Flügelschläge einer Liebe von Jiyuu ================================================================================ Kapitel 1: Faszination ---------------------- ~Sophie~ Heute ist es so weit, wir haben Freitag und in ein paar Stunden geht das Konzert los. Ich habe die Musik aufgedreht und springe durch meine Wohnung, auf der Suche nach meinem Gürtel. In einer halben Stunde kommen Sascha und Miriam vorbei und holen mich ab. Die Halle ist nicht weit von meiner Wohnung entfernt. Ich denke schon, dass wir heute nach dem Konzert auch noch etwas Trinken gehen werden. Die Kneipe ist zwar weit von der Halle weg, da meine Wohnung zwischen beiden liegt, aber zu Fuß ist es auch zu schaffen. Nach dem Konzert werde ich wieder wie ein Monster aussehen. Meine ganze Schminke wird verlaufen sein. Gürtel ist gefunden. Jetzt geht es wieder ins Bad. Nun muss ich mich um mein Make-up kümmern. Viel schwarz und sehr dunkel. Mist, jetzt klingelt der Backofen, meine Tiefkühlpizza ist fertig. Schnell gehe ich in die Küche, mache den Backofen aus und lege meine Pizza auf einen Teller. Ich muss mein Make-up noch fertig machen, also gehe ich erst ins Bad zurück und die Pizza muss warten. Ich versuche mich schnell so fertig zu machen, dass ich mich danach auch noch aus dem Haus trauen kann. Jetzt brauche ich eine ruhige Hand, der Eyeliner ist dran. Es klingelt, ich habe mich erschrocken, aber zum Glück nicht vermalt. Miriam und Sascha sind zu früh. Ich gehe zur Tür und lasse sie rein, danach verschwinde ich wieder im Badezimmer. Schnell noch alles fertig machen und dann kann ich endlich meine Pizza essen. Ich mache noch schnell alles wieder sauber und dann gehe ich in die Küche um mir meine Pizza zu holen. Aber meine Pizza steht nicht mehr auf dem Tisch. „Miriam?“, rufe ich durch die Wohnung. „Hier“, schallt es zurück. Der Ruf kam aus dem Wohnzimmer. Ich schleiche katzenartig zum dort hin, bereit zum Sprung. Sascha und Miriam sitzen einträchtig nebeneinander auf dem Sofa, beide mit einem Stück Pizza in der Hand. Ich muss lachen: „Das war mein Abendbrot, was ihr da gerade vertilgt.“ Von meiner Pizza war noch eine Halbe über. „Wir haben auch Hunger.“ „Dann hättet ihr was essen oder mir Bescheid sagen sollen, dann hätte ich zwei Pizzen gemacht.“ Jetzt mache ich mich über den Rest Pizza her. Die ist schon fast kalt. Ich hätte sie doch etwas später in den Ofen schieben sollen. Trotzdem esse ich sie auf. Sascha und Miriam reden über das Konzert heute Abend, ich höre zwar zu, aber ich konzentriere mich mehr auf meine Pizza. „Wir müssen los!“, springt Miriam plötzlich auf. „Scheuch mal nicht alle Hühner auf, darf ich meine Pizza vielleicht noch aufessen?“ „Du hast doch nur noch ein Stück, das kannst du auf dem Weg essen“, erwidert Miriam. Sie läuft in den Flur, holt meine Schuhe und zieht sie mir an. Ich sitze total perplex auf dem Sofa und lasse alles mit mir geschehen. Sie holt meine Jacke und zieht sie mir an. Mein letztes Stück Pizza drückt sie mir in die Hand und zieht mich vom Sofa hoch. Sascha besieht sich das ganze Schauspiel lachend. Er steht auf und geht uns hinterher. Im Flur hält Miriam noch kurz an und steckt mir meine Schlüssel in die Tasche. Sie schiebt mich und Sascha zur Tür hinaus und macht die Tür zu. Und plötzlich ist es, als wenn eine Mauer einstürzt und ich fange an zu lachen. Sascha und Miriam steigen in mein Lachen mit ein und wir brauchen fünf Minuten, um uns wieder zu sammeln. Miriam hatte es mal wieder geschafft mich zu verwirren, ich glaube die Beiden haben eine Wette am Laufen: Wer schafft es am meisten Sophie zu verwirren? Sie machen es wirklich täglich. Und immer abwechselnd. Doch dabei ist es gar nicht so leicht mich zu verwirren, aber trotzdem schaffen sie es des Öfteren. „Los, wir sollten uns jetzt wirklich auf den Weg machen, wenn wir noch gute Plätze haben wollen“, sage ich schließlich zu den Beiden. Und prompt stürmt Miriam die Treppe hinunter. Sie nimmt wirklich immer die Treppe, ob sie wohl Angst vor dem Fahrstuhl hat? Sascha und ich gehen ihr hinterher. Naja, ich bezweifle aber, dass wir gute Plätze bekommen werden. Viele der Fans sind schon gestern angekommen und haben dann vor der Halle übernachtet. Man merkt immer ganz genau wann eine japanische Band in der Stadt ist. Denn immer mindestens einen Tag vorher wimmelt die Stadt nur so vor Visus. Visus sind Menschen die der Stil- und Musikrichtung des Visual Kei angehören. Viele vergleichen diese Richtung mit Punk oder Goth. Irgendwie kann man schon sagen, dass es fast dasselbe ist, aber andererseits ist es Grundverschieden. Miriam hat mal gesagt „Visus sind die Tussis unter den Punks.“ Und irgendwo hat sie vollkommen Recht. Wir biegen gerade in die Straße ein in der auch die Halle ist, hier wimmelt es nur so von Visus und einer aufgestylter als der andere. Wenn man hier auffallen will, dann ist es völlig falsch sich aufzustylen, dann muss man vollkommen ‚normal’ aussehen. Erst dann sticht man aus der Menge hervor. Wir stechen ein bisschen aus der Menge hervor, im Gegensatz zu einigen sehen wir wirklich ‚normal’ aus. Miriam und ich haben einen Minirock an, ihrer ist schwarz-weiß faltig. Ich habe einen komplett schwarzen Minirock an. Die Vorderseite ist faltig, aber die Rückseite nicht, das mag ich an diesem Rock, der kann im Wind nicht so doll weg wehen, wie der von Miriam. Und wie immer hat Miriam den Kürzeren von uns an. Wir beide haben schwarze Oberteile an. Sascha, eigentlich wie immer, schwarze Hose und ein Hemd, diesmal in Rot. Ich kann die Halle von hier aus schon sehen und auch die Menschenmasse, die sich davor drängelt. Es schüttelt mich schon, wenn ich nur daran denke, wie heiß es gleich in der Halle sein wird. Ich bin so froh, dass ich flache Schuhe an habe. Miriam freut sich gerade einen Keks, sie hat realisiert, dass wir jetzt zu einem Konzert gehen. Es ist aber auch wieder ein komisches Gefühl Dir en Grey live zu sehen. Ich halte Ausschau nach anderen Freunden, mit denen wir uns hier treffen wollten. Miriam stupst mich an und zeigt auf zwei lustig aussehende Typen, dann bemerke ich, dass das zwei gute Freunde von uns sind. Paul und Daniel. Wir gehen zu den beiden hin und begrüßen sie. „Hab euch erst gar nicht erkannt“, sage ich zu den beiden. Sie fangen an zu lachen und Daniel fragt: „Habt ihr die Anderen gesehen?“ „Nein“, antwortet Miriam. „Ey Miri! Wieso hast du denn nur einen Gürtel an?“ Paul muss Miriam immer mit irgendetwas aufziehen. „Hab nix zum Anziehen mehr, alles in der Wäsche.“ „Dann solltest du waschen.“ „Kannst du ja für mich waschen.“ „Nee, komm lieber mit zu mir, ich hab bestimmt noch was zum Anziehen für dich, so ein schönes Bettlaken, oder so“, er fängt an zu lachen und Miriam haut im spielerisch auf die Schulter. Das ist ganz normal zwischen den Beiden. Paul macht sowas gerne, der olle Macho. Ah, da kommen Lara und Sarah. Jetzt sind alle da. Wir reihen uns in die Menschenmenge ein und stellen fest, dass noch gar nicht so viele vor dem Eingang stehen. Es scheint so als würden wir doch noch einen guten Platz bekommen. Jetzt heißt es warten bis die Tore auf gehen. Genau eine Stunde müssen wir noch warten und dann heißt es: Einlass. Endlich ist es so weit. Die, die hinten stehen, fangen das Drängeln, Schieben und Schubsen an. Ich habe echt das Gefühl, dass ich gleich matsche bin. Und ich bin mir fast sicher, dass es den anderen genauso geht. Es geht weiter, gleich sind wir dran. Aber wir werden noch nicht in die Halle gelassen, sondern erst auf den Parkplatz davor. Ich stelle gerade fest, dass Miriam weg ist, ich schau mich um und entdecke sie zwei Reihen hinter mir. Sascha steht noch neben mir. Jetzt werden wir durchleuchtet, ich darf einfach weitergehen, da ich keine Tasche bei mir habe. Aber Sascha hat einen Rucksack dabei, in dem befindet sich auch meine Handtasche mit meinem Fotoapparat drin. Hoffentlich finden sie den nicht. Ich hab zwar nicht vor Fotos zu machen, aber ich möchte den trotzdem nicht hier lassen. Ich stelle mich auf den Platz und warte auf alle. Mein Blick ist auf die Absperrung gerichtet hinter der die Busse stehen, es sind insgesamt drei. Sascha gesellt sich zu mir und teilt mir mit, dass mein Fotoapparat nicht gefunden wurde. Ich bin erleichtert. Ich blicke immer noch auf die Absperrung. Sascha dreht sich ebenfalls in diese Richtung. Kurz schauen wir weg um zu sehen wie weit der Rest ist. Unsere Blicke schweifen wieder zu der Absperrung und sobald ich realisiert habe, was ich sehe fange ich an zu kreischen. „Das war Shinya“, quietsche ich Sascha entgegen. „Ja!“, quietscht er zurück. Ich bin verwundert, dass er quietscht. „Und ich bin mir fast sicher, dass Die vor ihm gelaufen ist“, gebe ich zurück. Shinya und vermutlich Die sind gerade zwischen den zwei Bussen her gehuscht. Ich kann das gar nicht glauben. Miriam kommt zu uns gelaufen: „Was gibt’s zu kreischen?“ „Da waren Shinya und Die“, quietsche ich immer noch. Meine Stimme hört sich schrecklich an. Mein Verstand ist glaub ich grad auf Urlaub. Ich habe mir immer gesagt ich werde nicht kreischen oder quietschen. Man ist das peinlich, ich bin 25 und kreische wie eine dreijährige. Bringt mich in die Klapsmühle, bitte. Miriam sieht ein bisschen enttäuscht aus, sie ist totaler Shinya- Fan. Aber Sascha auch etwas, er ist der totale Die- Fan und hat die erste Person, die da lang lief, überhaupt nicht gesehen. Die Anderen stoßen zu uns und wir gehen in die Halle und lassen unsere Eintrittskarten entwerten. Auf geht’s! ~Kaoru~ Auf geht’s! Fünf Minuten bis zum Start. Wir stehen hinter der Bühne. Dort wird gerade noch der Kram der Vorband Weg geräumt und dann sind wir dran. Irgendwie ist es traurig, dass dies das letzte Konzert in Europa für dieses Jahr ist. Ich mag es Konzerte in Europa, vor allem hier in Deutschland zu geben, dabei haben wir hier noch gar nicht viele gegeben, aber egal. Das Publikum ist richtig ausgeflippt, so ganz anders als das in Japan. Aber andererseits bin ich auch froh, dass der Stress jetzt erstmal vorbei ist. So, die Vorband ist abgerückt und unser Intro beginnt. Ich höre die Fans hier schon schreien. Jetzt heißt es, noch einmal alles geben, wir wollen die Fans ja nicht enttäuschen. Wir haben sogar eine Reihenfolge wie wir die Bühne betreten. Als erstes Die, dann Shinya, Toshi und ich. Und zum Schluss kommt Kyo auf die Bühne. Da ist das Gekreische dann immer am Größten. Aber wir anderen werden auch genug bekreischt. Jetzt betreten wir die Bühne, ein ohrenbetäubender Lärm bricht los. Wir fangen sofort mit der Show an. Gegen Mitte der Show lasse ich meinen Blick einmal bewusst über die Fans gleiten. Ich bleibe an einem Mädchen hängen. Sie zieht mich in ihren Bann. Sie hat braune Haare, dunkel geschminkte Augen und trägt ein schwarzes Oberteil. Irgendetwas fasziniert mich an ihr. Ich kann meinen Blick gar nicht von ihr abwenden. Sie schaut mir direkt in die Augen, ich ihr ebenfalls. Sie scheinen grün zu sein. Aber ich bin mir nicht ganz sicher auf diese Entfernung. Sie steht zwar in der vierten Reihe oder so, aber trotzdem noch ganz schön weit weg. Sie unterbricht den Blickkontakt und schaut jetzt Kyo an. Ich weiß immer noch nicht was mich so an ihr fasziniert, aber ich kann den Blick immer noch nicht von ihr abwenden. Wahrscheinlich ist es einfach ihre Art, die mich so fasziniert. Sie springt nicht so herum wie alle anderen, sondern steht einfach nur da, bewegt sich ein bisschen zum Takt der Musik und scheint es einfach nur zu genießen. Und sie kreischt auch nicht. Die ganze Zeit über beobachte ich sie, wie sie genießt und ihren Blick streifen lässt. Plötzlich streift ihr Blick wieder meinen und ich versuche ihn fest zu halten. Es klappt. Wir blicken uns wieder in die Augen. Ich muss mich von ihr losreißen. Ich bin 30 Jahre alt und benehme mich gerade wie ein völlig verrückter Teenager. Ich werde dieses Mädchen nie wieder sehen. Ich sollte mich jetzt echt von ihr losreißen und mich wieder mehr auf das Spielen konzentrieren. Eben habe ich mich einmal fast verspielt. Aber nur fast und trotzdem darf so ein fast nicht noch einmal passieren. Ok, Kaoru, sei stark und widme dich wieder dem Spielen. Ich zwinker ihr einmal zu und ihr entgleisen die Gesichtszüge. Sie guckt sich um und guckt mich dann wieder an. Ich lächle und zwinkere noch einmal, danach wende ich meinen Blick von ihr ab. Den Rest des Konzertes muss ich mich regelrecht dazu zwingen nicht mehr in ihre Richtung zu gucken. Es klappt auch einigermaßen gut. Geschafft! Das Konzert ist zu Ende. Mit meinen Augen suche ich sie. Sie steht noch an dem selben Platz. Ich nehme mir meine Plektren und schmeiße sie wahllos in die Halle. Die Fans prügeln sich fast darum, aber sie steht einfach nur da. Kyo steigt auf sein Podest und schüttet Wasser in die Menge. Sie bekommt auch einiges ab und schaut Kyo direkt an. Dieser klettert wieder vom Podest runter und wenn ich mich nicht irre, dann hat er ihr einen Blick zugeworfen. Nun steigt Toshi auf das Podest, mit einer Hand voll Plektren. Er wirft sie alle auf einmal in die Menge und mit einem trifft er sie direkt am Kopf. Er scheint das gesehen zu haben, denn er hat seinen schuldbewussten Blick aufgesetzt. Sie scheint es aber nicht zu bemerken, denn sie reibt sich die Stirn, da wo das Plektrum sie getroffen hat. Direkt über ihrer rechten Augenbraue. Irgendwie habe ich gerade Angst vor mir, weil ich auf sowas geachtet habe, dabei sollte es mir doch eigentlich egal sein. Aber sie hat noch nicht einmal danach gegriffen, es ist einfach zu Boden gefallen. Sie dreht sich um und will aus der Halle gehen. Auf Wiedersehen. Sie fasziniert mich immer noch. Auch ich drehe mich jetzt um und verschwinde hinter der Bühne. Nach und nach kommen dann auch die Anderen. Kyo lässt sich erschöpft auf ein Sofa fallen. Wie gut, dass die hier Duschen haben, ich brauch jetzt nämlich dringend eine. Nach einer Stunde sind wir alle frisch geduscht und entscheiden uns dazu das Tourende in einer Kneipe zu feiern. Die Fans müssten inzwischen vom Platz gescheucht worden sein. Vorher hatten wir jemandem gesagt, dass er uns eine Bar suchen soll wo keine Fans sind und er hat tatsächlich eine gefunden, sogar hier in der Nähe. Ich meine, unsere Fans sind ja leicht zu erkennen. Wir gehen zu unserem Bus, dieser soll uns dahin bringen. Unser ‚Kundschafter’ begleitet uns, da nur er weiß wo die Bar ist, dann lässt er uns alleine. Die Bar ist echt nicht weit von der Halle entfernt, noch nicht einmal 5 Minuten mit dem Bus. Von draußen sieht es schon sehr gemütlich aus. Mit unseren paar Englischkenntnissen werden wir es wohl schaffen uns ein paar Bier zu bestellen, dann brauchen wir den Dolmetscher nämlich auch nicht. Dann sind wir 5 mal wieder unter uns. Ich gebe dem Busfahrer schon mal eine Zeit wann er uns wieder abholen soll. Dann fährt er wieder weg und wir betreten die Bar. Ich lasse meinen Blick schweifen. Nette Einrichtung. Und dann gewinnt das helle fröhliche Lachen eines Mädchens meine Aufmerksamkeit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)