Allein (vorläufig) von FantasyFreak (... unter allen?) ================================================================================ Kapitel 1: 1 ------------ Zwei Gestalten - dunkel gekleidet, dreckig, verzweifelt – hasteten durch die zahlreichen Bäume. Die eine war kleiner, als die andere. Ein Kind. Noch sehr jung. „Ich kann nicht mehr.“ Hektisch blickte ich mich um und fasste Joey an seiner kleinen Hand. Der fünfjährige Junge mit den kurzen, braunen Locken und den dazu passenden, kastanienbraunen Augen schaute mich an und kleine Tränen sammelten sich in seinen Augen. Er wusste, was los war. Für seine fünf Jahre war er außergewöhnlich schlau und mein einziger Schatz auf dieser verkommenen Welt. Ich hockte mich vor ihn und lächelte, so wahr ich es in dieser Situation vermochte. Joey schluchzte. Ich konnte ihm nichts vormachen. Er kannte und liebte mein Lächeln, das er so warm, wie es sein konnte, noch nie erleben durfte. Einen Augenblick lang drückte ich seinen kleinen Körper an mich, bevor ich ihn auf meinen Arm hob. „Nein, ich kann laufen.“ Er war stolz. Wie sein Vater. Nur ich wusste, wer dieser war, und ich würde es ihm wohl niemals verraten. Geschrei ertönte und zerstörte die Ruhe der Nacht. Ich rannte los. Früher war ich immer die schnellste von allen gewesen, doch nun war ich abgemagert, schwach und ängstlich, aber nicht willenlos. Atemlos drückte ich Joey an mich und stoppte hinter einem riesigen Baum. „Ich…“ Blitzschnell drückte ich meine Hand vor den Mund des Kleinen. Die Stimmen kamen näher, doch ich konnte nicht mehr. Ich brauchte eine Verschnaufpause. So würde ich ihnen niemals entkommen. „KIM!“ Seine Stimme ertönte und ließ mich zusammenfahren. Ich hatte es doch so weit geschafft. Zurückkehren wollte ich nicht, wollte nicht, dass Joey weiterhin dort leben musste. Ich hatte Angst. Angst davor, wieder zu versagen. Erschrocken fuhr mein Kopf zu den kleinen Jungen auf meinem Arm, als etwas Kaltes meine Hand, die immer noch auf seinem Mund lag, berührte. Er weinte. Während sich nun auch in meinen Augen die Tränen sammelten, setzte ich ihn auf dem Boden ab und legte meine Lippen an seine Stirn. „Er wird dir wieder weh tun“, schluchzte Joey und ich versuchte ein weiteres Mal, ihn warm anzulächeln. Er war schon so erwachsen. Sorgte sich mehr um mich, als um sich. „Lauf ohne mich.“ Geschockt riss ich meine Augen weit auf und kniete mich vor ihn. „Ich werde dich niemals alleine lassen, das habe ich ihr versprochen und mein Wort halte ich. Meine Treue und mein Wille ist das einzige, was ich außer dir noch habe.“ Joey schlang seine kleinen Arme um mich, bevor er meine Hand fasste und losrannte. Ich folgte ihm und ich war stolz auf meinen Kleinen. Wir rannten durch das Unterholz, stolperten, fielen aber nicht. Die Dornen, vor denen ich Joey zu beschützen versuchte, schnitten sich in meine Haut und hinterließen dort ihre Spuren, doch ich ließ keinen Laut ertönen. „Sieh dort“, stieß das Kind vor mir aus seinem Mund und ich folgte seinem ausgestreckten Arm. Lichter. Lichter in der Dunkelheit. Die Stadt. Diesmal war es wieder ich, die Joey grob am Arm fasste und ihn mit mir zog. Wir hatten keine Zeit. „KIM!“ „Nein“, flüsterte ich und blickte mich um. Da kamen sie. Zwei Autos. Helle Jeeps, in denen sich jeweils vier Insassen befanden, und drei Motorräder. Zwei von ihnen glichen in ihrer Farbe dem Jeep, das dritte jedoch war orange mit schwarzen Streifen. Ich rannte und merkte, dass der kleine Junge nicht mit mir Schritt halten konnte. So weit ich es vermochte, zog ich ihn mit mir, doch es geschah das Unvermeidliche. Joey stürzte und ließ dabei meine Hand los. Vor mir war die Stadt. So nah, dass immer noch die Chance bestand, dass ich sie erreichen und in den verwinkelten Gassen in der Dunkelheit verschwinden konnte. Blitzschnell drehte ich mich um und zog den kleinen Jungen auf die Beine. Es war vorbei. Wieder einmal versagt. Ich drückte Joey fest an meine Seite. Ich war nicht groß und so konnte der Junge seinen Kopf an meine Hüfte legen. Er zitterte und ich bemühte mich, es ihm nicht gleich zu tun. Die Jeeps umrundeten uns und die zwei Motorräder stoppten ebenfalls, doch das orangene hielt nicht in dem Kreis bei den anderen. Es hielt auf und zu und ich hörte Joey erschrocken aufkeuchen, doch ich wendete meinen Blick nicht von dem Motorradfahrer ab. Tief atmete ich ein, als er direkt vor mir hielt. „Ich frage mich, warum ich dich nicht einfach über den Haufen fahre“, zischte der junge Mann, der seinen Motorradhelm abnahm und mich wütend anfunkelte. Seine zu einem Pferdeschwanz gebundenen, blonden Haare bildeten einen starken Kontrast zu seinem schwarzen Mantel und seine blauen Augen wirkten kalt und spiegelten meiner Meinung nach gut seine Seele wieder. Jim hob seinen Arm bedrohlich langsam und schlug mir direkt ins Gesicht. Obwohl ich es nicht wollte, fiel ich zu Boden. Joey warf sich zitternd neben mich, doch Jim trat ihn zur Seite und zog mich an meinem Kragen wieder zu sich. Keinen Zentimeter waren unsere Gesichter voneinander entfernt. „Warum versuchst du es immer wieder, Kim? Du entkommst mir nicht!“ Hart presste er seine Lippen auf meine und schmiss mich danach wieder zu Boden. Wütend spuckte ich vor seine Füße. „Ich werde nicht mein ganzes Leben bei dir verbringen.“ Wie ich ihn doch hasste. Jim lachte und bevor ich irgendwie reagieren konnte, hatte er sich Joey geschnappt. Ein kaltes Messer legte er an dessen Kehle. „Noch einmal so ein Versuch und ich werde ihn töten.“ „Tötest du ihn, werde ich auf gar keinen Fall bei dir bleiben, das weißt du. Und wenn mein einziger Weg in die Freiheit der Tod ist.“ „Na dann…“ Ein kleiner Riss bildete sich in Joeys Kehle. „Nein!“ „Dann bleib!“ Ich nickte und einzelne Tränen liefen meine Wangen hinunter. Wie hoffnungslos. Siegessicher ließ Jim meinen Kleinen los, den ich sofort in meine Arme schloss. „Packt sie ein und bringt sie zurück!“ Jims Schergen sprangen aus den Jeeps und griffen nach uns. Hart warfen sie uns auf die Ladefläche ihrer Autos und fuhren sofort los. „Es tut mir leid“, flüsterte Joey. Wie gut er doch verstand, was hier geschah. Lächelnd bettete ich seinen Kopf auf meinem Schoß und strich ihm durch das braune Haar. „Mir tut es leid. Du hast nichts falsch gemacht und jetzt schlaf, mein Schatz. Schlaf.“ Zum Glück schlief der Junge blitzschnell ein. Das alles war zu viel für ihn und ich hasste mich dafür, ihm so etwas antun zu müssen. Aber das einzige, was mich jetzt aufmunterte, war der Gedanke daran, dass er nicht mit ansehen musste, was nun mit mir geschah. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)