Eine fruchtige Nacht mit Kakashi-Sensei von FyeDeFlourite (-Aus Himbeeres Tagebuch-) ================================================================================ Kapitel 1: Obstkorb I --------------------- Jeder kennt wohl dieses Gefühl. Die Hände schwitzen und sind kalt, der Magen grummelt ein wenig vor sich hin, die Wangen sind rötlich verfärbt. Eindeutig: Nervosität! Aber wer wäre in meiner verzwickten Situation nicht nervös geworden? Da steht er vor dir, ein stattlicher Mann mit erotischer Stimme und noch erotischerer Ausstrahlung… Hach ja, das ist ein richtiger Grund nervös zu sein. Er sieht dich an und du möchtest am liebsten umfallen und von seinen starken Armen aufgefangen werden… Es gibt aber leider einen anderen Grund. Und dieser Grund ist ganz und gar nicht stattlich oder erotisch. Da stand ich nun, mit meinen Händen, dem Magen und den Wangen und starrte ein wenig treudoof auf den Boden. Vor mir baute sich mein Sensei auf und schnauzte aus voller Kehle, was ich so alles sei: undiszipliniert, verantwortungslos, respektlos, unfreundlich, unhöflich,… irgendwo hier hatte ich den Faden verloren. Grapefruit-Sensei war nie ein freundlicher Mensch gewesen, (geschweige denn attraktiv oder gar erotisch!), aber mit mir schien er besonders viele Probleme zu haben. Dabei war ich doch nur kurz eingenickt! Nur ganz kurz… Okay, vielleicht war ich doch etwas länger weg. Aber nicht länger als… eine Stunde! Auf keinen Fall. Es hatte noch nicht geläutet. Denn ich konnte mich noch gut daran erinnern, wie ich auf die Uhr gesehen hatte und hoffnungsvoll dem Sekundenzeiger hinterher gestarrt hatte. Nur noch 3704 Sekunden bis die Stunde vorbei war! Hach, das war Musik in meinen Ohren! Aber zurück zur verzwickten Situation… Da stand ich nun und wurde im Flur unseres Schulgebäudes schikaniert – völlig zu Unrecht! Nun ja, ein bisschen Recht hatte er vielleicht schon. Sein Unterricht war tatsächlich sehr trocken. „… Wenn Sie es sich noch einmal erlauben, in meinem Unterricht einzuschlafen, können Sie sich auf etwas gefasst machen! Auch wenn Sie die beste Schülerin der Schule wären, hätten Sie keine Sonderrechte! Hören Sie mir überhaupt zu, Himbeere?!“ „Ja, Sensei.“ Das war nicht ganz gelogen. „Gut. Gehen Sie wieder ins Klassenzimmer und setzen Sie sich an die Aufgaben, die ich Ihnen hingelegt habe. Und in der anschließenden Stunde sitzen Sie bei mir nach!“ So schlimm war das ja gar nicht… Moment?! „Ähm, Grapefruit-Sensei?“ „Was ist?“ Er schaute mich mit seinen böse funkelnden Augen an. „In der anschließenden Stunde habe ich Literaturunterricht…“ Wie aus Reflex wollte ich schon die Arme defensiv heben, aber sein Gesicht entspannte sich ein wenig – gegen meine Erwartungen. „Gut, dann bleiben Sie heute länger hier. Ich erwarte Sie nach dem vierten Block in Raum H406, und seien Sie keine Minute zu spät, Himbeere.“ Gerettet!! Yay! Er wackelte zurück ins Klassenzimmer. Man konnte es gar nicht anders nennen, als „wackeln“, denn in seiner komischen Hose ging er wie ein Pinguin. Linker Fuß – rechter Fuß – wackel’ – wackel’ … Ich setzte mich an meinen Platz, zum Jahresbeginn hatte Grapefruit-Sensei mich in die erste Reihe gesetzt. Glücklicherweise saß eine meiner absolut besten Freunde direkt neben mir: Sauerkirsche! Oder, wie ich sie nenne: Saki-chan! „Hey, Himbeere, alles Ok?“ Ich setzte mich schwerfällig in den harten Plastikstuhl. „Ja, geht so. Hat man viel gehört?“ Etwas beschämend war das ja schon, dass er mich immer so schikanieren musste. Obwohl ich zugegebenermaßen nie viel davon mitbekam, ich beherrschte die uralte, von Schüler zu Schüler weitergegebene Kunst des „Durchzugs“. „Um ehrlich zu sein, alles. So wie immer.“ Das war eine der Eigenschaften, die ich an Saki-chan schätze: Sie war immer grundehrlich. Und auch das schadenfrohe, leicht zynische Grinsen, das ihre Lippen jetzt umspielte, war typisch für sie. „Es scheint dir ja große Freude bereitet zu haben, Saki-chan. Schön, dass ich dir zu Diensten sein konnte!“ Ich kannte sie schon lange genug, um wenig solchen Nichtigkeiten nicht eingeschnappt zu sein. „Immer wieder eine Freude, deine Gespräche mit ihm auf dem Flur. Es ist faszinierend. Wusstest du, dass ihm jedes Mal ein Wort mehr einfällt, das er dir an den Kopf knallt?“ „Ruhe, Sauerkirsche! Himbeere, hör auf, sie abzulenken!“ Da war sie wieder: Die Peitsche unseres Herrn, direkt vor uns. Das war die Zeit des Tages, die ich am meisten hasste: Englischunterricht. Es lag nicht an der Sprache, denn die beherrschte ich einwandfrei, fließend, aus dem Stehgreif. Das Problem war eher unser Sensei, wie ich bereits schilderte. Trotz der schwierigen Beziehung zwischen uns war ich schulisch auf einem grünen Zweig und der beruhigte mich in letzter Zeit so sehr, dass ich geradewegs schläfrig wurde! „Also nehmen Sie Ihre Texte zur Hand, wir beginnen wieder bei Zeile eins. Himbeere, fangen Sie an zu lesen.“ Das war klar – so klar wie Wasser… Oder Kloßbrühe? Nach weiteren tausenden von Sekunden erklang die Stimme der Erlösung: unsere Schulglocke! Hektisch stand ich auf und Saki-chan folgte mir aus dem Klassenraum, an Grapefruit-Sensei vorbei, der mir noch eilig meine Strafarbeiten in die Hand drückte. Die würde ich gleich in der Pause erledigen, das musste er ja nicht wissen. Jede Pause stellten Saki-chan und ich uns vor den nächsten Klassenraum auf den Flur. Viele Schüler gingen an die frische Luft, aber das war uns in den letzten Tag noch zu kalt. Wir hatten Winter und obwohl ich Schnee über alles liebte, blieb ich aus Rücksicht auf Saki-chan im Gebäude. Es war wie ein Ritual für uns. Und Gesetz dieses Rituals, begann wieder ich zu reden. „Bin ich froh, dass wir gleich Literatur haben! Ich würde keine Minute weiter mit ihm aushalten.“ Sauerkirsche nahm einen Bissen von ihrem mitgebrachten Essen, es war Brot mit Käse – so wie immer. Auch das gehörte zum Ritual. „Du legst es schließlich darauf an, dass er dich jedes Mal raus wirft. Versuch doch wenigstens, mit offenen Augen zu schlafen.“ Da hatte sie wohl Recht. „Aber wenn ich mit offenen Augen schlafe, träume ich womöglich noch von ihm! Stell dir diesen Albtraum vor… Iiiiiiiiiiiiiieh……“ Ich verzog das Gesicht. „Schon klar, dass du lieber von ihm träumen willst.“ Mit diesem Satz löste sie das Unheil aus: Sie hatte mein „Schwärmometer“ erwischt! „Und wie ich das will! Hast du letztens – gestern – gesehen, wie er sich die Ärmel hochgekrempelt hat?! Seine Unterarme waren so fein und muskulös, von einer wundervollen Farbe und bestimmt rochen sie ein wenig nach Waschmittel-“ „Himbeere“ Sie startete einen Versuch, mich zu unterbrechen. „Aber das Waschmittel kann mir ja egal sein, er riecht auch so schon wundervoll. Das Eau de Toilette, das er benutzt ist bestimmt «Tabac men black original», das ergänzt die Pheromone-“ „Himbeere…..“ Ein weiterer Versuch. „Jedenfalls sind ja nicht nur seine Unterarme wundervoll, sondern natürlich auch seine Oberarme, sein Oberkörper, der sich in markanten Linien unter dem Hemd abzeichnet, von dem immer die oberen beiden Knöpfe offen sind und das T-Shirt hervorlugt-“ „Himbeere!“ Nun wurde sie ein bisschen hektischer. „Und ganz zu schweigen von den markanten Gesichtszügen, die sich unter dem Schal verstecken, den er besonders im Winter vor seinem Antlitz trägt. Und dann dieses wunderschöne, silber-graue Haar, das wild nach links zieht…“ Ich war schon ganz in Gedanken. Mein berüchtigtes „Schwärmometer“ war voll ausgeschlagen und so machte ich weiter, obwohl Saki-chan mich nun schon wieder unterbrechen wollte. „Am besten ist ja immer noch sein Geschmack, was Bücher angeht! Ich verstehe vollkommen, wie man in der Icha-Icha-Serie die wahre Liebe finden kann!! Diese Romantik mit einem Hauch von Erotik und den spannenden Geheimnissen! Wenn ich doch meine Buchvorstellung nur darüber halten könnte. Aber es wird schon seit Jahren gesagt, dass er es nicht erlaubt, stimmt’s? Wirklich ein Jammer! Ich hätte so gerne meine Interpretation vorgestellt. Meinst du nicht auch, Saki-chan?!“ Sie nickte mitleidig. Plötzlich spürte ich eine Gestalt hinter mir. „Oh, Danke. Wenn du das Buch so sehr liebst, Himbeere-kun, wäre es mir eine Freude, deine Buchvorstellung darüber zu lesen. Bis gleich, Sauerkirsche-kun, Himbeere-kun.“ Der Duft von „Tabac men black original“ entfernte sich langsam und ich stand da wie versteinert. „War das eben Kakashi-Sensei?“ Meine Stimme war tonlos, mein Gesicht kalkweiß. „Japp, das war Kakashi-Sensei mit den schönen Unterarmen.“ Sie lächelte mich wieder kurz mitleidig an und schon war wieder das hämische Grinsen da. „Du hättest dich eben sehen sollen, als du dich umgedreht hast! Du warst auf einmal bleich wie eine Leiche!“ „Schön, wie du dich wieder amüsierst, Saki… Hättest du mir nicht wenigstens was sagen können?! Er stand direkt hinter mir!!! DIE GANZE ZEIT!!!!!“ Nun wechselte meine Stimmung von starr zu panisch. Saki-chan schaute mich ungläubig an und zog mir dann eine über den Kopf. „Au! Was sollte das denn?“ „Ich hab doch die ganze Zeit versucht, dir was zu sagen, du hohle Nuss! Selber Schuld, wenn du dein Schwärmometer nicht unter Kontrolle hast. Punkt. Und nun rate mal, was wir genau in einer halben Minute haben. Genau: Literatur. Also auf. Kein Trübsal-Blasen mehr. In den Klassenraum mit uns, die anderen sind schon drin.“ Sauerkirsche schob mich etwas grob vor sich her. Das war ihre Art, Mitgefühl mit mir zu haben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)