Spiel nicht mit mir! von Fujouri (Denn die Liebe ist [k]ein Spiel [8059]) ================================================================================ II. Kollision ------------- Begriffserklärung: Kollision: Zusammenstoß monopolisieren = (in dem Fall) etwas zu seinem Eigen/ Besitz machen; Eigenmacht auf etwas ausüben -> eigentlich hat es ‘ne differenzierte Bedeutung bezüglich Marktwirtschaft oder Physik, jedoch kann man es oberflächlich auch so wie ich übersetzen... Sowas nennt man künstlerische Freiheit xD --- Es war Freitag - eigentlich ein guter Tag, denn schließlich kam mit ihm das Ende fünf langwidriger Schultage und somit der Beginn des ersehnten Wochenendes. Das Wort ‚eigentlich‘ war hier nun allerdings deutlich hervorzuheben, denn für solch belanglose Dinge hatte Gokudera Hayato momentan wirklich keinen Kopf. In diesem drehte sich nämlich seit dem verhassten Montag alles um eine ganz bestimmte Sache, die sogar die Macht besaß, die Bedeutung des Freitages vollkommen unschmackhaft zu gestalten, doch war Hayato einfach nicht dazu imstande, bei seinem Gefühlschaos einen endgültigen Schlussstrich zu ziehen und die Erkenntnis, die sein Gehirn zu nichts weiter als Matsch werden ließ, schlichtweg zu verdrängen. Er, Gokudera Hayato, war in den Vollpfosten Yamamoto Takeshi verliebt. Doch besagter Vollpfosten war - wie der Spitzname schon vermuten ließ - absolut nicht im Geringsten dazu fähig, einigermaßen angemessen mit dieser Tatsache umzugehen - zumindest war dies Hayatos These, von der er, ohne nach einer plausiblen Begründung zu suchen, in allerlei Hinsicht überzeugt war. Der Schultag fand mit zwei todlangweiligen Stunden Algebra ein Ende, und todlangweilig war das Ganze eigentlich auch nur, weil Gokudera den Unterrichtsstoff bereits im Schlaf konnte und seine Anwesenheit somit einem stupiden Zeitabsitzen gleichkam. Bereits seit Dienstag hatte Hayato seinem ungewollten Schwarm während der tagtäglichen sechs Schulstunden, die er auch heute mehr oder minder erfolgreich (oder zumindest lebendig) hinter sich gebracht hatte, keinerlei Beachtung geschenkt. Ja, er war sogar so weit gegangen, den Weg zur Schule fünfzehn Minuten früher anzutreten, um auch bloß zu vermeiden, dass der Baseballfreak auf ihn treffen und ihm Gesellschaft leisten würde. Selbst auf das übliche „Guten Morgen, Gokudera-kun!“ hatte er bisher nur mit dem Zeigen einer kalten Schulter Antwort gegeben, und obwohl er es eigentlich gewohnt war, den anderen abweisend oder gar herabschätzend zu behandeln, fiel es ihm die letzten Tage seltsamer Weise schwerer als sonst. Schlimm war vor allem der insgeheime Wunsch, offensiv auf Takeshi zuzugehen, ihn am Kragen zu packen, an eine Wand zu drängen und ihm all seine chaosreichen Gefühle mit einem Atemzug ins Gesicht zu schreien, ihn danach zu küssen, ihm gleich darauf eine reinzuhauen und sich selbst abschließend die nicht vorhandene Kugel zu geben... Doch was an diesem Wunsch nun tatsächlich geistreich war, stand definitiv in Frage. Natürlich tat er keine der genannten Dinge, zog stattdessen bis zum bitteren Ende seine ignorante Masche durch, die jedoch nicht an besagtes bitteres Ende gelangen konnte, was einzig und allein Yamamotos Verschulden war. „Yo, Gokudera-kun!“ Dezent lächelnd hielt er den Oktopuskopf auf, indem er - wie sonst auch - die Hand auf seine Schulter legte, ehe der andere den Klassenraum verlassen konnte. Erschrocken fuhr Hayato um sich, und als er Takeshis dämliche, herzallerliebste Visage zu Gesicht bekam, wich er augenblicklich einen Schritt zurück und spürte glühende Hitze in seine Wangen steigen. „Was ist?!“, raunte er sein Gegenüber erzürnt an, formulierte die Frage viel eher als Ausruf, dass der andere gefälligst verschwinden und ihn in Ruhe lassen solle, doch Yamamoto behielt sein Standartlächeln bei und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Naja, also... Ich hab‘ gerade in Mathe überhaupt nichts verstanden, und weil wir ja am Montag die Klausur schreiben, wollt‘ ich fragen, ob du... mir vielleicht etwas helfen könntest.“ Na ganz toll, das hatte ihm ja gerade noch gefehlt! Jetzt sollte er diesem hirnlosen Schwachmaten zu allem Übel auch noch Nachhilfe geben, nur weil Genannter selbst zu blöd war, sich diesen drittklassigen Schulstoff anzueignen?! Als ob er nicht schon genug Probleme hätte! „Brings dir doch selbst bei, ich hab‘ nämlich weder Zeit noch Bock drauf, Babysitter zu spielen!“, antwortete er darauf nur und stampfte wütend aus dem Klassenraum. Yamamoto gab allerdings nicht nach und folgte Gokudera, bis er schon bald neben ihm herlief und in Runde Zwei überging: „Ach was, du hast bestimmt Zeit; du bist so gut in Mathe, dass du es nicht mal nötig hast, dafür zu lernen! Also, hilfst du mir nun oder nicht?“ Und wieder dieses strahlende Lächeln, das Takeshis Lippen jedes Mal aufs Neue zierte. Nur ein Unmensch könnte dazu jetzt noch ‚nein‘ sagen... Nur ein Unmensch, wie Gokudera Hayato es anscheinend war. „Ich sagte ‚nein‘! Geht das nicht in deine hohle Birne, Baseballkopf?!“ „Tsuna hilfst du doch auch immer.“ „Juudaime ist es das auch allemal wert, im Gegensatz zu dir!" „Aber wenn ich die Klausur versaue, muss ich die Klasse vielleicht wiederholen.“ „Umso besser, dann muss ich nicht dreißig Schulstunden in der Woche damit verschwenden, mir deine dämliche Visage anzusehen!“ Langsam aber sicher sollte Yamamoto es doch endlich kapiert haben... Wie viel Abweisung musste Gokudera ihm denn noch an den Kopf knallen, bis er endlich verstand? Doch statt die Diskussion fortzuführen, fragte Takeshi: „Warum bist du seit Dienstag eigentlich so schlecht gelaunt? Ist irgendwas passiert?“ Ha, und ob etwas passiert war. Das - Yamamoto Takeshi, der sich wie ein elender Mistkerl in sein Herz geschlichen hatte und es von innen heraus regelrecht zu monopolisieren begann -, einzig und allein das war passiert! Und einzig und allein das reichte eigentlich aus, um Hayatos leicht maßlosen Wutausbrüche zu begründen. Doch das konnte oder - besser gesagt - wollte er Takeshi natürlich nicht sagen. Und weil zu allem Übel die Unproduktivität von ihm Besitz ergriff und ihm keine auch nur halbwegs gescheite Lüge als Antwort einfiel, seufzte er entnervt auf und gab sich geschlagen. „Ja okay, meinet wegen helf‘ ich dir, aber auch nur, wenn du jetzt endlich dein Maul hältst!“ Yamamoto lachte herzhaft auf. „Danke, Gokudera-kun.“ „...“ Der Lauf des Tages hatte eine entscheidende Wendung genommen, wobei hierbei zu bemerken war, dass man ‚entscheidende‘ genauso gut mit dem netten Wort ‚beschissene‘ austauschen konnte, was die Authentizität von Hayatos Gefühlslage sogar um ein Vielfaches bekräftigen würde. Eigentlich hatte er sich vorgenommen, dem Baseballfreak so gut wie nur eben möglich aus dem Weg zu gehen, am besten sogar unbedeutende verbale Kommunikation wie das altbekannte „Guten Morgen, Gokudera-kun!“ - „Schnauze, Baseballfreak!“ zu vermeiden, doch nun war alles so gekommen, wie es von Hayato am allerwenigsten toleriert werden konnte - er und Takeshi würden den Nachmittag (und wenn er Pech hatte, vielleicht auch noch den Abend) gemeinsam verbringen! Auch wenn es bei diesem Arrangement einzig und allein ums völlig sachliche und überhaupt nicht auf Freundschaft oder sonstigen Mist aufbauende Lernen ging, war es Gokudera einfach nur zuwider, die wertvolle Zeit an Yamamoto und somit seine vollkommen unbrauchbaren Gefühle zu vergeuden. Doch nun gab es kein Zurück mehr... und daran schuld war kein anderer als er selbst. Auf dem Heimweg herrschte das übliche Schweigen zwischen den beiden Jugendlichen, doch aus irgendeinem Grund empfand Hayato eben dieses Schweigen nicht als erholsam, sondern als... lästig, drückend... schmerzend? Er hasste sein immer schneller schlagendes Herz, er hasste seine schweißnassen Hände, die er aus Angst, er könne sie ansonsten nicht still halten, in den Hosentaschen vergrub, er hasste seine Knie, die mit jedem getanen Schritt weicher wurden, und er hasste, dass die Zeit einfach nicht vergehen wollte. Doch was er von all den genannten Dingen am allermeisten hasste, war die Tatsache, dass das Ganze nur auf diesen vollidiotischen Baseballfreak und die verdrängungswürdigen Gefühle, die er für ihn hegte, zurückzuführen war. Er hasste seine Gefühle. Er hasste es, zu lieben. Und vor allem hasste er es, Yamamoto Takeshi zu lieben! „Ähm, du musst schon deinen Schlüssel rausholen und aufschließen; die Haustür öffnet sich nicht von selbst, Gokudera-kun.“ „W-was?!“, reagierte der Angesprochene aufgeschreckt und realisierte erst jetzt, dass sie in der Zeit, in der er sich über nichts und wieder nichts den Kopf zerbrochen hatte, sein Haus erreicht hatten. „...Idiot, das weiß ich auch selbst!“, fügte er, um nicht ein noch dümmeres Bild als ohnehin schon abzugeben, hinzu, kramte nach den Schlüsselbund und schloss auf. Nachdem sie das kleine Haus betreten hatten, stampfte Gokudera, dicht gefolgt von seinem Begleiter, die Treppen hoch, und als sie im Zimmer ankamen, feuerte er seine Schultasche aufseufzend in die nächstbeste Ecke. „So, und was genau verstehst du in Mathe nicht?“ Wieder machte sich ein verlegenes Lächeln bemerkbar. „Hm... so ziemlich alles, glaube ich.“ „Na, das sind ja mal tolle Voraussetzungen“, kommentierte Gokudera nur ironisch, rollte mit den Augen und ließ sich vor den Couchtisch plumpsen, der in der Mitte des Raumes stand. Takeshi tat es ihm gleich, holte seine Lernutensilien hervor und die darauffolgenden Stunden kämpfte sich Hayato sowohl durch seinen Konzentrationsmangel als auch durch das - zumindest bezüglich Mathe - ausgeweidete Hirn seines Gegenübers. „Du bist einfach nur hohl im Kopf, wie kann man sowas Einfaches denn nicht verstehen?!“ „Ich versteh‘ nicht, wie man sowas verstehen kann...“ „Indem man sich einfach mal ein bisschen mehr mit dem Fach auseinandersetzt, statt vierundzwanzig Stunden am Tag Baseball zu spielen, Baseballfreak!“ „Hm, vielleicht hast du Recht... Mathe kann bestimmt auch ganz lustig sein.“ „Lustig?! Mathe ist doch nicht lustig, es ist logisch... Hörst du, l-o-g-i-s-c-h!“ „Okay, hab’ verstanden! Kannst du mir das mit den Zahlen, die man für x einsetzt, nochmal erklären?” „...Gar nichts hast du verstanden...“ Sage und schreibe sieben wertvolle Stunden hatte sich Hayato nun mit der Unfähigkeit des Baseballfreaks herum geprügelt, zwischenzeitlich irgendeinen nicht nahrhaften Fertigfraß in die Mikrowelle geschoben und beim Essen die belanglose Frage in den Raum geworfen, warum Yamamoto denn nicht einmal kochen könne, obwohl er doch schon von klein auf in einem Restaurant lebe, was ihm allerdings nur mit einem Lachen und einem darauffolgenden „Mein Dad hat es mir halt nie beigebracht.“ beantwortet worden war. Allmählich verabschiedete sich die Sonne vom Himmel und tauchte hinter dem Horizont unter, was die Befürchtung, die ganze Misere würde sich bis in den Abend ziehen, mehr als deutlich bestätigte. „Du machst mich echt noch wahnsinnig, wie oft soll ich dir den Scheiß denn noch erklären?!“ Gokuderas Nerven lagen kaum übersehbar blank. Mittlerweile stellte er sich sogar die Frage, wie er es die sieben vergangenen Stunden überhaupt ausgehalten hatte, ohne sich an einem Strick zu erhängen oder wagemutig aus dem Fenster zu stürzen, um seiner Qual, die ihm in Form eines fünfzehnjährigen, dümmlich grinsenden Schwachmaten direkt gegenübersaß, ein Ende zu bereiten. „Tut mir leid, dass ich dich so viel Zeit und Nerven koste... Wir können ja mal ‘ne Pause machen!“ Ob eine Pause wirklich sinnvoll war? Diese bedeutete doch lediglich, dass er Yamamoto noch später als vorhergesehen loswürde, und das hieß definitiv nichts Gutes! Doch wenn er den Wahnsinn bis zum bitteren Ende durchzöge, stünde ihm der bald eintretende Kreislaufkollaps schneller denn je bevor. Mit einem bestätigenden Seufzen gab er also auf den Vorschlag Antwort und lehnte sich an sein Bett, das sich direkt hinter ihm befand. Und erst jetzt fiel ihm auf, welch lästiges Kopfdröhnen der andere ihm eingebrockt hatte. Das letzte Mal, als er beim ‚Nachhilfegeben‘ derartig an seine Grenzen getrieben worden war, war... gestern. Gestern, als er Tsuna genau denselben Stuss hatte erklären müssen, und als er begann, intensiv darüber nachzudenken, musste er sich widerwillig eingestehen, dass sich sein hoch verehrter Juudaime noch dümmer und unfähiger angestellt hatte als Takeshi. Und das musste schon etwas heißen! Trotz alledem bestand keinerlei Zweifel daran, dass der Baseballfreak schlussendlich nicht für das Fach Mathematik geboren worden war (oder für irgendetwas anderes außer Baseball), und allein diese Tatsache sollte ihm einen persönlichen Hayato-Antipathiepunkt bescheren - wer kein Interesse für Mathe hegte, der konnte einfach nicht in Ordnung sein (außer Juudaime natürlich!). Genervt starrte der Oktopuskopf an die Decke und ließ seinen sinnarmen Gedanken freien Lauf, doch wurde er von Yamamoto durch eine unerwartete Frage mit einem Mal zurück in die Realität geholt: „Uhm, Gokudera-kun? Willst du mir vielleicht jetzt sagen, warum du die Woche über so schlecht gelaunt warst?“ Verwirrt und kurz darüber nachdenkend, auf was sich der andere bezog, hob er skeptisch eine Augenbraue und ließ seinen Blick auf das ausnahmsweise mal nicht lächelnde oder grinsende Gesicht wandern. „Ich bin immer schlecht gelaunt - vor allem morgens!“, gab er nur barsch zurück, obwohl ihm bewusst war, dass er sich - trotz des Wahrheitsgehaltes seiner Aussage - heute auf andere Art und Weise mies gelaunt verhalten hatte, ja, es vielleicht sogar noch immer tat. „Du musst nicht drüber reden, ich wollt‘ einfach nur mal nachhaken... Nicht, dass irgendwas- “ „Ja, ist gut, jetzt halt‘ die Klappe! Willst du nun für Mathe lernen oder ‘ne Pyjamaparty mit mir veranstalten?!“ Noch bevor Yamamoto antworten konnte - und bei ihm war wahrlich zu befürchten, dass er sich bei der Frage für letztere Option entschieden hätte -, stieß sich Gokudera vom Bettrand ab und schlug grummelnd das Mathebuch auf, in dem er hektisch nach irgendwelchen Aufgaben zum Thema suchte - verdammt, warum war er auf einmal so nervös? Lag es an der dummen Frage, die Yamamoto ihm gestellt hatte? Unmöglich, seit wann brachte ihn bitteschön sowas Bescheuertes außer Fassung? Die verzweifelten Versuche, Takeshi noch irgendetwas Tragendes beizubringen, scheiterten aufgrund von Konzentrationsmangel, Müdigkeit und dieser gottverdammten Nervosität, die irgendwie im Widerspruch zu besagter Müdigkeit stand, doch entscheidend war, dass diese drei Dinge früher oder später zu einem Nervenzusammenbruch beitragen würden, wenn er es nicht endlich bei dem, was sie heute erarbeitet hatten, beließe. Immerhin hatte der Baseballfreak das Grundprinzip verstanden und war imstande, einfache Aufgaben zu lösen, sodass er in der Klausur zumindest die Chance auf eine befriedigende Leistung hatte. Ein flüchtiger Blick auf die Digitaluhr auf dem Nachtschrank verriet Hayato, wie viel Selbstbeherrschung tatsächlich in ihm zu stecken schien - es war 23 Uhr. Unfassbar. Hatten sie etwa ganze zehn Stunden nichts anderes gemacht, als für diese dämliche Arbeit zu lernen? So viel Aufwand, den die beiden heute in nur ein Fach investiert hatten, hatte Gokudera in seinem ganzen Leben noch nicht in alle Fächer dieser Welt gesteckt (woran seine Faulheit vielleicht nicht ganz unschuldig war...), und wenn er mal so darüber nachdachte, war Lernen pure Zeitverschwendung - Takeshis ‚Lernerfolge‘ waren der beste Beweis dafür! Vollkommen ausgelaugt und mit dem Gedanken, heute Nacht ausschließlich von allen Zahlen und Formeln, die das Mathematikuniversum zu bieten hatte, zu träumen, stand Hayato auf, setzte sich im Schneidersitz aufs Bett und lehnte sich gegen die kühle Wand. „Ich kann nicht mehr. Mach‘ einfach noch ein paar von den Aufgaben, die ich dir gezeigt hab‘. Das sollte reichen, um die Klausur nicht vollends zu verkacken.“ Nur in Trance nahm Hayato ein bestätigendes „Okay... Danke, Gokudera-kun.“ wahr, da er den fatalen Fehler machte, die Augen zu schließen - oh, und was für ein fataler Fehler das war! Bald schon konnte er Müdigkeit von Nervosität nicht mehr unterscheiden, entschloss sich, beide Dinge schlichtweg zu ignorieren und sich stattdessen einer Mischung daraus hinzugeben - ein kurzes, absolut nicht erholsames Einnicken... „Gokudera-kun?“ Diese widerwärtig freundliche Stimme... „Oi, Gokudera...“ ...Oder klang sie viel eher besorgt? Doch eigentlich war das völlig irrelevant. Fest stand jedenfalls, dass sie nur zu einer ganz bestimmten Person zuzuordnen war. Und diese ganz bestimmte Person hatte es nicht nur dabei belassen, seinen Namen auszusprechen, sondern sich hinzukommend unerwartet über ihn gebeugt, die warme Hand auf seine Wange gelegt und ihn aus großen, fragenden Augen heraus - das Gesicht dabei ungewohnt nahe - angesehen. Gleich nachdem Hayato mit einem schlaftrunkenen „Mmh...“ zu sich gekommen war, riss er die Lider erschrocken auf, rückte sofort einige Zentimeter von Takeshi weg, um dessen Nähe zu entkommen, und zog daraufhin erst gar nicht in Erwägung, sein Entsetzen im Zaum zu halten. „W-was zur Hölle sollte das?! Und überhaupt, geh‘ gefälligst von meinem Bett runter!“, schnauzte er sein Gegenüber, das zunächst verdutzt dreinblickte, an, und mit einem Mal überkam ihn die Erkenntnis, dass sein Herz noch nie so schnell und brutal wie jetzt gegen seine Brust gehämmert hatte. „Sorry, aber du bist eingeschlafen“, rechtfertigte sich Yamamoto sofort und sah Gokudera dabei entschuldigend an. Nach dieser Aussage warf der Angesprochene einen Blick auf die Uhr und durfte dabei mit Freuden feststellen, dass es bereits nach Zwölf war. Gleich darauf wandte er sich wieder dem Baseballfreak zu und beschwichtigte genervt: „Du hättest auch einfach wortlos verschwinden können, statt diese hirnrissige Weckaktion zu starten!“ „Ja, hatte ich eigentlich auch vorgehabt, aber...“ Yamamoto brach den Satz ab und hielt für einen Moment inne. War es vielleicht keine ganz so gute Idee, den anderen davon wissen zu lassen? So, wie er seinen Freund kannte, würde er, wenn er das zu hören bekäme, im Boden versinken oder ausrasten und Takeshi auf ewig hassen... oder beides. Doch wollte er sein Handeln auch nicht unbegründet lassen, also entschloss er sich, das Risiko trotz allerlei Vorahnungen einzugehen: „...Naja, du hast meinen Namen im Schlaf gemurmelt. Mehrmals. Da fand ich, es wäre besser, dich zu wecken.“ Nachdenklich kratzte sich Yamamoto am Hinterkopf, während Gokuderas Gesicht begann, blanke Fassungslosigkeit widerzuspiegeln. Hatte er sich etwa verhört? Warum, zur Hölle, sollte er im Schlaf den Namen dieses elendigen Baseballfreaks vor sich hinbrabbeln?! Das war doch völlig absurd! ...Und in Anbetracht der Tatsache, dass schon seit knapp einer Woche nichts anderes mehr als dieser gottverdammte Name in seinem Kopf herumschwirrte, ebenso nachvollziehbar. Hatte er sich damit etwa selbst verraten? Oder hatte er den Namen in seinen Träumen schlichtweg mit diversen Mordplänen Querstrich -umsetzungen in Verbindung gebracht? „Tche... Toller Grund“, bemerkte Hayato verständnislos, und als er erneut in das warme, karamellbraune Augenpaar blickte, wandte er sich sofort ab, dabei das Gefühl von kochendem Blut in seinen Wangen verspürend. „Du verhältst dich in letzter Zeit irgendwie so komisch, deshalb dachte ich, ich frag‘ dich, was mit di- “ „Das kann dir völlig egal sein, okay? Warum fragst du überhaupt die ganze Zeit, hast du vielleicht nur die geringste Ahnung, wie sehr mich das ankotzt?!“ Über diese Frage brauchte Yamamoto nicht lange nachzudenken. „Weil ich mir Sorgen um dich mache.“ Und einzig und allein dieser banale, prägnante Satz besaß doch tatsächlich die Macht, Gokudera für einen Moment verstummen zu lassen. Sorgen? Dieser Idiot machte sich Sorgen? Und dann auch noch um ihn?! Wo sollte da bitteschön etwas Wahres dran sein? „...Dass ich nicht lache! Seit wann kannst du dir um irgendetwas Sorgen machen? Bis auf dein scheiß Baseball ist für dich doch sowieso alles nur ein Spiel! Mathe ist lustig, die ganze scheiß Schule ist lustig, dein Leben ist lustig, deine Freunde sind lustig, deren Gefühle...“ Hayato stockte bei der Aufzählung. War es richtig gewesen, seine Gefühle in der Äußerung anzuschneiden? Hatte er sich jetzt vielleicht endgültig verraten? Doch was hatte er dann noch zu verlieren? Allein durch seine Betroffenheit hatte er sich ohnehin schon viel zu tief in die selbst zuzuschreibende Scheiße geritten; was konnte da ein wenig Direktheit noch großartig schlimmer machen? „Du machst dir Sorgen? Ja, wunderbar, wenn ich dir sage, weshalb ich so scheiße drauf bin, hast du erst recht ‘nen Grund, dir Sorgen zu machen, Baseballfreak!“ Yamamotos sonniges Lächeln war schon seit Längerem verschwunden. Ersetzt worden war es durch eine leicht ernste, aber dennoch geduldig abwartende Miene, die er aufgesetzt hatte. Dass er - laut Hayato - alles und jeden als Spiel ansah, war ihm nun wirklich nicht mehr anzusehen. Und noch bevor er bestätigen konnte, dass er es dennoch wissen wolle, platzte Gokudera unerwartet mit der durchbrechenden Wahrheit heraus: „Warum ich so scheiße drauf bin, willst du wissen? Ganz einfach, weil ich dich liebe, du verdammter scheiß Baseballfreak! Und jetzt verpiss‘ dich, ich kann deine Fresse einfach nicht mehr sehen!“ Trotz dieser herniederschlagenden Worte veränderte sich an Takeshis Mimik nichts - als hätte er etwas Ähnliches bereits befürchtet. Ein drückendes Schweigen machte sich im kleinen Zimmer breit und Hayato starrte - eingeschüchtert von seinen eigenen Worten - entsetzt, betroffen, beschämt und wütend zugleich zur Seite, wagte es nicht, dem anderen, dessen Blick direkt auf ihn gerichtet war, auch nur einmal in die Augen zu sehen. Yamamoto hingegen ergriff zur minimalen Erleichterung des anderen die Initiative und ging der erhaltenen Aufforderung, er solle ‚sich verpissen‘, nach, kramte zügig seine Schulsachen zusammen und verschwand, ohne zu zögern oder sich gar noch ein letztes Mal umzudrehen, aus dem Raum, aus dem Flur, aus dem Haus, aus allem, nur nicht aus Hayatos Herz. Eigentlich hatte er sich seit der Erkenntnis seiner ungewollten Gefühle damit zufrieden gegeben, Yamamoto schlichtweg zu hassen. Zu hassen, weil dieser in ihm ein solches Chaos verursachte. Zu hassen, weil er ihm den Verstand raubte und wie ein Platzregen unaufhörlich auf ihn eindrosch. Zu hassen, weil Gokudera mit alledem nicht klarkam. Zu hassen, dass er ihn liebte. Ihn, Yamamoto, diesen hirnlosen, baseballsüchtigen, bekloppten, widerlich grinsenden Idioten. Doch jetzt wurde ihm klar, dass der Hass, den er für Takeshi empfand, gar nichts im Vergleich zu dem war, den er gerade jetzt, in diesem Moment, auf sich selbst projizierte. Er hasste sich. Sich und seine dämlichen Gefühle. Seine dämlichen Gefühle, die er nicht einmal für sich hatte behalten können. Heute war ein Freitag. Es hätte ebenso ein Montag sein können... --- Dass Hayatos Liebesgeständnis an und für sich OoC ist, weiß ich. Dennoch ist es gerechtfertigt, weil wir als Mangaleser nicht wissen, wie er mit der Situation, auf einmal in Takeshi verliebt zu sein, umgehen würde... Außerdem spricht seine impulsive Reaktion wiederum für IC, finde ich. xD *mich rechtfertigen muss* Liebe Grüße Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)