InComplete von Aziraphale (Suliet) ================================================================================ Kapitel 1: (In)Complete ----------------------- Sie war froh, dass sie das Angebot abgelehnt hatte. Jedes Mal, wenn sie bei schönem Wetter- oder auch bei schlechtem, es machte eigentlich keinen Unterschied- auf ihrer Lieblingsbank im Park saß und den Kindern auf dem Spielplatz dabei zusah, wie sie auf Klettergerüste stiegen, lachend die Rutsche runterrutschten und sich gegenseitig mit Sand bewarfen, wurde sie sich dessen bewusst. Der Wind strich ihr sanft durch das Haar, welches sie heute offen trug. Es war ihr freier Tag, also kein Grund, es sich hochzustecken, wie sie es im Krankenhaus tun musste. Es war ein befreiendes Gefühl und sie genoss es. Sie legte ihren Kopf in den Nacken und betrachtete den Himmel. Die Wolken zogen langsam, aber stetig über die tiefblaue Fläche über ihr. „Träumst du?“ Sie blickte zur Seite und sah ihre Schwester mit einem breiten Lächeln neben sich sitzen. Ihre Augen strahlten und der Wind hatte ihre Haare zerzaust. Sie konnte gar nicht sagen, wie viel Freude ihr dieser Anblick bereitete. Je länger Rachels Haar wurde, desto glücklicher war sie, denn es bedeutete dass sie es geschafft hatte. Das Symbol ihrer Gesundheit. Sie strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht und lächelte zurück. „Wo von könnte ich träumen? Ich bin glücklich hier.“ Es war keine Lüge. Sie wusste genau, dass sie alles richtig gemacht hatte. Nachdem sie Herrn Alperts Angebot abgelehnt hatte, hatte sie einen neuen Job gefunden, auch wenn ihr Ex-Mann ihr nur alle erdenklichen Steine in den Weg gelegt hatte. Manchmal wünschte sie sich, er würde von einem Bus überfahren werden.... Ihre jetzige Arbeit war zwar nicht so gut bezahlt, wie die letzte und sie hatte umziehen müssen... aber so richtig stören tat sie das nicht. Ihre neue Wohnung war nur wenige Minuten vom Park entfernt, in der ihr Neffe so gerne spielte. Wenn sie dem kleinen, blonden Jungen dabei zusah, wie er ganz konzentriert Sand in die Förmchen schaufelte, die sie ihm gekauft hatte, füllte sich ihr Herz mit Stolz. Julien hatte ihrer Schwester mehr geholfen, als jede Medizin, hatte ihr mehr Kraft gegeben, als sie es je gekonnt hätte. Er war die Sonne in ihrer beider Leben. „Aber etwas fehlt.“ Sie wendete den Blick von dem kleinen Jungen ab und blickte ihrer Schwester direkt in die Augen, die sie musternd ansahen. „Was meinst du?“ Rachels Lächeln erreichte nicht ganz ihre Augen. „Ich kenne dich besser, als jeder andere und ich sage dir, dass dir irgendetwas fehlt.“ „Ich weiß nicht was du meinst.“ „Ich glaube, du weißt es nicht mal.“ „Was?“ „Das dir etwas fehlt.“ Sie tippte ihrer Schwester sanft gegen die Stirn, so wie sie es getan hatte, als sie Kinder gewesen waren und lachte. „Du spinnst doch.“ „Ja, vielleicht... Ist nur so’n Gefühl, weißt du?“ Sie seufzte und griff nach ihrem Portmonee, welches neben ihr auf der Bank lag. „Ich glaube du hast zu viel Sonne abbekommen. Was hältst du davon, wenn Julien und ich für uns drei Eis kaufen gehen?“ Ihre Schwester sah sie noch ein paar Sekunden mit einem Gesichtsausdruck an, der ihr sagte, dass sie dieses Gespräch an einem späteren Zeitpunkt fortsetzen würden, nickte aber schließlich nur. Sie wusste, dass Rachel sich Vorwürfe machte. Wegen ihr, hatte sie damals das Angebot abgelehnt, um an ihrer Seite zu sein, hatte sie ihre Zukunft weggeworfen. Zumindest dachte Rachel das. Sie hatten oft darüber gesprochen, aber sie wusste, dass das schlechte Gewissen immer noch an ihrer Schwester nagte. Dabei hatte sie ihre Zukunft gar nicht weggeworfen, fand sie. Die Zukunft saß genau vor ihr. Klein, blond, quirlig. Und als Julien ihre Hand ergriff und mit einem Strahlen verkündete, er würde heute mal Erdbeereis probieren, statt wie sonst Schokolade zu essen, fühlte sich ihr Leben perfekt an. „Ich kenne dich besser, als jeder andere und ich sage dir, dass dir irgendetwas fehlt.“ „Julien, lauf nicht so schnell!“ Sie kramte in ihrem Portmonee, um schon einmal die passenden Münzen, für den Eisverkäufer zusammen zu suchen. Julien war schon immer ein Wirbelwind gewesen. Er war viel schneller, als man bei den kleinen Füßen und den kurzen Beinen erwarten sollte. Der Park war voll und sie wollte ihn nicht verlieren. Das war einmal passiert und während den zwanzig Minuten, die sie ihn gesucht hatten, hatten sie und Rachel Todesängste ausgestanden. Doch da wurde der Sprint ihres Neffen schon gestoppt. Er war gegen ein Paar, in verschlissenen Jeans gekleidete, Beine reingerannt und auf seinen Hosenboden gefallen. Als sie ihn eingeholt hatte, schüttelte er gerade den Kopf, wie ein nassgewordener Hund. „Julien! Du musst besser aufpassen!“ Sie beugte sich zu ihm runter, streichelte ihm einmal kurz über den Kopf. „Entschuldigen Sie bitte.“, murmelte sie in die Richtung des Mannes ohne ihn wirklich anzusehen und wollte ihrem Neffen gerade hoch helfen, als zwei Hände diesem unter die Arme griffen und ihn hoch in die Luft hoben. „Du hast gehört, was die Lady gesagt hat, kleiner Mann.“ Julien kicherte. „Entschuldigung, er ist manchmal etwas stürmisch.“ „Kein Problem.“ Sie sah ihn an. Blaue Augen. Schulterlanges, dunkelblondes Haar. Dreitagebart. Verwaschene Jeans und ein kariertes Hemd. Er lächelte. Irgendetwas an seinem Lächeln machte sie nervös. Selbst als er Julien wieder sicher auf den Boden absetzte, wandte er den Blick nicht von ihr ab. Es war seltsam... irgendetwas an ihm... Julien zupfte an ihrem Hosenbein. „Kann ich jetzt mein Eis haben?“ Für einen Moment brach sie den Augenkontakt ab und die Zeit schien wieder normal weiter zu laufen. „Natürlich.“ „Ich hätte jetzt auch Lust auf ein Eis.“ Es war eine Frage. Er hörte nicht auf zu Lächeln, aber die Frage stand ganz eindeutig in seinen Augen. Es gab kein Anzeichen von Nervosität, aber wieso konnte sie sie sehen? Ganz deutlich. Sie zögerte. Was passierte hier? „Ich kenne dich besser, als jeder andere und ich sage dir, dass dir irgendetwas fehlt.“ Sie strich sich eine Haarsträhne hinter das rechte Ohr. „Wollen Sie uns begleiten?“ Sein Lächeln wurde breiter und seine Augen begannen zu strahlen. Es erinnerte sie ein bisschen an Julien. Warm, wie die Sonne. Sie lächelte zurück und strich sich abermals- dieses Mal eine nichtexistierende, denn sie hatte sich seit dem letzten Mal nicht bewegt- Strähne hinters Ohr. Es war einer ihrer kleinen Ticks, sie konnte es nicht ändern. Nachdem sie einige Schritte gegangen waren, blieb er, als wäre ihm plötzlich etwas eingefallen, stehen und streckte ihr die Hand entgegen. „Ich bin James.“ Der Himmel war blau, die Vögel zwitscherten, die Stimmen der Kinder vom Spielplatz, an dem Rachel auf sie und Julien wartete, drangen an ihr Ohr und der Wind strich sanft über ihr Gesicht. Sie legte ihre Hand in seine. Der Tag war perfekt. „Juliet.“ And you may find somebody kind to help and understand you Someone who is just like you and needs a gentle hand to Guide them along So, maybe I'll see you there We can forget all our troubles, forget all our cares and go Downtown, things'll be great when you're Downtown, don't wait a minute more, Downtown, everything's waiting for you Downtown… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)