Digimon 02 - Dead End von UniverseHeart (- Was bleibt am Ende? -) ================================================================================ Kapitel 1: Dream's End ---------------------- "Und wir haben von einer Welt geträumt die nur uns gehören sollte. Eine Welt in der wir frei waren zu tun und zu lassen was wir wollten, eine Welt, in der es keine Regeln und Gesetze gab, eine Welt, in der wir uns behaupten müssten, würden wir sie jemals betreten. Für mich gab es keine Zweifel, dass wir sie eines Tages zusammen sehen werden. Wir würden durch ein goldenes Tor schreiten, und auf der anderen Seite landen, inmitten von wild duftenden Blumenfeldern und einem Horizont, der sich weit über uns erstreckt, unberührt und unerreicht und wir wären die ersten Menschen, die ihn so sehen. Und dann würden wir den Wesen begegnen, die diese Welt ihr Zuhause nennen, den Digimon. Wir zweifelten auch nicht an ihrer Existenz. Wir glaubten fest an sie, obgleich wir niemals zuvor eines gesehen hatten, wussten wir, würden wir eines fernen Tages unsere geliebte Welt betreten, dann würden wir sie finden. Wir versprachen uns, dass wir beide zusammen in die Digiwelt gehen würden. Warum also musstest du sterben, Hiroki? Wer hat dich mir genommen? Das Schicksal? Warum musste es denn so grausam sein und mir den einzigen Freund nehmen, den ich jemals hatte? Warum mussten all unsere Träume auf diese Art enden bevor sie überhaupt angefangen hatten? Hiroki... wo bist du nur? Hiroki, bitte sag mir, ob deine Seele nicht vielleicht schon längst dort ist, in der Welt von der wir geträumt hatten. Und wenn es so ist, dann lass mich dir folgen - denn wir hatten uns versprochen, alles was wir tun auch gemeinsam tun. Ohne dich sind meine Träume und mein Leben unerträglich, und doch bin ich hier, noch immer dazu entschlossen den Weg in die digitale Welt zu finden. Du magst tot sein, aber vielleicht macht es dich glücklich, wenn ich dennoch einen Weg dorthin finde. Ich werde einen Weg finden, und diese fremde Welt betreten, und du bist dann immer noch bei mir und es wäre eine gemeinsame Sache, oder? Du wärst bei mir und würdest sehen was auch ich sehe, und vielleicht von dort oben auf mich herablächeln." Ein einsamer Mann mit sehr fahler Haut und dunklen kurzen Haaren saß einsam vor seinem Computerbildschirm, mit Tränen auf seinen Wangen. Er wollte nicht mehr weinen, aber seit dem Tod seines besten Freundes fühlte er sich so leer und einsam. Ohne weitere Freunde und mit Erinnerungen an die Vergangenheit zurückgelassen konnte er auch nicht die Träume von damals hinter sich lassen. Als er die Nachricht vom Tod seines besten Freundes Hiroki erfuhr, brach für ihn eine Welt zusammen. Im ersten Moment wollte er es nicht glauben, als er an der Haustür klingelte und den Vater nach dem Wohlbefinden seines Freundes fragte, und dieser ihm dann sagte, dass er tot sei. Yukio hatte seit Tagen nichts mehr von seinem Freund gehört, und begann sich Sorgen zu machen, als er auch nicht an ihrem gemeinsamen Treffpunkt zu einem Treffen erschien, wo er doch sonst immer pünktlich war. Doch andererseits hätte es ja sein können, dass Hiroki einfach viel zu tun hatte mit seiner neuen kleinen Familie, und vor allem mit seinem süßen Sohn Iori. Yukio hätte es verstanden, wenn er nicht mehr so viel Zeit für seinen Freund hatte, schließlich ist auch nicht leicht, eine Familie anständig zu versorgen, doch dass er sich einfach nicht bei ihm meldete verärgerte ihn schon ein bisschen, also wandte er sich in seiner Verzweiflung zu erfahren, was mit Hiroki passiert sei, ausgerechnet an den Menschen, der ihre Freundschaft schon immer mit besonders kritischen Augen gesehen hatte - Hirokis Vater Chikara Hida . Als Yukio an seiner Tür klingelte, und diese geöffnet wurde, bemerkte er, dass es der Vater war der ihm die Tür geöffnet hatte, doch auch, dass etwas völlig anders war. Er bemerkte den melancholischen Ausdruck auf dem Gesicht des Mannes, als dieser ihn traurig anlächelte. Völlig baff von diesem Anblick wusste Yukio nicht, was er sagen sollte. Doch das brauchte er auch nicht, denn schon sprach der ältere Herr von alleine aus, was mit Hiroki los sei. "Du suchst bestimmt nach Hiroki, und willst erfahren, was mit ihm passiert ist, oder? Es... ist schwer für uns alle..." Yukio wusste nicht, was er darauf antworten sollte. War etwas schreckliches passiert? Und was ist mit dieser furchtbaren Vorahnung, die diese Worte in ihm auslösten? "Komm herein, ich mag es dir nicht vor unserer Haustür sagen. Du solltest dich wenigstens setzen, ehe du es erfährt, denn es wird nicht leicht für dich sein." Sanft legte er die Hand auf seine Schulter und führte den jungen Mann in das Wohnzimmer, wo er ihm einen Sitzplatz auf einem Stuhl anbot. Doch er war schon jetzt seltsam wackelig auf den Beinen, und letztendlich irgendwie erleichtert, als er auf dem Sitz einen festen Halt fand. Mit etwas zitternder Stimme fragte er schließlich den älteren Mann: "Was ist mit Hiroki los? Wissen Sie, warum er sich in den letzten Tagen überhaupt nicht mehr bei mir gemeldet hat? Ich meine, es ist schon okay, wenn er viel in seinem Beruf oder mit seiner Familie zu tun hat, aber.." Doch weiter kam er nicht, als Chikara ihn einfach nur mit drei Worten unterbrach. "Hiroki ist tot." Sein Herz schien schlagartig mit dem Schlagen aufzuhören und Unglauben breitete sich in ihm aus, während er sah, wie der Vater seines besten Freundes ihn auf einmal traurig anblickte, wie um seine Worte zu unterstreichen. Doch Yukio wollte es immer noch nicht glauben und hielt er nur für einen schlechten Witz. War das etwa eine neue Methode von ihm, um die beiden auseinander zu bringen, nur damit sie aufhören sollten, weiterhin von der Digiwelt zu träumen? Wenn ja, dann war es wohl so ziemlich die geschmackloseste Methode, der er jemals begegnet war. "Das KANN nicht sein!", schrie Yukio aus, "das ist doch bestimmt wieder nur eine neue Idee von Ihnen, damit ich keinen Kontakt mehr zu Ihrem Sohn habe, oder???" "Ich wusste irgendwie, dass du das denken würdest, aber... ah, ich wünschte es wäre so. Ich wünschte mir wirklich es wäre so..." Und als die ersten Tränen auf den Wangen des älteren Herren herunterliefen wusste Yukio, dass er die Wahrheit sagte. "NEIN! Nein, hören Sie auf, dass zu sagen! Hiroki kann nicht tot sein!! Er kann nicht!! ER KANN NICHT! Wir... wir..." Er spürte, wie sich die Tränen auch in seinen Augen zu formen begannen, als ihm langsam bewusst wurde, dass es die Wahrheit sein musste, denn kein Vater würde um seinen Sohn weinen, wenn nicht wirklich etwas schreckliches mit ihm passiert wäre. "Ich weiß, es ist schwer für dich...", sagte der Mann nur, doch Yukio nahm alles wie durch einen Schleier war. Die Tränen die seine Augen füllten und machten es schwer irgendetwas zu sehen. „Wie...?“, entwich es aus seinen Lippen, und bekam als Antwort: „Er ist bei einem Auslandseinsatz gestorben. Durch den Einsatz seines Lebens hat er ein anderes Menschenleben bewahrt, aber dabei leider unglücklicherweise sein eigenes verloren.“ Wie benommen hörte Yukio diese Worte, die sich in sein Herz drängten, und es nie wieder loslassen sollten – und doch war es auch für ihn im ersten Moment unvorstellbar, dass er Hiroki von nun an nie wieder sehen sollte. Doch bevor Chikara irgendetwas sagen konnte, stand Yukio schon auf, und lief weg, riss die Zimmertür auf, dann die Haustür und verschwand nach draußen, wo ihn die kalte Luft empfing. Chikara wollte noch nach ihm rufen, ihm ein Angebot machen, ihn trösten, doch verstand er auch seine Reaktion auf diese Nachricht sehr gut. Der ältere Mann senkte missmutig seinen Kopf, auf seinen Lippen ein Gebet, dass es Yukio schaffen möge, diesen Schicksalsschlag irgendwie zu verkraften. Denn er würde es brauchen. „Das kühle Nass des Regens strömt auf mich herunter, und der Himmel weint, weint mit mir um deinen Tod. Er ist so grau wie meine arme schwache Seele. Ich schreite auf dem Weg, den wir so oft genommen haben, in der Nähe dieser Bahngleise und gehe die Straße entlang. Wie oft haben wir hier zusammen gelacht, wie oft hatten wir hier über Alltägliches geredet, aber vor allem über unsere Träume. Im Frühling fielen die schönen rosa Kirschblüten auf uns herab. Nun sind sie weg, verwelkt wie dein Leben. Unsere Träume sind erstarrt und ich verharre in ihnen, in derselben Starre, unfähig mich zu rühren, oder voranzukommen. Ich weiß nicht, ob ich das will. Was ich will, ist etwas unmögliches, was ich will, ist dich wieder zu haben, damit ich wieder einen Sinn in meinem Leben habe. Vielleicht bin ich besitzergreifend, in einem gewissen Sinne. Vielleicht hatte dein das Vater auch geahnt, als er es uns verbot, uns weiter mit der Digiwelt abzugeben, nur weil er es für Kindereien hielt. Wie soll ich weiter machen ohne dich?“ Sein violett-schwarzes Haar wehte im Wind, als er endlich wieder Halt fand, und sich an einen Baum an einer abgelegenen Stelle im Park lehnte. Noch immer musste er weinen, wenn er daran dachte, was er verloren hatte. Es war schon schwer genug gewesen, von dem Tod seines besten Freundes ausgerechnet durch Chikara Hida zu erfahren, dem Mann, der die beiden schon immer auseinander wissen wollte, nur weil er Yukio für einen schlechten Einfluss auf Hiroki hielt. Seine zitterende Hand umschloss den Umschlag aus Papier – darin befand sich eine Einladung zur Beerdigung seines besten Freundes. Und er wusste nicht, ob er wirklich dorthin gehen sollte, denn das würde bedeuten, dass er die Wahrheit endgültig akzeptieren musste, eine Wahrheit, die sich nun einmal nicht mehr ändern lässt. Würde er hingehen, dann wusste er, hätte er keine Möglichkeit zur Flucht mehr und würde sich der Wahrheit stellen müssen. Warum weinte er noch immer? Wie kann es sein, dass die anderen einfach so weiter leben konnten wie bisher, während er es einfach nicht konnte? Lag es etwa an seiner menschlichen Schwäche? Hatten die anderen Stärke, oder ein Talent, das er nicht besaß? Woher nur hatten sie es? Wie konnte er es auch erlangen? Oh was würde er dafür geben, gerade diese Schwäche loszuwerden... Und doch kam es für ihn nicht infrage, dass er nicht zu der Beerdigung gehen wollte. Grimmige Entschlossenheit erfasste ihn, als er daran dachte, sich dem stellen zu wollen, gerade um seine Schwäche loszuwerden. Und er war es Hiroki schuldig. Wie würde es denn aussehen, wenn er nicht dorthin ginge? Hiroki würde es ihm wahrscheinlich nie vergeben. Und er musste wenigstens auch für seine Familie da sein, die bestimmt den gleichen Schmerz verspürte wie er. Iori würde niemals seinen Vater kennenlernen, und seine Mutter hatte eine geliebten Ehemann und Partner verloren, Chikara seinen Sohn. Gerade dieser gemeinsame Verlust sollte sie doch alle zusammen führen, oder etwa nicht? Fast schon so etwas wie Optimismus befiel ihn bei diesen Gedanken. Er würde sein Bestes tun, sein Möglichstes. Doch er hatte nicht bedacht, dass der direkte Anblick des Todes ihn für immer brechen würde... Am Tag der Beerdigung kam er, so wie er es sich vorgenommen hatte, in seinem besten Anzug und fand sich gemeinsam mit den Trauergästen auf dem Friedhof ein. Doch zuvor hatte er natürlich auch die Chance gehabt, den aufgebarten leblosen Körper von Hirokin in seinem Sarg zu sehen. Der Raum war ansonsten leer, niemand außer Yukio war da, Yukio und Hiroki. Langsam schritt er auf den Sarg zu, mit einer fast neugierigen Miene auf seinem Gesicht. Er sah so friedlich aus, wie er so dalag. So frisch, als wäre er immer noch am Leben, und doch war nichts mehr in ihm – Hiroki würde nie wieder aufstehen. Der Anblick war surreal. Enttäuschung wallte in ihm auf, als er seinen besten Freund so sah, und er, Yukio musst nun hier Abschied nehmen, denn deswegen stand der Sarg mit seinem Freund hier aufgebart. Doch er konnte einfach nicht. „Ah, Hiroki, sie sagen, dass mit einer Beerdigung alles vorbei sei. Dass das hier die letzte Gelegenheit für uns ist, voneinander Abschied zu nehmen. Doch ich kann einfach nicht. Es geht nicht. Warum musstest du sterben? Ich wollte dir noch etwas zeigen. Nein..“, und er schüttelte seinen Kopf bei diesen Worten, „ich werde es dir noch zeigen, Hiroki. Warte nur, bis ich dich das nächste Mal besuche, okay? Dann werde ich dir zeigen, was mir gelungen ist. Nein, was uns beiden gelungen ist.“ Tränen liefen auf seinen fahlen Wangen herunter, und er zitterte unkontrolliert. Dann fiel sein Blick auf die vielen Photos und die Kerzen, die in der Nähe des Sargs schienen. Auf einem der Photos war Hiroki zu sehen, so wie er am Tag aussah, an dem er Polizist geworden war. Verstohlen starrte Yukio darauf, nur um zu bemerken, dass es dieses Photo mehrmals gab und es bestimmt nicht auffallen würde, wenn eines von ihnen fehlte. Gierig schnappte er danach und verstaute es in seinem langen Mantel. Eigentlich verbat ihm sein Gewissen, ausgerechnet am Tag der Beerdigung zu stehlen, aber er war sich sicher, dass gerade dieses Bild ihm helfen würde mit diesem Schicksal fertig zu werden. Dieses Antlitz von diesem Mann...so wie es auf diesem Photo war wollte er es für immer in seinem Gedächtnis behalten. Aber Yukio fürchtete sich auch davor, dass, egal wie gut sein Erinnerungsvermögen auch war, er eines Tages dennoch vergessen könnte, wie sein bester Freund aussah, und genau das musste er unbedingt verhindern. Genau dieses Photo, an diesem Tag gestohlen, sollte das sein, welches er immer bei sich trug, bis zu seinem eigenem Ende. Der Pastor hielt seine für solche Anlässe gewohnte Rede, und Yukio konnte unter den Trauergästen Chikara und Hirokis Frau leicht ausmachen. Als er zu ihnen trat, hießen sie ihn willkommen, und legten kurz ihre Hand auf die seine, während sie alle zusahen, wie Hiroki in seinem Sarg unter die Erde gebracht wurde. Und obwohl diese beiden eigentlich recht fremden Menschen bei ihm waren, als es geschah, konnten sie nichts dagegen tun, gegen das Gefühl der Ohnmacht, welches Yukio nun befiel. Er nahm alles nur noch verschwommen war, so durchsichtig als wäre es ein Albtraum aus dem er jederzeit erwachen konnte. Doch er konnte nicht, egal wie sehr er es wollte. Denn es war Realität, seine Realität. Als die Beerdigung vorbei war, blieb er noch sehr lange vor dem Grab seines besten Freundes stehen, immer noch nicht fassend, dass es wirklich war und dass nun alles vorbei war. „Hiroki... du bist tot... warum nur bist du tot? Es ist, als wäre ich jetzt begraben, nicht du, sondern ich. Nicht du, sondern unsere Träume. Warum nur bist du gestorben?“ Und er wollte schreien, einfach nur schreien. Er wollte zurück wissen was er verloren hatte. Aber vor allem wusste er nicht, wie er mit der Einsamkeit fertig werden wollte. Nun saß er bei sich Zuhause, vor einem Computer, mit Tränen in den Augen, wann immer er daran dachte, dass Hiroki zu früh gestorben war, viel zu früh. Wenn er wenigstens gesehen hätte, was Yukio gelungen war. Denn ausgerechnet an dem Tag, an dem er erfuhr, dass Hiroki gestorben war, wollte er ihm erzählen, dass ihm etwas wahrlich unglaubliches gelungen war. Yukio hatte den Beweis dafür, dass es die Digiwelt wirklich gab. Dass ihr gemeinsamer Traum doch wahr werden könnte – wenn er noch am Leben wäre. Doch Hiroki war gestorben und gemeinsam mit ihm auch ihr gemeinsamer Traum. Alles was Yukio blieb, war, diesen Traum am Leben zu halten und in der Vergangenheit weiter zu leben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)