Black Shadow (ab 16 Jahre) von raylight ================================================================================ Kapitel 1: Der Waisenjunge, 1225 -------------------------------- Es war ein verregneter Augusttag. Ein durchnäßter dreijähriger Junge stand mit Tränen in den Augen am Grab seiner Eltern. In seinen Händen hielt er das Schwert seiner Mutter. Es war das Einzigste, was sie ihm hinterlassen hatte. Sein schwarzes Haar klebte an seiner Stirn. Der Verlust seines Vaters hatte ihn stark mitgenommen. Sein Vater, Gregor Shoned, starb vor zwei Tagen an Tuberkulose. Er war gerade mal fünfundzwanzig Jahre alt geworden. In seinen kurzem Leben hatte ihn der Tod schon seit seiner Geburt begleitet. Die Anstrengung, ein neues Lebewesen in die Welt zu setzen, war zu viel für seine schöne rothaarige Mutter, Julia Shoned, gewesen. Sie war erst zwanzig Jahre alt. “Ich möchte, daß mein Sohn Shadow heißt...”, waren ihre letzten Worte. Gregor arbeitete in der einzigen Bibliothek auf der Insel Ohara, als Archäologe. Seit dem Tod seiner Frau kümmerte er sich rührend um sein einziges Kind. Auf den Wunsch seiner Frau hin, hieß der Junge seitdem Shadow. Sein Sohn war gleichzeitig sein Halt. Wäre er nicht geboren worden, hätte sich Gregor schon am Todestag seiner Frau umgebracht. Doch nun hatte ihn eine Krankheit niedergestreckt und hatte ihn damit allein gelassen. Eine Hand legte sich auf seine Schulter. Shadow blickte auf einen grauschwarzhaarigen Mann. Es war der Chef von Shadows Vater, Sandro. Mit vierundfünfzig Jahren hatte er kaum Falten im Gesicht. Sein grauschwarzer Bart ging ihm bis zur Brust. Shadow schätzte ihn auf ein Meter sechzig. “Es tut mir Leid. Ich hätte dir gern ein besseres Leben gegeben.” “Was soll ich jetzt tun?”, schluchzte er. Sandro kniete sich zu den Jungen. “Ich werde dich das Handwerk deines Vaters lehren. So kann ich mich gleichzeitig um dich kümmern, bis du auf eigenen Beinen stehen kannst. Was hältst du davon?”, meinte er sanft. Mit seinem Handgelenk wischte er seine Tränen ab und starrte ihn hoffnungsvoll mit seinen dunkelbraunen Augen an. Er umarmte ihn lächelnd. “Danke!” Sandro bemerkte, daß das Kind eingeschlafen war. “Das war alles zu viel für ihn.”, murmelte er besorgt. Shadows Schwert steckte er in seinen Ledergürtel. Mit dem schlafenden Kind im Arm marschierte er zum Gebäude der Bibliothek. Das Gebäude war fünfstöckig und so lang wie der Kölner Dom. Er trat ins Innere des Gebäudes. Seine neununddreißig Angestellten begrüßten ihn. Sie begutachteten das Kind. “Das ist der Sohn von Gregor und Julia Shoned.” Als sie das hörten, freuten sie sich. Sie wußten, daß Gregor ihn erst in vier Jahren vorstellen wollte, aber sein früher Tod hatte alle Pläne zunichte gemacht. “Warum mußten seine Eltern nur so früh sterben?”, murmelte einer. “Der Junge ist unter einem schlechten Stern geboren.”, seufzte Sandro. Er brachte ihn in den dritten Stock, ging einen langen Gang entlang bis links auf der Tür Nummer dreihundertfünfundachztig stand. Sandro machte die Tür auf und trat ein. Das Zimmer hatte ein mittelgroßes Fenster in der mittleren Wand. An der rechten Wand waren zwei Bücherregale vollgestopft mit Büchern. Unter den Regalen stand ein Schreibtisch mit Kerze, Federkiele, Tintenfaß und davor stand ein Holzstuhl. Das Bett befand sich vom Fenster, an der rechten Wand. Vor dem Bett stand ein mittelgroßer Kleiderschrank. Die Wände waren weiß gestrichen. Sandro zog die nassen Kleider des Kindes aus und legte ihn ins Bett. Er legte die Sachen auf den Holzstuhl. Das Schwert nahm er aus dem Gürtel und betrachtete es eine Weile. Es hatte eine blaue Scheide mit grünen Griff, goldenem Knauf, Griffbügel und Glocke. “Das Schwert der Shoneds. Julias ganzer Stolz. Mich würde einmal interessieren, wie alt das Schwert ist und warum es auch das heilige Schwert heißt? Mh, nun gut es ist ein Familienschatz und wird Generation zu Generation weitergegeben. Dabei sollte ich es belassen.”, murmelte er. Sandro ging zur Tür und machte sie auf. “Kevin! Komm zu Zimmer dreihundertfünfundachtzig!”, brüllte er. Sandro schloß die Tür. Kurze Zeit später tauchte ein dreißigjähriger blonder Mann auf. Er war etwas kleiner als Sandro. Seit Gregors Tod war er seine rechte Hand. “Was wollen Sie?”, fragte er. “Sie wissen doch, wo Gregor wohnte. Kevin.” “Ja. Er war mein bester Freund und hat mich oft zum Essen eingeladen.” “Holen Sie die Sachen von Shadow. Das Haus kann vermietet werden. Der Junge wird so lange hier bleiben bis er alt genug ist, um selbst zu entscheiden, was er will.” Kevin war verwirrt. “Wie?” “Ich werde ihm die Archäologie lehren. In sechs Jahren werden wir sehen, ob das Zeug zum Archäologen hat. Sein Vater hat das alles in zwei Jahren und fünf Monaten geschafft. Von ihm weiß ich auch, das er Shadow lesen und schreiben beigebracht hat. Der Junge scheint sehr klug zu sein, genau wie seine Eltern. Hoffentlich hat er das Talent seines Vaters.” “Mh, was wird er wohl für ein Leben führen, wenn er erwachsen ist?” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)