Wintermond von Alkayrah (Seidenflügel) ================================================================================ Prolog: ~Schlaf, Kindlein, schlaf... ------------------------------------ >>Und du bist dir wirklich sicher?« »Ja, bin ich. Ich will nach hause. Ich vermiss mein kleines Mädchen so sehr. Ich hoffe bloß, dass es ihr gut geht.« »Es geht ihr bestimmt gut. Deine Mutter hat bis jetzt noch niemanden verhungern lassen.« die männliche Stimme neben ihr lachte leise, während ihr Blick, sorgenvoll, in Richtung des Ausganges wanderte. »Ihr wird es schon gut gehen. Mach dir darum mal keinen Kopf. Du bist es eher, die sich hier schonen sollte. Meinst du nicht du magst mir den kleinen Wonnepropen mal geben?« »Nein nein, es geht schon. So schwer ist er ja nun wirklich nicht.« »Guten Abend, Miss Galley. Wie geht es dem Kleinen? Wollen sie uns jetzt schon verlassen?« Die in weiß gekleideten Dame am Eingang, der diese laute Stimme gehörte, winkte ihnen freundlich zu. Es war eine ältere Dame, mit grauen Strähnen im Haar und einen rustikalem Körperbau. Eben genau diese Art von Person, bei der man sich ganz unwohl fühle, wenn sie alles für einen machen wollte und sich auch nicht davon abbringen ließ. »Guten Abend Zarah. « Die junge Frau blieb kurz stehen und suchte den Blick der alten Frau. Wie es sich für eine Krankenschwester mit reichlich Lebenserfahrung gehörte, lag ihr Blick bereits auf dem entspanntem, kleinem Gesicht, mit den runden Pausbäckchen und den großen Kulleraugen. »Ihm geht es soweit gut. Er quengelt nur sehr schnell, wenn sich keiner um ihn kümmert. Ich bin schon sehr gespannt, wie er auf seine Schwester reagieren wird.« »Na, dass sind wir doch alle irgendwo. Ich wünsche ihnen viel Glück mit dem Kleinen und möge Gott ihnen beistehen.« Die Augen der alten Dame leuchteten auf, als das kleine Wesen in dem Arm seiner Mutter frölich zu strampeln begang. »Danke sehr. Der Aufenthalt in ihrem Krankenhaus war wirklich sehr schön. Ich danke ihnen für ihre Hilfe, auch noch nach der Geburt unseres kleinen Engels. Das hätten nicht viele Menschen getan.« Ihre Arme schlungen sich noch fester um den kleinen Körper. »Das mag sein Miss Galley. Aber ihre freundliche Seele wird man hier auch sehr vermissen. Besonders den Kindern werden sie sehr fehlen. Möchten sie nicht doch lieber ein Taxi nehmen?« Die junge Frau sah zu ihrem Mann hinüber, dieser schüttelte jedoch nur energisch den Kopf. »Nun gut, dann halte ich sie mal nicht länger auf. Husch, husch, raus mit ihnen und ab nach hause zu dem Rest ihrer Familie.. Und genießen sie die Weihnachtstage!« Mit einem Winken verschwanden die beiden jungen Eltern durch die Drehtüren des New Yorker Krankenhauses. Die Nacht war sternenklar, als sie durch die verschneiten Straßen, in Richtung ihres zu hause liefen. Trotz der ungewöhnlichen Kälte, war es gerade zu Windstill in den dunklen Vierteln. Kein Tier war zu sehen, keine Katze sprang, gefolgt von einem großem Hund, über die Zäune der Häuser und erschreckte ahnungslose Passanten. Die sonst so vom Nachtleben der Leute geplagte Stadt schien verlassen. Als wollten die Leute nicht sehen, was sich vor ihren Augen ab zu spielen drohte. »Ist dir sehr kalt?« »Es geht. Ich will einfach nur noch nach hause. Der Kleine braucht unbedingt einen warmen Platz am Ofen. Seine Wangen sind schon ganz rot vor Kälte.« Besorgniss schwang in der Stimme der Mutter mit, deren Augen nach den Kleinen Händchen des Jungen, in ihrem Arm suchten. Schnell versteckte sie die winzigen Fingerchen wieder in der Decke, die welche sie aus Vorsicht um den zerbrechlichen Körper geschlungen hatte. »Die Stadt kommt mir so verlassen vor.« »Das ist bestimmt nur wegen der Feiertage. Alle Leute sitzen nun zu hause, auf ihren Sofas und schauen sich irgend eine Kochsendung um Fernsehen an, während ihre Liebsten in ihren Armen liegen und vor sich hin dösend Kakao trinken. Genau wie wir beide es nachher tuen werden, wenn die Kleinen im Bett sind.« Liebevoll wand sich sein Arm um die Taille seiner Frau, als sie die Nächste Straße passierten. Nun war es nicht mehr weit bis nach hause. Nur noch durch diese Gasse und dann einmal abgebogen. Dort stand ihr kleines Haus, in Mitten der riesigen Wolkenkratzer. Mit gleichmäßigen Schritten verschwanden sie in der Gasse. Es war die längste auf ihrem Weg. Beinahte automatisch, drückte sich die Frau noch ein Stück mehr, beim Gehen, an ihren Gatten. Diese Gasse hatte ihr schon immer Angst gemacht. Und auch heute sollte es nicht anders kommen. Schnellen Schrittes ging sie vorran, ihren Mann mehr mitziehend, als neben ihm her gehend. »Hast du Angst?« »Ein Wenig.« »Och, komm schon Lilien. Wie oft sind wir diese Straße schon entlang gegangen ohne, dass etwas passiert ist?« Seine Stimme klang beschwichtigent neben ihrem Ohr. Jedoch nicht gut genug. »Ich weiß, ich weiß. Aber heute ist es irgendwie anders. Es ist nicht so wie sonst. Es ist...anders. So bedrückend.« »Das liegt bestimmt nur an der Kälte und deiner Erschöpfung. Ich habe dir ja gesagt gib mir den Kleinen. Aber jetzt mach dir mal keinen Kopf darüber, Schatz. Die letzten fünf Jahre ist Nichts geschehen, wieso sollte sich das heute ändern. Es wird nichts passieren, ich verspreche es dir. « Seine warmen Lippen legten sich an ihre Schläfe und hinterließen einen warmen Abdrück. Der kleine Körper zwischen Lilien's Armen fing an sich zu bewegen. Er strampelte, schlug die Augen auf und wimmerte leise los. »Was hat er nur?« Plötzlich war da etwas, irgendetwas war in der Stille aufgetaucht und stand nun direkt hinter den beiden Eltern. Und es rührte sich nicht. Doch dann wurde die Stille durchbrochen, von einer leisen, schneidenden Stimme. Direkt hinter ihnen... »Ich würde mal sagen, er hat das gleiche wie ich. Er kann es nicht leiden, wenn Menschen etwas versprechen, was sie nicht halten können.« »Wer ist da?« Der Mann hatte sich langsam umgedreht, doch lagen seine Arme immer noch fest um seine Frau und das Kind geschlungen. Die Augen zu Schlitzen verengt, fixierte er die Dunkelheit, um sich herum. Wie eine Wand schirmte sie die Familie ab. »Wer ist da?« , wiederholte er erneut. »Schlaf Kindlein, schlaf. Der Vater hüt' die Schaf...« Leise Schritte näherten sich. »Die Mutter schüttelt's Bäumelein, da fällt herab ein Träumelein.« Von irgendwoher waren weitere Schritte zu hören. »Schlaf, Kindlein, schlaf. Am Himmel ziehn die Schaf.« Der Vater drehte sich um seine Familie herum,versuchte verzweifelt in dieser Dunkelheit etwas zu erkennen. Doch seine Augen fanden nichts. »Die Sternlein sind die Lämmerlein, der Mond, der ist das Schäferlein.« Die Frau begang zu weinen. Lautlos und ihr Kind, zwischen sich und ihren Mann verborgen, schützend. »Schlaf, Kindlein, schlaf.« Die Dunkelheit barg die fremden Körper wie ein Mantel, jedoch wurden ihre Umrisse langsam sichtbar. »Schlaf, Kindlein, schlaf. So schenk ich dir ein Schaf.« Nun traten sie aus dem Schatten, bedrohlich und doch von faszinierender Ausstrahlung. Die Frau japste nach Luft, als sie dem Mann, der ihr am nächsten stand in die Augen sah, sich darin verlor und seiner Stimme lauschte, während der Tot leise näher kam. Ihr Tot. »Mit einer goldnen Schelle fein, das soll dein Spielgeselle sein...« Die Stimme wurde immer leiser, bis sie kurz zum verstummen kam. Minuten verstrichen in dieser dunklen Gasse New York's, in welchen keine Bewegung zu vernehmen war. Dort standen sie. Erstarrt zu Säulen. Gefangene. Dutzende Augen begangen zu funkeln, als sich ihre Besitzer auf die kleine Familie stürzten. »Schlaf, Kindlein, schlaf...<< Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)