Wer braucht schon Magie im Zauberinternat? von Fio-chan (Muss man Zauberei lieben um nach Hogwarts zu gehen?) ================================================================================ Kapitel 1: Zauberzug -------------------- Wieder einmal fragte sich Ambre ernsthaft, was ich eigentlich in diesem verdammten Zug zu suchen hatte. Genervt trommelte sie mit ihren Fingern auf der Armlehne und schlug die Beine erneut übereinander. Sie konnte es immer noch nicht recht fassen, dass sie sich hatte überreden, nun ja, eher zwingen lassen, nach Hogwarts zu gehen. Tatsächlich sollte sie sich mit dem, in ihren Augen überflüssigstem Thema der Welt befassen. Nicht genug, sie sollte es auch noch studieren. Ihre Eltern waren schon immer der Überzeugung gewesen, dass das Zauberinternat das einzig Richtige für sie wäre, dabei war Ambre die Privatschule, die sie bis zu jenem Zeitpunkt besucht hatte, immer viel lieber gewesen. Nun musste sie all ihre Freunde zurück lassen und auch noch versuchen in Fächern wie „Zaubertränke“ gute Zensuren zu erzielen. Wirklich, welchen Sinn hatte es Zaubertränke brauen zu können, wenn man nicht einmal richtig rechnen konnte? Ihren Eltern zufolge begannen die Schüler in Hogwarts die erste Klasse in einem Alter von elf Jahren. In der sechsten Klasse konnte Ambre gerade Mal Bruchrechnen, das musste im Umkehrschluss bedeuten, dass die anderen Schüler hier gerade mal auf diesem Wissensstand waren. Sie schüttelte den Kopf und lehnte sich zurück. Im Nachhinein eingeschult zu werden war furchtbar umständlich gewesen. Außerschulisch musste geklärt werden, welches „Haus“ sie nun besuchen sollte, ihre Schulsachen mussten organisiert werden und sie hatte die ganzen Sommerferien zusammen mit ihren Eltern, wie in einem schlechten Kindermärchen, mit dem Zauberstab herumgefuchtelt und mit dem Besen durch die Luft geflogen, dazu auch noch unglaublich dicke Bücher über Fabelwesen, Zauberkräuter und Flüche gewälzt. Nicht einmal der Ausflug in die Winkelgasse hatte ihre Einstellung gegenüber der Magie verändern können, obwohl sie sich eingestehen musste, dass die Zauberrauchbombe, die blau funkelnden Nebel ausstieß, der plötzlich wie ein Elektroschock alle durchzuckte und die Haare zu Berge stehen ließ, äußerst lustig anzusehen war. Ein kleiner Junge hatte sie in den riesigen Bücherladen geworfen, in dem Ambre Eltern gerade dabei waren die Bücherliste abzuarbeiten und mit einem riesigen schweren Stapel Bücher durch die Regale gingen. Ambre hatte sich rechtzeitig in Sicherheit bringen können, doch die langen hellbraunen gelockten Haare ihrer Mutter standen, glatt wie noch nie, nach diesem Attentat, kerzengerade nach oben. Bei dem Gedanken an ihre Eltern begann sie zu lächeln. Sie waren beide Zauberer und immer viel zu verrückt für Ambres Geschmack gewesen. Eigentlich hatte sich Ambre nur selten getraut Freunde von der Schule mit nach Hause zu bringen, auch wenn das Haus für jeden vollkommen normal und modern aussah, ebenso stilvoll eingerichtet, war doch schon allein aufgrund der Hauselfin Serry klar, dass es sich bestimmt nicht um eine normale Familie handelte. Ambre zupfte ihren Umhang zurecht und strich einige Falten glatt. Sie konnte sich nicht so recht daran gewöhnen auf ihre normalen Kleider zu verzichten, doch ihre Eltern waren so stolz gewesen, als sie mit dem bronzeblauen, mit dem Adler gezierten Wappen auf der Brust vor ihnen stand und sich zum Abschied umarmte. Plötzlich klopfte es an der Abeilungstür. „Was Süßes?“, fragte eine ältere Dame, die ein Wägelchen, voll gestellt mit bunt bedruckten Kartons vor sich her schob. „Was hätten Sie denn anzubieten?“, fragte Ambre vorsichtig, da ihre Eltern ihr oftmals widerliche Bonbons zugespielt hatten und sie deshalb nur noch wenig Vertrauen in magische Süßigkeiten hatte. „Bertie Botts Bohnen jeder Geschmacksrichtung –“ Ambre zuckte zusammen, genau so hießen diese Dinger. „Verzeihung?“, begann die Frau und zog die Augenbrauen nach oben. „Nichts, Entschuldigung. Haben Sie auch noch etwas anderes?“, fragte Ambre und lächelte höflich. „Schokofrösche, Druhbels Bester Blaskaugummi, Gummischnecken oder auch Sirupbonbons. Ah, und natürlich auch Kürbispasteten“, fügte die Dame noch hinzu und hob Ambre ein Tablett mit kürbisförmigen Küchchen hin. „Vielen Dank“, sagte Ambre langsam und beäugte die Kürbispasteten kritisch. Sie sahen ungefährlich aus. „Ja, ich hätte gerne Eine davon.“ „Einen Sickel, bitte“, gab die Frau zurück und hob ihr noch einmal fordernd das Tablett entgegen. Ambre kramte in ihrem Umhang nach dem Portmonee mit dem Zaubergeld. Langsam tastete sie die Taschen ab. Plötzlich fühlte es sich an, als würde ihr Herz für einen Moment aussetzen. „Warten Sie eine Sekunde“, sprach Ambre langsam und versuchte weiterhin zu lächeln. Sie hob ihre Tasche von dem Gepäckständer über den Sitzen. Zitternd öffnete sie den Reißverschluss und lugte hinein, doch zwischen den oben liegenden T-Shirts und einem schwarzen Umhang konnte sie ihr Portmonee nicht entdecken. „Verzeihung, darf ich kurz?“, sprach eine männliche Stimme von draußen auf dem Flur. Die Süßigkeiten-Dame schob ihren Wagen genervt zurück und sah mich noch einmal fordernd an. „Ist hier noch frei?“, fragte ein groß gewachsener junger Mann mit etwas längerem schwarzem Haar. Er schob sich genervt an dem Wagen vorbei und warf einen Blick auf Ambre, die noch immer in ihrer Tasche kramte. Er war muskulös und gutaussehend. Offensichtlich war einfach kein weiterer Abteil mehr frei gewesen. „Kann ich irgendwie behilflich sein?“, meinte er vorsichtig und trat in das Abteil. „Äh, nein“, antwortete Ambre knapp. „Und ja, hier ist noch Platz.“ Er stemmte seinen Koffer Ambre gegenüber auf die Ablage über den Sitzen und musterte sie noch einmal mit hochgezogenen Augenbrauen. „Es tut mir leid, ich glaube ich habe kein Geld“, sagte Ambre schließlich und zog peinlich berührt den Reißverschluss wieder zu. „Eine Kürbispastete für die junge Dame?“, warf der Schwarzhaarige ein und holte mit einer schnellen Handbewegung seinen Geldbeutel aus einer Tasche in seinem Umhang. Er öffnete den silberfarbenen Knopf und zog eine der großen runden Silbermünzen heraus. Die weißhaarige Dame an dem Wagen, die schon genervt geseufzt hatte streckte nun mit einem gezwungenen Lächeln die Hand hin, um die Münze entgegen zu nehmen. Im Austausch dazu nahm sich der Schwarzhaarige eine der Pasteten von dem Tablett und reichte sie Ambre hinüber. „Hier, bitte“, sagte der Schwarzhaarige und drückte ihr den Kuchen mit einem bezaubernden Lächeln in die Hand. „Aber das kann ich doch gar nicht annehmen“, stammelte Ambre und musterte den kürbisförmigen Kuchen in ihren Händen. Irgendwie war das alles zu schnell abgelaufen. Die Dame mit den Süßigkeiten war mit einem genuschelten „Danke“ wieder verschwunden und das Scheppern ihres Wagens erfüllte den Flur. Dies war das einzige Geräusch, dass das gedämpfte Rattern des Zuges übertönte. „Ach was, bezahlt ist bezahlt. Es ist ein Geschenk“, antwortete er und ließ sich auf den Sitz gegenüber Ambres fallen. „Ähm. Danke“, gab sie leise zurück und legte die Kürbispastete kurz zur Seite, um ihre Tasche wieder auf die Ablage zu stemmen. Ambre nahm die Pastete wieder in ihre Hände und setzte sich auf das gemütliche Polster. Der Schwarzhaarige lächelte sie weiterhin an und strich mit einer Hand seine Haare zurück. Erst jetzt fiel es Ambre auf, dass auch auf seinem Umhang das Adlerwappen glänzte. „Ravenclaw?“, fragte Ambre vorsichtig und schlug wieder ihre Beine übereinander. „Ja, letztes Jahr“, antwortete der Schwarzhaarige stolz. Natürlich. Sie konnte nicht jemand aus ihrem Jahrgang treffen, sondern gleich einen Siebtklässler. Spitze. „Mein Name ist übrigens Roger Davies, Kapitän der Quidditchmannschaft“, grinste Roger und streckte ihr, nach einer kurzen Pause, seine Hand entgegen. „Ambre Bells“, gab Ambre zurück und schüttelte vorsichtig seine Hand. „Fünftes Jahr.“ „Ah“, sagte er, machte jedoch keine Anstalten ihre Hand loszulassen. „Äh, ja“, antwortete Ambre und zog langsam ihre Finger aus seiner Umklammerung. Plötzlich vernahmen sie einen lauten Knall, der beide zusammenzucken ließ. Im Nachbarabteil konnte sie kurz darauf lautes Meckern hören. „Bestimmt nur eine Stinkbombe“, lächelte Roger mild und lehnte sich zurück. Angewidert verzog Ambre ihr Gesicht. Ihr Bruder hatte sie oft mit diesen Dingern in den Ferien geärgert. Er war ein begeisterter Magier, allerdings schon drei Jahre älter als Ambre und hatte seine Ausbildung in Hogwarts bereits abgeschlossen. Sie erinnerte sich nur zu gut an diesen widerlichen Gestank in ihrem Zimmer, weshalb sie ihre ganzen Kleider mindestens zwei Wochen hatte Lüften müssen. In der anderen Hand hielt sie noch immer ihre Pastete und beschloss nun wenigstens einen Bissen davon zu probieren. Sie brach vorsichtig ein Stück davon ab und schob es sich langsam in den Mund. „Du tust ja gerade so, als hättest du noch nie eine Kürbispastete gegessen“, meinte Roger belustigt und musterte Ambre. „Hm. Bisher hatte ich den Genuss noch nicht, nein“, antwortete sie, nachdem sie ihren Bissen heruntergeschluckt hatte. Tatsächlich musste sie zugeben, dass es gar nicht allzu schlecht schmeckte und schon allein die Tatsache, dass es sie weder angriff noch in irgendeiner Weise plötzlich nach Ohrenschmalz schmeckte ermutigte sie zu einem weiteren Bissen. Sie wandte ihren Blick hinaus aus dem Fenster und beobachtete die Landschaft, wie sie hinter dem Glas vorbei flog. Gedankenverloren aß sie weiter und stellte sich vor, wie ihre Zukunft wohl weiterhin aussehen würde. Dann wurde die Abteilungstür erneut aufgeschoben. „Hallo“, sagte eine weibliche zarte Stimme. Ambre sah zu dem Mädchen an der Tür hinüber. Sie hatte glattes langes schwarzes Haar, die durch eine leuchtend blaue Haarklammer nach hinten geklemmt worden waren. Ihre Augen waren mandelförmig und ihre Wangen leicht rosig. Sie sah sehr hübsch aus. Ambre beschlich ein schlechtes Gefühl. Sie hatte Rogers Aufmerksamkeit genossen, doch als sie seine Augen sah, wie er sie anschaute, spürte sie eine Woge der Enttäuschung über sich zusammenschlagen. „Hallo Cho“, sagte Roger fröhlich. „Komm und setz dich zu uns.“ Das Mädchen lächelte. Auch auf ihrem Umhang glänzte das Ravenclaw-Wappen und sie zog einen kleinen Koffer hinter sich her. Sie trat in das Abteil und schaute zu Roger hinüber, der, wie von der Tarantel gestochen, aufrecht stand und ihren Koffer auf die Ablage hob. Cho grüßte Ambre mit einem verlegenen Lächeln und setzte sich neben Roger. „Ich bin Cho Chang“, stellte sich das Mädchen mit den langen schwarzen Haaren vor. „Ich bin Ambre Bells, freut mich dich kennen zu lernen“, antwortete Ambre und versuchte genauso hübsch zu lächeln wie sie. „Hast du die ganze Zeit nach einem freien Abteil gesucht?“, fragte Roger und sah Cho besorgt an. „Na ja, ich war schnell noch bei Harry und hab kurz Hallo gesagt“, antwortete sie verlegen und strich über ihr glänzendes Haar. „Aber dort war alles voller Stinksaft.“ „Haha! Oh mein Gott!“, lachte Roger. „Stinksaft?“, fragte Ambre. Das erklärte wohl den lauten Knall vorhin. „Ja, genau. Furchtbares Zeug“, antwortete Cho und schüttelte den Kopf. Langsam verebbte Rogers Lachanfall. „Potter ist so ein Loser“, sagte er schließlich und wischte sich die Tränen aus dem Augenwinkel. „Ach, ihr redet über Harry Potter?“, begriff Ambre schließlich und grinste. „Ja, genau. Der der letztes Jahr das Trimagische Turnier gewonnen hat“, bestätigte Cho und warf Roger einen bösen Blick zu. Offensichtlich war sie von seiner Ansicht nicht ganz so überzeugt wie Roger selbst. „Harry Potter ist ein Idiot“, bestätigte Ambre und war froh endlich jemanden gefunden zu haben, der genauso dachte wie sie. Ständig war sie belehrt worden, die Zauberwelt solle stolz darauf sein, dass es jemanden gab, der den Angriff des Dunklen Lords überlebt hatte. Sie jedenfalls hatte nicht viel für die „Legende des Retters“ übrig, genauso wenig wie für alles andere das in irgendeiner Weise mit Magie zu tun hatte. „Er meint die ganze Zeit er wäre so wichtig und so unglaublich schlau und stark – Dabei kann er nicht einmal richtig Qudditch spielen. Dieses Jahr holen Ravenclaw sowieso den Pokal“, beendete Roger stolz seinen Satz und wandte sich zu Cho. „Mit dir als Starsucherin kann uns gar nichts passieren.“ Cho lächelte verlegen und Ambre widmete sich wieder der Aussicht aus dem Fenster. Sie mussten hoffentlich bald da sein. Im Fenster konnte sie ihr verschwommenes Spiegelbild erkennen. Ihre langen wild gelockten dunkelbraunen Haare standen in alle Richtungen. Sie strich mit ihrer Hand darüber, um sie wenigstens grob zu glätten. Ihre graublauen Augen waren müde bis sie einen Krümel von der Kürbispastete neben ihren schmalen Lippen entdeckte. Gerade als sie ihn wegwischte riss sie die samtene Stimme Chos aus den Gedanken. „Ambre?“ „Ja?“, antwortete Ambre und blinzelte verwirrt. „Du bist tatsächlich im fünften Jahr?“, fragte Cho verwundert. „Ja, das schon, aber ich bin erst dieses Jahr eingeschult worden“, gab Ambre verlegen zurück. „Ach so, das erklärt Einiges.“ Dann trat wieder Stille ein. Ambre lauschte auf das Rattern des Zuges, was auf verblüffende Weise etwas einschläfernd auf sie wirkte. Sie strich sich eine Strähne ihres dunkelbraunen lockigen Haar hinter ihr Ohr. Draußen sah es äußerst kühl aus, obwohl nur wenige Wolken den stahlgrauen Himmel bedeckten. „Ambre, wenn du möchtest kannst du dich heute Abend gern neben mich setzen“, sagte Cho höflich. Ihre Worte klangen aufrichtig. „Natürlich, sehr gerne. Ich kenne hier ja noch niemanden“, antwortete Ambre. „Ihr nehmt es mir hoffentlich nicht übel, wenn ich bei den anderen aus meinem Jahrgang sitze, oder?“, fragte Roger die beiden Mädchen und grinste. „Ach was“, antworteten beide, fast gleichzeitig und begannen kurz darauf zu lachen. Cho schien nett zu sein und Ambre schöpfte Mut. Vielleicht wurde dieses Jahr auf dem Zauberinternat doch nicht so schlecht wie befürchtet. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)