Shadowwalkers von FaithNova (Licht und Schatten) ================================================================================ Kapitel 23: Die Ruine --------------------- In den frühen Morgenstunden lieferte sich der Nebel mit einer unerbittlichen Sonne einen Kampf um die Vorherrschaft. In der Stadt hatte die Sonne größtenteils schon gesiegt, doch hier im Wald krochen noch dichte Nebelschwaden zwischen dem Geäst der Bäume hindurch. Delia und Ashley stapften nun schon fast eine geschlagene Stunde durch den Forst und es schien fast so, als hätten sie jegliche Orientierung verloren. Dem wäre wohl auch so gewesen, wenn sich nicht ein steiniger Weg durch das Dickicht schlang, der laut Ashleys Karte direkt zu der Ruine führen sollte. Seit etwa 15 Minuten herrschte zwischen beiden eisiges Schweigen. Grund dafür war Delias Vorwurf gewesen, dass das ganze hier eindeutige Zeitverschwendung gewesen war. Ashley wollte sich nicht wirklich mit ihrem Gemecker befassen und verwies schlichtweg darauf, dass Duncan wollte, dass sie zur Ruine gingen. Doch das Schweigen der beiden lag nun drückend über ihren Köpfen und nur die durch den Nebel gedämpften Geräusche des Waldes brachen hin und wieder hindurch. Ashley fühlte sich äußerst unwohl. Der Nebel beeinträchtigte nicht nur ihre normale Wahrnehmung, auch ihre natürlichen Fähigkeiten, als Schattengänger, andere Lebewesen anhand ihrer Aura zu spüren, war erheblich eingeschränkt. Hätte sie nicht gewusst, dass Delia etwa fünf Meter hinter ihr ging, so hätte sie sie nicht wahrgenommen. Und je länger diese unfreiwillige Wanderung ging, desto unguter wurde dieses Gefühl. Ashley hatte schon mehrere Male erlebt, dass ihre Fähigkeiten aufgrund der wettertechnischen Gegebenheiten beeinflusst wurden, aber das hier war ihr einfach nicht geheuer. Bevor sie noch länger über ihre Sorgen nachdenken konnte, öffnete sich vor ihr das dicke Meer der Bäume und ein großes, nicht mehr ganz so Nebel verhangenes Feld wurde erkennbar. Etwa 100 Meter von ihr entfernt erkannt sie so einige Stücke von altem Mauerwerk, welches darauf schließen lies, dass sie endlich am Ziel angekommen waren. Delia hatte zu spät bemerkt, dass Ashley stehen geblieben war und wäre fast in sie hinein gerannt. Mit einer Beleidigung auf der Zunge gab sie Ashley einen leichten Schubs nach vorne. Als sie aber dann erkannte, warum Ashley stehen blieb, verkniff sie sich ihre Bemerkung und ging einfach schnurstracks an ihr vorbei auf die Ruine zu. Wenige Augenblicke später folgte Ashley ihr. Die beiden gingen durch eine Lücke in der moosüberwucherten Mauer genau in die Mitte der Ruine. Dort blieb Delia stehen und wandte sich an Ashley: „Also, wonach genau sollen wir jetzt hier suchen.“ Ashley warf ihren Rucksack zwischen zwei Felsen und meinte: „Es müsste ein Symbol irgendwo auf einem Stück Mauer oder auf dem Boden sein.“ Delia verzog das Gesicht. „Und wie soll dieses Symbol bitte aussehen?“. Ashley zog einen dicken Filzstift aus der Tasche und nahm Delias Hand. Auf ihren Handrücken zeichnete sie etwas, dass aussah wie ein Dreieck, in dem zwei Kreise waren. „Ungefähr so. Es kann sich natürlich leicht geändert haben, aber das sollte in etwa das Symbol sein.“ Delia nickte und begann die Mauern und den gefliesten Boden zu untersuchen. Ashley steckte den Stift zurück und machte sich ebenfalls daran, das Moos von den uralten Steinen zu kratzen. Etwa eine halbe Stunde lang suchten beide jeden noch so erdenklichen Zentimeter der Ruine ab. Doch keiner von beiden fand auch nur die leiseste Spur. Ashley war gerade mit einem Felsen etwas abseits vom Zentrum beschäftigt, als Delia zu ihr kam. Sie kickte frustriert mit einem kleinen Stein gegen den Felsen an dem Ashley grade zugange war. „Das hier ist doch die reinste Zeitverschwendung! Wie sollen wir zwei alleine bei diesem verdammten Nebel hier irgendetwas finden?“ Delia lies sich auf die nasse Wiese fallen. Ashley erhob sich aus der Hocke und meinte. „Duncan wollte nicht zu viel Aufmerksamkeit erregen, deswegen nur wir beide.“ Delia schnaubte „Schon klar, aber warum schickt er mich mit dir mit. Ich hab mit der ganzen Sache doch nichts am Hut. Er könnte ja einen von unseren gebildeten Forschern mit dir gehen lassen, warum also ich.“ Ashley schenkte ihr ein Lächeln „Weil du die einzige bist, die – außer ihm selbst – weiß, warum wir hier sind. Und solange wir nichts finden, wird er es auch dabei belassen.“ Delia rieb sich müde die Augen. „Ja, wahrscheinlich.“ Ashley beobachtete sie einen Moment lang, dann meinte sie leise „Ich wünschte, wir müssten beide nicht hier sein.“ Delia sah auf und starrte sie an. Es schien fast so, als wüsste sie nicht wirklich, was sie sagen sollte. Doch dann lächelte sie und stand auf. „Na los, suchen wir weiter, wenn schon, dann sollten wir es gründlich machen.“ Ashley nickte und ihr Blick fiel wieder zu den Steinen der Ruine und dem einzigen Baum, der dort wuchs. Ein knorriges, vertrocknetes Gewächs, das wohl schon lange vor sich hin vegetierte. Delia hatte sich gerade umgedreht, als ein ziemlich lautes Knacken beide Schattengänger aufhorchen lies. Beiden fuhren herum und starrte zurück zu dem Weg, den sie her gekommen waren, doch im Nebel war nichts zu erkennen. Aber irgendetwas war anders. Ashley konnte es nicht sehen, aber sie wusste, dass dort im Nebel, wahrscheinlich näher als ihr lieb war, etwas lauerte. Delia kam näher und flüsterte „Wie gut war dein Kampftraining?“ Ashley hatte das Gefühl, dass ihre Beine ihr den Dienst versagten. Es war schon ewig her gewesen, seit sie in einem offenen Kampf gekämpft hatte. Mit großer Überwindung antwortete sie „Angesichts der Tatsache, dass sich die Fähigkeit, durch Wände zu gehen nicht sehr gut im Kampf einsetzen lässt, wohl eher nicht so gut wie deines.“ Delia rümpfte die Nase. „Dann konzentrier dich umso mehr auf das, was du tust.“ Delia zog ein mittellanges Schwert aus ihrem Gürtel und reichte Ashley einen Dolch. Langsam gingen die beiden Rücken an Rücken auf das Dickicht zu. Einige Meter schien es wieder totenstill zu sein, doch dann brach ein wahres Gewitter über die beiden herein. Plötzlich tauchten aus dem Nebel weiß schimmernde Kreaturen auf, die sich auf die beiden stürzten. Während sich Delia ihrem Angreifer entgegen warf, reagierte Ashley instinktiv und nutzte ihre Kräfte. Der Dämon hatte mit seinen riesigen Klauen zum Schlag ausgeholt, der jedoch durch Ashley hindurch ging wie durch Luft. Einen Moment lang war er ziemlich verwirrt, doch dann fing er sich und griff erneut an. Delia schlug mit ihrem Schwert auf ihren Angreifer ein und wich gekonnt dessen Hiebe aus, doch es gelang ihr nicht, einen Treffer zu setzten, der den Dämon außer Gefecht gesetzt hätte. Ashley hingegen war mit ihrem Dolch wesentlich schlechter dran. Zwar schien der Dämon aus der Tatsache, dass er sie bis jetzt nicht treffen konnte, nicht schlau zu werden, doch auf diese Art und Weise konnte sie ihn nicht besiegen und ihr Gefühl sagte ihr, dass er und sein Kumpan nicht alleine war. Und damit sollte sie leider auch Recht behalten. Sie hörte wie Delia nach ihr rief, doch was genau es war, konnte sie nicht mehr verstehen. Zwar war sie erneut dem Dämon ausgewichen, doch hatte sie nicht gesehen, dass hinter ihm, aus dem Nebel noch ein weiterer Angreifer kam. Auf ihn war sie nicht vorbereitet gewesen. Sein Hieb traf sie am Bauch und Ashley spürte ein stechendes Reißen. Wie in Zeitlupe blickte Ashley an sich runter. Ihre Hände hatte sie nachdem sie von dem Hieb getroffen wurde, instinktiv an ihren Bauch gepresst. Jetzt nahm sie ihre linke Hand wieder weg und starrte sie an. Sie war voller Blut. Ashley wurde schwindlig und ihre Beine knickten weg. Sie spürte kaum, wie sie auf dem Boden aufschlug. Ihre Ohren rauschten. Was auch immer um sie herum geschah, es war wie durch den Nebel so verschleiert, dass sie es nicht mehr war nahm. Sie spürte den Schmerz und röchelte nach Luft. Vor ihren Augen verschwamm alles. Jetzt ist es gleich vorbei. Dachte sie, als sich langsam ihr Bewusstsein von ihr verabschiedete und die Kälte in ihre hoch kroch. Doch dann spürte sie, wie jemand sie packte und hoch hob. Sie versuchte ihre Augen zu öffnen, doch sie schaffte es nicht. Etwas presste sich gegen die Wunde, aus der immer noch einiges an Blut floss. Dann konnte Ashley hören wie ihr jemand ins Ohr flüsterte. „Halte durch, meine Liebe.“ Innerhalb dem Bruchteil einer Sekunde kehrte die Wärme in sie zurück und Ashley fand die Kraft, ihre Augen erneut wieder aufschlagen zu können. Verschwommen erkannte sie die Umrisse eines wohlbekannten Gesichts. Es war Lily. Mit ihrer linken Hand, die immer noch blutverschmiert war, reichte Ashley an Lilys Gesicht. Die war kreidebleich, angesichts des fast schon leblosen Körpers, der in ihren Armen lag. „Du… du bist hier.“ röchelte Ashley. Sie hatte Lilys Gesicht fixiert und die schenkte ihr ein gequältes Lächeln. „Ja, das bin ich.“ Ashley versuchte, sich umzusehen, doch ihre Wunde und Lilys Griff ließen das nicht zu. „Delia… wo…“ zu mehr war Ashley nicht mehr im Stande. Ihre Augen flatterten erneut und sie drohte nun endgültig ohnmächtig zu werden. Lily drückte sie fest an sich und flüsterte „Für sie kannst du jetzt nichts mehr tun.“ Doch nun wand sich Ashley mit einer, angesichts ihres Zustandes, immensen Kraft und versuchte Lily abzuschütteln. „Lass… lass mich los. Ich muss… ihr… muss ihr helfen.“ Aber ihre Anstrengungen waren vergeblich, Lily hielt sie weiterhin fest im Arm und hob sie hoch. Selbst als Ashley verzweifelt anfing zu schreien, mit allem, was ihre Lungen noch hergaben, Lily lies sie nicht los. Sie trug sie einige Schritte und dann verschwanden die beiden im Nebel und im Wald und in der Ruine wurde es totenstill. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)