Es ist nicht immer leicht von cork-tip (Oder: die kleine Konstante im Leben) ================================================================================ Kapitel 3: Vergebliche Liebesmüh' --------------------------------- Die Besprechung erwies sich nicht als die Erlösung, die Tȏshirȏ Hitsugaya sich erhofft hatte. Nicht der Weltuntergang oder eine Invasion oder wenigstens irgendeine Verschiebung im Dimensionsgefüge stand bevor, nein, Kommandant Kurotsuchi von der 12. Divison hatte um das Treffen gebeten, um einen unbekannten Schuldigen zur Sau zu machen, der irgendwelche zweifelhaften Daten über noch viel zweifelhaftere Experimente hatte verschwinden lassen. Wie hatte er nur ernsthaft auf eine sinnstiftende Thematik hoffen können?! Es gab Tage, an denen von vorne bis hinten der Wurm drin war. Und diese Tage begannen sich zu häufen. Wenn er darüber nicht bald wahnsinnig wurde, war das ein mittleres Wunder. Zu allem Überfluss waren er und Kommandant Kuchiki auch noch dazu abkommandiert worden der Sache nachzugehen. Sahen sie aus, als hätten sie nichts besseres zu tun als Kurotsuchis Hirngespinsten nachzujagen? Er jedenfalls konnte in dem Verlust einiger weniger völlig irrelevanter Daten keine konkrete Bedrohung für ein wie auch immer geartetes Schutzgut erkennen und dementsprechend überflüssig kam es ihm vor, ziellos auf den Dächern der Gebäude der 12. Division herumzuklettern und nach Spuren eines Eindringlings zu suchen, den es möglicherweise niemals gegeben hatte. Trotzdem: Dienst war Dienst. Immerhin schien Kommandant Kuchiki ebenso wenig von ihrem Auftrag angetan zu sein, wie er selbst. Es stand ihm ins deutlich Gesicht geschrieben, auch wenn er während der letzten Stunden kaum ein Wort gesagt hatte. Seine sonst so stoisch unbewegte Miene wies eindeutig missmutige Züge auf. Und Hitsugaya konnte ihm das beim besten Willen nicht verdenken. Die Zeit verging so langsam und ereignislos, dass er sich vorkam, als wäre er in einem dieser lästigen Albträume gefangen, in denen man rannte und rannte und doch nicht vom Fleck kam. Und während er nicht vom Fleck kam, wuchsen die Papierberge in seinem Büro auf alpine Höhen an. „Ich denke, wir sollten es gut sein lassen“, gab er schlussendlich zu bedenken. Der Abend dämmerte bereits und tauchte die Soul Society in ein schimmernd bläuliches Licht, das er unter anderen Umständen sicherlich als schön empfunden hätte. „Es war niemand hier. Sonst hätten wir zumindest irgendeine Spur gefunden.“ Kommandant Kuchiki musterte ihn skeptisch. Vermutlich traf er im Geiste eben die Abwägung zwischen Pflicht und vernünftigem Verhalten, die ihn selbst den gesamten Nachmittag über beschäftigt hatte. Schließlich aber rang er sich ein zustimmendes Nicken ab. „Es ist ohnehin bald Feierabend“, fuhr Hitsugaya fort und ließ sich erschöpft auf ein Dach sinken. An sich war ihm dieser Ort mehr als suspekt. Aber die Rückkehr zu seiner eigenen Division wollte er so lange aufschieben, wie nur irgend möglich. Wahrscheinlich hatte Matsumoto seine Abwesenheit genutzt, um eine weitere kleine Party zu organisieren. Natürlich in seinem Büro. Und das wollte er nicht mehr sehen müssen. Seine Nerven waren strapaziert genug. Dieser neuen Belastung würden sie mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr gewachsen sein. „Wenn es nach meinem Vize-Kommandanten ginge, wäre den ganzen Tag über Feierabend“, erwiderte Kommandant Kuchiki sichtlich frustriert. Er hatte sich nicht zu seinem Leidgenossen gesetzt, sondern stand stramm und unbewegt wie eine Statue einige Meter entfernt auf dem First und starrte der heraufziehenden Dunkelheit entgegen. „Was Abarai fehlt, ist ein gesundes Maß an Selbstdisziplin.“ Hitsugaya nickte betrübt. „Das kommt mir bekannt vor“, erwiderte er gerade laut genug, dass Kommandant Kuchiki ihn auch verstehen konnte und driftete in Gedanken wieder in Richtung all der unbearbeiteten Akten, die in Schubladen, Schränken, unter dem Sofa und weiß der Himmel wo noch seit Wochen fröhlich vor sich hin staubten. „Dabei heißt es doch allgemein 'erst die Arbeit, dann das Vergnügen.' Ich frage mich, was daran so schwer zu verstehen ist...“ Eine Weile blieben sie stumm. Dann kam Hitsugaya die Erleuchtung. Was, wenn sie bisher einfach die falsche Taktik angewandt hatten? Alle Versuche, die faulen Vize-Kommandanten mit guten Worten und weitestgehend leeren Drohungen zur Arbeit zu bewegen, waren erwiesenermaßen kläglichst gescheitert. Möglicherweise wäre es besser, wenn... „Vielleicht sollten wir einfach aufhören zu arbeiten“, schlug Hitsugaya vor, auch wenn ihn das nicht wenig Überwindung kostete. Schließlich musste er erst einmal einen beachtlichen Klumpen Pflichtbewusstsein herunterschlucken. „Wir erledigen das meiste schließlich immer im Alleingang“, begann er seine Idee näher zu erläutern. „Wenn wir nicht mehr arbeiten, bleibt alles liegen und die Division erstickt in unerledigten Nichtigkeiten. Vielleicht begreifen sie es dann endlich!“ „So wie – Streik?“ Zu behaupten, dass Kommandant Kuchiki wenig angetan von diesem Vorschlag zu sein schien, wäre untertrieben gewesen. Und so trug Hitsugaya seine Idee im Geiste etwas vorschnell zu Grabe. Alleine würde er sie nicht umsetzen. Und wenn es ihn sein letztes bisschen Verstand kosten würde. „Streik...“ Kommandant Kuchiki ließ sich das Wort förmlich auf der Zunge zergehen. Irgendwo zirpten ein paar Zikaden und verabschiedeten die letzten Sonnenstrahlen, die soeben hinter den Dächern verschwanden. Die Stille, die sich über ihnen ausgebreitet hatte, schien beinahe greifbar. Umso mehr erschrak Hitsugaya, als Kommandant Kuchiki nach einer gefühlten Ewigkeit das Schweigen brach und voller Ernst erklärte: „Das ist eine wunderbare Idee.“ Sofort war Hitsugaya wieder auf den Beinen. Wundervoll, einfach wundervoll! Nach einem weiteren Tag in der Hölle hatte er nicht nur einen Einfall gehabt, der ihn – so der Plan denn aufging – künftig vor Matsumotos Arbeitsscheu und ihrem Chaos retten würde, sondern auch einen Seelenverwandten gefunden, der ihn bei der Umsetzung unterstützte. Und mit der Umsetzung würden sie sogleich beginnen. Er hatte da noch eine Idee, die ihm selbst praktikabel erschien. „Ideal“, erklärte er voller Stolz. „Dann brechen wir gleich zu meiner Division auf. Matsumotos allabendliche Party wird diesmal nicht stattfinden. Denn das Büro gehört uns.“ Als Hitsugaya am nächsten Morgen die Augen aufschlug, sah er schwarz. Im wahrsten Sinne des Wortes. Und damit nicht genug. Was immer seine Augenpartie verdeckte, nahm ihm gänzlich die Luft zum Atmen. Und alles, was er hörte, war ein ruhiger, und gleichmäßiger Herzschlag. Kurzzeitig war er schlichtweg irritiert. Was war das? Hatte diese seltsame Benommenheit damit zu tun, dass er die halbe Nacht über wach geblieben und mit Kommandant Kuchiki Sake getrunken hatte? Er vertrug keinen Alkohol, das war ihm nicht neu – deshalb sah er für gewöhnlich davon ab, hochgeistige Getränke zu sich zu nehmen. Aber dieser Effekt? Erst als das Etwas ein begeistertes „Sie sind ja so niedlich, wenn Sie schlafen, Kommandant!“ von sich gab, wurde ihm bewusst, dass alles noch viel schlimmer war. Hektisch zappelnd befreite er sich aus Matsumotos festem Griff und beeilte sich, ein bisschen Abstand zwischen sein Gesicht und ihren überdimensionalen Busen zu bringen. Dann erst kam er dazu, sich selbst durch ein paar tiefe Atemzüge vor dem Ersticken zu bewahren. „Matsumoto!“ Er hatte sie zurechtweisen wollen, aber alles, was er hervorbrachte, war ein tonloses Krächzen. Anscheinend hatten seine Stimmbänder nach dieser Nacht kurzerhand den Dienst quittiert. Ein prüfender Blick neben sich genügte, um festzustellen, dass auch Kommandant Kuchiki einer unvorteilhaften Weckaktion zum Opfer gefallen war. Anscheinend hatte sein Stellvertreter seine Arg-und Wehrlosigkeit nur allzu gerne genutzt, um ihm kurzerhand ein Glas Wasser über den Kopf zu kippen. Den Todesblick, den er dafür erntete, hätte Hitsugaya selbst nur ungern abbekommen. Renji Abarai hingegen zeigte sich weitestgehend unberührt. „Ich habe ziemlich lange im Büro auf Sie gewartet, Kommandant“, erklärte er mit einem unangebracht vorwurfsvollen Unterton in der Stimme. „Sie sind gute drei Stunden zu spät und die Arbeit erledigt sich nicht von alleine. Zeit zu gehen.“ „Ach ja“, warf Matsumoto vergnügt ein und ignorierte dabei gekonnt die blanke Fassungslosigkeit, die sich ob dieser Behandlung auf den Gesichtern der beiden Kommandanten widerspiegelte. „Wenn Sie doch eigentlich nur mitfeiern wollten, Kommandant – warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Ich hätte Sie schon nicht vor die Türe gesetzt. Aber denken Sie dran-“ Sie hob warnend einen Zeigefinger "-Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!" Das war nun nicht ganz der Effekt, den er sich von dieser einmaligen Aktion erhofft hatte. Nicht nur, dass beide Vize-Kommandanten ganz offensichtlich noch immer nicht begriffen hatten, dass nicht nur ihre Vorgesetzten in der Lage waren, Papiere zu sichten, nein, sie besaßen auch noch die Frechheit, sie – ihre Vorgesetzten! - für ein einmaliges verspätetes Erscheinen zum Dienst zurechtzuweisen. Es dauerte eine geraume Zeit, bis Hitsugaya und Kuchiki sich in der Lage sahen, auch diese Kröte zu schlucken. Dann, vollkommen synchron, gaben beide ein resigniertes Seufzen von sich. „Also gut. An die Arbeit.“ Mehr gab es nicht mehr zu sagen. Es gab Dinge auf der Welt, die änderten sich nie. Wie froh man über diese kleine Konstante in einem sich ständig wandelnden Universum allerdings sein konnte, das war Ansichtssache... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)