Side By Side .:. 横陣をなして (Oujin Wo Nashite) von Fiji-Fujii (Horo X Ren) ================================================================================ Kapitel 1: Reunion ------------------ Ein tiefes, fast frustriertes Seufzen entwich Horohoros Kehle, als die Ampel, an der er stand, endlich grün aufleuchtete und er die Straße überqueren konnte. Menschenmengen, wohin das Auge reichte. Shanghai war eine ziemlich belebte Stadt. Dass Ren ausgerechnet diesen Ort als seinen neuen Wohnsitz ernannt hatte, war dem jungen Ainu schleierhaft. Hatte er Ren doch eher als relativ ruhigen, in sich gekehrten Schamanen kennengelernt, der mit belebten Plätzen nicht viel anzufangen vermochte. Aber gut, er durfte sich eigentlich nicht beschweren – es hatte ihn schließlich niemand gezwungen, hierher zu kommen. Er war aus freiem Willen hier. Ren wusste nicht einmal, dass er wohl in Kürze vor seiner Tür stehen würde. „Vielleicht wird er mich gleich wieder heimschicken…“ murmelte Horohoro in seinen Schal hinein und seufzte wieder. Kororo, sein kleiner Schutzgeist, schmiegte sich an seine Wange und gab einen aufmunternden Laut von sich, was ein schmales Lächeln auf seine Lippen zauberte. „Hm.“ machte er und schloss kurz die Augen, „Du hast Recht, Kororo. Ich sollte mir nicht so viele Sorgen machen…“ Immerhin war er neben Yoh und Chocolove einer von Rens besten Freunden. Der junge Chinese würde sich sicher freuen, ihn nach so langer Zeit wiederzusehen. Nach einem Fußmarsch von etwa fünfzehn Minuten erreichte Horohoro endlich das Wohnhaus, in das Ren laut seinen Informationen vor ein paar Monaten gezogen war. Bereits vom äußeren Erscheinungsbild des Gebäudes konnte man erkennen, dass nur reiche Leute es sich leisten konnten, denn es wirkte nobel und sehr sauber. Auf fast jedem Stockwerk befand sich mindestens ein schöner, in modernem Stil gebauter Balkon und, so hatte Horohoro gehört, angeblich gab es auf der Dachterrasse einen Swimmingpool und sogar einen kleinen Garten. Kein Wunder, dass dieses Wohnhaus Ren so zugesagt hatte. Wenn Horohoro genug Geld gehabt hätte, wäre er vermutlich schneller dort eingezogen, als seine Familie erfahren hätte, dass er überhaupt bei ihnen ausgezogen war. Doch da es ihm eben an Geld mangelte, lebte er nach wie vor in Hokkaido, gemeinsam mit seinem Vater und seiner kleinen Schwester. „Okay… nur Mut, Alter!“ versuchte er sich selbst zu motivieren, als er seinen Finger bereits an den Knopf, der in Rens Wohnung die Türklingel auslösen würde, hielt. „Ren wird dich schon nicht wieder wegschicken…“ Als er allerdings noch einmal darüber nachdachte, verlor er sofort jegliches Fünkchen Mut, das er sich gerade so mühsam erwirtschaftet hatte. Ren war bekannt für seine abweisende Art, auch wenn er es in den meisten Fällen gar nicht so meinte. Er war nicht so der Typ, der seinen Gefühlen – zumindest den positiven wie in diesem Fall Wiedersehensfreude – freien Lauf ließ. Horohoro schluckte. Sollte er jetzt trotzdem anläuten und riskieren, gleich wieder fortgeschickt zu werden? Oder sollte er es gleich lassen und wieder heimfahren? Aber dann hätte er ja den Flug hierher im Prinzip umsonst bezahlt und billig war der nicht gewesen! Nein, wenn er schon mal hier war, wieso es dann nicht versuchen? Ren war doch sein bester Freund! Er mochte ihn doch, also würde er ihn auch reinlassen! … aber was, wenn doch nicht? Ach, verdammt! Horohoro seufzte niedergeschlagen und fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht. Es war wirklich zum Verzweifeln. Jetzt war er extra um Ren zu sehen nach Shanghai gekommen und dann brachte er nicht einmal den Mut auf, bei ihm anzuläuten. Er war ein Feigling. Wenn Ren das jemals erfuhr… dann würde ihm das wohl ewig nachhängen. Er konnte sich das Ganze bereits bildlich vorstellen – wie Ren, mit dem Finger auf ihn zeigend, lachte, „Hahaha, Boroboro ist ein feiges Huhn! Putt, putt, putt!“ und dabei die Bewegungen einer Henne nachahmte. Bei dem Gedanken schoss ihm das Blut in die Wangen. Nein, so würde er nicht weiterleben können! Das wäre einfach zu erniedrigend! Er musste da jetzt anläuten! Doch sobald sein Finger den Knopf wieder berührte, hielt er erneut inne. Er traute sich einfach nicht. „Ich sollte wohl besser wieder gehen…“ flüsterte er und senkte beschämt den Blick. Kororo versuchte zwar, ihn zurückzuhalten, jedoch ohne Erfolg. Ihr Meister machte sich hastig wieder auf den Rückweg, ließ das noble Wohnhaus ohne einen letzten Blick zurück hinter sich. Auf dem Weg zur Ampel stieß er in seiner Eile versehentlich gegen einen jungen Mann, dessen Einkäufe daraufhin seinen Händen entglitten und zu Boden plumpsten. „Oh… d-das tut mir Leid!“ entschuldige Horohoro sich sofort und ging in die Hocke, um die Sachen aufzusammeln. Er hoffte zwar, dass der andere ihn verstand, machte sich allerdings keine allzu großen Hoffnungen, da in China ja nicht jeder die japanische Sprache so gut beherrschte wie Ren. „Schon in Ordnung.“ Horohoro verharrte in seiner Bewegung, als er die Stimme des jungen Mannes vernahm. Nanu? Das war gerade perfektes Japanisch gewesen. Langsam hob er seinen Kopf, sah von den Einkäufen, die über den Boden verstreut lagen, auf und blickte daraufhin direkt in Rens schönes, blasses Gesicht, das nicht minder überrascht wirkte als sein eigenes. „Ho… Horohoro?“ entfuhr er dem jungen Chinesen gleich, „Was machst du denn hier in Shanghai?“ Horohoro wusste auf diese Frage zuerst gar keine richtige Antwort. Alles, was er herausbrachte, war unverständliches Stottern. „Äh… a-also, ich… ich dachte… ich hab’, also… ich…“ Verdammt, Horohoro! Jetzt reiß’ dich doch mal zusammen! „Also… ich war gerade in der Gegend und… und ich hab’ gehört, dass du hier in der Nähe wohnst, deswegen… hab’ ich mir gedacht, ich schau’ mal vorbei, hehe…“ lautete schließlich seine Antwort, wobei er sich mit dem Zeigefinger verlegen an der Wange kratzte. Rens einzige Reaktion bestand daraus, eine Augenbraue leicht anzuheben. „Ach?“ machte er dann nach einer Weile und schenkte dem jungen Ainu einen prüfenden Blick. „Tatsächlich? Ich würde zehn Riesen drauf wetten, dass du mich anlügst.“ Horohoro starrte ihn entsetzt an. „W-woher weißt du… ?“ stotterte er wieder, was Ren ein leises Lachen entlockte. „Ich seh’s doch in deinen Augen, du Dummkopf.“ sagte er dann fast schon vorwurfsvoll, während er die restlichen Einkäufe vom Asphalt aufklaubte und in seiner Einkaufstüte verschwinden ließ. „Also, warum bist du wirklich hier?“ Horohoro legte zuerst eine Hand an den Nacken und presste seine Lippen aufeinander, sodass sein Mund nichts weiter als ein dünner Strich in der unteren Hälfte seines Gesichts war, ehe er sich einen Ruck gab, diese Frage wahrheitsgemäß zu beantworten. „Ich bin gekommen,“ begann er, den Blick peinlich berührt abgewandt, „Weil ich dich sehen wollte.“ Rens Augen weiteten sich leicht, als er das hörte. Er wusste nicht recht, wie er nun darauf reagieren sollte. Einerseits war ihm diese Situation jetzt ein wenig unangenehm, doch auf der anderen Seite freute er sich auch darüber. Jemand, der ausnahmsweise mal nicht seiner Familie angehörte, war gekommen, weil er ihn sehen wollte. Ihn, die Arroganz und Rücksichtslosigkeit in Person! Und dann war es auch noch ausgerechnet Horohoro. Seine Wangen nahmen eine ganz leichte, rötliche Färbung an. „Hmph.“ machte er schließlich und lächelte schmal, „Na, wenn du schon extra den weiten Weg von Japan bis hierher auf dich genommen hast, nur um mich zu sehen, dann müsste ich ja schon das größte Arschloch der Welt sein, um dich wieder zurückzuschicken, nicht wahr?“ Seine Worte brachten Horohoros Herz dazu, einen Sprung zu machen. Erleichtert atmete er aus. „Und ich hab’ ernsthaft gedacht, du würdest mich vielleicht wieder heimschicken…“ lachte er, während er Ren zu seiner Wohnung begleitete. Der junge Chinese schenkte seinem ehemaligen Teamkollegen daraufhin einen zweifelnden Blick aus den Augenwinkeln, ehe er meinte, „Hältst du mich wirklich für so ungut? So etwas hätte ich vielleicht vor sechs, sieben Jahren noch gemacht, aber doch jetzt nicht mehr…“ Er drückte Horohoro die Einkaufstüte ohne Vorwarnung in die Arme, sodass sie beinah wieder runtergefallen wären, nur damit er nach seinem Schlüssel suchen und die Tür aufsperren konnte. Nachdem er aufgesperrt hatte, ließ er seinen Gast eintreten. „Wow!“ Horohoro staunte nicht schlecht. Das Gebäude hatte ja schon von außen beeindruckend gewirkt und ein gekonntes Auge darauf schließen lassen, dass es innen dementsprechend gut aussehen musste, doch Rens Wohnung übertraf seine Vorstellung bei Weitem. Die Inneneinrichtung war keineswegs im alten, chinesischen Stil, wie er es aus dem Familienhaus der Taos gewohnt gewesen war, sondern modern, eben an den Stil der Großstadt angepasst. Die meisten modernen Wohnungen, die Horohoro bisher angesehen hatte, hatten ihm nicht gefallen, seiner Meinung nach waren sie alle schlicht und einfach geschmacklos, jedoch nicht Rens Wohnung - die hatte Stil! Sie war hell und gemütlich und einfach wunderbar, er fühlte sich bereits jetzt wohl darin, obwohl er heute zum ersten Mal hier war. „Ich bin… baff.“ Ren reckte stolz seine Nase in die Höhe. „Das habe ich erwartet.“ gestand er mit einem Hauch von seiner typischen Arroganz im Unterton, „Ich gebe mir ja Mühe, meine Umgebung so einzurichten, dass ich mich darin wohlfühle.“ Horohoro nickte verstehend. „Schon klar,“ sagte er knapp, „Aber ich wundere mich, dass ich mich ebenfalls auf Anhieb hier wohlfühlen kann…“ Er konnte sich durchaus vorstellen, ohne Probleme ein paar Tage hier zu schlafen. Nicht, dass er es nicht an jedem anderen Ort auch hätte können – aber bei den anderen hässlichen, modernen Wohnungen, die er bisher in Augenschein hatte nehmen dürfen, hatte er schon so seine Zweifel. Bei diesem Gedanken fiel ihm plötzlich wieder ein, dass er ja noch gar kein Hotel für die Nacht gemietet hatte, eben weil er gehofft hatte, bei Ren übernachten zu dürfen. „Du,“ wandte er sich also gleich wieder an den jungen Tao, „Darf ich heute bei dir übernachten? Ich hab’ mich noch nicht nach einem Hotel umgesehen und ich glaube auch gar nicht, dass ich so schnell ein günstiges in dieser Gegend finden werde…“ Ren nickte, ohne groß darüber zu diskutieren. „Sicher.“ sagte er und führte seinen Freund sofort ins Gästezimmer, damit er dort seine Sachen ablagern konnte. Außer einer mittelgroßen Reisetasche und einem kleinen Stoffbeutel hatte Horohoro sonst kein Gepäck, da er für die paar Tage, die er plante, hierzubleiben, einfach nicht so viel Gepäck benötigte. Bevor er geflogen war, so erinnerte er sich, hatte Pirika ihm zwar noch einen ganzen Haufen – seiner Meinung nach – unnötiger Dinge aufdrängen wollen, doch er hatte im Endeffekt nichts davon mitgenommen. „Cool, danke.“ freute er sich, fast so wie ein kleines Kind, und ließ sich gleich aufs Bett fallen. So schön weich! Ob das ein Wasserbett war? Er brauchte diese Frage gar nicht erst laut zu stellen, denn Ren beantwortete sie bereits, als ob er sie in seinen Gedanken gelesen hätte. „Es ist ein Wasserbett.“ Horohoro setzte sich daraufhin wieder auf und grinste. „Wie schön, dass du sogar bei den Gästezimmern so einen Wert auf Komfort legst.“ merkte er an, als er sich wieder erhob und zu Ren hinüberging, damit dieser ihm den Rest der Wohnung zeigen konnte. „Also, dann führ’ mich mal rum.“ Ren tat, wie ihm geheißen worden war und zeigte seinem Gast zuerst Bad und Küche, und dann das große Wohnzimmer und sein Arbeitszimmer. Eigentlich, so stellte Horohoro fest, war diese Wohnung für eine Person viel zu groß. Es hätte locker eine dreiköpfige Familie darin Platz. Aber gut, was erwartete er vom Erben eines Clans, der Reichtum im Überfluss besaß? Das Familienhaus der Taos glich ja auch eher einem Palast, als einem Haus. In einer kleineren Wohnung hätte Ren wohl Platzangst bekommen. „Fühlst du dich nicht einsam in dieser Wohnung?“ wollte der junge Ainu dann wissen, als sie nach der kleinen Führung schließlich in der Küche standen und Ren für sie beide einen Espresso herrichtete. „Nein, wieso sollte ich?“ stellte der junge Chinese daraufhin die Gegenfrage, „Ich habe ja Bason.“ Als dieser Name fiel, formte sich neben ihm sofort die große, mächtige Gestalt des toten chinesischen Kriegers. „So ist es!“ Basons tiefe Stimme ließ Horohoro unwillkürlich aufschrecken. „Ah… richtig.“ murmelte er. Auf Bason hätte er jetzt fast vergessen. Peinlich, peinlich. „Und, wie geht’s Yoh und Anna?“ fragte Ren dann auf einmal, allerdings immer noch mit dem Espresso beschäftigt und deswegen ohne sich zu ihm umzudrehen, „Du hast doch sicher noch mit ihnen zu tun, oder?“ Bei dieser Frage drehte er zumindest seinen Kopf kurz in Horohoros Richtung. Horohoro nickte. „Ja, hab’ ich.“ erwiderte er, „Aber auch nicht besonders viel. Wir sehen uns nur ab und zu, die beiden studieren jetzt, soweit ich weiß. Haben’s beide an der Toudai versucht und sind beide durchgerasselt.“ Während er das erzählte, musste er kichern. „Aber sonst geht’s ihnen soweit ganz gut, denke ich.“ „Aha…“ Ren füllte die zwei kleinen Tassen, die er für Horohoro und sich vorbereitet hatte, mit dem Espresso und trug sie anschließend auf den Küchentisch, der neben dem Fenster stand. „An der Toudai also? Ich habe auch schon überlegt, ob ich’s dort mal versuchen soll…“ meinte er, während er sich setzte. Erneut ertönte ein Kichern seitens Horohoro, der sich gleich darauf ihm gegenüber an den Tisch setzte. „Wirklich?“ Fast herausfordernd suchten seine dunklen Augen Blickkontakt mit Rens hellen. „Soll echt sauschwer sein, dort. Von unseren Leuten hat’s nur Manta bisher geschafft…“ Als Ren das hörte, musste er lachen. „Haha, das hätte ich mir denken können.“ Manta war ja immerhin ein sehr guter Schüler gewesen, er hatte es sich verdient, einen Platz an der Tokyo Universität zu bekommen. „Na ja, vorerst werde ich wohl hierbleiben und hier nach einer guten Uni suchen.“ fuhr er dann fort und nahm einen Schluck von seinem Espresso. Horohoro nickte verstehend. War wohl das Beste so. Obwohl er tief in seinem Inneren irgendwo zugeben musste, dass er ein bisschen traurig darüber war, dass Ren nicht vorhatte, mit ihm nach Japan zu gehen. Die beiden redeten noch ein ganzes Weilchen miteinander, über die verschiedensten Dinge, unter anderem etwa darüber, wie es wohl Lyserg, Chocolove, Ryû und anderen ging, was sie machten, und ob einer von ihnen beiden vorhatte, wieder Kontakt zu einem von ihnen oder zu ihnen allen aufzunehmen, um dann eventuell ein Treffen zu arrangieren. Fast vier Stunden vergingen seit sie sich an den Küchentisch gesetzt hatten und die Sonne war bereits lange untergegangen, als Ren schließlich endlich einen Blick auf die Uhr warf und feststellen musste, dass es kurz vor Mitternacht war. „Es ist schon spät.“ merkte er also recht sachlich an und erhob sich von seinem Sitzplatz, „Ich muss morgen früh aufstehen, ich habe ein Vorstellungsgespräch.“ Horohoro schenkte ihm daraufhin einen verständnislosen Blick. „Als ob du so einen Job nötig hättest…“ murmelte er kleinlaut, worauf Ren nur mit einem verächtlichen Schnauben antwortete. „Ich will nicht ewig vom Vermögen meiner Eltern leben müssen. Das ist peinlich.“ erklärte er, „Ich will mein eigenes Geld verdienen.“ Horohoro sah ihn einen Moment lang schweigend an, dann nickte er. „Schon klar.“ Er konnte sich schon irgendwie denken, dass es Ren unangenehm sein musste, ständig das Image des verwöhnten Kindes einer Familie, die so reich war, dass es sich theoretisch keinen Job zu suchen brauchte, mit sich herumzutragen. Er hatte immerhin seinen Stolz und der würde ein solches Image nicht mehr dulden. „Na gut,“ Horohoro streckte sich erstmal ausgiebig, wobei ein lautes Knacksen deutlich zu vernehmen war, ehe auch er seinen Hintern endlich aus dem Sessel bewegte, „Dann werd’ ich mal schlafen gehen, ne?“ Ren, der inzwischen bereits an den Türrahmen gelehnt stand und seine Arme in einer ungeduldigen Haltung verschränkt hatte, nickte nur. „Also, dann… gute Nacht.“ meinte der junge Ainu noch, als er an ihm vorbei aus der Küche ging, doch ehe er überhaupt daran denken konnte, sich in das Gästezimmer, in dem er die kommenden paar Nächte verbringen würde, zurückzuziehen, spürte er plötzlich Rens Griff an seinem Handgelenk. Verwundert drehte er sich zu ihm um. „W-was ist?“ Rens Blick wich dem seinen aus, als er nach längerem Zögern schließlich folgenden Satz herausbrachte, „Ich wollte nur sagen, ich… ich freu’ mich, dass du da bist.“ Kapitel 2: Sunshine And Snow ---------------------------- Ein feiner Sonnenstrahl drang durch den winzigen Spalt im Vorhang, fiel unmittelbar auf Horohoros Gesicht und kitzelte ihn an der Nase, sodass er sie rümpfte und sich gleich darauf mit einem genervten Laut auf die andere Seite rollte. Sein Bett fühlte sich einfach zu toll an, um jetzt aufzustehen. Plötzlich riss er die Augen auf. Moment! Sein Bett fühlte sich toll an? Sein Bett fühlte sich nie toll an! Dann konnte das hier unmöglich sein Bett sein! Sofort hob er den Kopf aus den Kissen, nur um festzustellen, dass der Raum, in dem er sich befand, ihm völlig unbekannt war. Es dauerte eine Weile, bis er sich wieder erinnerte, wo er war – das hier war ja Rens Gästezimmer. Er war bei Ren, in Shanghai. Kororo, die noch gemütlich in die Decke gekuschelt neben ihm lag, schenkte ihm einen verwunderten Blick, als sie seinen konfusen Gesichtsausdruck registrierte. „Es ist nichts, Kororo.“ beschwichtigte der junge Ainu seinen kleinen Schutzgeist daraufhin gleich, „Ich war nur kurz ein bisschen verwirrt…“ Plötzlich hörte er, wie jemand mit schnellen Schritten an dem Zimmer vorbeilief. Außer Ren, so kam es ihm gleich, konnte das niemand anderes sein, also warum nicht aufstehen und ihm einen guten Morgen wünschen? Gesagt, getan. Doch gerade, als er voll Elan die Tür aufschwang, war Ren im Begriff gewesen, wieder an dem Zimmer vorbei ins Bad zurück zu laufen, wo er sich bis eben für seinen Vorstellungstermin fertiggemacht hatte, und landete somit mit einem lauten Knall direkt in der Tür, die so plötzlich vor ihm auftauchte. „Verdammt!“ hörte Horohoro ihn fluchen, „Was soll das?! Kannst du nicht aufpassen, Baka?!“ Er klang furchtbar gereizt. Horohoro schluckte. „E-es tut mir Leid, Ren.“ brachte er kleinlaut hervor, „Ich wollte nicht…“ „Schon gut, schon gut.“ unterbrach Ren ihn mit einer dementsprechenden Handbewegung, während er sich die schmerzende Stelle an seiner Stirn rieb, an der die Tür ihn am heftigsten erwischt hatte, „Jetzt, wo du schon mal wach bist, mach’ dich nützlich und richte mir einen Kaffee her. Ich bin spät dran.“ Horohoro starrte ihn auf diesen ‚Befehl’ hin nur verständnislos an. Er war hier doch nicht die Hausfrau, die sich um einen solchen Kram zu kümmern hatte. Wenn er wenigstens Geld dafür bekommen würde, wär’s ja okay. Aber so war es nun einmal nicht. „Was ist denn, mach’ schon!“ Rens helle Augen funkelten ihn herausfordernd an. Horohoro wollte bereits zum Protest ansetzen, doch dann fiel ihm wieder ein, dass er ja derjenige gewesen war, der gestern ohne ein Wort hier aufgekreuzt war, was genau betrachtet als extrem unhöflich anzusehen wäre. Ren hatte nicht mit ihm gerechnet und trotzdem hatte er sich dazu erbarmt, ihm eine Unterkunft bei sich zu gewähren, obwohl er ihn genauso gut auch einfach wieder vor die Tür hätte setzen und ihm hätte sagen können, er solle sich gefälligst ein Hotel suchen. „Ja, Meister.“ grummelte er also und machte sich widerwillig auf den Weg in die Küche, wo er die Espressomaschine aufsetzte, während Kororo sich tröstend an ihn schmiegte. „Er könnte ruhig ein bisschen freundlicher sein… wo er doch gestern gemeint hat, er freue sich, dass ich da bin…“ Währenddessen machte Ren im Bad vor dem großen Spiegel hastig seine Haare zurecht. Sein blöder Wecker ging nach und er hatte es gestern Abend nicht mehr bemerkt, was nun, wenn er Pech hatte, der Grund für seine Verspätung sein würde. Wie er es hasste, sich in aller Herrgottsfrüh so zu beeilen! Am Ende hatte er vielleicht nicht einmal mehr Zeit, seinen Kaffee zu trinken und damit wäre der Tag dann gelaufen. Ohne Kaffee war er zu nichts zu gebrauchen. Nachdem er seine Haare dann endlich so halbwegs auf Vordermann gebracht hatte, lief er schnell in sein Zimmer, wo er rasch in seinen Anzug schlüpfte und noch während er sich die Krawatte band, lief er auch schon wieder weiter, und zwar in die Küche, wo er den jungen Ainu an der Küchentheke vor der Espressomaschine lehnen sah. „Wie sieht’s mit meinem Kaffee aus?“ verlangte Ren zu wissen, als er auf ihn zutrat. Horohoro sah auf. „So gut wie fertig.“ meinte er lächelnd und überreichte Ren sogleich die Tasse, die dieser dankend entgegennahm und in wenigen Zügen leer trank, ehe er die Küche fast überstürzt wieder verließ und sich auf den Weg ins Vorzimmer machte, wo er sich auf den Boden setzte, um sich die Schuhe anzuziehen. Horohoro folgte ihm. „Wann kommst du denn wieder?“ fragte er und sah den jungen Chinesen abwartend an, nachdem er neben ihm in die Hocke gegangen war. Ren überlegte kurz. „Kann ich nicht genau sagen.“ gestand er schließlich, als er dann beide Schuhe an seinen Füßen hatte, und erhob sich wieder, um sich in seinen langen, schwarzen Wintermantel zu hüllen. „Ich weiß nicht, wie lange das Vorstellungsgespräch dauern wird. Davon abgesehen sind vor mir auch noch ein paar andere Kandidaten dran…“ Er wollte gerade weitersprechen, als er plötzlich Horohoros leicht niedergeschlagenen Gesichtsausdruck registrierte. „Wenn du nichts Besseres zu tun hast, dann… kannst du ja mitkommen.“ schlug er also statt dem, was er eigentlich hatte sagen wollen, vor, „Aber beeil’ dich jetzt, ich hab’ keine Zeit mehr.“ Als er sah, wie das Gesicht des anderen daraufhin sofort wieder aufhellte, huschte ein kaum merkbares Lächeln über seine Lippen. „Tss… typisch, Baka-Horo.“ Etwa zehn Minuten später konnte man die beiden jungen Männer nebeneinander den Bürgersteig entlanggehen sehen. Die Bank, in der Ren um einen Job angesucht hatte, war mit den öffentlichen Verkehrsmitteln etwa eine halbe Stunde von seinem Wohnhaus entfernt. Noch während sie auf dem Weg zur Bushaltestelle waren, rieselten die ersten, kleinen Schneeflöckchen von einer großen Wolke auf sie herab. Sonnenschein und Schnee. So etwas war ein seltener Anblick. Und Horohoro war begeistert. „Wow, sieh’ nur mal, Ren!“ rief er und streckte beide Arme in die Höhe, wobei er sich einmal im Kreis drehte, „Die Sonne scheint und es schneit! So sieht also der Dezember in Shanghai aus? Das ist toll!“ Wie ein kleines Kind, dachte Ren bei sich, und verdrehte die Augen. Aber auch das war typisch. Horohoro hatte wirklich ein kindliches Gemüt, das er sich offenbar von nichts und niemandem stehlen ließ. Ganz im Gegensatz zu ihm selbst, denn er war so gut wie immer sachlich und erlaubte sich keine Kindereien. „Hör’ jetzt auf herumzublödeln und komm’ her!“ rief er dem jungen Ainu nach einer Weile zu, „Der Bus kommt gleich! Oder willst du, dass ich ohne dich fahre?“ Kaum, dass er den letzten Satz ausgesprochen hatte, hatte er Horohoro auch schon wieder an seiner Seite. „Nee, ich fahr’ lieber mit dir mit.“ hörte er ihn sagen, „Ich find’ mich hier nicht zurecht. Noch nicht.“ Aus diesen letzten zwei Worten schloss Ren, dass sein blauhaariger Freund wohl vorhatte, ihn ab nun öfters heimzusuchen. Er wusste nicht recht, ob das etwas war, worüber er sich freuen sollte, beschloss allerdings, vorerst keinen bissigen Kommentar dazu abzugeben. Die Busfahrt dauerte kaum länger als fünf Minuten, dann mussten die beiden in die Straßenbahn umsteigen. Davor galt es natürlich, einen Fahrschein für Horohoro zu besorgen, da die Karte, die er im Bus gekauft hatte, nur für den Bus zu benutzen war. „Die Bank ist in der Nähe einer großen Einkaufsstraße.“ merkte Ren plötzlich an, nachdem sie sich bei der Straßenbahnhaltestelle auf einer Bank niedergelassen hatten, und wandte sich dabei zu Horohoro um. „Solange ich beschäftigt bin, kannst du dich dort ja ein bisschen umsehen.“ Abwartend sah er den Angesprochenen an, der daraufhin wie ein Honigkuchenpferd zu grinsen begann. „Eine fabelhafte Idee!“ rief er gleich und klatschte erfreut in die Hände, „Ich liebe Einkaufbummel!“ Zustimmende Lauten seitens Kororo folgten, die es sich auf seiner Schulter bequem gemacht hatte und ihr kleines Köpfchen an seine Wange rieb. Ein einziger Blick auf die zwei reichte aus, um Rens Mundwinkel zu einem sanften Lächeln in die Höhe zu ziehen. Es war ein schönes Gefühl, Schamane und Geist in einem solchen Einklang zu sehen, wie es bei Horohoro und Kororo der Fall war. Pure Harmonie zweier Seelen. Es war etwas, das Ren begehrte. Doch er würde es niemals so haben können. Bei diesem Gedanken verblasste sein Lächeln sofort wieder. Die dunkle Vergangenheit seiner Familie hatte seine Persönlichkeit deformiert. Seit dem Schamanenkampf hatte er sich zwar gebessert, doch ein Teil der Dunkelheit würde ihn sein Leben lang verfolgen, dessen war er sich sicher. Er würde nie all das Blut, das von damals noch an seinen Händen klebte, wegwaschen können. Ein kaum wahrnehmbarer Geruch des Verderbens würde bis zu seinem Tod um ihn herum wahrzunehmen sein. „Hey, Ren!“ Horohoros Stimme ließ ihn fast erschrocken auffahren. „Was ist?“ Der junge Ainu hob auf seine (nebenbei bemerkt, unbeabsichtigt) harsche Antwort beide Hände in beschwichtigender Geste. „N-nichts, ich… ich hab’ mich bloß gefragt, warum du plötzlich so ein Gesicht ziehst…“ Ren senkte den Blick und seufzte leise. „Ist nichts von Bedeutung.“ lautete seine Antwort darauf, „Ich hab’ bloß… in Erinnerungen geschwelgt.“ Horohoro hob eine Augenbraue leicht an, sagte aber nichts. Er konnte sich ungefähr vorstellen, um welche Art Erinnerungen es sich hierbei handelte – wenn der junge Tao ein solches Gesicht zog, konnte es nur um seine Familie gehen. Schweigen umhüllte die beiden jungen Männer, bis schließlich die Straßenbahn vorfuhr und sie mit den anderen Leuten einsteigen konnten. „Hast du Bason eigentlich mitgenommen?“ fragte Horohoro dann, nur um dieses bedrückte Schweigen, das zwischen ihnen ausgebrochen war, nicht noch länger ertragen zu müssen. Ren sah auf, als er die Frage vernahm. „Natürlich.“ entgegnete er und öffnete seinen Mantel kurz, wo in einer der Innentaschen Basons Totentafel steckte, „Ich gehe doch nicht ohne ihn weg.“ Horohoro kratzte sich daraufhin verlegen an der Wange. „Ja, sicher… aber ist es nicht umständlich, dieses schwere Ding die ganze Zeit mit dir herumzuschleppen?“ Ren zuckte nur die Schultern. „Ich bin’s gewohnt.“ meinte er und grinste leicht, „Außerdem ist es Training für den Körper. So bleibe ich muskulös.“ Horohoro hätte fast die Augen verdreht, verkniff sich diesen höchst ungeschickten Zug aber im letzten Moment noch. „Du und dein Training… echt! Als ob du besessen wärst.“ „Hey, nach dem Teil der Weltbevölkerung, die nicht aus Schamanen besteht, bin ich besessen.“ wurde er gleich darauf belehrt. Ren grinste vielsagend. „Ich habe einen Geist, der im Kampf von mir Besitz ergreift. Die Leute nennen so etwas besessen.“ Horohoro überlegte kurz, dann erhob er Einwand. „Aber es ist doch so, dass du dem Geist freiwillig deinen Körper überlässt.“ Doch in Rens Ohren war das kein ausreichender Einwand, um ihn in seiner Überzeugung umzustimmen. „Fürs gewöhnliche Volk macht das keinen Unterschied.“ erklärte er und zuckte nur wieder mit den Schultern, „Find’ dich damit ab, für die sind wir eben Freaks.“ So wie er es gerade gesagt hatte, konnte man fast den Eindruck bekommen, er würde den Schamanismus in den Dreck ziehen wollen. Horohoros Augenbrauen zogen sich zusammen, als er das gehört hatte. „So darfst du das nicht ausdrücken, Ren.“ sagte er ernst. Ren schenkte ihm daraufhin einen flüchtigen Blick aus den Augenwinkeln, dann richtete er seine Augen wieder aus dem Straßenbahnfenster. „Doch, ich darf. Ich gehöre schließlich dazu, also bin auch ich ein Freak. Ich habe das Recht, so zu reden.“ Und das war seine Argumentation? Horohoro gefiel das nicht, doch er beschloss, jetzt nicht darüber zu streiten. Immerhin hatte er sich gefreut, seinen ehemaligen Teamkollegen und guten Freund nach so langer Zeit wiederzusehen. Das Ganze in einem Streit, der obendrein auch noch völlig sinnlos war, enden zu lassen, war definitiv nicht sein Ziel. „Na, wenn du meinst…“ war also im Endeffekt alles, was er dazu noch zu sagen wusste, ehe er sich wieder etwas weniger fragwürdigeren Themen zuwandte. „Ach ja, da fällt mir gerade noch ein, magst du mir nicht deine Handynummer geben? Nur für den Fall, dass ich mich verlaufe und nicht mehr zur Bank zurückfinde…“ Ren seufzte – zum wievieltsten Mal an diesem Morgen wusste er nicht, er hatte inzwischen aufgehört, zu zählen – und holte dann sein Handy aus der Manteltasche. „Es ist eine dumme Einkaufsstraße, die du entlanggehst, da kannst du dich gar nicht verlaufen.“ stöhnte er entnervt, sagte dem jungen Ainu aber dennoch seine Nummer an. Horohoro kicherte vergnügt. „Aber du musst die vielen Seitengassen miteinberechnen, die eine solche Einkaufsstraße aufweist.“ erwiderte er mit erhobenem Zeigefinger, nachdem sie ihre Nummern ausgetauscht hatten, „Und ich weiß, dass man in den Seitengassen meistens die coolsten Sachen findet!“ Ren starrte ihn auf diese Aussage hin einen Moment lang nichtssagend an, dann lächelte er. „Hmph. Du bist unverbesserlich.“ Horohoros Augen weiteten sich leicht, als er zufällig direkt mitbekam, wie Ren lächelte. So sah der große Tao Ren also aus, wenn er lächelte. In weiser Voraussicht eventuell folgender Schläge hielt er aber den Mund, um jeglicher Anmerkung dazu die Chance, tatsächlich ausgesprochen zu werden, zu entnehmen und warf stattdessen einen Blick aus dem Straßenbahnfenster. Unterdes hatten sich große, dunkle Wolken die Frechheit genommen, vor die Sonne zu ziehen und sie nun gänzlich zu verdecken. Der Schnee fiel inzwischen dichter als vorhin, in großen, schweren Flocken, und hinterließ eine mindestens einen Zentimeter dicke Schicht auf den von Menschenmengen wimmelnden Straßen, den Häuserdächern und den vorbeifahrenden Verkehrsmitteln. Nach einer Viertelstunde Fahrt hielt die Straßenbahn dann endlich vor der großen ‚Bank of Shanghai’, die unmittelbar vor der Station als riesiges Gebäude meterhoch in den Himmel ragte. Horohoros Mund klappte auf und wollte gar nicht mehr richtig zugehen, als er Rens möglichen, zukünftigen Arbeitsplatz begutachtete. „D-da? Da wirst du arbeiten? Im Ernst?“ stammelte er und schluckte hart. Ren nickte. „Genau da.“ antwortete der junge Chinese mit seinem typisch arroganten Unterton und grinste, „Was hast du denn gedacht? Ich muss schließlich meinen guten Ruf wahren.“ Horohoro schüttelte ungläubig den Kopf. „Also, echt… das ist so übertrieben…“ murmelte er in gedämpfter Lautstärke, darauf bedacht, dass Ren es nicht hörte. Und das tat er auch nicht. „Gut, ich geh’ dann rein. Wenn du noch nicht da bist, wenn ich wieder rauskomme, rufe ich dich einfach an, ja?“ „Okay.“ Horohoro lächelte. „Aber sobald die Sonne wieder hinter den Wolken hervorkommt, weiß ich, dass du fertig bist.“ sagte er geheimnisvoll, was Ren dazu veranlasste, zweifelnd eine Augenbraue zu heben. „Aber sonst geht’s dir gut…“ Ein leises Kichern seitens Horohoro folgte. „Naja, ich bin der Schnee und du bist der Sonnenschein. Du gehst jetzt weg, in dieses monströse Gebäude hier, was das Verschwinden der Sonne erklärt. Der Schnee bleibt. Das bin ich, ich bleibe. Und wenn du wieder rauskommst, kommt sicher auch die Sonne wieder.“ lautete seine kindliche Erklärung, worauf er sich allerdings gleich einen festen Schlag in die Seite einhandelte. „Du spinnst.“ murrte Ren kopfschüttelnd und war im Begriff, besagtes ‚monströses’ Gebäude zu betreten, als er plötzlich innehielt und sich noch einmal zu dem jungen Ainu umdrehte, der ihn nach wie vor vergnügt angrinste. Eine unangenehme Hitze schoss ihm dabei in die Wangen. So dumm diese Erklärung gerade auch gewesen sein mochte, irgendwie – und für diese Feststellung hätte er sich am liebsten geohrfeigt – fand er sie auch ziemlich süß. „Was denn noch?“ hörte er Horohoro schließlich fragen. „Nichts.“ meinte er daraufhin nur, als er sich wieder einigermaßen gefangen hatte, und lächelte wieder, diesmal aber so, dass Horohoro es unmöglich übersehen konnte. „Ich wünsch’ dir viel Spaß in der Einkaufsstraße.“ Und damit war er auch schon im Bankgebäude verschwunden. Kapitel 3: Presents ------------------- „Kororo, ich muss dir jetzt mal ein Geständnis machen…“ Horohoros Augen leuchteten nahezu vor Begeisterung, und das, obwohl er noch nicht einmal ein Viertel der gesamten Einkaufsstraße durchforstet hatte. „Shanghai ist der Wahnsinn!“ Die kleine Kororo ließ daraufhin ein verwundertes Fiepen vernehmen, was ihrem Meister ein kurzes Auflachen entlockte. „Wieso? Na, sieh’ dich doch mal um!“ rief er gleich und breitete seine Arme nach beiden Seiten aus, „Das ist das Einkaufsparadies schlechthin! Ich stehe gerade mal am Anfang und bin trotzdem schon glücklich!“ Und so etwas kam wirklich nicht oft vor. Es war kaum zu glauben und dennoch wahr – diese Einkaufsstraße erfüllte ihn mit jedem Blick, den er in eines der Schaufenster warf, mit tiefster Zufriedenheit. Die Chinesen waren einfach toll, die hatten alles, was eine Einkaufsstraße seiner Meinung nach zu bieten haben sollte! „Mann, wenn ich das gewusst hätte,“ murmelte er kopfschüttelnd, „Ich sag’s dir, ich wäre schon sehr viel früher hierher gekommen. Und dann wär’s mir scheißegal gewesen, ob Ren mich bei sich hätte wohnen lassen oder nicht…“ Gut, dieses Statement entsprach nicht ganz der Wahrheit, aber das musste es auch nicht. Solche Dinge fielen oft, wenn man von etwas tief beeindruckt war. Besonders aus Horohoros Mund, wohlgemerkt. Gemeinsam mit Kororo machte der junge Ainu sich dann also auf, den Rest der langen Einkaufsstraße zu erkunden. Es gab immerhin noch eine ganze Menge an Läden anzuschauen. Er zweifelte stark daran, dass er sich, bevor Ren mit seinem Vorstellungsgespräch fertig war, durch alle von ihnen arbeiten konnte, aber zumindest einen Teil konnte er sich ansehen und das zählte ja auch schon als etwas. Frohen Mutes marschierte er also den Bürgersteig entlang, immer wieder in die Schaufenster blickend, ob es darin etwas zu finden gab, das sein Interesse auf sich zog. Nach einer Weile landete er schließlich vor einem Geschäft, das diverse Utensilien zum Arbeiten mit Holz verkaufte. Einer der Gegenstände, die in der Auslage ausgestellt waren, stach ihm sofort ins Auge – es war ein schönes, langes Schnitzmesser. Das stählerne Klingenblatt war verziert mit einem Muster aus Blattgold, das ein wenig an die Stickereien an Rens Festtagskleidung erinnerte, die er zu Neujahr bei Yoh irgendwann mal getragen hatte. Die Heftschalen bestanden aus leuchtend weißem Elfenbein, geschnitzt in die Form eines Drachen, aus dessen Maul sich die Klinge erstreckte. „Kororo…“ flüsterte Horohoro ehrfürchtig, während er sein Gesicht buchstäblich an die Glasscheibe, die ihn von diesem edlen Artefakt trennte, drückte, „Ich muss dieses Messer haben!“ Doch als er dann das Preisschild bemerkte, stutzte er. Fünfhunderttausend?! Für ein einziges, kleines Messer?! Das konnte doch nicht ernst gemeint sein! So viel Geld hatte er nicht, das konnte er sich nie im Leben leisten! Sofort verdüsterte sich seine Miene wieder und er wandte sich tief seufzend ab, um weiterzuziehen. Kororo schmiegte sich tröstend an seine Wange und gab aufmunternde Laute von sich. Nicht traurig sein, versuchte sie ihm zu sagen. Mach’ dir nichts draus. Es gibt Wichtigeres im Leben als so ein blödes Messer, nicht wahr? Erwartungsvoll sah sie ihn aus ihren großen, dunklen Äuglein an. „Hm… du hast Recht, Kororo.“ Horohoros Lippen verzogen sich kurz darauf zu einem schmalen Lächeln. „Es gibt Wichtigeres im Leben als… als dieses blöde… dumme… schöne, geile… Messer!“ Erneut entwich ein frustriertes Seufzen seiner Kehle, als er den Kopf in den Nacken legte und in den Himmel starrte, der unaufhörlich große, schwere Flocken auf die Erde herabsandte. Eine Weile blieb er so stehen, spürte, wie der Schnee sein Gesicht berührte und genoss es einfach nur, bis schließlich sein Handy in seiner Jackentasche zu vibrieren begann. Sofort zog er es heraus und hob ab. „Ja?“ „Hey.“ ertönte Rens Stimme aus der anderen Leitung, „Ich bin jetzt fertig. Wo bist du?“ Und mehr kam nicht. Keine Information darüber, ob er den Job nun hatte oder nicht. Horohoro überlegte einen kurzen Moment, ob er danach fragen sollte, ließ es dann aber doch bleiben und meinte stattdessen nur, „Ich bin jetzt etwa… äh… ich würd’ sagen, zehn Minuten Fußmarsch vom Bankgebäude weg. Willst du warten oder gehst du mir entgegen?“ Eine Schweigepause folgte, dann erwiderte Ren, „Ich komm’ dir entgegen. Bleib’ bitte, wo du bist, damit ich dich finde, verstanden?“ Horohoro musste dem Drang widerstehen, die Augen zu verdrehen. Als ob hier sonst so viele Leute herumlaufen würden, die eine so auffällig blaue Mähne hatten wie er. „Verstanden.“ „Gut, bis gleich.“ Und damit hatte Ren auch schon wieder aufgelegt. Horohoro blinzelte irritiert und betrachtete kurz das Display, ehe er das Handy wieder in seine Jackentasche zurücksteckte. Kororo schenkte ihrem Meister einen fragenden Blick, als er sich schließlich auf einer der Sitzbänke niederließ, die vor einigen Geschäften auf dem Bürgersteig zu finden waren. „Ren meinte, ich solle auf ihn warten.“ sagte er dann, als er spürte, wie die kleine Kolopockulu an seinen Haaren zog, um auf sich aufmerksam zu machen. Auf seine Anmerkung hin löste sich ihr Griff wieder von der Haarsträhne, die sie bis eben umklammert hatte, und sie nickte eifrig, als Zeichen, dass sie verstanden hatte. Knappe zehn Minuten vergingen, dann konnte man bereits Rens schlanke Gestalt, gehüllt in den schwarzen Wintermantel, zwischen dem Menschengedrängel, das sich mühsam auf dem viel zu schmalen Bürgersteig fortbewegte, erkennen. Horohoro erhob sich gleich von seinem Sitzplatz und ging, mit einer Hand winkend, in seine Richtung. „Hi.“ machte er der Förmlichkeit halber und lächelte schmal, „Na, wie war’s?“ Ohne eine Antwort auf diese Frage zu geben, senkte Ren den Blick und presste seine Lippen aufeinander. Horohoros Augen weiteten sich leicht. Eh? Hieß das etwa, Ren hatte den Job nicht bekommen? Okay, blöde Frage. Höchstwahrscheinlich hieß es das, denn sonst würde er ja wohl kaum so ein Gesicht ziehen. „Ren, das… das tut mir Leid.“ drückte Horohoro deswegen gleich sein Beileid aus und legte tröstend einen Arm um die Schulter des Jüngeren. Ren schüttelte daraufhin nur den Kopf. „Es muss dir nicht Leid tun.“ erwiderte er leise und der deprimiert wirkende Ausdruck verschwand ganz plötzlich aus seinem Gesicht, stattdessen nahm nun ein breites Grinsen auf seinen Lippen Platz. „Ich hab’ den Job nämlich.“ Horohoro starrte ihn an. „Was?“ Rens Grinsen wurde eine Spur breiter. „Und ich hab’ dich gerade voll verarscht, hahaha!“ Horohoros wütender Schrei musste in diesem Moment wohl die gesamte Einkaufsstraße entlang zu hören gewesen sein. „Du bist echt sowas von scheiße!“ regte er sich auf, während sie sich wieder auf den Rückweg machten, „Ich hab’ wirklich gedacht, du…“ „Ich krieg’ den Job nicht?“ setzte Ren den Satz für ihn fort und lachte auf, „Für wen hältst du mich eigentlich? Ich bin Ren Tao! Was ich will, das kriege ich auch. Auf die eine oder eben die andere Weise.“ Horohoro grummelte auf diese für Ren typische Aussage nur unverständliches Zeug in seinen Schal, beschloss aber, seine wertvolle Energie nicht weiter im Streit für einen solchen Unsinn zu verschwenden. Hauptsache war doch, dass Ren den Job bekommen hatte und damit zufrieden war, nicht wahr? Und Rens Zufriedenheit sicherte ihm auch seine eigene, denn wenn Ren gut gelaunt war, waren die Chancen, dass er wegen jeder Kleinigkeit gleich explodierte und seinen Ärger dann an ihm ausließ, sehr gering. „Na, dann… herzlichen Glückwunsch.“ Ren sah auf, als er das hörte. Und lächelte sogar, wenn auch so schmal, dass man erst zweimal hinzuschauen hatte, um es überhaupt zu erkennen. „Danke.“ Horohoro nickte, sein Lächeln erwidernd, und verschränkte anschließend seine Hände hinter dem Nacken, ehe er seine Augen wieder auf die Schaufenster richtete, an denen sie vorbeigingen. Und wie der Zufall es so wollte, erwischte er mit dem ersten Blick genau das Schaufenster, bei dem er zuvor wegen dem hübschen Messer hängen geblieben war. Als er es aufs Neue in der Auslage liegen sah, mit seiner verführerisch glänzenden Klinge, als wollte es ihm einen Satz wie „Hier bin ich, komm’ und hol’ mich!“ zurufen, entwich ihm ein gequältes Wimmern, was Ren dazu veranlasste, seinem Blick in die Auslage zu folgen. „Was ist? Willst du das Messer?“ fragte er und schenkte dem jungen Ainu einen abwartenden Blick aus den Augenwinkeln. „Ja, schon…“ murmelte Horohoro niedergeschlagen und wandte sich wieder ab, „Aber das Teil ist schweineteuer! Das kann ich mir nicht…“ Er war gar nicht mehr imstande, den Satz zu Ende zu sprechen, denn da fiel Ren ihm bereits ins Wort. „Ich kauf’s dir.“ Horohoro verharrte in seiner Bewegung. Sehr, sehr langsam drehte er seinen Kopf wieder in Rens Richtung. „Wer bist du und was hast du mit meinem Ren gemacht?“ Ren rollte entnervt mit den Augen. „Ich bin nicht dein Ren.“ stellte er gleich einmal klar und verschränkte seine Arme in abwehrender Haltung, „Es ist nur so, dass… dass ich dir in den vergangenen Jahren kein einziges Mal etwas zum Geburtstag geschenkt habe. Ich hab’ dir nicht einmal gratuliert und das, obwohl du mir jedes Jahr eine Kleinigkeit mit der Post geschickt hast.“ Eine kurze Pause folgte. „Dafür möchte ich mich revanchieren. Wenn du das Messer wirklich haben willst, dann kauf’ ich’s dir.“ Horohoro war sprachlos vor Rührung. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Ren seinen kleinen Aufmerksamkeiten überhaupt in irgendeiner Weise Beachtung schenken geschweige denn Wichtigkeit beimessen würde. Ein gestammeltes „Ich… d-danke…“ war im Endeffekt alles, was er herausbrachte. Ren schüttelte nur wieder den Kopf, wobei sich erneut ein hauchdünnes Lächeln auf seine Lippen stahl. „Schon gut.“ Wenig später konnte man beobachten, wie ein vor Freude ganz hibbeliger Horohoro, in dessen Händen sich eine kleine Schachtel befand, die das schöne Messer, das ihm gerade gekauft worden war, beinhaltete, neben einem überaus gut gelaunt wirkenden Ren das Schnitzwarengeschäft verließ und anschließend die Straßenbahnstation für die Heimfahrt aufsuchte. Fast den gesamten Weg dorthin durfte Ren sich anhören, wie toll, wie großartig und großzügig er nicht war. Nicht, dass ihn das stören würde, im Gegenteil – bekanntlich hörte er solche Dinge ja recht gern. Sobald sie dann aber die Station erreicht hatten und dort warteten, während sich immer mehr Leute, die ebenfalls beabsichtigten, mit der nächsten Straßenbahn zu fahren, zu ihnen gesellten, bremste er Horohoro wieder ein bisschen ein. „Wir wissen inzwischen, wie toll ich bin.“ sagte er grinsend, „Du kannst also langsam wieder aufhören.“ Ein leichter Rotschimmer legte sich über Horohoros Wangen, als er gehorsam nickte, die Lippen aufeinanderpresste, um jeglichen Laut, der aus seinem Mund dringen wollte, zu unterdrücken, und die kleine Schachtel fest an seine Brust drückte. Ein Geschenk. Das Erste, das Ren ihm, seit sie sich kennengelernt hatten, gemacht hatte. Das war schon etwas ganz Besonderes. Darauf würde er dementsprechend besonders Acht geben. Während der Rückfahrt in der Straßenbahn kam ihm dann plötzlich eine Idee. „Hey, Ren.“ Der Angesprochene wandte sich daraufhin zu ihm um. „Ja?“ Horohoros Lippen waren zu einem vielsagenden Grinsen verzogen, als er Folgendes vorschlug, „Wie wär’s, wenn wir heute Abend weggehen? Zur Feier des Tages?“ Gespannt sah er seinen Freund an. „Oder musst du morgen schon arbeiten?“ Ren verneinte sofort. „Ich fange erst nächsten Monat an.“ erwiderte er, „Also, das heißt, nächstes Jahr eigentlich.“ Und da auch nur zweimal die Woche, zumindest vorerst, da er ja zu studieren gedachte. Horohoro nickte verstehend. „Na, wunderbar!“ rief er begeistert und rieb sich in freudiger Erwartung die Hände, „Dann sollte das ja kein Problem darstellen! Also, was meinste?“ Seine dunklen Augen blitzten erwartungsvoll auf. Ren erwiderte seinen Blick zuerst nur, ohne wirklich darauf zu reagieren, bis er schließlich endlich die Schultern zuckte und meinte, „Ja, warum eigentlich nicht?“ .:.:.:.:. Ja, also… hallo erstmal. xD~ *gar nicht weiß, was ich sagen soll* Ich möchte mich zuerst ganz herzlich bei allen bedanken, die sich die Mühe gemacht haben, mein Geschreibsel bis hierher zu lesen. Danke! Und auch ein extra-dickes Dankeschön an alle, die mir mit ihrer konstruktiven Kritik zu weiteren Ideen verholfen haben. Ihr seid toll! *____* Dieses Kapitel ist leider etwas kürzer ausgefallen als ursprünglich geplant. Und auch der Inhalt ist ein ganz anderer. xDDD~ Die Sache mit dem Geschenk hätte eigentlich nur etwas ganz Nebensächliches werden sollen und… tja… jetzt handelt das Kapitel davon. Wow. So ändern sich die Dinge. Aber gut, bei einer FF, bei der die Story nicht mal feststeht, kann man nie wissen, was einen erwartet… xD~ Nyo, whatever. Also, wie gesagt – danke noch mal an meine Leser! *euch alle lieb hab* Weitere Ideen und Verbesserungsvorschläge sind natürlich erwünscht, zumal mein Spezialgebiet weniger beim Schreiben als beim Zeichnen liegt… またね。 *Fiji* P.S.: Falls das Kapitel ein bisschen unordentlich geschrieben wirkt, bitte nicht böse sein. >__< Ich quäle mich derzeit gerade mit meinen monatlichen Bauchschmerzen... Kapitel 4: The Charm Of The Green Fairy (Teil 1) ------------------------------------------------ „Du, Ren…“ Horohoro hob zweifelnd eine Augenbraue, als er die giftgrüne Flüssigkeit in der langen, schmalen Flasche etwas genauer betrachtete, „Was… was ist das?“ Ren drängte ihn daraufhin beiseite und warf selbst einen Blick auf die ominöse Flasche, die zwischen einer großen Auswahl verschiedenster Whisky- und Vodkasorten im Regal des kleinen, aber feinen Lebensmittelgeschäfts, in das sie auf dem Heimweg einen Abstecher gemacht hatten, stand. Der Abstecher führte im Übrigen auf den Beschluss zurück, heute doch nicht auszugehen, zumal der Alkohol in den Nachtlokalen oft extrem überteuert, seinem Preis aber in den meisten Fällen nicht gerecht war. Und da Ren nun einmal Wert auf Qualität legte, hatten er und Horohoro es im Endeffekt für besser erachtet, ihren Alkohol selbst zu beschaffen und in der Wohnung zu feiern. „L… la Fee… w… werte?“ las der junge Ainu umständlich und unnötigerweise auch noch mit zusammengekniffenen Augen, als ob er die Sprache dadurch besser verstehen könnte. Ren seufzte nur wieder und verpasste ihm einen leichten Schlag auf den Hinterkopf, während er ihn verbesserte. „La Fée verte, Baka.“ Nicht, dass seine Aussprache so viel besser war als Horohoros, aber zumindest verstand er, was dieser Begriff bedeutete. „Das ist Französisch und steht für die grüne Fee.“ Während er erklärte, umfasste er den Flaschenhals mit drei Fingern, um die Spirituose aus dem Regal zu ziehen und sie eingehend zu mustern. Er hatte bereits davon gelesen – la Fée verte, die grüne Fee. Das war Absinth. Ein alkoholisches Getränk, das traditionell aus Wermut, Anis, Fenchel sowie einer je nach Rezeptur unterschiedlichen Reihe weiterer Kräuter hergestellt wurde. Die gefährlich berauschende Inspiration vieler berühmter Künstler und Literaten. Er hatte gar nicht gewusst, dass dieses Zeug hier in China erhältlich war. „Wie bitte? Die grüne Fee?“ wiederholte Horohoro mit etwas Verspätung und runzelte skeptisch die Stirn, „Hab’ ich ja noch nie gehört… was soll das denn sein?“ Er sah über Rens Schulter auf das reich verzierte Etikett der Flasche, das das Bild einer blonden Frau in einem grünen Kleid zeigte, in deren Hand sich ein Glas hellgrüner Flüssigkeit befand. Ihr Gesicht war ihren Betrachtern zugewandt, sie wirkte, als würde sie ihnen zuprosten wollen. Stilistisch war das Ganze in die Art Nouveau einzuordnen, was dem Bild einen edlen, altmodischen Touch verlieh. „Schmeckt ein bisschen nach Hustensaft.“ Die fremde Stimme ließ die beiden jungen Schamanen fast synchron von der Absinthflasche aufsehen. Vor ihnen stand ein hübsches Mädchen, das kaum älter als siebzehn, achtzehn Jahre wirkte, mit Purpur gefärbtem Haar, das zu einer frechen Frisur geschnitten war, dunklem Eyeliner und knallrotem Lipgloss, der ihre zu einem Lächeln verzogenen Lippen zierte. „Also, als ich bei meiner Freundin in England war und dort zum ersten Mal Absinth probiert hab’, fand’ ich’s toll, aber der Geschmack hat mich ein bisschen an Hustensaft erinnert.“ Da sie Chinesisch sprach, konnte nur Ren verstehen, was sie ihnen erzählte, während Horohoro mit einem verwirrten Gesichtsausdruck daneben stand und seinen Blick hilflos zwischen Ren und der Fremden hin und her springen ließ. „Nach Hustensaft?“ Der junge Tao hob eine Augenbraue leicht an. „Verstehe… ist es trotzdem etwas, das du uns empfehlen kannst?“ Das Mädchen nickte eifrig. „Auf jeden Fall. Aber ihr müsst aufpassen, das Gesöff enthält achtundvierzig Prozent Alkohol. Das fährt ordentlich ein, wenn ihr’s pur trinkt.“ Sie tippte mit dem Zeigefinger auf das Etikett, an exakt die Stelle, an der ganz klein die Prozentzahl des Alkohols in der Flasche angegeben wurde. „Absinth wird ja auch eigentlich nicht pur getrunken, sondern verdünnt. Aber… ich weiß nicht. Ich finde, verdünnt verliert er seinen Charme.“ Ren starrte das hübsche Ding auf diese Aussage hin einen Moment lang fassungslos an. „Wie alt bist du?“ wollte er schließlich wissen, nachdem er sich wieder einigermaßen gefangen hatte und schenkte dem Mädchen, dem daraufhin ein glockenhelles Lachen entfuhr, einen zweifelnden Blick. „Einundzwanzig.“ beantwortete sie seine Frage gleich, was ihn nur noch stutziger werden ließ. Okay, hiermit stellte er nun fest, dass er das Alter eines Mädchens nicht immer nach dem Aussehen beurteilen durfte – die hübsche Chinesin, die gerade vor ihm stand, wirkte wie ein Schulmädchen, war aber in Wirklichkeit sogar drei Jahre älter als er! Kaum zu glauben. „Ren! Kannst du nicht übersetzen, was sie sagt?“ jammerte Horohoro währenddessen und versuchte, die Aufmerksamkeit seines Freundes auf sich zu ziehen, indem er ihn ununterbrochen am Ärmel zupfte. Ganze drei Minuten vergingen, bis Ren endlich entnervt aufstöhnte und sich zu ihm umdrehte. „Sie sagt,“ übersetzte er, „Sie hätte das schon mal probiert. Das ist Absinth, mit einem Alkoholgehalt von achtundvierzig Prozent. Sie empfiehlt es uns.“ Horohoros Augen begannen vor Begeisterung zu leuchten, doch ehe er etwas dazu hätte sagen können, fügte Ren noch rasch hinzu, „Ach ja, aber es soll ein wenig nach Hustensaft schmecken.“ Und das reichte aus, um das Grinsen aus Horohoros Gesicht sofort wieder wegzuwischen. „Hustensaft?!“ wiederholte er enttäuscht und schnaubte, „Hustensaft ist eklig! So ein Gesöff brauchen wir nicht.“ Doch Ren ließ sich davon nicht beirren. „Ich finde, wir könnten es ruhig einmal probieren.“ meinte er und grinste vielsagend, „Immerhin heißt es, dass berühmte Leute wie Vincent van Gogh und Edgar Allan Poe den Geschmack dieser Spirituose genossen haben sollen.“ Nun war es Horohoro, der ein entnervtes Stöhnen vernehmen ließ. „Und?“ machte er unbeeindruckt, „Das heißt nicht, dass es uns deswegen schmecken muss.“ Eine gute Argumentation, das musste Ren zugeben. Aber probieren ging über studieren, so lautete das Sprichwort, und ohne gekostet zu haben, würden sie nicht wissen, ob es ihnen schmeckte oder nicht. „Wir kaufen es.“ beharrte er demnach weiterhin auf den Kauf des giftgrünen Getränks, „Ich habe schließlich den Job gekriegt und das ist es ja, was wir heute feiern, also entscheide ich auch, welchen Alkohol wir mitnehmen.“ Horohoro seufzte tief, leistete aber keinen Widerstand mehr. Wäre sowieso zwecklos gewesen – Ren war ein Sturschädel, er hätte seinen Kopf um jeden Preis durchgesetzt. „Ich nehme mal stark an, ihr seid mit dem Trinkritual nicht vertraut, oder?“ Das fremde Mädchen stand nach wie vor neben ihnen. Ren schenkte ihr einen verwunderten Blick. „Ein Trinkritual?“ fragte er interessiert, „Was denn für eines?“ Das Mädchen lächelte wieder, ehe sie ihn aufklärte. „Also… ihr schüttet zuerst maximal vier Zentiliter Absinth in ein Glas und dann nehmt ihr einen Löffel, legt einen Zuckerwürfel darauf, tränkt den mit ein bisschen Absinth und zündet ihn dann an. Sobald der Zucker karamellisiert, löscht ihr das Feuer und mischt den Zucker in das Getränk.“ Sie zwinkerte ihm kurz zu. „So hab’ ich’s jedenfalls gelernt.“ Ren nickte verstehend, ehe er seinen Blick von der hübschen Chinesin wieder auf die Spirituoseflasche in seinen Händen wandern ließ. Absinth schien wirklich etwas Besonderes zu sein, wenn ein solches Trinkritual dazugehörte. Na umso besser, dachte er bei sich, ehe sich erneut ein zufriedenes Lächeln auf seine Lippen legte. „Danke für deine Hilfe.“ sagte er dann und neigte höflich den Kopf. „Ach, was.“ meinte das Mädchen nur und machte eine abfallende Handbewegung, „Ich helf’ doch gern. Jetzt muss ich aber weiter. War nett, mit dir zu plaudern. Tschüss!“ Und mit diesen Worten kehrte sie den beiden jungen Männern den Rücken zu, um weiter ihres Weges zu ziehen. Horohoro starrte ihr so lange hinterher, bis sie aus seinem Blickfeld verschwunden war, dann wandte er sich wieder Ren zu. „Und jetzt alles noch mal auf Japanisch, bitte.“ forderte er ihn auf und verschränkte in abwartender Haltung die Arme, woraufhin Ren ihm all das, was er eben in chinesischer Sprache erklärt bekommen hatte, ins Japanische übersetzte. „Für mich klingt das interessant genug, um es mal auszuprobieren.“ Mit diesem Satz beendete er schließlich seine Erklärungen und schenkte dem jungen Ainu anschließend einen vielsagenden Blick. Horohoro wirkte nach wie vor nicht ganz überzeugt, aber er wollte Ren die Laune nicht verderben, weshalb er nur nickte und meinte, „Probieren können wir’s ja.“ Was sollte schon groß passieren? Es war ja nicht so, dass dieses Zeug so giftig war wie es aussah, oder? Sonst würde man es ja wohl kaum in einem normalen Lebensmittelgeschäft verkaufen. „Gut. Jetzt, da wir wissen, was ich will,“ hörte er Ren dann plötzlich sagen, „Können wir ruhigen Gewissens zu den Sachen übergehen, die du haben willst.“ Der für ihn typisch arrogante Ausdruck, der eine Aussage wie „Ich habe die oberste Priorität, du stehst im Rang unter mir, demnach entscheide ich!“ zu übermitteln schien, zierte wieder einmal sein Gesicht, doch Horohoro wusste, dass das nicht ernst zu nehmen war. Es war nur Spaß, auch wenn Rens Definition von ‚Spaß’ eine etwas andere war als die seine. Aber gut, so war der junge Tao eben. Wenn man, so wie Horohoro, mit ihm befreundet war, sah man im Laufe der Zeit einfach darüber hinweg. „Oh, wie großzügig von Euch, mein Herr.“ erwiderte dieser auch gleich darauf und stieg damit in das Spiel ein, das Ren gerade eröffnet hatte. „Dass Ihr Euch meiner Wünsche annehmt… ich bin zutiefst gerührt.“ In gebückter Haltung, wie der verkrüppelte Diener eines edlen Grafen, folgte er seinem Freund zu den Regalen, in denen das Knabberzeug zu finden war. „Na, dann such’ dir mal was aus, Igor.“ lachte Ren und deutete mit dem Kopf in Richtung Popcorn-, Chips- und Solettipackungen. Horohoro richtete sich daraufhin wieder zu seiner vollen Größe auf, um auch die obersten Regale erreichen zu können, aus denen er sich zwei Popcornpackungen und eine Chipspackung einer teureren Marke fischte, zumal der werte Herr Tao ja keine Billigwaren duldete. Gemeinsam durchstöberten sie den gesamten Laden nach allem, was ihrer Meinung nach genießbar genug war, um ihre Mägen für diesen Abend zu befriedigen, und am Ende ihrer kleinen ‚Durchsuchung’ verließen sie das Lebensmittelgeschäft mit zwei Alkoholflaschen, darunter eben der Absinth und ein Whisky, einer ganzen Tüte voll Chips- und Popcornpackungen, einer zusätzlichen Tüte gefüllt mit Pralinen und Gummizeug und sechs Dosen Red Bull, zum Verdünnen des Whiskys. „Gut, dass der Laden bei dir gleich um die Ecke ist…“ merkte Horohoro erleichtert an, als sie keine zehn Minuten später endlich wieder vor dem noblen Wohnhaus standen und Ren gerade dabei war, das große Eingangstor aufzusperren. Die beiden Alkoholflaschen, die Sechserpackung Red Bull, die Pralinen und das Gummizeug trugen nämlich ein ganz schönes Gewicht zusammen und natürlich war er derjenige, der dieses Gewicht aufgehalst bekommen hatte, während Ren sich nur mit den leichten Chips- und Popcornpackungen begnügte. „Ja, praktisch ist es schon.“ gab der junge Chinese zu, als er schließlich beiseite trat und den Weg für Horohoro freimachte, ehe er das Tor wieder ins Schloss fallen ließ. „Willst du mit dem Aufzug fahren oder benutzen wir die Stufen?“ fragte er dann noch mit einem fiesen Grinsen auf den Lippen. „Hör’ auf, mich zu verarschen.“ murrte Horohoro daraufhin nur und schnaubte, während er bereits in Richtung Aufzug ging, „Ich schlepp’ mich ja blöde mit dem ganzen Zeug.“ Ren zuckte nur die Schultern. „Wäre doch ein gutes Training, oder?“ lautete seine Argumentation, bevor er den Knopf betätigte, der den Aufzug für sie rufen würde. Nachdem sie mit dem Aufzug dann schließlich das Stockwerk, in dem sich Rens Wohnung befand, erreicht hatten, war das Erste, das Horohoro tat, sobald sie eingetreten waren, seine schwere Last in der Küche abzustellen und sich anschließend auf die Couch, die im Wohnzimmer stand, zu werfen und sich dort auszubreiten. „Hach ja… es gibt doch nichts über eine gemütliche Couch!“ freute er sich, während Ren nur die Augen verdrehte und in die Küche ging, um die Sachen auszupacken. Die zwei Alkoholflaschen stellte er auf die Theke neben dem Kühlschrank, die Chips- und Popcornpackungen stopfte er in den Schrank und die Süßigkeiten lud er am kleinen Küchentisch ab. Er war sich nicht sicher, ob sie am Abend überhaupt all die Sachen, die sie für heute gekauft hatten, essen können würden, aber gut – im schlimmsten Fall blieb eben etwas übrig, das sie später noch essen konnten. Obwohl Ren eigentlich nicht so der Fan von Knabberzeug war. „Du, Ren,“ ließ ihn plötzlich Horohoros Stimme aufsehen, der an den Türrahmen gelehnt stand und etwas hilflos wirkte, „Hast du keinen Fernseher?“ Ren schüttelte den Kopf, ehe er diese Frage beantwortete. „Brauche ich nicht. Ich schaue mit meinem Laptop fern, wenn’s sein muss. Aber ehrlich gesagt, auch das kommt nicht oft vor.“ Er war eben nicht der Typ, der die ganze Zeit vor dem Fernseher hockte, wenn er nichts Besseres zu tun hatte. Er arbeitete meistens, las Bücher oder schlief. Manchmal kochte er sich auch etwas Nettes, doch auch das war eher selten der Fall. Horohoro zog verblüfft beide Augenbrauen hoch. „Wow.“ machte er ehrlich beeindruckt und grinste, „Ein Leben ohne Fernseher. Dass ich sowas noch erleben darf.“ Er selbst gehörte zwar auch nicht unbedingt zu den Leuten, die ständig vor der Glotze hockten, aber wenn schon einmal die Gelegenheit da war, war er davon natürlich nicht abgeneigt. „Zeig’ mir doch bitte nochmal die Absinthflasche.“ verlangte er dann von Ren, der ihm die Spirituose daraufhin sofort reichte. Immer noch ein wenig skeptisch betrachtete er das Etikett und die grüne Flüssigkeit, die in seinen Augen etwas abschreckend wirkte. „Wenn ich morgen mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus liege, mache ich dich dafür verantwortlich.“ stellte er gleich einmal klar und starrte seinen Freund eindringlich an. Rens Lippen verzogen sich abermals zu einem Grinsen. „Natürlich.“ Er entnahm Horohoro die Flasche wieder und stellte sie an ihren rechtmäßigen Platz zurück. „Aber soweit wird es nicht kommen, keine Sorge.“ .:.:.:.:. Und endlich ist auch Kapitel 4 fertig. *rumhops* Tut mir Leid, dass es so lang gedauert hat und das Kapitel trotzdem so kurz geworden ist, aber ich fürchte, ihr werdet aufs nächste Kapitel auch mindestens eine Woche warten müssen - nächste Woche ist bei mir an der Uni Prüfungswoche und ich habe so gut wie jeden Tag eine Prüfung. Ich muss jetzt echt mal ordentlich zu lernen beginnen. x< Zum Kapitel: Ist leider nicht besonders berühmt geworden, das gebe ich zu. Aber dieses Kapitel ist eigentlich auch nur als Notwendigkeit für das nächste gedacht, also dürft ihr euch auf das nächste freuen. xDDD~ Da passiert dann nämlich schon mehr. ;) AN ALLE MINDERJÄHRIGEN UNTER EUCH: Ich habe nicht die Absicht, irgendwen mit dem, was ich geschrieben habe, zum Konsum von hochprozentigem Alkohol zu verleiten! Absinth ist eine Spirituose, die ich selbst ab und zu sehr gern genieße, weswegen das Kapitel vermutlich so geschrieben ist, wie es geschrieben ist. xD~ Ich möchte nicht, dass hier irgendwer glaubt, ich würde Alkohol verherrlichen. Das tue ich nämlich nicht! Alkohol ist in Ordnung in geregelten Maßen, aber zuviel darf nicht sein! ... soviel dazu. またね。 *Fiji* P.S.: Und wieder einmal ein dickes Dankeschön an alle meine Kommi-Schreiber! Danke für eure Kritik. Ich freue mich jedes Mal. :) Kapitel 5: The Charm Of The Green Fairy (Teil 2) ------------------------------------------------ Bis zum Abend war der Tag relativ ruhig und angenehm verlaufen. Horohoro hatte in Rens Laptop, der im Wohnzimmer auf dem Tisch stand, eine Beschäftigung gefunden und zwar indem er dessen Festplatte nach Spielen absuchte, die seiner Meinung nach interessant genug waren, sich ihrer anzunehmen, während Ren selbst die meiste Zeit in der Küche verbracht und ein schmackhaftes Abendessen vorbereitet hatte. Hin und wieder hatte er Horohoro im Wohnzimmer einen Besuch abgestattet, nur um sicherzugehen, dass sein Laptop noch nicht den Geist aufgegeben hatte. Immerhin brauchte der das Ding ja noch und da er wusste, dass sein hyperaktiver Freund aus Hokkaido schnell dazu neigte, Dinge unbeabsichtigt zu zerstören und ihm überdies einen Ersatz aus eigener Tasche nicht bezahlen konnte, zumal es ihm am Geld mangelte, empfand er es als eine bessere Idee, einfach dafür zu sorgen, dieses Problem von Anfang an zu vermeiden. „Horohoro, komm’ jetzt!“ rief er schließlich, nachdem er den kleinen Esstisch in der Küche für das Abendmahl gedeckt hatte, „Oder willst du vielleicht, dass ich alles allein aufesse?“ Natürlich wusste jeder, dass er niemals imstande wäre, diese Warnung in die Tat umzusetzen, da sein Magen dafür einfach zu klein war, aber dennoch erzielte sie die gewünschte Wirkung – Horohoro saß sehr viel schneller am Tisch, als man sich nach ihm hätte umsehen können. Wenn’s um ein gutes Mahl ging, konnte man sicher sein, dass der junge Ainu es nicht verpassen wollte. „Wow, sieht das gut aus! Was ist das denn?“ wollte er gleich wissen, als Ren ihm drei mittelgroße Stücke Fleisch auf den Teller legte, die er mit süßsaurer Soße überdeckte und im Anschluss mit etwas Gemüse ausschmückte. Schon allein die Augen sättigten sich an so einem Anblick. „Ente.“ beantwortete der junge Chinese die Frage seines Freundes mit einem schmalen Lächeln, ehe er seinen eigenen Teller ebenfalls füllte und sich dann Horohoro gegenüber am anderen Ende des Tisches niederließ. „Na, dann…“ Horohoro grinste von einem Ohr zum anderen und hatte bereits die Essstäbchen zwischen seinen Fingern, als er ein lautstarkes, langgezogenes „Itadakimaaa~asu!“ vernehmen ließ und anschließend zu essen begann. Ren folgte seinem Beispiel, allerdings weniger laut und nicht, ohne davor die Augen zu verdrehen. Es war kaum eine halbe Stunde vergangen, da war vom Fleisch kein einziges Stück mehr übrig und auch das kleine Gefäß, das zu Beginn des Abendmahls bis zum Rand mit Soße gefüllt gewesen war, war nun leer. Ein Häufchen Gemüse war noch im Topf vorzufinden, doch auch das verschwand in knapp fünf Minuten in Horohoros Mund. „Mein Kompliment an den Koch.“ meinte dieser dann zwischen zwei Bissen, „Das war wirklich hervorragend.“ Nachdem er geschluckt hatte, rieb er sich mit einem zufriedenen Ausdruck im Gesicht den Bauch und rülpste ungeniert laut, was Ren dazu brachte, von seinem Teller aufzusehen und vor Ekel das Gesicht zu verziehen. „Ein bisschen Benehmen könntest du doch wohl an den Tag legen, oder? Du bist so unappetitlich!“ Auf den zweiten Satz hin musste Horohoro laut auflachen. „Tut mir echt Leid. Dumme Angewohnheit.“ entschuldigte er sich sofort und kratzte sich verlegen an der Wange. Ren verdrehte nur wieder die Augen. „Ganz ehrlich, mich wundert’s, wie deine Familie dich beim Essen aushält…“ grummelte er, während er sich den letzten Bissen, auf dem er bis eben mit seiner Gabel lustlos herumgestochert hatte, in den Mund schob. Horohoro zuckte daraufhin mit einem gespielt ahnungslosen Grinsen die Schultern und erhob sich dann von seinem Sitzplatz, um Teller und Besteck einzusammeln und beides in den Geschirrspüler zu befördern, während Ren, nachdem auch er aufgestanden war, den Gemüsetopf und die Sauciere in den Abwasch stellte. Bis zum Saufgelage sollten sie, so hatte Ren beschlossen, eine Wartefrist von mindestens einer Stunde einlegen, damit ihre Mägen in Ruhe verdauen konnten. Horohoro hatte seinem Beschluss ohne Widerwillen zugestimmt und so pausierten sie besagte eine Stunde, die sie zuerst über dies und jenes redend auf der Couch verbrachten. Nach einer Weile fuhren sie schließlich den Laptop hoch, sahen sich dumme Videos auf Youtube an und spielten Pac-Man, eines der wenigen Spiele, die Horohoro zugesagt hatten, als er vorhin die Festplatte durchforstet hatte. Erst, als die große Standuhr, die an der gegenüberliegenden Wand neben der Tür platziert war, die nächste volle Stunde anschlug, sahen die beiden jungen Schamanen wieder vom Laptopbildschirm auf. „Gut, ich hol’ dann mal den Alkohol!“ Ren konnte gar nicht schnell genug reagieren, da war Horohoro bereits von der Couch gesprungen und auf dem Weg in die Küche, wo er sich die beiden Alkoholflaschen, die auf der Theke standen, schnappte und mit ihnen ins Wohnzimmer zurückkehrte. „Was wollen wir zuerst aufmachen?“ Abwartend sah er seinen chinesischen Freund an, der nach wie vor auf der Couch saß. Rens Blick sprang ein paar Mal zwischen dem Whisky und dem Absinth in Horohoros Händen hin und her. „Absinth.“ sagte er dann bestimmt und grinste. Horohoro hob skeptisch eine Augenbraue, entschloss sich im Endeffekt aber dazu, keinen Protest dagegen zu erheben. Stattdessen stellte er die beiden Flaschen wortlos auf dem Wohnzimmertisch ab und lief noch einmal rasch in die Küche, um Gläser für sich und Ren zu besorgen, während Ren ihm folgte und zwei Löffel, eine Packung Zuckerwürfel und ein Feuerzeug holte, für das Trinkritual. „Zuerst das Glas füllen…“ murmelte er schließlich, als er die Flasche öffnete und das Glas, das Horohoro vor ihm auf den Tisch gestellt hatte, bis auf ungefähr einen Zentimeter mit der grünen Flüssigkeit auffüllte, „Und dann Zucker auf den Löffel tun…“ Seine Hand griff nach der Zuckerwürfelpackung, aus der er einen Zuckerwürfel herausfischte und diesen dann auf den Löffel legte, der mit beiden Enden über dem Inhalt des Glases, an dessen Rand balancierte. Anschließend begoss er den Zuckerwürfel mit ein wenig Absinth, wie ihm das Mädchen von heute Vormittag im Lebensmittelladen geraten hatte, und zündete ihn an. Horohoros Augen weiteten sich vor Faszination, als er die fast unwirklich wirkende, blaue Flamme sah, die die grüne Fee hervorzauberte. Der Zucker auf dem Löffel begann zu schmelzen, während die Flamme immer kleiner wurde, bis sie schließlich gänzlich erlosch, sodass Ren den Zucker ins Glas schütten und mit dem Alkohol darin vermischen konnte. „Gut, und wer kostet?“ Auffordernd blickte der junge Tao in Horohoros Richtung, der ihm allerdings nur unheilvoll entgegengrinste. „Immer der, der fragt.“ Für diese Feststellung handelte sich der junge Ainu gleich einen leichten Schlag in die Seite ein, dennoch drängte Ren ihm das Glas nicht auf, ebenso wenig wie er verlangte, dass er als Erster kostete, sondern machte den ersten Schluck tatsächlich selbst. „Na, dann… auf mich und meinen neuen Job. Cheers!“ Gespannt beobachtete Horohoro ihn dabei, wie er, nachdem er kurz an der Flüssigkeit genippt hatte, langsam das Gesicht verzog und plötzlich zu husten begann. „Gott! Ist das scharf!“ rief er erschrocken und bedeckte seinen Mund mit einer Hand. Horohoro presste sich ebenfalls eine Hand vor den Mund, allerdings aus einem völlig anderen Grund, und zwar, um nicht laut loszukichern. „Und?“ fragte er, „Schmeckt’s wirklich nach Hustensaft?“ Es dauerte eine Weile, bis der lästige Reiz aus Rens Speiseröhre verschwunden war und er wieder sprechen konnte, ohne sich ständig mit Husten zu unterbrechen. „Nur… ein bisschen…“ antwortete er schließlich heiser und rieb sich den Hals. Er hatte sich zwar auf so Einiges eingestellt, zumal ihm bewusst war, dass man hochprozentige Spirituosen nicht unterschätzen durfte, aber nicht darauf, dass diese Flüssigkeit dermaßen brannte. „Okay, dann lass’ mich jetzt mal probieren!“ Ungeduldig, mit beiden Armen nach vorne ausgestreckt, wippte Horohoro auf dem Sitzpolster hin und her, den er sich von der Couch geholt hatte, bis Ren ihm endlich das Glas reichte, dessen restlichen Inhalt er in seiner Ahnungslosigkeit in einem Zug hinunterleerte. Ren starrte ihn fassungslos an. „Horohoro, du…“ begann er zögernd, doch da sah er auch schon, wie der Blauschopf sein Gesicht verzog, die Augen zukniff und noch heftiger zu husten begann als er vorhin. Einen Moment wirkte es so, als würde ihm alles wieder hochkommen, was aber letztendlich doch nicht passierte – Gott sei Dank, denn sonst hätte sein Mageninhalt Rens schönen Teppich verunstaltet. „Baka! Doch nicht in einem Zug!“ rief Ren und nun war er es, der ein Kichern zu unterdrücken hatte. Horohoro schüttelte sich und ließ sich dann rückwärts zu Boden fallen. „Shit! Mann!“ rief er laut und atmete einmal tief ein und aus, „Dieses Zeug hat’s echt in sich.“ Dem ersten Glas Absinth folgte schließlich ein zweites. Und auch ein drittes noch, das dann schon in Abwechslung mit Whisky, Chips und Popcorn runtergeleert wurde. Und wenn man jetzt eines nicht tun sollte, dann war das Horohoro zwei verschiedene, hochprozentige Alkoholsorten in die Hand zu drücken. Nach dem dritten Glas Absinth hatte er nämlich Dank des Alkoholgehalts, der inzwischen in seinem Blut zirkulierte, die hirnrissige Idee bekommen, Absinth mit Whisky zu mischen und das war definitiv nichts, was man im angetrunkenen Zustand anzustreben hatte, das wusste sogar Ren, obwohl der Alkohol seine Sinne zu diesem Zeitpunkt bereits ebenfalls ordentlich durcheinander gebracht hatte. Eigentlich wollte er Horohoro ja davon abhalten, Unsinn zu machen, doch er schaffte es einfach nicht, denn er musste die ganze Zeit über einen der Pranks, den er auf Youtube gefunden hatte, lachen, obwohl ihm bewusst war, dass er den im nüchternen Zustand überhaupt nicht lustig gefunden hätte. „Okay, Ren!“ Horohoros Augen leuchteten richtig vor Begeisterung, als er sich zu dem jungen Chinesen umdrehte. „Das hier ist die ultimative Mischung! Ich nenne sie… Whisbinth! Wenn du die runterkriegst, zahl’ ich dir für den Rest des Jahres dein, äh… ähm…“ Er hielt einen Moment inne und überlegte. Ren war immer noch nicht imstande, das Kichern endgültig einzustellen, konnte aber zumindest noch soweit denken, sich einen Vorteil aus dieser Situation zu ziehen. „Meine Lebensmittel?“ brachte er also mühsam hervor, begleitet von kurzen, aber heftigen Lachanfällen. Horohoro, der von seinem Gehirn inzwischen gar keinen Gebrauch mehr zu machen schien, nickte erfreut. „Ja, genau! Also, was sagst du? Deal?“ Er streckte Ren beide Hände hin, wobei die linke ein Glas mit einer ungesund wirkenden, grünbräunlichen Flüssigkeit umklammerte. Rens Lachen verstummte allmählich, als er diese Flüssigkeit etwas genauer betrachtete. „Also… ich weiß nicht recht…“ murmelte er unsicher und ließ seinen Blick von der seltsamen Mischung hoch zu Horohoros Gesicht wandern. „Am Ende bin noch ich der, der wegen einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus liegt…“ „Was denn, traust du dich etwa nicht?“ Horohoro legte seine freie Hand ans Kinn und schenkte Ren einen herausfordernden Blick, „Oder verträgst du nichts mehr, hm?“ Das ließ der junge Tao sich nicht zweimal sagen. Niemand machte sich auf diese Art und Weise über ihn lustig! Und Horohoro schon gar nicht! Ohne zu zögern riss er seinem Gegenüber also das Glas aus der Hand und nahm einen großen Schluck daraus – was ein böser Fehler gewesen war, wie er keine zwei Sekunden später feststellte. Der Absinth allein hatte ja schon ordentlich im Hals gebrannt, aber in Kombination mit Whisky fühlte es sich nun an, als wäre ein Großbrand in seinem Hals ausgebrochen. Es schmerzte richtig und trieb ihm die Tränen in die Augen. Einen Herzschlag lang befürchtete er schon, sich übergeben zu müssen, doch da legte sich der brennende Schmerz bereits wieder und ließ ihn hektisch nach Luft ringen. Horohoro hatte sich in dieser Zeit zumindest soweit wieder gefangen, dass er den Ernst der Lage inzwischen begriffen hatte. „Ren… ?“ Seine Stimme klang fast schon verzweifelt. „Ren, ist alles in Ordnung? Es… es tut mir Leid, ich…“ Doch ehe er den Satz hätte zu Ende bringen können, spürte er plötzlich einen dumpfen Schmerz an seiner Stirn. Ren hatte ihm eine harte Kopfnuss verpasst und funkelte ihn nun aus seinen goldgelben Augen wütend an. „Du dämlicher Vollidiot!“ krächzte er und packte ihn gleich darauf am Kragen, „Ich dachte, ich ersticke!“ Horohoro war im ersten Moment zu perplex, um etwas darauf zu erwidern, doch als er merkte, dass Ren wohlauf war und dessen gerötetes Gesicht registrierte, fing er an zu lachen. „Du bist doch selbst Schuld!“ prustete er, „Du hättest es ja nicht machen müssen…“ Rens Griff um seinen Kragen lockerte sich daraufhin wieder ein wenig. So ungern der Jüngere es auch zugab, so war ihm doch bewusst, dass Horohoro Recht hatte. Immerhin hatte er ihn ja nicht gezwungen, sich mit diesem ultimativen, eventuell starke Schäden verursachenden Gesöff zuzuschütten. Er war wirklich selbst Schuld. „Du bist trotzdem blöd!“ beschwerte er sich aber dennoch, als er beide Arme über der Brust verschränke und sich demonstrativ, in bester Manier eines beleidigten Kindergartenkindes, von Horohoro, der sich vor Lachen kaum noch rühren konnte, fortdrehte. Nachdem der junge Ainu sich dann endlich wieder einigermaßen beruhigt hatte, musste er feststellen, dass er durch das viele, herzhafte Lachen, den Alkohol und der Heizung, die Ren in seiner Sorge vor eventuellem Frost in der Wohnung – was für ihn kurz in dem Wort ‚Wahn’ zusammengefasst wurde – auf fünfundzwanzig Grad Celsius gestellt hatte, ganz schön ins Schwitzen gekommen war. Ein dünner Schweißfilm glänzte auf seinem Gesicht, über das er sich rasch mit einem Ärmel wischte, ehe er sich seines dicken Winterpullovers entledigte. Darunter trug er ein schwarzes, enganliegendes Tanktop, das seinen athletisch muskulösen Oberkörper ins rechte Licht rückte. In der Sekunde, in der Ren sich dabei ertappte, wie er fast verträumt darauf starrte, drehte er sofort den Kopf weg und füllte sich, um sich abzulenken, sein Glas mit einer weiteren Ladung Absinth, die er diesmal einfach runterkippen würde, ohne das Ritual zu vollziehen. Doch ehe er das Glas an seine Lippen führen konnte, spürte er, wie sein Arm heruntergedrückt wurde. „Du, mein Lieber, hattest für heute wirklich schon mehr als genug von der grünen Fee.“ hörte er Horohoro sagen und als er aufsah, musste er mit einer Mischung aus Entsetzen und Überraschung feststellen, dass dessen Gesicht dem seinen gefährlich nahe gekommen war. Zu nahe. „Rück’ mir nicht so auf die Pelle…“ murmelte er deswegen gleich, den Blick peinlich berührt dem Boden zugewandt, und versuchte, den Älteren von sich wegzudrängen, was ihm aber so recht nicht gelingen wollte, da Horohoro sich mit seinem ganzen Gewicht gegen ihn stemmte. Gut, wenn es so nicht funktionierte, dachte Ren bei sich, dann machen wir’s eben anders – er rutschte ein wenig zurück, sodass der Blauschopf fast nach vorne gekippt wäre, da seine Stütze so plötzlich nachgegeben hatte. Mit einem beleidigten Gesichtsausdruck starrte dieser seinen Freund nun an, rückte aber gleich nach, was Ren wiederum dazu veranlasste, ein weiteres Stück nach hinten zu rücken. Das Ganze setzte sich dann so lange fort, bis Rens Rücken schließlich die Heizung berührte. Es gab nun keine Möglichkeit mehr, Horohoro zu entkommen, da dieser rechts und links von ihm seine Arme an der Wand über der Heizung abgestützt hatte. Ren schluckte leicht. „Was… wird das, wenn’s fertig ist?“ verlangte er zu wissen, doch seine Tonlage war keineswegs beherrschend oder gar befehlend, wie es sonst immer der Fall war, sondern eher kleinlaut. Unsicher fast. „Ich… weiß es nicht…“ gestand Horohoro schließlich mit etwas Verspätung, schien aber keineswegs daran zu denken, sich wegzubewegen, damit Ren sich von der Heizung wieder entfernen konnte, die ihm nämlich ebenfalls langsam den Schweiß aus den Poren trieb. Er trug zwar nur einen dünnen Pullover, dessen U-Boot-Ausschnitt dazu beitrug, das Kleidungsstück im Allgemeinen etwas luftiger zu gestalten, doch diese Tatsache half bei einer Heizung, die auf fünfundzwanzig Grad Celsius gestellt war und sich mit ihrer brütenden Hitze direkt an seinen Rücken schmiegte, auch nicht viel weiter. „Horohoro, mir ist heiß.“ stellte er schließlich fest, als die erste Schweißperle sich ihren Weg von seiner Schläfe entlang der Wange, bis zu seinem Kinn bahnte. Horohoros Miene blieb unverändert. „Dann… zieh’ dich doch aus.“ Ren starrte ihn an, als wäre er Bruce Banner, der sich gerade in Hulk verwandelt hatte. Eigentlich, so fuhr es ihm durch den Kopf, dürfte ihm dieser Satz keine Sorgen bereiten. Wenn einem heiß war, dann zog man sich aus. Logisch. Dennoch, so wie Horohoro es gesagt hatte, so wie er Ren dazu aufgefordert hatte, hatte es irgendwie komisch geklungen. Verdächtig komisch, um genau zu sein. „N-nein, sicher nicht! Und jetzt geh’ weg!“ rief der junge Tao deswegen gleich in abwehrendem Tonfall, wobei er versuchte, den Älteren erneut von sich wegzuschieben – und erneut daran scheiterte. „Horohoro!“ Die Empörung in seiner Stimme war nicht zu überhören, doch der Angesprochene machte keine Anstalten, sich seinen Forderungen zu stellen. „Ren… ich…“ Seine dunklen Augen wirkten so konzentriert, so eindringlich, als er Ren ansah. „Hab’… ich dir schon mal gesagt, was… was für ein schönes Gesicht du hast?“ Als Ren das hörte, schoss ihm schlagartig die Röte ins Gesicht. „W-wie bitte? Verarsch’ mich nicht!“ knirschte er und holte mit einer Hand bereits zur Ohrfeige aus, doch ehe seine Handfläche Horohoros Wange hätte erreichen können, hatte dieser bereits sein Handgelenk umfasst und hielt es nun fest. „Ich mein’s ernst, Ren.“ „Du bist betrunken!“ startete Ren daraufhin einen neuen Versuch, dagegen zu argumentieren, doch Horohoro ließ sich davon nicht aus dem Konzept bringen. „Kann sein. Aber das ändert nichts an meiner Meinung.“ grinste er und beugte sich noch etwas weiter herunter, sodass er seine Stirn an Rens lehnen konnte. Er fühlte dessen feuchte Haut, den heißen Atem, der inzwischen unregelmäßig ausgestoßen wurde und das kaum wahrnehmbare Zittern seines Körpers. „Was ist? Mache ich dir Angst?“ Seine Stimme klang so anders, so… ungewohnt. Ren konnte es gar nicht beschreiben. Er schluckte nur wieder und spürte, wie sich zwei weitere Schweißperlen von seiner Stirn lösten und sein Gesicht entlangliefen. „V-vielleicht ein bisschen…“ flüsterte er schließlich und schon im nächsten Moment musste er mitansehen, wie Horohoros Zunge sich seinem Hals näherte und spielerisch darüber leckte. Ein Schauer durchfuhr seinen Körper, ob unangenehm oder angenehm konnte er nicht genau sagen, doch er war bereits viel zu betrunken, um sich in irgendeiner Weise dagegen wehren zu können oder zu wollen, weswegen er nahezu automatisch beide Arme um Horohoros Nacken legte und ihn näher an sich heranzog. „Horo… Baka, dir ist schon klar, dass wir beide Männer sind?“ hauchte er dann, was Horohoro dazu veranlasste, in seiner Tätigkeit kurz innezuhalten. Langsam hob er den Kopf, damit er Ren in die Augen sehen konnte. „Ja, darüber bin ich mir im Klaren.“ beantwortete er dessen Frage dann und grinste vielsagend, „Und weißt du, was? Es ist mir scheißegal.“ Und mit diesen Worten setzte er seine Tätigkeit an Rens Hals fort. Seine Lippen bearbeiteten dessen Haut mit sanften Küssen, während seine Hände langsam unter den dünnen Pullover wanderten, sich an der schweißverklebten Haut darunter entlang der großen Narbe in Richtung Brustbereich vorantasteten, bis sie endlich die beiden Brustwarzen gefunden hatten, die sie nun mit geschickter Fingerfertigkeit zu reizen begannen. Ren biss sich auf die Unterlippe, um ein Stöhnen zu unterdrücken. Gut, wenn es ein entnervtes Stöhnen gewesen wäre, hätte er sich vermutlich keinen Zwang angetan, dieses seiner Kehle entfliehen zu lassen, doch die Tatsache, dass dem nicht so war und das Stöhnen dieses Mal durch Erregung hervorgerufen worden war, machte ihm schon irgendwo Sorgen. Horohoros Berührungen gefielen ihm. Wieso? Vielleicht, weil er betrunken war? Ja, das musste es sein. Er war einfach schon so betrunken, dass es ihm egal war, wer was mit ihm anstellte. Wow. Es war genauso beeindruckend, wie es beängstigend war. Den Charme der grünen Fee, die einen rosaroten Schleier über seine Augen gelegt zu haben schien, durfte man nicht unterschätzen. .:.:.:.:. And finally, chapter 5 is finished as well! Yay! *Saltos schlag* Dieses Kapitel hat sich im Endeffekt so gar nicht an meinen Plan gehalten... ursprünglich war nämlich geplant, dass Horohoro Flaschendrehen spielen will, was zu zweit ja nicht funktioniert und danach vorschlägt, 'Pflicht, Wahl oder Wahrheit' zu spielen. Auf diese Weise hätten er und Ren sich näher kommen sollen, aber... tja, scheinbar hat es auch ohne dieses dumme Spiel funktioniert. Fragt mich nicht, wie. *shrugs* (Horohoro hat's halt drauf! xDDD~) Ich hoffe, das Kapitel passt so, wie es ist. Dadurch, dass ich nicht wirklich viel Zeit hatte, da nächste Woche am Dienstag meine wichtigste Prüfung ist, habe ich nicht mehr so genau drübergelesen. Wenn der Prüfungsstress vorbei ist, nehme ich vielleicht leichte Veränderungen bzw. Verbesserungen vor. ;) (Das heißt, natürlich nur dann, wenn meine Leser nicht zufrieden waren.) またね。 *Fiji* P.S.: And again - ein fettes Dankeschön an alle meine Kommi-Schreiber! Danke, dass ihr mich auch weiterhin mit eurer Kritik unterstützt. *huggles* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)