du zu hundert Prozent davon überzeugt, dass er nicht in den Wesen ruht?“ „Der wahre Kern?“ Danielle nickte, während Kensi überlegte. Sie war sich so sicher gewesen, aber jetzt, da sie direkt danach gefragt worden war, zögerte sie. „Na ja … “, brachte sie langsam heraus, „ … angenommen, dass der wahre Kern darin ruht … “ Sie spürte Danielles aufmerksamen Blick auf sich ruhen, sah selbst aber auf ihre Hände, die in ihrem Schoß lagen. „ … dann halten sich diese Wesen sehr gut versteckt. Oder sie existieren bereits nicht mehr, sondern lebten einst auf der Erde. Wie Dinosaurier.“ Danielle nickte. „Aber was soll das?“ Danielle erhob sich. Sie sah Kensi an und ihr Gesichtsausdruck hatte etwas Ernstes angenommen, doch in ihren Augen war etwas Warmes und Besorgtes zu erkennen. Kensis fragender Blick ruhte auf ihr, doch die Brünette überging ihn und drehte sich zu Kensis Fenster, um dort hinaus zu schauen. „Vielleicht ist auch der Vorschlag von Kathleen nicht ganz falsch.“ Kensi sagte nichts, sondern blickte Danielle überrascht über deren Worte an. „Wenn Jessica nicht bemerkt hätte, dass Kathleen ihr eigentliches Verhalten ablegt, wenn sie dich sieht und sich dessen nicht so viele Sorgen gemacht hätte, dann wäre Kathleen nicht in Aktion getreten.“ Kensi kam es wie ein Selbstgespräch vor. „Im Grunde ziehen dich diese Fehden zwischen uns nur noch mehr in die Gefahr hinein.“ Danielle drehte sich zu Kensi um, sagte laut: „Vergiss meine Warnung nicht. Vergiss auch Kathleens Warnung nicht. Halt dich von Miss Levin fern … halt dich von Kathleen fern.“ „Und … von wem noch?“ „Mir.“ „Du bist doch zu mir gekommen!“, erinnerte Kensi sie. „Schon.“, gab Danielle zu, „Aber ic-“ „Es hätte nichts zu warnen geben, wenn ihr nicht ständig in meinem Leben hineinpfuschen würdet!“, unterbrach Kensi sie unwirsch, „Weder Miss Levin, noch Kathleen … ja, noch du … keiner von euch ist für mich von großem Interesse!“ Sie funkelte Danielle kühl an. „Ich bekomme ohnehin keine Erklärung, oder?“ Sie wartete keine Antwort von der Brünetten ab. „Schön und gut. Geh jetzt … bitte.“ Danielle seufzte, nickte leicht und schritt dann an Kensi vorbei. Dabei warf sie der Blonden einen kurzen Blick zu, doch diese sah stur nach vorn und mied jeglichen Augenkontakt zu ihr, da sie fürchtete, ihre aufgewühlten Gefühle dann nicht mehr unter Kontrolle halten zu können. Dieses akzeptierte Danielle; sie verließ Kensis Zimmer, wünschte deren Vater einen schönen Abend und verließ das Haus. „Charlie!“ Ein lauter Ruf hallte durch ein älteres Gebäude nahe des Strandes. Das Gebäude an sich war groß und beherbergte zwei Wohnungen, von denen eine im Erdgeschoss und ersten Stock lag, während die andere den zweiten Stock und das oberste Stockwerk beanspruchte. In der unteren Wohnung lebte ein Navy Seal von der Marine, der die meiste Zeit außer Haus war, die obere Wohnung wurde von einem Charles Siska bewohnt, der für den Staat arbeitete. „Charlie!“ Der Ruf hallte wieder durch das Gebäude. Der Navy Seal aus der unteren Wohnung war derzeitig nicht im Lande, weshalb er nicht durch den Ruf gestört werden konnte. Darüber hinaus galt ihm der Ruf nicht, sondern seinem Nachbarn aus der Wohnung über ihm, und entstammte von einer jungen Frau mit braunen Haaren und hellen Augen, die eine Mischung aus braun, grau und grün darstellten. Da niemand auf den Ruf der Frau reagierte, stieß sie die Wohnungstür zur Wohnung im zweiten und dritten Stock auf und trat ein, nur um dann inmitten eines unendlich erscheinenden Chaos' zu stehen. Sie setzte ihre Suche nach dem Besitzer der Wohnung fort und schlich dabei vorsichtig durch die einzelnen Zimmer, jedes sah so aus wie der Eingangsbereich der Wohnung: Chaotisch. „Jess … flieh!“ Die junge Frau blieb stehen, kaum war sie im Wohnzimmer angelangt. Dort lag der Besitzer auf dem Boden, verletzt, blutend und schwer atmend. Er versuchte sich langsam zu erheben, den Blick auf die junge Frau gerichtet, den Mund noch nicht ganz geschlossen, als ihn etwas wieder zu Boden schickte. „Charlie!“, rief die junge Frau aus, dann wanderte ihr Blick zu der Person, die dafür verantwortlich war: Eine ebenso junge Frau mit braunen Haaren und grünen Augen, deren Haut recht hell im hellen Mondlicht wirkte, sah kühl zu ihr. „Jessica Brooke Levin … “, sprach letztere aus, „Ich nehme an, ihr gehört zum selben Rudel, wenn du hier so einfach erscheinst?“ „Was hast du ihm getan?!“ „Ich? Nichts.“ „Du lügst, Lilith! Ich weiß doch, dass du uns nicht leiden kannst und die Fehde nur zu gerne anfachst!“ „Du liegst falsch, meine Liebe.“, bekam sie die Antwort zu hören, „Nun gut, mit letzterem vielleicht nicht, aber definitiv mit ersterem.“ „Das ist eine Lüg-“ „Jess … “ Charlie, der noch immer am Boden lag, hob den Kopf. „Sie hat Recht … Sie kam, weil sie auf seiner Spur war … “ „Wessen?“ Jess war sichtlich verwirrt. „Caihong Jin.“, sagte die Frau ernst und kam damit Charlie zuvor, „Er hat von der Prophezeiung gehört.“ Jess schluckte, ging zu Charlie und half ihm auf die Beine. „Und wieso kam er hierher?“ „Man hinterfragt seine Handlungen nicht.“, meinte die Frau, „Selbst wir tun das nicht.“ „Wenn die Prophezeiung schon bis zu ihm vorgedrungen ist … “, meinte Jess nachdenklich, „Es wird Zeit, dass wir langsam handeln.“ „Nicht.“, wehrte Charlie ab und ließ ihre Schulter los, an der er sich festgehalten hatte, „Prophezeiungen sind ungenau. Sie muss nicht einmal zutreffen. Solch eine Prophezeiung ist kein Gesetz, es ist eine bloße Mutmaßung.“ „Charlie … “ „Wenn ich das Rudel einweihe und wir zu handeln beginnen, dann sind weitaus mehr von uns in Gefahr. Ähnlich wird es wohl bei der Gruppe von Lilith sein.“ Lilith nickte. „Dass nur wir, die Anführer und ihre engsten Vertrauten, dem nachgehen, hat schon seinen Sinn, Jess.“, fuhr Charlie fort, „Und ich bitte euch … diese paar Verletzungen heilen schnell und wenn er dachte, ein Hindernis ausgeschaltet zu haben, so lag er bislang falsch.“ Er setzte ein Grinsen auf. „Ich denke, dass ich zurück zu meinen Leuten sollte.“, warf Lilith ein, „Erstens habe ich seine Spur verloren, zweitens ertrage ich die Nähe von euch nicht … und drittens will ich euch bei euren kleinen Spielchen nicht im Wege stehen.“ Jess warf ihr einen finsteren Blick zu, während Charlie bloß nickte. „Man läuft einander hoffentlich nicht mehr über den Weg.“ Und damit verließ sie das Wohnzimmer und kurz darauf war die Wohnungstür zu hören, die ins Schloss fiel. „Du suchtest mich.“, wendete sich Charlie Jess zu, deren Blick sogleich freundlicher und sanfter wurde, „Weshalb? Gewusst haben konntest du von Caihong nicht.“ „Danielle Brennan.“ „Was ist mit ihr?“ „Sie will sich an die Fersen von Kathleen heften.“ „Und?“ „Sie fragte mich um Erlaubnis.“, fuhr Jess fort, „Ich verwies sie zu dir. Du bist der Chef.“ „Kathleen ist unser kleinstes Problem … “, meinte Charlie leise, trat einen Schritt auf sie zu und legte seine Hand auf ihre Wange, „Du hättest ihr die Erlaubnis erteilen können. Das weißt du.“ Jess blickte in seine Augen. „Ja, aber … “, begann sie, doch dann unterbrach sie sich und seufzte. „Was bedrückt dich?“, erkundigte Charlie sich besorgt. „Seit Wochen schon gehen wir den Gerüchten um dieser Prophezeiung nach, gleichzeitig regt Kathleen sich langsam. Ihre Aufmerksamkeit erlangt ein völlig normal erscheinendes Mädchen … und dann taucht Danielle hier auf und will Kathleen im Auge behalten. Und zu guter Letzt noch Caihong, der wohl gefährlichste von all denen.“, erklärte Jess, „Was mir in all den Geschehnissen am meisten Sorgen macht, ist das Mädchen, das Kathleens Aufmerksamkeit erweckt und erlangt hat.“ „Deine Schülerin Kensi Cone.“ „Ja.“ „Und du weißt nicht, weshalb dem so ist?“ Jess schüttelte den Kopf. „Lass Danielle sich mit den beiden anfreunden. Auch wenn es so aussieht, als wenn Kathleen sich in Gewalt hat, so kann Danielle leicht eingreifen, wenn dem doch nicht so ist.“, schlug Charlie vor, „Und nun lass uns aufräumen und nicht mehr an solche Dinge denken … “ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)